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Strategische Ziele des Bundesrates für das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum 2022­2026 vom 18. Mai 2022

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Einleitung

Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) ist die Fachbehörde des Bundes im Bereich Immaterialgüterrecht. Es ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes mit eigener Rechtspersönlichkeit. In seiner Organisation und Betriebsführung ist es selbstständig und es führt ein eigenes Rechnungswesen.

Die Aufgaben des IGE sind im Bundesgesetz vom 24. März 19951 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGEG) sowie in den Spezialerlassen des Immaterialgüterrechts2 umschrieben.

Gestützt auf Artikel 9 IGEG in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 5 des Regierungsund Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19973 legt der Bundesrat jeweils für vier Geschäftsjahre die strategischen Ziele für das IGE fest. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2026 legt er die strategischen Ziele für das IGE wie folgt fest:

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Strategische Schwerpunkte

2.1

Programmatische Schwerpunkte

Der Bundesrat erwartet, dass das IGE: (1)

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dazu beiträgt, dass die Schweiz über einen angemessenen und volkswirtschaftlich sinnvollen Schutz von Geistigem Eigentum verfügt, und damit Innovation, Wettbewerbsfähigkeit, kulturelle Vielfalt und gesellschaftlichen Fortschritt fördert;

SR 172.010.31 Urheberrechtsgesetz vom 9. Oktober 1992 (SR 231.1); Topographiengesetz vom 9. Oktober 1992 (SR 231.2); Markenschutzgesetz vom 28. August 1992 (SR 232.11); Designgesetz vom 5. Oktober 2001 (SR 232.12); Patentgesetz vom 25. Juni 1954 (SR 232.14); Wappenschutzgesetz vom 21. Juni 2013 (SR 232.21).

SR 172.010

2022-1521

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(2)

über eine effiziente Verwaltung der gewerblichen Schutzrechte an Geistigem Eigentum verfügt und die Digitalisierung sowie seine Netzwerke nutzt, um die Verfahren und die Registerführung nutzerfreundlich und in hoher Qualität gewährleisten zu können;

(3)

effiziente und nutzerorientierte Informationsdienstleistungen anbietet, bei denen es den sich ändernden Bedürfnissen Rechnung trägt und verstärkt mit der Wirtschaft und Wissenschaft zusammenarbeitet, um das Verständnis für Geistiges Eigentum zu verbessern;

(4)

internationale Entwicklungen im Bereich des Geistigen Eigentums mit Relevanz für die Schweiz aktiv mitgestaltet;

(5)

sich im In- und Ausland vernetzt, um den grösstmöglichen Mehrwert für die Nutzerinnen und Nutzer zu schaffen;

(6)

mit einer fairen und transparenten Personalpolitik dafür sorgt, dass es für gut qualifizierte und leistungsbereite Mitarbeitende ein attraktiver Arbeitgeber ist;

(7)

eine nachhaltige und ethischen Grundsätzen verpflichtete Strategie verfolgt.

2.2

Aufgaben- und unternehmensbezogene Ziele

Der Bundesrat erwartet, dass das IGE: (8)

im Bereich des Rechtsvollzugs: ­ den Nutzerinnen und Nutzern gewerblicher Schutzrechte einfache, transparente, rasche, kostengünstige und wo möglich harmonisierte, digitale Verfahren zur Verfügung stellt und dabei rechtmässige, angemessene und möglichst voraussehbare Entscheidungen erlässt; ­ die Kompatibilität der schweizerischen Verfahren mit den internationalen Schutzrechtssystemen gewährleistet; ­ bei der Markenprüfung die Behandlungsfristen reduziert; ­ vollständig digitale Kundenschnittstellen und transparente, elektronische Verfahren für alle Schutzrechte schafft und betreibt; ­ die Gesellschaften zur Verwertung von Urheberrechten so beaufsichtigt, dass diese ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen und eine grösstmögliche Transparenz in ihrer Geschäftsführung sichergestellt ist; ­ in Zusammenarbeit mit dem Verein Swissness Enforcement, anderen Behördenstellen und den direkt interessierten Produzentenverbänden und Unternehmen die rechtmässige Verwendung der Herkunftsangabe «Schweiz» und des Schweizerwappens im In- und Ausland durchsetzt;

