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22.031 Botschaft zum Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft und zum Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft vom 18. Mai 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung: ­

den Entwurf eines Bundesgesetzes über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft und

­

den Entwurf eines Bundesbeschlusses über einen Verpflichtungskredit zur Darlehensgewährung an die Elektrizitätswirtschaft.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Mai 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2022-1253

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Übersicht Mit dieser Botschaft unterbreitet der Bundesrat ein dringliches Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Elektrizitätsunternehmen und beantragt in diesem Zusammenhang ferner die Bewilligung eines Verpflichtungskredits von 10 Milliarden Franken.

Ausgangslage Die starken Preisausschläge auf den Energiemärkten seit Ende 2021 führen dazu, dass Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft mehr finanzielle Mittel brauchen, um ihre mit dem Stromhandel verbundenen Sicherheitsleistungen zu decken. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat sich die Situation weiter verschärft: Die Energiemärkte erleben eine noch nie dagewesene Preisvolatilität. Dadurch verschärfen sich die Liquiditätsrisiken der im Grosshandel tätigen Stromunternehmen.

Wenn ein systemkritisches Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft illiquid oder überschuldet wird und an den Strombörsen nicht mehr genügend Sicherheiten deponieren kann, kann das weitreichende Folgen haben.

Ein kurzfristiger, starker Preisanstieg beim Strom oder Gas, bedingt etwa durch ein abruptes Ende russischer Gaslieferungen oder durch einen unkontrollierten Ausfall eines grösseren Unternehmens könnte eine Kettenreaktion nach sich ziehen und die Stromversorgungssicherheit der Schweiz gefährden.

Das will der Bundesrat verhindern. Hierzu müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Liquidität der grossen, systemkritischen Unternehmen im Notfall zu stützen. Die in der Vorlage vorgesehenen subsidiären Finanzhilfen sollen gewährleisten, dass die betroffenen systemkritischen Unternehmen im unwahrscheinlichen Ernstfall innerhalb von sehr wenigen Tagen die nötigen liquiden Mittel erhalten.

Inhalt der Vorlage Die sichere Stromversorgung ist in erster Linie Sache der Elektrizitätswirtschaft. Ziel des Gesetzes ist es, in Ergänzung zu den bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen die Elektrizitätsversorgung der Schweiz bei ausserordentlichen Marktentwicklungen sicherzustellen, denen die Elektrizitätswirtschaft nicht selber zu begegnen vermag. Das Bundesgesetz schafft die Rechtsgrundlage für subsidiäre Finanzhilfen in Form von Darlehen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft. Gleichzeitig mit dem Gesetz wird dem Parlament ein Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit im Umfang von 10 Milliarden Franken vorgelegt,
damit sich der Bund gegenüber den systemkritischen Unternehmen verpflichten kann, die nötigen Mittel kurzfristig zur Verfügung zu stellen.

Gefordert sind in erster Linie aber nach wie vor die Unternehmen und deren Eignerinnen und Eigner, insbesondere die Kantone und Gemeinden. Der Bund soll nur subsidiär zu den Unternehmen selbst, beziehungsweise ihren Fremd- und ihren Eigenkapitalgeberinnen und -gebern, tätig werden. Die systemkritischen Unternehmen unterstehen automatisch diesem Gesetz. Dies hat moderate Informationspflichten zur Folge sowie die Pflicht, eine Bereitstellungspauschale zu bezahlen, welche die Kosten 2 / 36

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des Bundes für die Bereitstellung von 10 Milliarden Franken decken soll. Das UVEK kann den gesetzlich definierten Kreis der systemkritischen Unternehmen erweitern.

Um Fehlverhalten zu vermeiden, schafft das Bundesgesetz strenge Bedingungen für eine Unterstützung des Bundes. Dazu gehören namentlich Transparenzvorschriften, eine marktgerechte Verzinsung sowie ein Risikozuschlag und ein Dividendenausschüttungsverbot. Auch sollen die Finanzhilfen des Bundes nur für eine begrenzte Zeit zur Verfügung stehen. Sie sollen spätestens nach Ende 2026 durch eine ordentliche, umfassende Regulierung ersetzt werden, welche die Sicherheit der Stromversorgung ohne Darlehen des Bundes gewährleistet.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

5 5 6

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

7

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.2 Umsetzungsfragen

10 10 11

5

Erläuterungen zu den Vorlagen 5.1 Zu den einzelnen Artikeln des Gesetzes 5.2 Zum Bundesbeschluss

12 12 30

6

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

31 31

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform 7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz 7.6 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 7.7 Datenschutz

32 32 33 34 34

7

Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft (FiREG) (Entwurf)

7 9

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Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft (Entwurf) BBl 2022 1185

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Die starken Preisausschläge auf den Energiemärkten seit Ende 2021 führen dazu, dass Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft mehr finanzielle Mittel brauchen, um ihre mit dem Stromhandel verbundenen Sicherheitsleistungen zu decken. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat sich die Situation weiter verschärft: Die Energiemärkte erleben eine Preisvolatilität, die es historisch so noch nie gegeben hat. Die Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft handeln am Grosshandelsmarkt und verkaufen ihre zukünftige Stromproduktion zwei bis drei Jahre im Voraus, um das Marktrisiko ihrer Energiepositionen zu mindern, eine gewisse Rentabilität zu sichern und eine bessere Planbarkeit der Cashflows zu erreichen. Zur Absicherung des Gegenparteienrisikos verlangen die Clearing-Häuser (Finanzinstitute) eine Sicherheitsleistung (sogenannte Margin), welche sich aus den Marktpreisen und deren Volatilität (Initial Margin) und der Differenz von Transaktionspreis und Marktwert (Variation Margin) errechnet.

Die Höhe dieser Sicherheitsleistungen hängt damit von den jeweils geltenden Strompreisen ab und ist von den Marktteilnehmern in aller Regel als Bargeldsicherheit geschuldet. Diese Sicherheiten kehren zum Unternehmen zurück, wenn die Preise fallen, spätestens aber sobald das Unternehmen den Strom zum vereinbarten Preis liefert. Die starken und aussergewöhnlichen Preissauschläge haben sowohl die Kreditrisiken wie auch die Sicherheitsleistungen und damit die Liquiditätsrisiken der Schweizer Stromunternehmen stark erhöht und verschärft.

Im Fall eines schockartigen Preisanstiegs, der etwa durch einen russischen Lieferstopp für Gas entstehen könnte, kann sich der Liquiditätsbedarf der Stromunternehmen in kurzer Zeit so stark erhöhen, dass sie nicht mehr rechtzeitig genug Sicherheiten hinterlegen können. Dies könnte wiederum einen unkontrollierten Ausfall eines systemkritischen Unternehmens zur Folge haben. Besonders zwei Funktionen werden als potenziell systemkritisch angesehen: die Kraftwerkbetriebsführerschaft und die Bilanzgruppenverantwortung. In der Bilanzgruppe werden Fahrpläne und Messwerte von Produktion, Handel, Stromlieferung und -verbrauch der eigenen Bewirtschaftung sowie als Dienstleistung für dritte Produzenten, Versorger und Grossverbraucher koordiniert. Fällt diese Funktion aus, wird die Gewährleistung der Systemstabilität
gefährdet. Hinzu kommt, dass Dritte beim Ausfall eines systemkritischen Stromlieferanten die Energie alternativ beschaffen müssten ­ was im Kontext der hohen Marktpreise und der geringen Handelsliquidität besonders herausfordernd wäre. Auch eine solche Kettenreaktion könnte die Stromversorgungssicherheit der Schweiz gefährden.

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Gemäss dem Gefährdungsdossier des Bundes1 zieht ein grossflächiger Stromausfall in der Schweiz enorme Schäden an Personen, Vermögen und wirtschaftlicher Leistung nach sich ­ das will der Bundesrat verhindern. Aus Sicht des Bundesrats, ist es deshalb notwendig, Vorkehrungen zu treffen.

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Der Bundesrat plant eine Reihe von Massnahmen, um die Strombranche widerstandsfähiger zu machen. Dazu gehören Vorschriften, die dafür sorgen, dass wichtige Funktionen wie die Stromproduktion jederzeit weiterbetrieben werden können (Business Continuity Management, BCM), ein Gesetz zur Integrität und Transparenz des Grosshandels von Strom und Gas sowie Vorgaben zur Liquidität und Kapitalausstattung der Unternehmen. Die Einführung dieser Massnahmen erfordert allerdings Zeit; entsprechend werden diese Massnahmen erst mittelfristig Wirkung entfalten.

Als kurzfristige Massnahme hat der Bundesrat deshalb beschlossen, ein dringliches Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft vorzulegen. Ziel des Gesetzes ist es, die Elektrizitätsversorgung der Schweiz bei ausserordentlichen Marktentwicklungen, denen die Elektrizitätswirtschaft nicht selber zu begegnen vermag, sicherzustellen. Dafür sieht das Gesetz die Möglichkeit von subsidiären Finanzhilfen in Form von Darlehen vor.

Die Stromversorgungssicherheit ist in erster Linie Sache der Energiewirtschaft (Art. 6 Abs. 2 Energiegesetz vom 30. September 20162; EnG). Demnach ist es primär Aufgabe der betroffenen Unternehmen und ihrer Eignerinnen und Eigner (v. a. der Kantone und Gemeinden), für genügend Liquidität bei den Unternehmen zu sorgen und laufend die notwendigen Vorkehrungen für die sichere Stromversorgung zu treffen.

Eine Finanzhilfe des Bundes soll nur subsidiär und als allerletzte Möglichkeit eingesetzt werden, um in Krisensituationen bzw. bei ausserordentlichen Marktentwicklungen eine drohende Illiquidität oder Überschuldung und in der Folge ein Konkurs- oder Nachlassverfahren eines systemkritischen Unternehmens der Energiewirtschaft zu verhindern. Die Finanzhilfen des Bundes sollen demnach nur für eine begrenzte Zeit zur Verfügung stehen, bis die Unternehmen aus eigener Kraft ihren Weiterbetrieb auch in schwierigen Marktsituationen gewährleisten können.

Die Liquiditätsunterstützung des Bundes für Elektrizitätsunternehmen ist auf eine Notfallsituation ausgerichtet, in der in kürzester Zeit Liquiditätsüberbrückungen notwendig werden könnten, um mögliche unkontrollierte Kettenreaktionen zu verhindern. Dies macht es erforderlich, Vorkehren zu treffen, wobei auf die systemkritischen Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft zu fokussieren ist. Nicht systemkritische Unternehmen müssen durch ihre Eigentümerinnen unterstützt werden, es sei denn, sie

1

2

Bundesamt für Bevölkerungsschutz (2020): Gefährdungsdossier Stromausfall. Abrufbar unter: www.babs.admin.ch > Weitere Aufgabenfelder > Gefährdungen und Risiken > Nationale Risikoanalyse > Gefährdungsdossiers.

SR 730.0

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werden durch Konkurrentinnen abgelöst. Die Kettenreaktionen können auch im Ausland ausgelöst werden und sich auf die Schweiz übertragen. In der Schweiz sollen sie nötigenfalls gestoppt werden.

Aufgrund der Dringlichkeit ­ die Gefahr eines Gasembargos besteht, und im Krisenfall muss die Liquidität innert wenigen Tagen, allenfalls gar innert 48 Stunden, gewährt werden können ­ soll das vorliegende Bundesgesetz gemäss Artikel 165 der Bundesverfassung (BV)3 dringlich in Kraft gesetzt werden (ohne Abwarten der Referendumsfrist); es ist deshalb zu befristen.

Der Bundesrat hat eine Lösung ohne Einbezug des Bundesgesetzgebers, gestützt auf Notrecht, verworfen. Auch wenn für den Bundesrat die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs offensichtlich ist, besteht aktuell noch keine Notrechtslage, in der eine schwere Störung der öffentlichen Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit unmittelbar droht (Art. 185 Abs. 3 BV). Vor diesem Hintergrund wäre es zum gegebenen Zeitpunkt staatspolitisch fragwürdig, ausschliesslich den Weg über Notrechtskompetenzen einzuschlagen und dadurch den zeitnahen politischen Diskurs und den Einbezug des Bundesgesetzgebers in die Lösung der dargestellten Herausforderungen zu vereiteln.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Das hier beantragte dringliche Bundesgesetz ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 20204 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 20205 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Der Krieg in der Ukraine konnte im Zeitpunkt der Legislaturplanung nicht vorhergesehen werden.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) führte vom 27. April bis zum 4. Mai 2022 ein verkürztes Vernehmlassungsverfahren zum geplanten Bundesgesetz durch.6 Im Grundsatz bestätigte die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden die Einschätzung des Bundesrates, dass Handlungsbedarf besteht. Allerdings wurden der gesetzliche Handlungsbedarf und insbesondere die Dringlichkeit der Vorlage vereinzelt auch in Frage gestellt. Die Vernehmlassungsvorlage sah vor, dass systemkritische Unternehmen zwingend dem Gesetz unterstellt sind. Zudem hätten sie innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes mit dem Bund einen Vertrag über ein 3 4 5 6

SR 101 BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 Die Vernehmlassungsunterlagen sind publiziert unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2022 > UVEK.

