112

# S T #

Bericht des

Post- und Eisenbahndepartements an die Eisenbahnkommission des Schweiz. Ständerathes, in Sachen der Freisonntage des Eisenbahn-Betriebspersonals (Art. 9 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872) über den Güterdienst an Sonntagen.

(Vom 28. Mai 1889.)

Tit.

Am Schluß der im Februar dieses Jahres in Zürich stattgefundenen Verhandlungen über den vom Bundesrath vorgelegten Gesetzesvorschlag betreffend Abänderung des Art. 9 im Eisenbahngesetz von 1872 ist der Ansicht Ausdruck verliehen worden, daß das Eisenbahndepartement insbesondere über die Frage der Einstellung der Güterzüge an Sonntagen sich nochmals aussprechen sollte. Wir beehren uns, Ihnen diesen Bericht sammt einigen Bemerkungen über die ändern Punkte, bezüglich welcher Meinungsverschiedenheiten im Schooß der Kommission walteten, hiemit zu erstatten.

Ueber das Bedürfniß, die Minimalansprüche der Eisenbahnangestellten in Hinsicht auf die Ruhetage und die Inanspruchnahme im täglichen Dienst gesetzlich zu regeln, bestand Uebereinstimmung; die Ansichten gingen nur auseinander bezüglich des anzuwendenden Maaßes, und die Einwendungen, welche den Anträgen des Bundesrathes und beziehungsweise den Beschlüssen der Kommissionsmehrheit gegenüber gestellt wurden, waren aus den Vorstellungen geschöpft, zu welchen die Eisenbahnverwaltungen und ein Theil des Betriebspersonals sich veranlaßt gesehen haben.

Die Verwaltungen des schweizerischen Eisenbahnverbandes haben sich in einer nachträglichen Eingabe vom 21. März 1889 auch über die Beschlüsse der ständeräthlichen Kommission ausgesprochen.

113 Hienach ergibt sich folgende Sachlage : 1. § l der Vorschläge der Kommission: ,,Den Bahnbeamten und Angestellten, einschließlich der im Taglohn dauernd beschäftigten Arbeiter, sind wenigstens 36 Tage im Jahr frei zu geben, wovon mindestens 18 auf Sonntage fallen sollen.tt ist von den Gesellschaften wesentlich nicht bestritten; dieselben erklären, die E r h ö h u n g der Z a h l der R u h e t a g e auf 36 erscheine zwar etwas weitgehend, überlassen es aber der Kommission , ob diese in eine Wiedererwägung eintreten wolle oder nicht. Wir schließen uns dem Vorschlag der Kommission an, soweit er über den ursprünglichen Antrag des Bundesrathes hinausgeht.

Was dagegen die Bestimmung betrifft, daß von den 36 Ruhetagen mindestens 18 auf Sonntage fallen sollen, so ist e v e n t u e l l von den Gesellschaften gewünscht, daß d i e s e Z a h l auf 17--18 a n g e s e t z t w e r d e , was wir unterstützen möchten, weil der Bestimmung der Gedanke zu Grund liegt, daß von je drei Sonntagen «iner dienstfrei sein solle ; das Jahr aber nicht genau 3 X 18, sondern in zwei unter drei Malen nur 3 X 17 Sonntage haben wird.

In erster Linie aber wiederholen die Verwaltungen des Eisenbahnverbandes den Anspruch, daß v o n d e r F e s t s e t z u n g i r g e n d e i n e r Z a h l o b l i g a t o r i s c h e r F r e i s o u n t a g e für das ganze Personal, zum Mindesten für das Maschinen- und Zugspersonal Umgang g e n o m m e n werde.

Ferner haben dieselben die Ansicht ausgesprochen, daß die gegenüber dem Entwurf des Bundesrathes in der Redaktion der Kommission liegende Aenderung, wonach auf je drei Wochen ein dienstfreier Sonntag fallen soll, eine regelmäßige Zutheilung je auf den dritten Sonntag aber nicht verlangt ist, eine annehmbare Erleichterung nicht in sich schließe.

Der Vorschlag des Bundesrathes, für jeden dritten Sonntag in ordentlicher Reihenfolge Dienstruhe zu verlangen, ging von der Ansicht aus, daß der Anspruch auf den Freisonutag durch diese Hegel am besten geschützt, indem dieselbe geeignet sei, die Ruhe vom Dienst am dritten Sonntag zu einem ausnahmslosen Grundsatz zu machen, welche eine weitere Koutrole entbehrlich ließe. Dabei glaubte der Bundesrath, daß der r e g e l m ä ß i g e n Z u t h e i l u n g der Freisonntage betriebstechnische Hindernisse nicht entgegenstehen werden. Diese Voraussetzung
ist durch-die auf Seite 2 der Nachtragseingabe des Eisenbahnverbandes .enthaltenen Ausführungen, wenigstens für die Normalbahnen bestätigt.

Auf der ändern Seite scheinen allerdings diejenigen Betriebe, welche, wie die Berg- und Touristenbahnen, sowie die DampfschiffBundesblatt. 41. Jahrg. Bd. III.

8

114

;

Unternehmungen einen gleichmäßigen Verkehr nicht haben und ihre Kurse sogar zeitweise ganz oder zum Theil einstellen, doch ein Interesse daran zu haben, in der Zutheilung der sonntäglichen Ruhetage etwas freier zu sein und die Anträge der Kommission thatsächlich verwerthen zu können. Wir wollen zugeben, daß es in der Hochsaison für solche Unternehmungen wirklich schwierig werden könnte, das nöthige und taugliche Ersatzpersonal ohne Weiteres erhältlich zu machen, und könnten uns daher dem Vorschlag der Kommission anschließen, der denn doch auch für die Normal bahnen von bedeutenderem Werth ist, als diese gelten lassen wollen. Immerhin fügen wir bei, daß wir die von Ihnen vorgeschlagene Fassung nicht in dem Sinn verstehen, daß z. B. die Freisonntage a u s s c h l i e ß l i c h auf die Periode der Betriebseinstellung oder des geringen Verkehrs zusammengedrängt werden dürfen, sondern daß.

der Aufsichtsbehörde vorbehalten sein soll, eine angemessene Vortheilung auf alle Jahreszeiten zu verlangen, eine Befugniß, welche vom Recht der Kontrole unablösbar ist, wenn diese selber wirksam sein soll.

Dagegen möchten wir die Tit. Kommission angelegentlich ersuchen, auf der Forderung der F r e i s o n n t a g e für das ges a m m t e B e t r i e b s p e r s o n a l zu beharren.

Das Recht des Staates, für die Angestellten industrieller Unternehmungen die Befreiung vom Sonntagsdienst zu verlangen, ist nicht mehr zweifelhaft; dasselbe ist im Fabrikgesetz von 1877 bereits und mit Erfolg in Anspruch genommen, und es dürfte auf dieses Gesetz Niemand zurückkommen wollen.

Das Ruhebedürfniß für die Angestellten des Transportbetriebes ist nicht weniger vorhanden, und der Gesetzgeber trägt den besondern Verhältnissen des letzteren die genügende Rechnung, wenn er sich auf die Freigebung des dritten Sonntags beschränkt. Die von den Verwaltungen wiederholt vorgebrachte Einwendung, daß der freie Sonntag mißbraucht werde, ist eine Behauptung, die in dieser Allgemeinheit nicht zugegeben werden kann und zudem ist sie auch unerheblich; da Niemand behaupten wird, daß die werktägliche Ruhe nicht ebenfalls mißbraucht werden könne. Wir denken vielmehr, daß die Möglichkeit, den Sonntag im Schooß der Familie zu verbringen, demselben als Ruhetag einen unbestreitbaren Vorrang sichere, und daß der Mangel angemessener Gesellschaft am
Werktag sehr oft die Veranlassung zu Ausschreitungen wird, welche der Sonntag als allgemeiner Ruhetag hindert.

