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22.036 Botschaft zum Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft) vom 22. Juni 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zum Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft).

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2022

P

21.3664

Mindeststeuer für Unternehmen. Strategie zum Erhalt der Attraktivität der Schweiz (N 01.03.2022, Nantermod)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. Juni 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2022-2009

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Übersicht Das OECD/G20-Projekt zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft stellt die Schweiz vor gewichtige Herausforderungen. Der Bundesrat will die neuen Besteuerungsregeln einführen, auch wenn die Schweiz dazu weder rechtlich noch politisch verpflichtet ist. Eine Änderung der Bundesverfassung soll die Grundlage für die Ausführungsgesetzgebung schaffen. Bis diese in Kraft tritt, soll die Mindestbesteuerung angesichts ihrer Dringlichkeit mittels einer befristeten Verordnung eingeführt werden. Damit werden die zusätzlichen Steuereinnahmen in der Schweiz statt im Ausland anfallen. Mit dieser Vorlage sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz erhalten und die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in der Schweiz erhalten bleiben. Die Umsetzung soll schonend erfolgen. KMU sollen nicht von den neuen Regeln betroffen sein und der Steuerföderalismus soll aufrechterhalten werden.

Ausgangslage Die Wirtschaftspolitik der Schweiz war in den vergangenen Jahrzehnten äusserst erfolgreich und hat der Schweiz zu einem hohen Wohlstand verholfen. Wettbewerbsfähige steuerliche Rahmenbedingungen haben dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Unter anderem haben sich viele international tätige Unternehmen hier angesiedelt. Diese Unternehmen haben zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen, sowohl direkt als auch indirekt bei ihnen zuliefernden Unternehmen. Zudem tragen diese Unternehmen beträchtlich zum Steueraufkommen von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie zu den Sozialversicherungsabgaben bei.

Angesichts des intensiven internationalen Standortwettbewerbs sieht sich die Schweiz regelmässig mit Reformbedarf konfrontiert, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Im Steuerbereich beschloss das Parlament hierzu zuletzt das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF), das im Jahr 2020 in Kraft getreten ist. Mit dieser Reform hob die Schweiz international nicht mehr akzeptierte steuerliche Sonderregelungen für Holding- und andere Gesellschaften auf. Im Gegenzug senkten zahlreiche Kantone ihre Gewinnsteuersätze. Es gelang damit, die volkswirtschaftlichen und fiskalischen Interessen der Schweiz zu wahren. Ein neues Projekt der OECD und der G20 macht es aus Sicht des Bundesrates erforderlich, das schweizerische Unternehmenssteuerrecht erneut weiterzuentwickeln. Das ursprünglich zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft lancierte OECD/G20-Projekt gliedert sich in zwei Säulen: ­

Mit der Säule 1 sollen Marktstaaten einen höheren Anteil des Gewinns grosser Unternehmensgruppen besteuern dürfen.

­

Mit der Säule 2 soll eine Mindestbesteuerung grosser Unternehmensgruppen eingeführt werden.

Inhalt der Vorlage Die Arbeiten auf Stufe der OECD/G20 an der Säule 1 verzögern sich. Der Bundesrat wird zu gegebener Zeit über deren Umsetzung befinden.

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Bei der Säule 2 sind die Arbeiten weit fortgeschritten. Die Schweiz soll die Mindestbesteuerung der betroffenen Unternehmensgruppen mittels einer Ergänzungssteuer sicherstellen. Sie soll von der Ergänzungssteuer Gebrauch machen können, wenn eine in der Schweiz tätige Unternehmensgruppe die Mindestbesteuerung in der Schweiz oder im Ausland nicht erreicht. Damit werden die zusätzlichen Steuereinnahmen der Schweiz zufliessen und die hier ansässigen Unternehmen können vor zusätzlichen Steuerverfahren im Ausland geschützt werden. Dafür ist es entscheidend, dass das schweizerische Regelwerk mit den Mustervorschriften der OECD/G20 übereinstimmt.

Andernfalls droht eine doppelte Besteuerung im In- und Ausland.

Bei der Ergänzungssteuer handelt es sich um eine direkte Steuer. Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich auf grosse Unternehmensgruppen, die einen weltweiten Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro erreichen und die Mindestbesteuerung von 15 Prozent unterschreiten. Die Ergänzungssteuer soll eine Bundessteuer sein, die von den Kantonen umgesetzt wird. Die heutige Gewinnsteuer von Bund und Kantonen wird für alle Unternehmen unverändert weitergeführt.

Gemäss der Vorlage fliessen die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer zu 75 Prozent den Kantonen zu. Diese sollen die Gemeinden angemessen berücksichtigen. Die übrigen 25 Prozent der Einnahmen gehen an den Bund. Dieser soll die zusätzlichen Mittel dazu verwenden, die Attraktivität des Standortes Schweiz zu fördern.

Mit dieser föderalistisch geprägten Umsetzung besteht weiterhin ein Anreiz für die Kantone, wettbewerbsfähige Steuerbelastungen anzubieten. Gleichzeitig werden die zusätzlichen Steuereinnahmen der Kantone im nationalen Finanz- und Lastenausgleich berücksichtigt Die finanziellen Auswirkungen der Reform lassen sich nicht zuverlässig schätzen. Die Datenlage ist fragil und bestimmte Reformelemente lassen sich nicht quantifizieren.

Die Schätzungen ergeben für Bund und Kantone kurzfristig jährliche Mehreinnahmen von rund 1­2,5 Milliarden Franken aus der Ergänzungssteuer bei Unterschreitung der Mindestbesteuerung in der Schweiz. Davon entfallen 25 Prozent, d.h. 250 bis 650 Millionen Franken auf den Bund und 75 Prozent, d.h. rund 800 Millionen bis knapp 2 Milliarden Franken auf die Kantone. Für den Bund ist die Reform haushaltsneutral, da die Mehreinnahmen
aus der Ergänzungssteuer abzüglich Mehrausgaben für den Finanz- und Lastenausgleich in eine Spezialfinanzierung für zusätzliche Standortmassnahmen fliessen sollen. Bezüglich des Einnahmenpotenzials bei einer Unterschreitung der Mindestbesteuerung im Ausland ist davon auszugehen, dass andere Staaten mehrheitlich die Mindeststeuer auf ihrem Territorium sicherstellen werden. Dies begrenzt das Aufkommenspotenzial massiv. In Einzelfällen sind signifikante Einnahmen möglich.

Die Reform führt zu einer Schmälerung der steuerlichen Standortattraktivität der Schweiz. Die sich daraus ergebenden Anpassungsreaktionen der Unternehmen wirken sich auf die Einnahmen aus nahezu allen Steuern und auf die Einnahmen aus Sozialversicherungsbeiträgen negativ aus. Gesamtstaatlich sind auch nach den Verhaltensanpassungen der Unternehmen Mehreinnahmen wahrscheinlich. Angesichts des zeitlichen Drucks und der noch zahlreichen Unsicherheiten hält der Bundesrat ein schrittweises Vorgehen für angezeigt. In einem ersten Schritt soll eine neue Verfassungsnorm dem Bund die Kompetenz geben, das OECD/G20-Projekt umzusetzen.

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Der Gesetzgeber erhält dabei die Kompetenz, nötigenfalls von bestehenden verfassungsrechtlichen Prinzipien abzuweichen. Übergangsbestimmungen sollen sodann den Bundesrat ermächtigen, die Mindestbesteuerung temporär auf dem Verordnungsweg zu regeln. Dies erlaubt eine Inkraftsetzung auf den 1. Januar 2024. Die Übergangsbestimmungen legen fest, welche Grundsätze der Bundesrat in seiner befristeten Verordnung zu beachten hat. Die Verordnung soll sodann durch ein Bundesgesetz abgelöst werden.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Ausgangslage 1.1 Ziele des OECD/G20-Projekts und Handlungsbedarf für die Schweiz 1.1.1 Säule 1: Marktstaatbesteuerung 1.1.2 Säule 2: Mindestbesteuerung 1.2 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates 1.3 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

7

13 14

2 Vernehmlassungsverfahren und Ergebnis

14

3 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 3.1 Marktstaatbesteuerung 3.2 Mindestbesteuerung

17 17 18

4 Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.1.1 Marktstaatbesteuerung 4.1.2 Mindestbesteuerung 4.2 Standortmassnahmen 4.3 Umsetzungsfragen

19 19 19 19 23 28

5 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 5.1 Grundnorm 5.2 Übergangsbestimmungen 5.2.1 Technisches Grundkonzept der OECD/G20 5.2.2 Föderale Umsetzung in der Schweiz 5.2.3 Finanz- und Lastenausgleich

29 29 32 33 40 45

6 Auswirkungen 6.1 Zusammenfassung der finanziellen Auswirkungen der Mindestbesteuerung auf den Bund (vor Verhaltensanpassungen) 6.2 Finanzielle Auswirkungen der schweizerischen Ergänzungssteuer auf Kantone und Gemeinden (vor Verhaltensanpassungen) 6.2.1 Annahmen und Datengrundlage 6.2.2 Einnahmen aus der schweizerischen Ergänzungssteuer 6.2.3 Unterschiede in den Bemessungsgrundlagen 6.2.4 Regionale Unterschiede 6.3 Finanzielle Auswirkungen der IIR auf Kantone und Gemeinden (vor Verhaltensanpassungen) 6.4 Finanzielle Auswirkungen der UTPR auf Kantone und Gemeinden (vor Verhaltensanpassungen)

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7 8 9

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6.5 Mögliche Auswirkungen der Marktstaatbesteuerung und Interaktion mit der Mindestbesteuerung 6.6 Finanzielle Auswirkungen der Mindestbesteuerung auf Bund, Kantone und Gemeinden (nach Verhaltensanpassungen) 6.6.1 Auswirkungen auf Einnahmen aus unternehmensbezogenen Steuern 6.6.2 Auswirkungen auf die Sozialversicherungen und weitere Steuern 6.6.3 Gesamtstaatliche Aufkommenswirkungen 6.6.4 Aufkommenswirkungen nach Staatsebenen 6.7 Volkswirtschaftliche Auswirkungen der Mindestbesteuerung 6.7.1 Effizienzziel 6.7.2 Steuerliche Standortattraktivität 6.7.3 Auswirkungen des Substanzabzugs auf den Steuerwettbewerb 6.7.4 Administrativer Aufwand 7 Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform 7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

55 55 57 58 59 60 61 62 63 63 64 64 64 65 66 66

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Botschaft 1

Ausgangslage

Die Debatte um die internationale Unternehmensbesteuerung hat sich in den vergangenen Jahren intensiviert. Die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20-Staaten) hat es zu einer ihrer Prioritäten erklärt, die Steuerplanungsmöglichkeiten für Unternehmen und den internationalen Steuerwettbewerb einzuschränken. Als Folge davon haben zahlreiche Staaten Anpassungen an ihrem Steuerrecht vorgenommen, darunter auch die Schweiz. Das Bundesgesetz vom 28. September 20181 über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF), das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, hob die bisherigen besonderen kantonalen Regelungen für Holding- und andere Gesellschaften auf. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, reagierten zahlreiche Kantone auf die neue Situation mit einer Senkung ihrer Gewinnsteuersätze. Auch wenn es noch zu früh für eine Evaluation dieser Reform ist, bestehen Anzeichen, dass es der Schweiz gelungen ist, ihre steuerliche Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und die Fiskaleinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden zu sichern.