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besichertes Darlehen für den Fall einer ausserordentlichen Marktentwicklung abschliessen müssen. Diese Regelungen führten zu breiter Kritik. Auf Widerstand stiessen insbesondere auch die als zu weitgehend empfundenen Auskunftspflichten, die operativen Eingriffsmöglichkeiten des Bundes, die Höhe des Risikozuschlags sowie das Pfandrecht an Aktien der Unternehmen. Gefordert wurde weiter, dass der Unterstützungsmechanismus allen Unternehmen der Stromwirtschaft offenstehen soll. Ausserdem lehnte der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte den in der Vorlage vorgesehenen Ausschluss des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 20047 (BGÖ) ab, da der Schutz von Geschäftsgeheimnissen und der Privatsphäre im BGÖ bereits gewährleistet sei und sich der vorgesehene Ausschluss vom BGÖ somit als nicht nötig erweise. Eine (nicht abschliessende) Übersicht der weiteren Vernehmlassungsergebnisse enthält der separate Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung.8 Aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung verzichtet der Bundesrat auf eine Vertragsverhandlungspflicht und sieht stattdessen vor, dass Darlehen gegebenenfalls mittels Verfügung gesprochen werden. An einer Unterstellung der systemkritischen Unternehmen unter das Gesetz wird hingegen festgehalten. Ist ein Unternehmen systemkritisch und damit für die Schweizer Volkswirtschaft von besonderer Bedeutung, sind Massnahmen, die ausschliesslich auf Freiwilligkeit beruhen, nicht mehr hinreichend. Das Gesetz enthält aber neu einen Alternativmechanismus: Unternehmen, für welche kantonales Recht dem vorliegenden Gesetz gleichwertige Liquiditäts-Massnahmen vorsieht, können im Wesentlichen vom Geltungsbereich des Gesetzes befreit werden. Ferner hat der Bundesrat die Auskunfts- und Informationspflichten (insbesondere vor Gewährung eines Darlehens) gelockert, seine Möglichkeiten zur operativen Einflussnahme zurückgenommen, den Risikozuschlag substantiell gesenkt und die Berechnung der Bereitstellungspauschale präzisiert. Weiter müssen die Unternehmen erst nach der Inanspruchnahme von Darlehen mit den Kantonen und den Gemeinden Verhandlungen über die Stundung von kommunalen und kantonalen Abgaben führen. Ausserdem verzichtet der Bundesrat auf eine automatische, gesetzliche Verpfändung der Aktien des Unternehmens bei Gewährung eines Darlehens. Um
private Finanzierungslinien nicht zu gefährden, sieht die Vorlage zudem die Möglichkeit von nachrangigen Darlehen vor, sollte dies zwingend notwendig sein. Die Vorlage verzichtet ausserdem auf ein explizites Verbot zur Weiterbelastung der Bereitstellungspauschale, des Risikozuschlags sowie der Zinsen an die Endverbraucherinnen und Endverbrauchern, die Elektrizität für den eigenen Verbrauch in der Grundversorgung beziehen. Eine Weiterbelastung ist bereits aufgrund der Strompreisregulierung ausgeschlossen.

Eine Ausweitung des Gesetzes auch auf Unternehmen, die nicht als systemkritisch eingestuft werden, lehnt der Bundesrat ab. Die Vorlage soll in Notsituationen und bei Versagen sämtlicher subsidiären Massnahmen zur Sicherheit des Stromversorgungssystems beitragen, indem die finanzielle Liquidität der systemkritischen Unternehmen sichergestellt und dadurch das Risiko eines Ausfalls solcher Unternehmen reduziert wird. Sie ist nicht als bundesseitige Förderlösung für die gesamte Branche gedacht.

7 8

SR 152.3 Der Bericht ist publiziert unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2022 > UVEK.

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Unternehmen, die nicht systemkritisch sind, sind von den jeweiligen Eignern zu stützen oder werden durch Konkurrentinnen abgelöst. Eine Ausweitung einer Bundeslösung auf alle Unternehmen der Strombranche wäre zudem nicht innert nützlicher Frist bzw. nicht ohne einen starken Ressourcenausbau umsetzbar. Nicht systemkritische Unternehmen profitieren aber auch von dieser Vorlage, insbesondere weil sie den Gesamtmarkt stabilisiert.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Anfang März 2022 forderte die European Federation of Energy Traders (EFET) bei der EU-Kommission eine zeitlich begrenzte Notfall-Liquiditätshilfe, zur Sicherstellung der Energiegrosshandelsmärkte in ausserordentlichen Marktsituationen. Die Finanzhilfe sollte von den Regierungen bzw. den Zentralbanken bereitgestellt werden.

Am 23. März 2022 hat die EU-Kommission einen befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine erlassen (Mitteilung 2022/C 131 I).9 Das gibt den Mitgliedstaaten mehr Spielraum beim Gewähren von Hilfen an die Unternehmen als in normalen Zeiten.

Anfang April 2022 gab die deutsche Bundesregierung bekannt, dass sie einen Schutzschild für vom Krieg betroffene Unternehmen ­ u. a. für die inländische Energiewirtschaft ­ schafft. Über die staatliche Förderbank KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) werden den Unternehmen mit einer Bundesgarantie unterlegte Kreditlinien im Umfang von 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Die staatliche Unterstützung wird ebenfalls an strenge Bedingungen geknüpft. So dürfen die Kredite lediglich für Absicherungs-, nicht aber für Spekulationsgeschäfte eingesetzt werden. Auch sind variable Lohnzahlungen (Boni) verboten. Betroffene Unternehmen werden einer strengen Bonitätsprüfung unterzogen. Die Verzinsung orientiert sich an Marktpreisen zuzüglich eines Aufschlags. Zudem wird eine Bereitstellungsprovision verlangt. Ausserdem hat der Deutsche Bundestag am 12. Mai 2022 eine Änderung des Energiesicherungsgesetzes beschlossen. Diese sieht unter anderem die Möglichkeit einer Treuhandverwaltung oder sogar der Enteignung von Unternehmen mit kritischen Infrastrukturen vor. Eine Entscheidung im Deutschen Bundesrat steht noch aus.10 Frankreich hat bereits Mitte März die staatliche Electricité de France (EDF) mit zusätzlichem Kapital versorgt. Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) erwähnt in ihrem Bericht zum EU Marktdesign des Stromgrosshandelsmarktes vom April 2022 ausdrücklich, dass die Regierungen eine Rolle beim Aufbau der erforderlichen Liquidität für Sicherheitsleistungen der Elektrizitätsunternehmen spielen und Finanzgarantien bereitstellen können.11 9

10 11

Mitteilung Kommission Befristeter Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine, ABl. C 131 I vom 24.3.2022, S. 1.

Der Stand der Beratungen ist einsehbar unter: www.bundestag.de/dokumente/ textarchiv/2022/kw19-de-energiesicherungsgesetz-891872.

Der Bericht ist abrufbar unter: www.acer.europa.eu > Events and Engagements > News > 29th April 2022 ACER publishes its Final Assessment of the EU Wholesale Electricity Market Design > Final Assessment of the EU Wholesale Electricity Market Design.

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Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Ziel des Gesetzes ist es, die Elektrizitätsversorgung der Schweiz bei ausserordentlichen Marktentwicklungen, denen die Elektrizitätswirtschaft nicht selber zu begegnen vermag, sicherzustellen. Dafür sieht das Gesetz die Möglichkeit von subsidiären Finanzhilfen in Form von Darlehen zur Rettung von systemkritischen Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft vor. Als ausserordentliche Marktentwicklungen gelten insbesondere sehr starke Preissteigerungen innert sehr kurzer Zeit oder ein flächendeckender Vertrauensverlust auf den europäischen Energiemärkten, die zu Liquiditätsengpässen führen.

Nach dem Grundsatz der Subsidiarität treffen die systemkritischen Unternehmen gemeinsam mit ihren Fremdkapitalgeberinnen und -gebern (Banken, Obligationäre, usw.) sowie ihren Eigentümerinnen und Eigentümern (Kantone, Gemeinden, Private) laufend alle notwendigen Vorkehrungen, um möglichen Krisensituationen zu begegnen und ihr Fortbestehen sicherzustellen. In einer primären Verantwortung steht bei Aktiengesellschaften zunächst der Verwaltungsrat. Er muss die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren und u. a. dafür sorgen, dass durch alle geeigneten Massnahmen die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft aufrecht erhalten bleibt oder zeitnah wiederhergestellt wird. Alle Möglichkeiten zur Sicherung oder Wiederherstellung der Liquidität und eines im Hinblick auf die Unternehmensrisiken adäquaten Eigenkapitals müssen analysiert und gegebenenfalls zusammen mit den am Unternehmen beteiligten Personen und Kreditinstituten ergriffen werden. Auch wenn rein aktienrechtlich keine Nachschusspflichten für Aktionäre und Aktionärinnen bestehen, geht mit der Eignerstellung an einem Unternehmen dennoch eine gewisse (politische) Verantwortung einher.

Ist ein Unternehmen systemkritisch und damit für die Schweizer Volkswirtschaft von besonderer Bedeutung, sind Massnahmen, die ausschliesslich auf Freiwilligkeit beruhen nicht mehr hinreichend. Systemkritische Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft sollen deshalb der Regelung dieser Vorlage von Gesetzes wegen unterstellt sein. Die beantragte Neuregelung beruht dabei auf zwei Phasen: ­

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Erste Phase: Ab Inkrafttreten des Gesetzes geben die Unternehmen dem Bund die für den Vollzug dieses Gesetzes erforderlichen Auskünfte und entrichten eine Bereitstellungspauschale, die die Kosten des Bundes insbesondere für das Bereithalten der Liquidität decken soll. In dieser Phase werden noch keine Darlehen gewährt; es fallen damit auch keine Zinsen oder Risikozuschläge an.

Es findet aber bereits ein Austausch zwischen Unternehmen und Behörden statt im Hinblick auf eine rasche Darlehensgewährung. Denn wenn ausserordentliche Marktentwicklungen zu einem Liquiditätsengpass führen und in der Folge die Illiquidität oder Überschuldung droht, was in letzter Konsequenz ein Konkurs- oder Nachlassverfahren wahrscheinlich macht und mittelbar die Stromversorgung gefährdet, soll der Bund die Möglichkeit erhalten, Darlehen an privatrechtliche, systemkritische Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft zeitnah auszurichten.

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­

Zweite Phase: Kommt es zu ausserordentlichen Marktentwicklungen, werden die Darlehen grundsätzlich mittels Verfügung gewährt. Damit soll gewährleistet werden, dass die systemkritischen Unternehmen handlungsfähig bleiben und die Elektrizitätsversorgung in der Schweiz sicherstellen können. Insgesamt will der Bund für diesen Zweck maximal 10 Milliarden Franken zur Verfügung stellen.

Um Fehlverhalten zu vermeiden (bspw. soll eine potentielle Finanzhilfe des Bundes nicht dazu führen, dass Unternehmen vermehrt Risiken in Kauf nehmen oder sich die Eigentümerinnen und Eigentümer weniger intensiv um notwendige Vorkehrungen bemühen), ist eine Finanzhilfe des Bundes an strenge Bedingungen geknüpft. Dazu gehören u. a. Transparenzvorschriften, eine marktgerechte Verzinsung plus Risikozuschlag und ein Dividendenausschüttungsverbot. Die Verzinsung der Darlehen erfolgt zu Marktkonditionen, mit einem Risikozuschlag von 4­8 Prozent. Der Risikozuschlag wird zudem erhöht, wenn das Unternehmen während der Laufzeit gegen die Bestimmungen der Darlehensverfügung oder des Gesetzes verstösst.

Die Vorlage könnte problematische Anreize, für die Unternehmen selbst, für ihre Eigentümerinnen und Eigentümer und für die Fremdkapitalgeberinnen setzen. Sie birgt die Gefahr, dass die Unternehmen ihre Bemühungen um ausreichende Liquiditätsund Kapitalpolster einstellen oder reduzieren, die Fremdkapitalgeberinnen (etwa Banken) ihre Kredite oder Kreditlinien zurückziehen oder die Eigentümerinnen ihren Unternehmen Kapital entziehen. Die problematische Anreizwirkung lässt sich nicht vollständig vermeiden. Bei der Ausgestaltung der Vorlage hat der Bundesrat deshalb darauf geachtet, die Fehlanreize möglichst gering zu halten und die private Initiative nicht zu verdrängen. Beispielsweise wurde die Vorlage so ausgestaltet, dass die Unternehmen nicht daran gehindert werden, neue Kreditlinien bei Banken abzuschliessen. Zudem ist entscheidend, dass das Gesetz nur eine temporäre Übergangsmassnahme bleibt. Mittelfristig müssen Massnahmen umgesetzt werden, die eine Finanzhilfe des Bundes überflüssig machen (u. a. Vorschriften zum BCM, Gesetz zur Integrität und Transparenz des Grosshandels von Strom und Gas, allfällige Vorgaben zur Liquidität und Kapitalausstattung der Unternehmen). Das dringliche Gesetz ist deshalb bis Ende 2026 befristet.

4.2

Umsetzungsfragen

Nach Inkrafttreten des Gesetzes wird erwartet, dass die systemkritischen Unternehmen von selbst auf das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beziehungsweise auf das Bundesamt für Energie (BFE) zugehen. Mit Blick auf das Ziel des Gesetzes sollen dabei die unternehmensspezifischen Herausforderungen zwischen dem Unternehmen und den Behörden vertieft besprochen werden. In dieser Zeit bereiten die Behörden ­ in Abstimmung mit dem betroffenen Unternehmen ­ eine Verfügung zur Gewährung von Darlehen nach Massgabe des Gesetzes vor. Die Verfügung wird grundsätzlich aber erst dann erlassen, wenn sich ein konkreter Bedarf abzeichnet. Nachdem die Verfügung erlassen wurde, kann das systemkritische Unternehmen bei Bedarf Antrag auf den Bezug von

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Darlehen stellen. Diese Darlehen dienen der Überbrückung ausserordentlicher Marktentwicklungen, die zur Illiquidität oder Überschuldung eines systemkritischen Unternehmens führen können.