Uebrigens steht diese Behauptung mit anderen Aeußerungen der Verwaltungen und mit den Anordnungen einzelner derselben im direkten Widerspruch. Seite 7 der Eingabe des Eisenbahnverbandes vom 18. Februar 1889 enthält ausdrücklich die Aner-

115

kennung, ,,daß die Verwaltungen die Bedeutung nicht verkennen, welche der Sonntag sowohl für das sittlich religiöse als auch für das bürgerliche Leben hat". ,,Sie haben sich deshalb jederzeit bemüht, die freien Tage so viel als möglich auf die Sonntage zu verlegen, -- insofern es von den Angestellten gewünscht wird, und werden es auch in der Folge thun.'1 Die Gesellschaften selber fügen dann bei, daß das ganze Stationspersonal der Gentrnlbahn, der Tößthalbahn und ein großer Theil desjenigen der Nordostbahn und der Vereinigten Schweizerbahnen, sowie die meisten Angestellten in den Güterexpeditionen der Westbahnen den dritten Sonntag frei haben. ,,Derselbe steht auch dem Stationspersonal des Jura-Neuchâtelois zur Verfügung, soweit solches nicht freie Werktage vorzieht. Bei der Jura-Bern-Luzern-Bahn ist der Freisonntag auf den Hauptbahnhöfen durchgeführt; bei der Emmenthalbahn entfallen von 18 freien Tagen 10 auf Sonntage."

,,Beim B a h n d i e n s t haben die Bahn- und Weichenwärter der Emmenthalbahn und Tößthalbahn, die Angestellten des Bahnerhaltungsdienstes der Westschweizerischeu und Simplonbahn und der Gotthardbahn jeden dritten, die Bahnwärter der Jura-BernLuzern-Bahn sogar jeden zweiten Sonntag frei. Die Vorarbeiter der letztgenannten Verwaltung haben Sonntags nur 2-- 3 Stunden Dienst in freier Zeitwahl und den Rest des Tages zu ihrer Verfügung; das höhere Personal vom Bahnmeister inkl. an, ist Sonntags, dringliche Fälle vorbehalten, ganz frei. Bei den Vereinigten Schweizerbahnen wird der Ruhetag, wie oben schon bemerkt, nach freier Wahl der Angestellten gewährt, und es ist hier die merkwürdige Thatsache zu konstatiren, daß von 192 Bahnwärtern im Jahre 1888 nur 709 Sonntage als Ruhetage verlangt wurden, also durchschnittlich nicht mehr als 3,7 Sonntage per Bahnwärter. Ein großer Theil dieses Personals verlangte alle seine Ruhetage an Werktagen. Die Wädensweil-Einsiedeln-Bahn gibt ihrem Stations- und Maschinenpersonal 17, dem Zugspersonal 8, den Wagenwärtern und Ablösern des Zugsdienstes 15 freie Sonntage, die aber mit Ausnahme derjenigen für das Stationspersonal Burghalden bis Biberbrücke alle in die Winterfahrplanperiode fallen. Das Personal der letztgenannten Stationen hat an 6 Sonntagen und 11 Werktagen frei; 3 dieser Sonntage fallen in die Sommerfahrplanperiode.li Wir fügen diesen Angaben
bei, daß seit dem 1. März 1889 auch das gesammte Bahndienstpersonal auf der Centralbahn den dritten Sonntag frei hat, und daß auch bei der Gotthardbahn die Ruhetage des Stationspersonals größtentheils auf Sonntage fallen.

Ferner wollen wir die Spezifikation der Gesellschaften noch durch die Angabe ergänzen, daß bei der Waldenburgerbahn, sowie bei der Frauenfeld-Wyl-Bahn das g e s a m m t e Personal, einschließ-

116 lieh dasjenige des Lokomotiv- und Zugdienstes im Genuß des dritteu Freisonntags ist; bei der Appenzeller-Bahn, sowie im Dienst des Jura Neuchâtelois das Stations- und Bahnbewachungspersonal.

Die ,,merkwürdige Thatsachea , daß bei den Vereinigten Schweizerbahnen von 192 Bahnwärtern im Jahr 1888 nur 709 Sonntage frei verlangt wurden, ist schon in der Botschaft vom 28. November 1888 erklärt; weil diesen Angestellten die gesetzlichen Ruhetage als Gesammtbetrag des jährlichen Urlaubs zugeschieden waren, mußten sie mit der Inanspruchnahme von Freisonntagen sparsam umgehen, um so viele dienstfreie Werktage übrig zu behalten, als für die persönliche Bethätigung in ihren bürgerlichen und häuslichen Verhältnissen nöthig waren.

Der von der Minderheit der Kommission bezüglich der Weichenwärter (beim Stationspersonal) und des übrigen Stationspersonals im äußern Dienst, sowie der Barrierenwärter (beim Bahndienstpersonal) vorgeschlagene Ausschluß von der Wohlthat des gesetzlichen Freisonntags würde als eine bedauerliche Konzession an die Fiskalität der Gesellschaften bezeichnet werden müssen, denn einen ändern Grund könnte man dafür nicht erfindlich machen, nachdem die Dienstbefreiung auch dieses Personals am dritten Sonntag bei einer ansehnlichen Anzahl von Bahnen konstatirt ist, ohne daß daraus irgendwelche Schwierigkeiten oder Naclitheile für den Verkehr entstanden sind. Speziell die Verweisung auf die Bedürfnisse des Dienstes an besonders verkehrsreichen Sonntagen ist nicht mehr von Bedeutung, wenn es bei dem Vorschlag der Kommission bleibt, daß die Freisonntage nicht in strenger Reihenfolge, sondern mit Rücksicht auf jene Bedürfnisse ausgetheilt werden dürfen. Dea fiskalischen Interessen der Gesellschaften aber stehen das Recht und die Pflicht des Staates entgegen, allen seinen Angehörigen den Genuß derjenigen Institutionen so viel als möglich zugänglich zu machen, welche als soziales Bedürfniß öffentlich anerkannt sind.

Auch die Gesellschaften scheinen einzusehen, daß die Forderung von Ausnahmen bezüglich dieser Kategorien unhaltbar ist; auf Seite 3 der nachträglichen Eingabe geben sie zu, daß die Durchführung des ,,regelmäßigen dreiwöchentlichen Sonntagsturnus a beim Stations- und Bahnbewachungspersonal thatsächlich besondere Schwierigkeiten nicht biete. Mit desto größerer Angelegentlichkeit fordern
sie die Gestattung des unbeschränkten Sonntagsdienstes für das Zugs- und M a s c h i n e n p e r s o n a l .

Besondere Gründe, um derenwillen der Freiaonutag diesem Personal nicht zugestanden werden sollte, sind in keiner der Eingaben der Gesellschaften namhaft gemacht, es wäre denn, daß die Verweisung auf den Diensteintheiler (Seite 8 der Eingabe vom 18. Februar) dafür gelten sollte. Aus diesem Diensteinthoiler geht

117

aber nichts weiter als die Thatsaehe hervor, da.ß auf den Sonntag darin keine Rücksicht genommen wird, während von einer Begründung dieses Verfahrens gar nicht die Rede ist. Aus dem Umstände, daß in diesem Dieosleintheiler die Touren in mannigfaltigster Abwechslung festgestellt werden, ist im Gegentheil zu schließen, daß auch das Zugs- und Lokomotivpersonal des Freisonntags theilhaftig gemacht werden könnte.

Abgesehen von den Gesellschaften hat ein Theil des Zugsund Lokomotivpersonals, nämlich der Verein der Lokomotivführer, in der unterm 12. Februar an die Kornmission des Ständerathes gerichteten Eingabe es unternommen, diese Frage von seinem Standpunkte aus zu behandeln und zwar ,,ohne Vorwissen der Verwaltungen, welchen diese Eingabe erst später zur Kenntniß gekommen ist, und zu der sie nur bemerken, daß das Zugspersonal sich selbstverständlich in der ganz gleichen Lage sich befinde, wie das Maschinenpersonal, da dessen Dienst mit demjenigen des Letztern völlig zusammenfalle und unter analogen Bedingungen vollzogen werde" (Seite 2 u. 3 der nachträglichen Eingabe der Verwaltungen).