Die Schweiz zählt weiterhin zu den erfolgreichsten Wirtschaftsstandorten weltweit.

In internationalen Rankings nimmt sie regelmässig Spitzenplätze ein. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Dazu zählen namentlich die geografische Lage, die politische Stabilität, die hochqualifizierten Arbeitskräfte und die hohe Innovationskraft, aber auch die wettbewerbsfähigen steuerlichen Rahmenbedingungen. Die hier ansässigen Unternehmen schaffen Arbeitsplätze und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung der Aufgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden.

Verschiedene Staaten fordern weitere Anpassungen der internationalen Steuerregeln und es zeichnen sich gewichtige Änderungen ab. Für Bund, Kantone und Gemeinden stehen damit ein weiteres Mal die Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze sowie Steuereinnahmen auf dem Spiel. Der Bundesrat will sicherstellen, dass die Schweiz erneut geeignete Massnahmen ergreift, um ihre Interessen zu wahren.

Die vorliegende Botschaft legt die Grundsätze des ursprünglich zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft lancierten OECD/G20-Projekts (nachfolgend OECD/G20Projekt) und dessen geplante nationale Umsetzung dar. Die Regelungen der OECD sind sehr komplex und detailliert. Darauf wird insbesondere in Ziffer 5 näher eingegangen.

1.1

Ziele des OECD/G20-Projekts und Handlungsbedarf für die Schweiz

Seit nunmehr bald zehn Jahren befassen sich die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die G20 (nachfolgend OECD/G20) 1

AS 2019 2395

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mit den steuerlichen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben. Ein Resultat ist das OECD/G20-Projekt, das derzeit bedeutendste Projekt in der internationalen Steuerpolitik.

Im Rahmen des OECD/G20-Projekts hat das Inclusive Framework on Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) der OECD mit aktuell 141 Mitgliedstaaten am 8. Oktober 2021 eine Erklärung zur künftigen Besteuerung von grossen, international tätigen Unternehmensgruppen verabschiedet.2 Diese Erklärung wird von 137 Mitgliedstaaten getragen, darunter alle OECD-, G20- und EU-Staaten. Vorgesehen ist ein 2-SäulenAnsatz. Die Säule 1 sieht erweiterte Besteuerungsrechte für Marktstaaten vor (s. Ziff. 1.1.1), die Säule 2 Regeln für eine Mindestbesteuerung (s. Ziff. 1.1.2).

1.1.1

Säule 1: Marktstaatbesteuerung

OECD/G20-Projekt Mit der Säule 1 soll der Besteuerungsanteil der Marktstaaten am Gewinn grosser, hochprofitabler Unternehmensgruppen erhöht oder überhaupt erst ermöglicht werden.

Bei den Marktstaaten handelt es sich um die Staaten, in denen die Waren abgesetzt bzw. die Dienstleistungen erbracht werden. Eine physische Präsenz ist dafür nicht nötig. Im Gegenzug sollen unilaterale «Digitalsteuern» (s. Ziff. 3.1) abgeschafft werden.

Vom Anwendungsbereich der Säule 1 sollen internationale Unternehmensgruppen mit über 20 Milliarden Euro Jahresumsatz und über 10 Prozent Gewinnmarge betroffen sein, was gemäss Angaben der OECD/G20 die rund 100 grössten und profitabelsten Unternehmensgruppen weltweit umfasst. Ausgenommen von der Säule 1 sind der Rohstoffabbau sowie gewisse regulierte Finanzdienstleistungen.

Konkret sollen Marktstaaten, in denen eine Unternehmensgruppe mindestens 1 Million Euro Umsatz generiert, einen Anteil des Gewinns besteuern dürfen. Für kleine Länder ist eine tiefere Umsatzschwelle vorgesehen. Der Anteil des Gewinns, der neu auf die so definierten Marktstaaten aufgeteilt werden soll, beträgt 25 Prozent des über einer Gewinnmarge von 10 Prozent liegenden Gewinns (sog. Betrag A). Damit der den Marktstaaten zur Besteuerung zugewiesene Gewinn keiner Doppelbesteuerung unterliegt, müssen voraussichtlich jene Staaten, in denen Einheiten der Unternehmensgruppe mit überdurchschnittlich hohen Renditen ansässig sind, eine entsprechende Entlastung gewähren. Um Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmensgruppen zu erreichen, ist ein besonderes Streitpräventionsverfahren vorgesehen.

Zudem sollen diese Unternehmensgruppen von einem besonderen Streitschlichtungsverfahren profitieren, und zwar auch für Sachverhalte, die nur einen mittelbaren Zusammenhang mit Betrag A aufweisen.

Für die Umsetzung der Säule 1 ist ein multilaterales Übereinkommen geplant, das der anschliessenden Ratifizierung durch die teilnehmenden Staaten bedarf. Dieses Über-

2

Abrufbar unter: www.oecd.org > Topics > Tax > Base erosion and profit shifting > Statement on a Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy ­ 8 October 2021.

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einkommen sollte gemäss der Erklärung vom 8. Oktober 2021 Mitte 2022 unterzeichnet werden können. Dieser Zeitplan kann aufgrund des aktuellen Stands der Arbeiten nicht mehr eingehalten werden.

Schematische Darstellung der Funktionsweise der Marktstaatbesteuerung

Für die betroffenen Unternehmensgruppen wird es sich positiv auswirken, wenn unilaterale Digitalsteuern aufgehoben werden. Als unilaterale Digitalsteuern sind Steuern auf Einkünften aus spezifischen digitalen Dienstleistungen zu verstehen, die nach den Einkünften in einem Marktstaat bemessen und auf Bruttoeinkünften erhoben werden, um so nicht unter den Schutz eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern auf dem Einkommen (DBA) zu fallen. Solche Regeln können den administrativen Aufwand und die Komplexität des Steuerrechts erhöhen.

Allerdings ist noch offen, welcher administrative Aufwand mit der Umsetzung der Säule 1 verbunden sein wird.

Auswirkungen auf die Schweiz Die im internationalen Vergleich niedrige Gewinnsteuerbelastung in der Schweiz dürfte für Standortentscheide von sehr grossen Unternehmensgruppen an Bedeutung verlieren. Grund dafür ist, dass ein grösserer Teil des Konzerngewinns als bisher in den Marktstaaten besteuert wird.

1.1.2

Säule 2: Mindestbesteuerung

OECD/G20-Projekt Mit der Säule 2 soll eine Mindestbesteuerung eingeführt werden. Diese sog. GloBERegeln (Global Anti-Base Erosion Rules) sehen für Unternehmensgruppen mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro einen Mindeststeuersatz von 15 Prozent auf der Basis einer international vereinheitlichten Bemessungsgrundlage

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vor. Dabei muss der Mindeststeuersatz jeweils pro Staat erreicht werden. Ausgenommen von der Mindestbesteuerung gemäss der Säule 2 sind Einkommen aus dem internationalen Seeverkehr.

Zur Berechnung der Steuerbelastung können gemäss OECD/G20 namentlich die Gewinn- und Kapitalsteuern sowie andere gewinnbasierte Steuern berücksichtigt werden. Die vereinheitlichte Bemessungsgrundlage wird anhand anerkannter Rechnungslegungsstandards mit einigen Korrekturen ermittelt. Erreicht die Steuerbelastung aggregiert in einem Staat (sog. länderweises Blending) nicht die OECD/G20Mindeststeuerbelastung von 15 Prozent, so unterliegt die Differenz einer zusätzlichen Besteuerung. Die Unternehmensgruppe kann indes einen Abzug auf den materiellen Vermögenswerten und den Lohnkosten (sog. carve-out resp. Substanzabzug) in jedem Staat geltend machen. Gewinne aus gewissen substanzstarken Aktivitäten können daher weiterhin zu einem Steuersatz unter 15 Prozent besteuert werden.

Die zusätzliche Besteuerung erfolgt im Staat, in dem sich die oberste Muttergesellschaft oder gegebenenfalls eine Zwischengesellschaft der betreffenden Unternehmensgruppe befindet (sog. Income Inclusion Rule, IIR). Hat dieser Staat die IIR nicht eingeführt, soll die Besteuerung subsidiär in den Staaten mit Tochtergesellschaften der Unternehmensgruppe mittels Verweigerung von Abzügen oder gleichwertigen Anpassungen sichergestellt werden (sog. Undertaxed Payments Rule, UTPR). Die OECD/G20 erlauben allerdings auch dem Staat, in dem die Mindestbesteuerung unterschritten wird, mit einer nationalen Ergänzungssteuer die Differenz zum Mindeststeuersatz selber auszugleichen (sog. Qualified Domestic Minimum Top-Up Tax, QDMTT). Eine solche nationale Ergänzungssteuer geht der IIR und der UTPR vor.

Gemäss Konzept der OECD/G20 gilt demnach folgende Rangfolge:

(1)

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Soweit ein Staat eine nationale Ergänzungssteuer erhebt, kann in diesem Umfang kein anderer Staat eine IIR oder UTPR erheben.

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Eine nationale Ergänzungssteuer muss mit den Mustervorschriften der OECD/G203 vereinbar sein, damit sie von anderen Staaten akzeptiert wird.

Dafür muss die Ermittlung des Gewinnüberschusses den OECD/G20Vorgaben entsprechen. Zudem muss die inländische Steuerbelastung in Bezug auf die Gewinnüberschüsse auf die Mindestbesteuerung angehoben werden.