5

Erläuterungen zu den Vorlagen

5.1

Zu den einzelnen Artikeln des Gesetzes

1. Abschnitt:

Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Zweck, Gegenstand und Geltungsbereich

Das Gesetz bezweckt einen Beitrag zu leisten, die Stromversorgung in der Schweiz auch bei ausserordentlichen Marktentwicklungen gewährleisten zu können (Abs. 1).

Für die Stromversorgung in der Schweiz sind bestimmte Akteure von besonderer Bedeutung und damit systemkritisch. Würden solche Akteure in unkontrollierter Weise ausfallen, könnte eine unkontrollierbare Kettenreaktion folgen und diese die Stromversorgungssicherheit in der Schweiz gefährden. Gegenstand der Regelung ist dementsprechend die Vorbereitung auf eine Situation, in welcher aufgrund von ausserordentlichen Marktentwicklungen und trotz der von den systemkritischen Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft, ihren Finanzierungspartnern und ihren direkten oder indirekten Eigentümern getroffenen Massnahmen eine Illiquidität oder Überschuldung droht (Abs. 2).

Dabei deckt die Regelung lediglich Unternehmen ab, die Rechtsträger des Privatrechts sind (z. B. privatrechtliche Aktiengesellschaften, GmbH oder Genossenschaften).

Elektrizitätsunternehmen, die Teil einer kantonalen oder kommunalen Verwaltung sind oder als öffentlich-rechtliche Anstalten organisiert sind, sind ausgeschlossen.

Käme es bei solchen Unternehmen zu aussergewöhnlichen Liquiditätsbedürfnissen, müssen sie im Ernstfall durch die betreffenden Staatswesen unterstützt werden (Abs. 3).

Art. 2

Systemkritische Unternehmen

In Absatz 1 wird definiert, wann ein Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft als systemkritisch gilt. Zwingend ist, dass das Unternehmen seinen Sitz in der Schweiz hat (Bst. a). Von der Systemkritikalität eines Unternehmens der Elektrizitätswirtschaft ist auszugehen, wenn ein Unternehmen einen signifikanten Anteil am inländischen Produktionspark hält und an organisierten Marktplätzen für Elektrizität teilnimmt (Bst. b). In diesem Kontext kann die Funktion der Kraftwerksbetriebsführerschaft im engeren Sinne als systemkritisch angesehen werden. Daneben dürften weitere Funktionen eines Unternehmens der Elektrizitätswirtschaft als potenziell systemkritisch angesehen werden, v. a. die Bilanzgruppenverantwortung. Reine Versorger mit nur geringer Eigenproduktion sind nicht a priori als systemkritisch zu betrachten, da ihr Ausfall nicht zwingend Externalitäten im Sinne von negativen Auswirkungen auf die Stabilität des gesamten Versorgungssystems hat. Auch die Anzahl der Endkunden wird daher nicht als Kriterium herangezogen. Um zu beurteilen, welche Kraftwerksleistung als Schwelle für die Systemkritikalität herangezogen werden soll, wurde 12 / 36

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vereinfachend die von Swissgrid beschaffte und vorgehaltene Reserve- bzw. Regelleistung (Systemdienstleistungen, SDL) als Approximation herangezogen, also die Leistung für Primäregelenergie (PRL), Sekundärregelenergie (SRL) und Tertiärregelenergie (TRL). Vereinfachend kann daher angenommen werden, dass der Ausfall eines Unternehmens mit geringerer Kraftwerksleistung kurzfristig durch die von Swissgrid vorgehaltene Reserveleistung kompensiert werden könnte. Aus Vorjahreszahlen ergibt sich ein Richtwert von ca. 1 200 Megawatt (MW). Mit dem Kriterium der Verfügungsfähigkeit wird abgebildet, dass gewisse Unternehmen nicht nur über Kraftwerke im direkten Eigentum verfügen, sondern auch über Mehr- oder Minderheitsbeteiligungen an anderen Kraftwerken oder anderweitige Rechte über Kraftwerksleistung anderer Kraftwerke verfügen können (unter anderem Partnerwerke).

Diese ­ über juristische Einheiten hinweg verschachtelte ­ Kraftwerksleistung ist mit Blick auf die Systemkritikalität in ihrer Gesamtheit zu betrachten (Ziff. 1). Dies bedeutet, dass eine juristische Person, die ein Kraftwerk betreibt, die damit verbundene Leistung aber einer anderen juristischen Person zur Verfügung stellt (z. B. zur Vermarktung), nicht als systemkritisches Unternehmen nach diesem Gesetz gilt.

Nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 2 sind nur Unternehmen als systemkritisch einzustufen, die an organisierten Marktplätzen teilnehmen. Der Handel an organisierten Marktplätzen umfasst alle Verträge und Derivate zur Lieferung, Bezug oder Transport von Elektrizität, die namentlich auf europäischen Börsen- oder Brokerplattformen abgeschlossen werden. Handel über bilaterale Verträge, wie beispielsweise Verträge mit Partnerwerken, ist davon nicht erfasst (Ziff. 2).

Diese Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen derzeit die Axpo Holding AG, die Alpiq Holding AG und die BKW AG.

Es ist nach Auffassung des Bundesrates notwendig, die Regelung für diese Unternehmen verpflichtend zu machen. Die Vorarbeiten zu dieser Vorlage zeigen, dass es Situationen geben kann, in denen die systemkritischen Unternehmen die nötige Liquidität nicht mehr selbst beibringen können. Ob der Bund im Ernstfall einem illiquiden systemkritischen Unternehmen ein Darlehen verweigern kann, ohne dass dabei die Versorgungssicherheit gefährdet wird, erscheint zumindest
fraglich. Auch deshalb sollte die Unterstellung unter die Regelung für die systemkritischen Unternehmen nicht freiwillig sein. Immerhin aber sieht die vorgeschlagene Regelung mit Blick auf die föderale Struktur der Schweiz vor, dass ein systemkritisches Unternehmen weitestgehend vom Anwendungsbereich des Gesetzes entlassen würde, wenn es in den Genuss von kantonaler Liquiditätsunterstützung kommt und diese mindestens gleichwertig mit der Bundesregelung ist (Art. 21 f.).

Da sich die Systemkritikalität nicht in jedem Fall vorgängig und abschliessend eindeutig festlegen lässt, wird dem UVEK nach Anhörung der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) in Absatz 2 die Möglichkeit eingeräumt, weitere Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft, die ihren Sitz in der Schweiz haben, mit Verfügung als systemkritisch zu bezeichnen, wobei auch hier nur Rechtsträger des Privatrechts (Art. 1 Abs. 3) erfasst werden. Damit ein Unternehmen vom UVEK als systemkritisch bezeichnet werden kann, muss es die Kriterien nach den Buchstaben a und b von Absatz 2 erfüllen.

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Das eine Kriterium ist die starke handelsgeschäftliche Vernetzung mit anderen Unternehmen der Energiewirtschaft (Bst. a). Diese kommerzielle Vernetzung kann systemkritisch sein. Ein möglicher Ausfall eines Unternehmens kann daher auch für Drittparteien ein erhebliches finanzielles Risiko darstellen. Fällt eine Gegenpartei aus, muss ein Unternehmen, um seine Verpflichtungen beziehungsweise seinen eigenen Bedarf zu decken, sich wiederum selber am Markt mit den nötigen Energiemengen eindecken. Dies könnte gerade bei einer angespannten Marktlage schwierig sein oder sogar dadurch verschärft werden, dass ein Teil der Produktion eines insolventen Unternehmens der Elektrizitätswirtschaft gar nicht an den Markt gelangt. Es kann sein, dass bestimmte Unternehmen besonders hohe finanzielle Abhängigkeiten (Credit Exposures) mit anderen Branchenunternehmen (Versorger oder Commodity-Handelshäuser) haben, und allein deshalb systemkritisch werden.

Als zweites, kumulatives Kriterium wird in Buchstabe b festgehalten, dass das Unternehmen Leistungen erbringen muss, die für die schweizerische Volkswirtschaft zentral und grundsätzlich unverzichtbar sind (Ziff. 1) und nicht innerhalb einer für die Volkswirtschaft tragbaren Frist durch andere Marktteilnehmer ersetzt werden können (Ziff. 2).

Diese Unternehmen nach Absatz 2 können vom UVEK jederzeit als systemkritisch bezeichnet werden. Umgekehrt kann ein Unternehmen (bzw. dessen oberste Konzerngesellschaft), das die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt, gestützt auf Absatz 3 innert sechs Monaten seit Inkrafttreten des Gesetzes beim UVEK beantragen, als systemkritisch bezeichnet zu werden. Vor dem jeweiligen Entscheid hört das UVEK die ElCom an.

Absatz 4 legt folgendes fest: Wenn ein Unternehmen nach Absatz 1 Teil eines Konzerns ist, gilt nur die oberste Konzerngesellschaft, die den Konzern konsolidiert, als das systemkritische Unternehmen. Damit soll ausgeschlossen werden, dass im gleichen Konzern mehrere Tochtergesellschaften für sich alleine als systemkritisches Unternehmen qualifizieren.

Art. 3

Subsidiäre Finanzhilfen des Bundes in Form von Darlehen

Absatz 1 hält fest, dass der Bund Darlehen an systemkritische Unternehmen nur gewähren kann, wenn diesen aufgrund eines Liquiditätsengpasses wegen ausserordentlichen Marktentwicklungen und trotz der vom Unternehmen, seinen Finanzierungspartnern und seinen direkten oder indirekten Eigentümern getroffenen Massnahmen die Illiquidität oder Überschuldung droht. Der Grundsatz der Subsidiarität wird insbesondere mit den Voraussetzungen an die Gewährung eines Darlehens nach dem 2. Abschnitt des Gesetzes gewahrt.

Die Hilfen des Bundes sind immer nur subsidiär; die systemkritischen Unternehmen und ihre direkten und indirekten Eigentümer sind ohnehin verpflichtet, die erforderlichen Massnahmen zu treffen, um die Zahlungsfähigkeit und die ausreichende Kapitalbasis des Unternehmens zu gewährleisten. In Bezug auf diese Massnahmen kommt dem obersten Leitungs- und Verwaltungsorgan des Unternehmens eine zentrale

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Bedeutung zu. Es hat gemäss Artikel 716a Absatz 1 Ziffer 3 i. V. m. Artikel 717 Absatz 1 des Obligationenrechts (OR)12 die Pflicht, die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen zu wahren. Deshalb hat es im Sinne der Vorsorge bereits vorgängig zu einer Krise alle Massnahmen zu ergreifen, um die Fortführungsfähigkeit der Gesellschaft zu erhalten. Es muss dafür sorgen, dass durch alle geeigneten Massnahmen die Zahlungsfähigkeit aufrecht erhalten bleibt oder zeitnah wieder vollständig hergestellt werden kann. Im Fall einer Unternehmenskrise ist die Finanzplanung so zu gestalten, dass sie konsequent auf die Sanierungsziele ausgerichtet ist. Alle Möglichkeiten zur Sicherung oder Wiederherstellung der Liquidität und eines im Hinblick auf die Unternehmensrisiken adäquaten Eigenkapitals müssen analysiert und gegebenenfalls zusammen mit den am Unternehmen beteiligten Personen und Kreditinstituten ergriffen werden (z. B. Massnahmen wie die Anpassung des Eigenhandels und von Termingeschäften oder vom Präventivmassnahmen für den Fall, dass Gegenparteien ausfallen).

Trifft der Verwaltungsrat in Kenntnis der Problematik die notwendigen Massnahmen nicht, so muss er mit Verantwortlichkeitsklagen rechnen.13 Da die Eignerinnen und Eigner (v. a. Kantone und Gemeinden) Einfluss auf die Entwicklung und Ausgestaltung der Stromproduzenten nehmen (z. T. Vertretung in den Verwaltungsräten, Aktionärsbindungsverträge, strategischen Ziele), sind sie zumindest auch mittelbar in der Verantwortung, was die Vornahme von vorsorglichen Massnahmen betrifft. Zwar besteht aktienrechtlich keine Nachschusspflicht der Aktionäre, aber je mehr sich diese ­ rechtlich oder politisch ­ in die Geschäfte «ihrer» AG «einbringen», je eher werden sie sich verpflichtet sehen, die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Es kann sich dabei um Aktionärsdarlehen, Aktienkapital-Erhöhungen oder Marktlösungen handeln (z. B. Wandelanleihen).

Ausserordentliche Marktentwicklungen können beispielsweise auftreten, wenn es Strukturbrüche bei der Gasbeschaffung (z. B. aus Russland) gibt und diese zu Preissprüngen an den Grosshandelsmärkten führen. So könnten beispielsweise weitergehende Sanktionen zu einer drastischen, kurzfristig eintretenden Verknappung der physischen Gaslieferungen führen und damit zu einem explosionsartigen Anstieg der Energiepreise
(Gas und Strom). Dadurch kann sich für längere Zeit ein höherer Preis auf dem Stromgrosshandelsmarkt einstellen, was zu einer unmittelbaren Erhöhung der Sicherheitsleistungen führt. Denkbar ist aber auch, dass durch das Auslaufen der heute noch bestehenden europäischen Lieferverträge mit Russland die Strom- und Gaspreise kontinuierlich über den Verlauf der nächsten Wochen und Monate ansteigen. Im Winterhalbjahr könnte sich die Situation derart zuspitzen, dass ein Unternehmen seine Margin-Anforderungen nicht mehr erfüllen kann oder ein Ausfall wichtiger Gegenparteien einen Dominoeffekt verursacht.