Die Vorstellungen des Centralkomite des Vereins beginnen mit der Erklärung, daß der zweite Theil der Gesetzesvorlage, betreffend die Reguliruug der täglichen Arbeitszeit begrüßt werde, der erste Theil aber, betreffend die Sonntagsruhe, sich namentlich unter dem Maschinenpersonal keine Freunde zu erwerben vermöge. Zur Begründung führt das Centralkomite aus, daß die Durchführung des Gesetzes entweder die Einstellung neuen Personals in beträchtlichem Umfang und damit nothweudig die Verminderung des Einkommens der Führer und Heizer, oder dann ein durchgreifendes Stellvertretungssystetn an Sonntagen zur Folge haben müßte, welches Betriebsgefährdungen in sich schließen würde. Dabei ist namentlich darauf verwiesen, daß mit der Einführung der regelmäßigen Freisonntage die Uebung aufhören müßte, wonach im offenbaren Interesse der Betriebssicherheit Lokomotive und Personal jeweilen zusammen in und außer Dienst treten, sofern die Gesellschaften nicht angehalten werden, entsprechend dem Personal auch den Maschinenpark in weitgehender Weise zu vermehren, was dazu führen müßte, daß schließlich Führer und Maschinen die halbe Zeit durch müßig herumstehen werden. Die Erfahrungen, welche mit der Trennung des Personals von der eigenen
Lokomotive und mit dem Dienstwechsel der letztern gemacht worden, seien so verblüffender Art, daß es Niemandem wünschenswert erscheinen könne, diesen verfehlten Modus zur allgemeinen Regel zu machen, da mit demselben noch überall der Materialverbrauch in's Unerträgliche sich gesteigert habe und die Maschinen vor der Zeit ruinirt worden seien.

1J8

Daneben ist in dieser Eingabe darauf aufmerksam gemacht, daß der Sonntagsdienst erheblich vermindert werden könnte, wenn man für die Sonntage die fakultativen Güterzüge, sowie den Vorspanndienst für Güterzüge verbieten wollte. Dieser Dienst sei so zum Usus geworden, daß derselbe auch ohne alle Noth gefordert werde, so daß dann die Montage ausnahmsweise gering belastet wären.

Wir können die Bedenken der Lokomotivführer wegen eventueller Lohnverminderung nicht theilen, einerseits, weil dus allfällige Bedürfniß neuer Anstellungen kaum geeignet sein kann, die Lohnansprüche zu vermindern, und dann, weil wir dafür halten, daß in den von den Gesellschaften aufgestellten Budget der eventuellen Mehrausgaben dem BedürfnilS, die bisherigen Löhne weiter zu bezahlen, gehörig Rechnung getragen ist. Wir haben sodann uns Mühe gegeben, die vom Centralkomite der Lokomotivführer aufgeworfene Frage wegen der Wechselbedienung der Maschinen einläßlicher zu verfolgen und sind dabei zu der Ueberzeugung gelangt, daß auch hierin ein Grund für die Ablehnung der regelmäßigen Freisonntage nicht gefunden werden dürfte. Die Wechselbedienung der Lokomotiven wird vielmehr eine rationellere Diensteintheilung sowohl für das Material als für das Personal ermöglichen und damit die Befürchtung zu vermindern geeignet sein, daß mit der Einführung der Sonntagsruhe eine Reduktion der Fahrleistungen und der damit verbundenen Emolumente für den einzelnen Mann eintreten könnte. Ueber die Resultate der Wechselbesetzung haben die Verwaltungen, bei denen dieselbe ganz oder theilweise eingeführt ist (Tößthalbahn, Jura-Bern-Luzern-Bahn , Seethalbahn, Centralbahn und Gotthardbahn) nur günstig sich ausgesprochen. Die Gotthardbahn speziell hat darüber auf Grund eines Berichtes ihres Maschinenmeisters, dem Departement geschrieben : ,,Die vom Verein schweizerischer Lokomotivführer aufgestellte Behauptung, daß die wechselweise Führung der einzelnen Lokomotiven durch mehrere Personale für den Eisenbahnbetrieb ,,Schäden und Gefahren" im Gefolge hat, entbehrt nach den hierseits gemachten Erfahrungen jeder Begründung. Die erwähnte LokomotivBetriebsform ist hierseits gegen Mitte Jahres 1887 versuchsweise zur Einführung gelangt und seither überall da zur Anwendung gekommen , wo sie eben möglich, bezw. vortheilhaft war. In der verflossenen, mehr als l
1/2jährigen Betriebsperiode hat sich die Lokomotiv-Wechselbesetzung gut bewährt; nicht nur hat dieselbe keinerlei Schäden für den Betrieb ergeben, sondern nach unserer Ansicht eher solche abgewendet, wie wir Ihnen hienach noch klarzulegen versuchen werden.

119 |j| ,,Das Lokomotivpersonal hat auch hierseits der Wechselbesetzung der Lokomotiven anfänglich großes Mißtrauen entgegengebracht und ist es übrigens gewohnt, anfänglich jeder Neuerung entgegenzutreten. Jetzt hat sich ein Theil unseres Lokomotivpersonals mit dem mehrgenannten Dienste befreundet und weiß dasselbe dessen Vorzüge zu würdiget). Daß dies nicht vom gesammten Lokomotivpersonal gesagt werden kann, hat seine Ursache in einem für die Betriebssicherheit sehr wesentlichen Umstände, der als erster Vorzug der Wechselbesetzung bezeichnet werden darf. Das Lokomotivpersonal wird nämlich durch die Besetzung der einzelnen Lokomotiven mit verschiedenen Personalen f a k t i s c h g e z w u n g e n , die L o k o m o t i v e t ä g l i c h einer e i n l ä ß l i c h e n U n t e r s u c h u n g z u u n t e r z i e h e n . Dem Personale werden für die rechtzeitige Entdeckung betriebsgefährdender Schäden an den Lokomotiven Gratifikationen zugesprochen, anderseits aber wird auch jede Nichtbeachtung von solchen Mängeln bestraft. Das eine Lokomotive verlassende, bezw. übernehmende Personal wird dadurch veranlaßt, dem Zustande der Lokomotive vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken, und das P e r s o n a l k o n t r o l i r t die P f l i c h t e r f ü l l u n g gegenseitig.

,,Hat jedes Lokomotivpersonal seine eigene Lokomotive, so ·wird, die Untersuchung derselben weniger oft und von manchem Personal weniger pflichtgetreu vorgenommen, und trotzdem hat 4asselbe keine Bestrafung zu befürchten, denn es wird ihm in wenigen Fällen die Nachläßigkeit n a c h g e w i e s e n werden können.

,,Bei diesseitiger Bahn hat die Wechselbesetzung der Lokomotiven noch keinerlei Nachtheüe im Gefolge gehabt, und es wird den Gegnern derselben schwerlich möglich sein, Beweise zu erbringen, daß Schäden und Gefahren damit verbunden seien. Wir können gegentheilig mittheilen, daß hierseits mit den sog. eigenen Lokomotiven des Personals mehr Unregelmäßigkeiten vorkommen, als bei den Lokomotiven mit Wechselbesetzung. Die Revision der Lokomotiven erfolgt bei der Wechsel besetzung, wie gesagt, öfter und genauer und können wir dabei deshalb absolut keine Thatsache finden, die als Ursache von Nachtheilen für die Betriebssicherheit geltend gemacht werden könnte.

,,Als weiteren Vorzug der Wechselbesetzung heben wir hervor, daß durch dieselbe
die Dienstdauer des Personals von derjenigen der Lokomotive getrennt wird. Es ermöglicht dies sowohl «ine rationellere Personaldienst- als auch Lokomotiv dienst-Eintheilung, und glauben wir einzig damit bei der Diensteintheilung des Lokomotivpersonals die vorgeschriebenen Dienstzeit-Grenzen einhalten zu können. Wenn jedes Personal seine eigene Lokomotive

120

hat, so ist eine vernünftige ökonomische Ausnützung der Lokomotive, welche an die Dienstzeiten des Personals gebunden ist, geradezu unmöglich. Die ökonomische Ausnutzung der Lokomotiven; liegt aber nicht nur im Interesse der einzelnen Eisen bahn Verwaltungen, sondern auch in dem des Eisenbahnwesens im Allgemein en y und zwar in finanzieller wie betriebstechnischer Hinsicht. Eine größere Ausnutzung der Lokomotiven hat Ersparnisse an den Betriebsmaterialkosten im Gefolge, macht die Bahn also leistungsfähiger und verkürzt die Lebensdauer der Lokomotiven ; durch letzteres ist es möglich, Errungenschaften der Maschinentechnik für den Eisenbahnbetrieb rechtzeitiger zu verwerthen, als dies der Fall sein kann, wenn das Maximaldienstalter der Lokomotive eia größeres ist.

