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22.019 Botschaft zur Genehmigung und Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) 2021/1150 und (EU) 2021/1152 zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des Europäischen Reiseinformations- und -Genehmigungssystems (ETIAS) (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands) und zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes vom 18. Mai 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) 2021/1150 und (EU) 2021/1152 hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des European Travel Information and Authorisation System (ETIAS; Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands). Gleichzeitig unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, eine Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Mai 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2022-1562

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Übersicht Die vorliegende Botschaft bezieht sich auf die Folgeänderungen der Verordnung (EU) 2018/1240 durch die zwei Änderungsverordnungen (EU) 2021/1150 und EU 2021/1152, welche die Interoperabilität des Europäischen Reiseinformationsund Genehmigungssystems mit den anderen EU-Informationssystemen ermöglichen sollen. Zudem beinhaltet die Botschaft eine Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG).

Ausgangslage Mit der Verordnung (EU) 2018/1240 hat die EU ein neues Reiseinformations- und -genehmigungssystem für den Schengen-Raum geschaffen. Nicht visumpflichtige Drittstaatsangehörige benötigen künftig eine Reisegenehmigung, um die SchengenAussengrenzen zu überschreiten. Die Verordnung (EU) 2018/1240 wurde der Schweiz am 7. September 2018 als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands notifiziert.

Dem Bundesbeschluss zur Genehmigung und Umsetzung dieser EU-Verordnung hat die Bundesversammlung am 25. September 2020 zugestimmt. Die Referendumsfrist ist am 14. Januar 2021 ungenutzt verstrichen. Nun hat die EU die Verordnungen (EU) 2021/1150 und (EU) 2021/1152 verabschiedet, welche Änderungen der Verordnung (EU) 2018/1240 beinhalten, um die Interoperabilität des European Travel Information and Authorisation System (ETIAS) mit den anderen EU-Informationssystemen zu gewährleisten.

ETIAS-Änderungsverordnungen (Vorlage 1) Die Verordnungen (EU) 2021/1150 und EU 2021/1152 wurden am 7. Juli 2021 vom Europäischen Parlament und vom Rat der EU verabschiedet. Sie wurden der Schweiz bereits im Vorfeld am 29. Juni 2021 als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands notifiziert. Der Bundesrat hat deren Übernahme am 11. August 2021 genehmigt, vorbehältlich der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen.

Die Interoperabilität, die durch die beiden Interoperabilitätsverordnungen (EU) 2019/817 und (EU) 2019/818 eingeführt wurde, wird verschiedene EU-Informationssysteme ­ darunter das ETIAS ­ miteinander vernetzen, sodass ein Datenaustausch unter diesen Systemen möglich ist und somit vorhandene Informationen effizienter und gezielter genutzt werden können. Die neuen ETIAS-Änderungsverordnungen enthalten Folgeänderungen, die sich aus der Verabschiedung der drei revidierten EUVerordnungen zum Schengener-Informationssystem (SIS) und den beiden EUInteroperabilitätsverordnungen ergeben. In den beiden
ETIAS-Änderungsverordnungen sollen die Zugriffsrechte der ETIAS-Zentralstelle und der nationalen ETIASStellen (nachfolgend: NES) auf die Daten, die in anderen EU-Informationssystemen (EES, VIS, SIS) gespeichert sind, für die Zwecke des ETIAS geregelt werden. Zudem wird die Zusammenarbeit zwischen dem Einreise-/Ausreisesystem EES und ETIAS in technischer Hinsicht festgelegt. Um den Abgleich zwischen ETIAS und den anderen EU-Informationssystemen zu erleichtern, sollen die Personendaten in allen betroffenen EU-Informationssystemen gleich erfasst und gespeichert werden. Durch die Folgeänderungen mit den beiden ETIAS-Änderungsverordnungen werden insgesamt 2 / 98

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neun EU-Verordnungen angepasst. Davon wurden acht bereits der Schweiz als Schengen-Weiterentwicklungen notifiziert. Das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS) wird um Drittstaatsangehörige und Staatenlose erweitert (ECRISTCN). Dies stellt jedoch keine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands dar.

Durch eine effizientere Nutzung vorhandener Informationen soll die Interoperabilität zwischen ETIAS und den übrigen EU-Informationssystemen erhöht werden. Dies wird die Sicherheit im Schengen-Raum und in der Schweiz verstärken und die Migrationssteuerung verbessern.

Neben den Zugriffsrechten der NES auf die EU-Informationssysteme und die nationalen Informationssysteme besteht weiterer Umsetzungsbedarf: Die im letzten Jahr weiter fortgeschrittenen Umsetzungsarbeiten zu ETIAS haben gezeigt, dass weitere Anpassungen notwendig sind. Die Europäische Kommission und die Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (eu-Lisa) haben mündlich und schriftlich präzisiert, dass das ETIAS auch Anwendung findet auf visumbefreite Drittstaatsangehörige, die für einen längerfristigen Aufenthalt in den Schengen-Raum einreisen. Entsprechend ist der Anwendungsbereich der ETIAS-Verordnung auf alle von der Visumpflicht befreiten Drittstaatsangehörigen, die in den Schengen-Raum einreisen wollen, unabhängig von der Aufenthaltsdauer zu erweitern.

Auch soll der Umfang der Zugriffsrechte der NES auf die nationalen Systeme wie ZEMIS, ORBIS, RIPOL, N-SIS, VOSTRA und den Nationalen Polizeiindex geregelt werden für die Prüfung der ETIAS-Reisegenehmigungen, deren Prüfung in die Zuständigkeit der Schweiz fällt, und für die Bearbeitung der ETIAS-Überwachungsliste.

Ferner soll ein nationales ETIAS-System geschaffen werden, um die NES bei der manuellen Bearbeitung der ETIAS-Gesuche zu unterstützen. Im Weiteren wird das nationale ETIAS-System für die Verwaltung der Überwachungsliste benötigt. Schliesslich wird das Bundesverwaltungsgericht eine Übermittlungsplattform für das ETIASBeschwerdeverfahren zur Verfügung stellen. Dadurch soll das Beschwerdeverfahren zeitnah abgeschlossen werden können, und die Kommunikation in Form von standardisierten Mitteilungen zwischen dem Bundesverwaltungsgericht, der beschwerdeführenden Partei und der Vorinstanz soll technisch
so einfach und so schnell wie möglich erfolgen. Zudem werden die Verfahrensbestimmungen für das ETIAS-Beschwerdeverfahren angepasst.

Die Umsetzung der beiden ETIAS-Änderungsverordnungen und die zusätzlichen praktischen Umsetzungen bedingen auf Bundesebene Anpassungen im Ausländerund Integrationsgesetz (AIG), im Bundesgesetz über das Bundesverwaltungsgericht, im Strafregistergesetz, im Strafgesetzbuch und im Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI).

Die Umsetzung der ETIAS-Änderungsverordnungen ist mit einem finanziellen Aufwand für die Bundesverwaltung verbunden. Die Kosten für die Umsetzung von ETIAS wurden bereits detailliert in der Botschaft vom 6. März 2020 zur Genehmigung und Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2018/1240 über das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) und zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (Unterstellung des 3 / 98

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Nachrichtendienstes des Bundes unter das Schengen-Datenschutzgesetz) ausgeführt.

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der ETIAS-Änderungsverordnungen entstehen weitergehende Kosten lediglich für die Schaffung einer Plattform, die es dem Bundesverwaltungsgericht ermöglicht, im Rahmen des ETIAS-Beschwerdeverfahrens mit der beschwerdeführenden Partei und der Vorinstanz zu kommunizieren. Die Schaffung eines nationalen ETIAS-Systems führt zu keinen zusätzlichen Kosten, die nicht bereits in der Botschaft zur Übernahme und Umsetzung der ETIAS-Verordnung aufgeführt wurden.

Anpassung des AIG (Vorlage 2) Neu soll die Abteilung Biometrische Identifikation von fedpol (nachfolgend: BiomID) die Vergleichsresultate von Suchläufen überprüfen können, wenn die Abfrage einen automatisch generierten Treffer in Schengen/Dublin-Informationssystemen und deren Komponenten ergeben hat. Die Überprüfung umfasst den manuellen Vergleich durch Biometriespezialistinnen und -spezialisten. Sie prüfen, ob das dem Treffer zugrundeliegende biometrische Material tatsächlich von derselben Person stammt. Diese Qualitätskontrolle wird heute bereits bei den Treffern in Eurodac aufgrund der EUVorgaben durchgeführt und soll auf die übrigen Systeme wie EES und VIS ausgeweitet werden. Durch diese Qualitätskontrolle sollen die sogenannten «falsch-positiven» Resultate, also die falsche, systemgenerierte Meldung einer biometrischen Übereinstimmung, eliminiert werden. Damit werden Personen bei Inlandkontrollen nicht unnötig festgehalten oder im Rahmen von Abklärungen der Strafverfolgungsbehörden ins falsche Licht gerückt. Zudem werden auch Resultate von Spurensuchläufen überprüft werden können (eine Suchart, die heute aufgrund der Fehlerquote nicht automatisch erfolgt). Die hochstehende Reputation bei der biometrischen Personenüberprüfung wird so weiter gestärkt.

Diese Vorlage wird genutzt, um diese Präzisierung im AIG und im BPI vorzunehmen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Einleitung 1.1 Beteiligung der Schweiz am Schengen-Aussengrenzmanagement 1.2 Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem ETIAS 1.3 Interoperabilität

14 15

Ausgangslage 2.1 Handlungsbedarf und Ziele 2.2 Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis 2.3 Verfahren zur Übernahme der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands 2.4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

16 16 17

Vernehmlassungsverfahren 3.1 Übersicht 3.2 Detaillierte Vorbringen 3.2.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen 3.2.2 Datenschutz, neue Zugriffsrechte und Schaffung eines NETIAS 3.2.3 Ausweitung des Anwendungsbereichs von ETIAS 3.2.4 Beschwerdeplattform des BVGer 3.2.5 Zugriff der TPO auf nationale und EUInformationssysteme 3.2.6 Teilnahme der Schweiz am Europäischen Strafregisterinformationssystem 3.3 Anpassungen der Vorlage nach der Vernehmlassung 3.3.1 Anpassungen des Bundesbeschlusses 3.3.2 Weitere Anpassung: Änderung des AIG und des BPI

20 20 22 22

4

Grundzüge der ETIAS-Änderungsverordnungen

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5

Inhalt der ETIAS-Änderungsverordnungen 5.1 Verordnung (EU) 2021/1152 (ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze») 5.1.1 Anpassung der ETIAS-V (Art. 1) 5.1.2 Anpassung der VIS-V (Art. 2) 5.1.3 Anpassung der EES-V (Art. 3) 5.1.4 Anpassung der Verordnung «SIS Rückkehr» (Art. 4) 5.1.5 Anpassung der Verordnung «SIS Grenze» (Art. 5) 5.1.6 Anpassung der Verordnung «IOP Grenze» (Art. 6) 5.1.7 Inkrafttreten der Änderungen (Art. 7) 5.2 ETIAS-Änderungsverordnung «Polizei»

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3

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5.2.1 5.2.2 5.2.3 6

Änderung der Verordnung «SIS Polizei» (Art. 1) Änderung der Verordnung «IOP Polizei» (Art. 2) Inkrafttreten der Änderungen (Art. 7)

48 49 49

Grundzüge des Umsetzungserlasses 6.1 Die beantragte Neuregelung 6.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 6.3 Erweiterung des Anwendungsbereichs des ETIAS auf alle Drittstaatsangehörigen unabhängig von ihrer Aufenthaltsdauer im Schengen-Raum 6.4 Praktischer Umsetzungsbedarf 6.4.1 Zugriffsrechte der NES auf nationale Informationssysteme 6.4.2 Schaffung eines nationalen ETIAS-Systems zur Unterstützung der Geschäftsprozesse der NES 6.4.3 Schaffung einer Plattform für das ETIASBeschwerdeverfahren 6.5 Rechtlicher Umsetzungsbedarf 6.5.1 Ausländer- und Integrationsgesetz 6.5.2 Bundesgesetz über das Bundesverwaltungsgericht 6.5.3 Strafregistergesetz 6.5.4 Strafgesetzbuch 6.5.5 Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes 6.6 Besonderer Koordinationsbedarf

49 49 50

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Umsetzungserlasses 7.1 Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) 7.2 Bundesgesetz über das Bundesverwaltungsgericht 7.3 Strafregistergesetz 7.4 Strafgesetzbuch 7.5 Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes

62 62 78 79 79

8

Koordinationsbedarf 8.1 Koordination mit der EES-Vorlage 8.2 Koordination mit der ETIAS-Vorlage 8.3 Koordination mit der SIS-Vorlage 8.4 Koordination mit der IOP-Vorlage 8.5 Koordination mit der PMT-Vorlage 8.6 Koordination mit der VOSTRA-Vorlage 8.7 Koordination mit der BEKJ-Vorlage

82 82 83 83 84 84 85 85

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Auswirkungen 9.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund

86 86

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50 51 52 54 56 58 59 60 61 61 61 61

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9.2 9.3

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden Auswirkungen in weiteren Bereichen

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10 Rechtliche Aspekte 10.1 Verfassungsmässigkeit 10.2 Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz 10.3 Erlassform 10.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 10.5 Datenschutz 10.6 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

87 87

11 Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (Vorlage 2) 11.1 Ausgangslage 11.1.1 Handlungsbedarf und Ziele 11.1.2 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 11.2 Vernehmlassungsverfahren 11.3 Beantragte Neuregelung 11.4 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 11.5 Auswirkungen 11.6 Rechtliche Aspekte 11.6.1 Verfassungsmässigkeit 11.6.2 Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz 11.6.3 Verhältnis zum europäischen Recht

91 91 91

Abkürzungsverzeichnis

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87 88 88 89 90

92 92 92 93 93 93 93 94 94

Notenaustausch vom 11. August 2021 zwischen der Schweiz und der Europäischen Union betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2021/1150 zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1862 und (EU) 2019/818 hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) (Entwurf) BBl 2022 1450

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Notenaustausch vom 11. August 2021 zwischen der Schweiz und der Europäischen Union betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2021/1152 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr.767/2008, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1860, (EU) 2018/1861 und (EU) 2019/817 hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) BBl 2022 1451 Notenaustausch vom 11. August 2021 zwischen der Schweiz und der Europäischen Union betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2021/1150 zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1862 und (EU) 2019/818 hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) BBl 2022 1452 Änderung des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländerund Integrationsgesetz, AIG) (Entwurf)

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Botschaft 1

Einleitung

Die vorliegende Botschaft umfasst zwei Vorlagen. Die erste Vorlage betrifft die Übernahme und Umsetzung der Verordnungen (EU) 2021/11501 und (EU) 2021/11522 (nachfolgend: ETIAS-Änderungsverordnungen) hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des ETIAS (Ziff. 2 ff.).

Die zweite Vorlage betrifft eine Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes vom 16. Dezember 20053 (AIG) sowie des Bundesgesetzes vom 13. Juni 20084 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI) (Ziff. 11). Neu soll die Abteilung Biometrische Identifikation von fedpol (nachfolgend: BiomID) die Vergleichsresultate von Suchläufen überprüfen können, wenn die Abfrage einen automatisch generierten Treffer in allen Schengen/Dublin-Informationssystemen und deren Komponenten ergeben hat. Dabei wird sie manuell überprüfen, ob das dem Treffer zugrundeliegende biometrische Material tatsächlich von derselben Person stammt.

1.1

Beteiligung der Schweiz am Schengen-Aussengrenzmanagement

Ein wirksames Aussengrenzmanagement ist eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährleistung der Reisefreiheit innerhalb des Schengen-Raums und damit ein zentraler Baustein der Schengener Zusammenarbeit.

Die Schweiz beteiligt sich bereits heute an den folgenden EU-Informationssystemen:

1

2

3 4

­

Schengener Informationssystem (SIS), das Informationen zu gesuchten oder vermissten Personen sowie gesuchten Fahrzeugen und Sachen enthält und in dem Einreiseverbote und künftig auch Rückkehrentscheide ausgeschrieben werden;

­

Visa-Informationssystem (C-VIS), das Informationen zu den Schengen-Visa enthält; Verordnung (EU) 2021/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1862 und (EU) 2019/818 hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems, Fassung gemäss ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 1.

Verordnung (EU) 2021/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1860, (EU) 2018/1861 und (EU) 2019/817 hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems, Fassung gemäss ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 15.

SR 142.20 SR 361

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­

Eurodac, die zentrale Datenbank für Fingerabdrücke von Asylsuchenden und Personen, die bei der illegalen Einreise aufgegriffen werden.

Zur Verbesserung der Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen und zur Stärkung der inneren Sicherheit wurden im Rahmen der Schengener und Dubliner Zusammenarbeit in den letzten Jahren die bestehenden EU-Informationssysteme verbessert und neue Systeme geschaffen.

In diesem Zusammenhang wurden die Rechtsgrundlagen zum SIS und zum C-VIS grundlegend überarbeitet.

Neu basiert das SIS auf drei Verordnungen, die den Betrieb und die Nutzung des Systems in jeweils unterschiedlichen Bereichen regeln:

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­

Die Verordnung (EU) 2018/18625 betrifft den Bereich der «polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen» (nachfolgend: Verordnung «SIS Polizei»).

­

Die Verordnung (EU) 2018/18616 regelt die Nutzung des Systems für die Zwecke der «Grenzkontrollen» (nachfolgend: Verordnung «SIS Grenze»).

­

Die Verordnung (EU) 2018/18607 bildet die Grundlage zur Verwendung des SIS im Hinblick auf die «Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger» (nachfolgend: Verordnung «SIS Rückkehr»).

Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission, ABI. L 312 vom 7.12.2018, S. 56; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2021/1150, ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 1.

Verordnung (EU) 2018/1861 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der Grenzkontrollen, zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und zur Änderung und Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006, ABI. L 312 vom 7.12.2018, S. 14; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2021/1152, ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 15.

Verordnung (EU) 2018/1860 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Nutzung des Schengener Informationssystems für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABI. L 312 vom 7.12.2018, S. 1; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2021/1152, ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 15.

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Die Verordnungen (EU) 2021/11348 und (EU) 2021/11339 (nachfolgend: VISÄnderungsverordnungen) bezwecken die Reform des Visa-Informationssystems (VIS) sowie der damit verbundenen Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für VIS-Zwecke und ändern die Verordnung (EG) Nr. 767/200810 (nachfolgend: VIS-V) entsprechend. So sollen zusätzlich zu den Visa für den kurzfristigen Aufenthalt (Visa C und A) neu Visa für einen längerfristigen Aufenthalt (Visa D) und Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige im VIS gespeichert werden. Diese Schengen-Weiterentwicklungen sind Gegenstand einer separaten Vorlage.

Eine Beteiligung an folgenden neuen Systemen, die auch Teil des Schengen-Besitzstands sind, ist ebenfalls vorgesehen:

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Einreise- und Ausreisesystem (Entry/Exit System, EES), in dem künftig die Angaben zu Ein- und Ausreisen von Drittstaatsangehörigen, die für einen Aufenthalt von höchstens 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen in den Schengen-Raum einreisen, sowie die Einreiseverweigerungen erfasst werden;

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Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem (European Travel Information and Authorisation System; ETIAS), durch das visumbefreite Drittstaatsangehörige in Zukunft eine Reisegenehmigung beantragen und erhalten müssen, bevor sie in den Schengen-Raum einreisen.

Verordnung (EU) 2021/1134 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EG) Nr. 810/2009, (EU) 2016/399, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1860, (EU) 2018/1861, (EU) 2019/817 und (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/512/EG und des Beschlusses 2008/633/JI des Rates zur Reform des Visa-Informationssystems, Fassung gemäss ABl. L 248 vom 13.7.2021, S. 11.

Verordnung (EU) 2021/1133 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 603/2013, (EU) 2016/794, (EU) 2018/1862, (EU) 2019/816 und (EU) 2019/818 hinsichtlich der Festlegung der Voraussetzungen für den Zugang zu anderen Informationssystemen der EU für Zwecke des Visa-Informationssystems, Fassung gemäss ABl. L 248 vom 13.7.2021, S. 1.

Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung), ABl. L 218, 13.8.2008, S. 60; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2021/1152, ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 15.

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Gleichzeitig mit der Verordnung (EU) 2017/222611 (nachfolgend: EES-V) über ein EES wurde die Verordnung (EU) 2016/39912 (Schengener Grenzkodex, SGK) in Bezug auf die Nutzung des EES angepasst (Verordnung [EU] 2017/222513). Diese Änderung sah eine automatisierte Grenzkontrolle sowie ein fakultatives nationales Programm für Drittstaatsangehörige zur Erleichterung der Grenzkontrollen (National Facilitation Programme, NFP) vor.

Diese EU-Informationssysteme der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit sollen künftig so vernetzt werden, dass Identitätsdaten, Daten zu den Reisedokumenten und biometrische Daten (Fingerabdrücke und Gesichtsbilder) automatisiert abgeglichen werden können. Dazu verabschiedete die EU die Verordnungen (EU) 2019/81714 (nachfolgend: Verordnung «IOP Grenze») und (EU) 2019/81815 (nachfolgend: Verordnung «IOP Polizei»), um die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen in den Bereichen Grenze, Migration und Strafverfolgungsbehörden herzustellen.

Das Parlament hat die Übernahme und Umsetzung folgender EU-Verordnungen als Schengen-Weiterentwicklung in den letzten Jahren bereits gutgeheissen:

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­

die EES-Verordnung im Juni 201916;

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die ETIAS-Verordnung im September 202017;

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die neuen Rechtsgrundlagen zum SIS im Dezember 202018; und

Verordnung (EU) 2017/2226 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2017 über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES) zur Erfassung der Einund Ausreisedaten sowie der Einreiseverweigerungsdaten von Drittstaatsangehörigen an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten und zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zum EES zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken und zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen sowie der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008 und (EU) Nr. 1077/2011, ABL L 327 vom 9.12.2017, S. 20; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2021/1152, ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 15.

Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex), ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1; zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2017/2225 ABl. L 327 vom 9.12.2017, S. 1.

Verordnung (EU) 2017/2225 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 in Bezug auf die Nutzung des Einreise-/Ausreisesystems, Fassung gemäss ABl. L 327 vom 9.12.2017, S. 1.

Verordnung (EU) 2019/817 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen in den Bereichen Grenzen und Visa und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2016/399, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1726 und (EU) 2018/1861 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Entscheidung 2004/512/EG des Rates und des Beschlusses 2008/633/JI des Rates, Fassung gemäss ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 27.

Verordnung (EU) 2019/818 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration) und zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1726, (EU) 2018/1862 und (EU) 2019/816, Fassung gemäss ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85.

BBl 2019 4573 BBl 2020 7911 BBl 2020 10033

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­

die Rechtsgrundlagen zur Schaffung der Interoperabilität zwischen diesen EU-Informationssystemen im März 202119.

Die EU hat ebenfalls die Rechtsgrundlagen zum Europäischen Strafregisterinformationssystem für Drittstaatsangehörige (ECRIS-TCN), das ein elektronisches System für den Austausch über Strafregistereinträge zwischen den EU-Staaten darstellt, im Rahmen der ETIAS-V20 angepasst. Diese Anpassung stellt hingegen keine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes dar, und die Schweiz hat folglich keinen Zugang zu ECRIS-TCN. Sie prüft derzeit eine mögliche Teilnahme.

Betroffen von der Interoperabilität der EU-Informationssysteme sind auch folgende Datenbanken: ­

die Europol-Daten (Europol Information System); und

­

die Interpol-Datenbanken für gestohlene und verlorene Reisedokumente (Stolen and Lost Travel Documents; nachfolgend: SLTD) und jene zur Erfassung von Reisedokumenten, die Ausschreibungen zugeordnet sind (Travel Documents Associated with Notices; nachfolgend: TDAWN).

Anzumerken ist hier, dass die Schweiz auf Europol-Daten derzeit keinen direkten Zugriff hat. Der Zugang zu Europol-Daten erfolgt über die nationale Europol-Einheit bei fedpol. Basierend auf den Artikeln 8 und 9 des Abkommens vom 24. September 200421 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Europäischen Polizeiamt kann die Schweiz Europol um Informationen aus dem Europol-Informationssystem ersuchen. Die Schweiz strebt aber einen direkten Zugriff auf Europol-Daten an. Wie genau die Zentralkomponenten auf die Europol-Daten zugreifen werden, ist derzeit noch Gegenstand von Abklärungen. Auf die Interpol-Datenbanken dagegen hat die Schweiz als Mitgliedstaat einen Zugriff. Der Zugriff der Zentralkomponenten auf Interpol-Daten ist jedoch ebenfalls noch Gegenstand von Abklärungen.

Alle diese Systeme sollen zur Vermeidung und Aufdeckung von irregulärer Migration beitragen und die Bekämpfung des Terrorismus sowie die Verhinderung von schweren Straftaten unterstützen.

Mit den Verordnungen (EU) 2021/1150, 2021/115122 und 2021/1152 wird das ETIAS erneut angepasst. Diese Verordnungen enthalten Folgeänderungen, die aufgrund der Verabschiedung der oben erwähnten EU-Verordnungen notwendig geworden sind, damit ETIAS mit den anderen Systemen ab Inbetriebnahme interoperabel sein kann.

19 20

21 22

BBl 2021 674 Verordnung (EU) 2018/1241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2018 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 für die Zwecke der Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS); Fassung gemäss ABl. L 236, 19.9.2018, S. 72.

SR 0.362.2 Verordnung (EU) 2021/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EU) 2019/816 und (EU) 2019/818 hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems, ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 7.

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Die Verordnung (EU) 2021/1151 betrifft das ECRIS-TCN und ist nicht Schengenrelevant. Daher wird auf diese EU-Verordnung nachfolgend inhaltlich nicht mehr eingegangen.

Für einen abschliessenden Überblick und für ein besseres Verständnis der darauffolgenden Erläuterungen werden in den folgenden zwei Ziffern das ETIAS und die Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen und dessen Komponenten kurz erläutert.

1.2

Europäisches Reiseinformationsund -genehmigungssystem ETIAS

Mit der Verordnung (EU) 2018/124023 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) (nachfolgend: ETIAS-V) wird im Schengen-Raum ein Reisegenehmigungssystem errichtet (ähnlich wie das ESTA24 der USA). Visumbefreite Drittstaatsangehörige werden ­ mit wenigen Ausnahmen ­ verpflichtet, vor Antritt ihrer Reise in den Schengen-Raum online eine Reisegenehmigung zu beantragen. Diese Reisegenehmigung kostet sieben Euro und ist drei Jahre gültig.

Vor Reiseantritt werden die von den Reisenden anzugebenden Daten auf bestimmte Risiken (Gefährdung der Sicherheit, illegale Einwanderung, Gefahr für die öffentliche Gesundheit) hin überprüft. Dies geschieht durch Abfrage der bestehenden Schengen/Dublin-Informationssysteme SIS, EES und VIS, der Fingerabdruckdatenbank Eurodac, der Interpol-Datenbanken SLTD und TDAWN, der ETIAS-Überwachungsliste sowie der ETIAS-Risikoindikatoren.

Falls diese automatisierte Prüfung zu keinem Treffer führt, wird die ETIASReisegenehmigung automatisch durch das ETIAS-Zentralsystem erteilt. Führt die automatisierte Prüfung jedoch zu einem Treffer in einem der konsultierten Systeme und bestätigt die ETIAS-Zentralstelle diesen Treffer, oder bestehen weiterhin Zweifel an der Identität der Person, so leitet die ETIAS-Zentralstelle das Gesuch an die nationale ETIAS-Stelle (nachfolgend: NES) des zuständigen Schengen-Staates weiter. Diese bearbeitet das betreffende Gesuch und entscheidet endgültig über die Erteilung oder Verweigerung einer ETIAS-Reisegenehmigung, gegebenenfalls nach Konsultation anderer NES, der Konsultation nationaler Behörden und von Europol. Analog zum Visumverfahren haben die NES unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, aus humanitären Gründen, aus Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit zu erteilen.

23

24

Verordnung (EU) 2018/1240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2018 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformationsund -genehmigungssystems (ETIAS) und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1077/2011, (EU) Nr. 515/2014, (EU) 2016/399, (EU) 2016/1624 und (EU) 2017/2226, Fassung gemäss ABI. L 236 vom 19.9.2018, S. 1.

Electronic System for Travel Authorization.

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Die ETIAS-Reisegenehmigung garantiert keinen Anspruch auf Einreise. Sie stellt neben den bereits bestehenden Einreisebedingungen des Schengener Grenzkodex (gültiges Reisedokument, ausreichende Mittel usw.) eine neue Bedingung für die Einreise von visumbefreiten Drittstaatsangehörigen in den Schengen-Raum dar. Daher haben auch Beförderungsunternehmer bei Reiseantritt neu zu prüfen, ob ihre Passagiere dieser Personenkategorie im Besitz einer gültigen ETIAS-Reisegenehmigung sind.

Dank dieser Vorprüfung soll das ETIAS die Wirksamkeit der Grenzkontrolle erhöhen und Informations- bzw. Sicherheitslücken schliessen (Art. 1 i. V. m. Art. 4 ETIAS-V).

Die Rechtsgrundlagen für die Errichtung des ETIAS sind in der ETIAS-V enthalten.

Diese EU-Verordnung wurde der Schweiz am 7. September 2018 als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands notifiziert. Der Bundesrat hat die Übernahme der Verordnung am 10. Oktober 2018 unter Vorbehalt der parlamentarischen Genehmigung gutgeheissen. Die Botschaft zur Übernahme und Umsetzung der ETIAS-V verabschiedete der Bundesrat am 6. März 2020.25 Die Bundesversammlung hat dem Bundesbeschluss zur Genehmigung und Umsetzung des ETIAS am 25. September 2020 zugestimmt.26 Die Referendumsfrist ist am 14. Januar 2021 ungenutzt verstrichen. Mit der Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen (Ratifikation) ist der Notenaustausch zur Übernahme der ETIAS-Verordnung am 15. Januar 2021 für die Schweiz in Kraft getreten.

Anwendbar wird er allerdings erst auf den Zeitpunkt, den die Europäische Kommission für die Inbetriebnahme des Systems festlegen wird.

1.3

Interoperabilität

Die Interoperabilität soll die Sicherheit in der Schweiz und im Schengen-Raum verbessern, effizientere Kontrollen an den Aussengrenzen ermöglichen und einen Beitrag zur Migrationssteuerung leisten. Die bestehenden EU-Informationssysteme der Schengen-/Dublin-Zusammenarbeit sollen mit der Interoperabilität künftig so vernetzt werden, dass Identitätsdaten, Daten zu den Reisedokumenten und biometrische Daten (Fingerabdrücke und Gesichtsbilder) von Drittstaatsangehörigen automatisiert abgeglichen werden können. So können die vorhandenen Informationen einfacher und schneller abgefragt werden. Damit wird die Sicherheit im Schengen-Raum verstärkt.

Die folgenden vier neuen Zentralsystemkomponenten bilden das Herzstück der Interoperabilität:

25 26

­

das Europäische Suchportal (ESP), das den zuständigen Behörden gleichzeitige Abfragen in mehreren Informationssystemen ermöglichen wird;

­

der gemeinsame Dienst für den Abgleich biometrischer Daten (sBMS), der den Abgleich biometrischer Daten (Fingerabdrücke und Gesichtsbilder) aus mehreren Systemen möglich machen wird;

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der gemeinsame Speicher für Identitätsdaten (CIR), der Identitätsdaten, Daten zu den Reisedokumenten und biometrische Daten von Drittstaatsangehörigen aus mehreren EU-Informationssystemen enthalten wird;

­

der Detektor für Mehrfachidentitäten (MID), mit dem Verknüpfungen zwischen Daten aus den angeschlossenen Systemen aufgezeigt werden (sogenannte MID-Verknüpfungen) und die Nutzung falscher oder mehrerer Identitäten aufgedeckt wird.

Die vier Zentralsystemkomponenten, insbesondere der MID, ermöglichen den Informationsaustausch und damit eine schnelle und korrekte Identifizierung von Personen sowie die Aufdeckung von Mehrfachidentitäten und Identitätsbetrug.

Die Rechtsgrundlagen zur Herstellung der Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen in den Bereichen Grenze, Migration und Polizei sind in den Verordnungen «IOP Grenze» und «IOP Polizei» enthalten. Diese EU-Verordnungen wurden der Schweiz am 21. Mai 2019 als Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands notifiziert. Der Bundesrat hat die Notenaustausche zur Übernahme der EUVerordnungen am 14. Juni 2019 unter Vorbehalt der parlamentarischen Genehmigung gutgeheissen. Die Botschaft zur Übernahme und Umsetzung der Interoperabilität verabschiedete der Bundesrat am 2. September 2020.27 Die Bundesversammlung hat dem Bundesbeschluss zur Genehmigung und Umsetzung der Interoperabilitätsvorlage am 19. März 2021 zugestimmt. Die Referendumsfrist ist am 8. Juli 2021 ungenutzt verstrichen. Anwendbar wird er allerdings erst auf den Zeitpunkt, den die Europäische Kommission für die Inbetriebnahme der Zentralsystemkomponenten festlegen wird. Derzeit ist vorgesehen, einzelne Zentralsystemkomponenten zeitlich gestaffelt in Betrieb zu nehmen. Die vollständige Umsetzung ist nicht vor 2023 geplant.