(9)

im gemeinwirtschaftlichen Bereich: ­ dem Bundesrat und dem Parlament Erlassentwürfe unterbreitet, die einen angemessenen und volkswirtschaftlich sinnvollen Schutz des Geistigen Eigentums anstreben, der zu den nötigen Rahmenbedingungen für eine kreative, innovative und wirtschaftlich erfolgreiche Schweiz beiträgt und

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in ausgewogener Weise die unterschiedlichen Interessen sowie ethische, entwicklungs- und umweltpolitische Aspekte berücksichtigt; die Positionierung der Schweiz und des IGE als kompetente und verlässliche Partner auf internationaler Ebene festigt und ausbaut, indem es aktiv und vermittelnd auftritt, wenn es die Schweiz im Bereich des Geistigen Eigentums in internationalen Organisationen vertritt; sicherstellt, dass der unter Ziffer 1 aufgeführte programmatische Schwerpunkt bestmöglich erreicht werden kann, indem es Entscheidungsgrundlagen für Politik und Wirtschaft bereitstellt, insbesondere in Form von ökonomischen Studien und von Regulierungsfolgenabschätzungen und entsprechenden Evaluationen; das Bewusstsein der Kooperationspartner für die Chancen und Risiken des Geistigen Eigentums stärkt, indem es im Auftrag anderer Bundesstellen oder auf eigene Initiative Projektländer bei der Entwicklung ihrer immaterialgüterrechtlichen Schutzsysteme unterstützt, bedürfnisgerecht berät und informiert;

(10)

im Bereich der Informationsdienstleistungen: ­ dazu beiträgt, dass die Eigenschaften und der Nutzen von Geistigem Eigentum in der Gesellschaft bekannt sind und Geistiges Eigentum von Dritten respektiert wird; ­ einen Beitrag zur Rechtssicherheit und Standortattraktivität sowie zur Innovationskraft der Schweiz leistet, indem es auch unerfahrene Nutzerinnen und Nutzer, insbesondere unter den KMU, Einzelerfinderinnen und -erfindern, Studierenden, Kulturschaffenden, und in der breiten Öffentlichkeit, sowie die an Geistigem Eigentum interessierten Kreise differenziert über die Schutzrechtssysteme und die Vor- und Nachteile der einzelnen Schutzrechte informiert; ­ sich dafür einsetzt, dass die Sensibilisierung für Geistiges Eigentum im Bildungs- und Weiterbildungswesen auf der Tertiärstufe fest verankert ist und die Bildungsinstitutionen das IGE als erste Anlaufstelle für Fragen zum Geistigen Eigentum kennen; ­ sich dafür einsetzt, dass im Rahmen jeder Unterstützungsmassnahme der öffentlichen Hand zur Innovations- und Wirtschaftsförderung (insbesondere durch die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung Innosuisse und die Technologietransfer-Stellen der Hochschulen) die individuelle Situation mit Bezug auf Geistiges Eigentum der unterstützten Unternehmen thematisiert und überprüft wird;

(11)

sich im Bereich der Dienstleistungen auf der Grundlage des Privatrechts als qualitativ hochstehender Anbieter für Patentinformationen positioniert, indem es in enger Zusammenarbeit mit den Kundinnen und Kunden hochwertige Recherchen und Analysen erstellt;

(12)

ein Unternehmensrisikomanagementsystem aufbaut, das sich an der Norm ISO 31000 orientiert, ein Compliance-Management-System aufbaut, das sich an der Norm ISO 37301 orientiert, ein Betriebskontinuitätsmanagementsystem aufbaut, das sich an der Norm ISO 22301 orientiert, und den Bund als 3/6

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Eigner über die wichtigsten Unternehmensrisiken und die Schwerpunkte im Compliance-Management informiert; (13)

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zur Verwirklichung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen4 beiträgt, indem es Bereiche der nachhaltigen Entwicklung identifiziert, auf die es einen wesentlichen Einfluss hat, und Ziele definiert, die auf den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 basieren.