,,Das Lokomotivpersonal ist bei der ,,Wechselbesetzung"1 bezüglich der technischen Untersuchung der Lokomotiven mehr beansprucht, als vorher; dafür genießt dasselbe aber auch Erleichterungen: dasselbe wird vom ^Verkstättedienst entlastet ; die kleineren Unterhaltungsarbeiten des Lokomotivpersonals mit eigener Lokomotive fallen dahin, da die Werkstätten diese Arbeiten besorg en $ viele Anheizungen werden den Lokomotivheizern erspart und durch Depot-Heizer besorgt. Sowohl den Führern, als auch den Heizern ist eine regelmäßigere Lebensweise ermöglicht und gewinnen namentlich die Heizer manche Stunde frei, die sie mit einer ,,eigenen Lokomotive1* zu den Vorbereitungen zur Fahrt verwenden mußten^ ,,Die herwartige Verwaltung hat gegenwärtig täglich ca. 14 Lokomotiven mit 25 Personalen für Schnell- und Personenzüge im Betrieb und es dürfte seiner Zeit die Wechselbesetzung auch bei den Güterzugslokomotiven einzuführen sein, wenn durch den Bau des II. Geleises auch bei diesen Lokomotiven Vortheile erzielt werden können. Bei dem gegenwärtigen Fahrplan läßt sich die Wechselbesetzung der Lokomotiven bei den Güterzügen nicht mit Vortheil anwenden.

,,Zum Schlüsse gestatten wir uns, darauf aufmerksam zu machen, daß die Wechselbesetzung eine streng einzuhaltende Organisation erfordert, die mit manchen frühern Gebräuchen brechen muß. Richtig durchgeführt, wird die Wechselbesetzung auf keiner Bahn zu Anständen Anlaß geben können."

Diesen Mittheilungen gegenüber kann es von großer Bedeutung nicht sein, wenn die Verwaltungen, welche einen Versuch noch nicht
gemacht haben, über das System der Wechselbesetzung sich, abfällig auslassen, und sind auch die Einwendungen der Lokomotivführer auf den ihnen gebührenden Werth zurückzuführen. In der letzten Richtung dürfte es interessant sein, zu erfahren, daß ein sonst mit den Ansprüchen der Lokomotivführer einverstandener

121 Betriebsingenieur zur Bekämpfung des Dienstwechsels gerade das Gegentheil von dem anbringt, was die Führer bezüglich des Parks sagen, nämlich daß befürchtet weiden müsse, daß mit der Einführung des Dienstwechsels die Zahl der Lokomotiven, zum Nachtheil für einen allfälligen Kriegsbetrieb, vermindert werden könnte.

Anläßlich der Besprechung der Frage, wie weit die Einführung der obligatorischen Sonntagsruhe für den Lokomotivdienst eine Vermehrung des Personals nöthig machen könne, hatte das Departement darauf verwiesen, daß diese Vermehrung dann in engeren Grenzen würde gehalten werden können, wenn man den Güterdienst an den Sonnlagen einstellen oder zum wenigsten einschränken ·würde. Die Kommission hat daraus Anlaß genommen, die Einstellung der Güterzüge am Sonntag grundsätzlich vorzuschlagen.

Wir werden uns gestatten, bei § 4 der Anträge des Näheren auf diesen Punkt und auf die denselben berührenden Vorschläge des Central Vorstandes des Vereins der Lokomotivführer einzutreten.

Auf die Bedenken, welche in der Kommission gegen die Verwendung von Ersatzpersonal im Lokomotivdienst entgegengehalten worden sind, müssen wir neuerdings daran erinnern, daß auch diewerktägliche Ablösung, die Ablösung in Krankheitsfällen u. dgl., durch Ersatzpersonal bewirkt werden muß, und daß wir uns nicht erinnern, daß daraus Gefahren entstanden wären; wohl aber, daß Führer, welche die von ihnen befahrenen Strecken seit Jahren genau kennen, sich wiederholt zum Nachtheil des Dienstes auf ihre Routine verlassen haben.

Was das Z u g s p e r s o n a l betrifft, so ist es nicht-richtig, wenn die Verwaltungen sagen, daß sie sich bezüglich desselben ganz in der gleichen Lage befinden, wie beim Maschitienpersonal. Jedenfalls kann nicht behauptet werden, daß dasselbe gegenwärtig etwa so an die Züge gebunden sei, wie das letztere an die Maschinen. Nur darin besteht die Aehnlichkeit, daß mit der Einstellung oder Verminderung der Güterzüge an Sonntagen auch hier geschultes Ersatzpersonal frei würde; ferner in der Diensteintheilung, die auch dem Zugspersoual bald einen täglich sich wiederholenden Dienst, bald einen Turnus zuweist, welcher sich nach einer Anzahl von Tagen repetirt, und der bei einzelnen Gesellschaften oft so eingerichtet ist, daß die Leute am Abend nicht an ihren Wohnort zurückkehren können, sondern, wie das
in der Botschaft einläßlich gezeigt wurde, auswärts übernachten müssen. Die Einwendung, daß die regelmäßigen Freisonntage das auswärtige Uebernachten vermehren dürften, weisen wir mit der Bemerkung zurück, daß nichts entgegensteht, dem fahrenden Personal nicht bloß die tägliche Rückkehr an den Wohnort, sondern sogar die Einnahme der Hauptmahlzeiten daselbst zu ermöglichen, wie das z. B. bei der Nordost-

122

bahn uad der Centralbalm durchgeführt und so bald durchführbar ist, als man den Bedürfnissen des Dienstes und der Ausnutzung des todten Materials die BerücksichtiguDg des Personals nicht allzu sehr hintansetzt. Durch angemessene Gestaltung des Dieusteintheilers werden die Verwaltungen dafür zu sorgen habeii, daß der Freisonntag als solcher wirklich benützt werden kann.

Dem gesetzlich organisirten sonntäglichen Ruhetag stellen die Verwaltungen im Wesentlichen den Kostenpunkt entgegen, indem sie behaupten, dadurch zu erheblichen .Mehrausgaben gezwungen zu werden. Die Verwaltungen haben es unterlassen, die Grundlagen ihrer Berechnungen anzugeben, und uns damit die Möglichkeit entzogen, eine genaue Prüfung anstellen zu können. Wenn wir uns aber vergegenwärtigen, daß nach den Angaben der Verwaltungen im Stations- und Bahnbewachungsdienst, einschließlich des Bannunterhaltes, der Freisonntag vielfach bereits durchgeführt ist und daß die in der Eingabe derselben angegebenen Zahlen also im Wesentlichen auf den Lokomotiv- und Zugsdienst Bezug haben müssen, so will es uns doch scheinen, daß jene Angaben zu hoch gehen.

Wir gestatten uns, nachstehend neben die behauptete Mehrbelastung die wirklichen Ausgaben der Gesellschaften in 1887 an Besoldungen und Emolumeuten des Lokomotivund Zugspersonals zu stellen, nämlich : Wirkliche Angebliche Ausgaben 1887. Mehrbelastung.

Fr.

Fr.

der Westschweiz, und Simploubahn der Jura-Berii-Luzera-Bahn .

des Jura-Neuohatelois .

.

der Centralbahn .

.

.

der Emmenthalbahii .

.

.

d e r Gotthardbahn .

.

.

der Aargauischen Seethalbalm .

d e r Nordostbahn .

.

.

d e r Tößthalbahn .

.

.

der Wädensweil-Einsiedeln-Bahn der Vereinigten Sohweizerbahnen

.

840989 .

603490 .

92639 . l 088 080 .

31 902 .

829924 .

26 275 . 1222440 .