2

Ausgangslage

2.1

Handlungsbedarf und Ziele

Gleichzeitig mit der Erarbeitung der Rechtsgrundlagen zu ETIAS hat die EU parallel weitere Rechtsgrundlagen für andere Schengen/Dublin-Informationssysteme wie EES oder SIS sowie zur Interoperabilität dieser Systeme erarbeitet (siehe dazu Ziff. 1). Die Neufassung der Eurodac-Verordnung wurde ebenfalls diskutiert, sie wurde aber bis heute noch nicht angenommen.28 Die VIS-Änderungsverordnungen wurden am 7. Juli 2021 durch die EU verabschiedet.

ETIAS muss mit allen diesen Schengen-/Dublin-Informationssystemen interoperabel sein. Deshalb sieht die ETIAS-V vor, dass in neuen EU-Verordnungen die technischen Änderungen festzulegen sind, die für die Herstellung der Interoperabilität mit 27 28

BBl 2020 7983 In der ETIAS-Verordnung wurden die im ETIAS-Vorschlag der Kommission enthaltenen Verweise auf Eurodac beibehalten. Zugleich wurde in Artikel 96 der ETIAS-Verordnung (EU) 2018/1240 festgelegt, dass die Bestimmungen über die Abfrage von Eurodac erst ab dem Tag der Anwendbarkeit der Neufassung der Eurodac-Verordnung gelten.

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ETIAS in den Rechtsakten der Schengen-/Dublin-Informationssysteme geändert werden müssen. Zudem sollen die entsprechenden Bestimmungen auch in die ETIASVerordnung aufgenommen werden (Art. 11).

Die Verordnungen (EU) 2021/1150 (nachfolgend: ETIAS-Änderungsverordnung «Polizei») und (EU) 2021/1152 (nachfolgend: ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze») enthalten die Folgeänderungen, die sich aus der Verabschiedung der neuen SIS-Verordnungen und den Interoperabilitätsverordnungen ergeben. Durch die Änderung soll ETIAS ab seiner Inbetriebnahme mit den anderen EU-Systemen (Ein- und Ausreisesystem EES, SIS und Visainformationssystem VIS) interoperabel sein. Zudem wird die Zusammenarbeit zwischen EES und ETIAS in technischer Hinsicht festgelegt.

­

Aufgrund des unterschiedlichen Beteiligungsgrads der Staaten an der Schengener Zusammenarbeit hat die EU drei separate Rechtsakte erlassen, wobei folgende zwei Schengen-relevant sind: Die ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze» betrifft die Festlegung der Bedingungen für den Zugang des Zentralsystems und der nationalen ETIAS-Stellen zu anderen EU-Informationssystemen für ETIAS-Zwecke und die entsprechenden Änderungen der VIS-V, der EES-V und der ETIAS-V sowie der Verordnung SIS «Grenze» und der Verordnung (IOP «Grenze»).

­

Die ETIAS-Änderungsverordnung «Polizei» betrifft die Änderungen der Verordnungen SIS «Polizei» und IOP «Polizei».

Die Interoperabilität des ETIAS mit den anderen EU-Informationssystemen spielt eine wichtige Rolle bei der Schliessung bestehender Sicherheitslücken. Der erleichterte Datenaustausch zwischen den verschiedenen Informationssystemen soll aber auch schnellere und wirksamere Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen ermöglichen und einen Beitrag zur Bekämpfung der irregulären Migration leisten.

Die zwei ETIAS-Änderungsverordnungen wurden der Schweiz am 29. Juni 2021 als Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands notifiziert. Der Bundesrat hat die Notenaustausche zur Übernahme der beiden ETIAS-Änderungsverordnungen am 11. August 2021 unter Vorbehalt der parlamentarischen Genehmigung gutgeheissen.

Die entsprechende Antwortnote wurde der EU am gleichen Tag übermittelt.

Ziel dieser Vorlage ist es, die Schengen-Weiterentwicklungen fristgerecht zu übernehmen und die notwendigen rechtlichen Grundlagen für deren Umsetzung zu schaffen.

2.2

Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis

Gestützt auf Artikel 4 des SAA29 mit der EU ist die Schweiz im Rahmen ihres Mitspracherechts berechtigt, im Schengen-Bereich in den zuständigen Arbeitsgruppen 29

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands; SR 0.362.31.

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des Rates der EU mitzuwirken. Sie kann insbesondere Stellung nehmen und Anregungen einbringen. Über ein Stimmrecht verfügt die Schweiz jedoch nicht (vgl. Art. 7 Abs. 1 SAA).

Am 7. Januar 2019 stellte die Europäische Kommission den Verordnungsvorschlag zu den Folgeänderungen der ETIAS-Verordnung vor.

Aufgrund des unterschiedlichen Beteiligungsgrads der Staaten an der Schengener Zusammenarbeit in der EU wurde der Vorschlag auf drei separate Rechtsakte aufgeteilt.

Einer davon betrifft das ECRIS-TCN, das keine Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands darstellt und daher für die Schweiz nicht relevant ist Die Diskussionen im Rat der EU dauerten vom 9. Januar bis am 22. Mai 2019 und die Verhandlungen mit dem europäischen Parlament (Trilog) vom 13. Januar bis am 16. März 2021.

Im Rahmen der Verhandlungen konnten die Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz technische Fragen klären und ihre Lösungsvorschläge einbringen.

Besonders intensive Diskussionen fanden im Trilog zu den folgenden Themen statt: ­

Umfang der SIS-Zugriffe der NES für die manuelle Antragsprüfung;

­

Auswirkungen der Neuerungen von SIS-Rückkehr und Rolle der SIRENEBüros;

­

Interoperabilität mit dem ECRIS-TCN;

­

Rolle des ESP für die Interoperabilität zwischen den Systemen;

­

Interoperabilität zwischen EES und ETIAS: Welche ETIAS-Daten werden in EES gespeichert.

Der erzielte Kompromiss wurde vom Plenum des Europäischen Parlaments am 8. Juni 2021 und vom Ministerrat am 28. Juni 2021 gebilligt. Die formelle Verabschiedung der EU-Verordnungen folgte am 7. Juli 2021 mittels Unterzeichnung des Rechtsakts durch die Präsidenten des Europäischen Parlaments und des Rates der EU. Die Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands wurden der Schweiz jedoch bereits im Vorfeld am 29. Juni 2021 notifiziert.

2.3

Verfahren zur Übernahme der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands

Gestützt auf Artikel 2 Absatz 3 SAA hat sich die Schweiz grundsätzlich verpflichtet, alle Rechtsakte, welche die EU seit der Unterzeichnung des SAA am 26. Oktober 2004 als Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands erlassen hat, zu übernehmen und, soweit erforderlich, in das Schweizer Recht umzusetzen.

Artikel 7 SAA sieht ein spezielles Verfahren für die Übernahme und Umsetzung von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands vor. Zunächst notifiziert die EU der Schweiz «unverzüglich» die Annahme eines Rechtsakts, der eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellt. Danach verfügt der Bundesrat über eine Frist von dreissig Tagen, um dem zuständigen Organ der EU (Rat der EU oder EUKommission) mitzuteilen, ob und gegebenenfalls innert welcher Frist die Schweiz die

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Weiterentwicklung übernimmt. Die dreissigtägige Frist beginnt mit der Annahme des Rechtsakts durch die EU zu laufen (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA).

Soweit die zu übernehmende Weiterentwicklung rechtlich verbindlicher Natur ist, bilden die Notifizierung durch die EU und die Antwortnote der Schweiz einen Notenaustausch, der aus Sicht der Schweiz einen völkerrechtlichen Vertrag darstellt. Im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben muss dieser Vertrag entweder vom Bundesrat oder vom Parlament und, im Fall eines Referendums, vom Volk genehmigt werden.

Die zur Übernahme anstehenden zwei ETIAS-Änderungsverordnungen sind rechtsverbindlich. Die Übernahme hat daher mittels Abschluss eines Notenaustauschs zu erfolgen.

Vorliegend ist die Bundesversammlung für die Genehmigung der Notenaustausche zuständig (vgl. Ziff. 10.1). Entsprechend hat die Schweiz der EU am 11. August 2021 in ihren Antwortnoten mitgeteilt, dass die betreffenden Weiterentwicklungen für sie erst «nach Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Voraussetzungen» rechtsverbindlich werden können (Art. 7 Abs. 2 Bst. b SAA). Ab der Notifizierung der Rechtsakte durch die EU verfügt die Schweiz für die Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen über eine Frist von maximal zwei Jahren. Innerhalb dieser Frist muss auch eine allfällige Referendumsabstimmung stattfinden.

Mit den ETIAS-Änderungsverordnungen werden auch acht EU-Verordnungen angepasst, die Schengen-relevant sind: ­

ETIAS-V;

­

VIS-V;

­

EES-V;

­

Verordnung «SIS Rückkehr»;

­

Verordnung «SIS Grenze»;

­

Verordnung «IOP Grenze»;

­

Verordnung «SIS Polizei»; und

­

Verordnung «IOP Polizei».

Es handelt sich dabei um EU-Verordnungen, welche die Schweiz bereits als Weiterentwicklungen übernommen hat bzw. bei denen derzeit das Übernahmeverfahren läuft. Im Rahmen der Übernahme der ETIAS-Änderungsverordnung muss die Schweiz daher auch Änderungen in den entsprechenden nationalen Rechtsgrundlagen anpassen.

Sobald das innerstaatliche Verfahren abgeschlossen ist und alle verfassungsrechtlichen Voraussetzungen im Hinblick auf die Übernahme und Umsetzung der EUVerordnungen erfüllt sind, unterrichtet die Schweiz den Rat der EU und die Europäische Kommission unverzüglich in schriftlicher Form hierüber. Wird kein Referendum gegen die Übernahme und Umsetzung der EU-Verordnungen ergriffen, erfolgt diese Mitteilung, die der Ratifizierung der Notenaustausche gleichkommt, unverzüglich nach Ablauf der Referendumsfrist.

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Setzt die Schweiz eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands nicht fristgerecht um, so riskiert sie die Beendigung der Zusammenarbeit von Schengen insgesamt, und damit auch von Dublin (Art. 7 Abs. 4 SAA i. V. m. Art. 14 Abs. 2 DAA30).

Auch wenn die ETIAS-Änderungsverordnungen der Schweiz im vorliegenden Fall bereits am 29. Juni 2021 und damit vor der formellen Verabschiedung am 7. Juli 2021 der Schweiz notifiziert wurden, rechtfertigt es sich, den Fristenlauf (trotz der verfrühten Notifikation) erst ab dem 7. Juli 2021 laufen zu lassen, wodurch die Zweijahresfrist für die Übernahme und Umsetzung der ETIAS-Änderungsverordnungen am 7.

Juli 2023 endet. Gemäss der aktuellen EU-Planung ist die Inbetriebnahme des ETIAS im Schengen-Raum jedoch für Mai 2023 vorgesehen.

2.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 29. Januar 202031 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 angekündigt.

Diese ist auch Ziel der aussenpolitischen Strategie des Bundesrates 2020­202332: Die Schweiz steuert die Migration und nutzt deren wirtschaftliches und soziales Potenzial; die Schweiz will Gewalt, Kriminalität und Terrorismus vorbeugen und wirksam bekämpfen. Letzteres Ziel wird insbesondere durch die Interoperabilität des ETIAS mit den anderen EU-Informationssystemen erfüllt. Die Interoperabilität ermöglicht eine effizientere Nutzung des ETIAS.

Die Übernahme und Umsetzung der beiden ETIAS-Änderungsverordnungen stehen mit keiner Strategie des Bundesrats in Konflikt. Sie sind angezeigt, um den Verpflichtungen der Schweiz aus dem SAA nachzukommen.

3

Vernehmlassungsverfahren

3.1

Übersicht

Gestützt auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 2005 (VlG)33 wurde vom 11. August bis zum 18. Oktober 2021 eine Vernehmlassung durchgeführt.

Zur Vorlage sind 45 Eingaben eingegangen: 24 Kantone, drei politische Parteien (FDP.Die Liberalen, SP und SVP), der Schweizerische Städteverband (SVV), das 30

31 32

33

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags; SR 0.142.392.68.

Botschaft vom 29. Januar 2020 zur Legislaturplanung 2019­2023, BBl 2020 1777.

www.eda.admin.ch/dam/eda/de/documents/publications/SchweizerischeAussenpolitik/ Aussenpolitische-Strategie-2020-23_DE.pdf; www.eda.admin.ch > Aussenpolitik > Strategien und Grundlagen > Aussenpolitische Strategie 2020­2023.

SR 172.061

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Bundesgericht (BGer) und das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) sowie 15 weitere interessierte Kreise. Davon haben drei Kantone (GR, OW und SZ), das BGer sowie sechs interessierte Kreise ausdrücklich auf eine Stellungnahme verzichtet (Flughafen Zürich, Konferenz der kantonalen, kommunalen und regionalen Integrationsdelegierten, Schweizerischer Arbeitgeberverband, Schweizerische Kriminalistische Gesellschaft, SVV und Verband Schweizerischer Arbeitsmarktbehörden).

Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer begrüssen die Vorlage: alle Kantone, die sich zur Vernehmlassung geäussert haben (21), die FDP.Die Liberalen, die SP, die SVP, die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD), die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS), die Vereinigung der Kantonalen Migrationsbehörden (VKM), das BVGer, das Centre Patronal, der Flughafen Genf, die SBB und die young european swiss (yes).

Begrüsst wird insbesondere eine effiziente Nutzung vorhandener Informationen.

Dadurch werde die Interoperabilität zwischen ETIAS und den übrigen EU-Informationssystemen erhöht, der Datenaustausch erleichtert, Sicherheitslücken geschlossen und so die Sicherheit im Schengen-Raum sowie die Migrationssteuerung verbessert (BE, SH, SO, KKJPD, KKPKS und VKM). Eine erhöhte Sicherheit im SchengenRaum komme auch der Schweizer Bevölkerung zugute (FDP.Die Liberalen). Zudem könnten effizientere, schnellere und wirksamere Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen durchgeführt (Flughafen Genf und Centre Patronal) und die irreguläre Migration bekämpft werden (BL, NW, SH, SO, TI und VS).

Aus Sicht der SP führe die Vorlage zu einer sinnvollen Effizienzsteigerung. Die SVP unterstützt die Vorlage, hält jedoch an ihrer generellen Kritik am Schengen-System fest.

Das BVGer begrüsst insbesondere sämtliche vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen, die zu einer beschleunigten Behandlung dieser Verfahren führen. Das BVGer erachtet Artikel 108dbis Absatz 5 AIG, wonach über offensichtlich begründete oder unbegründete Beschwerden die Einzelrichterin oder der Einzelrichter entscheiden könne, als wichtig. Diese Verkleinerung des Spruchkörpers werde helfen, den Ressourcenbedarf abzufedern.

Die yes erachtet die vollständige und reibungslose Teilnahme der Schweiz am Schengen-Raum als oberste Priorität. Daher
sei es wichtig, die Schengen-Weiterentwicklungen rasch zu übernehmen, um die pünktliche Einführung von ETIAS nicht zu gefährden.

Auch die SBB unterstützt die Vorlage. Sie beantragt jedoch, der Transportpolizei (TPO) Zugang zum EES, zum ORBIS, zum N-SIS und zum Polizeiindex zu erteilen.

Von den weiteren interessierten Kreisen lehnen AsyLex, die Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS) und die Solidarité sans frontières (SOSF) die Vorlage wegen Datenschutzbedenken ab.

AsyLex befürchtet eine implizierte Kriminalisierung von Geflüchteten. Sie begrüsst lediglich die Schaffung einer Beschwerdeplattform beim Bundesverwaltungsgericht ­ auch wenn sich die Frage stelle, ob es nicht zielführender und effizienter wäre, ein solches System für sämtliche Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht einzuführen

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(zumindest jene mit dem Staatssekretariat für Migration als Vorinstanz). Ferner kritisiert AsyLex die Verkürzung der gesetzlich vorgesehenen Vernehmlassungsfrist um einen Monat.

Die Ergebnisse der Vernehmlassung können dem Ergebnisbericht34 entnommen werden.

Die Vernehmlassungsteilnehmer haben unter anderem die nachfolgend aufgeführten Punkte thematisiert.

3.2

Detaillierte Vorbringen

3.2.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Gewisse Vernehmlassungsteilnehmer begrüssen, dass die Vorlage voraussichtlich keine finanziellen und personellen Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden haben werde (FR, GL und JU).

GE hat diesbezüglich jedoch Bedenken. Es stelle sich die Frage, inwieweit die Neuorganisation der Eidgenössische Zollverwaltung (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit seit dem 1. Januar 2022; BAZG) Einfluss auf die kantonale Polizei und die Aussengrenzkontrollen haben werde. Auch die VKM schliesst zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus, dass die vorgeschlagenen Änderungen nicht doch zu einem erhöhten Personalaufwand bei den kantonalen Migrationsbehörden führen werden.

Der Flughafen Genf rechnet ebenfalls mit Mehrkosten. Es sei daher von grosser Wichtigkeit, dass sich die Schweiz ebenfalls am Fonds für integriertes Grenzmanagement (Border Management and Visa Instrument [BMVI]-Fonds) als Nachfolger des Fonds für die innere Sicherheit im Bereich Aussengrenzen und Visa (ISF-Grenze) beteilige.

Gemäss SVP werde die Aussage, wonach die Einführung eines nationalen ETIASSystems (nachfolgend: N-ETIAS) keine zusätzlichen Kosten verursachen werde, weiterverfolgt. Das Gleiche gelte für das Ausbleiben finanzieller und personeller Konsequenzen für die Kantone und Gemeinden.

Haltung des Bundesrates Die Kosten, die in Zusammenhang mit ETIAS entstehen, wurden bereits in der Botschaft zur Übernahme und Umsetzung der ETIAS-Verordnung vom 6. März 202035 und in der Botschaft vom 4. September 2019 zum Verpflichtungskredit IV zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands36 detailliert ausgeführt (siehe dazu ausführlich Ziff. 9.1). Weitere Aufgaben für die Kantone werden mit den vorliegenden Schengen-Weiterentwicklungen nicht geschaffen. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass zusätzliche Kosten bei den Kantonen anfallen werden.

34 35 36

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2021 > EJPD.

BBl 2020 2885 Botschaft vom 4. September 2019 zu einem Verpflichtungskredit zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands, BBl 2019 6189.

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Für die Mitarbeitenden des BAZG, die mit Grenzkontrollaufgaben betraut sind, wird die Inbetriebnahme von ETIAS grundsätzlich keine erhebliche Mehrarbeit verursachen. Die Abfrage von ETIAS wird automatisch bei der Vorlage und dem Scannen des Passes erfolgen. Daher rechnet das BAZG nicht mit organisatorischen Auswirkungen von ETIAS auf ihre Zusammenarbeit mit der Genfer Kantonspolizei am Flughafen Genf.

Der Bundesrat hat am 11. August 2021 die Übernahme der Verordnung (EU) 2021/114837 zur Schaffung eines Instruments für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (BMVI-Fonds) unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Parlaments gutgeheissen. Die Vernehmlassung zu dieser Vorlage lief bis am 18. November 2021. Derzeit wird die Botschaft dazu ausgearbeitet.

3.2.2

Datenschutz, neue Zugriffsrechte und Schaffung eines N-ETIAS

Aufgrund von Datenschutzbedenken lehnen AsyLex, die SOSF und die DJS die Ausweitung der Zugangsrechte der NES auf nationale und internationale Informationssysteme sowie die geplanten Verbesserungen der Interoperabilität der Informationssysteme mit gespeicherten Personaldaten entschieden ab.

Gemäss AsyLex habe sich der europäische Datenschutzbeauftragte (nachfolgend: EDSB) äusserst kritisch gegenüber der Vorlage geäussert. Zudem lehnt AsyLex den (zumindest teilweisen) Zugang privater Unternehmen zu derart sensiblen Daten ab.

SH befürwortet hingegen die neuen Zugriffsrechte und die Schaffung eines N-ETIAS.

TG weist darauf hin, dass bei einem Treffer die Konsultation durch die NES auch die ausschreibende Behörde mitumfassen müsse; ansonsten bestünde die Gefahr, dass unter Umständen einer Person, deren Anwesenheit in einem Verfahren wichtig wäre, aufgrund der Ausschreibung die Einreise verweigert werde.

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat teilt die Auffassung der Vernehmlassungsteilnehmer: Je komplexer die europäischen Informationssysteme werden, umso wichtiger sind der Datenschutz und dessen Einhaltung.

Die neuen Zugriffsrechte der NES auf die europäischen und nationalen Informationssysteme sind notwendig, um die ermittelten Treffer in Bezug auf mögliche Sicherheitsrisiken oder das Risiko der illegalen Migration bewerten zu können. Ohne diese Zugriffe ist eine solche Beurteilung nicht möglich. Zudem bestünde die Gefahr, dass man einer Person die Anreise an die Schengen-Aussengrenze bzw. die Einreise in den Schengen-Raum gewährt, obwohl sie beispielsweise in einer nationalen Datenbank verzeichnet ist und ein Risiko für die öffentliche Sicherheit darstellt.

37

Verordnung (EU) 2021/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Schaffung eines Instruments für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik im Rahmen des Fonds für integrierte Grenzverwaltung; ABl. L 251 vom 15.7.2021, S. 48.

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Diese Zugriffe sind jedoch lediglich in schreibgeschützter Form und nur im Rahmen der Erfüllung der Aufgaben als NES möglich. Die Zugriffsberechtigungen werden mit einem Rollenmodell mit hinterlegten Berechtigungen sichergestellt. Sämtliche Aktivitäten der Behörden werden protokolliert. Kontrollen sind gemäss ETIAS-V ebenfalls vorgesehen. Die Aufsichtsfunktion nimmt in der Schweiz der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) wahr.

Die im ETIAS erfassten Daten der gesuchstellenden Personen werden lediglich während der Gültigkeitsdauer der ETIAS-Reisegenehmigung gespeichert. Das sogenannte «Log-File» wird ein Jahr länger gespeichert. Die ETIAS-Gesuchstellerinnen und -Gesuchsteller können auf eigenen Wunsch die Speicherdauer um maximal drei Jahre verlängern. Die maximale Speicherdauer ab dem Datum der letzten Entscheidung über die Verweigerung, Annullierung oder Aufhebung der ETIAS-Reisegenehmigung (Art. 37, 40 und 41 ETIAS-V) beträgt fünf Jahre. Werden die einer solchen Entscheidung zugrunde liegenden Daten, die in einem Dossier, einem Datensatz oder einer Ausschreibung in einem der EU-Informationssysteme, in den Europol-Daten, in den Interpol-, SLTD- oder TDAWN-Datenbanken, in der ETIAS-Überwachungsliste oder in den ETIAS-Überprüfungsregeln erfasst sind, vor Ende dieser Fünfjahresfrist gelöscht, so wird der Gesuchsdatensatz binnen sieben Tagen ab dem Tag der Löschung der Daten dieses Dossiers, dieses Datensatzes oder dieser Ausschreibung gelöscht.

Wie weiter unten unter Ziffer 10.5 aufgeführt, wurde der EDSB gemäss Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/172538 konsultiert. Seine Stellungnahme vom 13. März 2019 zu ETIAS39 betraf in erster Linie den Bezug zwischen ETIAS und ECRIS-TCN, das für die Schweiz nicht bindend ist. Sie betraf nicht die Zugriffe der NES.

Dem Anliegen des Kantons TG wird gefolgt. Technisch ist vorgesehen, dass auch die ausschreibende Behörde konsultiert wird. Diese Konsultation erfolgt jedoch im Polizeibereich nicht direkt durch die NES, sondern durch den Single Point of Contact (SPOC) bei fedpol. Es wird Aufgabe des SPOC sein, die Konsultationsantwort an die NES mit der ausschreibenden Behörde zu konsolidieren.

3.2.3

Ausweitung des Anwendungsbereichs von ETIAS

AsyLex steht der Ausweitung des Anwendungsbereichs auf weitere Drittstaatsangehörige kritisch gegenüber, da dies zu einer unverhältnismässigen Datenweiterverarbeitung führe und der Zusatznutzen nicht ersichtlich sei.

38

39

Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG; Fassung gemäss ABl. L 295, 21.11.2018, S. 39.

Förmliche Kommentare des EDSB zu zwei Vorschlägen zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für ETIAS-Zwecke; abrufbar in drei Sprachen unter: https://edps.europa.eu/data-protection/our-work/publications/ comments/formal-comments-edps-conditions-accessing-other-eu_en.

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SH hingegen befürwortet explizit die Ausweitung des Anwendungsbereichs von ETIAS.

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat erachtet die Ausweitung des Anwendungsbereichs von ETIAS als sinnvoll und rechtlich notwendig. Er teilt damit die Haltung des Kantons SH. Einerseits wird damit sichergestellt, dass bei allen Drittstaatsangehörigen unabhängig von der Aufenthaltsdauer eine vertiefte Kontrolle vor der Einreise in den Schengen-Raum stattfindet. Andererseits würden Drittstaatsangehörige, die von der Visumpflicht für einen längerfristigen Aufenthalt in einem Schengen-Staat befreit sind, ohne diese Ausweitung bei der Einstiegskontrolle in ein Flugzeug durch das Beförderungsunternehmen abgewiesen, da sie über kein ETIAS verfügen. Betroffen davon wären beispielsweise Staatsangehörige von Neuseeland, Japan, Singapur oder des Vereinigten Königreichs.

3.2.4

Beschwerdeplattform des BVGer

SH befürwortet die Schaffung einer Plattform für das ETIAS-Beschwerdeverfahren.

AsyLex begrüsst im Hinblick auf das Ziel von «Access to Justice» zwar die Schaffung einer Beschwerdeplattform beim Bundesverwaltungsgericht. Es stelle sich jedoch die Frage, ob es nicht zielführender und effizienter wäre, ein solch fortschrittliches System für sämtliche Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht einzuführen (zumindest jene mit dem Staatssekretariat für Migration als Vorinstanz). Andernfalls seien die Kosten für die vereinzelten «ETIAS-Verfahren» wohl als unverhältnismässig hoch zu beurteilen.

Haltung des Bundesrates Zwar ist vorgesehen, dass sich das BVGer am Projekt «Justitia 4.0»40 beteiligt, dieses soll jedoch erst gegen 2025/2026 realisiert werden. ETIAS soll bereits im Mai 2023 in Betrieb gehen, und ab 2024 ist mit Beschwerden zu rechnen. Deshalb muss bis zur Inbetriebnahme der gesamtschweizerischen Lösung für die Zwischenzeit eine technische Lösung für eine einfache und effiziente Kommunikation zwischen dem Bundesverwaltungsgericht, der beschwerdeführenden Partei und der Vorinstanz im Rahmen des ETIAS-Beschwerdeverfahrens gefunden werden. Daher wird das Bundesverwaltungsgericht für diese Beschwerdeverfahren eine eigene Übermittlungsplattform errichten. Eine Ausweitung dieser Plattform ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen.

40

Projekt zur elektronischen Aktenführung (eJustizakte) und zum elektronischen Rechtsverkehr in allen Verfahrensabschnitten des Zivil,- Straf- und Verwaltungsgerichtsverfahrens.

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3.2.5

Zugriff der TPO auf nationale und EU-Informationssysteme

Die SBB beantragt, der TPO Zugang zu den folgenden Informationssystemen zu gewähren: ­

EES: Die TPO trage bei der Verfolgung von Verstössen gegen Strafbestimmungen des Bundes zur Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei.

­

ORBIS: Im Zusammenhang mit Personenkontrollen könnte die TPO dazu beitragen festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Einreise nicht oder nicht mehr erfüllt sind.

­

N-SIS: Die TPO erfülle auch Aufgaben, die in den Anwendungsbereich des N-SIS fallen (Verhaftung von Personen, Überprüfung von Einreiseverboten, Anhaltung und Gewahrsamnahme von Personen im Interesse ihres eigenen Schutzes sowie zur Gefahrenabwehr). Daher sei ein Zugriff auf N-SIS notwendig.

­

Zugriff auf den Polizeiindex: Da die TPO gestützt auf Artikel 15 Absatz 4 Buchstabe k BPI Zugriff auf RIPOL erhalte, sei der Zugriff auf den Polizeiindex (Art. 17 Abs. 4 BPI) folgerichtig.

Haltung des Bundesrates Es ist zwar richtig, dass die TPO im Rahmen des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus vom 25. September 202041 (nachfolgend: PMT) einen Online-Zugriff auf RIPOL erhalten wird. Jedoch erachtet der Bundesrat weitere Zugriffe der TPO auf polizeiliche und migrationsrechtliche Informationssysteme aus den folgenden Überlegungen als eher kritisch.

Die TPO verfügt gemäss dem Bundesgesetz vom 18. Juni 201042 über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr (BGST) über beschränkte, ihrem Auftrag angepasste Befugnisse (etwa Vornahme von Ausweiskontrollen, aber auch Beschlagnahme von Gegenständen). Sie führt keine Personenkontrollen im Sinne des Ausländerrechts durch. Diese gesetzlich festgelegten Befugnisse sind restriktiv auszulegen. Die Aufgaben der TPO beschränken sich deshalb auf die Durchsetzung von Hausrecht und Transportvertrag. Sie finden dort ihre Grenzen, wo die kantonale Polizeihoheit beginnt. Die EU-Verordnungen sehen keinen Zugriff für die Aufgaben der TPO vor.

Die TPO kann nicht mit einer Polizeibehörde gleichgestellt werden. Von der Polizei unterscheidet sich die TPO dadurch, dass sie eine private Organisation mit hoheitlichen Aufgaben ist. Die KKPKS hat aus diesem Grund auch die Aufnahme der TPO in ihre Organisation abgelehnt.

Der Zugriff auf das ETIAS wie auch auf das EES ist ausschliesslich den Grenzkontroll-, Migrations- und Strafverfolgungsbehörden vorbehalten. Die TPO nimmt keine

41 42

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entsprechenden gesetzlichen Aufgaben in eigener Kompetenz wahr. Sie ist ausschliesslich für den Schutz der Infrastruktur und der zu befördernden Personen und Güter zuständig. («Die Transportpolizei sorgt für Sicherheit in Bahnhöfen und in öffentlichen Transportmitteln.») Die Schaffung entsprechender Kompetenzen würde zu Doppelspurigkeiten in der Zuständigkeit und zu einer Übertragung von hoheitlichen Aufgaben an nicht staatliche Organe führen. Dies lehnt der Bundesrat klar ab. Sofern die TPO die staatlichen Organe unterstützen soll, hat dies (im Einzelfall) auf Ersuchen eben dieser Organe zu erfolgen, und nicht gestützt auf eine eigene Kompetenz.

3.2.6

Teilnahme der Schweiz am Europäischen Strafregisterinformationssystem

Die FDP.Die Liberalen würde die Teilnahme am Europäischen Strafregisterinformationssystem begrüssen.

Haltung des Bundesrates Eine mögliche Beteiligung der Schweiz an ECRIS/ECRIS-TCN wird derzeit geprüft.

3.3

Anpassungen der Vorlage nach der Vernehmlassung

3.3.1

Anpassungen des Bundesbeschlusses

Der Bundesbeschluss betreffend die Übernahme der beiden ETIAS-Änderungsverordnungen wurde aufgrund der positiven Ergebnisse aus dem Ver-nehmlassungsverfahren materiell nur leicht angepasst.

Artikel 108i Absatz 1 Buchstabe i E-AIG betreffend den Inhalt des nationalen ETIASSystems erfuhr eine leichte formale Präzisierung.

Artikel 108dbis Absatz 5 E-AIG betreffend eine Ausnahme vom Grundsatz des DreierSpruchkörpers für das neue ETIAS-Beschwerdeverfahren beim BVGer wurde konkretisiert: Um die Mehrbelastung des BVGer abzufedern, war im Vernehmlassungsentwurf eine einzelrichterliche Zuständigkeit bei offensichtlich begründeten oder unbegründeten Fällen im ETIAS-Beschwerdeverfahren vorgesehen. Wegen des Grundsatzes der raschen Beurteilung dieser Verfahren drängte sich eine solche Ausnahme auf. Nach der Vernehmlassung wurden aber die Fälle, in denen das Gericht in Einzelrichterinnen- oder Einzelrichterbesetzung entscheidet, klar im Gesetz umschrieben. Neu sieht Absatz 5 in Ergänzung von Artikel 23 Absatz 1 VGG vor, dass die Einzelrichterin oder der Einzelrichter über Beschwerden entscheidet, die offensichtlich unbegründet sind, weil ein Reisedokument verwendet wurde, das im SIS als verloren, gestohlen, unterschlagen oder für ungültig erklärt gemeldet ist, weil die betroffene Person im SIS zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben ist oder weil die ETIAS-Stelle eines anderen Staates eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat.