Absatz 2 hält fest, dass es sich bei der subsidiären Finanzhilfe nicht um eine Anspruchssubvention handelt.

Hauptziel dieser Bestimmung ist die Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes und die Sicherstellung der Rückzahlungsfähigkeit des Darlehens durch das Unternehmen.

12 13

SR 220 Siehe z. B. Roland Müller/Lorenz Lipp/Adrian Plüss (2021), Der Verwaltungsrat, 5. Aufl., Zürich, N 3.128 ff. und N 3.154 ff.

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2. Abschnitt:

Eckwerte der Darlehen des Bundes

Art. 4

Darlehensgewährung mittels Darlehensverfügung

In Absatz 1 wird festgehalten, dass das UVEK den systemkritischen Unternehmen auf Antrag Darlehen grundsätzlich mittels Verfügung gewährt. Der Antrag des Unternehmens hat möglichst frühzeitig zu erfolgen. Die Unternehmen sollen spätestens dann an das UVEK gelangen und ihr Gesuch stellen, wenn absehbar ist, dass Illiquidität oder Überschuldung drohen. Damit sind Fälle abgedeckt, in denen die Marktentwicklung langsam bzw. schleichend voranschreitet. Nicht ausgeschlossen sind jedoch auch Fälle, in denen entsprechende Marktereignisse überraschend und unvermittelt eintreten. Auch in diesen Fällen müssen die Unternehmen so schnell wie möglich an die Behörden gelangen und insbesondere die nötigen Informationen liefern. Nur so können rechtzeitig entsprechende Vorkehrungen getroffen werden.

Wie in Artikel 25 Absatz 2 festgehalten, erfolgt die Darlehensgewährung durch das UVEK im Einvernehmen mit dem EFD. Das UVEK ist dabei für das Unternehmen die federführende Ansprechperson seitens des Bundes und koordiniert und verrichtet die inhaltlichen und administrativen Arbeiten, die im Zusammenhang mit den Darlehen notwendig sind. Die Intensität des Austauschs mit den Unternehmen hängt unter anderem von den vorherrschenden Marktentwicklungen und der finanziellen Situation der Unternehmen ab. Je angespannter der Markt und die Liquidität des Unternehmens sind, desto gezielter und umfassender werden die Vorarbeiten für die Darlehensgewährung erfolgen. Das Einvernehmen mit dem EFD erfolgt insbesondere mit Blick auf die ausgabenpolitischen, subventions- und finanzhaushaltsrechtlichen Aspekte.

UVEK und EFD sind sodann auf die Mitwirkung der ElCom angewiesen.

Absatz 2 hält fest, dass die Verfügung dem systemkritischen Unternehmen die Möglichkeit zum Bezug der Darlehen einräumt. Damit kann ein Unternehmen gestützt auf die Verfügung ein oder mehrere Darlehen zu verschiedenen Zeitpunkten beziehen.

Für jeden Bezug von Darlehen hat das Unternehmen einen Antrag an das UVEK zu stellen (vgl. Art. 9). Ausserdem werden in der Verfügung die Eckwerte dieser Darlehen geregelt. Dabei müssen die Vorgaben nach dem 2. Abschnitt eingehalten sein.

Die Vorgaben nach dem 2. Abschnitt sind dabei nicht abschliessend. Die weiteren Verfügungsinhalte sind jeweils auf den Einzelfall abzustimmen und können alles umfassen, was auch in einem
Darlehensvertrag geregelt werden könnte.

Das UVEK kann nach Absatz 3 auch dann eine Darlehensverfügung erlassen, wenn das systemkritische Unternehmen zum Zeitpunkt der Verfügung bereits überschuldet ist. Im Falle einer Überschuldung regeln die Artikel 725 f. OR die Pflichten des Verwaltungsrats. Der Erlass von Darlehensverfügungen trotz Überschuldung ist zwar grundsätzlich nicht gewollt, kann aber aus Zeitgründen trotzdem notwendig sein, wenn alternative Massnahmen der Gesellschaft nicht genug schnell umgesetzt werden können. Bis zum effektiven Bezug des Darlehens (Art. 9) hat das Unternehmen dann entsprechende Massnahmen zur Beseitigung der Überschuldung bzw. zur Sanierung zu treffen. Die Nicht-Überschuldung zum Zeitpunkt des Darlehensbezugs soll verhindern, dass Darlehen an Unternehmen gewährt werden, deren angespannte Situation nicht nur auf die ausserordentlichen Marktentwicklungen, sondern auf strukturelle

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Solvenz-Probleme zurückzuführen ist. Die Finanzhilfe des Bundes soll Liquiditätsüberbrückung ermöglichen, nicht aber dazu dienen, strukturelle Probleme zu lösen.

Strukturelle Probleme sind von den Eignern und Eignerinnen der Unternehmen zu lösen. Die Bestimmung ist bewusst als «Kann-Vorschrift» ausgestaltet, so dass das UVEK beispielsweise eine Darlehensverfügung bereits erlassen kann, wenn das Unternehmen oder dessen Eigner Selbsthilfemassnahmen getroffen, diese Massnahmen die Überschuldung aber formell noch nicht beseitigt haben. Die Bestimmung gibt dem Bund die Möglichkeit, die Eignerinnen und Eigner anzuhalten, weitere Massnahmen zu ergreifen oder zuzusichern, bevor die Darlehen bezogen werden können. Die «Kann-Bestimmung» stellt klar, dass keine Verpflichtung des UVEK besteht; denkbar ist auch, dass keine Verfügung erlassen wird. Dieser Ermessensentscheid wird auch davon abhängen, ob das Unternehmen glaubhaft darlegen kann, wie und bis wann es die aktuelle Überschuldungssituation überwinden kann.

Art. 5

Darlehensgewährung mittels Darlehensvertrag

Nach dieser Bestimmung kann das UVEK anstatt eine Verfügung zu erlassen auch einen öffentlich-rechtlichen Darlehensvertrag mit dem systemkritischen Unternehmen abschliessen. Der Darlehensvertrag muss dabei ­ wie die Verfügung ­ die im 2. Abschnitt geregelten Vorgaben erfüllen.

Die Darlehensgewährung mittels Verfügung hat für das Unternehmen zur Folge, dass die Eckwerte des Darlehens einseitig vom Bund bestimmt werden, der Verhandlungsspielraum ist sehr beschränkt. Ist das Unternehmen mit den vom Bund verfügten Modalitäten des Darlehens nicht einverstanden, bleibt ihm der verwaltungsrechtliche Beschwerdeweg.

Die vorliegende Bestimmung schafft einen grösseren Handlungsspielraum zugunsten der Unternehmen. Ziel dieser Bestimmung ist es, den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, möglichst früh und transparent mit dem Bund in den Austausch und in Verhandlungen zu treten. Im Idealfall schaffen es das Unternehmen und der Bund Rahmenbedingungen zu vereinbaren, die für beide Seiten akzeptabel sind. Scheitern die Verhandlungen über einen Darlehensvertrag, verbleibt das Instrument der Darlehensverfügung.

Art. 6

Darlehensempfängerin, Zweck und Währung

Das Darlehen kann nach Absatz 1 nur einem Unternehmen gewährt werden, das nach Artikel 2 als systemkritisch einzustufen ist.

Nach Absatz 2 können die systemkritischen Unternehmen ein vom Bund gewährtes Darlehen nicht einschränkungslos verwenden. Das Darlehen dient einem klaren Zweck: der Überbrückung von Liquiditätsengpässen bei ausserordentlichen Marktentwicklungen (vgl. Art. 9 Abs. 3).

Absatz 3 hält fest, dass die Darlehen ausschliesslich in Schweizer Franken gewährt werden. Die Beschaffung von Fremdwährungen für die systemkritischen Unternehmen ist nicht Sache des Bundes. Allfällige Fremdwährungsrisiken müssen vom Unternehmen und nicht vom Bund getragen werden.

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Art. 7

Darlehenssumme, Zins und Risikozuschlag

Absatz 1 regelt, dass die maximale Darlehenssumme in der Verfügung festgelegt wird.

Die maximale Darlehenssumme wird dabei auch von den spezifischen ausserordentlichen Marktentwicklungen (vgl. Art. 9 Abs. 3) abhängen.

Absatz 2 hält fest, dass das Darlehen marktgerecht verzinst wird, zuzüglich eines Risikozuschlags. Die Marktgerechtigkeit des Zinses orientiert sich dabei namentlich an den aktuellen Referenzzinssätzen, dem Bonitäts-Rating des Unternehmens, den Zinssätzen von vergleichbaren Finanzierungen auf dem Kredit- oder Kapitalmarkt und den dem Bund vom Unternehmen oder seinen Eignern eingeräumten Sicherheiten.

Ist ein systemkritisches Unternehmen auf die Liquiditätsunterstützung des Bundes angewiesen, bedeutet dies, dass das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, rechtzeitig eine Finanzierung auf dem Kredit- oder Kapitalmarkt zu beschaffen. Das Unternehmen erhält von Banken keine Liquidität mehr, so dass davon auszugehen ist, dass der marktgerechte Zins zu tief ist. Deshalb ist ein zusätzlicher Risikozuschlag erforderlich. Mit diesem Risikozuschlag werden auch das spezifische Risiko des Bundes als «lender of last resort» entschädigt und mit Blick auf die Subsidiarität der Bundesunterstützung Lenkungsanreize gesetzt: ein systemkritisches Unternehmen soll möglichst vermeiden wollen, auf die Unterstützung des Bundes zurückzugreifen, bzw.

eine vom Bund in Anspruch genommene Unterstützung möglichst rasch zurückzahlen.

In Absatz 3 wird der zusätzlich zum Zins geschuldete Risikozuschlag auf jährlich zwischen 4 bis 8 Prozent der jeweils ausstehenden Darlehensbeträge eines Unternehmens festgelegt. Der Risikozuschlag erhöht sich auf jährlich 5­10 Prozent, wenn das Unternehmen während der Dauer der Möglichkeit des Bezugs von Darlehen gegen Pflichten, Auflagen oder Bedingungen der Darlehensverfügung des UVEK oder des Gesetzes verstösst. Innerhalb dieser Bandbreiten wird der Risikozuschlag unter Berücksichtigung aller massgeblichen Risiken festgelegt, einschliesslich allfällig bestellter Sicherheiten (Art. 11), der Nachrangigkeit (Art. 12) sowie weiterer Risikoaspekte.

Dem UVEK kommt diesbezüglich ein Ermessen zu.

In der Darlehensverfügung wird auch festgelegt, in welchem Umfang sich der Risikozuschlag bei Verstössen erhöht. Dies kann z. B. das Verbot zum Beschluss und zur Ausschüttung von Dividenden
nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a, das Kapitalrückerstattungsverbot nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b oder das Umstrukturierungsverbot nach Artikel 10 Absatz 3 betreffen.

Die Erhöhung des Risikozuschlags erfolgt, weil es wegen der Systemkritikalität des Unternehmens nicht möglich ist, das Darlehen zu künden und das Unternehmen sich selbst zu überlassen. Die Erhöhung der Finanzierungskosten (hier über den Risikozuschlag) ist ein üblicher Mechanismus in Finanzierungsstrukturen. Die Erhöhung soll einen ökonomischen Anreiz setzen, dass die Darlehensbedingungen jederzeit eingehalten werden.

Um die richtige Anwendung des objektiven Rechts bei gewichtigen Verstössen gegen die Darlehensverfügung sicherzustellen, kann der Bund als ultima ratio auch die Darlehensverfügung widerrufen. Bei einem Widerruf fällt die Möglichkeit des Bezugs umgehend dahin und alle ausstehenden Forderungen im Zusammenhang mit dem Darlehen werden sofort fällig.

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Der Risikozuschlag wird erst mit dem Ablauf der Dauer der Möglichkeit zum Bezug von Darlehen fällig. (Abs. 4). Damit trägt der Bund zur Schonung der Liquidität des Unternehmens bei.

Auf ein explizites Verbot zur Weiterbelastung des Risikozuschlags sowie der Zinsen an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher, welche Elektrizität für den eigenen Verbrauch in der Grundversorgung beziehen, wird verzichtet. Eine Einrechnung des Risikozuschlags sowie der Zinsen in die Kosten der Grundversorgung ist aufgrund der Strompreisregulierung ausgeschlossen. Die Absicherungsgeschäfte, die zu Liquiditätsengpässen führen können (vgl. Art. 9 Abs. 3 Bst. a Ziff. 3), sind für die Produktionsmenge zuhanden der Grundversorgung nicht nötig, da bereits der Absatz in der regulierten Grundversorgung eine hinreichende Absicherung darstellt. Der Risikozuschlag und die Zinsen können deshalb nicht in die Gestehungskosten und Abgaben auf die in der Grundversorgung gelieferten Energie einbezogen werden.

Darüber hinaus würde eine Weiterbelastung dem Zweck des Risikozuschlags zuwiderlaufen, da dieser gerade zur Vermeidung von Fehlanreizen definiert wurde. Ein Abruf des Darlehens würde für ein Unternehmen umso attraktiver, je weniger die Unternehmung bzw. ihre Eigentümer die damit verbundenen Kosten selbst zu tragen hätten.

Art. 8

Modalitäten des Bezugs

Damit eine weitgehende Gleichbehandlung der systemkritischen Unternehmen und auch die operationelle Umsetzbarkeit der Darlehensgewährung beim Bund sichergestellt werden kann, legt die Bestimmung fest, dass die Darlehensverfügung einheitliche Vorgaben zu den Modalitäten des Bezugs einzelner Darlehen festlegt, namentlich zum Mindestbetrag und zur minimalen Laufzeit eines bezogenen Darlehens oder eines bezogenen Teilbetrags, zum Zeitpunkt der Auszahlung und zur Zinsberechnung.