Schliesslich darf der betreffende Staat keine Vorteile gewähren, die mit der Ergänzungssteuer im Zusammenhang stehen.

(2) Verbleibt ein Restbetrag, wird dieser vorrangig mit der IIR erfasst.

Bei der IIR hat der Staat, in dem die oberste Muttergesellschaft ansässig ist, das primäre Besteuerungsrecht. Hat dieser Staat die IIR nicht eingeführt, so sehen die Mustervorschriften vor, dass bei der zweithöchsten Zwischengesellschaft die IIR Anwendung findet. Die OECD/G20 regeln die Rangfolge detailliert und ihre Mustervorschriften enthalten Sonderregelungen für Geschäftseinheiten mit mehreren Muttergesellschaften.

(3) Wenn keine IIR zur Anwendung kommt, ist die UTPR anwendbar.

Die UTPR kann in allen Staaten Anwendung finden, in denen eine oder mehrere Geschäftseinheiten ansässig sind. Die Aufteilung auf diese Staaten erfolgt nach Massgabe der Substanz der jeweiligen Geschäftseinheiten. Die UTPR kann in der Form einer Abzugsverweigerung oder als zusätzliche Steuer erhoben werden.

Die Säule 2 stellt keinen Mindeststandard, sondern einen gemeinsamen Ansatz dar.

Das bedeutet, dass die Staaten weder politisch noch rechtlich verpflichtet sind, die Mindestbesteuerungsregeln zu übernehmen. Entscheiden sie sich jedoch, diese Regeln in das nationale Recht zu übernehmen, sollen sie sich gemäss der Erklärung vom 8. Oktober 2021 an den Mustervorschriften und Leitlinien der OECD/G20 orientieren.

Selbst wenn ein Staat die Regeln nicht umsetzt, bedeutet die Einigung auf einen gemeinsamen Ansatz, dass er die Anwendung der Regeln durch andere Staaten in Bezug auf betroffene Geschäftseinheiten, die in seinem Land tätig sind, akzeptiert.

Der Zeitplan der OECD/G20 zur Mindestbesteuerung sieht vor, dass die IIR ab 2023 und die UTPR ab 2024 angewendet werden können. Dazu wurden im Dezember 2021 Mustervorschriften und im März 2022 ein erläuternder Kommentar veröffentlicht.4 Bis Ende 2022 soll das Implementation Framework ausgearbeitet werden, das die Koordination der
Mindestbesteuerungsregeln zwischen den involvierten Staaten erleichtern soll. Somit werden mindestens bis Ende 2022 einige wichtige Punkte der Umsetzung noch offenbleiben.

Die Säule 2 der OECD/G20 beinhaltet zusätzlich eine Besteuerungsvorbehaltsregel (Subject to Tax Rule), die in die DBA mit Entwicklungsländern aufgenommen werden

3

4

Abrufbar unter: www.oecd.org > Topics > Tax > Base erosion and profit shifting > Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy > Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar Two).

Die Mustervorschriften und der Kommentar sind abrufbar unter: www.oecd.org > Topics > Tax > Base erosion and profit shifting > Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy > Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar Two).

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soll. Diese sollen künftig eine begrenzte Quellensteuer auf Zinsen, Lizenzen und anderen ausgewählten Zahlungen erheben dürfen, wenn die entsprechenden Zahlungen im anderen Staat einer Besteuerung unterliegen, welche tiefer ist als nominal 9 Prozent. Es ist vorgesehen, dass die entsprechenden DBA bilateral oder durch ein multilaterales Übereinkommen angepasst und ratifiziert werden.

Schematische Darstellung der Funktionsweise der Mindestbesteuerung (Annahme: Schweiz hat Mindestbesteuerung nicht eingeführt)

Auswirkungen auf die Schweiz Der Bundesrat geht davon aus, dass zahlreiche Staaten, namentlich auch die EUMitgliedstaaten (Ziff. 3.2), die Mindestbesteuerungsregeln in ihr nationales Recht überführen werden. Damit können diese Staaten künftig bei ihnen ansässige Einheiten höher besteuern, wenn eine Unternehmensgruppe in einem anderen Staat wie bspw.

der Schweiz die Mindestbesteuerung nicht erreicht. Für diese Unternehmensgruppen erhöhen sich die Steuerbelastung und der administrative Aufwand.

Daraus ergeben sich auch Auswirkungen auf den Standort Schweiz. Im Vergleich zu Staaten mit höherer Steuerbelastung verringert sich seine Attraktivität, weil die Differenz in den Steuerbelastungen kleiner wird. Für eine Unternehmensgruppe mit Sitz in einem Hochsteuerland besteht deshalb künftig ein geringerer Anreiz, Aktivitäten in der Schweiz anzusiedeln und hier zu investieren. Demgegenüber werden Staaten, die heute tiefere Steuersätze als die Schweiz anbieten, ihren bisherigen Vorteil gegenüber der Schweiz verlieren, was die Stellung der Schweiz im internationalen Steuerwettbewerb verbessert. Es ist allerdings davon auszugehen, dass solche Staaten bestrebt sein werden, dem drohenden Verlust an Standortattraktivität mit geeigneten Massnahmen zu begegnen. Der internationale Standortwettbewerb um die Ansiedlung grosser 12 / 66

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Unternehmensgruppen dürfte sich daher unvermindert fortsetzen, aber er dürfte weniger als bisher über die Unternehmensbesteuerung ausgetragen werden.

Die meisten Kantone werden unmittelbar von den neuen Besteuerungsregeln betroffen sein. Auch in Kantonen mit gesetzlichen Steuersätzen von über 15 Prozent kann die Mindestbesteuerung unterschritten werden. Dies kann zum einen der Fall sein, wenn die Geschäftseinheit von Sonderregelungen wie z. B. der ermässigten Besteuerung des Gewinns aus einem Patent oder vergleichbaren Recht (Patentbox) profitiert5, was je nach Konstellation zu einer effektiven Steuerbelastung von rund 10­12 Prozent führen kann. Zum anderen unterscheidet sich die Bemessung des steuerbaren Gewinns gemäss der Säule 2 wesentlich von den Bemessungsregeln des schweizerischen Gewinnsteuerrechts. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass eine Geschäftseinheit nach der Betrachtungsweise der OECD/G20 eine Steuerbelastung im einstelligen Prozentbereich aufweist.

Die Schweiz kann angesichts der Konzeption des OECD/G20-Projekts nicht verhindern, dass gewisse hier tätige Unternehmensgruppen künftig einer höheren Steuerbelastung unterliegen werden. Sie kann aber ihre wirtschaftspolitischen und fiskalischen Interessen wahren, indem sie ihr Steuersystem an die neuen Realitäten anpasst (s. Ziff. 4.1): Dazu soll die Schweiz auf ihrem Gebiet die Mindestbesteuerung der betroffenen Unternehmensgruppen sicherstellen. Ferner soll sie von den neuen Besteuerungsrechten Gebrauch machen, wenn eine in der Schweiz tätige Unternehmensgruppe die Mindestbesteuerung im Ausland nicht erreicht. Auf diese Weise werden die zusätzlichen Steuereinnahmen in der Schweiz und nicht im Ausland anfallen.

Andernfalls würde die Schweiz auf Steuereinnahmen verzichten, ohne dabei an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Ohne Umsetzung der Mindestbesteuerung in der Schweiz ist daher gesamtstaatlich mit massiven Mindereinnahmen zu rechnen. Die nationale Umsetzung ist daher geboten, da sich der finanzpolitische Spielraum deutlich ausweitet. Dieser kann auch für Massnahmen genutzt werden, die dem Erhalt der Standortattraktivität dienen. Dabei ist zentral, dass das schweizerische Regelwerk den Mustervorschriften der OECD/G20 entspricht. Andernfalls könnte eine doppelte Besteuerung die Folge sein, indem nebst der schweizerischen Ergänzungssteuer auch eine zusätzliche Besteuerung im Ausland anfällt.

1.2

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 20206 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 20207 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

Gemäss seinen Jahreszielen will der Bundesrat im ersten Halbjahr 2022 festlegen, ob und wie die Schweiz die neuen Regeln zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft

5 6 7

Vgl. Patentbox-Verordnung vom 13. November 2019 (SR 642.142.1).

BBl 2020 1777 BBl 2020 8385

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umsetzen soll, die aus dem entsprechenden Projekt von OECD/G20 hervorgegangen sind.

1.3

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Das Postulat 21.3664 «Mindeststeuer für Unternehmen. Strategie zum Erhalt der Attraktivität der Schweiz» wurde am 1. März 2022 vom Nationalrat angenommen. Es verlangt vom Bundesrat, im Zusammenhang mit der Umsetzung des OECD/G20Projekts eine Strategie vorzuschlagen. Insbesondere soll der Bundesrat alle Optionen untersuchen, damit jegliche Anpassung der Gewinnsteuer für die Steuerbelastung der Unternehmen insgesamt neutral ist, zum Beispiel indem andere Steuern und Abgaben wie Sozialabgaben in ähnlichem Umfang herabgesetzt werden.

Im Rahmen der vorliegenden Botschaft hat der Bundesrat das Anliegen des Postulats geprüft (s. Ziff. 4.2). Eine höhere Steuerbelastung bei den betroffenen Unternehmensgruppen in der Schweiz lässt sich nicht vermeiden. Um dem Verlust an steuerlicher Standortattraktivität entgegenzuwirken, werden Standortmassnahmen angestrebt.

(s. Ziff. 4.2) Das Postulat kann nach Ansicht des Bundesrates abgeschrieben werden.

2

Vernehmlassungsverfahren und Ergebnis

Der Bundesrat hat vom 11. März bis zum 20. April 2022 eine Vernehmlassung durchgeführt. Es sind 74 Stellungnahmen eingegangen, darunter von allen 26 Kantonen, 7 Parteien und 41 Organisationen.

Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse der Vernehmlassung dargelegt. Alle Stellungnahmen und der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung können online eingesehen werden.8

8

­

Handlungsbedarf: Es herrscht ein breiter Konsens darüber, dass die Schweiz angesichts der internationalen Entwicklungen nicht untätig bleiben kann. Der Handlungsbedarf für die nationale Umsetzung wird anerkannt.

­

Vorgehen: Das vom Bundesrat vorgeschlagene Vorgehen mit einer Verfassungsänderung, einschliesslich Übergangsbestimmungen zu einer bis zum Inkrafttreten der Ausführungsgesetzgebung befristeten Verordnung des Bundesrates wird unterstützt.