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Artikel 108d Absatz 5 E-AIG über den Grundsatz der Anwendung des Verwaltungsverfahrens und die Ausnahmen: Dieser Absatz hält den Grundsatz fest, wonach das Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196843 (VwVG) auf das Verfahren zur Erteilung, Verweigerung, Annullierung oder Widerruf der ETIAS-Reisegenehmigung Anwendung findet. Ferner wird festgehalten, dass auf das ETIAS-Verfahren die Artikel 11b Absatz 1, 22a und 24 VwVG nicht anwendbar sind. Zudem wird geregelt, dass der Bundesrat vom VwVG abweichende Ausführungsbestimmungen zur Umsetzung der ETIAS-Verordnung sowie der Durchführungsrechtsakte und delegierten Rechtsakte der Europäischen Kommission erlassen kann. Die Fälle, in denen vom VwVG abgewichen werden soll, werden im Gesetz abschliessend aufgeführt. Da die Durchführungsrechtsakte und delegierten Rechtsakte der Europäischen Union zum Verfahren zur Erteilung, Verweigerung, Annullierung oder Widerruf der ETIASReisegenehmigung derzeit erarbeitet werden und die technische Umsetzung in der EU ebenfalls noch nicht abgeschlossen ist, ist es notwendig, diese Abweichungen vom VwVG durch den Bundesrat auf Verordnungsstufe zu einem späteren Zeitpunkt zu regeln.

Artikel 108f bis E-AIG sieht vor, dass die Regelung von Artikel 108d Absatz 5 E-AIG ebenfalls anwendbar ist auf das Verfahren zur Ausübung des Rechts auf Auskunft über die Daten sowie auf das Verfahren zur Berichtigung, Ergänzung oder Löschung der Daten im ETIAS (Abs. 1). Zudem sollen die vom VwVG abweichenden Bestimmungen zum ETIAS-Beschwerdeverfahren (Art. 108dbis­108dquinquies) ebenfalls auf Beschwerden in den erwähnten Verfahren Anwendung finden (Abs. 2).

3.3.2

Weitere Anpassung: Änderung des AIG und des BPI

Unabhängig von den Rückmeldungen aus der Vernehmlassung wurde folgende Änderung des AIG und des BPI separat zum Bundesbeschluss als zweite Vorlage in das Gesetzgebungsprojekt aufgenommen (siehe dazu ausführlich Ziff. 11).

Neu soll die Abteilung Biometrische Identifikation von fedpol die Vergleichsresultate von Suchläufen überprüfen können, wenn die Abfrage in Schengen/Dublin-Informationssystemen und deren Komponenten einen automatisch generierten Treffer ergeben hat. Durch diese Qualitätskontrolle sollen die sogenannten «falsch-positiven» Resultate, also die falsche, systemgenerierte Meldung einer biometrischen Übereinstimmung, eliminiert werden. Diese Vorlage wird genutzt, um diese Präzisierung im AIG und im BPI vorzunehmen. Auf eine Vernehmlassung wurde gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe a VlG verzichtet, da diese Änderung lediglich ein Verfahren von Bundesbehörden ist und die Zuständigkeit von fedpol als Bundesbehörde betrifft.

4

Grundzüge der ETIAS-Änderungsverordnungen

Die Anpassungen der ETIAS-V sind aufgrund des unterschiedlichen Beteiligungsgrads der Staaten an der Schengener Zusammenarbeit in der EU in drei Verordnungen 43

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geregelt. Davon sind zwei Schengen-relevant, namentlich die ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze», welche die Bereiche Grenzen und Visa betrifft, und die ETIAS-Änderungsverordnung «Polizei», welche sich auf die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration bezieht. Die dritte Verordnung betrifft ECRIS-TCN. Diese ist nicht Schengen-relevant und wird daher nicht weiter ausgeführt.

Die beiden EU-Verordnungen enthalten Änderungen zu den Zugriffsrechten, zur Interoperabilität mit anderen Informationssystemen und zu technischen Anpassungen.

So sollen sie regeln, unter welchen Voraussetzungen die ETIAS-Zentralstelle und die NES die in anderen EU-Informationssystemen gespeicherten Daten für die Zwecke des ETIAS abfragen können. Die im ETIAS-Gesuchsdatensatz gespeicherten Daten sollen nur für diejenigen Schengen-Staaten sichtbar sein, welche die zugrundeliegenden Informationssysteme gemäss den Modalitäten ihrer Teilnahme am Schengen-Besitzstand ebenfalls sehen können. In die Informationssysteme, welche die SchengenStaaten selber nicht betreiben, haben sie keine Einsicht. Zudem sind neu Zugriffsrechte der NES auf die jeweiligen nationalen Strafregister vorgesehen.

Ferner soll, um die effiziente Nutzung der Daten zu ermöglichen, die Interoperabilität zwischen dem ETIAS, den anderen EU-Informationssystemen und den Europol- und Interpol-Daten hergestellt werden. Um den Abgleich zwischen ETIAS und den anderen EU-Informationssystemen zu erleichtern, sollen die Personendaten in allen betroffenen EU-Informationssystemen gleich erfasst und gespeichert werden.

Schliesslich sollen technische Anpassungen zur vollständigen Einrichtung des ETIAS aufgrund der in der Zwischenzeit verabschiedeten EU-Verordnungen zu EES, ECRISTCN und SIS als Folgeänderungen in die jeweiligen EU-Verordnungen aufgenommen werden. Die Folgeänderung beim ECRIS-TCN ist für die Schweiz nicht relevant, da es sich hier nicht um eine Schengen-Weiterentwicklung handelt. Beim SIS soll im Hinblick auf die Prüfung von ETIAS-Gesuchen eine neue Ausschreibungskategorie für Ermittlungsanfragen aufgenommen werden. Ferner sollen ETIAS-Reisegenehmigungen beispielsweise bei SIS-Ausschreibungen zur Verweigerung der Einreise und des Aufenthalts aufgehoben werden können. Weiter soll die technische Verbindung zwischen EES und ETIAS festgelegt werden,
damit das EES beim Anlegen oder bei der Aktualisierung eines Einreise-/Ausreisedatensatzes oder eines Einreiseverweigerungsdatensatzes das ETIAS-Zentralsystem automatisiert abfragen und Daten aus dem ETIAS-Zentralsystem ins EES aufnehmen kann.

Durch die Folgeänderungen werden insgesamt neun EU-Verordnungen angepasst.

Davon stellen acht Schengen-Weiterentwicklungen dar, welche der Schweiz bereits notifiziert wurden (siehe dazu die Ausführungen unter Ziff. 1). Die neunte EUVerordnung betrifft Anpassungen in der Verordnung (EU) 2019/816 in Bezug auf das ECRIS-TCN, welche wie bereits erwähnt keine Schengen-Weiterentwicklung darstellt.

Der Zugriff der Visumbehörden auf ETIAS ist in der revidierten VIS-Verordnung vorgesehen. Er ist daher nicht Inhalt dieser Vorlage. Das Gleiche gilt für den Inhalt der aktuellen Revision der Eurodac-Verordnung im Rahmen des EU-Migrationspakts vom 23. September 2021. Der entsprechende Zugriff ist nicht Inhalt dieser Vorlage.

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Derzeit sind lediglich die biometrischen Daten und die Kennnummer in Eurodac abgespeichert, dadurch ist ein alphanumerischer Abgleich von in Eurodac gespeicherten Daten mit den in ETIAS gespeicherten Daten nicht möglich.

Sowohl die ETIAS-V als auch die neuen ETIAS-Änderungsverordnungen sollen gleichzeitig bei Inbetriebnahme von ETIAS angewendet werden.

5

Inhalt der ETIAS-Änderungsverordnungen

5.1

Verordnung (EU) 2021/1152 (ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze»)

Die ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze» ändert die folgenden EU-Verordnungen: ­

ETIAS-V (Art. 1);

­

VIS-V (Art. 2);

­

EES-V (Art. 3);

­

Verordnung «SIS Rückkehr» (Art. 4);

­

Verordnung «SIS Grenze» (Art. 5); und

­

Verordnung «IOP Grenze» (Art. 6).

5.1.1

Anpassung der ETIAS-V (Art. 1)

Art. 3 Abs. 1 Ziff. 28 (neu) Artikel 3 ETIAS-V enthält verschiedene Begriffsdefinitionen. Neu wird unter Ziffer 28 der Begriff «weitere EU-Informationssysteme» eingefügt. Dieser Begriff wird definiert durch eine Aufzählung der derzeitigen EU-Informationssysteme im Migrationsbereich (EES, VIS, SIS und EURODAC) sowie des ECRIS-TCN.

Art. 4 Bst. e und ea (neu) Artikel 4 ETIAS-V nennt die Ziele des ETIAS. Neu wird Buchstabe e angepasst und ein neuer Buchstabe «ea» eingefügt. Buchstabe e erwähnt neu zusätzlich als Ziel die Unterstützung bei der Verwirklichung der Ziele des SIS im Zusammenhang mit den Ausschreibungen von Drittstaatsangehörigen, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist. Buchstabe ea erwähnt neu als Ziel die Unterstützung bei der Verwirklichung der Ziele des EES.

Art. 6 Abs. 2 Bst. da (neu) Artikel 6 Absatz 2 regelt die Zusammensetzung des ETIAS-Informationssystems. Dieses besteht unter anderem aus einem Zentralsystem für die Bearbeitung der Gesuchsdaten, einer nationalen Schnittstelle in jedem Schengen-Staat sowie einer sicheren

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Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem ETIAS-Zentralsystem und den Informationssystemen nach Artikel 11 (Abs. 2). Neu wird ein Buchstabe «da» eingefügt. Dieser Buchstabe ergänzt Buchstabe d und hält fest, dass das ETIAS-Informationssystem neu eine sichere Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem ETIAS-Zentralsystem und dem EES-Zentralsystem enthält.

Art. 7 Abs. 2 Bst. a und Abs. 4 (neu) Die ETIAS-Zentralstelle ist bei der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (nachfolgend: Frontex) angesiedelt. Sie ist 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche im Einsatz (Art. 7 ETIAS-V). Die Buchstaben a­n in Absatz 2 regeln deren Aufgaben.

In Buchstabe a wird der Verweis auf die ETIAS-Überwachungsliste gestrichen. Der neue Absatz 4 hält fest, dass die ETIAS-Zentralstelle der Europäischen Kommission und der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA) regelmässig über falsche Treffer, die bei der automatisierten Überprüfung gemäss Artikel 20 Absatz 2 ETIAS-V erzielt werden, Bericht zu erstatten hat.

Art. 11

Interoperabilität mit anderen EU-Informationssystemen und den Europol-Daten

Der bestehende Artikel 11 wird ersetzt. Die automatisierte Abfrage der jeweiligen Systeme im Rahmen der automatisierten Bearbeitung der Gesuchsdatensätze soll neu über das ESP erfolgen (Abs. 1) (zum ESP siehe die Ausführungen unter Ziff. 1.2).

Damit wird das ETIAS mit den anderen EU-Informationssystemen und der EuropolDatenbank interoperabel.

Das ETIAS-Zentralsystem gleicht die einschlägigen Daten unter anderem mit dem VIS ab. Dabei überprüft es, ob gegen die Gesuchstellerin oder den Gesuchsteller eine im VIS gespeicherte Entscheidung über die Verweigerung, Annullierung oder Aufhebung eines Visums für den kurzfristigen Aufenthalt ergangen ist. Um diese Abfrage zu ermöglichen, soll das ETIAS-Zentralsystem neu die Möglichkeit erhalten, mit den in den Buchstaben a­i aufgeführten Identitätsdaten sowie mit den Reisedokumentendaten (Bst. j) das VIS über das ESP abzufragen (Abs. 2).

Das ETIAS-Zentralsystem gleicht die einschlägigen Daten unter anderem auch mit dem EES ab. Dabei überprüft es, ob die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller derzeit als Aufenthaltsüberzieherin oder -überzieher im EES gemeldet ist oder in der Vergangenheit gemeldet war. Ferner wird im EES geprüft, ob der gesuchstellenden Person die Einreise in den Schengen-Raum verweigert wurde. Um diese Abfrage zu ermöglichen, soll das ETIAS-Zentralsystem neu die Möglichkeit erhalten, mit den in den Buchstaben a­j aufgeführten Identitätsdaten sowie mit den Reisedokumentendaten (Bst. k) das EES über das ESP abzufragen (Abs. 3).

Ferner gleicht das ETIAS-Zentralsystem die einschlägigen Daten unter anderem auch mit dem SIS ab. Dabei überprüft es, ob: ­

die gesuchstellende Person im SIS zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung oder zur Rückkehr ausgeschrieben ist oder ob ­ im Fall von Minderjährigen ­ 31 / 98

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die Inhaberin oder der Inhaber der elterlichen Sorge oder der Vormund der gesuchstellenden Person im SIS zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben ist; ­

das für das Gesuch verwendete Reisedokument einem Dokument entspricht, das im SIS als verloren, gestohlen, unterschlagen oder für ungültig erklärt gemeldet worden ist;

­

zur gesuchstellenden Person im SIS eine Ausschreibung zum Zwecke der Übergabehaft auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls oder zum Zwecke der Auslieferungshaft vorliegt oder ob ­ im Fall von Minderjährigen ­ zur Inhaberin oder zum Inhaber der elterlichen Sorge oder zum Vormund der gesuchstellenden Person im SIS eine Ausschreibung zum Zwecke der Übergabehaft auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls oder zum Zwecke der Auslieferungshaft vorliegt;

­

zur gesuchstellenden Person eine Vermisstenausschreibung im SIS besteht;

­

die gesuchstellende Person im Hinblick auf die Teilnahme an einem Gerichtsverfahren gesucht wird und im SIS ausgeschrieben ist; oder

­

die gesuchstellende Person zum Zwecke der verdeckten oder gezielten Kontrolle im SIS ausgeschrieben ist.

Um diese Abfrage zu ermöglichen, soll das ETIAS-Zentralsystem neu die Möglichkeit erhalten, mit den in den Buchstaben a­k der Absätze 4 und 5 aufgeführten Identitätsdaten sowie mit den Reisedokumentendaten (Bst. l) ­ und bei Minderjährigen mit den Identitätsdaten der Inhaberin oder des Inhabers der elterlichen Sorge oder des Vormunds (Bst. m) ­ das SIS über das ESP abzufragen (Abs. 4 und 5).

Des Weiteren gleicht das ETIAS-Zentralsystem die einschlägigen Daten, die in Absatz 6 aufgeführt sind, über das ESP mit dem ECRIS-TCN ab. Dieser Absatz ist jedoch nicht Schengen-relevant und daher für die Schweiz nicht verbindlich.

Schliesslich soll das ETIAS-Zentralsystem die einschlägigen Daten mit den EuropolDaten über das ESP abgleichen und prüfen, ob die im Gesuch angegebenen Daten den in den Europol-Daten gespeicherten Daten entsprechen (Abs. 7).

Werden Treffer ermittelt, gewährt das ESP der ETIAS-Zentraleinheit bis zum Abschluss des manuellen Verfahrens vorübergehend einen schreibgeschützten Zugriff auf die Ergebnisse der automatisierten Überprüfungsabfrage gemäss Artikel 20 ETIAS-V. Davon ausgenommen sind Treffer in der Überwachungsliste, die nur von der NES eingesehen werden können. Die Referenznummer wird im Gesuchsdatensatz gespeichert, sofern die bereitgestellten Daten mit denen der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers übereinstimmen oder nach den automatisierten Überprüfungen weiterhin Zweifel bestehen (Abs. 8).

Die Europäische Kommission kann delegierte Rechtsakte gemäss Artikel 89 erlassen, um die Bedingungen für die Übereinstimmung zwischen den Daten in einem Datensatz, einer Ausschreibung oder einer Datei der anderen abgefragten EU-Informationssysteme festzulegen (Abs. 9). Ferner kann sie Durchführungsrechtsakte erlassen, um technische Modalitäten für die Datenspeicherung festzulegen (Abs. 10).

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Zur Ermittlung des Schengen-Staates, der für die manuelle Überprüfung und Erteilung oder Verweigerung der ETIAS-Reisegenehmigung zuständig ist, werden im ETIASGesuchsdatensatz die Herkunft der jeweiligen Treffer angegeben (Art der SISAusschreibung, Quellsystem, Referenznummer usw.). Diese Daten sind für die ETIAS-Zentralstelle nur einsehbar, wenn das ETIAS-Zentralsystem den verantwortlichen Schengen-Staat nicht selber ermitteln kann (Abs. 11).

Art. 11b (neu) Unterstützung bei der Verwirklichung der Ziele des EES Beim Anlegen oder bei der Aktualisierung eines Einreise-/Ausreisedatensatzes sowie des Einreiseverweigerungsdatensatzes soll das EES das ETIAS-Zentralsystem über die sichere Kommunikationsinfrastruktur gemäss Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe da (siehe oben) abfragen und Daten in einem automatisierten Verfahren importieren können.

Art. 11c (neu) Interoperabilität zwischen dem ETIAS und dem EES zum Zwecke der Aufhebung einer ETIAS-Reisegenehmigung auf Antrag eines Antragstellers Artikel 41 Absatz 8 ETIAS-V sieht vor, dass eine ETIAS-Reisegenehmigung auf Antrag der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers aufgehoben werden kann. Ein Rechtsmittel gegen diese Aufhebung ist nicht möglich. Wenn sich die gesuchstellende Person zum Zeitpunkt der Einreichung noch im Schengen-Raum aufhält, wird die Aufhebung erst wirksam, wenn sie den Schengen-Raum verlässt und die Ausreise im EES erfasst wird.

Artikel 11c hält fest, dass das ETIAS-Zentralsystem in diesen Fällen automatisiert das EES-Zentralsystem abzufragen hat, unter Rückgriff auf den sicheren Kommunikationskanal gemäss Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe da, um zu prüfen, ob sich die betreffende Person noch im Schengen-Raum aufhält (Abs. 1). Falls sich die Person nicht mehr im Schengen-Raum aufhält, wird die Aufhebung der ETIAS-Reisegenehmigung unverzüglich wirksam (Abs. 2). Befindet sie sich jedoch noch im Schengen-Raum, soll im EES-Zentralsystem vorgesehen werden, dass das ETIAS-Zentralsystem unverzüglich informiert wird, sobald die Person aus dem Schengen-Raum ausreist (Abs. 3).

Art. 12

Abfrage der Interpol-Datenbanken

Artikel 12 sieht vor, dass das ETIAS-Zentralsystem im Rahmen der automatisierten Überprüfung des ETIAS-Reisegenehmigungsgesuchs neben den EU-Systemen wie dem EES und dem SIS unter anderem die Interpol-Datenbanken SLTD und TDAWN abfragt (Abs. 1). Alle Abfragen und Überprüfungen werden so vorgenommen, dass dem für die Interpol-Ausschreibung Verantwortlichen keine Daten offengelegt werden (Abs. 2).

Dieser Artikel ist neu in Absätze aufgeteilt und erhält eine neue Formulierung in Absatz 3. Neu wird dort festgehalten, dass das ETIAS keine Abfrage der Interpol-Datenbanken vornehmen kann, solange technisch nicht garantiert werden kann, dass dem

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für die Interpol-Ausschreibung Verantwortlichen keine Daten offengelegt werden im Sinne von Absatz 2 (Abs. 3).

Die bereits mit der Interoperabilitätsvorlage vorgesehenen rechtlichen Grundlagen für eine Abfrage der Interpol-Datenbanken sind weiterhin Gegenstand von Diskussionen zwischen der EU und Interpol, da die EU und Interpol unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten. Es geht um die Frage, ob und wann ein Treffer bei Abfragen aus den interoperablen Systemen mit dem ausschreibenden Staat geteilt wird. Im Rahmen der Interoperabilität sollen die Sicherheitsbehörden über das ESP Zugang zu allen Daten der EU-Systeme sowie denjenigen von Europol und Interpol erhalten, soweit sie über die entsprechenden Berechtigungen verfügen. Für die Interpol-Daten ist ein sogenannter «Silent-Hit»-Mechanismus vorgesehen. Die ESP-Abfrage soll nicht zur Folge haben, dass im Falle eines Treffers der ausschreibende Staat darüber informiert wird und so beispielsweise erfährt, welche Behörde den Treffer via ESP erzielt hat.

Der Treffer würde erst mitgeteilt, wenn die Detailangaben einer Ausschreibung aktiviert werden. Interpol ist der Ansicht, dass jeder Treffer mit dem ausschreibenden Interpol-Mitgliedstaat geteilt werden muss. Diese offenen Fragen sollen in einem Koordinationsabkommen zwischen der EU und Interpol geregelt werden. Die Europäische Kommission hat ein entsprechendes Verhandlungsmandat vorbereitet, das am 13. Juli 2021 vom Rat genehmigt wurde. Die formellen Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und Interpol haben am 15. Dezember 2021 begonnen.

Art. 17 Abs. 4 Bst. a Beim Ausfüllen des Gesuchs wird die gesuchstellende Person aufgefordert, neben der Angabe einer Reihe von personenbezogenen Daten (z. B. Nachname, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Reisedokument, Staatsangehörigkeit, E-Mail-Adresse) und ihrer derzeitigen beruflichen Tätigkeit (Art. 17 Abs. 2 und 3 ETIAS-V) auch Fragen zu ihrem persönlichen Hintergrund zu beantworten (namentlich in Bezug auf Strafregistereinträge, Aufenthalte in Kriegsgebieten, verfügte Rückkehrentscheide; Art. 17 Abs. 4 und 6 ETIAS-V).

Neu muss die reisende Person angeben, ob sie in den letzten 15 Jahren (bisher 10 Jahre) wegen einer der im Anhang der Verordnung aufgeführten Straftaten ­ bzw.

im Fall von terroristischen Straftaten in den letzten 25 Jahren
(bisher 20 Jahre) ­ verurteilt worden ist.

Art. 20 Abs. 2 Das ETIAS-Zentralsystem nimmt im Rahmen der automatisierten Bearbeitung des ETIAS-Reisegenehmigungsgesuchs einen vollständig automatisierten Abgleich der von der gesuchstellenden Person übermittelten Angaben mit anderen Informationssystemen (SIS, VIS, EES, Eurodac und die Interpol-Datenbanken SLTD und TDAWN), der ETIAS-Überwachungsliste und den ETIAS-Überprüfungsregeln vor (Art. 20 ETIAS-V).

Die Formulierung in Absatz 2 von Artikel 20 wird dahingehend geändert, dass die Verweise auf Artikel 17 Absätze 2 und 8 angepasst werden. Ferner wird neu eingefügt, dass neben den erwähnten Datenbanken auch das ECRIS-TCN abgefragt werden

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kann. Zudem wird festgehalten, dass die Abfrage dieser Informationssysteme über das ESP erfolgt.

Ferner werden zwei neue Buchstaben eingefügt. Der Buchstabe n betrifft die Abfrage des ECRIS-TCN durch das ETIAS-Zentralsystem, und der Buchstabe o bezieht sich auf die Ausschreibung im SIS zur Rückkehr. Neu prüft das ETIAS-Zentralsystem, ob die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller im SIS zur Rückkehr ausgeschrieben ist.

Art. 22 Abs. 2, Abs. 3 Bst. b, Abs. 5 und Abs. 7 (neu) Im Fall eines Treffers bei der automatisierten Prüfung wird der Gesuchsdatensatz an die ETIAS-Zentralstelle weitergeleitet. Diese überprüft den Gesuchsdatensatz innerhalb von zwölf Stunden, um den Treffer zu verifizieren oder Zweifel an der Identität der gesuchstellenden Person auszuräumen.

In Absatz 2 werden die Verweise auf Artikel 20 angepasst. In Absatz 3 Buchstabe b wird der Verweis auf die ETIAS-Überwachungsliste gestrichen. Absatz 5 hält neu fest, dass der Gesuchsdatensatz an die zuständige NES für eine manuelle Bearbeitung des ETIAS-Reisegesuchs weitergeleitet wird, wenn ein Treffer mit der ETIASÜberwachungsliste besteht; konkret, wenn Zweifel bezüglich der Identität der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers bestehen oder die automatisierten Überprüfungen gemäss Artikel 20 Absatz 4 einen Treffer ergeben haben. Der neue Absatz 7 hält fest, dass über jede Datenbearbeitung durch die ETIAS-Zentralstelle automatisch Protokoll zu führen ist.

Art. 23 Abs. 1 Bst. c und Abs. 2 Unterabs. 1 und 3 (neu) sowie Abs. 4 Absatz 1 Buchstabe c wird mit einer zusätzlichen Ausschreibungskategorie ergänzt.

Neu soll das ETIAS-Zentralsystem bei der Abfrage des SIS auch prüfen, ob Ermittlungsanfragen zur Gesuchstellerin oder zum Gesuchsteller im SIS zum Zwecke der verdeckten Kontrolle ausgeschrieben sind.

Bei einem SIS-Treffer aufgrund einer Vermisstenausschreibung, bei einer Ausschreibung einer Person, die im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren gesucht wird, oder bei einer Personenausschreibung zum Zweck der verdeckten oder gezielten Kontrolle und neu bei Ermittlungsanfragen informiert das ETIASZentralsystem automatisch die ETIAS-Zentralstelle und das SIRENE-Büro desjenigen Schengen-Staates, der den Eintrag im SIS vorgenommen hat (Art. 23 Abs. 2 ETIAS-V). Die ETIAS-Zentralstelle überprüft, ob die personenbezogenen Daten
der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers den personenbezogenen Daten in der Ausschreibung, die zum Treffer geführt hat, entsprechen. Dazu wird neu explizit festgehalten, dass sie für diese Aufgaben Zugriff auf den ETIAS-Gesuchsdatensatz und die damit verbundenen Daten erhält (Abs. 2 Unterabs. 1).

Sofern die ETIAS-Zentralstelle eine Übereinstimmung bestätigt hat, sendet das ETIAS-Zentralsystem eine automatische Benachrichtigung an das SIRENE-Büro des ausschreibenden Schengen-Staates. Das betreffende SIRENE-Büro prüft daraufhin namentlich, ob die personenbezogenen Daten der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers den personenbezogenen Daten in der Ausschreibung entsprechen, die zum Treffer geführt hat, und ergreift jegliche geeignete Folgemassnahme.

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Betrifft der Trefferfall eine Ausschreibung zur Rückkehr, prüft das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats, ob die Löschung der Ausschreibung zur Rückkehr und die Eingabe einer Ausschreibung zur Einreiseverweigerung und zum Aufenthalt erforderlich ist (Abs. 2 Unterabs. 3).

Absatz 4 sieht vor, dass das ETIAS-Zentralsystem für jeden Treffer, der aufgrund der Überprüfungen ermittelt worden ist, einen entsprechenden Verweis im Gesuchsdatensatz hinzufügt. Neu wird präzisiert, dass dieser Verweis nur für das SIRENE-Büro und die ETIAS-Zentralstelle ersichtlich ist.

Art.25a (neu) Nutzung anderer EU-Informationssysteme zur manuellen Bearbeitung von Anträgen durch die nationalen ETIAS-Stellen Für die Prüfung von Gesuchen um ETIAS-Reisegenehmigungen sollen die ermächtigten Mitarbeitenden der NES direkten Zugriff auf andere EU-Informationssysteme erhalten. Es handelt sich dabei um Leserechte. Eine Bearbeitung der Daten ist nicht möglich.

Die NES können folgende Daten der nachfolgenden Informationssysteme abfragen: ­

EES (Zugriff auf Daten gemäss Art. 16­18 der EES-V);

­

VIS (Zugriff auf Daten gemäss Art. 9­14 der VIS-V); und

­

SIS, wobei der Zugriff der NES auf das SIS im Rahmen der Prüfung des ETIAS-Reisegenehmigungsgesuchs beschränkt ist.

Die NES darf zu diesem Zweck nur die Daten der folgenden SIS-Ausschreibungen sehen: ­

Ausschreibungen von Drittstaatsangehörigen zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung (Art. 20 i. V. m. Art. 24­26 SIS-Verordnung «Grenze»);

­

Ausschreibungen von Personen zum Zwecke der Übergabe- oder Auslieferungshaft (Art. 20 i. V. m. Art. 26 SIS-Verordnung «Polizei»);

­

Ausschreibungen von amtlichen Blankodokumenten, die gestohlen, unterschlagen oder auf sonstige Weise abhandengekommen sind, oder von gefälschten Blankodokumenten (Art. 20 i. V. m. Art. 38 Abs. 2 Bst. k SISVerordnung «Polizei»);

­

Ausschreibungen von gestohlenen, unterschlagenen, auf sonstige Weise abhandengekommenen, für ungültig erklärten oder gefälschten Identitätsdokumenten wie Pässe, Personalausweise, Aufenthaltstitel, Reisedokumente und Führerscheine (Art. 20 i. V. m. Art. 38 Abs. 2 Bst. l SIS-Verordnung «Polizei»);

­

Ausschreibungen von Drittstaatsangehörigen zur Rückkehr (Art. 4 i. V. m.

Art. 3 SIS-Verordnung «Rückkehr»).

Bezieht sich der Treffer auf einen Eintrag im ECRIS-TCN, sind die nationalen Strafregister durch die NES abzufragen. Die Abfrage betrifft die im Anhang der ETIAS-V aufgeführten Straftaten. Solche Treffer wird es für die Schweiz momentan nicht geben, da sich die Schweiz aktuell nicht an ECRIS-TCN beteiligt.

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Art. 26 Abs. 3 Bst. b, Abs. 3a und Abs. 4 Unterabsatz 2 (neu) Artikel 26 der ETIAS-V regelt die manuelle Bearbeitung von ETIAS-Gesuchen durch die NES. In Absatz 3 wird der Verweis auf Artikel 20 in Buchstabe b angepasst.

Der neue Absatz 3a präzisiert, was mit einer ETIAS-Reisegenehmigung zu geschehen hat, wenn ein Treffer im SIS für eine Ausschreibung zur Rückkehr gemeldet wird.

Die konkreten Folgemassnahmen, die durch die NES zu ergreifen sind, werden derzeit konkretisiert.

Der neue Unterabsatz 2 in Absatz 4 betrifft die Treffermeldung in Bezug auf eine Abfrage im ECRIS-TCN.

Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 (neu) Im Rahmen der manuellen Bearbeitung des ETIAS-Reisegenehmigungsgesuchs kann die jeweils zuständige NES eine NES eines anderen Staates konsultieren. Dabei erhalten die NES der konsultierten Mitgliedstaaten Zugriff auf den Gesuchsdatensatz (Abs. 2). Die konsultierten NES geben an, ob sie das Gesuch unter Angabe von Gründen befürworten oder ablehnen. Diese Rückmeldung wird im Gesuchsdatensatz erfasst (Abs. 3 Unterabs. 1 und 2).

Der neue Unterabsatz 3 in Absatz 3 präzisiert nun neu, dass eine solche Stellungnahme lediglich für die NES des konsultierten Mitgliedstaats und für die NES des zuständigen Mitgliedstaats sichtbar ist.

Art. 37 Abs. 3 Wenn die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller ein Risiko bezüglich Sicherheit, illegaler Einwanderung oder Gesundheit darstellt, wird die ETIAS-Reisegenehmigung verweigert. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein gestohlenes oder ungültiges Reisedokument verwendet wurde, wenn die gesuchstellende Person im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist oder wenn begründete Zweifel an der Echtheit der Daten oder an der Glaubwürdigkeit der Angaben dieser Person bestehen (Art. 37 ETIAS-V).

Einer Person, deren ETIAS-Reisegenehmigung verweigert wurde, steht ein Rechtsmittel zu (Art. 37 Abs. 3 ETIAS-V). Etwaige Rechtsmittel sind in dem SchengenStaat, der über die Reisegenehmigung entschieden hat, und in Einklang mit dem nationalen Recht dieses Staates einzulegen. Die NES des zuständigen Schengen-Staates unterrichtet die betroffene Person über das bei Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren.

Absatz 3 präzisiert, dass während des Beschwerdeverfahrens der beschwerdeführenden Partei Zugang zu den Informationen in ihrem ETIAS-Reisegenehmigungsgesuch
zu gewähren ist. Die Informationen zu ihrem ETIAS-Reisegenehmigungsgesuch kann die beschwerdeführende Person jederzeit über den sicheren Zugang mittels Benutzerauthentifizierung auf der Internetseite «ETIAS» der Europäischen Kommission einsehen.

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Art. 41 Abs. 3 Eine erteilte ETIAS-Reisegenehmigung muss widerrufen werden (Art. 41 ETIAS-V), sobald sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für ihre Erteilung zum Zeitpunkt der Erteilung nicht erfüllt waren oder nicht mehr erfüllt sind (z. B. SIS-Ausschreibung zur Einreiseverweigerung). Der neue Absatz 3 enthält den Begriff «neue» Einreiseverweigerung nicht mehr. Er präzisiert damit, dass unabhängig davon, ob die Einreiseverweigerung neu ist oder nicht, eine ETIAS-Reisegenehmigung von der NES in diesen Fällen zu widerrufen ist.