Diese Modalitäten werden primär unter Berücksichtigung der Ressourcen und technischen Möglichkeiten der Bundestresorerie in der Verfügung festgelegt.

Art. 9

Bezug durch die Darlehensnehmerin

Die Darlehensverfügung schafft für das Unternehmen die Möglichkeit, beim Bund Liquiditätsunterstützung in Darlehensform abzurufen. Nach Absatz 1 muss die Darlehensnehmerin hierzu einen Antrag an das UVEK stellen, um die Darlehenssumme oder einen Teil davon beziehen zu können. Dabei sind die Vorgaben der Verfügung und des Gesetzes zu beachten.

Absatz 2 legt fest, dass der Antrag an das UVEK insbesondere Aussagen über die Höhe und zeitliche Staffelung der Darlehen, die das systemkritische Unternehmen beziehen möchte und darüber, wie der Liquiditätsbedarf begründet ist, enthalten muss.

Ausserdem muss der Antrag eine schriftliche und unterzeichnete Bestätigung eines oder mehrerer Mitglieder des Verwaltungsrates der Darlehensnehmerin, die zur Vertretung befugt sind, enthalten, dass die Darlehensnehmerin nicht überschuldet ist und dass alle zumutbaren Selbsthilfemassnahmen getroffen wurden. Hegt das UVEK den Verdacht, dass eine direkt oder indirekt mit der Darlehensnehmerin verbundene Konzerngesellschaft überschuldet ist, so kann es verlangen, dass auch für diese Gesell-

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schaft eine Bestätigung des Verwaltungsrats darüber beigelegt wird, dass diese Gesellschaft nicht überschuldet ist. Die Darlehensverfügung kann auch weitere Vorgaben für den Inhalt des Antrags enthalten.

Die Auszahlung des Darlehens wird nach Absatz 3 vom UVEK veranlasst, wenn das Unternehmen nicht überschuldet ist, alle zumutbaren Selbsthilfemassnahmen getroffen wurden und ausserordentliche Marktentwicklungen (vgl. dazu die Ausführungen zu Art. 3 Abs. 1) zu einem Liquiditätsengpass beim Unternehmen geführt haben.

Das Gesetz ermöglicht subsidiäre Darlehen für Liquiditätsengpässe, die Lösung von Solvenzproblemen soll demgegenüber durch das Unternehmen, seine Eigentümer und übrigen Finanzierungspartner erfolgen. Um den Bezug von Darlehensbeträgen verhindernde Überschuldungssituationen zu vermeiden, hat das Unternehmen deshalb laufend sicherzustellen, dass es nicht überschuldet ist und eine drohende oder bereits eingetroffene Überschuldung mit den entsprechenden Massnahmen entschärft. Das gilt auch für Fälle, in denen eine Darlehensverfügung trotz einer Überschuldungssituation gewährt wurde (vgl. dazu die Ausführungen zu Art. 4 Abs. 3). Als solche Massnahmen kommen beispielsweise Rangrücktritte auf bestehenden Finanzierungen, Kapitalerhöhungen oder Forderungsverzichte in Frage.

Art. 10

Pflichten der Darlehensnehmerin während der Inanspruchnahme von Darlehen

Absatz 1 enthält zwingende Vorgaben die gewährleisten sollen, dass die vom Bund zur Verfügung gestellte Liquidität nur zum vorgesehenen Zweck (vgl. Art. 9 Abs. 3) im Unternehmen verwendet wird. Die Vorschriften gelten während der Inanspruchnahme von Darlehen, das heisst, wenn Darlehensbeträge ausbezahlt und noch nicht wieder zurückbezahlt worden sind und solange der Risikozuschlag noch nicht beglichen ist.

Nach Absatz 2 weiterhin zulässig ist ­ entsprechend Artikel 2 Absatz 2 Buchstaben b bis d und Absatz 3 Buchstabe b des Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetzes vom 18. Dezember 202014 (Covid-19-SBüG) ­ das Erfüllen vorbestehender ordentlicher Zins- und Amortisationszahlungspflichten.

Der Darlehensnehmerin und der direkt oder indirekt mit ihr verbundenen Konzerngesellschaften soll es auch nach Darlehensgewährung offenstehen, sich bei Bedarf und nach Massgabe des geltenden Rechts umzustrukturieren oder Aktiven zu veräussern.

Gleichzeitig können sich gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen oder Veräusserungen grösserer Aktiva nachteilig auf die Darlehensrückzahlung oder auf die mit dem Darlehen verbundenen Sicherheiten auswirken und damit das Risiko für den Bund erhöhen. Ein absolutes Verbot solcher Transaktionen nach Darlehensgewährung wäre weder sinnvoll noch verhältnismässig. Entsprechend sind nach Absatz 3 Umstrukturierungen und Veräusserungen stets so durchzuführen, dass dadurch weder die Darlehensrückzahlung noch die mit dem Darlehen verbundenen Sicherheiten gefährdet werden können. Veräusserungen von Aktiven oder Umstrukturierungen, die die Rückzahlung der Darlehen oder allfällige Sicherheiten gefährden könnten, sind nach diesem Absatz unzulässig.

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SR 951.26

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Die Darlehensnehmerin hat das UVEK vor Veräusserungen von Aktiven, die mehr als 50 Millionen Franken betragen, und vor Umstrukturierungen zu informieren.

Im Zusammenhang mit dem Betrieb von Kraftwerken (insbesondere im Bereich von Wasserkraft) haben die Unternehmen nach Massgabe von kantonalem oder kommunalem Recht und der entsprechenden Konzessionen regelmässig Entschädigungen an Kantone oder Gemeinden zu entrichten (z. B. Wasserzinsen). Diese Entschädigungen führen zu Liquiditätsabflüssen bei den systemkritischen Unternehmen, stellen für die Gemeinwesen aber teilweise auch wichtige Einnahmequellen dar. Eine gesetzliche Stundung solcher Entschädigungen würde zwar dem Zweck der Schonung der Liquidität der Unternehmen dienen, aber bei betroffenen Gemeinwesen zu schwierigen Herausforderungen führen und unzureichend Flexibilität bieten.

Vor diesem Hintergrund wird in Absatz 4 eine Verhandlungspflicht vorgesehen, wonach die systemkritischen Unternehmen und die Kantone oder Gemeinden über eine Stundung solcher Entschädigungen verhandeln sollen. Dies ermöglicht den involvierten Akteuren, massgeschneiderte Lösungen zu vereinbaren, die sowohl dem Schutz der Liquidität der Unternehmen als auch den berechtigten Liquiditätsbedürfnissen der Gemeinwesens Rechnung tragen.

Art. 11

Sicherheiten

Der Bund geht mit der Darlehensgewährung substantielle Risiken ein. Entsprechend kann nach Absatz 1 in der Darlehensverfügung vorgesehen werden, dass die Darlehensnehmerin, die mit ihr direkt oder indirekt verbundenen Konzerngesellschaften oder die an der Darlehensnehmerin beteiligten Personen (natürliche und juristische Personen) mit dem UVEK Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss von öffentlichrechtlichen Vereinbarungen zur Bestellung von Sicherheiten führen müssen. Im Vordergrund stehen Pfandrechte auf Aktiven, die Abtretung von Forderungen oder eine Garantie eines Dritten für die Rückzahlung des Darlehens. Die Bestimmung ermöglicht keine unmittelbare Besicherung alleine gestützt auf die Darlehensverfügung.

Das Pfandrecht nach Buchstabe a kann sich auf Aktiven des Unternehmens selbst beziehen, auf Aktiven der am Unternehmen beteiligten Personen oder Körperschaften oder auf Aktiven von Konzerngesellschaften der Darlehensnehmerin. Zu denken ist beispielsweise an Pfandrechte über Aktien von werthaltigen Tochterunternehmen oder der Darlehensnehmerin selbst. Die entsprechenden Sicherheitenverträge unterstehen dem öffentlichen Recht; das Obligationenrecht und das Zivilgesetzbuch gelten sinngemäss und kommen als subsidiäres öffentliches Recht zur Anwendung (Abs. 2).

Werden dem Bund angemessene Sicherheiten eingeräumt und rechtsgültig bestellt, so hat dies grundsätzlich einen positiven Einfluss auf die Risiken, die der Bund eingeht bzw. eingegangen ist. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt es sich, den Risikozuschlag nach Artikel 7 Absatz 3 zu reduzieren. Diese Reduktion soll nach Massgabe des reduzierten Risikos erfolgen, jedoch mindestens einen Prozentpunkt betragen. Der Risikozuschlag kann aber auch mit der hier vorgesehenen Reduktion nie die Untergrenze von 4 Prozent gemäss Artikel 7 Absatz 3 unterschreiten (Abs. 3).

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Art. 12

Nachrangigkeit

Die Darlehen des Bundes sind grundsätzlich gleichrangig zu den bestehenden Fremdkapitalfinanzierungen der Darlehensnehmerin. Es wurde darauf verzichtet, dass Bundesdarlehen vorrangig zu erklären, da dies regelmässig zu Problemen mit bestehenden Finanzierungen führen dürfte. Lässt sich ein Darlehen nach diesem Gesetz aber auch bei einer Gleichrangigkeit nicht mit der bestehenden Finanzierung eines Unternehmens vereinbaren, oder droht nach Darlehensgewährung eine Überschuldung des Unternehmens, erlaubt Absatz 1 dem UVEK, für Forderungen nach diesem Gesetz einen Rangrücktritt zu erklären. Das UVEK berücksichtigt beim Rangrücktritt eine allfällige Erhöhung der finanziellen Risiken für den Bund und prüft insbesondere, ob die Nachrangigkeitserklärung mit weiteren Bedingungen zu flankieren, zeitlich zu begrenzen oder von der Nachrangigkeitserklärung anderer Gläubiger abhängig zu machen ist. Die Nachrangigkeitserklärung ist so auszugestalten, dass sich die zusätzlichen finanziellen Risiken des Bundes auf das notwendige Minimum beschränken. Die Höhe und weiteren Modalitäten der Nachrangigkeitserklärung sollen demnach und mit Blick auf die Subsidiarität grundsätzlich nicht über das minimal Notwendige hinausgehen. Bei einer späteren positiven Entwicklung des Unternehmens soll das UVEK die Nachrangigkeitserklärung auf das noch notwendige Mass reduzieren oder auch ganz aufheben können.

Erklärt das UVEK eine Darlehensforderung als nachrangig, so erhöht sich ab diesem Zeitpunkt der Risikozuschlag nach Artikel 7 Absatz 3, nicht aber der Zins. Die Erhöhung des Risikozuschlags erfolgt unter Berücksichtigung des zusätzlichen Risikos aufgrund der Nachrangigkeit des Darlehens des Bundes; die Erhöhung beträgt jedoch mindestens einen Prozentpunkt. Der Risikozuschlag kann aber auch mit der hier vorgesehenen Erhöhung nie die Obergrenze von 10 Prozent gemäss Artikel 7 Absatz 3 überschreiten (Abs. 2).

Art. 13

Dauer der Möglichkeit zum Bezug und Modalitäten der Rückzahlung

Nach Absatz 1 endet die Möglichkeit zum Bezug von Darlehen spätestens am 31. Juli 2026.

Wurden Darlehen bezogen, so sind diese innerhalb der im Antrag des Unternehmens festgelegten Laufzeit, spätestens aber bis zum in der Darlehensverfügung bestimmten Zeitpunkt zurückzuzahlen (Absatz 2). Kurz vor diesem Zeitpunkt ist betreffend die Darlehensgewährung Zurückhaltung angezeigt.

Art. 14

Auflagen und Bedingungen zur Risikoreduktion des Bundes

Gestützt auf diese Bestimmung kann das UVEK in der Verfügung Auflagen und Bedingungen festlegen um die finanziellen Risiken der öffentlichen Hand aus der Darlehensgewährung gegenüber einer Darlehensnehmerin und den mit ihr direkt oder indirekt verbundenen Konzerngesellschaften zu reduzieren. Im Fokus stehen dabei Auflagen und Bedingungen im Bereich von Liquidität und Kapital. Materiell bildet diese Bestimmung die notwendige gesetzliche Grundlage, um im Rahmen der Verfügung die in Bankenfinanzierungen üblichen Covenants abzubilden, sollte dies mit

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Blick auf die Risikolage des Bundes erforderlich sein. Mit Blick auf die Eingriffsintensität und aus zeitlicher Sicht werden solche Auflagen und Bedingungen im Grundsatz an den Bezug von Darlehensbeträgen anknüpfen. Wo dies in Marktfinanzierungen üblich ist, können Auflagen und Bedingungen zeitlich auch vor dem Darlehensbezug Wirkung entfalten. Sollten entsprechende Auflagen und Bedingungen von der Darlehensnehmerin verletzt werden, wirkt sich dies auf den Risikozuschlag aus (Artikel 7 Abs. 3); dem UVEK stehen aber auch die üblichen verwaltungsrechtlichen Instrumente zur Verfügung, bis hin zu einer Anpassung der Verfügung oder ggf. den einzelfallbasierten Verzicht auf die Durchsetzung einer solchen Auflage oder Bedingungen, sofern dies aus der Gesamtrisikoperspektive für den Bund vertretbar erscheint. Dem UVEK kommt diesbezüglich Ermessen zu.

3. Abschnitt:

Pflichten der Kantone und der Gemeinden sowie Anteile der Kantone an den Darlehensverlusten und Risikozuschlägen

Art. 15

Unterlassungspflicht der Kantone und der Gemeinden

Im Sinne eines Auffangtatbestands haben die Kantone und die Gemeinden alles zu unterlassen, was die Rückzahlung der Darlehen verzögern oder gefährden könnte.