­

Tragweite der verfassungsrechtlichen Grundnorm: Vielen Vernehmlassungsteilnehmenden geht die Grundnorm zu weit, sei es betreffend möglicher Einschränkungen des steuerlichen Föderalismus oder der möglichen Abweichung von anderen verfassungsrechtlichen Besteuerungsprinzipien (in diese Richtung: 17 Kantone sowie Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren [FDK], vier Parteien [FDP, glp, Grüne, SVP], zehn Organisationen). Zahlreiche Vernehmlassungsteilnehmende verlangen, dass der Abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2022 > EFD.

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Kantonsanteil an den Einnahmen aus der Ergänzungssteuer in der Grundnorm verankert wird (18 Kantone sowie FDK, SVP, 13 Organisationen).

Der Bundesrat ist sich der politischen Tragweite der verfassungsrechtlichen Grundnorm bewusst. Mit Blick auf das Vernehmlassungsergebnis schränkt er deren Anwendbarkeit auf die nationale Umsetzung des OECD/G20-Projekts ein. Zudem soll die bestehende verfassungsrechtliche Regelung, wonach der Kantonsanteil an einer direkten Bundessteuer mindestens 17 Prozent beträgt, unangetastet bleiben und auch für die Umsetzung des OECD/G20-Projekts gelten. Der Gesetzgeber kann einen höheren Kantonsanteil vorsehen.

­

Föderale Umsetzung der Mindestbesteuerung: Ein Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden ist damit einverstanden, dass die Mindestbesteuerung von den Kantonen umgesetzt wird (insb. die Kantone sowie FDK, die Mehrheit der Parteien und die meisten Wirtschaftsverbände); ausdrücklich eine Veranlagung durch den Bund fordern insbesondere die glp sowie drei Organisationen.

­

Verfahren: Viele Vernehmlassungsteilnehmende regen die vertiefte Prüfung eines sog. Leadkanton-Konzepts an; andere wiederum fordern oder regen eine Umsetzung an, die bei den Unternehmensgruppen nicht zu Mehraufwand führt (elf Kantone sowie FDK, SVP, diverse Organisationen).

Die verfahrensrechtliche Umsetzung der Mindestbesteuerung ist auch standortpolitisch von Bedeutung; vertiefte technische Abklärungen werden mit Blick auf die Verordnung des Bundesrates erfolgen (s. Ziff. 4.1.2).

­

Aufteilung der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer auf die drei Staatsebenen: Der Bundesrat hatte in der Vernehmlassung vorgeschlagen, die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer vollständig den Kantonen zukommen zu lassen; er hat die diesbezügliche Position der Vernehmlassungsteilnehmenden explizit abgefragt.

­ Mit der vorgeschlagenen Verteilung einverstanden sind sieben Kantone, zwei Parteien (FDP, SVP) wie auch einige Wirtschaftsverbände (bspw.

economiesuisse und SwissHoldings).

­ Die Mehrheit der Kantone und Parteien fordert eine Beteiligung des Bundes an den Mehreinnahmen. Zwölf Kantone sowie die FDK schlagen einen Kantonsanteil von 75 Prozent vor. Fünf Kantone schlagen einen tieferen Kantonsanteil vor, ein Kanton einen höheren; wenige äusserten sich nicht explizit zu dieser Frage. Die Meinungen der Parteien und weiteren Organisationen decken das ganze Spektrum ab.

­ Von vier Vernehmlassungsteilnehmenden wird eine Beteiligung der Gemeinden angeregt.

Vor diesem Hintergrund schlägt der Bundesrat folgende Aufteilung vor: Kantonsanteil 75 Prozent, wobei die Kantone ihre Gemeinden angemessen berücksichtigen; Bundesanteil 25 Prozent.

­

Internationale Akzeptanz: Ein Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden teilt die Ansicht des Bundesrates, dass das schweizerische Regelwerk international anerkannt sein muss.

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­

Gezielte Umsetzung der Mindestbesteuerung: Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden spricht sich für eine Umsetzung der Mindestbesteuerung ausschliesslich bei den betroffenen Unternehmen aus. Kleinere sowie rein national tätige Unternehmen sollen von der Mindeststeuer nicht betroffen sein. Drei Organisationen und zwei Parteien (SP, Grüne) regen an, die 15-Prozent-Besteuerung für alle Unternehmen sicherzustellen.

Mit Blick auf die steuerliche Standortattraktivität der Schweiz lehnt der Bundesrat eine über die OECD/G20-Mindestbesteuerung hinausgehende Steuererhöhung ab.

­

Standortmassnahmen: Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden äussert sich zu Standortmassnahmen und fordert, dass die Mehreinnahmen für Massnahmen zum Erhalt der Standortattraktivität eingesetzt werden. Eine Minderheit (insb. SP, Grüne, Mitte, Schweizerischer Gewerkschaftsbund) verlangt jedoch, dass die Mehreinnahmen für sozial- oder klimapolitische Zwecke verwendet werden. Begründung dafür ist insbesondere die Mehrheitsfähigkeit der Vorlage an der Urne.

Als mögliche Bereiche für kantonale Standortmassnahmen nennen die Kantone u. a. Bildung, Forschung und Innovation, Steuergutschriften, Digitalisierung, Umwelt, Start-up-Förderung und familienexterne Kinderbetreuung.

Einige Kantone wünschen vom Bund diesbezüglich die Ausarbeitung von Rahmenbedingungen für kantonale Standortmassnahmen oder eines Massnahmenkatalogs. SVP und FDP sprechen sich für einen Einsatz der Mittel einzig für zielgerichtete Standortmassnahmen aus. Die Wirtschaftsverbände sehen ebenfalls zielgerichtete kantonale Massnahmen zum Erhalt der Standortattraktivität im Vordergrund.

Aus der Vernehmlassung geht hervor, dass die Kantone mehrheitlich ein stärkeres Engagement des Bundes zum Erhalt der Standortattraktivität der Schweiz als Ganzes wünschen. Bezüglich Standortmassnahmen auf Bundesebene schlagen die Kantone grösstenteils Stossrichtungen vor, die mittel- bis langfristig eine positive gesamtschweizerische Wirkung entfalten können.

Beispiele sind die stärkere Finanzierung von Hochschulen, Massnahmen zur Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen der Wirtschaft und zur Stärkung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Die Stossrichtungen sind mehrheitlich im Bereich Bildung, Forschung und Innovation anzusiedeln sowie im Bereich der Bekämpfung des Fachkräftemangels. Bei den Parteien ist das Spektrum an Positionen für eine mögliche Verwendung der Einnahmen auf Bundesebene breit. Die Parteien, die sich eine Beteiligung des Bundes an den Einnahmen vorstellen können, sprechen sich für Massnahmen zum Erhalt der Standortattraktivität aus, fordern jedoch teils auch eine teilweise oder vollständige Verteilung der Mehreinnahmen an die Bevölkerung. So sollen beispielsweise gemäss SP die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer ­ die vollumfänglich dem Bund zukommen sollen ­ einzig der Bevölkerung zugutekommen. Dies könnte gemäss SP durch eine Entlastung bei den obligatorischen Krankenkassenprämien erreicht werden.

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Vor diesem Hintergrund schlägt der Bundesrat vor, seinen Anteil an den Einnahmen im Rahmen einer Zweckbindung nach Abzug seiner Mehrausgaben für den Ressourcenausgleich (s. Ziff. 5.2.3) zur zusätzlichen Stärkung der Standortattraktivität der Schweiz zu verwenden.

­

Finanz- und Lastenausgleich: Die Kantone sind grossmehrheitlich mit der Position des Bundesrates einverstanden, dass der Finanz- und Lastenausgleich nicht angepasst werden soll (zum vom Bundesrat abgelehnten Vorschlag des Kantons Zürich vgl. Ziff. 5.2.3). Einige Kantone äussern jedoch Bedenken, dass die Ergänzungssteuer die interkantonalen Disparitäten vergrössern könnte. Deshalb fordern die FDK und zahlreiche Kantone, dass die Auswirkungen der Reform auf den Finanz- und Lastenausgleich im Rahmen des Wirksamkeitsberichts 2026­2029 anhand von aktuellen Steuerdaten vertieft analysiert werden sollen.

Der Bundesrat erachtet dieses Vorgehen als sinnvoll. Der Wirksamkeitsbericht 2026­2029 wird dieses Thema untersuchen und gegebenenfalls Massnahmen vorschlagen, falls die Auswirkungen wider Erwarten die Ressourcenausgleichszahlungen in einem Ausmass verändern, dass einzelne Kantone erhebliche Mehrbelastungen oder Mindereinnahmen erfahren.

­

Übergangsbestimmungen vereinfachen: Viele Vernehmlassungsteilnehmende fordern eine vereinfachte und kürzere Formulierung der Übergangsbestimmung.

Der Bundesrat lehnt eine Vereinfachung und Kürzung ab. Die in den Übergangsbestimmungen festgelegten Grundsätze bilden in politischer und rechtlicher Hinsicht die Grundlage für die befristete Verordnung des Bundesrates.

Der Verfassungsgeber soll möglichst klare Eckwerte vorgeben und dem Bundesrat keinen übermässigen Spielraum belassen. Zudem muss die Verordnung im Bedarfsfall einer gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich ihrer Verfassungskonformität standhalten.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

3.1

Marktstaatbesteuerung

In den letzten Jahren haben verschiedene Staaten unilaterale «Digitalsteuern» auf bestimmten Umsatzarten eingeführt mit dem Ziel, ihr Steuersubstrat zu erhöhen oder zu schützen. Auch die EU plante die Einführung einer Digitalsteuer. Diese Pläne hat sie jedoch aufgrund des OECD/G20-Projekts und des darin enthaltenen Verzichts auf unilaterale Massnahmen im Anwendungsbereich der Säule 1 zurückgestellt.

In den vergangenen Jahren haben sich internationale Organisationen wie die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds (IWF) vermehrt für eine umfassende Marktstaatbesteuerung in Bezug auf die Gewinne grosser Unternehmensgruppen eingesetzt. Auch die USA haben im Rahmen der Erarbeitung ihrer Steuerreform im Jahr 2017 die Entwicklung ihres Steuersystems hin zu einer Marktstaatbesteuerung erwogen, letztlich aber davon abgesehen.