Art. 46 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 (neu) Artikel 46 regelt das Ausweichverfahren für den Fall, dass der Datenzugriff für Beförderungsunternehmer technisch nicht möglich ist.

Ist die Abfrage des ETIAS für Beförderungsunternehmer aufgrund eines Ausfalls technisch nicht möglich, sind diese von der Pflicht, den Besitz einer gültigen ETIASReisegenehmigung zu überprüfen, befreit. Absatz 1 präzisiert, dass nicht nur die Beförderungsunternehmer vom Ausfall des ETIAS durch die ETIAS-Zentralstelle zu benachrichtigen sind, sondern auch die Schengen-Staaten.

Zudem präzisiert Absatz 3, dass der Beförderungsunternehmer die ETIAS-Zentralstelle unterrichten muss, wenn es ihm aus anderen technischen Gründen über einen längeren Zeitraum nicht möglich ist, eine Abfrage durchzuführen. Die ETIASZentralstelle hat die Schengen-Staaten unverzüglich darüber zu informieren.

Der neue Absatz 5 hält fest, dass die ETIAS-Zentraleinheit die Beförderungsunternehmer operativ zu unterstützen hat. Die Europäische Kommission kann im Rahmen von Durchführungsrechtsakten weitere detaillierte Vorschriften über die zu leistende Unterstützung erlassen.

Art. 47 Abs. 2 Bst. a Artikel 47 ETIAS-V regelt den Zugriff auf die ETIAS-Daten im Rahmen der Grenzübertrittskontrolle an den Schengen-Aussengrenzen.

Die Grenzkontrollbehörden haben gemäss Absatz 2 Buchstabe a zu prüfen, ob die betreffende Person im Besitz einer gültigen Reisegenehmigung ist. Liegt eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit vor, ist auch der Mitgliedstaat bzw.

sind die Mitgliedstaaten im ETIAS anzuzeigen, für welche die Reisegenehmigung gültig ist.

Neu präzisiert Buchstabe a, dass das System auch anzeigen muss, ob Drittstaatsangehörige, die von der Visumpflicht befreit sind, die Bedingungen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c erfüllen und unter den Anwendungsbereich des ETIAS fal-

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len (diese sind zwar Familienangehörige von Unionsbürgern nach der Richtlinie 2004/38/EG44, jedoch nicht im Besitz einer Aufenthaltskarte gemäss der Richtlinie 2004/38/EG oder eines Aufenthaltstitels gemäss der Verordnung [EG] Nr. 1030/200245).

Art. 64 Abs. 7 (neu) Artikel 64 ETIAS-V regelt das Recht der gesuchstellenden Person auf Zugang zu ihren personenbezogenen Daten, deren Berichtigung, Vervollständigung und Löschung sowie auf Beschränkung ihrer Verarbeitung.

Der neue Absatz 7 hält fest, dass dieses Auskunftsrecht unbeschadet der Regelungen in Artikel 53 der Verordnung «SIS Grenze» und in Artikel 67 der Verordnung «SIS Polizei» gilt. Die gesuchstellende Person kann jederzeit ihr Recht auf Zugang zu personenbezogenen Daten, deren Berichtigung, Vervollständigung und Löschung sowie auf Beschränkung ihrer Verarbeitung wahrnehmen, indem sie ein entsprechendes Gesuch an die ETIAS-Zentralstelle oder die zuständige NES richtet. Die angeschriebene Stelle hat dieses Gesuch innerhalb von 30 Tagen zu bearbeiten.

Art. 73 Abs. 3 Unterabs. 3 Artikel 73 ETIAS-V regelt die Aufgaben von eu-LISA bei der Entwicklung des ETIAS.

Der Unterabsatz 3 hält neu fest, dass eu-LISA ebenfalls für die Entwicklung der sicheren Kommunikationsinfrastruktur zwischen den Zentralsystemen des EES und des ETIAS verantwortlich ist.

Art. 88 Abs. 1 Bst. a und Bst. d, Abs. 6 und 7 (neu) Artikel 88 regelt, dass die Europäische Kommission den Zeitpunkt bestimmt, an dem das ETIAS seinen Betrieb aufnimmt.

Absatz 1 Buchstabe a präzisiert neu, dass mit Inkrafttreten der vorliegenden EUVerordnungen das ETIAS mit allen in Artikel 11 aufgeführten EU-Informationssystemen (mit Ausnahme der sich derzeit in Revision befindenden Eurodac-Verordnung) interoperabel sein wird.

Buchstabe d erhält lediglich eine formale Anpassung. Es werden die Verweise auf die entsprechenden Artikel angepasst.

Der neue Absatz 6 bezieht sich auf die Interoperabilität mit dem ECRIS-TCN.

44

45

Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (Text von Bedeutung für den EWR); ABl. L 158, 30.4.2004, S. 77­123.

Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige; ABl. L 157, 15.6.2002, S. 1­7.

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Der neue Absatz 7 hält ausdrücklich fest, dass das ETIAS in Betrieb genommen werden soll, auch wenn die Interpol-Datenbanken zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgefragt werden können.

Art. 89 Abs. 2, 3 und 6 Artikel 89 regelt die Befugnis der Europäischen Kommission, unter gewissen Voraussetzungen delegierte Rechtsakte zu erlassen.

Aufgrund von Bestimmungen, die durch die vorliegenden Schengen-Weiterentwicklungen neu eingefügt wurden, haben die Absätze 2, 3 und 6 rein formale Anpassungen erfahren. Es wurden Verweise auf die neuen Bestimmungen eingefügt.

Art. 90 Abs. 1 Neu wird festgehalten, dass die Europäische Kommission von einem Ausschuss unterstützt werden soll, der durch eu-LISA eingesetzt wird. Es handelt sich um das gleiche Beratungsgremium, das bereits in der EES-V eingesetzt wurde. Dieses unterstützt mit seinen Fachkenntnissen in Bezug auf das EES (und neu auch das ETIAS) die Europäische Kommission insbesondere bei der Vorbereitung der Jahresarbeitsprogramme und der Jahrestätigkeitsberichte.

Art. 92 Abs. 5a (neu) Artikel 92 regelt die Überwachung, Evaluierung, Entwicklung und Funktionsweise des ETIAS durch eu-LISA. Der neue Absatz 5a betrifft die regelmässige Evaluierung der Abfrage des ECRIS-TCN durch das ETIAS-Zentralsystem.

Art. 96 Abs. 3 (neu) Artikel 96 regelt das Inkrafttreten und die Anwendbarkeit der ETIAS-V.

Der neue Absatz 3 hält fest, dass Artikel 11b (Unterstützung bei der Verwirklichung der Ziele des EES) bereits mit Inkrafttreten der vorliegenden Schengen-Weiterentwicklungen, das heisst ab dem 3. August 2021 angewendet werden soll (und nicht erst ab Inbetriebnahme des ETIAS).

5.1.2

Anpassung der VIS-V (Art. 2)

Art. 6 Abs. 2 Artikel 6 regelt den Zugang zur Eingabe, Änderung, Löschung und Abfrage von Daten im VIS.

Absatz 2 regelt neu die Zugriffe der ETIAS-Zentralstelle und der NES der einzelnen Schengen-Staaten auf das VIS.

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Der Absatz hält fest, dass der Zugang zum VIS für Datenabfragen ausschliesslich den dazu ermächtigten Mitarbeitenden der nationalen Behörden der einzelnen Schengen-Staaten und der EU-Einrichtungen vorbehalten ist, die für die in den Artikeln 15­ 22, 22g­22m und 45e genannten Zwecke (Bst. a), für die Zwecke gemäss den Artikeln 20 und 21 der Verordnung «IOP Grenze» (Bst. c) sowie neu für die Zwecke gemäss den Artikeln 18c und 18d der VIS-Verordnung und der ETIAS-Verordnung (Bst. b) zuständig sind.

Es wird ausdrücklich festgehalten, dass diese Zugriffe auf den Umfang beschränkt sind, der für die Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist und dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen müssen.

Art. 18b (neu) Interoperabilität mit dem ETIAS Ab dem Datum der Inbetriebnahme von ETIAS muss das VIS mit dem ESP verbunden werden. Dies soll dem Zentralsystem des ETIAS ermöglichen, über das ESP eine automatisierte Abfrage des VIS durchzuführen. Die Abfrage erfolgt mit den Identitätsdaten und den Reisedokumentendaten der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers, die im neuen Anhang II der VIS-Verordnung aufgeführt sind. Dieser Anhang enthält eine Entsprechungstabelle der jeweiligen Identitätsdaten und Reisedokumentendaten, mit denen das ETIAS-Zentralsystem das VIS abfragt.

Art. 18c (neu) Zugang der ETIAS-Zentralstelle zu VIS-Daten Absatz 1 hält nochmals ausdrücklich das Recht der ETIAS-Zentralstelle fest, im Rahmen ihrer Aufgaben Zugriff auf die notwendigen Daten im VIS zu erhalten (Abs. 1).

Entsprechen sich die Daten im ETIAS und im VIS oder bestehen weiterhin Zweifel, wird das ETIAS-Reisegenehmigungsgesuch durch die zuständige NES manuell bearbeitet gemäss Artikel 26 der Verordnung (Abs. 2).

Art. 18d (neu) Nutzung des VIS zur manuellen Bearbeitung von Anträgen durch die nationalen ETIAS-Stellen Für die Abfrage des VIS sollen die zuständigen NES dieselben alphanummerischen Daten (Identitätsdaten oder Reisedokumentendaten) verwenden wie jene, die bereits bei der automatisierten Überprüfung verwendet wurden (Abs. 1). Eine Abfrage mittels biometrischer Daten findet nicht statt, da im ETIAS keine biometrischen Daten der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers erhoben werden.

Der Zugriff auf diese Daten ist lediglich vorübergehend und in schreibgeschützter Form möglich. Eine Abfrage
ist nur für den Zweck der manuellen Bearbeitung des ETIAS-Reisegenehmigungsgesuchs zulässig. Es dürfen nur die Daten abgefragt werden, die in den Artikeln 9­14 der VIS-Verordnung aufgeführt sind. Es handelt sich dabei um Daten, die bei Einreichung des Visumgesuchs durch die Visumbehörde zu erfassen sind, sowie um zusätzliche Daten, die während des Visumverfahrens erfasst werden (z. B. bei der Visumerteilung, bei Nichtfortführung der Prüfung des Gesuchs, bei Ablehnung der Visumerteilung usw.; Abs. 2).

Das Ergebnis der Abfrage des VIS ist durch die dazu ermächtigten Mitarbeitenden der nationalen ETIAS-Stelle im ETIAS-Gesuchsdatensatz festzuhalten (Abs. 3).

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Art. 34a (neu) Führung von Protokollen für die Zwecke der Interoperabilität mit dem ETIAS Bei der Abfrage des VIS durch das ETIAS soll jeder einzelne Datenverarbeitungsvorgang in den Protokollen sowohl des ETIAS als auch des VIS gespeichert werden.

Anhang II Der bestehende Anhang wird zu Anhang I. Es wird ein zweiter Anhang eingefügt, der die Entsprechungstabelle nach Artikel 18b enthält.

5.1.3

Anpassung der EES-V (Art. 3)

Art. 6 Abs. 1 Bst. k (neu) Artikel 6 der EES-V führt die Ziele des EES aus.

Neu wird in Absatz 1 ein neuer Buchstabe k eingefügt. Das EES soll neu auch die Ziele des ETIAS unterstützen.

Art. 8a (neu)

Automatisiertes Verfahren mit dem ETIAS

Unter Verwendung der sicheren Kommunikationsinfrastruktur gemäss Artikel 6 Absatz 2 der ETIAS-V soll das EES mittels automatisiertem Verfahren den Ein-/Ausreisedatensatz oder den Einreiseverweigerungsdatensatz eines von der Visumpflicht befreiten Drittstaatsangehörigen im EES anlegen oder aktualisieren können. So soll es möglich sein, dass das EES-Zentralsystem nicht nur das ETIAS beim Anlegen oder Aktualisieren des Ein-/Ausreisedatensatzes oder des Einreiseverweigerungsdatensatzes abfragen, sondern auch gewisse Daten aus dem ETIAS ins EES übertragen kann (Gesuchsnummer, Ende der Gültigkeitsdauer der ETIAS-Reisegenehmigung; Abs. 1).

Zudem soll das EES-Zentralsystem auch Abfragen verarbeiten können, die es vom ETIAS-Zentralsystem erhält. Falls notwendig, kann es auch speichern, dass eine Mitteilung an das ETIAS-Zentralsystem zu übermitteln ist, sobald ein Einreise-/Ausreisedatensatz vorliegt, aus dem hervorgeht, dass die gesuchstellende Person, die den Widerruf der ETIAS-Reisegenehmigung beantragt hat, den Schengen-Raum verlassen hat (Abs. 2).

Art. 8b (neu)

Interoperabilität mit dem ETIAS

Ab dem Datum der Inbetriebnahme von ETIAS muss neben dem VIS auch das EES mit dem ESP verbunden werden. Dies soll dem Zentralsystem des ETIAS ermöglichen, über das ESP eine automatisierte Abfrage des EES durchzuführen. Die Abfrage erfolgt mit den Identitätsdaten und den Reisedokumentendaten der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers, die im neuen Anhang III der EES-V aufgeführt sind. Dieser Anhang enthält eine Entsprechungstabelle der jeweiligen Identitätsdaten und Reisedokumentendaten, mit denen das ETIAS-Zentralsystem das EES abfragt.

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Art. 9 Abs. 2a (neu) Artikel 9 EES-V regelt den Zugang zum EES zwecks Eingabe, Änderung, Löschung und Abfrage von Daten. Der neue Absatz 2a hält fest, dass neben den Grenzkontrollbehörden und den Visum- bzw. Migrationsbehörden neu auch die dazu ermächtigten Mitarbeitenden der nationalen ETIAS-Stelle EES-Daten in schreibgeschützter Form abfragen dürfen.

Art. 13a (neu) Ausweichverfahren für den Fall, dass Beförderungsunternehmer aus technischen Gründen nicht auf die Daten zugreifen können Der im Rahmen des EES vorgesehene Web-Dienst ermöglicht es den Drittstaatsangehörigen, die erforderlichen Daten sowie ihr beabsichtigtes Ein- oder Ausreisedatum oder beides einzugeben. Auf der Grundlage dieser Angaben erhalten Drittstaatsangehörige vom Web-Dienst entweder die Antwort «OK» («zulässig») oder «NOT OK» («nicht zulässig») sowie die Angabe des verbleibenden zulässigen Aufenthalts.

Die Beförderungsunternehmer benutzen ebenfalls diesen Web-Dienst um zu überprüfen, ob Drittstaatsangehörige, die ein Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt besitzen, die Zahl der mit ihrem Visum zulässigen Einreisen bereits in Anspruch genommen haben (Art. 13 Abs. 3 EES-Verordnung i. V. m. Art. 26 Abs. 1 Bst. b SDÜ). Für die Einreise in die Schweiz betrifft dies lediglich die Fluggesellschaften.

Der neue Artikel 13a sieht ein Ausweichverfahren vor für Fälle, in denen es den Beförderungsunternehmern nicht möglich ist, das EES aufgrund eines technischen Ausfalls abzufragen. In diesen Fällen sind sie von der Pflicht, den Web-Dienst abzufragen, befreit. Sobald ein Ausfall erkannt wird, sind die Beförderungsunternehmer und die Schengen-Staaten durch die ETIAS-Zentralstelle darüber zu informieren. Erkennen die Beförderungsunternehmer den Ausfall, haben sie die ETIAS-Zentralstelle zu informieren. Diese setzt die Schengen-Staaten umgehend über den Ausfall in Kenntnis.

Auch haben die Beförderungsunternehmer zu melden, falls es aus anderen technischen Gründen nicht möglich ist, das EES abzufragen. Die detaillierten Abläufe werden von der Europäischen Kommission in Durchführungsrechtsakten geregelt.

Schliesslich hält Artikel 13a fest, dass die ETIAS-Zentralstelle in diesen Fällen die Beförderungsunternehmer operationell zu unterstützen hat. Auch hier werden die Details von der Europäischen Kommission in Durchführungsrechtsakten geregelt.
Art. 17 Abs. 2 Unterabs. 2 (neu) Artikel 17 der EES-V regelt, welche personenbezogenen Daten von visumbefreiten Drittstaatsangehörigen im EES zu erfassen sind.

Der neue Unterabsatz 2 sieht vor, dass im Einreise-/Ausreisedatensatz des EES neu auch die ETIAS-Gesuchsnummer, das Ende der Gültigkeitsdauer einer ETIASReisegenehmigung und, bei einer ETIAS-Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit, die Schengen-Staaten, für welche diese Reisegenehmigung gültig ist, erfasst werden.

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Art. 18 Abs. 1 Bst. b Artikel 18 der EES-V regelt, welche personenbezogenen Daten von Drittstaatsangehörigen, denen die Einreise verweigert wurde, im EES zu erfassen sind.

Neu werden bei Drittstaatsangehörigen, die von der Visumpflicht befreit sind, auch die in Artikel 17 Absatz 2 der EES-V aufgeführten alphanumerischen Daten gespeichert (ETIAS-Gesuchsnummer, Ende der Gültigkeitsdauer usw.).

Art. 25a (neu) Zugang der ETIAS-Zentralstelle zu EES-Daten Absatz 1 hält ausdrücklich das Recht der ETIAS-Zentralstelle fest, im Rahmen ihrer Aufgaben Zugriff auf die notwendigen Daten im EES zu erhalten. Entsprechen sich die Daten im ETIAS und im EES oder bestehen weiterhin Zweifel, wird das ETIASReisegenehmigungsgesuch durch die zuständige NES manuell nach Artikel 26 ETIAS-V bearbeitet (Abs. 2).

Art. 25b (neu) Nutzung des EES zur manuellen Bearbeitung von Anträgen durch die nationalen ETIAS-Stellen Für die Abfrage des EES soll die zuständige NES dieselben alphanummerischen Daten (Identitätsdaten oder Reisedokumentendaten) verwenden, wie jene, die bereits bei der automatisierten Überprüfung verwendet wurden (Abs. 1). Eine Abfrage mittels biometrischer Daten findet nicht statt, da im ETIAS keine biometrischen Daten der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers erhoben werden.

Der Zugriff auf diese Daten ist lediglich in schreibgeschützter Form möglich.

Eine Abfrage ist nur für den Zweck der manuellen Bearbeitung des ETIAS-Reisegenehmigungsgesuchs zulässig. Es dürfen nur die Daten abgefragt werden, die in den Artikeln 16­18 der EES-V aufgeführt sind. Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten von Visuminhaberinnen und Visuminhabern und von nicht visumpflichtigen Drittstaatsangehörigen sowie von Personen, denen die Einreise verweigert wurde.

Das Ergebnis der Abfrage des EES ist durch die dazu ermächtigten Mitarbeitenden der NES im ETIAS-Gesuchsdatensatz festzuhalten (Abs. 3).

Art. 28

Speicherung von aus dem EES abgerufenen Daten

Der neue Wortlaut von Artikel 28 hält fest, dass die EES-Daten, die zur Prüfung und Bescheidung von Visumgesuchen (Art. 24), zur Prüfung von Anträgen auf Aufnahme in nationale Erleichterungsprogramme (Art. 25), zwecks Verifizierung im Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten (Art. 26) sowie zwecks Identifizierung (Art. 27) verwendet werden, auch zur Abfrage durch die ETIAS-Zentralstelle sowie für die manuelle Bearbeitung der ETIAS-Reisegenehmigungen durch die NES genutzt werden dürfen.

Art. 46 Abs. 2 Unterabs. 2 (neu) Die Absätze 1 und 2 von Artikel 46 regeln die Protokollierungspflicht von eu-LISA über alle Datenverarbeitungsvorgänge im EES.

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Der neue Unterabsatz 2 hält fest, dass bei Abfragen des EES durch das ETIAS jeder einzelne Datenverarbeitungsvorgang in den Protokollen sowohl des ETIAS wie auch des EES gespeichert werden soll.

Anhang III Es wird ein neuer dritter Anhang eingefügt, der die Entsprechungstabelle nach Artikel 8b enthält.

5.1.4 Art. 19

Anpassung der Verordnung «SIS Rückkehr» (Art. 4) Anwendbarkeit der Verordnung (EU) 2018/1861

Artikel 19 sieht vor, dass gewisse allgemeine Bestimmungen zum SIS, die in der Verordnung «SIS Grenze» enthalten sind, auch auf die Verordnung «SIS Rückkehr» Anwendung finden (z. B. Prüfung der Löschung von Ausschreibungen, Datenverarbeitung, Datenschutz, Haftung und Monitoring, Statistiken).

Der Artikel erfährt eine formale Anpassung. Neu werden in der Verordnung «SIS Grenze» mit den vorliegenden Schengen-Weiterentwicklungen diverse neue Bestimmungen eingefügt. Auf gewisse Bestimmungen wird neu in Artikel 19 verwiesen (Art. 36a­36c). Weitere Anpassungen erfährt diese EU-Verordnung nicht.

5.1.5

Anpassung der Verordnung «SIS Grenze» (Art. 5)

Art. 18b (neu) Führung von Protokollen für die Zwecke der Interoperabilität mit dem ETIAS Wenn das SIS durch die ETIAS-Zentralstelle oder durch die NES abgefragt wird, sind sämtliche Datenverarbeitungsvorgänge sowohl im SIS als auch im ETIAS zu protokollieren.

Art. 34 Abs. 1 Bst. h (neu) Artikel 34 regelt den Zugriff auf Daten im SIS für die berechtigten national zuständigen Behörden. So dürfen die national zuständigen Behörden die Daten betreffend die Ausschreibungen zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung im Schengen-Raum im SIS im Rahmen ihrer folgenden Aufgaben abfragen (Abs. 1):

46

­

Grenzkontrollen gemäss Schengener Grenzkodex46 (Bst. a);

­

polizeiliche und zollrechtliche Überprüfungen (Bst. b);

Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex); ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2018/1240, ABl. L 236 vom 19.9.2018, S. 1.

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Verhütung, Aufdeckung und Verfolgung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten in Zusammenhang mit der Richtlinie (EU) 2016/68047 (Bst. c);

­

Prüfung der Voraussetzungen und für Entscheide in Bezug auf die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten, die Ausstellung der Aufenthaltstitel und Visa für den längerfristigen Aufenthalt, die Rückführung von Drittstaatsangehörigen sowie die Überprüfung von Drittstaatsangehörigen, die illegal in den Schengen-Raum eingereist sind oder die sich illegal in einem Schengen-Staat aufhalten (Bst. d);

­

Identitätskontrolle von Personen, die internationalen Schutz beantragen, sofern die Behörden, die diese Kontrolle vornehmen, nicht jene sind, die über die Schutzgewährung entscheiden (Bst. e);

­

Prüfung von Visumanträgen und für Entscheide über diese Anträge, unter anderem in Zusammenhang mit der Annullierung, Aufhebung oder Verlängerung von Visa gemäss der Verordnung (EU) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates48 (Visakodex) (Bst. f).

Mit der vorliegenden Änderung wird ein neuer Buchstabe h eingefügt. Neu können auch die NES der Schengen-Staaten zur Prüfung von ETIAS-Reisegenehmigungsgesuchen auf das SIS zugreifen.

Art. 36b (neu) Zugang der ETIAS-Zentralstelle zu SIS-Daten Absatz 1 hält ausdrücklich das Recht der ETIAS-Zentralstelle fest, im Rahmen ihrer Aufgaben Zugriff auf die notwendigen Daten im SIS zu erhalten.

Entsprechen die Daten im ETIAS einer Ausschreibung im SIS oder bestehen weiterhin Zweifel, wird das ETIAS-Reisegenehmigungsgesuch durch die zuständige NES manuell nach Artikel 26 der ETIAS-V bearbeitet (Abs. 2).

Art. 36c (neu) Interoperabilität mit dem ETIAS Ab dem Datum der Inbetriebnahme von ETIAS muss neben dem VIS und dem EES auch das Zentralsystem des SIS mit dem ESP verbunden werden. Dies soll dem Zentralsystem des ETIAS ermöglichen, über das ESP eine automatisierte Abfrage des SIS durchzuführen.

Wird eine Einreise- und Aufenthaltsverweigerung neu im SIS ausgeschrieben, übermittelt das Zentralsystem des SIS mittels ESP folgende Personendaten an das ETIAS47

48

Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates, Fassung gemäss ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89.

Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex), ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2019/1155, ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 25.

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Zentralsystem um zu prüfen, ob die neue Ausschreibung im SIS einer gültigen ETIAS-Reisegenehmigung entspricht: ­

den Nach-, Vor-, und Geburtsnamen sowie frühere Namen und Aliasnamen (Art. 20 Abs. 2 Bst. a­d);

­

den Geburtsort (Art. 20 Abs. 2 Bst. f);

­

das Geburtsdatum (Art. 20 Abs. 2 Bst. g);

­

das Geschlecht (Art. 20 Abs. 2 Bst. h);

­

sämtliche Staatsangehörigkeiten (Art. 20 Abs. 2 Bst. i);

­

die Art der Identifizierungsdokumente der Person (Art. 20 Abs. 2 Bst. s);

­

das Ausstellungsland der Identifizierungsdokumente der Person (Art. 20 Abs. 2 Bst. t);

­

die Nummer(n) der Identifizierungsdokumente der Person (Art. 20 Abs. 2 Bst. u);

­

das Ausstellungsdatum der Identifizierungsdokumente der Person (Art. 20 Abs. 2 Bst. v).

5.1.6

Anpassung der Verordnung «IOP Grenze» (Art. 6)

Die Verordnung «IOP Grenze» bezieht sich auf die Schaffung der Interoperabilität der EU-Informationssysteme im Bereich Grenzen und Visa.

Art. 72 Abs. 1b (neu) Die Europäische Kommission bestimmt im Wege von Durchführungsrechtsakten, zu welchem Zeitpunkt welche IOP-Komponenten ihren Betrieb aufnehmen. Voraussetzung für die Inbetriebnahme der einzelnen Zentralsystemkomponenten ist unter anderem der erfolgreiche Abschluss eines umfassenden Tests der jeweiligen Zentralsystemkomponente in Zusammenarbeit mit den Schengen-Staaten und den europäischen Agenturen. Zusätzlich müssen die technischen und rechtlichen Vorkehrungen für die Erhebung und Übermittlung von Daten getroffen worden sein (Art. 72 der Verordnung «IOP Grenze», Art. 68 der Verordnung «IOP Polizei»). Die einzelnen Zentralsystemkomponenten werden folglich zu unterschiedlichen Zeitpunkten operativ werden.

Da sämtliche Suchabfragen der EU-/Interpol-Umsysteme über das ESP laufen müssen, sieht der neue Absatz 1b vor, dass ­ unabhängig von Absatz 1, der die Voraussetzungen nennt, unter welchen das ESP seinen Betrieb aufnehmen soll ­ das ESP für den Zweck der automatisierten Bearbeitung von ETIAS-Reisegenehmigungen den Betrieb bereits aufnehmen soll, sofern die Voraussetzungen von Artikel 88 ETIAS-V erfüllt sind und das ETIAS den Betrieb aufnimmt. Dies ist derzeit für Mai 2023 vorgesehen. Somit wird der Betrieb des ESP für diesen einen Zweck bereits früher erfolgen als in der Botschaft zur IOP-Vorlage ausgeführt. Dort wurde festgehalten,

47 / 98

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dass das ESP sowie der MID bis Mitte bzw. Ende 2023 in Betrieb genommen werden sollen.49

5.1.7

Inkrafttreten der Änderungen (Art. 7)

Die vorliegende ETIAS-Änderungsverordnung trat 20 Tage nach deren Publikation in der EU in Kraft.

5.2

ETIAS-Änderungsverordnung «Polizei»

Die ETIAS-Änderungsverordnung «Polizei» ändert die folgenden EU-Verordnungen: ­

die Verordnung «SIS Polizei» (Art. 1); und

­

die Verordnung «IOP Polizei» (Art. 2).

5.2.1

Änderung der Verordnung «SIS Polizei» (Art. 1)

Art. 18b (neu) Führen von Protokollen für die Zwecke der Interoperabilität mit dem ETIAS Wenn das SIS durch die ETIAS-Zentralstelle oder durch die NES abgefragt wird, sind sämtliche Datenverarbeitungsvorgänge sowohl im SIS wie auch im ETIAS zu protokollieren.

Art. 44 Abs. 1 Bst. h (neu) Artikel 44 regelt die Behörden, die auf Ausschreibungen im SIS gemäss der Verordnung «SIS Polizei» zugriffsberechtigt sind. Im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der neuen Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS wurden neu den nationalen Behörden, die für die Prüfung der Voraussetzungen und für Entscheide in Bezug auf die Einreise für einen langfristigen Aufenthalt und die Rückkehr von Drittstaatsangehörigen sowie für die Identifikation von illegal aufhältigen Personen im Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten zuständig sind, Zugang zu allen SIS-Ausschreibungen gewährt.50 Neu ist vorgesehen, dass die NES für die manuelle Bearbeitung der ETIAS-Gesuche Zugriff auf die Ausschreibungen erhält, die im SIS gestützt auf die Verordnung «SIS Polizei» ausgeschrieben wurden.

Art. 49a (neu) Zugang der ETIAS-Zentralstelle zu Daten im SIS Absatz 1 hält ausdrücklich das Recht der ETIAS-Zentralstelle fest, im Rahmen ihrer Aufgaben Zugriff auf die notwendigen Daten im SIS zu erhalten.

49 50

BBl 2020 7983, 8002 BBl 2020 3465, 3494

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Wenn die Daten im ETIAS einer Ausschreibung im SIS entsprechen oder wenn weiterhin Zweifel bestehen, wird das ETIAS-Reisegenehmigungsgesuch durch die zuständige NES manuell bearbeitet (Abs. 2).

Art. 50b (neu) Interoperabilität mit dem ETIAS Ab dem Datum der Inbetriebnahme von ETIAS muss neben dem VIS und dem EES auch das Zentralsystem des SIS mit dem ESP verbunden werden. Dies soll dem Zentralsystem des ETIAS ermöglichen, über das ESP eine automatisierte Abfrage des SIS durchzuführen.

Wird beispielsweise ein Reisedokument im SIS als gestohlen, unterschlagen, verloren oder für ungültig erklärt ausgeschrieben, übermittelt das Zentralsystem des SIS diese Informationen mittels ESP an das ETIAS-Zentralsystem um zu überprüfen, ob diese neue Ausschreibung einer bestehenden ETIAS-Reisegenehmigung entspricht.

5.2.2

Änderung der Verordnung «IOP Polizei» (Art. 2)

Die Verordnung «IOP Polizei» betrifft die Schaffung der Interoperabilität der EUInformationssysteme in den Bereichen polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration.

Art. 68 Abs. 1b (neu) Der neue Absatz 1b sieht vor, dass ­ unabhängig von Absatz 1, der die Voraussetzungen nennt, unter welchen das ESP seinen Betrieb aufnehmen soll ­ das ESP für den Zweck der automatisierten Bearbeitung von ETIAS-Reisegenehmigungen den Betrieb bereits aufnehmen soll, sofern die Voraussetzungen von Artikel 88 ETIAS-V erfüllt sind und das ETIAS den Betrieb aufnimmt (siehe dazu Ausführungen unter Art. 72 Abs. 1b Verordnung «IOP Grenze»).

5.2.3

Inkrafttreten der Änderungen (Art. 7)

Die EU-Verordnung trat 20 Tage nach deren Publikation in der EU in Kraft.

6

Grundzüge des Umsetzungserlasses

6.1

Die beantragte Neuregelung

Bei der Vorlage handelt es sich um die Übernahme von Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands. Um deren Umsetzung in der Schweiz sicherzustellen, sind Anpassungen in Bundesgesetzen und später auch im zugehörigen Verordnungsrecht nötig (s. Ziff. 6.4).

49 / 98

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6.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die Einführung des ETIAS und die damit verbundene Umsetzung der ETIASÄnderungsverordnungen (EU) 2021/1150 und 2021/1152 sind in der Schweiz mit einem finanziellen und personellen Aufwand bei der Bundesverwaltung und den Kantonen verbunden. Dies wurde in der Botschaft zur Übernahme und Umsetzung der ETIAS-Verordnung vom 6. März 2020 detailliert ausgeführt.51 Zudem sind die Kosten für externe Projektressourcen, die grösstenteils aus zentralen IKT-Mitteln finanziert werden, Bestandteil des Verpflichtungskredits IV zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands, den der Bundesrat in seiner Botschaft vom 4. September 201952 ausgeführt hat. Neben diesen Kosten fallen zusätzliche Kosten an für die Schaffung der Plattform für die sichere Zustellung im ETIAS-Beschwerdeverfahren (siehe detailliert dazu Ziff. 6.4.3) Die Schaffung eines N-ETIAS wurde bereits im Verpflichtungskredit IV berücksichtigt. In dieser Hinsicht fallen daher keine zusätzlichen Kosten im Rahmen der Umsetzung der ETIAS-Änderungsverordnung an, die nicht bereits in der ursprünglichen Botschaft genannt sind.