Auch dürfen allfällig gewährte Sicherheiten nicht gefährdet werden.

Art. 16

Anteil der Kantone an Darlehensverlusten und Risikozuschlägen

Im Rahmen dieses Gesetzes unterstützt der Bund systemkritische Unternehmen, die mehrheitlich den Kantonen und den Gemeinden gehören. Diese Unterstützung dient der Stromversorgungssicherheit in der ganzen Schweiz und nicht nur in den Kantonen, in denen die betroffenen Unternehmen operationell tätig oder in denjenigen Kantonen, die (indirekt) Eigner der Unternehmen sind. Käme der Bund bei der Darlehensgewährung zu definitiven Verlusten auf Darlehen, zuzüglich Zinsen und Risikozuschlägen, würden die verbleibenden Verluste sozialisiert. Dabei übernimmt der Bund 50 Prozent dieser Verluste und die Gesamtheit der Kantone die übrigen 50 Prozent (Abs. 1).

Absatz 2 hält fest, dass die vom Bund vereinnahmten Risikozuschläge zu 50 Prozent an die Kantone weitergeleitet werden. Die Kantone sind aus Symmetrieüberlegungen an den vereinnahmten Risikozuschlägen zu beteiligen, da sie ein Verlustrisiko mittragen.

Unter den Kantonen werden die Verluste und die Risikozuschläge anhand des kantonalen Anteils am Bruttoinlandprodukt des Jahres 2020 aufgeteilt (Abs. 3).

4. Abschnitt:

Finanzierung

Art. 17

Verpflichtungskredit

Damit das UVEK den systemkritischen Unternehmen die Möglichkeit zum Bezug von Darlehen geben kann, braucht es einen Verpflichtungskredit. Deshalb beantragt der Bundesrat dem Parlament einen solchen Kredit in der Höhe von 10 Milliarden Franken. Das Parlament beschliesst den Verpflichtungskredit in Form eines einfachen Bundesbeschlusses, der nicht dem Referendum untersteht.

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Der Bundesrat stuft es aktuell als unwahrscheinlich ein, dass der Bund einem Unternehmen tatsächlich Darlehen gewähren muss. Er verzichtet daher vorderhand darauf, dem Parlament Voranschlagskredite zu beantragen. Sobald Darlehen gewährt und ausbezahlt werden müssen, würde der Bundesrat dem Parlament zum geeignetem Zeitpunkt einen dringlichen Nachtragskredit nach Artikel 34 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 200515 (FHG) beantragen. Folglich müsste die Finanzdelegation gegebenenfalls über einen entsprechenden Nachtrag befinden. Es ist davon auszugehen, dass ein allfälliges Darlehen die Anforderungen an die Verbuchung als ausserordentliche Ausgabe gemäss Artikel 15 FHG erfüllen wird.

Art. 18

Bereitstellungspauschale

Der Bund erhebt von den systemkritischen Unternehmen eine jährliche Bereitstellungspauschale (Abs. 1).

Absatz 2 legt fest, dass sich die Bereitstellungspauschale an der Rendite einer vierjährigen Bundesanleihe im Umfang des Verpflichtungskredits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bemisst ­ im Falle einer negativen Rendite mindestens null Prozent beträgt ­ und an den Kosten, die dem Bund aus dem Beizug Dritter für den Vollzug dieses Gesetzes entstehen. Die Regelung dient einerseits dazu, u. a. die Kosten des Bundes für die Bereitstellung der Liquidität zu decken. Andererseits müssen gleichzeitig und unabhängig von den tatsächlichen Kosten Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden. So soll die Gewährung von Liquidität durch den Bund nicht günstiger ausfallen als die durch ein Bankinstitut bereitgestellte Liquidität. Damit steht die Pauschale in einem gewissen Spannungsfeld zwischen dem Kostendeckungsprinzip und der Wettbewerbsverzerrung und stellt insofern keine reine kostenabhängige Kausalabgabe dar.

Absatz 3 stellt sicher, dass es zu keiner Kumulation von Bereitstellungspauschale und geschuldeten Zinsen und Risikozuschlägen kommt. Nimmt ein Unternehmen Darlehen in Anspruch, zahlt es darauf Zinsen und Risikozuschläge. Diese Zinsen und Risikozuschläge werden von der Bereitstellungspauschale desselben Jahres in Abzug gebracht. Übersteigen Zinsen und Risikozuschläge die Bereitstellungspauschale im gleichen Jahr, entfällt die Bereitstellungspauschale für dieses Jahr.

Absatz 4 ermöglicht eine Erhöhung der Bereitstellungspauschale, wenn dies zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen erforderlich ist. Die Bereitstellungspauschale müsste beispielsweise dann erhöht werden, wenn sie günstiger ausfiele als die Bereitstellungsgebühren für Bankkredite und vergleichbare marktbasierte Finanzierungen des Unternehmens.

Absatz 5 regelt, dass die Bereitstellungspauschale zu gleichen Teilen auf die Gesamtheit der systemkritischen Unternehmen verteilt wird. Das UVEK stellt für die Bereitstellungspauschale jährlich Rechnung und informiert die Unternehmen über eine allfällige Erhöhung nach Absatz 4.

Wie beim Risikozuschlag und den Zinsen wird auch betreffend die Bereitstellungspauschale auf ein explizites Verbot zur Weiterbelastung an die Endverbraucherinnen 15

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und Endverbraucher, welche Elektrizität für den eigenen Verbrauch in der Grundversorgung beziehen, verzichtet. Eine Einrechnung der Bereitstellungspauschale in die Kosten der Grundversorgung ist aufgrund der Strompreisregulierung ausgeschlossen (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 7).

5. Abschnitt:

Auskunftspflichten und Datenbearbeitung

Art. 19

Auskunftspflichten

Absatz 1 enthält die Pflicht der systemkritischen Unternehmen und der mit ihnen direkt und indirekt verbundenen Konzerngesellschaften, deren Revisionsstellen sowie deren für Buchführungs- und Treuhandtätigkeiten beigezogene Personen und Unternehmen, den Vollzugsstellen des Bundes, der ElCom, der Eidgenössische Finanzkontrolle sowie allfällig beauftragten Dritten (vgl. Art. 25 Abs. 3) alle Informationen und Daten bekanntzugeben, die für den Vollzug dieses Gesetzes notwendig sind, so beispielsweise mit Blick auf die Gewährung, Verwaltung, Überwachung und Abwicklung von Darlehen und Sicherheiten. Die involvierten Bundesstellen werden zusammen mit dem Unternehmen ein Verfahren zum regelmässigen Informationsaustausch implementieren, der u. a. den behördlichen Bedürfnissen Rechnung trägt. Dabei können die Behörden auch ein bestimmtes Datenformat vorgeben, an das sich die Unternehmen halten müssen.

Mit Blick auf die Eingriffsintensität und der Beschränkung dieser Pflichten auf das für den Vollzug Notwendige werden die Informations- und Auskunftspflichten zeitlich differenziert ausgestaltet, d. h. die Informations- und Auskunftspflichten sind vor dem Erlass einer Verfügung über die Gewährung von Darlehen weniger umfassend (und beschränken sich auf das notwendige Minimum) als ab der Antragsstellung auf Erlass einer solchen Verfügung. Informationen und Unterlagen, die vor dem Erlass einer Verfügung über die Gewährung eines Darlehens eingefordert werden, dienen insbesondere der Risikoevaluation, der Abschätzung allfälliger Veränderungen des Liquiditätsbedarfes sowie der raschen Prüfung eines allfälligen Darlehensbezuges resp. der Umsetzung des Artikels 9 Absatz 3.

Die Absätze 2 und 3 präzisieren, ab wann die Unternehmen welche Informationen zur Verfügung stellen müssen. Es findet eine Abstufung statt, mit Daten, die von Anfang an geliefert werden müssen und weiteren Daten, die erst im Bedarfsfall (pro Unternehmen) den Behörden zur Verfügung gestellt werden müssen. So sind gemäss Absatz 2 ab Inkrafttreten des Gesetzes Informationen und Unterlagen zur Finanzlage eines Unternehmens (Bst. a), zu den abgeschlossenen Energiehandelsgeschäften (Bst. b) zu liefern, ebenso eine begründete Darstellung, bei welchen Marktentwicklungen das Stromunternehmen auf weitere Liquidität zur Sicherstellung seiner Zahlungsfähigkeit
angewiesen sein könnte (Bst. c). Zu den abgeschlossenen Energiegeschäften (Bst. b) gehören alle Verträge und Derivate zur Lieferung, zum Bezug oder Transport von Energie, die namentlich auf europäischen Börsen- oder Brokerplattformen oder mit anderen Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft ausserbörslich (Over the Counter) abgeschlossen werden mit Lieferort EU und Schweiz.

Ab dem Zeitpunkt des Antrages nach Artikel 4 Absatz 1 (Abs. 3), sind auch die Finanzplanung für den Zeitraum der Geltungsdauer des Gesetzes (Bst. a), Informationen betreffend Höhe und Ausschöpfung von Darlehen und Kreditlinien der bestehenden 25 / 36

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Finanzierungspartner (Bst. b), die offenen Risikopositionen mit Gegenparteien (Bst. c) ­ hier geht es v. a. um den Wert dieser Positionen ­ und aufgeschlüsselte Informationen über Margin Calls an allen organisierten Marktplätzen (Bst. d) zur Verfügung zu stellen.

Die Informationen und Unterlagen sind in jedem Fall frühzeitig zu liefern, damit die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden können. Erfasst sind auch Informationen und Unterlagen über zurückliegende Sachverhalte, die sich vor dem Antrag oder vor dem Inkrafttreten des Gesetzes verwirklicht haben, sofern solche Informationen und Unterlagen für den Vollzug des Gesetzes notwendig sind. Sinngemäss gilt auch für die Fälle mit Darlehensverträgen (Art. 5), dass die Auskünfte und Unterlagen nach Absatz 3 nicht schon ab Inkrafttreten des Gesetzes, sondern erst im Rahmen der Vertragsverhandlungen geliefert werden müssen.

In der Pflicht zur Information und Auskunftserteilung ist ­ spiegelbildlich ­ auch das Recht des Bundes (inkl. ElCom, EFK und allfällig beauftragter Dritter) enthalten, die Personendaten und Informationen bei den Unternehmen einzuholen, die er zur Verwaltung, Überwachung und Abwicklung der Darlehen nach diesem Gesetz sowie zur Verhinderung, Bekämpfung und Verfolgung von Missbrauch benötigt. Es kann ein geeignetes Datenformat vorgegeben werden. Der Bund kann auch bei Unternehmen Informationen einholen, bei denen nicht eindeutig ist, ob sie «systemkritisch» sind.

Absatz 4 hält fest, dass für die Prüfung der Systemkritikalität nach Artikel 2 Absätze 3 und 4 insbesondere die Unterlagen und Informationen nach Absatz 2 Buchstabe b (Unterlagen und Informationen zu den abgeschlossenen Energiehandelsgeschäften), Absatz 3 Buchstaben b (Informationen betreffend die Höhe und die Ausschöpfung von Darlehen und Kreditlinien der bestehenden Finanzierungspartner) und c (offenen Risikopositionen mit Gegenparteien) von den betroffenen Unternehmen zur Verfügung zu stellen sind.

Art. 20

Datenbearbeitung

Die Bestimmung orientiert sich an Artikel 11 Covid-19-SBüG. Der umfassende Informations- und Datenaustausch nach Absatz 1 ist für den Bund zwingend notwendig.

Er dient unter anderem auch zur Vorbeugung, Bekämpfung und Verfolgung von Missbräuchen sowie der Prüfung der Systemkritikalität.

Die zuständigen Bundesstellen, einschliesslich der ElCom und der Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) sowie beauftragte Dritte nach Artikel 25 Absatz 3 dürfen alle Personendaten und Informationen, die zur Verwaltung, Überwachung und Abwicklung der Darlehen und allfälliger Sicherheiten nach diesem Gesetz sowie zur Verhinderung, Bekämpfung und Verfolgung von Missbrauch notwendig sind, bearbeiten, verknüpfen und untereinander bekanntgeben. Absatz 1 sichert den notwendigen Informations- und Datenaustausch. Die ElCom wird aufgrund ihrer Funktion als unabhängige Regulierungsbehörde im Elektrizitätsbereich ausdrücklich erwähnt. Sie soll zudem das Marktgeschehen und zum genannten Zweck auch das Marktverhalten der Unternehmen sowie die möglichen Auswirkungen auf die Risiken der Unternehmen beobachten (Art. 24).

Absatz 2 bestimmt, dass allfällige Informationen, die von den Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft freiwillig eingereicht worden sind, ebenfalls ausgetauscht werden 26 / 36

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dürfen, soweit dies der Überprüfung des Liquiditätsgrads und der Überwachung der Versorgungssicherheit dient.

Absatz 3 hält ausdrücklich fest, dass das Bankkunden-, Steuer-, Statistik-, Revisionsund Amtsgeheimnis der Bearbeitung, Verknüpfung und Bekanntgabe der Personendaten und Informationen nicht entgegengehalten werden kann.

Zum Bund beziehungsweise zu den zuständigen Amtsstellen des Bundes zählt ­ wie bei Artikel 11 Covid-19-SBüG ­ auch die EFK (s. zudem Art. 8 Abs. 1 Bst. c des Finanzkontrollgesetzes vom 28. Juni 196716). Die Personendaten und Informationen umfassen im vorliegenden Fall die Daten zu natürlichen und juristischen Personen.