Finanzielle Ziele

Der Bundesrat erwartet, dass das IGE: (14)

nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird und seine Ressourcen wirtschaftlich und wirksam einsetzt;

(15)

die zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigten Geld- und Sachmittel ohne Rückgriff auf Bundesmittel selber aus Gebühren sowie aus Entgelten für Dienstleistungen auf der Grundlage des Privatrechts erwirtschaftet;

(16)

bei der Festlegung seiner Gebühren auch seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Institutionen anderer Industrieländer, die für den Schutz des Geistigen Eigentums zuständig sind, und dem Europäischen Patentamt berücksichtigt;

(17)

über die Geltungsdauer der strategischen Ziele einen ausgeglichenen Haushalt erzielt und mit seinen Ressourcen haushälterisch umgeht;

(18)

Gebührensenkungen prüft und dem Bundesrat zur Genehmigung vorlegt, sofern die Reserven eine angemessene Höhe erreicht haben und die Gewinne nicht zum Ausgleich versicherungsmathematischer Verluste benötigt werden;

(19)

für Dienstleistungen auf der Grundlage des Privatrechts mindestens kostendeckende Preise erhebt und eine wettbewerbsverzerrende Quersubventionierung von Leistungen an Dritte durch Gebührenmittel anhand einer buchhalterisch getrennten Rechnung nachweisbar ausschliesst.

4

Personal- und vorsorgepolitische Ziele

Der Bundesrat erwartet, dass das IGE: (20)

4

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eine vorausschauende, sozial verantwortliche, transparente und verlässliche Personalpolitik betreibt und konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen in einem Arbeitsumfeld anbietet, das die persönliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit fördert;

United Nations UN (2015). Transforming our World: The 2030 Agenda for Sustainable Development.

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(21)

bei Vorgesetzten und Mitarbeitenden eine Arbeitshaltung fördert, die auf Integrität sowie auf Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Verwaltungsführung des Bundes (Public Corporate Governance) beruht;

(22)

eine Führungspraxis und eine Zusammenarbeit pflegt, die auf den Kernwerten des Respekts, der gegenseitigen Wertschätzung, des Vertrauens, der Verlässlichkeit, der Kooperation und Partizipation sowie der Verantwortung beruhen;

(23)

einen Anteil an Lernenden sowie Hochschulpraktikantinnen und Hochschulpraktikanten von mindestens 5 Prozent des Personalbestands hat;

(24)

darauf hinwirkt, den Frauenanteil insbesondere in Kaderpositionen zu erhöhen;

(25)

die Anstellung von Menschen mit Behinderungen fördert und unterstützt;

(26)

darauf hinwirkt, dass die sprachliche Vielfalt gefördert wird;

(27)

das Leistungsniveau des Vorsorgeplans an jenem der Bundesverwaltung orientiert und die Finanzierung angemessen auf Versicherte und Arbeitgeber verteilt;

(28)

bei einer sanierungsbedürftigen Unterdeckung angemessene Massnahmen trifft und seinen Informationspflichten nachkommt.

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Kooperationen

Der Bundesrat erwartet, dass das IGE: (29)

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sich in geeigneten Netzwerken und Zusammenschlüssen von Organisationen mit ähnlichen Zielen engagiert und insbesondere mit der Europäischen Patentorganisation und der Weltorganisation für Geistiges Eigentum zusammenarbeitet, soweit dies zur Erreichung der strategischen Ziele und des gesetzlichen Auftrags (Artikel 2 IGEG) beiträgt.

Berichterstattung

Der Bundesrat erwartet, dass das IGE: (30)

ihm in Ergänzung zu Geschäftsbericht und Jahresrechnung rechtzeitig schriftlich über die Erreichung der strategischen Ziele im Vorjahr berichtet und die dafür erforderlichen Daten und Kennzahlen erhebt;

(31)

während des Jahres den regelmässigen Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes pflegt, namentlich im Rahmen der jährlich stattfindenden Eignergespräche.

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Geltungsdauer

Diese strategischen Ziele gelten für den Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2026.

Der Bundesrat behält sich vor, sie bei Bedarf innerhalb dieses Zeitraums anzupassen.

Er entscheidet über eine Anpassung nach Rücksprache mit dem Institutsrat des IGE.

18. Mai 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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