6.3

Erweiterung des Anwendungsbereichs des ETIAS auf alle Drittstaatsangehörigen unabhängig von ihrer Aufenthaltsdauer im Schengen-Raum

Derzeit ist im Gesetz geregelt, dass sich der Anwendungsbereich des ETIAS lediglich auf die visumbefreite Einreise von Drittstaatsangehörigen für den kurzfristigen Aufenthalt im Schengen-Raum bezieht, da bei der Übernahme und Umsetzung der ETIAS-V von dieser Vorgabe ausgegangen wurde.

Bei der Ausarbeitung der tertiären Rechtsakte und der ETIAS-Änderungsverordnungen sowie der Geschäftsprozesse hat die Europäische Kommission jedoch mündlich und schriftlich präzisiert, dass das ETIAS nicht nur Anwendung findet auf visumbefreite Drittstaatsangehörige, die für einen kurzfristigen Aufenthalt einreisen. Es gilt zusätzlich auch für die Einreisen ohne Visum für einen längerfristigen Aufenthalt im Schengen-Raum. Die Europäische Kommission stützt sich dabei darauf, dass die ETIAS-V nicht auf derselben Ermächtigungsgrundlage erlassen wurde wie der Visakodex (ex Art. 62 Nr.2 Bst. a und Bst. b Ziff. ii ­ heute Art. 77). Die Ermächtigungsgrundlagen für den Erlass der ETIAS-V sind die Regelungen im AEUV53 zur Grenzkontrolle (insbesondere Art. 77 Abs. 2 Bst. b und d AEUV). Anders als bei Visumfragen, darf die EU auch Regelungen zur Grenzkontrolle von Personen erlassen, die für einen längerfristigen Aufenthalt einreisen, und sogar für die SchengenBürgerinnen und -Bürger selbst. Weiter bezieht sich Artikel 2 der ETIAS-Verordnung

51 52 53

BBl 2020 2885 Botschaft vom 4. September 2019 zu einem Verpflichtungskredit zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands, BBl 2019 6189.

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV); konsolidierte Version, ABl. C 202, 7.6.2016, S. 47.

50 / 98

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nur auf Anhang II der genannten Verordnung (EG) Nr. 539/200154 als Kategorie, und er trifft keine Abgrenzung in Bezug auf die Dauer des Aufenthalts. Ausserdem macht Erwägungsgrund 5 der ETIAS-V keine Unterscheidung nach der Dauer des beabsichtigten Aufenthalts.

Gemäss der Europäischen Kommission habe sich bei der technischen Umsetzung gezeigt, dass es nicht möglich sei, im ETIAS die jeweiligen Visaliberalisierungsabkommen für längerfristige Aufenthalte der einzelnen Schengen-Staaten zu erfassen.

Das hätte zur Folge, dass Drittstaatsangehörige, die von der Visumpflicht für einen längerfristigen Aufenthalt in einem Schengen-Staat befreit sind, von den Beförderungsunternehmen bei der Einstiegskontrolle abgewiesen werden, weil sie keine ETIAS-Reisegenehmigung vorweisen können. Diese nachträgliche Ergänzung ist daher technisch und rechtlich notwendig.

Sobald aber die Reisenden für einen längerfristigen Aufenthalt in den SchengenRaum einreisen und einen entsprechenden Aufenthaltstitel erhalten, werden ihre Daten aus dem EES entfernt. Die Drittstaatsangehörigen können dann gemäss Artikel 55 Absatz 6 ETIAS-V bei den Behörden, die den Aufenthaltstitel ausstellen, beantragen, dass ihr Gesuchsdatensatz im ETIAS-Zentralsystem gelöscht wird. Die NES ist zuständig für die Löschung des Datensatzes aus dem ETIAS-Zentralsystem.

In der Schweiz sind heute die Angehörigen folgender Staaten von der Visumpflicht für längerfristige Aufenthalte befreit: Andorra, Brunei Darussalam, Japan, Malaysia, Monaco, Neuseeland, San Marino, Singapur, Vatikanstadt und Vereinigtes Königreich (Art. 9 Abs. 2 der Verordnung vom 15. August 201855 über die Einreise und die Visumerteilung, VEV). Staatsangehörige von Andorra, Monaco, San Marino sowie Vatikanstadt fallen gemäss Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe g ETIAS-V nicht in den Anwendungsbereich des ETIAS. Staatsangehörige von Brunei Darussalam, Japan, Malaysia, Neuseeland, Singapur und des Vereinigten Königreichs werden für die Einreise in die Schweiz neu eine ETIAS-Reisegenehmigung benötigen, unabhängig davon, ob sie für einen kurzfristigen oder längerfristigen Aufenthalt einreisen. Sobald sie einen Ausländerausweis erhalten, können sie die Löschung ihrer Daten im ETIAS beantragen. Damit soll sichergestellt werden, dass bei allen Drittstaatsangehörigen unabhängig von der Aufenthaltsdauer eine vertiefte Kontrolle vor der Einreise in den Schengen-Raum stattfindet.

6.4

Praktischer Umsetzungsbedarf

Neben den Zugriffsrechten der NES auf die EU-Informationssysteme und die nationalen Informationssysteme (siehe dazu Ziff. 6.5) besteht weiterer praktischer Umsetzungsbedarf im nationalen Recht. Letzteres, weil die im letzten Jahr weiter fortgeschrittenen Umsetzungsarbeiten gezeigt haben, dass weitere praktische Neuerungen 54

55

Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind; ABl. L 81 vom 21.3.2001, S. 1.

SR 142.204

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notwendig sind, die bei der Verabschiedung der Botschaft zu ETIAS am 6. März 2020 noch nicht aufgenommen werden konnten. Grund dafür war, dass die Details teilweise auch aufgrund fehlender technischer Spezifikationen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bekannt waren oder gewisse Informationen erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Erarbeitung der Tertiärakte zu ETIAS und den vorliegenden beiden EUVerordnungen vorlagen. Aus diesem Grund besteht ein zusätzlicher Umsetzungsbedarf, der nachfolgend erläutert wird.

6.4.1

Zugriffsrechte der NES auf nationale Informationssysteme

Die NES muss neben den EU-Informationssystemen auch nationale Systeme abfragen können, um die ermittelten Treffer in Bezug auf mögliche Sicherheitsrisiken oder das Risiko der illegalen Migration zu bewerten. Die folgenden Informationssysteme sollen abgefragt werden: ­

Zentrales Migrationsinformationssystem (ZEMIS);

­

nationales Visa-Informationssystem (ORBIS);

­

nationaler Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS);

­

automatisiertes Polizeifahndungssystem (RIPOL);

­

Nationaler Polizeiindex;

­

Strafregister-Informationssystem (VOSTRA).

Zentrales Migrationsinformationssystem (ZEMIS) Das ZEMIS ist das Personenregister für ausländische Staatsangehörige, die sich in der Schweiz aufhalten, hier aufgehalten haben oder aus anderen Gründen mit schweizerischen Ausländer-, Migrations- oder Kontrollbehörden in Kontakt waren und registriert wurden. Ferner werden die Daten zu den Aufenthaltstiteln erfasst und gespeichert.

Mit einer Abfrage des ZEMIS durch die NES soll geklärt werden, ob die ausländische Person, deren ETIAS-Reisegenehmigungsgesuch geprüft wird, den schweizerischen Ausländer-, Migrations- oder Kontrollbehörden bekannt ist und ob entscheidrelevante Informationen zur Person vorliegen.

Im Rahmen des Bundesbeschlusses zur Übernahme und Umsetzung der ETIAS-V wurde das Bundesgesetz vom 20. Juni 200356 über das Informationssystem für den Ausländer- und Asylbereich (BGIAA) entsprechend angepasst.57 Die Zweckbestimmung in Artikel 3 Absatz 2 wurde mit einem neuen Buchstaben dbis ergänzt. Somit kann auch das SEM als NES auf das ZEMIS zugreifen.

56 57

SR 142.51 Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2018/1240 über das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands); BBl 2020 7911, 7920.

52 / 98

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Nationales Visa-Informationssystem (ORBIS) Das nationale Visa-Informationssystem dient der Prüfung von Visumgesuchen und der Ausstellung von Schengen-Visa und nationalen Visa. Ausserdem lassen sich über das ORBIS Informationen zu laufenden Visumgesuchen und ausgestellten sowie verweigerten und annullierten Visa abfragen. Hierfür besteht unter anderem über die nationale Zugangskomponente (das sogenannte CVC) eine direkte Anbindung an das europäische Visa-Informationssystem (C-VIS).

Mit einer Abfrage des ORBIS kann die NES prüfen, ob die ausländische Person in der Vergangenheit in der Schweiz ein Visumgesuch für ein Schengen-Visum oder ein nationales Visum eingereicht hatte und ob dieses ausgestellt oder verweigert wurde.

Eine Abfrage des ORBIS ist insbesondere notwendig, wenn die Schweiz aufgrund einer früheren Visumverweigerung für die manuelle Bearbeitung des ETIAS-Antrags zuständig ist und weitergehende Informationen zur Visumverweigerung benötigt.

Nationaler Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS) Das N-SIS umfasst einen Datensatz als Kopie der im zentralen System der EU enthaltenen Daten (nationale Kopie). Es kommuniziert über ein verschlüsseltes Netz mit dem von der EU betriebenen zentralen System und dient der Abfrage sowie der Bearbeitung von Daten.

Da die NES einen Zugriff auf das SIS mit den ETIAS-Änderungsverordnungen erhält, ist ein entsprechender Zugriff auch auf das N-SIS vorzusehen. Ausserdem benötigen die speziell berechtigten NES-Mitarbeitenden, die für die Verwaltung der Überwachungsliste zuständig sind, den vollständigen SIS-Zugriff um sicherzustellen, dass nur Einträge in der Überwachungsliste gespeichert werden, die nicht bereits im SIS gespeichert sind.

Automatisiertes Polizeifahndungssystem (RIPOL) Im RIPOL (Recherches Informatisées de la Police) werden zur Fahndung ausgeschriebene Personen und Sachen (Reisedokumente, Fahrzeuge usw.) erfasst. Das System wird gemeinsam durch die zuständigen Behörden des Bundes und der Kantone zur Unterstützung verschiedener gesetzlicher Aufgaben im Bereich der Fahndung geführt.

Mit einer Abfrage des RIPOL kann die NES feststellen, ob die gesuchstellende Person zur Fahndung in der Schweiz ausgeschrieben ist und ob sie ein Sicherheitsrisiko darstellt, das zur Verweigerung einer ETIAS-Reisegenehmigung führt. Bei einem relevanten
Treffer kann die NES im Bedarfsfall das fedpol für weitere Abklärungen konsultieren.

Nationaler Polizeiindex Es handelt sich dabei um einen Index, der darüber informiert, ob Daten zu einer bestimmten Person in den Informationssystemen der kantonalen Polizeibehörden oder den Polizeibehörden des Bundes bearbeitet werden.

Im Rahmen des neuen Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) soll das SEM einen Zugriff auf die Daten mittels eines automatisierten Abrufverfahrens erhalten (neuer Art. 17 Abs. 4 Bst. m). Das SEM soll zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nach den Artikeln 5 Absatz 1 Buchstabe c, 98c 53 / 98

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und 99 AIG sowie nach den Artikeln 5a, 26 Absatz 2 und 53 Buchstabe b AsylG neu Zugriff auf den Nationalen Polizeiindex erhalten. Zu dieser Vorlage wurde das Referendum ergriffen. Die Vorlage wurde in der Abstimmung vom 13. Juni 2021 vom Volk genehmigt.

Damit die NES in Erfahrung bringen kann, ob eine Person im Nationalen Polizeiindex verzeichnet ist und fedpol oder die kantonalen Polizeien der NES über die Amtshilfe weitergehende Auskünfte auf Anfrage der NES erteilen können, ist ein entsprechender Zugriff der NES notwendig.

Strafregister-Informationssystem (VOSTRA) Die ETIAS-Änderungsverordnungen sehen einen Zugriff auf die jeweiligen nationalen Strafregister durch die zuständige NES vor. Dieser Zugriff soll im Abrufverfahren erfolgen. Derzeit ist vorgesehen, den Abruf durch die NES in der VOSTRAAnwendung durchzuführen; dazu müssen sich die zugangsberechtigten NESMitarbeitenden jeweils in das VOSTRA einloggen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll die Abfrage an VOSTRA über eine Schnittstelle direkt aus dem nationalen ETIASSystem erfolgen, um den manuellen Aufwand zu minimieren. Die technische Machbarkeit wird bereits zum jetzigen Zeitpunkt geklärt.

6.4.2

Schaffung eines nationalen ETIAS-Systems zur Unterstützung der Geschäftsprozesse der NES

Die Umsetzung der ETIAS-V im Zuständigkeitsbereich des SEM erfordert, dass ein nationales ETIAS-System aufgebaut wird. Dieses soll im Wesentlichen folgende Funktionalitäten und Anforderungen erfüllen: Das Informationssystem dient der NES zur manuellen Bearbeitung der ETIASGesuche in der Zuständigkeit der Schweiz. Dabei ist zu präzisieren, dass diejenigen Gesuche, über die ohne weitere nationale Abklärungen entschieden werden kann, direkt und abschliessend in der von der EU zur Verfügung gestellten Software bearbeitet werden können.

Für jene Gesuche, die weiterer Abklärungen bedürfen oder abzulehnen sind, werden die Gesuchsdaten aus der EU-Software zu ETIAS zur weiteren manuellen Bearbeitung ins nationale System extrahiert. Die Gesuchsdaten mit den Referenzen auf die ermittelten Treffer müssen im N-ETIAS gespeichert und bearbeitet werden können.

Die Bearbeitung kann je nach Sachlage die Überprüfung der ermittelten Treffer in den EU- oder Interpol-Systemen sowie die Abfrage der nationalen Systeme ZEMIS, ORBIS, RIPOL, N-SIS, VOSTRA, allenfalls auch des Nationalen Polizeiindex erfordern, um die Identität der gesuchstellenden Person und allfällige von ihr ausgehende Risiken beurteilen zu können. Damit die Risikobeurteilung nachvollzogen werden kann, muss zum Zeitpunkt des Entscheids das Trefferbild aus den Systemabfragen gespeichert werden. Ausserdem muss das System die Konsultation nationaler Behörden unterstützen, die zur Sachverhaltsklärung beitragen können. Das System muss die NES auch im Rechtsmittelverfahren unterstützen (insbesondere bei der Bereitstellung und Klassifizierung der relevanten Akten, Schriftenwechsel usw.).

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Die Konsultation folgender Behörden ist systemgestützt vorgesehen: SEM, fedpol und NDB. Die Kantone werden ohne Systemunterstützung (z. B. über Mail oder Telefon) analog zur üblichen Amtshilfe konsultiert, da dies voraussichtlich nur selten nötig sein wird.

Die wesentlichen Funktionalitäten für die Durchführung von Konsultationen sind die Benachrichtigung der konsultierten Stellen sowie das Management der Antwortfristen. Die konsultierten Behörden müssen die Konsultationsanfrage im N-ETIAS lesen und ihre Konsultationsantwort als Anwender im System erfassen und speichern können. Als Resultat der manuellen Abklärungen und Konsultationsantworten muss die NES das Beurteilungsergebnis im nationalen System speichern. Der Entscheid zum Gesuch sowie die Entscheidbegründung werden schliesslich von der NES in der EUSoftware erfasst.

Das N-ETIAS kann den NES-Mitarbeitenden auch die Möglichkeit bieten, manuell Gesuchsdatensätze nach verschiedenen Kriterien zu suchen und aufzurufen.

Im Weiteren wird das N-ETIAS für die Bearbeitung der Überwachungsliste benötigt.

So müssen auf Antrag von fedpol oder des NDB neue Einträge erfasst und verschlüsselt ans ETIAS-Zentralsystem übermittelt werden können, wo sie vom sogenannten «Impact Assessment Tool» überprüft werden. Überschreitet der Eintrag den von der NES definierten Schwellenwert an Treffern im ETIAS-Zentralsystem, so muss der Eintrag von fedpol bzw. vom NDB angepasst werden. Nur wenn der Eintrag den Schwellenwert nicht überschreitet, kann die NES den Eintrag im Zentralsystem aktivieren. Derzeit sieht die EU vor, dass die Überwachungsliste im Zentralsystem verschlüsselt sein wird. Deshalb muss eine synchronisierte Kopie der Schweizer Einträge im N-ETIAS gespeichert werden, damit ein Treffer in der manuellen Gesuchsbearbeitung als Klartext erkenntlich ist und bearbeitet werden kann. Für die Synchronisierung ist es notwendig, auch Anpassungen und Löschungen von Einträgen gleichzeitig im nationalen System und im Zentralsystem durchzuführen. Deshalb ist für die Datenbearbeitung eine durch systemgestützte Benachrichtigungen unterstützte enge Zusammenarbeit der NES mit den beantragenden Stellen fedpol und NDB notwendig.

Das N-ETIAS muss es der NES ferner ermöglichen, im Rechtsmittelverfahren die vorhandenen Akten dem Bundesverwaltungsgericht (nachfolgend: BVGer)
zur Verfügung zu stellen. Damit die NES die benötigten Daten aus dem Zentralsystem beziehen kann, muss sie vorgängig in der EU-Software die Beschwerdenummer erfassen, die der NES vom BVGer zur Verfügung gestellt wird. Die NES stellt dem BVGer das gesamte Dossier mit den Daten aus dem Zentralsystem sowie den Daten im nationalen ETIAS-System zu. Wenn das BVGer die Beschwerde als zulässig erklärt, holt es die Vernehmlassung bei der NES ein. Das BVGer stellt die Replik der beschwerdeführenden Partei der NES zur Kenntnis zu. Das BVGer fällt das Urteil und stellt es den Parteien zu. Die NES erfasst das Ergebnis des Verfahrens in der EU-Software, allenfalls führt die NES eine erneute manuelle Bearbeitung durch und erfasst den neuen Entscheid zum ETIAS-Gesuch in der EU-Software. Zuletzt schliesst die NES die Akte in der EU-Software ab.

Der Austausch von Mitteilungen und Akten zwischen der NES und dem BVGer soll auf elektronischem Weg über eine neu zu schaffende Plattform des BVGer erfolgen (siehe dazu Ziff. 6.4.3).

55 / 98

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Die Datensätze werden im N-ETIAS nur solange aufbewahrt, wie sie für die Bearbeitung notwendig sind. Die Löschung der Datensätze erfolgt automatisch, sofern die Beschwerdefrist abgelaufen ist und das BVGer keine Beschwerde an die NES gemeldet hat. Die Datensätze von hängigen Beschwerden werden nicht gelöscht. Deren Löschung erfolgt erst automatisch, nachdem das BVGer über die Beschwerde entschieden hat und die NES das Ergebnis des Beschwerdeverfahrens in der EU-Software erfasst hat.

6.4.3

Schaffung einer Plattform für das ETIAS-Beschwerdeverfahren

Die ETIAS-Beschwerden werden von der Abteilung VI des BVGer bearbeitet, die bereits heute für Fälle im Zusammenhang mit dem Ausländer- und Bürgerrecht zuständig ist (vgl. Art. 23 Abs. 6 sowie Anhang Ziff. 5 des Geschäftsreglements für das Bundesverwaltungsgericht vom 17. April 200858 [VGR]).

Derzeit können Beschwerden an das BVGer in elektronischer Form nur unter folgenden kumulativen Voraussetzungen eingereicht werden: ­

qualifizierte elektronische Signatur;

­

Software, mit der das Dokument erstellt und signiert werden kann;

­

Registrierung auf einer anerkannten Messaging-Plattform (Privasphere / Incamail), um das Dokument an die offizielle Adresse des Bundesverwaltungsgerichts zu senden.

Befindet sich die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer im Ausland, kann diese Kommunikationsform nicht verwendet werden, da diese Person in aller Regel nicht über eine anerkannte qualifizierte elektronische Signatur verfügt. Zwar ist vorgesehen, dass sich das BVGer am Projekt «Justitia 4.0» beteiligt, dieses soll jedoch erst gegen 2025/2026 realisiert werden. Die BEKJ-Vorlage sieht durch den Erlass des Bundesgesetzes über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für die Einführung eines Obligatoriums zur Nutzung von E-Justice im Bereich der Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichte sowie der Strafverfolgungsbehörden vor. So soll eine einzige Austauschplattform eingerichtet werden, und die elektronischen Akten bei Gerichten und Behörden sollen eingeführt werden. Dies dient der Effizienzsteigerung der Geschäftsprozesse und der Beschleunigung der Verfahren und erleichtert den Zugriff auf Verfahrensakten für alle Verfahrensbeteiligten. Die Vernehmlassungsfrist zu dieser Vorlage dauerte bis am 26. Februar 2021. Derzeit wird die Vernehmlassung ausgewertet. Die Inbetriebnahme dieser neuen Plattform ist nicht vor 2026 vorgesehen. Zudem ist noch offen, ob diese Plattform künftig auch für Beschwerden von Ausländerinnen und Ausländern, die sich im Ausland aufhalten, genutzt werden kann. Daher wird das Bundesverwaltungsgericht für diese Beschwerdeverfahren eine eigene Austauschplattform errichten. Die BEKJ-Vorlage wird diese Entwicklung zu berücksichtigen haben. Die

58

SR 173.320.1

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Koordination wird im Rahmen der BEKJ-Vorlage vorzunehmen sein (siehe dazu Ziff. 8.7).

Bei der Erarbeitung der Prozesse des Beschwerdeverfahrens hat sich gezeigt, dass Anpassungen des Beschwerdeverfahrens notwendig sind, damit dieses zeitnah ­ unter Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsstandards im Zusammenhang mit elektronischen Eingaben und Übermittlungsplattformen ­ abgeschlossen werden kann und die Kommunikation zwischen dem BVGer, der beschwerdeführenden Partei und der Vorinstanz technisch so einfach und so schnell wie möglich erfolgen kann.

Einerseits sind Anpassungen bei den Verfahrensbestimmungen notwendig; andererseits ist vorgesehen, dass das BVGer für die sichere Zustellung von Beschwerden, weiteren Eingaben und Unterlagen sowie Akten, verfahrensleitenden Anordnungen und Urteilen zwischen dem BVGer, der beschwerdeführenden Partei sowie der Vorinstanz eine Plattform zur Verfügung stellt.

Über diese Plattform soll die gesamte Kommunikation abgewickelt werden. Standardisierte Mitteilungen, die die Plattform gestützt auf die jeweiligen Interaktionen mit den Verfahrensbeteiligten generiert und per E-Mail verschickt, sollen die Verfahrensbeteiligten unterstützen; sie sind für die rechtlich massgebliche Zustellung auf der Plattform aber nicht massgeblich.

Die Plattform soll zudem das Problem der Zustellung von Beschwerden ins Ausland lösen. Aufgrund des völkerrechtlichen Prinzips der Souveränität ist ein Staat nicht berechtigt, auf dem Gebiet eines anderen Staates Hoheitsakte vorzunehmen. Die Zustellung von gerichtlichen Akten stellt nach der traditionellen schweizerischen Auffassung vom Völkerrecht eine Amtshandlung dar, die auf fremdem Staatsgebiet nicht ohne Zustimmung des fremden Staates vorgenommen werden darf. Die Zustellung von Verfügungen und Entscheiden ins Ausland hat daher, soweit keine gegenteilige internationale Vereinbarung besteht, auf diplomatischem oder konsularischem Weg zu erfolgen. Davon ausgenommen sind einzig blosse Mitteilungen ohne rechtsgestaltende Wirkung (siehe dazu auch Urteil des Bundesgerichts 1P.187/2004, E.1 m. w. H.). Da eine Zustellung über die Auslandvertretungen aufwendig und je nach Staat sehr langwierig wäre, wird das BVGer eigens für diese Beschwerdeverfahren eine Plattform zur Verfügung stellen, damit die Verfahren zeitnah abgeschlossen werden
können. Weil sich die Server der Plattform in der Schweiz befinden, erfolgt die (elektronische) Zustellung der gerichtlichen Akten nicht auf fremdem Staatsgebiet.

Die Plattform kann standardisierte Mitteilungen an die Beschwerdepartei und die Vorinstanz senden. Diese müssen sich dann bei der Plattform anmelden, um die Dokumente bereitzustellen oder abzurufen.

Die beschwerdeführende Partei reicht ihre Beschwerde in einer der vier Amtssprachen oder auf Englisch über ein gesichertes Formular auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts (www.bvger.ch) ein. Sie hat unter anderem folgende Informationen bereitzustellen: ­

ihre Reisepassnummer;

­

die für das ETIAS-Reisegenehmigungsgesuch verwendete E-Mail-Adresse;

­

ihre ETIAS-Nummer.

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Die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer wird nach dem Hochladen der Beschwerde und allfälliger Beilagen aufgefordert, sofort einen Kostenvorschuss entweder mit Kreditkarte oder per Banküberweisung zu bezahlen. Für einen Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 65 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196859, VwVG) steht ein Formular auf der Website des BVGer zur Verfügung.

Die Zentrale Kanzlei wird per standardisierter Mitteilung informiert, dass eine neue Beschwerde auf der Plattform eingereicht wurde. Nach erfolgtem Zahlungseingang oder Ablauf der Zahlungsfrist meldet sich die Kanzlei bei der Plattform an, lädt die Dokumente herunter und bestellt ­ nur im ersten Fall ­ bei der NES das Vordossier mit den vollständigen Akten. Die NES prüft mittels Reisepassnummer, E-Mail-Adresse und ETIAS-Nummer, ob ein Gesuchsdatensatz zu diesen Informationen vorliegt, erstellt gegebenenfalls das Vordossier mit den vollständigen Akten und lädt es auf die Plattform hoch. Wenn kein Gesuchsdatensatz gefunden wird, informiert die NES das BVGer entsprechend.

Die Einladung des BVGer zur Vernehmlassung, die Einreichung der Vernehmlassung durch die NES und die Zustellung der Vernehmlassung an die Beschwerdeführerin oder den Beschwerdeführer erfolgen über die Plattform. Die Einladung des BVGer zur Replik, die Einreichung der Replik durch die Beschwerdeführerin oder den Beschwerdeführer und die Zustellung der Replik an die NES erfolgen ebenfalls über die Plattform.

Das BVGer eröffnet den Parteien das Urteil und legt es auf der Plattform ab. Die Plattform löst den Versand einer standardisierten Mitteilung aus, in der die Parteien zum Herunterladen des Urteils auf der Plattform eingeladen werden. In gleicher Art und Weise werden alle formellen Entscheide oder weitere verfahrensleitende Anordnungen den Parteien mitgeteilt.

6.5

Rechtlicher Umsetzungsbedarf

Die ETIAS-Änderungsverordnungen «Grenze» und «Polizei» enthalten sowohl direkt anwendbare Bestimmungen als auch solche, die landesrechtlich konkretisiert werden müssen. Der Bundesbeschluss wiederholt direkt anwendbare Bestimmungen aus den EU-Verordnungen nur insoweit, als dies für das Verständnis des Kontextes notwendig ist.

Diejenigen Neuerungen, die eine Anpassung von Bundesgesetzen erfordern, werden in diesem Abschnitt beschrieben. Gewisse Neuerungen haben demgegenüber nur Auswirkungen auf das später zu erlassende Verordnungsrecht und bleiben im Folgenden unberücksichtigt.

Der konkrete Anpassungsbedarf in den einzelnen Gesetzen wird im Folgenden zusammengefasst (vgl. Ziff. 7 für die Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln).

59

SR 172.021

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6.5.1

Ausländer- und Integrationsgesetz

Im EES werden neu auch Daten aus dem ETIAS erfasst. Entsprechend ist Artikel 103b Absatz 2 AIG zu ergänzen.

Aufgrund der neuen Zugriffsrechte der NES auf die EU-Informationssysteme wie auch auf nationale Datenbanken sind die entsprechenden Artikel im AIG anzupassen.

So soll die NES zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der manuellen Prüfung der ETIAS-Reisegenehmigungen nicht nur auf das ZEMIS, sondern neu auch auf das ORBIS (Art. 109c Bst. i E-AIG) zugreifen können. Ferner soll sie im Migrationsbereich einen Zugriff auf die EU-Informationssysteme VIS (Art. 109a Abs. 2 Bst. e E-AIG) und EES (103c Abs. 2 Bst. d E-AIG) erhalten.

In Artikel 108a Absatz 1 ist ferner zu präzisieren, dass sich der Anwendungsbereich des ETIAS nicht nur auf visumbefreite Drittstaatsangehörige bezieht, die für einen kurzfristigen Aufenthalt in den Schengen-Raum einreisen, sondern auch auf diejenigen, die für einen längerfristigen Aufenthalt einreisen.

Aufgrund der Übernahme der Interoperabilitätsverordnungen sind zwei Bestimmungen in Bezug auf ETIAS anzupassen: Einerseits ist zu präzisieren, welche Daten im gemeinsamen Speicher für Identitätsdaten (CIR) gespeichert werden (Art. 108a Abs. 3 E-AIG); andererseits ist die Bekanntgabe von ETIAS-Daten, die im CIR gespeichert werden, in einem neuen Absatz in Artikel 108f AIG zu regeln. Beide Änderungen wurden bereits in der Botschaft zur Genehmigung und Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen «IOP Grenze» und «IOP Polizei» zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands)60 angekündigt.

Es ist notwendig, die Bestimmung zum Verfahren zur Erteilung, Verweigerung, Annullierung oder Widerruf der ETIAS-Reisegenehmigung in Bezug auf die Verfahrensbestimmungen zu ergänzen (neuer Abs. 5 von Art. 108d E-AIG). Es wird festgehalten, dass die Artikel 11b Absatz 1, 22a und 24 VwVG nicht anwendbar sind. Ferner soll dem Bundesrat ermöglicht werden, dass er vom VwVG abweichende Ausführungsbestimmungen zur Umsetzung der ETIAS-Verordnung sowie der Durchführungsrechtsakte und delegierten Rechtsakte der Europäischen Kommission erlassen kann.

Diese Rechtsakte der Europäischen Union zum Verfahren zur Erteilung, Verweigerung, Annullierung
oder Widerruf der ETIAS-Reisegenehmigung bzw. deren technische Umsetzung werden derzeit teilweise noch erarbeitet. Die technische Umsetzung in der EU ist ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Daher ist es notwendig, dass diese Abweichungen vom VwVG durch den Bundesrat auf Verordnungsstufe zu einem späteren Zeitpunkt geregelt werden können, sobald die Abläufe geregelt sind und die technische Umsetzung bekannt ist.

Diese Problematik stellt sich für das Verfahren zur Ausübung des Rechts auf Auskunft über die Daten sowie für das Verfahren zur Berichtigung, Ergänzung oder Löschung der Daten im ETIAS. Auch hier sind Ausnahmen vom VwVG in Artikel 108f bis E-AIG vorzusehen. Diese Ausnahmen betreffen sowohl das erstinstanz60

BBl 2020 7983

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liche Verfahren (Verweis auf Art. 108d Abs. 5 E-AIG) als auch das Beschwerdeverfahren (Verweis auf Art. 108dbis­108dquinquies).

Für das ETIAS-Beschwerdeverfahren sind besondere Verfahrensbestimmungen aufzunehmen, die in gewissen Punkten vom VwVG und vom Bundesgesetz über das Bundesverwaltungsgericht vom 17. Juni 200561 (VGG) abweichen (Artikel 108dbis­ 108dquinquies E-AIG). So soll eine qualifizierte Signatur für elektronisch eingereichte Beschwerden nicht notwendig sein. Auch soll der Fristenlauf nach Artikel 22a VwVG keine Anwendung finden. Ferner muss kein Zustellungsdomizil in der Schweiz bezeichnet werden.

Weiter kann der Kostenvorschuss entweder mittels Kreditkarte oder Banküberweisung beglichen werden. Auch soll es möglich sein, Beschwerden nicht nur in einer der vier Amtssprachen, sondern auch in Englisch beim BVGer einzureichen. Nur in diesen Fällen wird das Dispositiv des Urteils ins Englische übersetzt. Eine allfällige Übersetzung ist rein informativ und wird als solche bezeichnet. Massgebend ist das Urteil in der Amtssprache. In Ergänzung von Artikel 23 Absatz 1 VGG soll die Einzelrichterin oder der Einzelrichter auch über Beschwerden entscheiden, die offensichtlich unbegründet sind, weil ein Reisedokument verwendet wurde, das im SIS als verloren, gestohlen, unterschlagen oder für ungültig erklärt gemeldet ist, weil die betroffene Person im SIS zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben ist oder weil die ETIAS-Stelle eines anderen Staates eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat. Alle diese Anpassungen in Bezug auf das Beschwerdeverfahren sollen eben dieses für die beschwerdeführenden Parteien vereinfachen und das Verfahren beschleunigen.