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3.2

Mindestbesteuerung

Die EU-Kommission hat gestützt auf die Mustervorschriften der OECD/G20 einen Richtlinienentwurf publiziert. Der Richtlinienentwurf entspricht den Mustervorschriften der OECD/G20, ergänzt durch Anpassungen im Zusammenhang mit den EU Grundfreiheiten. Dieser wurde ein erstes Mal im Januar 2022 im zuständigen EU-Rat (Ecofin) beraten. Einige Mitgliedstaaten haben Bedenken geäussert. Daraufhin wurden verschiedene Anpassungen vorgenommen. Namentlich soll die Inkraftsetzung der Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten faktisch um ein Jahr auf 2024 verschoben werden.9 Nach Verabschiedung der Richtlinie in der EU müssen die Mitgliedstaaten deren Inhalt in ihr nationales Recht überführen.

Bereits heute existieren in verschiedenen Staaten Besteuerungsregeln, die mit der IIR vergleichbar sind. Mit sog. CFC-Regeln (Controlled Foreign Company-Rules) werden bei einem zu tiefen Gewinnsteuersatz die Gewinne von ausländischen Tochtergesellschaften bei der Muttergesellschaft besteuert. Im Unterschied zu den OECD/G20Regeln wird bei CFC-Regeln indessen typischerweise die Höhe des Gewinnsteuersatzes einer Tochtergesellschaft nach den Vorschriften des Ansässigkeitsstaates der Muttergesellschaft ermittelt. Ausserdem finden CFC-Regeln oft nur auf gewisse Arten von Zahlungen Anwendung (insb. auf Zins- oder Lizenzzahlungen). Schliesslich unterliegen bei CFC-Regeln die Gewinne meist dem im Staat der Muttergesellschaft geltenden Gewinnsteuersatz. CFC-Regeln können neben den neuen OECD/G20Regeln weiterhin bestehen und werden vorrangig angewendet.

Ähnlichkeit weist die IIR auch mit der amerikanischen GILTI (Global Intangible Low-Taxed Income) auf. Auch die GILTI ist de facto als überdachende Besteuerung bis zu einem bestimmten Steuersatz ausgestaltet. Ebenso sind bei der GILTI grundsätzlich alle im Ausland erzielten Gewinne steuerbar und es wird ein Abzug in Bezug auf im Ausland gelegene materielle Vermögenswerte gewährt. Ein grosser Unterschied zwischen der GILTI und der IIR besteht indessen hinsichtlich der Verrechnung von Steuerbelastungen an verschiedenen Standorten. Bei der GILTI werden zur Berechnung des effektiven Gewinnsteuersatzes alle im Ausland geschuldeten Gewinnsteuern und alle durch ausländische Tochtergesellschaften und Betriebsstätten erzielten Gewinne zusammengezählt. Die USA wenden somit bei ihrer GILTI bislang
ein weltweites Blending an, während bei der Säule 2 die Mindestbesteuerung in jedem Staat separat erreicht werden muss. Die US-Regierung plant Anpassungen bei GILTI.

Unter anderem soll ein Wechsel zum länderweisen Blending stattfinden. Die USA betrachten ihre GILTI-Regeln als äquivalent zu den neuen OECD/G20-Regeln. Diese Frage ist in der OECD/G20 noch pendent.

9

Vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen in der Union, aktueller Stand des Richtlinienentwurfs (Kompromissvorschlag engl: pdf [europa.eu]).

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4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

4.1.1

Marktstaatbesteuerung

Der Bundesrat wird nach Vorliegen des multilateralen Übereinkommens entscheiden, ob er dieses unterzeichnet. Das Parlament wird gegebenenfalls über die Genehmigung befinden.

Eine allfällige Umsetzung der Säule 1 könnte teilweise in Konflikt mit bestehenden verfassungsrechtlichen Prinzipien stehen, insbesondere mit dem Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung. Grund dafür ist, dass die Regeln der Säule 1 nur für grosse Unternehmensgruppen Anwendung finden sollen. Vor diesem Hintergrund soll mit der vorgeschlagenen Änderung der Bundesverfassung (BV) 10 dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz gegeben werden, auch die Säule 1 einzuführen, ohne aber den Entscheid über eine allfällige Umsetzung vorwegzunehmen. Um dem Gesetzgeber ausreichenden Spielraum zu verschaffen, soll dieser nötigenfalls auch von anderen bestehenden verfassungsrechtlichen Grundsätzen abweichen können. Namentlich wird sich die Frage stellen, ob ein dezentraler Vollzug der Marktstaatbesteuerung durch die Kantone aus administrativer Sicht sinnvoll ist.

4.1.2

Mindestbesteuerung

Der Bundesrat geht davon aus, dass zahlreiche Staaten, namentlich auch die EUMitgliedstaaten, die neuen Besteuerungsregeln einführen werden. Er will sicherstellen, dass die Schweiz angesichts der veränderten Ausgangslage ihre Interessen wahrt.

Dazu soll die Schweiz auf ihrem Gebiet die Mindestbesteuerung der betroffenen Unternehmensgruppen sicherstellen. Ferner soll sie von den neuen Besteuerungsrechten Gebrauch machen, wenn eine in der Schweiz tätige Unternehmensgruppe die Mindestbesteuerung im Ausland nicht erreicht. Auf diese Weise werden die zusätzlichen Steuereinnahmen in der Schweiz und nicht im Ausland anfallen. Dadurch weitet sich der finanzpolitische Spielraum der Schweiz aus. Dieser kann auch für Massnahmen genutzt werden, die dem Erhalt der Standortattraktivität dienen. Gleichzeitig werden in der Schweiz ansässigen Unternehmensgruppen zusätzliche Steuerverfahren und der damit verbundene administrative Aufwand im Ausland erspart und grösstmögliche Rechtssicherheit geboten.

10

SR 101

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Schematische Darstellung der Funktionsweise der Mindestbesteuerung (Annahme: Schweiz hat Mindestbesteuerung eingeführt; s. auch Ziff. 1.1.2)

Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Umsetzung im Rahmen der befristeten Verordnung des Bundesrates (s. hierzu und zum Folgenden insbes.

Ziff. 4.3). Im Rahmen des nachgelagerten Gesetzgebungsverfahrens wird der Gesetzgeber auf die hier dargelegten Grundsätze zurückkommen und bei Bedarf Anpassungen vornehmen können.

Mindestbesteuerung sicherstellen Verzichtet die Schweiz darauf, eine Mindestbesteuerung der in der Schweiz tätigen Unternehmensgruppen sicherzustellen, so können andere Staaten daraus mittels IIR oder UTPR Besteuerungsrechte ableiten. Die Höherbelastung dieser Unternehmensgruppen dürfte daher in den meisten Fällen trotzdem eintreten, bloss würden die Steuereinnahmen im Ausland und nicht in der Schweiz anfallen. Die Folge wäre, dass die Schweiz auf Steuereinnahmen verzichtet und dennoch an Wettbewerbsfähigkeit einbüsst. Zudem sähen sich die in der Schweiz tätigen Unternehmensgruppen mit zusätzlichen Steuerverfahren im Ausland konfrontiert, was mit einem höheren administrativen Aufwand und mit mehr Rechtsunsicherheiten verbunden sein dürfte als entsprechende Verfahren in der Schweiz.

Entsprechend will der Bundesrat die Mindestbesteuerung in der Schweiz einführen.

Technisch wird dies mit der Einführung einer Ergänzungssteuer erreicht; diese umfasst die Qualified Domestic Minimum Top-Up Tax (schweizerische Ergänzungssteuer), die IIR und die UTPR. Die Erhebung der IIR bzw. der UTPR steht im konkreten Fall unter dem Vorbehalt vorrangiger Besteuerungsrechte anderer Staaten (s. Ziff. 1.1.2).

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Das Schweizer Regelwerk soll internationale Akzeptanz geniessen. Es gilt möglichst zu vermeiden, dass sich ausländische Steuerbehörden im Einzelfall veranlasst sehen, zu prüfen, ob eine Unternehmensgruppe in der Schweiz die Mindestbesteuerung tatsächlich erreicht, was zusätzlichen administrativen Aufwand verursachen würde. Die Aufsicht des Bundes (Eidgenössische Steuerverwaltung, ESTV) über den Vollzug durch die Kantone (s. Ziff. 5.2.2) erweist sich dabei als wichtiges Element. Wird das schweizerische Regelwerk vom Ausland nicht akzeptiert, ergibt sich für die betroffenen Unternehmensgruppen ein Mehraufwand. Auch eine doppelte Besteuerung ist die Folge, denn nebst der schweizerischen Ergänzungssteuer erhebt in diesem Fall auch das Ausland eine zusätzliche Besteuerung.

Gezielte Umsetzung Der Eingriff in das schweizerische Steuersystem soll so gering wie möglich gehalten werden. Eine generelle Erhöhung der Steuersätze für sämtliche Unternehmen steht für den Bundesrat nicht zur Diskussion. Die Ergänzungssteuer soll auf Unternehmensgruppen beschränkt werden, die in den Anwendungsbereich der OECD/G20-Mindestbesteuerung fallen. Andere Unternehmen ­ namentlich KMU, kleinere Unternehmensgruppen und rein national tätige Unternehmensgruppen ­ sollen nicht davon betroffen sein. Ebenso soll sich die zusätzliche Besteuerung in der Schweiz auf das nötige Ausmass beschränken. So lehnt der Bundesrat eine Höherbelastung ab, die über die Mindestbesteuerung hinausgeht.

Föderalismus wahren Die technische Konzeption der OECD/G20 steht teilweise in Konflikt mit dem föderalistischen Steuersystem der Schweiz. Dies gilt insbesondere mit Blick auf das länderweise Blending, d. h. die aggregierte Betrachtung sämtlicher Geschäftseinheiten eines Staates. Ein Kanton kann allein aufgrund der steuerlichen Situation der bei ihm ansässigen Geschäftseinheiten nicht beurteilen, ob die Unternehmensgruppe die Mindestbesteuerung in der Schweiz erreicht.

Ein zentraler Vollzug durch die ESTV wurde bereits im Vorfeld der Vernehmlassung sowohl von der FDK als auch von den betroffenen Wirtschaftskreisen klar abgelehnt.