26474 .

17 227 .

512 703

220000 170000 11000 105 000 5 000 186000 5 000 188000 6000 4 000 46 000

Aus diesen Zahlen zeigt sich, wie sehr die Verhältnisse bei den einzelneu Bahnen verschieden sind. Im Uebrigen ist nicht wahrscheinlich, daß die Verlegung von 17--18'bereits gewährten Ruhetagen auf den Sonntag eine derartige Mehrbelastung herbei-' führen werde. Speziell bei den kleineren Gesellschaften wird sich der Ausfall dann auf ein Minimum beschränken, wenn der Vorschlag der Kommission angenommen wird, daß die Freisonn-

123 tage nicht regelmäßig ausgetheilt werden müssen, und auch die größern Bahnen werden von dieser Bestimmung Gebrauch machen, wenn schon der weitläufigere und daher weniger bewegliche Mechanismus des Betriebes einer vollständigen Ausnutzung entgegenstehen mag. Wie wenig übrigens die wahrscheinliche Mehrbelastung ins Gewicht fallen kann, ergibt sich daraus, daß bei Fr. 73892441 E i n n a h m e n der genannten Gesellschaften in 1886 und Fr. 40085193 A u s g a b e n die resp. Zahlen in 1887 sich auf Fr. 77 182 672 und auf Fr. 41 115 984 stellen und ähnliche Schwankungen jährlich zu verzeichnen und uöthigenfalls zu ertragen sind.

Wenn die Gesellschaften schließlich darauf zurückkommen, daß die Angestellten den Freisonntag gar nicht wollen, so entgegnen wir wiederholt, daß allen hierauf gerichteten Aeußerungen der letztern die Befürchtung zu Grunde liegt, daß sie für den sonntäglichen Ruhetag mit dem Verzicht auf den Urlaub am Werktag oder auf einen Theil ihrer Einnahmen zu büßen haben könnten.

Dafür, daß die erstere Eventualität nicht eintritt, sorgt der Gesetzesvorschlag; bezüglich der Lohnfrage wird die Entwicklung zu «iner gerechten Regelung führen.

Gegen die Beanspruchung der Sonntagsruhe auch für die ständigen Arbeiter ist keine Einwendung erhoben, und es steht vom Billigkeitsgefühl der Verwaltungen zu erwarten, daß sie, soweit dies noch nicht der Fall ist, dazu kommen werden, die Lohnabzüge für die Ruhetage dieses Personals fallen zu lassen.

2. Im Art. 2:

,,§ 2. Uen Bahnbeamten, Angestellten und Taglöhnern soll auf je 24 Stunden eine wenigstens achtstündige zusammenhängende Ruhezeit gewährt sein, mit einer halben Stunde Zuschlag für Diejenigen, welchen nicht auf den Bahnhöfen oder an der Bahnlinie Wohnunsen angewiesen sind. In Betreff des ö O Maschinen- und Zugspersonals ist dem Gesetz ein Genüge geleistet, wenn diese Ruhezeit in einem, auf je 5 Arbeitstage berechneten, täglichen Durchschnitt eingehalten wird.

,,Ueberdem ist etwa um die Mitte der Arbeitszeit täglich eine Hauptpause von mindestens einer Stunde zu gewähret!

und sind daneben wenigstens weitere zwei Stunden, sei es durch Einlegung von Zwischenpausen, sei es durch Kürzung der Arbeitszeit, frei zu geben.

,,Hinsichtlich der täglichen Dienstdauer kann der Bundesrath Ausnahmen gestatten.u

124

besteht ein Widerspruch der Vorschläge der Kommission gegenüber dem vom Bundesrath vorgelegten Entwurf in folgenden Punktpn : a. der Zuschlag für die auswärts wohnenden Angestellten ist von einer Stunde auf eine halbe Stunde reduzirt; b. für das Maschinen- und Zugspersonal ist ein fünftägiger Durchschnitt vorgesehen.

Die Eisenbahngesellschaften erklären sich mit dem Vorschlag der Kommission einverstanden, in der Meinung, daß sie darauf bestehen, daß die Hauptruhepause nicht auf die Mitte der Arbeitszeit, d. h. auf die Mittagszeit bestimmt, sondern festgesetzt werde, daß von den täglicheu Ruhepausen wenigstens e i n e nicht unter einer Stunde betragen solle.

Die Gesellschaften befinden sich im Irrthum, wenn sie den Gesetzesvorschlag dahin auslegen, daß die Hauptpause auf die Mittagszeit fallen solle. Das ist weder im Vorschlag der Kommission noch in demjenigen des Bundesrathes gesagt, sondern es ist verlangt, daß diese Hauptpause um die Mitte der A r b e i t s z e i t gewährt werden soll, welche je nach dem täglichen Dienstantritt auf eine vom Mittag weit abliegende Tageszeit fallen kann. Wir beharren darauf, dalS bei einer Präsenzzeit, welche bis auf 16 Stunden, und einer Arbeitszeit, die bis zu 12 und 13 Stunden gehen kann, der Tagesdienst durch eine angemessene Ruhepause in zwei ungefähr gleich lange Zeitabschnitte getheilt werden soll.

Die Gesellschaften sind ferner mit der Fassung nicht einverstanden, welche die Kommission dem letzten Alinea gegeben hat, und die eine Verschärfung des bundesräthlichen Antrages genannt wird, und wünschen, daß der Bundesrath Ermächtigung erhalte, Ausnahmen nicht bloß bezüglich der Dienstdauer, sondern, auch hinsichtlich der Dienstzeiten zu gestatten. Wenn Sie diesem Vorschlag Rechnung tragen, so dürfte ohne Weiteres der im ersten Absatz von Ihnen beschlossene Zusatz fallen, daß für den Dienst des Maschinen- und Zugspersonals ein fünftägiger Durchschnitt gestattet sein soll.

Wir müssen uns des Bestimmtesten für diese Lösung aussprechen, da wir die vorgeschlagene gesetzliche Einräumung eines fünftägigen Durchschnitts als außerordentlich bedenklieh und namentlich betriebsgefährlich ansehen. Derselbe würde gestatten, einen Lokomotiv- oder Zugführer während vier aufeinanderfolgenden Tagen, je 20 Stunden im Dienst zu behalten, unter der einzigen Voraussetzung,
daß dann der fünfte Tag freigegeben wird; denn die fünftägige Maximalpräsenzzeit beträgt 5 X 16 = 80 Stunden, und diese, auf nur vier Tage vertheilt, ergeben 20 Stunden pro Tag.

125 Es könnte mit dieser Bestimmung ein Lokoniotiv- oder Zugspersoual auch während drei hintereinanderfolgender Tage und Nächte ohne Unterbrach beansprucht werden, ohne daß der Bundesrath zur Einsprache berechtiget wäre. Man wird antworten, daß die Verwaltungen eine solche unsinnige und im höchsten Grad betriebsgefährliche Beanspruchung des Personals nicht anordnen werden.

Wir sind auch dieser Meinung, finden aber, daß gerade deshalb das Gesetz nicht gestatten sollte, was thatsächlich nicht bloß unzuläßig, sondern auch unmöglich ist.

Es sind mit dem Durchschnitt noch andere Variationen möglich, die wir ebenfalls als unannehmbar von vorneherein bezeichnen müssen, und von denen wir die Dienststellung des Personals z. B.

während zwei ganzen Tagen und Nächten und auch nur während 24 aufeinanderfolgenden Stunden herausheben. Da müßten wir dem Vorschlag der Lokomotivführer weitaus den Vorzug geben, welche wollen, daß in Fällen, wo die Verhältnisse es erheischen, die gesetzlich vorgeschriebene Nachtruhe um ein bis zwei Stunden solle reduzirt werden können, sofern dein Personal in der nächstfolgenden Nacht das Doppelte der verlorenen Nachtruhe zugesetzt werde.

Eine nicht in's schließen verlangte

derartige Ausnahme genügt dem Bedürfniß, braucht aber Gesetz aufgenommen zu werden, wenn Sie sich entkönnen, dem Bundesrath die von den Gesellschaften allgemeine Vollmacht zu geben.