Damit das Beschwerdeverfahren zeitnah abgeschlossen werden kann und die Kommunikation zwischen dem BVGer, der beschwerdeführenden Partei und der Vorinstanz technisch so einfach und so schnell wie möglich erfolgt, wird das BVGer eine Plattform zur Verfügung stellen. Diese soll eine sichere Zustellung von Beschwerden, weiteren Eingaben und Unterlagen sowie Akten, verfahrensleitenden Anordnungen und Urteilen zwischen dem BVGer, der beschwerdeführenden Partei und der Vorinstanz sowie die Kommunikation mittels standardisierter Mitteilungen ermöglichen. Die rechtlichen Grundlagen dazu werden neu ins AIG eingefügt (Art. 108dquater E-AIG).
Ferner ist ein nationales ETIAS-System aufzubauen. Dieses dient der NES zur manuellen Bearbeitung der ETIAS-Gesuche, die in die Zuständigkeit der Schweiz fallen, und zur Bearbeitung der Überwachungsliste. Die Rechtsgrundlagen für dieses nationale Informationssystem sind im AIG zu schaffen (Art. 108h­108k E-AIG).

Schliesslich sind die Verweise auf die EU-Verordnungen im Gesetz zu aktualisieren.

6.5.2

Bundesgesetz über das Bundesverwaltungsgericht

Im VGG ist festzuhalten, in welchen Fällen besondere Zuständigkeiten der Einzelrichterin oder des Einzelrichters im ETIAS-Beschwerdeverfahren bestehen (Art. 23 61

SR 173.32

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Abs. 2 Bst. d E-VGG). Zudem ist noch ein Verweis auf das Asylgesetz zu korrigieren (Art. 23 Abs. 2 Bst. a E-VGG).

6.5.3

Strafregistergesetz

Die heute vornehmlich im Strafgesetzbuch62 (StGB) geregelten Rechtsgrundlagen des Strafregisterrechts werden mit der Inkraftsetzung des neuen Strafregistergesetzes63 (StReG) aufgehoben. Die Inkraftsetzung des StReG soll erst nach Abschluss des VOSTRA-Neubaus erfolgen; sie ist für Anfang 2023 geplant. Der Zugriff der NES auf das neue VOSTRA ist deshalb auch im neuen StReG zu regeln (Art. 46 Bst. f Ziff. 4 E-StReG).

6.5.4

Strafgesetzbuch

Bis das neue StReG in Kraft tritt, ist der Zugriff der NES auf das bestehende VOSTRA im StGB zu regeln (Art. 365 Abs. 2 Bst. gbis E-StGB).

6.5.5

Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes

Zudem muss das Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes64 (BPI) angepasst werden. Dieses regelt die Rechtsgrundlagen der polizeilichen Informationssysteme des Bundes. Es ist zu regeln, dass die NES Zugriff auf gewisse polizeiliche Informationssysteme für die Prüfung der Gesuche um ETIAS-Reisegenehmigungen und die Bearbeitung der ETIAS-Überwachungsliste auf das N-SIS (Art. 16 Abs. 2 Bst. s und 5 Bst. gbis E-BPI), das RIPOL (Art. 15 Abs. 1 Bst. n und 4 Bst. kbis E-BPI) und den Nationalen Polizeiindex (Art. 17 Abs. 4 Bst. n E-BPI) erhalten kann.

Schliesslich sind die Verweise auf die EU-Verordnungen im Gesetz zu aktualisieren.

6.6

Besonderer Koordinationsbedarf

Bei der Übernahme und Umsetzung der ETIAS-Änderungsverordnung besteht ein besonderer Koordinationsbedarf im Hinblick auf die nachfolgenden Vorlagen zur Übernahme und Umsetzung der Rechtsgrundlagen betreffend:

62 63 64

­

EES (siehe Ziff. 8.1);

­

ETIAS (siehe Ziff. 8.2);

SR 311.0 SR 330; BBl 2016 4871 SR 361

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­

SIS (siehe Ziff. 8.3); sowie

­

IOP (siehe Ziff. 8.4).

Ferner ist die Vorlage im Strafregisterbereich (VOSTRA) mit dem neuen StReG (Art. 46 StReG) bzw. mit der heutigen Regelung im Strafgesetzbuch (Art. 365 StGB) zu koordinieren.

Koordinationsbedarf besteht auch mit dem Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT)65, das am 25. September 2020 vom Parlament genehmigt und am 13. Juni 2021 vom Volk angenommen wurde.

Zudem wird die Vorlage mit dem zukünftigen Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) und dem revidierten EU-Informationssystem VIS zu koordinieren sein.

Der Koordinationsbedarf zwischen den verschiedenen Vorlagen wird unter Ziffer 8 detailliert aufgeführt.

7

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Umsetzungserlasses

7.1

Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG)

Art. 5 Abs. 1 Bst. abis Fussnote Buchstabe abis von Artikel 5 Absatz 1 wurde im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der ETIAS-V eingeführt und durch das Parlament am 25. September 2020 gutgeheissen.66 Gemäss dieser Bestimmung müssen Ausländerinnen und Ausländer über eine ETIAS-Reisegenehmigung nach der ETIAS-V verfügen, sofern diese erforderlich ist. Somit müssen alle Angehörigen von visumbefreiten Drittstaaten eine ETIASReisegenehmigung vorweisen, wenn sie die Schengen-Aussengrenze überschreiten möchten. Diese Bestimmung ist noch nicht in Kraft. Ihre Inkraftsetzung erfolgt erst im Hinblick auf die Inbetriebnahme des ETIAS im Schengen-Raum.

Da die ETIAS-V durch die ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze» zuletzt geändert wird, ist die Fussnote in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe abis entsprechend anzupassen.

Art. 68a Abs. 2 Fussnote Mit der Übernahme und Umsetzung der neuen Rechtsgrundlagen zum SIS wurde Artikel 68a ins AIG eingeführt und durch das Parlament am 18. Dezember 2020 gutgeheissen.67 Dieser Artikel regelt die Ausschreibung von Wegweisungsverfügungen und Einreiseverboten im SIS. Absatz 2 verweist dabei auf die Verordnung «SIS Grenze».

Diese Bestimmung ist noch nicht in Kraft. Ihre Inkraftsetzung erfolgt erst im Hinblick auf die Inbetriebnahme des neuen SIS im Schengen-Raum voraussichtlich Mitte 2022.

65 66 67

BBl 2020 7741 BBl 2020 7911 BBl 2020 10033

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Da die Verordnung «SIS Grenze» durch die ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze» zuletzt geändert wurde, ist die Fussnote in Artikel 68a Absatz 2 entsprechend anzupassen.

Art. 68e Abs. 2 Fussnote Mit der Übernahme und Umsetzung der neuen Rechtsgrundlagen zum SIS wurde Artikel 68e ins AIG eingeführt und durch das Parlament am 18. Dezember 2020 gutgeheissen.68 Dieser Artikel regelt die Bekanntgabe von SIS-Daten an Dritte. Absatz 2 verweist dabei auf die Verordnung «SIS Rückkehr». Diese Bestimmung ist noch nicht in Kraft. Ihre Inkraftsetzung erfolgt erst im Hinblick auf die Inbetriebnahme des neuen SIS im Schengen-Raum voraussichtlich Mitte 2022.

Da die Verordnung «SIS Rückkehr» durch die ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze» zuletzt geändert wurde, ist die Fussnote in Artikel 68e Absatz 2 entsprechend anzupassen.

Art. 103b Abs. 1 Fussnote und Abs. 2 Bst. bter Mit der Übernahme und Umsetzung der EES-V wurde Artikel 103b ins AIG eingeführt und durch das Parlament am 21. Juni 2019 gutgeheissen.69 Dieser Artikel regelt das EES und enthält die Datenkategorien, die an das EES übermittelt werden. Der Bundesrat hat am 10. November 2021 im Hinblick auf die Inbetriebnahme des EES im Schengen-Raum beschlossen, die Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes vom 21. Juni 201970 auf den 1. Mai 2022 in Kraft zu setzen.

Da die EES-V durch die Verordnung «IOP Grenze» angepasst wurde, war die Fussnote in Artikel 103b Absatz 1 im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der Interoperabilitätsverordnungen entsprechend anzupassen. Da die ETIAS-Änderungsverordnung erneut die EES-V geändert hat, muss die Fussnote in Artikel 103b Absatz 1 wiederum angepasst werden.

Zudem wird ein neuer Buchstabe bter in Absatz 2 eingefügt. Absatz 2 regelt, welche Daten zu Drittstaatsangehörigen die Schweizer Behörden an das EES übermitteln werden. Bisher waren folgende vier Datenkategorien vorgesehen:

68 69 70

­

alphanumerische Daten wie zum Bespiel Name und Vorname sowie Informationen zum Reisedokument und zu erteilten Visa;

­

das Gesichtsbild der oder des Reisenden, das bei der Ersteinreise aufgenommen und im EES gespeichert wird; es wird nicht aus dem VIS übernommen;

­

Datum der Einreise und der Ausreise aus dem Schengen-Raum und die Grenzübergangsstelle;

BBl 2020 10033 BBl 2019 4573 Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 21. Juni 2019 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen zur Errichtung und Nutzung des Einreise- und Ausreisesystems EES; BBl 2019 4573, 4575.

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­

die Einreiseverweigerungen, die auch im EES eingetragen werden; es handelt sich für die Schweiz um die Einreiseverweigerungen nach Artikel 65 AIG.

Mit der ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze» wird die EES-Verordnung insofern angepasst, als neu vorgesehen ist, dass im Einreise-/Ausreisedatensatz des EES neu auch die ETIAS-Gesuchsnummer, das Ende der Gültigkeitsdauer einer ETIASReisegenehmigung und, bei einer ETIAS-Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit, die Schengen-Staaten, für welche diese Reisegenehmigung gültig ist, erfasst werden (neuer Art. 17 Abs. 2 Unterabs. 2 und Art. 18 Abs. 1 Bst. b in der EESV, siehe dazu Ziff. 5.1.3). Aus diesem Grund wird zu den bestehenden vier Datenkategorien eine fünfte hinzugefügt. So sollen auch Daten über erteilte ETIASReisegenehmigungen an das EES übermittelt werden, sofern für die betroffene Person eine Pflicht besteht, im Besitz einer solchen Reisegenehmigung zu sein.

Art. 103c Abs. 2 Bst. d Mit der Übernahme und Umsetzung der EES-V wurde auch Artikel 103c ins AIG eingeführt. Dieser Artikel regelt die Erfassung, Bearbeitung und Abfrage der Daten im EES. Diese Bestimmung wird, wie auch der oben aufgeführte Artikel 103b, auf den 1. Mai 2022 in Kraft gesetzt.

Absatz 2 nennt die Behörden, die das EES im Rahmen ihrer Aufgaben abfragen können. Mit der ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze» erhalten neben den Grenzbehörden und den Visum- bzw. Migrationsbehörden neu auch die Mitarbeitenden der NES, die ETIAS-Reisegenehmigungen bearbeiten, das Recht, das EES zur manuellen Bearbeitung der ETIAS-Reisegenehmigungen abzufragen (neuer Art. 9 Unterabs. 2a i. V. m. Art. 25b EES-V, siehe dazu Ziff. 5.1.3). Es dürfen nur die Daten abgefragt werden, die in den Artikeln 16­18 der EES-V aufgeführt sind. Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten von Visuminhaberinnen und Visuminhabern und von nicht visumpflichtigen Drittstaatsangehörigen sowie von Personen, denen die Einreise verweigert wurde.

Art. 108a Abs. 1, Einleitungssatz und Abs. 3 Abs. 1 Auch Artikel 108a wurde im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der ETIAS-V eingeführt. Diese Bestimmung regelt das ETIAS und hält unter anderem fest, welche Daten von Drittstaatsangehörigen, die von der Visumpflicht befreit sind und in den Schengen-Raum einreisen wollen, gespeichert werden. Diese Bestimmung ist noch nicht in Kraft. Derzeit ist im Gesetz geregelt, dass sich der Anwendungsbereich des ETIAS lediglich auf die visumbefreite Einreise von Drittstaatsangehörigen
für den kurzfristigen Aufenthalt im Schengen-Raum bezieht.

Die Europäische Kommission hat den Anwendungsbereich des ETIAS im Rahmen der Ausarbeitung der tertiären Rechtsakte und der ETIAS-Änderungsverordnungen dahingehend präzisiert, dass das ETIAS nicht nur Anwendung findet auf visumbefreite Drittstaatsangehörige, die für einen kurzfristigen Aufenthalt in den SchengenRaum einreisen, sondern auch auf diejenigen, die für einen längerfristigen Aufenthalt einreisen. Deshalb ist der Einleitungssatz entsprechend anzupassen (siehe dazu 64 / 98

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Ziff. 6.3). Neu sieht Absatz 1 vor, dass alle visumbefreiten Drittstaatsangehörigen unabhängig davon, für wie lange sie in den Schengen-Raum einreisen wollen, eine ETIAS-Reisegenehmigung in den Schengen-Raum brauchen, sofern sie nicht beispielsweise einen gültigen Ausländerausweis oder ein Visum (C oder D) vorweisen können. Die Einschränkung in Absatz 1 in Bezug auf die kurzfristige Einreise wird somit gestrichen.

Abs. 3 In der Botschaft zur Genehmigung und Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) 2019/817 und (EU) 2019/818 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EUInformationssystemen (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands) wurde unter Ziffer 8.1 im Rahmen der Koordination zwischen ETIAS und Interoperabilität festgehalten, dass im neuen Artikel 108a ein neuer Absatz 3 einzufügen sei. Dieser neue Absatz muss präzisieren, welche Daten im gemeinsamen Speicher für Identitätsdaten (CIR) automatisch gespeichert werden. Die Identitätsdaten und die Daten zu den Reisedokumenten (Art. 108a Abs. 1 Bst. a in der Fassung der ETIAS-Vorlage) werden im CIR gespeichert. Die Informationen zu den bewilligten oder abgelehnten Gesuchen um eine ETIAS-Reisegenehmigung sowie die Daten der Überwachungsliste sind von einer Speicherung im CIR ausgenommen; sie bleiben nach wie vor nur im ETIAS gespeichert, da es sich nicht um CIR-Daten handelt. Da es sich hierbei um materielle Gesetzesänderungen handelt, war es nicht möglich, diese in die Koordinationsbestimmungen zur Interoperabilitätsvorlage aufzunehmen. Aus diesem Grund werden diese Änderungen in diese Vorlage eingefügt.

Art. 108d Abs. 5 Artikel 108d AIG legt das Verfahren für den Erlass von Verfügungen und für Beschwerden im Gesetz fest, wenn die Gesuche um eine Reisegenehmigung durch die nationale ETIAS-Stelle manuell geprüft werden. Das VwVG findet Anwendung auf das Verfahren in Verwaltungssachen, die durch Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden in erster Instanz oder auf Beschwerde zu erledigen sind (Art. 1 VwVG). Dieser Grundsatz wird im neuen Absatz nochmals wiederholt.

Die ETIAS-Verordnung, die ETIAS-Änderungsverordnungen sowie die Rechtsakte der EU-Kommission, die derzeit oder zukünftig ausgearbeitet werden, weichen in bestimmten Punkten vom VwVG ab oder regeln
diese gar nicht. Aus diesem Grund wurden im AIG diese Fälle abschliessend aufgeführt. Der Bundesrat kann abweichende und ergänzende Bestimmungen erlassen über die elektronischen Eingaben und die Zustellung (Bst. a), die Anhörung (Bst. b) sowie die Zulässigkeit von Eingaben auf Englisch (Bst. c).

Artikel 11b VwVG regelt das Zustellungsdomizil, damit Behörden den Parteien Mitteilungen und Verfügungen zustellen können. Wohnt eine Person im Ausland, hat sie ein schweizerisches Zustellungsdomizil anzugeben (Abs. 1). Diese Bestimmung soll auf das ETIAS-Verfahren keine Anwendung finden, da die Person sich im Regelfall im Ausland befinden wird und die Gesuche elektronisch über das ETIAS laufen werden.

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Artikel 22a Absatz 1 VwVG bestimmt abschliessend den Fristenstillstand vom Verfahren im Geltungsbereich des VwVG. Die ETIAS-Verordnung sieht keine Fristenstillstände vor. Daher soll diese Bestimmung auf das ETIAS-Verfahren keine Anwendung finden.

Gemäss Artikel 24 VwVG kann um Wiederherstellung einer Frist ersucht werden, wenn die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller oder deren Vertretung diese unverschuldeterweise nicht wahrnehmen konnte. Die ETIAS-Verordnung sieht keine Regelung der Wiederherstellung einer Frist vor. Daher soll diese Bestimmung auf das ETIAS-Verfahren keine Anwendung finden.

Bst. a Parteien können eine elektronische Zustelladresse angeben und ihr Einverständnis erklären, dass Zustellungen auf elektronischem Weg erfolgen (Art. 11b Abs. 2 VwVG).

Im Rahmen des ETIAS-Verfahrens befinden sich die Personen im Ausland. Eine schriftliche Einreichung des ETIAS-Gesuchs ist durch die ETIAS-Verordnung nicht vorgesehen, da alles elektronisch über das Informationssystem ETIAS läuft. Ein spezielles Einverständnis ist dazu nicht notwendig. Die ETIAS-Reisegenehmigung wird der Person nicht via E-Mail, sondern elektronisch über das System zugestellt. Diese Abläufe, die vom VwVG abweichen, sind durch den Bundesrat zu regeln.

Rechtsgültige Eingaben an Bundesbehörden können in elektronischer Form erfolgen; dies ist allerdings nur der Fall, wenn das vom Bundesrat vorgeschriebene Format benutzt wird (Art. 21a VwVG). Sofern eine Partei ausdrücklich damit einverstanden ist, kann die Behörde mit einer elektronischen Signatur versehene Verfügungen und Entscheide auf elektronischem Weg rechtsgültig eröffnen. Die Modalitäten des elektronischen Verkehrs zwischen einer Partei und den Behörden des Bundes in Verfahren, auf die das VwVG anwendbar ist, werden ­ gestützt auf eine Delegationsnorm im VwVG ­ in der Verordnung vom 18. Juni 2010 über die elektronische Übermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens (VeÜ-VwV)71 geregelt. Der elektronische Versand von Verfügungen und Entscheiden erfolgt grundsätzlich über eine anerkannte Zustellplattform. Eine andere Übermittlungsart darf verwendet werden, wenn diese es in geeigneter Weise erlaubt, die Adressatin oder den Adressaten eindeutig zu identifizieren, den Zeitpunkt der Zustellung eindeutig festzustellen und die Verfügung in verschlüsselter Form zu übermitteln.
Im Rahmen des ETIAS-Verfahrens braucht es keine ausdrückliche Zustimmung für die elektronische Kommunikation zwischen der betroffenen Person und der NES. Ferner wird das Gesuch elektronisch im ETIAS erfasst. Eine spezielle Form ist hier nicht notwendig. Die Entscheide der NES werden zwar unterzeichnet, welche Modalitäten diese Signatur erfüllen werden, ist derzeit aber noch offen und entsprechend durch den Bundesrat auf Verordnungsstufe zu regeln. Beim ETIAS handelt es sich nicht um eine anerkannte Plattform nach Artikel 2 VeÜ-VwV i. V. m. Artikel 3 der Verordnung über die elektronische Übermittlung im Rahmen von Zivil- und Strafprozessen sowie von Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren (VeÜ-ZSSV)72. Ferner kann die Person im ETIAS-Verfahren erst bei der Einreise im Rahmen der Erfassung ihrer Daten 71 72

SR 172.021.2 SR 272.1

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im EES eindeutig identifiziert werden. Die im ETIAS erfassten Daten sind selbstdeklaratorisch (Personalien, Daten zum Reisedokument usw.). Eine zusätzliche Identitätsprüfung findet nicht statt. Alle diese Aspekte sind auf Verordnungsstufe durch den Bundesrat zu regeln.

Artikel 34 Absatz 1 VwVG schreibt für die dem VwVG unterstellten Behörden grundsätzlich eine schriftliche Eröffnung vor. Mit dem Einverständnis einer Partei erlaubt Artikel 34 Absatz 1bis VwVG die Eröffnung einer Verfügung auf elektronischem Weg (siehe dazu auch Ausführungen zu Bst. c). Da im ETIAS-Verfahren der Person sowohl die Erteilung als auch die Verweigerung, Annullierung oder Widerruf der ETIAS-Reisegenehmigung über das ETIAS eröffnet wird, sind hier entsprechende Ausnahmen vom VwVG vorzusehen.

Bst. b Artikel 30 VwVG verpflichtet die Behörde grundsätzlich, die Parteien vor dem Erlass einer Verfügung anzuhören. Er sieht gewisse Konstellationen vor, in denen die Behörde im Einzelfall auf die Gewährung dieses Rechts verzichten kann. Die ETIASVerordnung sieht kein Recht auf vorgängige Anhörung vor. Der Bundesrat wird dies auf Verordnungsstufe entsprechend zu regeln haben, sobald die Vorgaben seitens der EU abschliessend bekannt sind.

Bst. c Artikel 33a VwVG regelt die Verfahrenssprache, das heisst die Sprache, in der die Behörde das Verfahren führt. In der Regel wird das Verfahren vor erster Instanz in der Amtssprache geführt, in der die Parteien ihre Begehren gestellt haben oder stellen würden. Englisch zählt nicht zu den Amtssprachen des Bundes.

Im ETIAS-Verfahren hält sich die betroffene Person im Ausland auf. Deshalb soll hier ­ wie auch im ETIAS-Beschwerdeverfahren ­ vorgesehen werden, dass die Begehren oder Eingaben auch in Englisch eingereicht werden können. Die Verfahrenssprache bleibt jedoch weiterhin eine der Amtssprachen.

Art. 108dbis

ETIAS-Beschwerdeverfahren: allgemeine Verfahrensbestimmungen

Anwendbarkeit des VwVG (Abs. 1) Die Rechtsmittel gegen die Verweigerung, Annullierung oder Aufhebung einer ETIAS-Reisegenehmigung richten sich nach dem VwVG. Sie ermöglichen der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller, beim Bundesverwaltungsgericht innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der Verfügung schriftlich und in elektronischer Form Beschwerde zu erheben.

Bei der Erarbeitung der Prozesse des Beschwerdeverfahrens hat sich gezeigt, dass Anpassungen des Beschwerdeverfahrens notwendig sind, damit dieses zeitnah abgeschlossen werden und die Kommunikation technisch einfach und schnell erfolgen kann.

Aus diesem Grund wurden im AIG als lex specialis zum VwVG und zum VGG (Abs. 1) besondere Verfahrensbestimmungen in Artikel 108dbis­108dquinquies vorgesehen.

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Keine Anwendung von Artikel 22a VwVG (Abs. 2) Artikel 22a VwVG regelt abschliessend die Fristenstillstände für Verfahren im Geltungsbereich des VwVG. In den drei Zeitspannen (sogenannte Gerichtsferien) werden bestimmte gesetzliche oder behördliche Fristen im Verfahren nach dem VwVG gehemmt.

Um das ETIAS-Beschwerdeverfahren zeitnah abzuschliessen, sollen diese Fristenstillstände für dieses Beschwerdeverfahren nicht angewendet werden.

Beschwerden auch auf Englisch und Übersetzungen des Urteildispositivs (Abs. 3 und Abs. 4) Grundsätzlich werden Verfahren in einer der vier Amtssprachen geführt (Art. 33a VwVG). Im ETIAS-Beschwerdeverfahren ist es zusätzlich möglich, die Beschwerde und weitere Eingaben in Englisch einzureichen. Das Verfahren wird zwar trotzdem in einer der vier Amtssprachen geführt, jedoch können standardisierte Mitteilungen über die ETIAS-Übermittlungsplattform an die Beschwerdeführerin oder den Beschwerdeführer auch in Englisch erfolgen, da die standardisierten Mitteilungen (E-Mails) rein informativen Charakter haben. Namentlich informieren sie die Partei, dass auf der Plattform verfahrensbezogene Dokumente abgelegt werden.

Die verfahrensleitenden Anordnungen und das Urteil werden in einer der vier Amtssprachen abgefasst, jedoch wird das Dispositiv des Urteils zusätzlich ins Englische übersetzt, sofern die Beschwerde in Englisch eingereicht wurde. Eine solche Übersetzung ist rein informativ und wird als solche bezeichnet. Massgebend ist das Urteil in der Amtssprache.

Einzelrichterin oder Einzelrichter (Abs. 5) Der Spruchkörper des BVGer setzt sich in der Regel aus drei Richterinnen und Richtern zusammen (Art. 21 Abs. 1 VGG). In die einzelrichterliche Zuständigkeit fällt die Abschreibung gegenstandslos gewordener Verfahren sowie das Nichteintreten auf offensichtlich unzulässige Rechtsmittel (Art. 23 Abs. 1 VGG). Artikel 23 Absatz 2 VGG regelt die derzeitigen Ausnahmen vom Grundsatz des Dreier-Spruchkörpers für den Asyl- und den Sozialversicherungsbereich.

Für das ETIAS-Beschwerdeverfahren wird ebenfalls eine Ausnahme vom Grundsatz des Dreier-Spruchkörpers vorgeschlagen. So soll auch in Fällen, in denen ein Reisedokument verwendet wurde, das im SIS als verloren, gestohlen, unterschlagen oder für ungültig erklärt gemeldet ist, die betroffene Person im SIS zur Einreise- und
Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben ist oder die ETIAS-Stelle eines anderen Staates eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat, über eine offensichtlich unbegründete Beschwerde ein einzelrichterlicher Entscheid gefällt werden. In Artikel 23 Absatz 2 VGG ist ein entsprechender Vorbehalt aufzunehmen.

Die ETIAS-Beschwerden betreffen die oftmals standardisierte Ablehnung von Gesuchen um Einreise in den Schengen-Raum von im Ausland wohnhaften, nicht visumpflichtigen Personen. Dies gebietet nicht nur eine rasche Behandlung des Gesuchs durch die NES, sondern auch eine beschleunigte Behandlung der Beschwerdeverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht, die durch eine einzelrichterliche Besetzung 68 / 98

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des Spruchgremiums viel eher gewährleistet werden könnte als mit einem DreierSpruchkörper. Die Anzahl der möglichen ETIAS-Beschwerden wird zum heutigen Zeitpunkt auf 400­800 Fälle pro Jahr geschätzt. Bei durchschnittlich 1200 Neueingängen pro Jahr für die in dieser Materie federführende Abteilung VI des BVGer würden die ETIAS-Beschwerdefälle einen Zusatzaufwand von 30­60 Prozent pro Jahr ausmachen. Ohne Personalaufstockung würde dieser Zusatzaufwand kaum bewältigt werden können. Zudem würde sich die Verfahrensdauer in allen anderen ausländerrechtlichen Verfahren deutlich verlängern. Um dem Grundsatz, diese Verfahren zeitnah zu beurteilen, treu zu bleiben, drängt sich deshalb eine solche Ausnahme auf. Es ist davon auszugehen, dass im ersten Halbjahr zwecks Erstellung von Referenzurteilen und einer gefestigten Praxis fast ausschliesslich mit Urteilen, die im Dreier- bzw.

gar im Fünfer-Spruchkörper gefällt werden, zu rechnen ist. Die betroffenen Personen haben zudem die Möglichkeit, jederzeit wieder ein neues Gesuch zur Erteilung einer Reisegenehmigung zu stellen und ihre Eingaben demzufolge mithilfe neuer Argumente zu vervollständigen.

Art. 108dter

ETIAS-Beschwerdeverfahren: Übermittlungsart

Einreichung der Beschwerde auch über die ETIAS-Übermittlungsplattform möglich (Abs. 1) Beschwerden im ETIAS-Verfahren können nicht nur postalisch oder über andere Übermittlungswege nach dem VwVG eingereicht werden, sondern zusätzlich über die neue ETIAS-Übermittlungsplattform des BVGer.

Zustellung an die Partei oder ihre Vertretung (Abs. 2) Die Kommunikationsform zwischen dem BVGer und der Partei bzw. der Vertretung richtet sich nach der Form, welche die Partei bzw. die Vertretung zuletzt gewählt hat.

Es ist jedoch möglich, dass die Partei die Nutzung eines anderen Kommunikationskanals verlangen kann. Ein explizites Gesuch ist dafür nicht notwendig. Ist beispielsweise die Beschwerde auf postalischem Weg eingegangen, hat die Partei immer noch zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit, die ETIAS-Übermittlungsplattform für weitere Verfahrensschritte zu nutzen, sofern sie sich zuvor auf der Plattform registriert hat.

Kommunikation zwischen dem BVGer und der Vorinstanz (Abs. 3) Die Kommunikation zwischen dem BVGer und der Vorinstanz erfolgt unabhängig von der Kommunikationsform zwischen dem BVGer und der Partei immer über die ETIAS-Übermittlungsplattform.

Art. 108dquater ETIAS-Beschwerdeverfahren: ETIAS-Übermittlungsplattform Das BVGer stellt für das elektronische ETIAS-Beschwerdeverfahren eine elektronische Übermittlungsplattform zur Verfügung. Sie soll eine sichere elektronische Kommunikation und Zustellung von Beschwerden, weiteren Eingaben und Unterlagen, standardisierten Mitteilungen sowie Akten, verfahrensleitenden Anordnungen und

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Urteilen zwischen dem Gericht, der beschwerdeführenden Partei und der Vorinstanz ermöglichen (Abs. 1, siehe ausführlich dazu Ziff. 6.4.3).

Art. 108dquinquies ETIAS-Beschwerdeverfahren: Verfahrensbestimmungen bei Nutzung der ETIAS-Übermittlungsplattform Keine Notwendigkeit einer qualifizierten elektronischen Signatur (Abs. 1) Um dem zunehmenden Bedürfnis von Parteien und Bundesbehörden, Verfahrenshandlungen auf elektronischem Weg vorzunehmen, gerecht zu werden, wurde im Rahmen der Totalrevision der Bundesrechtspflege73 unter anderem neu Artikel 21a VwVG (Modalitäten der elektronischen Zustellung von Eingaben und Fristwahrung) geschaffen. Dieser Artikel umfasst zum einen die Bedingungen, unter denen Eingaben einer Partei an die Behörde elektronisch übermittelt werden können, und zum anderen die Regelung, wann die Frist bei einer solchen elektronischen Übermittlung der Eingabe als gewahrt gilt. Dem BVGer, dem Bundesstrafgericht oder einer Behörde der dezentralen Bundesverwaltung können Eingaben erst dann elektronisch übermittelt werden, wenn diese Behörde in dem von der Bundeskanzlei im Internet veröffentlichten Verzeichnis aufgeführt ist und wenn sie gemäss diesem Verzeichnis die elektronische Übermittlung von Eingaben im betreffenden Verfahren für zulässig erklärt hat.

Das BVGer ist in diesem Verzeichnis aufgenommen.

Absatz 2 von Artikel 21a VwVG bestimmt, dass die ganze Sendung von der Partei oder ihrer Vertreterin bzw. ihrem Vertreter mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen ist. Eine qualifizierte Signatur beruht auf einem qualifizierten Zertifikat einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten nach dem Bundesgesetz vom 18. März 201674 über die elektronische Signatur (ZertES) und muss hohen Sicherheitsanforderungen genügen (Art. 6 Abs. 1 und 2 ZertES).

Beschwerden zählen zu den Eingaben, die grundsätzlich zu unterschreiben sind (Art. 52 Abs. 1 VwVG). Nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung vom 18. Juni 201075 über die elektronische Übermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens kann auf das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur verzichtet werden, wenn die Identifizierung des Absenders und die Integrität der Übermittlung in anderer geeigneter Weise sichergestellt sind. Ausgenommen bleiben die Fälle, in denen das Bundesrecht vorschreibt,
dass ein bestimmtes Dokument unterschrieben wird.

Da im ETIAS-Beschwerdeverfahren die beschwerdeführende Partei sich bei der vom BVGer zur Verfügung gestellten Plattform anmelden muss und ihre Angaben (Personalien, Passnummer usw.) von der NES überprüft werden, kann auf das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur für Beschwerden im ETIAS-Verfahren verzichtet werden. Eine entsprechende Regelung wird in Absatz 1 eingefügt.

73 74

75

Botschaft Totalrevision Bundesrechtspflege, BBl 2001 4260.

Bundesgesetz über Zertifizierungsdienste im Bereich der elektronischen Signatur und anderer Anwendungen digitaler Zertifikate (Bundesgesetz über die elektronische Signatur, ZertES): SR 943.03.

SR 172.021.2

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Im Anmeldeverfahren werden laufend persönliche Daten und Dokumente der beschwerdeführenden Person erhoben, wodurch die Identität fortlaufend (mehr) sichergestellt wird. Sie meldet sich mit ihren persönlichen Daten an: vollständiger Name, Geburtstag und Passnummer. Darauf wird die ETIAS-Antragsnummer erhoben. Anschliessend wird die E-Mail-Adresse erhoben und validiert.

Mit der validierten E-Mail und dem persönlichen Passwort loggt sich die beschwerdeführende Partei ein und lädt ihre ETIAS-Dokumente hoch. Darauf wird sie aufgefordert, innert 30 Tagen den Kostenvorschuss zu begleichen. Nach der Zahlung werden die angegebenen Daten mit den Daten des abgehlehnten Einreisegenehmigung abgeglichen und das Vordossier wird bei der Vorinstanz (SEM) bestellt.