Eine weitgehende Informationstransparenz ist im Kontext der Bereitstellung der Darlehen zwingend notwendig. Gleichzeitig sind solche Informationen und Daten der betroffenen privaten Unternehmen zweifellos sehr sensibler Natur. Sie dürften regelmässig Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse im Sinne des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 200417 (BGÖ) enthalten. Angesichts der ausgewiesenen Sensitivität dieser Daten und Informationen und um eine klare Rechtslage zu erreichen, beschränkt das Gesetz den sachlichen Anwendungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes. Absatz 4 stellt somit eine Spezialbestimmung im Sinne von Artikel 4 Buchstabe a BGÖ dar. Er schränkt hingegen den Austausch von Informationen und Daten zwischen den zuständigen Amtsstellen, inkl. der ElCom, in keiner Weise ein. Die Bestimmung soll sicherstellen, dass die zuständigen Verwaltungseinheiten von den systemkritischen Unternehmen alle relevanten Informationen für den Vollzug des Gesetzes vollständig und zeitnah erhalten. Muss ein Unternehmen stets befürchten, dass die Verwaltungseinheiten Zugang zu den zur Verfügung gestellten Informationen und Unterlagen gewähren müssen, kann dies dazu führen, dass diese Informationen nicht, nicht vollständig oder mit grosser zeitlicher Verzögerung zur Verfügung gestellt werden. Eine inhaltlich weitgehend ähnliche Regelung findet sich in Artikel 14 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 195718.

Es ist jedoch unbestritten, dass Transparenz bezüglich des staatlichen Handelns wichtig und notwendig ist. Diese Transparenz soll anderweitig hergestellt werden, indem wichtige Erkenntnisse, Eckwerte und Rahmenbedingungen in geeigneter Form offengelegt werden. Der
Öffentlichkeit werden damit diejenigen Informationen in effizienter Weise aufbereitet zur Verfügung stehen, die der Beurteilung der Finanzhilfe dienen und die unter Wahrung der entsprechenden Geheimhaltungsvorschriften öffentlich zugänglich gemacht werden können, ohne dass Rückschlüsse auf die Interna der betroffenen Unternehmen möglich sind.

6. Abschnitt:

Ausnahmen für systemkritische Unternehmen bei gleichwertigen kantonalen Massnahmen

Art. 21

Anforderungen an die kantonalen Massnahmen

Das Gesetz soll zur Sicherheit des Stromversorgungssystems der Schweiz beitragen.

Zu diesem Zweck sollen systemkritische Unternehmen mit ausreichend Liquidität 16 17 18

SR 614.0 SR 152.3 SR 742.101

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versorgt werden können, um zu verhindern, dass die Illiquidität oder Überschuldung eines solchen Unternehmens zu einem Ausfall der Elektrizitätsversorgung führt. Diesem Zweck dienen die in diesem Gesetz vorgesehenen Darlehen nach dem 2. Abschnitt.

Können die für die gesamte Schweiz systemkritischen Unternehmen durch einen oder mehrere Kantone in gleichwertiger Weise geschützt werden, ist es aus föderalen Überlegungen nicht notwendig, solche Unternehmen unter den Schutzmechanismus des Bundes zu stellen. Entsprechend sieht das Gesetz vor, dass bei gleichwertigen Massnahmen der Kantone systemkritische Unternehmen von den meisten Anforderungen dieses Gesetzes befreit sind.

Die Anforderungen an die kantonalen Massnahmen orientieren sich an der Gleichwertigkeit des Schutzmechanismus nach diesem Gesetz. Namentlich muss das systemkritische Unternehmen vor Illiquidität und Überschuldung durch die Bereitstellung von ausreichender Liquidität geschützt werden; diese Liquidität muss dem Unternehmen zudem sehr zeitnah zur Verfügung stehen.

Wird dieses Ziel durch kantonale Massnahmen erreicht, ist es angezeigt, den kantonalen Massnahmen den Vortritt zu lassen (Abs. 1). In diesem Fall gelten für das Unternehmen ausschliesslich die Artikel 1 und 2 sowie die Artikel 19 und 20 (Auskunftspflichten und Datenbearbeitung), 21 und 22 (Anforderungen an die kantonalen Massnahmen und Ungenügende Liquiditätszusagen), 24 und 25 (Beobachtung und Vollzug).

Absatz 2 hält fest, dass Massnahmen des kantonalen Rechts die erwähnten Punkte kumulativ vorsehen müssen, damit sie als materiell geeignet eingestuft werden können.

Dem Unternehmen muss Liquidität im erforderlichen Umfang innert drei Arbeitstagen zur Verfügung stehen (Bst. b). Auch die Verwendungszwecke der Liquidität müssen eingeschränkt sein (Bst. c).

Damit die Massnahmen auch als formell geeignet eingestuft werden können (Abs. 3), müssen die kantonalen Rechtsgrundlagen mindestens bis zum Ablauf der Geltungsdauer dieses Gesetzes in Kraft sein und Massnahmen nach Absatz 2 ermöglichen (Bst. a) sowie alle kantonalen finanzhaushaltsrechtlichen Anforderungen für eine Auszahlung vollständig erfüllen (Bst. b).

Sind diese Anforderungen erfüllt, kann von einer Gleichwertigkeit der kantonalen Massnahmen und dem Rettungsschirm des Bundes ausgegangen werden.

Dafür ist keine
explizite Verfügung notwendig, mit der ein Unternehmen förmlich (teilweise) aus dem Regime dieses Gesetzes entlassen wird. Trotzdem sind Feststellungsverfügungen in diesem Zusammenhang möglich, zum Beispiel, wenn das UVEK annehmen muss, dass sich ein Unternehmen unter der Ausnahmeklausel von Artikel 21 wähnt.

Art. 22

Ungenügende Liquiditätszusagen

Nach zehn Tagen ab dem Zeitpunkt, ab dem die kantonalen Massnahmen die Anforderungen nach Artikel 21 nicht mehr erfüllen, finden sämtliche Bestimmungen dieses Gesetzes ohne weiteres Anwendung auf die betroffenen Unternehmen.

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7. Abschnitt:

Verantwortlichkeit des Bundes sowie Beobachtungsund Informationspflicht der ElCom

Art. 23

Verantwortlichkeit

Die vorliegende Bestimmung entspricht der Regelung in Artikel 19 des Finanzmarktaufsichtsgesetz vom 22. Juni 200719 (FINMAG). Wie in der Botschaft vom 1. Februar 200620 zum FINMAG ausgeführt, dürfte eine scharfe Kausalhaftung unter anderem dazu führen, das die involvierten Behörden übervorsichtig agieren, was sich letztlich negativ auf die betroffenen Marktakteure und auf die Erreichung des Zwecks des vorliegenden Gesetzes auswirkt. Ähnlich wie bei der FINMA soll das UVEK je nach Grösse und Art des systemkritischen Unternehmens und der Risiken differenziert handeln. Zudem gilt es auch zu berücksichtigen, dass die systemkritischen Unternehmen einen sehr grossen Spielraum für eigenverantwortliches und wirtschaftliches Handeln haben, weshalb im Gegenzug die zuständigen Behörden nicht für jeglichen Schaden, der bei den Unternehmen entsteht, verantwortlich gemacht werden dürfen.

Absatz 1 hält fest, dass sich die Verantwortlichkeit des Bundes, seiner Organe, seines Personals sowie der vom Bund Beauftragten unter Vorbehalt von Absatz 2 nach dem Verantwortlichkeitsgesetz vom 14. März 195821 (VG) richtet. Der persönliche Geltungsbereich des Verantwortlichkeitsgesetzes bestimmt sich dabei nach den Artikeln 1 und 2 VG.

Absatz 2 regelt, dass die in Absatz 1 Erwähnten nur haften, wenn sie wesentliche Amtspflichten verletzt haben und die Schäden nicht auf Pflichtverletzungen einer Darlehensnehmerin zurückzuführen sind.

Art. 24

Beobachtungs- und Informationspflicht der ElCom

Die ElCom beobachtet die Entwicklung der Märkte und die möglichen Auswirkungen auf die Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft (Abs. 1).

Absatz 2 bestimmt, dass die ElCom die zuständigen Bundesstellen nach Artikel 25 regelmässig über die Erkenntnisse ihrer Beobachtungen informiert.

8. Abschnitt:

Schlussbestimmungen

Art. 25

Vollzug

Absatz 1 hält fest, dass das UVEK für den Vollzug des Gesetzes zuständig ist, soweit keine andere Bundesstelle durch das Gesetz als zuständig bezeichnet wird. Sollten sich im Vollzug Streitigkeiten ergeben, müsste das UVEK verfügen ­ kraft seiner allgemeinen Verfügungskompetenz. Dagegen würde der Beschwerdeweg offenstehen.

Nach Absatz 2 ist das UVEK zuständig für die Gewährung der Darlehen. Die Gewährung der Darlehen erfolgt jeweils im Einvernehmen mit dem EFD mittels Verfügung oder Vertrag.

19 20 21

SR 956.1 BBl 2006 2829, 2845 SR 170.32

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Absatz 3 sieht vor, dass das UVEK weitere Verwaltungseinheiten des Bundes, insbesondere die ElCom, und Dritte im Vollzug beiziehen kann, namentlich für die Gewährung, die Verwaltung, die Überwachung und die Abwicklung der Darlehen und allfälliger Sicherheiten.

Das Gesetz enthält keine Strafbestimmungen. Die Strafbestimmungen anderer Gesetze sind jedoch anwendbar. Nebst dem Strafgesetzbuch gilt dies zum Beispiel für das Subventionsgesetz.

Art. 26

Aufschiebende Wirkung

Beschwerden gegen eine Verfügung nach dem vorliegenden Gesetz haben aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit ­ in Übereinstimmung mit Artikel 55 Absatz 5 Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196822 (VwVG) ­ keine aufschiebende Wirkung.

Art. 27

Referendum und Inkrafttreten

Gemäss Absatz 1 wird die Vorlage als dringlich erklärt und kann vor Ablauf der Referendumsfrist in Kraft gesetzt werden; es ist jedoch zu befristen (Art. 165 Abs. 1 BV).

Nach Absatz 2 tritt das vorliegende Gesetz am [...] in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2026.

5.2

Zum Bundesbeschluss

Mit dem Bundesgesetz wird dem Parlament ein Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit in Höhe von 10 Milliarden Franken beantragt.

Beim Betrag von 10 Milliarden handelt es sich um eine grobe Schätzung. Der Bedarf eines einzelnen Unternehmens hängt zum einen vom Strom-Preisniveau ab (kaum im Voraus einschätzbar), zum andern von den bislang eingegangenen Handelsgeschäften. Die Vorlage soll nicht zuletzt eine vorsorgliche, psychologische Wirkung haben und zeigen, dass der Staat bereit ist, in Notsituationen Liquidität bereitzustellen. Es ist indes offensichtlich, dass notleidende Unternehmen im Ereignisfall namhafte Beträge benötigen. So hat die Alpiq gemäss Medienberichten Ende 2021 Liquidität im Umfang von mehr als 1 Milliarde Franken beantragt. Auch der deutsche Rettungsschirm kann als Vergleich herangezogen werden: Er beträgt 100 Milliarden Euro. Das deutsche BIP ist rund fünfmal grösser ist als das schweizerische, so dass der Betrag von 10 Milliarden Franken für die Schweiz im Vergleich angemessen erscheint.

22

SR 172.021

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6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Auswirkungen der Vorlage auf die Finanzen des Bundes sind sehr schwierig zu quantifizieren. Im Idealfall entfalten bereits die Verabschiedung des Gesetzes und die darin vorgesehenen Mechanismen antizipativ eine beruhigende Wirkung auf den betroffenen Märkten, ohne dass ein Darlehen an ein systemkritisches Unternehmen gewährt werden muss. Sollte es zu Darlehensgewährungen kommen, entstehen dem Bund finanzielle Risiken, die mit einem Zins und einem Risikozuschlag entschädigt werden. Im Gesamtergebnis können dem Bund schlimmstenfalls Verluste in Milliardenhöhe entstehen, falls ein oder mehrere Darlehen nicht zurückbezahlt werden. Umgekehrt kann der Bund mit den Zinsen und Risikozuschlägen Gewinne in Millionenhöhe erzielen, wenn ein oder mehrere Darlehen bezogen und zurückbezahlt werden.

Die Kosten für die Bereitstellung der Liquidität im Umfang des Verpflichtungskredits von 10 Milliarden Franken sowie die externen Kosten des Bundes werden durch die Bereitstellungspauschale gedeckt. Im Wesentlichen gelten die Unternehmen damit die Staatsgarantie des Bundes ab.

Aufgrund der hohen Unsicherheit darüber, ob Direktdarlehen des Bundes tatsächlich nötig werden, wird darauf verzichtet, dem Parlament vorsorglich Voranschlagskredite zu beantragen. Der Bundesrat würde im Bedarfsfall der Finanzdelegation einen Nachtragskredit mit Vorschuss nach Artikel 34 des Finanzhaushaltgesetzes vom 5. Oktober 200723 (FHG) beantragen. Kommen Finanzmittel zur Auszahlung, so dürften die Darlehen als ausserordentliche Ausgaben nach Artikel 15 FHG gelten.

Die personellen Folgen der Vorlage können noch nicht im Einzelnen abgeschätzt werden. Zumindest vorübergehend dürfte ein personeller Mehrbedarf für die Umsetzung des Gesetzes sowie für die Verwaltung der Darlehen oder die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben entstehen, namentlich beim Bundesamt für Energie und bei der Eidgenössischen Finanzverwaltung. Daneben wird auch externe Unterstützung nötig sein.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Das vorliegende Bundesgesetz trägt dazu bei, die Stromversorgungssicherheit in der Schweiz zu erhöhen. Davon profitieren auch die Kantone und Gemeinden, unabhängig ob diese direkt oder indirekt an den systemkritischen Unternehmen beteiligt sind.