Die Gesellschaften haben in ihrer nachträglichen Eingabe die Gelegenheit benützt, um die in der Botschaft enthaltenen Mittheilungen des Departements über die Dienstzeiten des Personals auswärtiger Bahnen als unrichtig zu bezeichnen. Wir halten unsere Mittheilungen in allen Beziehungen aufrecht, und legen Ihnen die Origiaalschreiben der auswärtigen Verwaltungen vor, denen dieselben entnommen sind. Auf das Detail treten wir nicht mehr ein, da doch darüber kein Zweifel bestehen kann, daß die vom Gesetzesentwurf verlangte achtstündige Nachtruhe das Mindeste ist, was den Angestellten des Eisenbahnbetriebes zuerkannt, und eine bis auf 13 Stunden gehende Arbeitszeit wo möglich nicht überschritten werden soll und wogegen die Gesellschaften im Allgemeinen auch keine Einwendungen erheben.

Dagegen haben die Bemerkungen der Gesellschaften unsere Aufmerksamkeit nochmals auf die Stelle im Gesetzesentwurf gelenkt, wo bestimmt ist, daß von der nach Abzug der Nachtruhe verbleibenden Ißstündigen Maximalpräsenzzeit mindestens eine Hauptpause von einer Stunde um die Mitte der Arbeitszeit und wenigstens ·weitere zwei Stunden freigegeben werden sollen. Die wirkliche

126

Arbeitszeit kann hienach also 13 Stunden täglich betragen. Wir haben diesen Vorschlag in dem Sinn gemacht, daß auch die weiteren zwei Stunden in der Regel in Abschnitte von nicht weniger als je eine Stunde zerlegt werden sollen, und daß kleinere Zwischenräume, z. B. zwischen den Zügen, die überdem in der Regel von Kontrolarbeiteu oder vorbereitender Beschäftigung mehr und weniger in Anspruch genommen sind, nicht in Ansatz gestellt werden sollen.

Wir zweifeln nicht, daß auch Sie diese Auffassung theilen, wollten aber doch noch ausdrücklich darauf aufmerksam machen, da bei Einrechnung auch der kleineren Zwischenräume zwischen den programmmäßigen Dienstleistungen eine Ruhe von drei Stunden auf eine 16stündige Präsenzzeit zu gering wäre.

3. Von den übrigen Bestimmungen des Entwurfs haben wir nun noch Ihren Vorschlag, § 4, daß G ü t e r z ü g e an S o n n t a g e n w e d e r g e f ü h r t n o c h o r g a n is ir t w e r d e n d ü r f e n , hervorzuheben und zu besprechen.

Wie bereits erwähnt, steht dieser Vorschlag in einem gewissen Zusammenhang mit der Einwendung der Gesellschaften, daß der an Sonntagen lebhaftere Personenverkehr eher eine Vermehrung des Lokomotiv- und Zugspersonals erheische, als dessen Verminderung infolge Gewährung der Sonntagsruhe rechtfertige. Derselbe ist aber von der Kommission in erster Linie als eine in sich begründete Forderung aufgestellt worden. Der an den Bundesrath gerichtete Auftrag geht hier nicht darauf, nochmals die Gründe zu erwägen, welche die Forderung auf Befreiung des Sonntags vom Güterdienst rechtfertigen, sondern in der Richtung, die Frage der A u s f ü h r b a r k e i t in betriebstechnischer und verkehrspolitischer Richtung zu beantworten. Wir beschränken uns denn auch auf diese Aufgabe.

Zunächst konstatiren wir, daß im Art. 82 des Transportreglementes der schweizerischen Eisenbahnen vom 1. Juli 1876 die Verp f l i c h t u n g zum Sonntagsdienst bereits durch die folgende Bestimmung beschränkt ist: sind die Verfl An Sonn- und allgemeinen Festtagen waltungen zur Uebernahme von (Güter-) Sendungen nicht verpflichtet."

Auch am Vorabend dieser Tage ist eine Beschränkung der Annahme von Gütern in dem Sinn vorgesehen, daß diese im Sommer nur bis 5, im Winter blos bis 4 Uhr angenommen werden.

Damit in Verbindung steht die Bestimmung im Art. 99, daßbei Ausmittlung der Lieferfrist die Sonn- und Festtage für diejenigen

127 Frachtgüter nicht in Berechnung fallen, welche am Tag vor einem Sonn- oder Pesttage entweder aufgegeben, aber nicht mehr zur Verladung gebracht, oder ankommen, aber nicht mehr abgeliefert werden.

Daneben ruht die Lieferfrist auch für die Dauer zoll- oder steueremtlicher Abfertigung.

Zweitens heben wir aus der Eingabe der Eisenbahnverwaltungen vom 18. Februar 1889, S. 10, hervor, daß diese reglementarischen Bestimmungen bewirkt haben, daß der i n t e r n e G ü t e r v e r k e h r an S o n n t a g e n schon jetzt nicht mehr von Bedeutung ist.

Die V o r s t e l l u n g e n d e r B a h n e n gegen die Eins t e l l u n g des Gü ter d i e n stes an S o n n t a g e n s i n d d e n n auch in erster Linie a u s s c h l i e ß l i c h auf die B e d ü r f nisse u n d d a s W e s e n d e s i n t e r n a t i o n a l e n G ü t e r v e r k e h r s b e z o g e n . Die Gesellschaften (in der Nachtragseingabe vom 21. März, S. 4 ff.) behaupten, daß ein Verbot diesfalls so lange unausführbar sei, als die ausländischen Bahnen die Güter an Sonntagen auf die Uebergangsstationen bringen dürfen, indem die Anlagen dieser thatsächlich nicht ausreichen, um die Aufstellung der Samstags und Sonntags eintreffenden Züge bis am Montag zu gestatten. Die Einstellung des internationalen Güterdienstes an Sonntagen müßte auch eine entsprechende verlängerte Lieferfrist und die Ausnutzung dieser würde eine verminderte Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Linien gegenüber den rivalisirenden Auslandrouten zur Folge haben, was um so fühlbarer wäre, als unser kleines Land mit der größten Leichtigkeit abgefahren werden könne und es deßhalb ohnehin schwierig erscheine, ihm den Transitverkehr zu erhalten. Auch der eigene Exporthandel sei bei der Frage sehr betheiligt, indem eine ganze Anzahl regelmäßiger Transporte nach den Seehäfen wegen der Abfahrt der überseeischen Dampfer zu genau bestimmter Zeit anlangen müssen, welche häufig die Abreise der Güter von der schweizerischen Versandtstatiou am Sonntag nöthig machen. Eine so frühzeitige Aufgabe, daß der Versandt schon am Samstag bewerkstelligt werden könnte, würde nicht erhältlich sein und der Handelsstand einer solchen Anordnung sich niemals fügen.

In zweiter Linie ist von den Verwaltungen auf den Viehverkehr aufmerksam gemacht, den man aus Gründen der Humanität an Sonntagen auf den
Zwischenstationen nicht liegen lassen könne.

Auch würde es wieder gegen die Interessen der Gesellschaften gehen, wenn Thiertransporte im Transit, wie z. B. die aus Oesterreich nach Frankreich laufenden Schafzüge, nicht mit aller Geschwindigkeit befördert werden könnten.

128 Sodann liât die Direktion der G-otthardbahn noch auf die Lebensmittel transporte aufmerksam gemacht, welche eine kontinuirliche Beförderung erheischen.

Gegen das Verbot der Fakultativzüge an Sonntagen und des Vorspanndienstes nach dem Antrag des Centralkomite des Vereins schweizerischer Lokomotivführer sind von den Verwaltungen die gleichen Bedenken geltend gemacht, die gegenüber dem Vorschlag der Kommission erhoben werden. Nur die Direklion der JuraBern-Luzern-Bahn meint, daß -- immerhin unter dem Vorbehalt der Viehzüge -- die Anregung der Lokomotivführer ausführbar wäre.