Die ETIAS-Übermittlungsplattform wie auch der Kanal zum Hochladen von Dateien sind gesichert. E-Mails, die vom BVGer an die beschwerdeführende Partei gesendet werden, enthalten keine persönlichen oder fallspezifischen Informationen. Sie dienen lediglich als Hilfestellung für die beschwerdeführende Partei. Dieser obliegt es, sich während dem Beschwerdeverfahren auf der ETIAS-Übermittlungsplattform einzuloggen und die neuesten Informationen zu verfolgen.

Kein Zustellungsdomizil (Abs. 2 und 5) Artikel 11b VwVG regelt das Zustellungsdomizil, damit Behörden den Parteien Mitteilungen und Verfügungen zustellen können. Auch Personen, die im Ausland wohnen, haben grundsätzlich ein schweizerisches Zustellungsdomizil anzugeben, da die Zustellung von Verfügungen und Entscheiden ins Ausland sonst aufgrund des völkerrechtlichen Souveränitätsprinzips grundsätzlich auf diplomatischem oder konsularischem Weg zu erfolgen hat. Absatz 2 von Artikel 11b VwVG sieht vor, dass Parteien auch eine elektronische Zustelladresse angeben können, und die Behörde ihrerseits kann Verfügungen und Entscheide auf elektronischem Weg eröffnen ­ allerdings beschränkt auf das nationale Hoheitsgebiet und das Fürstentum Liechtenstein.

Um die Kommunikation mit der Beschwerdeführerin oder dem Beschwerdeführer im ETIAS-Verfahren zu erleichtern, wird in Absatz 2 festgehalten, dass kein schweizerisches Zustellungsdomizil angegeben werden muss und der Versand elektronisch über die vom BVGer zur Verfügung gestellte Zustellplattform erfolgt. Die Zustellung gilt in dem Zeitpunkt als erfolgt, in dem
die Mitteilung von der Plattform abgerufen wurde, spätestens aber am siebten Tag, nachdem sie auf der Plattform bereitgestellt wurde.

Kostenvorschuss mittels Kreditkarte oder Banküberweisung (Abs. 3) Das BVGer erhebt von der beschwerdeführenden Partei einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten. Zu dessen Leistung ist ihr eine angemessene Frist anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden (Art. 63 Abs. 4 VwVG).

Im ETIAS-Beschwerdeverfahren wird die beschwerdeführende Partei automatisch mittels einer standardisierten Mitteilung zur Zahlung eines Kostenvorschusses aufge-

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fordert, sobald sie ihre Beschwerde und allfällige weitere Dokumente auf der Plattform hochgeladen hat. Diese Mitteilung enthält eine entsprechende Frist und die Folgen, falls der Kostenvorschuss nicht rechtzeitig beglichen wird. Eine Zahlungserinnerung vor Ablauf der Frist durch die Plattform soll vorgesehen werden. Die Zahlung kann mittels Kreditkarte oder Banküberweisung erfolgen.

Die Frist für die Zahlung dieses Vorschusses mittels Kreditkarte oder Banküberweisung ist gewahrt, wenn der Betrag rechtzeitig zugunsten des Bundesverwaltungsgerichts dem Bankkonto des Gerichts gutgeschrieben wurde oder zumindest in den Einflussbereich der von der Behörde bezeichneten Hilfsperson (Zahlungsanbieter oder Bank) gelangte. Bei Überweisungen aus dem Ausland trägt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der Rechtsuchende überdies das Risiko dafür, dass der Kostenvorschuss (innert Frist) auf dem Konto der Behörde eintrifft und dementsprechend auf sein Rechtsmittel eingetreten werden kann. Somit ist nicht alleine massgeblich, ob das ausländische Konto vor Ablauf der Frist belastet wurde. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der geforderte Betrag rechtzeitig dem Konto der Behörde gutgeschrieben wurde oder zumindest in den Einflussbereich der von der Behörde bezeichneten Hilfsperson (Bank oder Schweizerische Post) gelangte (siehe im Einzelnen Urteile 2C_1022/2012 und 2C_1023/2012 vom 25. März 2013 E. 6.3 mit weiteren Hinweisen). Eine Mahnung erfolgt nicht. In diesen Fällen wird auf die Beschwerde nicht eingetreten.

Die Möglichkeit, einen Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege zu stellen (Art. 65 VwVG), besteht zwar ohnehin, jedoch wird aus Transparenzgründen nochmals hier darauf hingewiesen. Ein entsprechendes Formular findet sich auf der Website des BVGer.

Elektronische Signatur bei Verfügungen und Urteilen des BVGer (Abs. 4) Auch wenn die Beschwerden nicht mit einer elektronischen Signatur zu versehen sind, so sind es jedoch die Verfügungen und Urteile des BVGer.

Regelung der Details bei der Nutzung der ETIAS-Übermittlungsplattform durch den Bundesrat (Abs. 6) Der Bundesrat wird die zu verwendende Signatur bei Verfügungen und Urteilen sowie das Format und die Details zum Übermittlungsweg präzisieren. Ferner werden die Anforderungen an die zulässigen Zahlungswege für die Begleichung des Kostenvorschusses
näher zu konkretisieren sein. Die Art und Weise der Archivierung bedarf ebenfalls einer Präzisierung.

Art. 108f Sachüberschrift und Abs. 3 Auch Artikel 108f wurde im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der ETIAS-V eingeführt. Diese Bestimmung regelt die Bekanntgabe von ETIAS-Daten. Sie ist noch nicht in Kraft. Wie Artikel 108a Absatz 3 hätte auch Artikel 108f AIG in der Fassung der ETIAS-Vorlage im Rahmen der Koordination zwischen ETIAS und Interoperabilität aufgrund der Übernahme der Interoperabilitätsverordnungen angepasst werden müssen.

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Ein neuer Absatz 3 wird eingeführt. Dieser soll neu auf Artikel 110h verweisen. Artikel 110h verweist wiederum auf Artikel 50 der beiden EU-Interoperabilitätsverordnungen. Diese Regelung ist analog zur Regelung, die für das EES gilt (Art. 103d Abs. 3 AIG im Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der IOPVerordnungen). Da der CIR neu ein Bestandteil des ETIAS wird, gelten die Bestimmungen für die Bekanntgabe von ETIAS-Daten auch für diejenigen ETIAS-Daten, die im CIR gespeichert sind (Identitätsdaten, Daten zu den Reisedokumenten und biometrische Daten). Da es sich hierbei um materielle Gesetzesänderungen handelt, war es am Ende des parlamentarischen Genehmigungsverfahrens zur Interoperabilitätsvorlage nicht mehr möglich, diese in die Koordinationsbestimmungen zur Interoperabilitätsvorlage aufzunehmen. Aus diesem Grund werden diese Änderungen in diese Vorlage eingefügt.

Art. 108f bis Rechte der betroffenen Person Die ETIAS-Verordnung, die ETIAS-Änderungsverordnungen sowie die Rechtsakte der EU-Kommission, die derzeit oder zukünftig ausgearbeitet werden, regeln das Verfahren zur Ausübung des Rechts auf Auskunft über die Daten sowie das Verfahren zur Berichtigung, Ergänzung oder Löschung der Daten im ETIAS nicht. Das führt dazu, dass auf diese Fälle das VwVG Anwendung findet, wenn das SEM diese Gesuche bearbeitet (Art. 1 VwVG). Da die betroffenen Personen sich jedoch im Ausland aufhalten, muss von gewissen Bestimmungen im VwVG abgewichen werden.

Erstinstanzliches Verfahren (Abs. 1) Artikel 108d Absatz 5 E-AIG führt abschliessend auf, in welchen Fällen der Bundesrat im ETIAS-Verfahren vom VwVG abweichende Bestimmungen erlassen kann (z. B.

Eingaben bei elektronischer Zustellung). Es wird vorgeschlagen, diese Bestimmung auch auf das erstinstanzliche Verfahren zur Ausübung des Rechts auf Auskunft über die Daten sowie das Verfahren zur Berichtigung, Ergänzung oder Löschung der Daten im ETIAS anzuwenden. Der Bundesrat soll für diese Verfahren ebenfalls Abweichungen auf Verordnungsstufe vorsehen können. Entsprechend wird auch auf Artikel 108d Absatz 5 E-AIG verwiesen.

Beschwerdeverfahren (Abs. 2) Die Artikel 108dbis­108dquinquies E-AIG enthalten vom VwVG abweichende Bestimmungen im ETIAS-Beschwerdeverfahren. Es
wird vorgeschlagen, diese Bestimmungen auch bei Beschwerden betreffend Verfahren zur Ausübung des Rechts auf Auskunft über die Daten sowie das Verfahren zur Berichtigung, Ergänzung oder Löschung der Daten im ETIAS anzuwenden. Entsprechend wird in Absatz 2 auf diese Bestimmungen verwiesen.

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Art. 108h

Grundsätze

Vor Artikel 108h wird ein neuer Gliederungstitel eingefügt. So soll im neuen 3b. Abschnitt (Art. 108h­108k E-AIG) das nationale Reiseinformations- und -genehmigungssystem N-ETIAS geregelt werden (siehe dazu auch ausführlich Ziff. 6.4.2).

Artikel 108h legt das allgemeine Ziel und den Anwendungsbereich des neuen Informationssystems N-ETIAS für die manuelle Prüfung von ETIAS-Reisegenehmigungen und zur Bearbeitung der ETIAS-Überwachungsliste durch die NES fest. Das System wird für Aufgaben genutzt, die den gesamten Prozess der Prüfung der ETIASReisegenehmigung und der Bearbeitung der ETIAS-Überwachungsliste abdecken. Es handelt sich im Wesentlichen um die Bearbeitung der notwendigen Personen- und Kontaktdaten und um die Konsultation von nationalen und kantonalen Behörden im Rahmen des ETIAS-Reisegenehmigungsverfahrens sowie der Bearbeitung von Personen- und Kontaktdaten bei der Erstellung der ETIAS-Überwachungsliste. Ferner soll es möglich sein, statistische Erhebungen vorzunehmen.

Die ETIAS-Überwachungsliste besteht aus Daten von Personen, die einer terroristischen oder anderen schweren Straftat oder der Beteiligung an einer solchen verdächtigt werden oder in deren Fall auf der Grundlage einer Gesamtbeurteilung der Personen faktische Anhaltspunkte oder hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass sie eine terroristische Straftat oder andere Straftaten begehen werden (Art. 34 ETIAS-V). Die NES ist in Zusammenarbeit mit dem fedpol und dem NDB für die Bearbeitung dieser Liste zuständig (Art. 108e Abs. 1 AIG). Diese wird regelmässig durch die eintragende Behörde auf ihre Richtigkeit hin überprüft und aktualisiert (Art. 35 Abs. 4 und 5 ETIAS-V).

Art. 108i

Inhalt

Dieser Artikel regelt den Inhalt des neuen Informationssystems N-ETIAS.

Abs. 1 Dieser Absatz bestimmt die Kategorien der Personen, deren Daten im neuen System erfasst werden.

Es handelt sich dabei um Daten von Drittstaatsangehörigen, deren ETIASReisegenehmigung durch das SEM als NES im manuellen Verfahren geprüft wird oder die durch die Schweiz auf Antrag des fedpol oder des NDB in die ETIASÜberwachungsliste aufgenommen werden. Über eine Schnittstelle werden gewisse Daten von und an das Zentralsystem des ETIAS an N-ETIAS übermittelt.

Abs. 2 und 3 Mit dem neuen nationalen Informationssystem lassen sich alle Daten, die für die manuelle Bearbeitung der ETIAS-Reisegenehmigungen und der ETIAS-Überwachungsliste erforderlich sind, zentralisieren.

Es werden nur diejenigen ETIAS-Gesuche im nationalen System gespeichert, die weiterer Abklärungen bedürfen. In diesen Fällen müssen die Gesuchsdaten aus der EU-

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Software zu ETIAS zur weiteren manuellen Bearbeitung ins nationale System extrahiert werden. Diejenigen Gesuche, über die ohne weitere nationale Abklärungen entschieden werden kann, können direkt und abschliessend in der von der EU zur Verfügung gestellten Software bearbeitet werden.

Die Gesuchsdaten wie die Identitätsdaten der Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller, die Daten zu den Reisedokumenten, die Kontaktdaten, die im Rahmen der Bewertung des Epidemierisikos erhobenen Daten zur Gesundheit, ergänzende Informationen und Dokumentkopien sowie die Referenzen auf die ermittelten Treffer sollen aus dem ETIAS ins N-ETIAS übertragen werden können (Abs. 2 Bst. a­e sowie Abs. 3).

Insbesondere können auch die Prüf- und Konsultationsergebnisse der Konsultation von kantonalen und Bundesbehörden, die zur Sachverhaltsklärung beitragen können, im N-ETIAS gespeichert werden (Abs. 2 Bst. f). Ferner sollen die Ergebnisse dieser Sachverhaltsabklärungen und Erwägungen sowie die Hinweise zum Verfahrensstand als Freitext im Bemerkungs- bzw. Kommentarfeld N-ETIAS gespeichert werden (Abs. 2 Bst. g). Bei der technischen Ausgestaltung der Eingabemaske sollte in Bezug auf den Inhalt des Textfelds auf Artikel 108i Absatz 2 Buchstabe d hingewiesen werden. Dieses Feld ist ausschliesslich für die NES-Benutzerinnen und -Benutzer sichtbar. Während der Bearbeitung des Reisegenehmigungsgesuchs soll das SEM für die interne Nutzung vorübergehend Bemerkungen und Informationen zum Stand der Bearbeitung und zur Prüfung von Sicherheits-, Migrations- und hohen Epidemierisiken erfassen können. Diese Hinweise können auch Beurteilungen der Treffer in nationalen «Umsystemen» (wie beispielsweise ORBIS, RIPOL oder N-SIS) enthalten.

Zudem können das SEM und die konsultierten Bundesbehörden im System entscheidrelevante Erwägungen erfassen.

Das Gleiche gilt für die Ergebnisse der Abfragen der nationalen Systeme und der EUInformationssysteme (Abs. 2 Bst. g und h) sowie für Informationen, welche die NES im Rahmen der Amtshilfe erhält (Abs. 2 Bst. i). Um die Identität der gesuchstellenden Person und allfällige von ihr ausgehende Risiken beurteilen zu können, kann auch die Abfrage der nationalen Systeme ZEMIS, ORBIS, RIPOL, N-SIS, VOSTRA oder des Nationalen Polizeiindex notwendig sein. Das Trefferbild aus diesen Systemabfragen zum Zeitpunkt des
Entscheids muss zur Nachvollziehbarkeit der Risikobeurteilung in einem allfälligen Rechtsmittelverfahren im N-ETIAS gespeichert werden können.

Alle genannten Daten werden lediglich für die Zeitdauer des Verfahrens gespeichert und danach automatisiert gelöscht. Die Löschung wird in den Ausführungsverordnungen zu ETIAS ausgeführt werden (siehe dazu Art. 108k E-AIG).

Ferner sind nicht nur die Anträge des fedpol und des NDB zur Aufnahme von Ausländerinnen und Ausländern in die ETIAS-Überwachungsliste im N-ETIAS zu speichern, sondern auch eine synchronisierte Kopie der Schweizer Einträge, da die Überwachungsliste im Zentralsystem verschlüsselt ist (Bst. k und l). Es muss möglich sein, einen Treffer in der manuellen Gesuchsbearbeitung als Klartext zu erkennen und zu bearbeiten. Zudem soll das N-ETIAS dabei helfen, Anpassungen und Löschungen von Schweizer Einträgen in die ETIAS-Überwachungsliste gleichzeitig im N-ETIAS und im Zentralsystem durchzuführen. Nicht mehr gültige Einträge in der Überwachungsliste (Ablauf der Gültigkeitsdauer) werden automatisiert gelöscht (Art. 108k E-AIG).

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Abs. 4 Das Verfahrensdossier der ETIAS-Genehmigungsgesuche wird in N-ETIAS in elektronischer Form geführt. Dadurch kann das N-ETIAS die NES im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens unterstützen, damit die entsprechenden Verfahrensdaten (einschliesslich der Treffer aus den EU-Zentralsystemen) dem BVGer zur Verfügung gestellt werden können.

Art. 108j

Datenbearbeitung und -bekanntgabe

Abs. 1 Dieser Artikel regelt den Zugang zum neuen Informationssystem. Für jede zugriffsberechtigte Behörde werden die Kategorie der verfügbaren Daten und der Zweck des Zugriffs festgelegt. Die Einzelheiten, insbesondere die Unterscheidung zwischen Bearbeitung und Abfrage von Daten, werden auf Verordnungsstufe geregelt.

Lediglich die Mitarbeitenden des SEM im Rahmen ihrer Tätigkeit als NES oder im Rahmen des Konsultationsverfahrens sowie die Mitarbeitenden des NDB und des fedpol erhalten Zugriff auf die Daten im N-ETIAS. Der Zugriff ist jedoch nicht unbeschränkt, sondern auf den jeweiligen Zweck und gewisse Daten über festgelegte Rollen mit Berechtigungen der jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschränkt.

So beschränkt sich der Zugriff der Mitarbeitenden des NDB und des fedpol auf die Daten, die sie für die Bearbeitung von Konsultationsanfragen im Rahmen der ETIASGesuchsbearbeitung oder im Rahmen der Bearbeitung von Einträgen in die ETIASÜberwachungsliste benötigen.

Abs. 2 Das BVGer erhält keinen Zugriff auf das N-ETIAS. Der Auszug des Verfahrensdossiers wird ihm in elektronischer Form über seine Plattform für die Instruktion der bei ihm eingegangenen Beschwerde zur Verfügung gestellt.

Abs.3 Absatz 3 regelt die Bekanntgabe von im N-ETIAS gespeicherten Personendaten und verweist dabei auf Artikel 108f AIG, der im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der ETIAS-V eingeführt wurde. Diese Bestimmung regelt die Bekanntgabe von ETIAS-Daten. Darin wird zusammenfassend festgehalten, dass ETIAS-Daten grundsätzlich nicht übermittelt werden dürfen an Staaten, die nicht durch ein SchengenAssoziierungsabkommen gebunden sind, an internationale Organisationen und an private Stellen, seien dies Institutionen oder Einzelpersonen (Abs. 1, Art. 65 Abs. 1 ETIAS-V). Eine Ausnahme sieht vor, dass die Daten vom SEM (in der Funktion als Migrationsbehörde) (Bst. a) oder von den in Artikel 108e Absatz 3 benannten Behörden (Bst. b) an Drittstaaten übermittelt werden dürfen (Abs. 2, Art. 65 Abs. 3 ETIAS-V). So dürfen die Daten übermittelt werden, um die Rückführung der betroffenen Person in einen Staat, der durch keines der Schengen-Assoziierungsabkommen gebunden ist, zu ermöglichen und wenn die Bedingungen von Artikel 65 Absatz 3 ETIAS-V erfüllt sind (Abs. 2 Bst. a) oder zu Sicherheitszwecken (Abs. 2 Bst. b,

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Art. 65 Abs. 5 ETIAS-V). Ausnahmsweise dürfen bestimmte Daten von der zuständigen benannten Behörde (Art. 108e Abs. 3) an einen Drittstaat übermittelt werden, wenn ein dringender Ausnahmefall vorliegt, der eine ernsthafte und unmittelbare Bedrohung durch eine terroristische oder andere schwere Straftat nach den Artikeln 3 Absatz 1 Buchstaben l und m und 65 Absatz 5 ETIAS-V darstellt. Zudem muss die Datenbekanntgabe unter Einhaltung der Bedingungen der Richtlinie (EU) 2016/680 erfolgen.

Art. 108k

Überwachung und Vollzug

Dieser Artikel regelt die Kompetenzen des SEM bzw. des Bundesrats in Bezug auf das neue N-ETIAS. Die Einzelheiten werden auf Verordnungsstufe geregelt.

Abs. 1 Wenn das SEM im Rahmen der Ausführung seiner gesetzlichen Aufgaben Personendaten im neuen Informationssystem bearbeitet oder durch Dritte bearbeiten lässt, ist es für die Sicherheit und die Rechtmässigkeit der Datenbearbeitung verantwortlich.

Das SEM muss insbesondere die für die Datensicherheit erforderlichen Massnahmen treffen und seine Aufsichtspflicht in Bezug auf die Datenbearbeitung durch Dritte wahrnehmen.

Abs. 2 In diesem Absatz sind die Bereiche aufgeführt, die in die Zuständigkeit des Bundesrats fallen.

Insbesondere die Löschung der Datensätze im nationalen ETIAS-System erfolgt gemäss Speicherfrist automatisiert, sofern die Beschwerdefrist abgelaufen ist und keine Beschwerde vom BVGer an die NES gemeldet wurde. Die Datensätze von hängigen Beschwerden werden nicht gelöscht. Deren Löschung erfolgt erst automatisiert, nachdem das BVGer über die Beschwerde entschieden hat und die NES das Ergebnis des Beschwerdeverfahrens in der EU-Software erfasst hat. Dies wird in den Ausführungsverordnungen zu ETIAS geregelt werden (Bst. g).

Art. 109a Abs. 1 Fussnote und Abs. 2 Bst. e Abs. 1 Absatz 1 befasst sich mit dem zentralen Visa-Informationssystem (C-VIS) und dessen Inhalt.

Da die VIS-V durch die Verordnung «IOP Grenze» angepasst wurde, war die Fussnote in Artikel 109b Absatz 1 im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der Interoperabilitätsverordnungen entsprechend anzupassen.

Da die ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze» erneut die VIS-V geändert hat, muss die Fussnote in Artikel 109b Absatz 1 wiederum angepasst werden.

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Abs. 2 Bst. e Absatz 2 nennt die Behörden, die Daten des C-VIS im Rahmen ihrer Aufgaben online abfragen können. Mit der ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze» erhalten neu auch die dazu ermächtigten Mitarbeitenden der nationalen ETIAS-Stelle das Recht, das VIS zur manuellen Bearbeitung der ETIAS-Reisegenehmigungen abzufragen (Bst. e, neuer Art. 6 Abs. 2 i. V. m. Art. 18d VIS-V). Der Zugriff auf diese Daten ist lediglich in schreibgeschützter Form möglich. Es dürfen nur die Daten abgefragt werden, die in den Artikeln 9­14 der VIS-V aufgeführt sind.

Art. 109c Bst. i Artikel 109c AIG regelt den Zugriff der Behörden auf das nationale Visumsystem «ORBIS».

Im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der Interoperabilitätsvorlage wurde diese Bestimmung redaktionell angepasst.

Neu erhalten die Mitarbeitenden der nationalen ETIAS-Stelle das Recht, zur manuellen Bearbeitung der ETIAS-Reisegenehmigungen nicht nur das C-VIS, sondern auch das ORBIS abzufragen. Damit soll die NES prüfen können, ob die ausländische Person in der Vergangenheit in der Schweiz ein Visumgesuch für ein Schengen-Visum oder ein nationales Visum eingereicht hatte und ob dieses ausgestellt oder verweigert wurde. Artikel 109c wird entsprechend mit einem neuen Buchstaben i ergänzt.

Art. 110 Abs. 1 Fussnote Da die ETIAS-Änderungsverordnungen auch die beiden IOP-Verordnungen geändert haben, sind die Fussnoten entsprechend zu aktualisieren.

7.2

Bundesgesetz über das Bundesverwaltungsgericht

Art. 23 Abs. 2 Bst. a und d Artikel 23 regelt die einzelrichterliche Zuständigkeit. Die derzeitigen Ausnahmen vom Grundsatz des Dreier-Spruchkörpers für den Asyl- und den Sozialversicherungsbereich sind in Absatz 2 geregelt.

Bst. a Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung. Buchstabe a verweist derzeit auf Artikel 111 Absatz 2 Buchstabe c Asylgesetz (AsylG)76, der nicht mehr in Kraft ist, da Absatz 2 nicht mehr besteht.77 Daher ist Buchstabe a anzupassen, um neu auf den gesamten Artikel 111 AsylG zu verweisen.

Bst. d

76 77

SR 142.31 AS 2006 4745, 2015 1841, 2016 3101

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Im neuen Artikel 108dbis AIG wird für das ETIAS-Beschwerdeverfahren ebenfalls eine Ausnahme vom Grundsatz des Dreier-Spruchkörpers vorgeschlagen. Daher ist auch Artikel 23 Absatz 2 VGG anzupassen. Der neue Buchstabe d verweist auf diese spezialgesetzlichen Regelungen zur Einzelrichterzuständigkeit. Die materielle Änderung findet sich dort.

7.3

Strafregistergesetz

Art. 46 Bst. f Ziff. 4 Das Parlament verabschiedete am 17. Juni 201678 das neue Bundesgesetz über das Strafregister-Informationssystem VOSTRA (Strafregistergesetz, StReG). Das Gesetz ist derzeit noch nicht in Kraft. Das Inkrafttreten ist auf Anfang 2023 geplant. Zu diesem Zeitpunkt soll auch der VOSTRA-Neubau in Betrieb genommen werden und die im StGB geregelten Rechtsgrundlagen im Strafregisterbereich sollen aufgehoben werden.

Artikel 46 Buchstabe f regelt die Online-Zugangsrechte des Staatssekretariats für Migration (SEM) auf alle im Behördenauszug 2 erscheinenden Daten (Art. 38). Da die NES im SEM angesiedelt ist, sollen die künftigen Zugangsrechte der NES auf das VOSTRA ebenfalls in dieser Norm geregelt werden.

Die ETIAS-Änderungsverordnungen sehen einen Zugriff auf die jeweiligen nationalen Strafregister durch die zuständige NES vor (Art. 25 ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze»). Neu erhalten die dazu ermächtigten Mitarbeitenden der nationalen ETIAS-Stelle das Recht, zur manuellen Bearbeitung der ETIAS-Reisegenehmigungen das VOSTRA abzufragen (siehe dazu ausführlich Ziff. 6.4.1).

Dieser Zugriff soll im Online-Abrufverfahren erfolgen. Derzeit ist vorgesehen, dass die NES-Mitarbeitenden sich für die Datenabfrage in die VOSTRA-Anwendung einloggen müssen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll die Abfrage über eine Schnittstelle direkt aus dem nationalen ETIAS-System möglich sein. Im Falle eines Treffers wird der entsprechende Strafregisterauszug angefordert.

7.4

Strafgesetzbuch

Art. 365 Abs. 2 Bst. gbis Derzeit ist in Artikel 365 Absatz 2 StGB geregelt, für welche Aufgaben die Behörden des Bundes und der Kantone Zugang zum Strafregister-Informationssystem VOSTRA erhalten. Bis zum Inkrafttreten des neuen StReG müssen die Zugangszwecke der NES auf das VOSTRA (nämlich die Prüfung von ETIAS-Reisegenehmigungen) ebenfalls hier geregelt werden. Nach Inkrafttreten des StReG wird diese Bestimmung aufgehoben (siehe dazu Ziff. 6.5.3, 6.6 und 8.7).

78

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7.5

Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes

Art. 15 Abs. 1 Bst. n und Abs. 4 Bst. kbis Das automatisierte Polizeifahndungssystem, bekannt unter dem Namen RIPOL, ist die nationale Fahndungsdatenbank der Schweiz. Eine europaweite Ausschreibung im SIS setzt voraus, dass vorgängig eine nationale Ausschreibung im RIPOL (oder im ZEMIS) erfasst worden ist.

Im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der neuen Rechtsgrundlagen zum SIS wurde Artikel 15, der die Rechtsgrundlage für das RIPOL darstellt, totalrevidiert.79 Diese Gesetzesänderungen werden voraussichtlich Mitte 2022 in Kraft treten.

Die vorliegende Änderung berücksichtigt diese Revision bereits. Absatz 1 nennt die Aufgaben, bei welchen das RIPOL die Behörden des Bundes und der Kantone bei der Erfüllung unterstützt. Absatz 4 nennt die Behörden, die das RIPOL abfragen dürfen.

Neu erhalten die dazu ermächtigten Mitarbeitenden der nationalen ETIAS-Stelle das Recht, zur manuellen Bearbeitung der ETIAS-Reisegenehmigungen und der ETIASÜberwachungsliste das RIPOL abzufragen (siehe dazu ausführlich Ziff. 6.4.1).

Aus diesem Grund ist in Absatz 1 ein neuer Buchstabe n mit den Aufgaben der NES einzufügen, Absatz 4 mit einem neuen Buchstabe kbis zu ergänzen und das SEM im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgaben als NES als Behörde aufzuführen, die das RIPOL zur Erfüllung ihrer Aufgaben abfragen darf.

Art. 16 Abs. 2 Bst. s und Abs. 5 Bst. gbis Artikel 16 stellt die gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung von Daten im nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS) dar. Im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der neuen Rechtsgrundlagen zum SIS wurde auch Artikel 16 totalrevidiert.80 Diese Gesetzesänderungen werden voraussichtlich Mitte 2022 in Kraft treten.

Die vorliegende Änderung berücksichtigt diese Revision bereits. Absatz 2 nennt die Aufgaben, bei welchen das N-SIS die Behörden des Bundes und der Kantone bei der Erfüllung unterstützt. Absatz 5 nennt die Behörden, die das N-SIS abfragen dürfen.

Neu erhalten die dazu ermächtigten Mitarbeitenden der nationalen ETIAS-Stelle das Recht, zur manuellen Bearbeitung der ETIAS-Reisegenehmigungen und der ETIASÜberwachungsliste das N-SIS abzufragen (siehe dazu ausführlich Ziff. 6.4.1).

Aus diesem Grund ist in Absatz 2 ein neuer Buchstabe s mit den Aufgaben der NES einzufügen, Absatz 5 mit einem neuen Buchstabe gbis zu ergänzen und das SEM im Rahmen seiner Aufgaben als NES als Behörde aufzuführen, die das N-SIS zur Erfüllung ihrer Aufgaben abfragen darf.

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Art. 16a Abs. 1 Fussnote Artikel 16a wurde im Rahmen der Übernahme und Umsetzung der Interoperabilitätsverordnungen eingefügt. Da auch das SIS an den gemeinsamen Dienst für den Abgleich biometrischer Daten (sBMS) angeschlossen wird, wurde entsprechend zu Artikel 110 AIG eine gleichlautende Bestimmung auch im BPI in Artikel 16a eingefügt.81 Da die beiden IOP-Verordnungen «Grenze» und «Polizei» durch die beiden ETIASÄnderungsverordnungen angepasst wurden, sind beide Fussnoten anzupassen.

Art. 17 Abs. 4 Bst. n Im Rahmen des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) wurde Artikel 17 angepasst.82 Gegen die Vorlage wurde ein Referendum ergriffen. Die Vorlage wurde am 13. Juni 2021 durch das Volk angenommen. Die vorliegende Änderung berücksichtigt diese Revision bereits.

Damit die NES ihre Aufgaben wahrnehmen kann, sollen ihr die von fedpol bearbeiteten Informationen im Bereich der Terrorismusbekämpfung in einem verhältnismässigen Umfang zur Verfügung stehen. Dafür soll der NES ein Online-Zugriff auf den Nationalen Polizeiindex nach Artikel 17 BPI gewährt werden (siehe dazu ausführlich Ziff. 6.4.1).

Dieses Informationssystem ermöglicht es, mit nur einer Abfrage in Erfahrung zu bringen, ob eine Person bei einer kantonalen Polizeibehörde, bei fedpol oder bei ausländischen Polizeibehörden ­ etwa im Zuge des Austauschs polizeilicher Daten mit Interpol ­ aktenkundig ist. Das Ergebnis der Anfrage ist auf die Identität der Person, die zuständige Behörde, das Eintragungsdatum, den Eintragungsgrund und das Informationssystem, aus dem die Daten stammen, beschränkt (Art. 17 Abs. 3 BPI). Entsprechend ist in Absatz 4 ein neuer Buchstabe n einzufügen.

Umfassendere Auskünfte erhält die NES von fedpol auf dem ordentlichen Weg der Amtshilfe. Auf Verordnungsstufe sollen die im SEM mit Sicherheitsfragen betrauten Dienststellen transparent ausgewiesen und deren Zugriffsberechtigungen festgelegt werden.

81 82

BBl 2021 674 BBl 2020 7741

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8

Koordinationsbedarf

Bei der Übernahme und Umsetzung der beiden EU-Verordnungen besteht ein besonderer Koordinationsbedarf im Hinblick auf die nachfolgenden Vorlagen zur Übernahme und Umsetzung der Rechtsgrundlagen über das EES83, das ETIAS84, das SIS85, die Interoperabilität der EU-Informationssysteme (IOP)86 sowie das VOSTRA87, die PMT-Vorlage88, die BEKJ-Vorlage und die Revision des VIS (Verordnungen [EU] 2021/1134 und [EU] 2021/1133).

Da die Bestimmungen zur Revision des VIS nach der vorliegenden ETIAS-Vorlage (Änderungsverordnungen) in Kraft treten werden, jedoch vor den ETIAS-Änderungsverordnungen im Amtsblatt der EU publiziert wurden, ist sicherzustellen, dass die Fussnoten der vorliegenden Vorlage gelten und nicht diejenigen der VIS-Vorlage.