Finanzhilfen für unterstellte, systemkritische Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft werden nur subsidiär gewährt. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass es primär Aufgabe der Unternehmen und der Kantone und Gemeinden als ihre Eigentümer ist, laufend alle notwendigen Vorkehrungen treffen, um Krisensituationen zu begegnen, das Fortbestehen der betroffenen Unternehmen zu gewährleisten und damit Finanzhilfen 23

SR 611.0

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des Bundes im Endeffekt zu verhindern. Finanzhilfen des Bundes sind nur bei ausserordentlichen Marktentwicklungen, die Zahlungsunfähigkeit, ein Konkurs- oder Nachlassverfahren wahrscheinlich machen, vorgesehen. Käme es zu definitiven Verlusten auf gewährten Darlehen des Bundes, würden diese sozialisiert. Dabei übernimmt der Bund 50 Prozent der Verluste und die Gesamtheit der Kantone die restlichen 50 Prozent. Für das Mittragen des Verlustrisikos sollen die Kantone hälftig an den vom Bund vereinnahmten Risikozuschlägen auf den gewährten Darlehen beteiligt werden. Sowohl die Verluste wie auch die Beteiligungen an den Risikozuschlägen sollen anhand des kantonalen Anteils am Bruttoinlandprodukt des Jahres 2020 aufgeteilt werden.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Gemäss dem Gefährdungsdossier des Bundes zieht ein grossflächiger Stromausfall in der Schweiz enorme Schäden an Personen, Vermögen und wirtschaftlicher Leistung nach sich. Da die Vorlage dazu beiträgt, die Stromversorgungssicherheit der Schweiz zu erhöhen, kann von positiven Auswirkungen auf die Volkswirtschaft ausgegangen werden.

Allerdings kann die Schaffung des vorliegenden Bundesgesetzes zu Fehlverhalten führen ­ beispielsweise wenn die Aussicht auf eine potentielle Finanzhilfe des Bundes dazu führt, dass unterstellte Unternehmen Risiken vermehrt in Kauf nehmen oder sich gemeinsam mit den Eigentümerinnen und Eigentümern weniger intensiv um notwendige, präventive Vorkehrungen bemühen. Deshalb sind die im Gesetz festgehaltenen, strengen Bedingungen für eine Finanzhilfe des Bundes notwendig.

Aus ordnungspolitischer Sicht dürfen die in der Vorlage geregelten Finanzhilfen des Bundes nur temporär und als Übergangsmassnahme zur Verfügung stehen ­ mittelfristig müssen Massnahmen und Vorschriften umgesetzt werden, die eine Krisenhilfe des Bundes unnötig machen (Vorschriften BCM, Gesetz zur Integrität und Transparenz des Grosshandels von Strom und Gas, allfällige Vorgaben zur Liquidität und Kapitalausstattung der Unternehmen).

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Das Bundesgesetz hat das Ziel, dass der Bund bei ausserordentlichen Marktentwicklungen, die zu einem Liquiditätsengpass führen und in der Folge eine Illiquidität oder Überschuldung wahrscheinlich machen, Finanzhilfen an systemkritische und somit für die Versorgungssicherheit zentrale Unternehmen gewähren kann. Das Gesetz dient somit letztlich der Aufrechterhaltung der Stromversorgungssicherheit.

Das Gesetz stützt sich demnach auf Artikel 91 BV, auf welchen sich unter anderem auch das Stromversorgungsgesetz vom 23. März 200724 (StromVG) stützt. Artikel 91 Absatz 1 BV gibt dem Bund die Kompetenz, im Bereich Transport und Lieferung von 24

SR 734.7

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Elektrizität zu legiferieren. Beim Erlass des StromVG hat der Bundesrat in der Botschaft vom 3. Dezember 200425 zur Änderung des Elektrizitätsgesetzes und zum Stromversorgungsgesetz u. a. ausgeführt, gestützt auf Artikel 91 Absatz 1 könne der Bund namentlich die Übertragung monopolisieren und Massnahmen betreffend Versorgungssicherheit, wie Anschluss- und Lieferpflichten, vorsehen. Auch die Lehre bestätigt, dass Versorgungsvorgaben durch Artikel 91 BV abgedeckt sind. Beispiele dazu finden sich bereits in der bestehenden Energiegesetzgebung.

Der Bund hat im Bereich der Stromversorgungssicherheit somit zwar Regelungsbefugnisse, ist deswegen für diese aber nicht alleine zuständig, so vor allem nicht im Bereich der Elektrizitätsproduktion. Zudem ist er nicht Eigentümer der Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft. Somit ist es auch verfassungsrechtlich geboten, dass das Schutzinstrumentarium des Bundes nach diesem Gesetz nur subsidiär greift.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die vorgesehenen Massnahmen stellen Subventionen dar, die unter das WTOÜbereinkommen vom 15. April 199426 über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (WTO-Subventionsabkommen) fallen, das im Bereich der Waren ­ worunter auch Elektrizität verstanden werden kann ­ Anwendung findet. Die vorgesehenen Massnahmen fallen zwar nicht in die Kategorie der durch dieses Übereinkommen verbotenen Subventionen ­ das Übereinkommen betrifft Subventionen, die von der Ausfuhrleistung abhängig sind sowie Subventionen, die davon abhängig sind, dass einheimische Waren Vorrang vor eingeführten Waren erhalten ­, könnten aber, soweit sie auf bestimmte Unternehmen beschränkt sind, als spezifische Subventionen qualifizieren. Als solche könnte die Subvention einem anderen Mitglied der WTO Anlass dazu geben, ein Streitbeilegungsverfahren oder Ausgleichsmassnahmen gegen die Schweiz einzuleiten, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Subvention ernsthafte nachteilige Auswirkungen hat, insbesondere einen Schaden für einen inländischen Wirtschaftszweig.

Die meisten Freihandelsabkommen (FHA) enthalten ebenfalls Subventionsbestimmungen oder verweisen auf das WTO-Subventionsabkommen. Die Massnahmen stellen unter dem Freihandelsabkommen vom 22. Juli 197227 zwischen der Schweiz und der EU (FHA72) staatliche Beihilfe dar (Art. 23 Abs. 1 Ziff. iii FHA72). Diese können als mit dem guten Funktionieren des Abkommens unvereinbar angesehen werden, sofern sie den Wettbewerb durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszeige verfälschen oder zu verfälschen drohen und sie geeignet sind, den Warenverkehr zwischen der Schweiz und der EU zu beeinträchtigten. Die Parteien legen die Bestimmungen des FHA72 jeweils autonom aus. Das FHA72 enthält keine Legaloder Ermessensausnahmen für zulässige Beihilfen. Das Abkommen überlässt den Parteien jedoch einen gewissen Spielraum bei der Beurteilung und Beanstandung solcher Massnahmen: Gemäss Artikel 23 Absatz 2 und Artikel 27 Absatz 3 Buchstabe a 25 26 27

BBl 2005 1611, 1674 SR 0.632.20, Anhang 1A.13 SR 0.632.401

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FHA72 können die Vertragsparteien den Gemischten Ausschuss befassen, «wenn ihrer Ansicht nach eine bestimmte Praktik mit dem guten Funktionieren dieses Abkommens im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 unvereinbar ist». Verschiedene andere Länder haben ähnliche Massnahmen ergriffen, so dass es nach Auffassung des Bundesrates unwahrscheinlich ist, dass ein Land Massnahmen gegen die Schweiz einleitet.

7.3

Erlassform

Das Gesetz soll vom Parlament als dringliches Bundesgesetz nach Artikel 165 Absatz 1 BV verabschiedet werden, da die Vorlage in Anbetracht der Ausgangslage sachlich und zeitlich keinen Aufschub erträgt. Das Gesetz ist demnach zwingend zu befristen und soll sofort in Kraft gesetzt werden. Es bedarf der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jeden Rates. Ein solches Gesetz untersteht dem nachträglichen fakultativen Volksreferendum. Wird es vom Volk nicht angenommen, so tritt es ein Jahr nach Annahme durch die Bundesversammlung ausser Kraft.

Damit sich der Bund verpflichten kann, die im Gesetz vorgesehenen Darlehen zu gewähren, benötigt er vom Parlament die Ermächtigung, die entsprechenden Verpflichtungen einzugehen. Daher wird den eidgenössischen Räten zusammen mit dem Gesetz auch ein einfacher Bundesbeschluss zu einem Verpflichtungskredit über 10 Milliarden Franken unterbreitet.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedarf Artikel 4 Absatz 1 des Bundesgesetzes über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, da die Bestimmung eine einmalige Subvention von mehr als 20 Millionen Franken nach sich zieht.

Ebenfalls der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte bedarf Artikel 1 des Bundesbeschlusses vom über einen Verpflichtungskredit zur Darlehensgewährung an die Elektrizitätswirtschaft. Kommt es im Rahmen des Gesetzes zu der Vergabe einer Finanzhilfe kann dies einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken nach sich ziehen.

7.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Die betroffenen systemkritischen Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft sind in privater Hand. Zusätzlich können Kantone und Gemeinden finanziell beteiligt sein. Damit ist es primär Sache der Privaten, sowie auch der Kantone und Gemeinden, ihr Unternehmen finanziell zu unterstützen. Daher ist in Artikel 3 des Gesetzes vorgesehen, dass eine allfällige Unterstützung des Bundes nur subsidiär erfolgen kann.

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Dem Prinzip der fiskalischen Äquivalenz wird durch die Regelung in Artikel 21 Rechnung getragen. Grundsätzlich sind die Unternehmen und damit ihre Eignerinnen und Eigner selbst dafür zuständig, ihre mit dem Stromhandel verbundenen Sicherheitsleistungen decken zu können. Solange die Kantone in der Lage sind, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um systemkritische Unternehmen bei einer ausserordentlichen Marktentwicklung zu unterstützen, greift der Bund nicht ein. Da solche ausserordentlichen Marktentwicklungen eine kurzfristige Unterstützung nötig machen können, die eine beachtliche Höhe erreichen dürfte, kann eine Unterstützung des Bundes für den Erhalt einer genügenden Stromversorgung sehr wichtig sein.

7.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Nach Artikel 91 Absatz 1 BV erlässt der Bund Vorschriften über den Transport und die Lieferung von elektrischer Energie. Gemäss den Ausführungen in der Botschaft vom 3. Dezember 200428 zur Änderung des Elektrizitätsgesetzes und zum Stromversorgungsgesetz kann der Bund aufgrund der umfassenden Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich namentlich die Übertragung monopolisieren, Tarifvorschriften erlassen, Regelungen betreffend der Unternehmungen der Elektrizitätswirtschaft aufstellen, ein Netzzugangsrecht verankern sowie Massnahmen betreffend Versorgungssicherheit, wie Anschluss- und Lieferpflichten, vorsehen.

Der Ausfall eines systemkritischen Unternehmens der Elektrizitätswirtschaft könnte zu Stromunterbrüchen im In- und Ausland führen. Der Bund hat ein grosses Interesse daran, dass die Stromversorgung ohne Unterbruch gewährleistet werden kann. Sollte es nicht gelingen, ein Unternehmen durch die Eignerinnen und Eigner genügend finanziell zu stützen, so soll der Bund einspringen können.

Nach Artikel 4 sollen die staatlichen Finanzhilfen subsidiär zu den Massnahmen des Unternehmens der Elektrizitätswirtschaft und ihren Eigentümerinnen und Eigentümern erfolgen. Dies entspricht den allgemein gültigen Vorgaben des Subventionsgesetzes, das Finanzhilfen zulässt, wenn die zu fördernde Aufgabe ohne die Finanzhilfe nicht hinreichend erfüllt wird und die zumutbaren Selbsthilfemassnahmen und die übrigen Finanzierungsmöglichkeiten nicht ausreichen (Art. 6 Bst. c und d SuG).

Die Geltungsdauer des Gesetzes ist bis Ende 2026 befristet.

7.7

Datenschutz

Nach Artikel 19 unterstehen die systemkritischen Unternehmen den für den Vollzug dieses Gesetzes erforderlichen Informations- und Auskunftspflichten.

Artikel 20 ermöglicht die Bearbeitung, Verknüpfung und Bekanntgabe von Personendaten und Informationen durch die zuständigen Bundesstellen sowie die ElCom, die Eidgenössische Finanzkontrolle sowie allfällig beauftragte Dritte, die zur Gewährung,

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Verwaltung, Überwachung und Abwicklung der Darlehen und Sicherheiten oder sonst für den Vollzug dieses Gesetzes notwendig sind.

Artikel 20 Absatz 3 hält ausdrücklich fest, dass das Bankkunden-, Steuer-, Revisionsoder Amtsgeheimnis bei der Einholung, Bearbeitung, Verknüpfung und Bekanntgabe von Personendaten und Informationen zwischen den in Artikel 20 Absatz 1 genannten Stellen und Personen nicht geltend gemacht werden kann. Der Informationsfluss und die entsprechende Bearbeitung und Verknüpfung der Daten sind unabdingbare Voraussetzungen für die Gewährung, Verwaltung, Überwachung und Abwicklung der Darlehen und Sicherheiten und um die Finanzhilfen effizient und effektiv abwickeln zu können. Die Beschränkung der erwähnten Geheimhaltungsrechte ist an das Covid-19-SBüG angelehnt und hat sich in diesem Zusammenhang bewährt.

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