Im Uebrigen glauben wir, aus den dem Departement auf dem Korrespondenzweg zugegangenen besondern Mittheilungen einzelner Verwaltungen hervorheben zu sollen, daß die C e n t r a l b a h n schon seit Jahren (und ohne Verlängerung der Lieferfrist) die dem lokalen Güterverkehr dienenden Ziige auf weitaus den meisten Linien ihres Netzes nicht mehr fährt, und auch die G o t t h a r d b a h n ausdrücklich zugesteht, daß die am Sanistag zur Aufgabe gelangenden Güter im internen Verkehr in der Regel noch arn gleichen Tag verladen werden, so daß sich der Güterdienst an Sonntagen auf das allfällige Einreihen einiger Wagen in die Züge und auf die Expedition dieser beschränkt. Die Direktion der J u r a - B e r n - L u z e r n - B a h n wird den Lokalgüterdienst am Sonntag auch einstellen. Dagegen hat namentlich diese Verwaltung in der an das Departement gerichteten besondern Eingabe n iederholt betont, daß von der Beförderung der ordentlichen Güterzüge an den Sonntagen nicht abgelassen werden könne, namentlich auch darum, ,,weil dringende Wagenzufuhren für Jahrmärkte, Militärtransporte, die an Montagen stattfinden, an Sonntagen besorgt werden müssen11. Sollte man solche Wagen am Sonntag mit Personenzügen führen müssen, so ·würden zum mindesten Verspätungen für diese entstehen. Während ferner die N o r d o s t b a h n und die C e n t r a l b a h n namentlich auf die Bahnhöfe Romanshorn und Basel verweisen, wo eine Stauungo der Güterwagen vermieden werden müsse,' O glaubt O die Direktion der schweizerischen W e s t b a h n e n , daß der unter ähnlichen Verhältnissen stehende Bahnhof Genf groß genug sei, um die am Samstag und Sonntag eingehenden Güterwagen aufnehmen zu können. Aber sie wurde die aus der Unterdrückung des Dienstes an
Sonntagen erwachsende Nöthigung, die Arbeiten im Bahnhof bis Samstag Nachts 12 Uhr fortzusetzen und dann wieder von 12 Uhr früh am Montag aufzunehmen, für 'eine ungerechtfertigte Belastung der Gesellschaften halten, welche dadurch gezwungen wären, für diese Tage doppeltes Personal anzustellen.

129

Aus diesen Ausführungen der Bahngesellschaften geht hervor, daß wesentliche t e c h n i s c h e Schwierigkeiten bezüglich der Einstellung des Güterdienstes nur in den großen Uebergangsbahnhöfen Romansliorn und Basel bestehen, welche schon dermalen als räumlich beengt und der Erweiterung bedürflig gellen; und daß eine Ermächtigung an den Bundesrath, bei eintretendem Bedürfniß Ausnahmen zu gestatten, genügen diirfie, um die diesfalls geltend gemachten Bedenken zu beseitigen.

Zu denselben Schlüssen ist auch die vom Eisenbahndepartement von sich aus angeordnete und im Laufe dieses Monats abgeschlossene Untersuchung .der Bahnhofverhältnisse gelangt. Dieselbe hat festgestellt, daß nur. von und nach den Uebergangsstationen Buchs, Romanshorn, Basel, Pruntrut, Genf, Luino und Chiasso ordentliche Gilterzüge abgefertigt werden und der Güterverkehr von und nach den übrigen Grenzstationen durch, die gemischten und Personenzüge vermittelt wird, diese also gar nicht weiter in Betracht fallen, wenn es sich ausschließlich um die Vorschläge der Kommission, und bloß in untergeordneter Weise, soweit es sich um die Anregungen der Lokomotivführer handelt. Das Departement hat sodann den Bestand und Verkehr der Güterwagen in den ersteren Stationen, für die Zeit vom 30. März bis 15. April 1889 erheben lassen und dafür folgende mittlere Zahlen (pro Tag) erhalten: Wagenbestand.

Nachts.

Mittags.

Wagenverkehr.

Eingang.

Ausgang.

Buchs ?

?

88 86 Romaushorn. . .

377 374 317 311 Basel' 978 872 934 927 Pruntrut . . . .

?

'' ?

215 210 Genf ?

?

255 248 Luino 186 214 125 123 Chiasso . . . .

203 202 181 182 Da der jeweilige Wagenbestand nicht erheblich über der Ziffer der Zu- und Abfuhr steht, so muß angenommen werden, daß die ankommenden Wagen durchschnittlich in den der Ankunft nächstfolgenden 24 Stunden weiter befördert werden; die Unterbrechung der Abfuhr während eines Tages also wirklich eine den normalen Bestand erheblich übersteigende Wagenzahl in den Bahnhöfen konxentriren würde.

Es hat sich auch herausgestellt, daß .der Sonntag in Hinsicht auf Zu- und Abfuhr bisher keine Ausnahme macht., indem in den sämmtüchen genannten Uebergangsstationen der totale Wagenverkehr war: Bnndesblatt. 41. Jahrg. Bd. III.

,

9

130 Eingang.

Ansgang.

Am ,, _ ,, ,, » ,, ,,

10. März 1889 2264 2125 31. ,, ,, (Sonntag) .

.

.

1945 1960 1. April ,, 2054 1883 2. ,, » 2171 2216 3. ,, ,, 2186 2184 4. ,, ,, 2123 2150 5. ,, ,, 2465 2197 6. ,, ,, 2196 2225 7. fl ,, (Sonntag) .

.

.

2103 2050 fl ,, 8. ,, ,, 2103 1992 ,, 9. ,, » .

.

.

.

.

2401 2482 ,, 10. ,, ,, 2293 2372 , 11. ,, ,, 2255 2368 ,, ,, 2336 2382 n 12.

,, 13. fl ,, 2416 2352 , (Sonntag) .

.

.

2318 2124 n 14. ,, , 15. ,, ,, 2087 2126 Aber auch der Montag ist nicht so verkehrsarm, wie wir aus den bezüglichen Expektorationen und der Eingabe des Centralvorstandes der Lokomotivführer glaubten annehmen zu sollen, was im Weitern die nachstehende Zusammenstellung der am 31. März (Sonntag) und 1. April (Montag) ,, T.April ,, » · 8. , ,, ·n l*-

ij

w

T)

**·

D

geführten fakultativen Güterzüge zeigt, nämlich : Sonntag.

Ankunft. Abgang.

»

Mont»g.

Ankunft. Abgang.

Buchs . . . .

-- 4 -- 3 Romanshorn .

.

3 7 3 7 Basel . . . .

10 22 10 18 Pruntrut . . .

6 4 5 7 Genf .

.

.

.

3 o 2 2 Luino .

.

.

.

l l l l Chiasso . . .

9 5 9 8 und St. Margarethen l -- -- -- Singen .

.

.

.

5 5 3 6 Dagegen ist die Frequenz nach den Jahreszeiten sehr verschieden, und der Wagenverkehr z. B. im Herbst oft bedeutend größer, ala während der übrigen Jahreszeiten. Indessen beweist gerade diese Thatsache, daß für die Zeiten des geringem, d. h.

des gewöhnlichen Verkehrs die Einstellung des Güterdienstes an

131 den Sonntagen sieh würde durchführen lassen, wenn bloß die Bahnhofanlagen in Betracht kämen.

Dann darf nicht übersehen werden, daß die Wagenzufuhr an die Uebergangsbahnhöfe um mehr als die Hälfte ab schweizerischen Stationen kommt, d. h. von den Dispositionen der Verwaltungen selbst abhängig ist. Vom Eingang der Guterwagen in den Grenzbahnhöfen während der Zeit vom 30. März bis 15. April entfallen nämlich im Mittel pro Tag: auf auf ·schweizerische auswärtige Zufuhr.

Zufuhr.

Buchs Romanshorn Basel Pruntrut .

Genf .

.

Lavino .

Chiasso ...

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

49 .198 547 .102 . 122 .

58 .

92

39 119 387 113 133 67 89

Wenn also die Gesellschaften die Zuführungen aus dem Inland sistiren wollten, so würde von einer Ueberfüllung der Uebergangsbahnhöfe an Sonntagen Überhaupt nicht die Rede sein können.