8.1

Koordination mit der EES-Vorlage

Der Bundesbeschluss zum EES89 wurde am 21. Juni 2019 vom Parlament genehmigt.

Die Änderungen des AIG durch die vorliegenden ETIAS-Änderungsverordnungen beziehen sich auf die Bestimmungen des AIG, die durch den verabschiedeten Bundesbeschluss zum EES angepasst wurden, da diese endgültig feststehen.

Der Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen übernimmt den vom Parlament genehmigten Inhalt des Bundesbeschlusses zum EES und fügt die für die ETIAS-Änderungsverordnungen erforderlichen Ergänzungen hinzu (Art. 103c Abs. 2 Bst. d E-AIG).

83

84

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87 88 89

Bundesbeschluss vom 21. Juni 2019 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen zur Errichtung und Nutzung des Einreise- und Ausreisesystems (EES) (Verordnungen [EU] 2017/2226 und 2017/2225) (Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands), BBl 2019 4573.

Bundesbeschluss vom 25. September 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2018/1240 über das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands), BBl 2020 7911.

Bundesbeschluss vom 18. Dezember 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands), BBl 2020 10033.

Bundesbeschluss vom 19. März 2021 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) 2019/817 und (EU) 2019/818 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen (Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands), BBl 2021 674.

SR 330; BBl 2016 4871 BBl 2020 7741 Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen zur Errichtung und Nutzung des Einreise- und Ausreisesystems (EES) (Verordnungen [EU] 2017/2226 und 2017/2225) (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands), BBl 2019 4573.

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Falls der Bundesbeschluss EES gleichzeitig mit dem Bundesbeschluss zu den ETIASÄnderungsverordnungen in Kraft tritt, sollten daher die Bestimmungen in der Fassung ETIAS-Änderungsverordnungen (und nicht diejenigen in der Fassung EES) gelten.

8.2

Koordination mit der ETIAS-Vorlage

Der Bundesbeschluss zum ETIAS90 wurde am 25. September 2020 vom Parlament genehmigt.

Die Änderungen des AIG durch die vorliegenden ETIAS-Änderungsverordnungen beziehen sich auf die Bestimmungen des AIG, die durch den verabschiedeten Bundesbeschluss zum ETIAS angepasst wurden, da diese endgültig feststehen.

Der Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen übernimmt den vom Parlament genehmigten Inhalt des Bundesbeschlusses zum ETIAS und fügt die für die ETIAS-Änderungsverordnungen erforderlichen Ergänzungen hinzu.

Da der Bundesbeschluss zum ETIAS gleichzeitig mit dem Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen in Kraft treten wird, sollten daher die Bestimmungen in der Fassung ETIAS-Änderungsverordnungen (und nicht diejenigen in der Fassung ETIAS) gelten.

Die Fussnote von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe abis in der Fassung der ETIAS-Vorlage muss angepasst werden. Da die ETIAS-V durch die vorliegenden ETIAS-Änderungsverordnungen angepasst wird, muss die Fussnote entsprechend aktualisiert werden und in der Fassung des vorliegenden Bundesbeschlusses gelten.

Ferner ist Artikel 108a Absätze 1 und 3 mit der vorliegenden Vorlage zu koordinieren, da beide Vorlagen aufgrund der Inbetriebnahme des ETIAS gleichzeitig in Kraft gesetzt werden. Somit ist bei der Inkraftsetzung die Fassung der neuen Absätze dieser Vorlage zu berücksichtigen.

8.3

Koordination mit der SIS-Vorlage

Der Bundesbeschluss zum SIS91 wurde am 18. Dezember 2020 vom Parlament genehmigt.

Die Änderungen des AIG und des BPI durch die vorliegenden ETIAS-Änderungsverordnungen beziehen sich auf die Bestimmungen des AIG und des BPI, die durch den verabschiedeten Bundesbeschluss zum SIS angepasst wurden, da diese endgültig feststehen.

90

91

Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2018/1240 über das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands), BBl 2020 7911.

Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands), BBl 2020 10033.

83 / 98

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Der Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen übernimmt den vom Parlament genehmigten Inhalt des Bundesbeschlusses zum SIS und fügt die für die ETIAS-Änderungsverordnungen erforderlichen Ergänzungen hinzu.

Falls der Bundesbeschluss SIS gleichzeitig mit dem Bundesbeschluss zu den ETIASÄnderungsverordnungen in Kraft tritt, sollten daher die Bestimmungen in der Fassung ETIAS-Änderungsverordnungen (und nicht diejenigen in der Fassung SIS) gelten.

Die Fussnoten von Artikel 68a Absatz 2 AIG und von Artikel 68e Absatz 2 AIG in der Fassung der SIS-Vorlage müssen angepasst werden, da die Verordnungen (EU) «SIS Grenze» und «SIS Rückkehr» durch die ETIAS-Änderungsverordnungen angepasst werden.

8.4

Koordination mit der IOP-Vorlage

Der Bundesbeschluss zur Interoperabilität92 wurde am 19. März 2021 vom Parlament genehmigt.

Die Änderung des AIG und des BPI durch die vorliegenden ETIAS-Änderungsverordnungen beziehen sich auf die Bestimmungen des AIG und des BPI, die durch den verabschiedeten Bundesbeschluss zur Interoperabilität angepasst wurden, da diese endgültig feststehen.

Der Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen übernimmt den vom Parlament genehmigten Inhalt des Bundesbeschlusses zur Interoperabilität und fügt die für die ETIAS-Änderungsverordnungen erforderlichen Ergänzungen hinzu.

Falls der Bundesbeschluss zur Interoperabilität gleichzeitig mit dem Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen in Kraft tritt, sollten daher die Bestimmungen in der Fassung ETIAS-Änderungsverordnungen (und nicht diejenigen in der Fassung IOP) gelten.

Die Fussnoten der Artikel 103b Absatz 1, 109a Absatz 1 und 110 Absatz 1 AIG sowie von Artikel 16a Absatz 1 BPI müssen angepasst werden, da die Verordnungen EES, VIS, «IOP Grenze» und «IOP Polizei» durch die ETIAS-Änderungsverordnungen angepasst werden.

8.5

Koordination mit der PMT-Vorlage

Das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT)93 wurde am 25. September 2020 vom Parlament genehmigt. Die Vorlage wurde am 13. Juni 2021 vom Volk angenommen.

92

93

Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) 2019/817 und (EU) 2019/818 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands), BBl 2021 674.

BBl 2020 7741

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Die Änderungen des BPI durch die vorliegenden ETIAS-Änderungsverordnungen beziehen sich auf die Bestimmungen des BPI, die durch das verabschiedete PMT angepasst wurden, da diese endgültig feststehen.

Der Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen übernimmt den vom Parlament genehmigten Inhalt des PMT und fügt die für die ETIAS-Änderungsverordnungen erforderlichen Ergänzungen hinzu.

Falls das PMT gleichzeitig mit dem Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen in Kraft tritt, sollten daher die Bestimmungen in der Fassung ETIASÄnderungsverordnungen (und nicht diejenigen in der Fassung PMT) gelten.

8.6

Koordination mit der VOSTRA-Vorlage

Mit dem vorliegenden Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen werden im Strafregisterbereich (zur Umsetzung der Zugangsrechte der NES auf das VOSTRA) zwei Anpassungen vorgeschlagen, die auf zwei Rechtsgrundlagen Bezug nehmen, die nicht gleichzeitig gelten können: nämlich die Änderung von Artikel 365 Absatz 2 Buchstabe gbis StGB (die das aktuell geltende Recht betrifft) und von Artikel 46 Buchstabe f Ziffer 4 StReG94 (die das künftige Recht betrifft), denn das StReG soll dereinst die StGB-Regeln des Strafregisterrechts ablösen.

Die Anpassung des aktuell geltenden Rechts (Art. 365 Abs. 2 Bst. gbis StGB) soll demnach nur dann Wirkung entfalten, wenn der Bundesbeschluss zu den ETIASÄnderungsverordnungen vor dem StReG in Kraft tritt. In diesem Fall soll die NES auf Basis des StGB Zugang zum aktuell geltenden VOSTRA erhalten. Diese Rechtsgrundlage würde dann später mit dem Inkrafttreten des StReG aufgehoben; in Anhang 1 Ziffer 3 StReG ist bereits vorgesehen, dass mit dem Inkrafttreten des StReG die strafregisterrechtlichen Rechtsgrundlagen im StGB aufgehoben werden.

Die Änderung von Artikel 365 StGB wäre jedoch von Anfang an unnötig, wenn der Bundesbeschluss zu den ETIAS-Änderungsverordnungen gleichzeitig mit dem StReG oder erst nach dem StReG in Kraft treten würde. Der Zugang der NES auf das VOSTRA soll sich dann allein auf Artikel 46 Buchstabe f Ziffer 4 StReG stützen.

8.7

Koordination mit der BEKJ-Vorlage

ETIAS soll bereits im Mai 2023 in Betrieb gehen, und ab 2024 ist mit Beschwerden zu rechnen. Die Inkraftsetzung des BEKJ, welche die rechtlichen Grundlagen für die Einführung eines Obligatoriums zur Nutzung von E-Justice im Bereich der Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichte sowie der Strafverfolgungsbehörden schaffen soll, ist für 2026 vorgesehen. Deshalb muss für die Zwischenzeit eine technische Lösung für eine einfache und effiziente Kommunikation zwischen dem Bundesverwaltungsgericht, der beschwerdeführenden Partei und der Vorinstanz im Rahmen des ETIAS94

Das Bundesgesetz über das Strafregister-Informationssystem VOSTRA (SR 330; BBl 2016 4871) wurde am 17. Juni 2016 vom Parlament genehmigt, soll voraussichtlich aber erst Anfang 2023 in Kraft treten, wenn der Neubau des VOSTRA abgeschlossen ist.

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Beschwerdeverfahrens gefunden werden. Daher wird das Bundesverwaltungsgericht für diese Beschwerdeverfahren eine eigene Übermittlungsplattform errichten. Die BEKJ-Vorlage wird diese Entwicklung zu berücksichtigen haben. Die Koordination wird im Rahmen der BEKJ-Vorlage vorzunehmen sein.

9

Auswirkungen

9.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund

Die Übernahme und Umsetzung der vorliegenden ETIAS-Änderungsverordnungen an sich hat keine finanziellen und personellen Auswirkungen.

Die Einführung des ETIAS und die damit verbundene Umsetzung der ETIASÄnderungsverordnungen «Grenze» und «Polizei» sind in der Schweiz mit einem finanziellen und personellen Aufwand bei der Bundesverwaltung und den Kantonen verbunden. Dies wurde in der Botschaft zur Übernahme und Umsetzung der ETIASVerordnung vom 6. März 2020 detailliert ausgeführt.95 Zudem sind die Kosten für externe Projekte Bestandteil des Verpflichtungskredits IV zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands, den der Bundesrat in seiner Botschaft vom 4. September 201996 ausgeführt hat. Die entsprechenden Mittel sind eingestellt.

Die Schaffung eines N-ETIAS wurde bereits im Verpflichtungskredit IV berücksichtigt. Hier fallen keine zusätzlichen Kosten an. Die Betriebskosten werden durch die Schaffung des N-ETIAS voraussichtlich nicht steigen. Sie sind abhängig vom Benutzervolumen und dem Abrechnungsmodell des ISC-EJPD. Sie könnten daher je nach Benutzerzahl auch höher oder tiefer ausfallen.

Neben diesen Kosten fallen zusätzliche Kosten an für die Schaffung der Plattform zur sicheren Zustellung im ETIAS-Beschwerdeverfahren (siehe detailliert dazu Ziff. 6.4.3). Die einmalig anfallenden Projektausgaben belaufen sich auf 387 460 Franken. Die jährlichen Betriebskosten werden derzeit auf 200 511 Franken geschätzt. Durch die Übernahme neuer Materie wird beim BVGer allenfalls ein zusätzlicher Ressourcenbedarf bestehen. Jedoch sollte die in Artikel 108dbis Absatz 5 AIG vorgesehene Verkleinerung des Spruchkörpers helfen, dies abzufedern.

9.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Neuerung hat voraussichtlich keine finanziellen und personellen Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden.

95 96

BBl 2020 2885 Botschaft vom 4. September 2019 zu einem Verpflichtungskredit zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands, BBl 2019 6189.

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9.3

Auswirkungen in weiteren Bereichen

In den Bereichen Volkswirtschaft, Gesellschaft und Umwelt sind keine direkten Auswirkungen zu erwarten.

10

Rechtliche Aspekte

10.1

Verfassungsmässigkeit

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der ETIAS-Änderungsverordnungen stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach der Bund für auswärtige Angelegenheiten zuständig ist.

Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren.

Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199797 [RVOG]).

Im vorliegenden Fall würde der Bundesrat mit Artikel 100 Absatz 2 Buchstabe a AIG zwar über die Abschlusskompetenz zur Übernahme dieser EU-Verordnungen verfügen; gemäss dieser Bestimmung hat der Bundesrat grundsätzlich die Kompetenz, internationale Abkommen über die Visumpflicht und die Durchführung der Grenzkontrollen abzuschliessen. Bei dieser Vorlage sind jedoch Anpassungen des AIG, des VGG, des Strafregistergesetzes, des StGB und des BPI für die Umsetzung erforderlich. Deshalb sind die Notenaustausche betreffend die Übernahme der ETIASÄnderungsverordnungen und die für deren Umsetzung erforderliche Änderung der genannten Bundesgesetze gemeinsam dem Parlament zur Genehmigung zu unterbreiten.

10.2

Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Mit der Übernahme der beiden ETIAS-Änderungsverordnungen als Schengen-Weiterentwicklungen erfüllt die Schweiz ihre Verpflichtungen gegenüber der EU, die sie im Rahmen des SAA eingegangen ist. Sie gewährleistet damit einheitliche Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen. Die übernommenen ETIAS-Änderungsverordnungen enthalten Folgeänderungen, die sich aus der Verabschiedung der Verordnungen IOP und SIS ergeben.

Somit sind die Übernahme der beiden EU-Verordnungen und die damit verbundenen gesetzlichen Anpassungen mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

97

SR 172.010

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10.3

Erlassform

Die Übernahme der beiden EU-Verordnungen stellt keinen Beitritt der Schweiz zu einer Organisation für kollektive Sicherheit oder zu einer supranationalen Gemeinschaft dar. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung der entsprechenden Notenaustausche ist deshalb nicht dem obligatorischen Referendum nach Artikel 140 Absatz 1 Buchstabe b BV zu unterstellen.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3). Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200298 (ParlG) sind unter rechtsetzenden Normen Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen: Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssen.

Die vorliegenden Notenaustausche werden auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, können aber jederzeit gekündigt werden und sehen keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Jedoch führt die Übernahme der beiden ETIAS-Änderungsverordnungen zu Gesetzesanpassungen. Demzufolge ist der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Vertrags dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

Die Bundesversammlung genehmigt völkerrechtliche Verträge, die dem Referendum unterliegen, in der Form eines Bundesbeschlusses (Art. 24 Abs. 3 ParlG).

Nach Artikel 141a Absatz 2 BV können Gesetzesänderungen, die der Umsetzung eines völkerrechtlichen Vertrags dienen, in den Genehmigungsbeschluss aufgenommen werden, wenn dieser dem fakultativen Referendum untersteht.

Die vorgeschlagenen Gesetzesbestimmungen dienen der Umsetzung der beiden ETIAS-Änderungsverordnungen und ergeben sich unmittelbar aus den darin enthaltenen Verpflichtungen. Der Entwurf des Umsetzungserlasses kann deshalb in den Genehmigungsbeschluss aufgenommen werden.

10.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Art. 108d Abs. 5 Diese Kompetenzdelegation an den Bundesrat stützt sich auf Artikel 182 Absatz 1 BV, wonach der Bundesrat rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Verordnung erlassen kann. Hierbei handelt es sich um rechtsetzende Bestimmungen, die das Verfahren zur Erteilung, Verweigerung, Annullierung oder den Widerruf der ETIASReisegenehmigung präzisieren.

98

SR 171.10

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Art. 108dquinquies Abs. 6 AIG Diese Kompetenzdelegation an den Bundesrat stützt sich auf Artikel 182 Absatz 1 BV, wonach der Bundesrat rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Verordnung erlassen kann. Hierbei handelt es sich um rechtsetzende Bestimmungen, die das ETIAS-Beschwerdeverfahren präzisieren.

Art. 108k Abs. 2 AIG Diese Kompetenzdelegation an den Bundesrat stützt sich auf Artikel 182 Absatz 1 BV, wonach der Bundesrat rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Verordnung erlassen kann. Hierbei handelt es sich um rechtsetzende Bestimmungen, die zur Umsetzung der Rechtsvorschriften wie auch der ETIAS-Verordnung erforderlich sind.

10.5

Datenschutz

Mit dem neuen Artikel 108dter AIG wird eine gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung von Personendaten im N-ETIAS geschaffen.

Die Datenbearbeitung richtet sich dabei nach dem Bundesgesetz vom 19. Juni 199299 über den Datenschutz bzw. nach Inkrafttreten des neuen Datenschutzgesetzes vom 25.

September 2020100 nach jenem Gesetz. Sie untersteht der Aufsicht des EDÖB.101 Die Datenbearbeitung und -bekanntgabe wird in Artikel 108j AIG, die Überwachung und der Vollzug in Artikel 108k AIG geregelt.

In der EU hat die Bearbeitung personenbezogener Daten im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates102 bzw. der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates103 zu stehen.

Personenbezogene Daten, die im ETIAS gespeichert sind, werden nicht länger aufbewahrt, als es für den Zweck erforderlich ist. Sie werden für die Dauer der Gültigkeit der Reisegenehmigung und für ein allfälliges Rechtsmittelverfahren oder für fünf Jahre ab der letzten Entscheidung über die Verweigerung, den Widerruf oder die Annullierung der Reisegenehmigung gespeichert. Im N-ETIAS werden sie nur für die Dauer der manuellen Bearbeitung der ETIAS-Reisegenehmigung oder solange der Eintrag in der ETIAS-Überwachungsliste enthalten ist, gespeichert.

99 100 101

SR 235.1 BBl 2020 7639 Vgl. Art. 27 DSG (SR 235.1) bzw. Art. 4 und 49 ff. des neuen Datenschutzgesetzes vom 25. September 2020 (BBl 2020 7639).

102 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

103 Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).

89 / 98

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Darüber hinaus werden Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Grenz- und Küstenwache, des Europäischen Datenschutzbeauftragten, des Europäischen Datenschutzausschuss und der EU-Agentur für Grundrechte an einem «Fundamental Rights Guidance Board» teilnehmen. Es handelt sich dabei um ein unabhängiges Beratungsgremium, das die Auswirkungen der Antragsbearbeitung und der Überprüfungsregeln (Risikoindikatoren) auf die Grundrechte bewertet und dem «ETIAS-Screening Board» Leitlinien vorgibt.

Der EDSB wurde gemäss Artikel 42 der Verordnung (EU) 2018/1725104 konsultiert.

Er hat am 13. März 2019 eine Stellungnahme abgegeben zum Vorschlag für ein Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS).105 Der EDSB weist auf die Komplexität der Vorlage hin, da fünf Informationssysteme der EU betroffen sind. Diese Komplexität wirkt sich nicht nur auf den Datenschutz aus, sondern auch auf die Governance und Kontrolle dieser fünf Systeme. Der Hauptteil betrifft die Stellungnahme zum ECRIS-TCN, das für die Schweiz nicht bindend ist. Zudem hält er fest, dass eine Risikobewertung der EU-Informationssysteme vorgenommen werden solle und dass eine Datenschutz-Folgenabschätzungen vorzunehmen sei.

10.6

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden keine neuen Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen, die einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken nach sich ziehen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.

104

Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG; Fassung gemäss ABl. L 295, 21.11.2018, S. 39.

105 Förmliche Kommentare des EDSB zu zwei Vorschlägen zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für ETIAS-Zwecke; abrufbar in drei Sprachen unter: https://edps.europa.eu/data-protection/our-work/publications/ comments/formal-comments-edps-conditions-accessing-other-eu_en.

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11

Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (Vorlage 2)

11.1

Ausgangslage

11.1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Die Abteilung Biometrische Identifikation von fedpol (nachfolgend: BiomID) ist das Kompetenzzentrum der Schweiz für biometrische Identifikationen. Gestützt auf Artikel 102ater AsylG und Artikel 25 Absatz 4 der Eurodac-Verordnung106 überprüfen die Mitarbeitenden dieser Abteilung bereits heute die Vergleichsresultate von Suchläufen, wenn die Abfrage im Eurodac-System einen automatisch generierten Treffer ergeben hat. Dabei prüfen sie manuell, ob die dem Treffer zugrundeliegenden Fingerabdrücke tatsächlich von derselben Person stammen (Personendaten werden keine übermittelt).

Falls ein Fehler («falsch positiv») festgestellt wird oder die Prüfung durch die Spezialistin oder den Spezialisten kein schlüssiges Resultat ergibt, wird der abfragenden Dienststelle das korrekte Resultat, das heisst kein Treffer, übermittelt. Nach der Überprüfung bei BiomID werden die Daten dort gelöscht und sind folglich nicht mehr zugänglich. Aus Gründen der Qualitätskontrolle meldet das SEM den nicht bestätigten Treffer der EU-Agentur euLISA.

Neu soll diese Qualitätskontrolle für alle Schengen/Dublin-Informationssysteme und deren Komponenten möglich sein. So soll im Rahmen der Inlandkontrolle und bei Anfragen von Strafverfolgungsbehörden bei einem Treffer nicht nur in Eurodac, sondern auch beispielsweise im EES oder VIS die Möglichkeit bestehen, dass die Abteilung BiomID von fedpol die Qualitätskontrolle von gemeldeten Treffern vornimmt.

Bei Eurodac ist diese Qualitätskontrolle aufgrund der Vorgabe der Eurodac-Verordnung auf EU-Ebene bei jedem Treffer durchzuführen. Bei den anderen Systemen muss dies nicht systematisch erfolgen. Mit der Einführung von EES und VIS besteht auch die Möglichkeit, Spuren abgleichen zu lassen. In diesem Bereich sind die heutigen Suchalgorithmen unzuverlässig, daher müssen die Suchresultate manuell überprüft werden.

106

Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, ABl. L 180, 29.6.2013, S. 1.

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11.1.2

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die Änderung des AIG und des BPI (siehe Ziff. 6.2) ist in der Botschaft vom 29. Januar 2020107 zur Legislaturplanung 2019­2023 nicht angekündigt. Sie erfolgt jedoch im Rahmen von Ziel 13.

11.2

Vernehmlassungsverfahren

Auf eine Vernehmlassung nach Artikel 3a VlG wurde verzichtet, da es ein Verfahren von Bundesbehörden ist und die Zuständigkeit von fedpol als Bundesbehörde betrifft.

Die betroffenen Stakeholder wurden im Rahmen des nationalen IT-Projekts EES über diese technische Lösung informiert. Die Positionen der betroffenen interessierten Kreise sind entsprechend bekannt. Sie erwarten ein durch BiomID kontrolliertes Resultat. Diese Qualitätskontrolle verringert bei Inlandkontrollen den Aufwand der kantonalen Polizeibehörden und des BAZG, zumal das Verfahren bereits seit Jahren in Bezug auf Eurodac bekannt ist. Darüber hinaus erhält die Kundin oder der Kunde auch im Rahmen von Abfragen im Strafverfahren eine Antwort in bekannter Güte für Personen- wie Spurensuchen. Diesbezüglich entstehen bei den anfragenden Behörden auch keine zusätzlichen Kosten.

11.3

Beantragte Neuregelung

Durch diese Qualitätskontrolle sollen die sogenannten «falsch-positiven» Resultate, also die falsche, systemgenerierte Meldung einer biometrischen Übereinstimmung, korrigiert werden. Damit werden Personen bei Inlandkontrollen nicht unnötig festgehalten, es werden keine falschen Verbindungen zwischen Tatortspuren und Personen übermittelt, und die hochstehende Reputation bei der biometrischen Personenüberprüfung wird gestärkt. Um diese Aufgaben wahrzunehmen, wird BiomID nicht auf das Zentralsystem zugreifen. Die benötigten Daten aus dem System werden BiomID als vordefiniertes (und anonymisiertes) Verifikationspaket als Antwort auf einen biometrischen Treffer automatisch zugestellt.

Die Qualitätskontrolle wird dem Verfahren von Eurodac und SIS entsprechen und nachfolgend am Beispiel von EES erläutert: EES-Identifikationsanfragen mit biometrischen Daten umfassen derzeit nur Fingerabdrücke. Diese werden an das EES geschickt und dort im AFIS des EES (EES.AFIS) überprüft. Kommt es zu einer automatisiert generierten Übereinstimmung (Treffer), sendet EES.AFIS eine Rückmeldung, die in jedem Fall den Verifikationsdatensatz enthält, der den Treffer ausgelöst hat. Aus Qualitätsgründen kann es notwendig sein, dieses Ergebnis daktyloskopisch zu überprüfen. In der Abteilung BiomID von fedpol kann der Verifikationsdatensatz dazu manuell durch eine Fingerabdruckspezialistin oder einen Fingerabdruckspezialisten, bei Bedarf auch unter Einbezug des nationalen 107

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AFIS (CH.AFIS), überprüft werden. Die Überprüfung besteht aus dem Vergleich zweier Fingerabdruckbilder. Zu diesem Zweck werden im CH.AFIS aus dem Verifikationsdatensatz die Bilder angezeigt. Es werden keine Personendaten mitgeliefert, und es findet auch kein Suchlauf im CH.AFIS statt. Als Ergebnis wird der EESTreffer entweder bestätigt (Hit) oder widerlegt (NoHit). Danach wird der Verifikationsdatensatz gelöscht. Dieses Resultat fliesst in die abschliessende Ergebnismeldung an die anfragende Behörde ein.

11.4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 110 Abs. 4 AIG Artikel 110 regelt den gemeinsamen Dienst für den Abgleich biometrischer Daten (sBMS). Der sBMS ermöglicht mithilfe sogenannter «Templates» bzw. biometrischer Merkmalsdaten, die aus den biometrischen Personendaten in den Schengen/DublinInformationssystemen generiert wurden, die systemübergreifende Abfrage der von der Interoperabilität betroffenen Schengen/Dublin-Informationssysteme. Der Rückschluss vom Template auf die effektiven biometrischen Daten ist nicht möglich.

Absatz 1 führt die Schengen/Dublin-Informationssysteme auf, die biometrische Personendaten erhalten, aus denen die «Templates» generiert werden (EES, C-VIS, Eurodac und SIS).

In Artikel 110 AIG wird ein neuer Absatz 4 eingefügt. Die Abteilung BiomID von fedpol kann die Treffer, die mittels Biometrie erfolgen, neu manuell überprüfen.

Art. 16a Abs. 4 BPI Artikel 16a BPI ist gleichlautend mit Artikel 110 AIG. Neu soll dieser ebenfalls um einen neuen Absatz 4 ergänzt werden, der den gleichen Wortlaut wie derjenige von Artikel 110 AIG enthält.

11.5

Auswirkungen

Die neuen Bestimmungen haben keine finanziellen und personellen Auswirkungen auf den Bund und die Kantone.

11.6

Rechtliche Aspekte

11.6.1

Verfassungsmässigkeit

Der Entwurf zur Änderung des AIG stützt sich auf Artikel 121 Absatz 1 BV (Gesetzgebungskompetenz des Bundes über die Gewährung von Asyl sowie Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern). Sie ist mit der Verfassung vereinbar.

93 / 98

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11.6.2

Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Änderung des AIG, die unabhängig von der Übernahme der vorliegenden Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands (Vorlage 1) erfolgt, ist mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

11.6.3

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Änderung des AIG, die unabhängig von der Übernahme der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands ist, setzt EU-rechtliche Vorgaben um, die für die Schweiz im Rahmen des SAA verbindlich sind.

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Abkürzungsverzeichnis AIG

Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 2005, SR 142.20

AsylG

Asylgesetz, SR 142.31

BAZG

Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit

BiomID

Abteilung Biometrische Identifikation von fedpol

BJ

Bundesamt für Justiz

BPI

Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes, SR 361

BV

Bundesverfassung, SR 101

BVGer

Bundesverwaltungsgericht

CH.AFIS

nationales AFIS

CIR

Gemeinsamer Speicher für Identitätsdaten

COREPER

Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten

C-VIS

Zentrales Visa-Informationssystem

DAA

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags, SR 0.142.392.68

DSG

Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz, SR 235.1

EAZ

Einsatz- und Alarmzentrale des fedpol

ECRIS-TCN

Europäisches Strafregisterinformationssystem für Drittstaatsangehörige (European Criminal Records Information System on Third-Country Nationals)

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EDÖB

Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter

EDSB

Europäische Datenschutzbeauftragte

EES

Europäisches Ein- und Ausreisesystem

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EES-V

Verordnung (EU) 2017/2226 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2017 über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES) zur Erfassung der Ein- und Ausreisedaten sowie der Einreiseverweigerungsdaten von Drittstaatsangehörigen an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten und zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zum EES zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken und zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen sowie der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008 und (EU) Nr. 1077/2011

ESTA

Electronic System for Travel Authorization der USA

ETIAS

Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem

ETIAS-V

Verordnung (EU) 2018/1240 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS)

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

ESP

Europäisches Suchportal

ETIASÄnderungsverordnungen

Verordnung (EU) 2021/1152 (ETIAS-Änderungsverordnung «Grenze») und Verordnung (EU) 2021/1150 (ETIAS-Änderungsverordnung «Polizei»)

eu-LISA

Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

Eurodac

Zentrale Datenbank der Europäischen Union, in der Fingerabdrücke von Personen gespeichert sind, die in einem Dublin-Staat ein Asylgesuch einreichen oder bei der illegalen Einreise aufgegriffen werden

Europol

Europäisches Polizeiamt

fedpol

Bundesamt für Polizei

Frontex

Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache

GS-EJPD

Generalsekretariat des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements

Interpol

Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (International Criminal Police Organization)

EU-Interopera- Verordnung (EU) 2019/817 (Verordnung «IOP Grenze») bilitätsverord- und Verordnung (EU) 2019/818 (Verordnung «IOP Polizei») nungen ISC-EJPD

Informatik Service Center des EJPD

i. V. m.

in Verbindung mit

LIBE-Ausschuss Ausschuss des Europäischen Parlaments, der sich mit Fragen zu den Themen bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres beschäftigt MID 96 / 98

Detektor für Mehrfachidentitäten

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Nationaler Polizeiindex

Polizeiliche Ermittlungsdatenbank

NDB

Nachrichtendienst des Bundes

NES

Nationale ETIAS-Stelle

N-ETIAS

Nationales ETIAS-System

N-SIS

Nationaler Teil des Schengener Informationssystems

NUI

Nationale Schnittstelle zwischen den nationalen Systemen der Schengen-Staaten und den EU-Zentralkomponenten (National Uniform Interface)

ORBIS

Nationales Visumsystem

ParlG

Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 2002, SR 171.10

PMT

Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, BBl 2020 7741

RIPOL

Automatisiertes Fahndungssystem der Schweiz

RVOG

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997, SR 172.010

SAA

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, SR 0.362.31

sBMS

Gemeinsamer Dienst für den Abgleich biometrischer Daten

SDSG

Schengen-Datenschutzgesetz vom 28. September 2018, SR 235.3

SEM

Staatssekretariat für Migration

SIRENE-Büro

Nationale Kontaktstelle für alle Fahndungen via das SIS (SIRENE = Supplementary Information Request at the National Entries)

SIS

Schengener Informationssystem

SLTD

Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (Stolen and Lost Travel Documents Database)

StGB

Strafgesetzbuch, SR 311.0

TDAWN

Interpol-Datenbank zur Erfassung von Reisedokumenten, die Ausschreibungen zugeordnet sind (Travel Documents Associated with Notices Database)

TPO

Transportpolizei

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Verordnung «IOP Grenze»

Verordnung (EU) 2019/817 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen in den Bereichen Grenzen und Visa und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2016/399, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1726 und (EU) 2018/1861 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Entscheidung 2004/512/EG des Rates und des Beschlusses 2008/633/JI des Rates, ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 27

Verordnung «IOP Polizei»

Verordnung (EU) 2019/818 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration) und zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1726, (EU) 2018/1862 und (EU) 2019/816, ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85

Verordnung Verordnung (EU) 2018/1860 des Europäischen Parlaments und des «SIS Rückkehr» Rates vom 28. November 2018 über die Nutzung des Schengener Informationssystems für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger Verordnung «SIS Grenze»

Verordnung (EU) 2018/1861 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der Grenzkontrollen, zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und zur Änderung und Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006

Verordnung «SIS Polizei»

Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission

VGG

Bundesgesetz über das Bundesverwaltungsgericht, SR 173.32

VOSTRA

Strafregister-Informationssystem

VIS

Visa-Informationssystem

VIS-V

Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung)

VwVG

Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968, SR 172.021

ZEMIS

Zentrales Migrationsinformationssystem

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