Das Vernehmlassungsergebnis (s. Ziff. 2) stützt den dezentralen Vollzug durch die Kantone. Als Grund wurden insbesondere die positiven Erfahrungen mit den bestehenden Steuerverfahren vor den kantonalen Behörden angeführt.
Eine autonome Umsetzung durch die Kantone wäre indes nicht zielführend. Das Regelwerk des Bundes soll die Umsetzung der Mindestbesteuerung durch die Kantone sicherstellen. Der Bund soll für die Kantone verbindlich regeln, welche Geschäftseinheiten die Ergänzungssteuer zu entrichten haben und welcher Kanton befugt ist, diese zu vollziehen. Es soll sich um eine Bundessteuer und nicht um eine kantonale Steuer handeln, was mit Blick auf die internationale Akzeptanz vorteilhaft sein dürfte.

Der Rohertrag der Ergänzungssteuer soll zu 75 Prozent den Kantonen zukommen.

Damit besteht weiterhin ein Anreiz für die Kantone, wettbewerbsfähige Steuerbelastungen anzubieten. Hochsteuerkantone werden im Vergleich zu Tiefsteuerkantonen an steuerlicher Attraktivität für grosse Unternehmensgruppen gewinnen, da die Differenzen in der Steuerbelastung zwischen Hoch- und Tiefsteuerkantonen geringer werden. Vom OECD/G20-Projekt am stärksten betroffen sind steuerlich attraktive 21 / 66

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Kantone, wenngleich mit Sondermassnahmen der STAF in jedem Kanton für Unternehmensgruppen das Risiko besteht, unter die OECD/G20-Mindestbesteuerung zu fallen. Allenfalls könnten diese Sondermassnahmen neu austariert werden. Die Säule 2 wirkt sich indirekt auch auf den interkantonalen Steuerwettbewerb aus. Hier wirkt sich dieser Effekt jedoch etwas schwächer aus als im internationalen Verhältnis.

Zum einen führt das länderweite Blending dazu, dass eine tiefe Steuerbelastung in einem Kanton mit einer höheren Steuerbelastung in einem anderen Kanton «ausgeglichen» werden kann. Aus diesem Grund besteht auch für steuerlich attraktive Kantone weiterhin ein Anreiz, Steuerbelastungen unterhalb der Mindestbesteuerung anzubieten. Des Weiteren achtet die nationale Umsetzung darauf, die Anreizkompatibilität des föderalen Systems zu erhalten. Je tiefer der kantonale Anteil an den Mehreinnahmen ist, umso höher ist der Anreiz für die Kantone, ihre Steuersätze anzuheben. Damit würden die Mehreinnahmen bei ihnen anfallen. Darunter würde die steuerliche Attraktivität der Schweiz leiden.

Vorwiegend die Tiefsteuerkantone erhalten aus der schweizerischen Ergänzungssteuer Mittel, die sie verwenden können, um ihrem Verlust an Standortattraktivität entgegenzuwirken (s. Ziff. 4.2). Die Kantone werden autonom entscheiden, für welche Zwecke sie die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer verwenden (s. Ziff. 4.2).

Um diese avisierte Wirkung zu erzielen, sollen die den Kantonen zustehenden Einnahmen aus der schweizerischen Ergänzungssteuer jeweils dem Kanton zufliessen, dem die zu tief besteuerte Geschäftseinheit steuerlich zugehörig ist. In der Praxis dürfte eine grosse Unternehmensgruppe regelmässig über mehrere Geschäftseinheiten in der Schweiz verfügen. In diesem Fall sind die kantonalen Einnahmen aus der Ergänzungssteuer anteilsmässig auf alle Kantone zu verteilen, in denen zu tief besteuerte Geschäftseinheiten ansässig sind.

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung respektiert den steuerlichen Föderalismus, wahrt den interkantonalen Steuerwettbewerb und gibt den Kantonen grösstmöglichen Spielraum für Standortmassnahmen.

Die Einnahmen der Kantone werden im Rahmen des nationalen Finanz- und Lastenausgleichs (NFA) als zusätzliche Steuereinnahmen berücksichtigt. Das NFA-Regelwerk soll nicht angepasst werden (s. Ziff. 5.2.3).
Bundesanteil Dem Bund sollen 25 Prozent der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer zufliessen.

Diese Einnahmen sollen primär für die Deckung der Mehrausgaben im Zusammenhang mit dem NFA (s. Ziff. 5.2.3) eingesetzt werden. Darüber hinaus wird eine Verwendung der Mittel zugunsten der Standortattraktivität angestrebt. Die vorliegende Verfassungsänderung wird indes keine neuen Ausgabenkompetenzen begründen.

Verfahren Das Verfahren ist im Rahmen der befristeten Verordnung des Bundesrates zu regeln.

Aus heutiger Optik kann noch nicht abschliessend beurteilt werden, wie das Verfahren aussehen wird. Fragen stellen sich insbesondere bei Unternehmensgruppen mit Geschäftseinheiten in mehreren Kantonen. Viele Kantone haben im Rahmen der Vernehmlassung angeregt, ein Modell mit einem Leadkanton vertieft zu prüfen. Dieser 22 / 66

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könnte entweder eine koordinierende Rolle übernehmen oder aber die Kompetenz erhalten, die gesamte schweizerische Ergänzungssteuer zu veranlagen und den übrigen beteiligten Kantonen deren Anteil zu überweisen. Je nach Rolle eines allfälligen Leadkantons könnte sich eine Abgeltung seines administrativen Aufwandes anbieten.

Die technische Analyse hierzu muss weiter vertieft werden. Das Verfahren soll so ausgestaltet werden, dass es bestmögliche Gewähr für die internationale Kompatibilität und Akzeptanz des schweizerischen Regelwerks bietet. Gleichzeitig soll der administrative Aufwand für die betroffenen Unternehmensgruppen und Steuerbehörden möglichst gering gehalten werden.

4.2

Standortmassnahmen

Steuerliche Handlungsbereiche Die Mindestbesteuerung reduziert die Bedeutung der Gewinn- und Kapitalsteuern im internationalen Steuerwettbewerb. Gleichzeitig werden andere Steuern eine erhöhte Bedeutung erlangen, die für die Berechnung der Mindestbesteuerung nicht relevant sind. In Teilbereichen weist die Schweiz diesbezüglich im internationalen Vergleich Nachteile aus. Auf Bundesebene sind insbesondere folgende Projekte von Bedeutung:

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­

Abschaffung der Stempelabgaben: Das Parlament hat 2021 die Abschaffung der Emissionsabgabe als Teil der Stempelabgaben beschlossen. Die Vorlage wurde indes im Februar 2022 vom Volk abgelehnt.11

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Reform der Verrechnungssteuer: Das Parlament hat Ende 2021 eine Reform der Verrechnungssteuer verabschiedet. Alle Unternehmen, darunter insbesondere auch grosse Unternehmensgruppen, sollen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen erhalten, um Anleihen aus der Schweiz auszugeben. Für die Erreichung der Mindestbesteuerung gemäss OECD/G20 ist die in der Vorlage enthaltene Befreiung von Zinsen von der Verrechnungssteuer wenig relevant (s. Ziff. 5). Entsprechend lässt sich der mit der Reform der Verrechnungssteuer verbundene positive Impuls auf die Schweizer Volkswirtschaft nach wie vor erreichen. Gegen diese Reform wurde das Referendum ergriffen. Die Volksabstimmung wird am 25. September 2022 stattfinden.12

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Einführung einer Tonnagesteuer: Die Tonnagesteuer ist international breit akzeptiert und insbesondere in der EU weitverbreitet. Sie ist ein gezieltes Mittel, um gleich lange Spiesse im Wettbewerb um die hoch mobilen Seeschifffahrtsunternehmen zu schaffen. Da die entsprechenden Erträge von der Mindestbesteuerung der OECD/G20 ausgenommen sind, lässt sich diese Massnahme mit den zu erwartenden positiven Effekten auf den Standort Schweiz weiterhin umsetzen. Die Botschaft des Bundesrates wurde am 4. Mai 2022 verabschiedet.13

Dokumentation abrufbar unter www.efd.admin.ch > Das EFD > Gesetzgebung > Abstimmungen > Abschaffung der Emissionsabgabe.

Geschäft abrufbar unter Curia Vista 21.024.

BBl 2022 1252; Geschäft abrufbar unter Curia Vista 22.035.

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Allgemeine wirtschaftspolitische Handlungsbereiche Am 16. Februar 2022 hat der Bundesrat die Gesamtschau «Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz» verabschiedet.14 Darin stellt er insgesamt zwölf Vorhaben vor, welche er 2022 zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts mit Priorität vorantreiben will.

Dazu zählen beispielsweise die Botschaften zum Unternehmensentlastungsgesetz, zum Finanzhaushaltgesetz über den Umgang mit den Corona-Schulden, zur Teilrevision des Kartellgesetzes, aber auch die Vorlage zur Revision des CO2-Gesetzes vom 23. Dezember 2011.

Verschiedene Vorhaben widmen sich auch der Digitalisierung. So will der Bundesrat im Jahr 2022 Vernehmlassungsvorlagen zur Einführung einer staatlichen elektronischen Identität (E-ID) und zur Vereinfachung des Versandhandels mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vorlegen. Auch das Transformationsprogramm DaziT für eine durchgehende Digitalisierung und Vereinfachung der Prozesse im Zollwesen ist vor diesem Hintergrund für den Bundesrat von hoher Priorität. Die Gesamtschau zeigt zudem auf, welche weiteren Arbeiten in der Bundesverwaltung anstehen, um aktuellen Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Schweiz wie dem demografischen Wandel, der Frage nach der zukünftigen Ausgestaltung der Beziehungen zur EU sowie der Umsetzung einer kosteneffizienten Klimapolitik zu begegnen.

Seitens der Kantone wurden in der Vernehmlassung auch Massnahmen, welche auf den Arbeitsmarkt und den sich mittelfristig abzeichnenden Fachkräftemangel zielen, als wichtig zum Erhalt der Standortattraktivität erachtet. Neben dem Erhalt der bilateralen Abkommen mit der EU werden weitere Anpassungen bei den Drittstaatenkontingenten sowie die Stärkung des Ausbildungs- und Studienortes Schweiz zur Stärkung des Fachkräftepotenzials gefordert. Der Bundesrat strebt die Stärkung des Fachkräftepotenzials im Rahmen der Hochschulpolitik sowie der Fachkräftepolitik zur Förderung und möglichst hohen Ausschöpfung des inländischen Fachkräftepotenzials an. In verschiedenen Politikbereichen unterstützt der Bundesrat Massnahmen der

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Abrufbar unter: www.news.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen des Bundesrates > 16. Februar 2022.