Dann aber entstünde allerdings die Frage, ob die internen Stationen geeignet sind, die für sie vergrößerte Aufgabe zu Übernehmen, und bliebe das Bedenken, ob am Montag das erforderliche Personal und Material so zur Stelle wäre, um die für diesen Tag verdoppelte Leistung zu erledigen. Aber auch hier könnte von einer tbatsächlicben Unmöglichkeit nicht gesprochen werden; die Gesellschaften k ö n n e n Personal und Material in dem nöthigen Maße vermehren.

Dagegen ist damit die Frage nicht gelöst, ob die Konsequenzen in verkehrspolitischer Hinsicht dem Antrag der Kommission in erheblicher Weise entgegenstehen, fis wird nicht bestritten werden können, was die Verwaltungen über die Aufgabe der schweizerischen Linien im Durchgangsgüterverkehr sagen, wo vor allem aus die Raschheit und Pünktlichkeit der Beförderung mit in Betracht kommt. Immerhin können wir nicht verbergen, daß das Gewicht der daraus gezogenen Argumente etwas abgeschwächt wird, wenn die Bahnen gleichzeitigentsprechende Lieferfristverlängerung begehren; denn entweder muß die durch die Sonntagspause verlorene Zeit wieder eingehölt werden, dann braucht es keine Lieferfristverlängerung; oder die letztere ist ein genügendes Auskunftsmittel, dann steht das Bedurfniß der raschen Beförderung nicht mehr in erster

132 Linie. Uebrigens stünde es bei den Gesellschaften, durch Organisation durchgehender Gütorzüge und vermehrte Benützung der Nachtzeit für deren Führung den Ausfall des Sonntags wieder einzubringen, der schließlich doch nur eine verhältnißmäßig geringe Quote des Verkehrs treffen könnte.

Und was den Exportverkehr betrifft, so unterliegt es keinem Zweifel, daß dieser mit den gemischten und Personenzügen besorgt werden kann, ohne deren Leistungsfähigkeit für ihre ändern Aufgaben zu beeinträchtigen.

Gerade von diesem Punkt aus müssen wir uns nun gestatten, auf eine Konsequenz der Anträge der Kommission sowohl als der Lokomotivführer aufmerksam zu machen, die uns gewichtig genug scheint, um ganz besonders hervorgehoben zu werden. Die tägliche Erfahrung zeigt, daß die Leistungsfähigkeit, Regelmäßigkeit und insbesondere die Sicherheit des Bahnbetriebes unter nichts mehr leidet, als unter der Beanspruchung der Personenzüge für den Güterdienst; Die Leistungsfähigkeit leidet, wenn mit Rücksicht auf diese Beanspruchung der Personenzüge eine möglichst lange Fahrzeit · zugestanden werden muß, und die Annehmlichkeiten jener Züge,' w-elche auf den Zwisehenstationen Güter -und W/a-gen abgeben und annehmen, dürfte Jedermann gut-genug bekannt sein, um nicht zu wünschen, daß diese Fahrgelegenheiten verbessert werden. Die Regelmäßigkeit und Sicherheit aber geht verloren, wenn man die Fahrzeit so kürzt, daß sie nicht in allen Fällen ausreicht. Das Eisenbahndepartement hat daher jeder Bestrebung, durch Trennung des Güterdienstes von den Personenzügen diesen Uebelstand zu beseitigen, seine Unterstützung angedeihen lassen und es gedenkt nicht, in diesem Bestreben nach.zulasson. Nun ergibt sich aber aus den Vernehmlassungen der Gesellschuften und versteht es sich übrigens von selbst, daß ein bloßes Verbot der Güterzüge oder auch nur der Fakultativzüge an Sonntagen dazu führen würde, die Personenzüge wieder in vermehrtem Maße für den Güterdienst zu beanspruchen, und damit in eine der Trennung der Dienste grundsätzlich entgegenwirkende Strömung einzutreten, die wir nicht; wünschen und nicht vertreten könnten.

Wir müssten jeder Lösung den Vorzug geben, welche diese Klippe vermeidet. Eine solche Lösung liegt weder im Verbot der Organisation und Führung der Güterzüge, noch in demjenigen der Ausführung von Fakultativzügen
und Hülfeleistungen, sondern allein in der Einstellung des G ü t e r d i e n s t e s an Sonntagen überhaupt. Das ist ja auch, was die Kommission in Wahrheit will.

Sonst würde ihr Verbot nur einige Bahnhöfe und eine Anzahl Bahnstrecken treffen, die noch nicht die Hälfte des schweizerischen Eisen-

133

bahnnetzes ausmachen. Denn auf den Strecken Brieg-St. Maurice, Lausanne-Bern, Palezieux-Lyß, Yverdon-Freiburg, Romont-Bulle, Lausanne - Pontarlier, Neuenburg - Chaux-de-Fonds, Lyß - Herzogenbuchsee, Burgdorf-Langnau, Bülach-Waldshut, Waldshut - Turgi, Zofingen - Wettingen -Billach, Bülach-Zürich, Effretikon-Kloten-Oer·likon, Wallisellen-Ziegelbrücke, Sargans-Chur, Weesen-Glarus, RütiWald, Winterthur-Schaffhausen, Wyl-Ebnat, Etzwylen-ConstanzRorschach, Sulgen-Goßau und sämmtlichen kleineren Bahnen kursiren z. Z. gar keine ordentlichen Güterzüge, und wird der Güterdienst durch die gewöhnlichen fahrplanmäßigen Züge vermittelt.

Dann aber würde es sich empfehlen, für die Fälle, wo das Verbot aus nachgewiesenen Gründen betriebstechnischer oder verkehrspolitischer Natur nicht durchgeführt werden kann, den Bundesrath zu ermächtigen, Ausnahmen zuzulassen. Dieses Verfahren würde gleichzeitig gestatten, das schließliche Ziel, die ausnahmslose Vollziehung des Gesetzes, nach und nach zu erreichen, ohne daß den Eisenbahnen z. Z. Aufgaben gestellt werden müßten, die sie unter den jetzigen thatsächlichen Verhältnissen noch nicht überall übernehmen können. Man wird damit die Benachtheiligung berechtigter Interessen vermeiden und Zeit und Gelegenheit haben, die Bedürfnisse und Verhältnisse des einzelnen Falles genau zu prüfen und zu berücksichtigen.

Vom Verbot würden wir aber die Eilguttransporte von vorneherein ausnehmen, die ohnehin einen verhältnißmäßig geringen Umfang und im Verhältnis zu den Gesammtgütertransporten z. B. im Jahr 1887 nur 1,2 °/o bei der Jura-Bern-Luzern-Bahn, 2,29 °/o ,, ,, Vereinigten Schweizerbahn, 2,88 °/o ,, ,, Nord-Ost-Bahn, 3,97 °/o ,, ,, Gotthard-Bahn und 4 °/o TI T) Schweizerischen Zentral-Bahcs betragen haben.

Darin wären auch die Viehsendungen in Eilfracht und überhaupt alle jene Sendungen zu verstehen, welche zur Beförderung in eilfrachtmäßigen Fristen von den Bahnen übernommen sind.

Eine Verlängerung der Lieferfristen für das vom Verbot getroffene gewöhnliche Frachtgut durch das Gesetz ist nicht vorzusehen, weil die Festsetzung dieser gemäß Art. 17 des Bundesgesetzes über den Frachtverkehr vom 20. März 1875 (A. 8. I, 682) dem Betriebsreglement vorbehalten ist.

Wir würden uns daher gestatten, für den § 4 die folgende Fassung vorzuschlagen :

134 § 4. An Sonntagen ist der Güterdienst auf den Eisenbahnen untersagt.

Vorbehalten bleibt die Beförderung von Gütern und Vieh in Eilfracht.

Auch kann der Bundesrath weitergehende Ausnahmen gestatten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 28. Mai 1889.

Schweiz. Post- and Eisenbahhdepartement, Welti.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Post- und Eisenbahndepartements an die Eisenbahnkommission des schweiz.

Ständerathes, in Sachen der Freisonntage des Eisenbahn-Betriebspersonals (Art. 9 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872) über den Güterdienst an Sonntagen. (Vom ...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1889

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.06.1889

Date Data Seite

112-134

Page Pagina Ref. No

10 014 403

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.