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Kantone und Gemeinden, um die Nach- und Höherqualifizierung15 sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern16 und gute Bedingungen für eine Erwerbstätigkeit bis zum Rentenalter und darüber hinaus zu schaffen17. Ergänzend ermöglicht er den Zugang für ausländische Fachkräfte in Bereichen mit erhöhtem Fachkräftebedarf.18 In Bezug auf den Forschungsplatz Schweiz weisen die Kantone auch auf die Bedeutung einer Vollassoziierung der Schweiz im EU-Forschungsprogramm Horizon Europe hin. Eine solche Vollassoziierung strebt der Bundesrat weiterhin an. Als Übergangsmassnahme hat der Bundesrat am 4. März 2022 beschlossen, im Rahmen einer spezifischen Ausschreibung innovative Start-ups neu direkt durch Beiträge von Innosuisse in ihrer Forschungs- und Entwicklungstätigkeit (F&E-Tätigkeit) zu unterstützen. Zudem hat er weitere umfangreiche Massnahmen zur Überbrückung verabschiedet: Schweizer Forschende in EU-Projekten werden direkt vom Bund finanziert.

Zusätzlich werden Übergangslösungen für nicht zugängliche Ausschreibungen angeboten.19 Weiter sehen die Kantone auch Handlungsbedarf bei den administrativen Entlastungen für Unternehmen.20 Von den vorgeschlagenen Massnahmen, welche auf die Verbesserung der allgemeinen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen abzielen, würden grundsätzlich alle Unternehmen profitieren.

Kantonale Standortmassnahmen Die Mindestbesteuerung stellt insbesondere die Kantone vor neue Herausforderungen.

Die Tiefsteuerkantone werden einen bisherigen Standortvorteil teilweise einbüssen.

Die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer können ihnen einen gewissen finanzpolitischen Spielraum verschaffen, um diesen negativen Auswirkungen entgegenzuwirken.

Jedoch sind die Unsicherheiten über die Höhe der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer hoch (s. Ziff. 6). Die Kantone werden souverän entscheiden, ob sie Standortmassnahmen ergreifen und welche das gegebenenfalls sein werden.

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Der Bund stärkt u.a. das Beratungs- und das Weiterbildungsangebot für Erwachsene, damit sich diese beruflich laufend weiterentwickeln können. Siehe www.seco.admin.ch > Arbeit > Fachkräftepolitik > Nach- und Höherqualifizierung.

Der Bund fördert den Ausbau der familienergänzenden Kinderbetreuung, Subventionen von Kantonen und Gemeinden für Betreuungsplätzen sowie Projekte zur besseren Abstimmung des familienergänzenden Betreuungsangebots auf die Bedürfnisse der Eltern.

Siehe www.bsv.admin.ch > Finanzhilfen > Familienergänzende Kinderbetreuung.

Für die Jahre 2020 bis 2024 hat der Bund der ALV u.a. zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, um ältere Stellensuchende sowie Stellensuchende, deren Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt erschwert ist, verstärkt unterstützen zu können. Siehe www.seco.admin.ch > Arbeit > Fachkräftepolitik > Erwerbsbeteiligung bis zum Rentenalter und darüber hinaus.

Am 4. März 2022 hat der Bundesrat im Rahmen des Berichts in Erfüllung des Postulats 19.3651 Nantermod Massnahmen zur Optimierung der Zulassung von qualifizierten Erwerbstätigen aus Drittstaaten beschlossen. In Umsetzung der Motion 17.3067 Dobler wird der Bundesrat zudem eine Botschaft zum vereinfachten Zugang ausländischer Hochschulabsolventinnen und -absolventen aus Bereichen mit ausgewiesenem Fachkräftemangel vorlegen.

Der Bundesrat hat am 4. Mai 2022 weitere Massnahmen zu «Horizon Europe» verabschiedet und stärkt die internationale Zusammenarbeit in der Raumfahrt.

Der Bundesrat wird 2022 eine Botschaft zu einem Unternehmensentlastungsgesetz vorlegen.

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Das EFD unterstützt in Zusammenarbeit mit anderen Departementen den fachlichen Austausch zwischen den Kantonen und berät die Kantone auf Wunsch bei der Konzeption und Evaluation von Standortmassnahmen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Säule 2 und mit den (völker-)rechtlichen Verpflichtungen sowie im Hinblick auf eine Umsetzung, welche auch das EU-Beihilferecht berücksichtigt.

Anforderungen an Standortmassnahmen: Standortmassnahmen sollen 1) mit internationalen Vorgaben kompatibel sein, 2) allgemein zugänglich und auch für die von der OECD/G20-Reform tangierten Unternehmensgruppen wirksam sein und 3) volkswirtschaftlich sinnvoll sein. Grundsätzlich sind gemäss OECD/G20-Vorgaben Massnahmen möglich bzw. zulässig, die allgemein zugänglich und nicht vom Gewinn abhängig sind. Dies begrenzt die Möglichkeiten, Massnahmen auf die von der Säule 2 betroffenen Unternehmensgruppen zuzuschneiden. Zudem sollen auch weitere internationale Verpflichtungen sowie die EU-Kompatibilität im Bereich des Beihilferechts berücksichtigt werden. Bei Letzterem kommt dem Kriterium der «Nicht-Selektivität», das heisst der allgemeinen und diskriminierungsfreien Zugänglichkeit von Standortmassnahmen, eine zentrale Bedeutung zu. Angesichts dieser anspruchsvollen Vorgaben ist eine Einzelfallprüfung von konkreten Massnahmenvorschlägen angezeigt.

Entwicklungen in Konkurrenzstandorten: Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat eine externe Studie in Auftrag gegeben.21 Diese Studie gibt vor dem Hintergrund des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft einen Überblick zu den jüngsten Entwicklungen, sprich über zuletzt ergriffene oder geplante Massnahmen im Bereich der Förderung der Standortattraktivität für F&E-Aktivitäten und über weitere Massnahmen zur Förderung der Standortattraktivität in konkurrierenden Ländern. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich nur wenige Konkurrenzländer in einer ähnlichen Ausgangslage befinden und entsprechend nur in diesen Ländern auch vergleichbarer wirtschaftspolitischer Anpassungsdruck besteht. Dies sind insbesondere die Niederlande, Irland, das Vereinigte Königreich und Singapur. Im Moment ist noch nicht klar, ob und welche Massnahmen diese Länder ergreifen. Häufig wird jedoch über die Einführung oder Ausweitung von Steuergutschriften
für F&E-Aktivitäten gesprochen, welche sodann mit den OECD/G20Vorgaben kompatibel wären. Die Diskussionen in diesen Ländern sind aber noch nicht abgeschlossen, insbesondere auch was die Frage weiterer Fördermassnahmen betrifft.

Standortmassnahmen des Bundes Der Bund soll seinen Anteil, nach Abzug der durch die Ergänzungssteuer verursachten Mehrausgaben des Bundes für den Finanz- und Lastenausgleich, für gesamtstaatliche Massnahmen zugunsten der Standortattraktivität der Schweiz als Ganzes einsetzen (s. Ziff. 5.2.3, 6.1). Eine Beteiligung des Bundes an den Einnahmen aus der Ergänzungssteuer verringert zudem das Risiko zunehmender kantonaler Disparitäten.

Um der Unsicherheit betreffend Höhe der Einnahmen Rechnung zu tragen und Transparenz über die Mittelverwendung zu schaffen, schlägt der Bundesrat eine Zweckbindung zur Verwendung des Bundesanteils vor (s. Ziff. 5.2.2). Mögliche Bereiche, in 21

Abrufbar unter www.sbfi.admin.ch > Publikationen und Dienstleistungen > Publikationen > Publikationsdatenbank. Die Studie basiert auf der Studie «Steuerliche Förderung von F&E in der Schweiz» (KPMG 2021).

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welchen die zusätzlichen Mittel für die Stärkung der Standortattraktivität eingesetzt werden könnten, sind in Diskussion. Der rechtliche Rahmen der Zweckbindung der Mittel kann zu gegebener Zeit weiter konkretisiert werden. Damit wird auch sichergestellt, dass der Bund nicht mehr ausgibt, als ihm aufgrund der Höhe des Bundesanteils zur Verfügung steht. Gleichzeitig kann damit die Verwendung der Mittel transparent aufgezeigt werden.

Massnahmen auf Bundesebene sollen über die kantonalen Standortmassnahmen hinaus volkswirtschaftlichen Mehrwert bringen und nach dem Subsidiaritätsprinzip ausgestaltet werden. Das EFD hat mögliche Stossrichtungen mit den Kantonen diskutiert.

Stand der Diskussion auf kantonaler Ebene und auf Bundesebene Kantonale Standortmassnahmen: Gegenwärtig sind auf kantonaler Ebene eine Vielzahl von Massnahmenvorschlägen in Diskussion. Die Gespräche und Abklärungen auf kantonaler Ebene, insbesondere mit betroffenen Unternehmen, stehen jedoch erst am Anfang.

Im Fokus der Diskussion stehen zum einen direkt wirkende Massnahmen für Unternehmen, insbesondere Förderbeiträge, die mit den OECD/G20-Vorgaben kompatibel sind, oder Steuergutschriften für F&E sowie Innovation. Solche Massnahmen zielen tendenziell auf den Erhalt von wertschöpfungsintensiven und qualifizierten Arbeitsplätzen. Sie können mit positiven volkswirtschaftlichen Effekten verbunden sein und mit weiteren internationalen Anforderungen kompatibel ausgestaltet werden. Die Diskussion hat jedoch auch gezeigt, dass es weitaus schwieriger ist, gezielte Standortmassnahmen für Unternehmen zu ergreifen, die weniger forschungs- und entwicklungsintensiv sind. Deshalb werden zum anderen auch indirekt wirkende Massnahmen für Unternehmen diskutiert. Beispiele sind Massnahmen im Bereich der Besteuerung von natürlichen Personen, wie eine Senkung der Vermögenssteuer oder der Einkommenssteuer. Zwar würden solche Steuersenkungen auch Entscheidungsträger in global tätigen Unternehmen erreichen, jedoch ist je nach Kanton mit hohen Streuverlusten zu rechnen.

Insgesamt stehen für die Kantone Standortmassnahmen im Fokus, welche die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes sichern. Diese sind jedoch Gegenstand demokratischer Prozesse, welche Zeit in Anspruch nehmen und bei denen auch die Interessen der Gemeinden berücksichtigt werden müssen.
Inhaltliche Stossrichtungen für Bundesmassnahmen: Die folgenden Stossrichtungen stellen den Stand der Diskussion mit den Kantonen dar und sind noch genauer zu prüfen. Mögliche Massnahmen wären dann mit den in den jeweiligen Politikbereichen bestehenden Vorlagen und Rahmenbedingungen abzustimmen.

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Eine mögliche Stossrichtung liegt in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation. Eine stärkere Förderung, sei es in der Berufs- und Weiterbildung, im Hochschulbereich oder in Forschung und Innovation, kann eine hohe Standortwirkung entfalten und das Fachkräftepotenzial für die gesamte Schweiz erhöhen.

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Eine weitere mögliche Stossrichtung im Innovationsbereich kann in der Verwendung eines Teils der Mittel auf Bundesebene für die Finanzierung von Start-ups, allenfalls mit thematischem Fokus auf der Dekarbonisierung oder 27 / 66

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der Digitalisierung, gesehen werden. Die Innovationsförderung könnte auch an der Schnittstelle von Unternehmen und angewandter Forschung an Universitäten und Fachhochschulen verstärkt werden, dies insbesondere vor dem Hintergrund der vorläufigen Nicht-Assoziierung der Schweiz am Horizon-Europe-Programm.

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Auch das Vorantreiben von Projekten im Rahmen der Digitalisierung der Verwaltung, welche in Koordination mit den Kantonen und Gemeinden stattfindet, wäre ein sinnvoller Ansatzpunkt zur administrativen Entlastung von Unternehmen.

­

Um die politische Akzeptanz der Vorlage zu erhöhen, wurden in der Vernehmlassung teilweise auch sozialpolitische Massnahmen als Stossrichtung auf Bundesebene vorgeschlagen. Beispiele in der Diskussion sind höhere Prämienverbilligungen, Beiträge an die Finanzierung der AHV oder Beiträge für den Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Sozialpolitische Massnahmen tragen jedoch wenig zum Erhalt der Standortattraktivität bei, insbesondere für die von der OECD/G20-Steuerreform betroffenen Unternehmen. So zielen beispielsweise höhere Prämienverbilligungen auf die Entlastung von Haushalten mit niedrigeren Einkommen. Angesichts des im Vergleich zum durchschnittlichen Prämienwachstum beschränkten und unsicheren Aufkommens aus der Ergänzungssteuer in der Schweiz würde der Entlastungseffekt vermutlich jedoch kaum ins Gewicht fallen. Zur Standortattraktivität aus Unternehmenssicht würde solch eine Massnahme nicht beitragen. Eine stärkere finanzielle Unterstützung des Ausbaus von Kinderbetreuungsmöglichkeiten könnte hingegen durch einen potenziell positiven Effekt auf die Erwerbsbeteiligung volkswirtschaftlich sinnvoll sein, da sie insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern und damit zur Standortattraktivität der Schweiz beitragen würde.

Setzen von Schwerpunkten: Für die Beurteilung von Standortmassnahmen und ihre Ansiedlung auf der Kantons- oder Bundesebene ist nochmals auf die Unsicherheiten bezüglich der Höhe der kurzfristigen Mehreinnahmen hinzuweisen. Diese werden voraussichtlich im Vergleich zum Gesamtbudget der öffentlichen Haushalte eher gering ausfallen. Deshalb und auch unter Berücksichtigung der Verhaltensanpassungen der Unternehmen (s. Ziff. 6) sind wenige, aber effektive Standortmassnahmen naheliegend.

4.3

Umsetzungsfragen

Hinsichtlich der praktischen Umsetzung des OECD/G20-Projekts bestehen noch zahlreiche offene Fragen. Zum einen werden die technischen Arbeiten in der OECD gemäss deren Planung erst Ende 2022 abgeschlossen sein. Zum anderen ist nach wie vor offen, wie andere Staaten das Projekt umsetzen werden. Die Vorgaben der OECD/G20 sind in zahlreichen Punkten interpretationsbedürftig. Erst die praktische Anwendung der neuen Regeln wird zeigen, welche Auslegungen sich durchsetzen werden.

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Bei dieser Ausgangslage erachtet der Bundesrat ein schrittweises Vorgehen für geboten. Die rechtliche Umsetzung der Mindestbesteuerung erfolgt in einem ersten Schritt auf Grundlage einer Verfassungsänderung. Diese soll es dem Gesetzgeber erlauben, beide Säulen des OECD/G20-Projekts einzuführen und dabei nötigenfalls von bestehenden verfassungsrechtlichen Prinzipien abzuweichen. Dabei geht es unter anderem um die unterschiedliche Behandlung von grossen und kleineren Unternehmensgruppen, wie sie dem OECD/G20-Projekt immanent ist.

Die Verfassungsänderung umfasst zudem Übergangsbestimmungen. Darin wird der Bundesrat ermächtigt, die Mindestbesteuerung auf dem Verordnungsweg zu regeln.

Diese Verordnung wird nur so lange Gültigkeit haben, bis ein ordentliches Gesetz in Kraft tritt. Die Übergangsbestimmungen legen eine Reihe von verbindlichen Grundsätzen fest, die der Bundesrat in seiner Verordnung zu beachten hat. Ein Grossteil dieser Grundsätze bezieht sich auf die Regelungen der OECD/G20, die übernommen werden. Die Übergangsbestimmungen regeln aber insbesondere auch die föderale Umsetzung (s. Ziff. 5.2.2).

Der Gesetzgeber wird im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht an die Grundsätze der Übergangsbestimmungen (insb. betr. föderale Umsetzung), sondern ausschliesslich an die verfassungsrechtliche Grundnorm gebunden sein.

Der Bundesrat erarbeitet parallel zu dieser Vorlage die befristete Verordnung zur nationalen Umsetzung der Säule 2. Um die unveränderte Übernahme der Mustervorschriften der OECD/G20 sicherzustellen, sollen diese so weit als möglich mittels Verweisung für anwendbar erklärt werden. Eine Vernehmlassung zu einem ersten Verordnungsentwurf soll im August 2022 eröffnet werden. Es ist vorgesehen, dass gewisse Bestimmungen, v. a. über das Verfahren, zu einem späteren Zeitpunkt in die Vernehmlassung gehen werden. Die Verordnung des Bundesrates soll die technische Umsetzung der Mindestbesteuerung abschliessend regeln, sodass die Kantone im entsprechenden Bereich keine gesetzlichen Anpassungen vornehmen müssen.

Der Bundesrat geht von einem Inkrafttreten des nationalen Regelwerks per 1. Januar 2024 aus. Vor diesem Zeitpunkt dürften schweizerische Unternehmensgruppen im Ausland grundsätzlich noch keiner zusätzlichen Besteuerung ausgesetzt sein, wenn sie die Mindestbesteuerung in der Schweiz
nicht erreichen. Grund dafür ist, dass die UTPR gemäss OECD/G20 erst 2024 angewendet werden soll. Die Vernehmlassung hat bestätigt, dass eine rückwirkende Inkraftsetzung auch von den betroffenen Unternehmen nicht gefordert wird. Wie bereits in der Vernehmlassungsvorlage erläutert, verzichtet der Bundesrat auf eine Rückwirkung.

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Grundnorm

Art. 129a

Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen

Die Norm bildet die Grundlage für die Umsetzung beider Säulen des OECD/G20Projekts in das nationale Recht. Gleichzeitig bildet Artikel 129a die Grundlage für die Übergangsbestimmungen und die gestützt darauf zu erlassende befristete Verordnung des Bundesrates zur Mindestbesteuerung.

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Nach Auffassung des Bundesrates handelt es sich bei der Marktstaat- und der Mindestbesteuerung um direkte Steuern. Sie können als Bundessteuer oder als kantonale Steuer ausgestaltet werden. Dieser Entscheid soll dem Gesetzgeber überlassen werden. Im Rahmen der Übergangsbestimmung schlägt der Bundesrat eine Bundessteuer vor (s. Ziff. 5.2).

Artikel 129a schafft neue Kompetenzen für den Bund, entfaltet aber darüber hinaus noch keine unmittelbaren Rechtswirkungen. Die Einführung der Marktstaatsteuer und der Mindestbesteuerung bedürfen eines Bundesgesetzes, das dem fakultativen Referendum unterstehen wird. Angesichts ihrer zeitlichen Dringlichkeit soll die Mindestbesteuerung indes bis zum Erlass des betreffenden Gesetzes mittels Übergangsbestimmungen in der Bundesverfassung bzw. einer darauf gestützten Verordnung des Bundesrates eingeführt werden.

Abs. 1 Absatz 1 sowie der Titel der Norm beschränken ihren Anwendungsbereich auf «grosse» Unternehmensgruppen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass sich der Anwendungsbereich nicht auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erstreckt.

Gleichzeitig lässt der Ausdruck «gross» einen gewissen Auslegungsspielraum offen.

Dies ist mit Blick auf das OECD/G20-Projekt nötig. So sollen in den Anwendungsbereich der Marktstaatbesteuerung Unternehmensgruppen mit einem weltweiten Umsatz von mindestens 20 Milliarden Euro fallen; bei der Säule 2 liegt die Umsatzgrenze grundsätzlich bei 750 Millionen Euro. Die Ansässigkeitsstaaten der obersten Muttergesellschaften können jedoch für ihre Unternehmensgruppen die Mindestbesteuerung bereits ab einer tieferen Umsatzschwelle für anwendbar erklären (s. Ziff. 5.2.1).

Bei der Marktstaatbesteuerung ist keine physische Präsenz der Unternehmensgruppe im Marktstaat notwendig, damit dieser die ihm zugewiesenen Besteuerungsrechte wahrnehmen kann. Die Mindestbesteuerung setzt hingegen eine physische Präsenz des Unternehmens im betreffenden Staat voraus.

Der Bund kann Vorschriften im Sinne von Artikel 129a BV in das Bundesgesetz vom 14. Dezember 199022 über die direkte Bundessteuer (DBG) einfügen, aber auch in das Steuerharmonisierungsgesetz vom 14. Dezember 199023 (StHG). Dem Bund steht es aber auch frei, die Regeln in einem separaten Erlass aufzustellen, wie dies im Rahmen der Übergangsbestimmungen zur Einführung der Mindestbesteuerung
geplant ist (s. Ziff. 5.2, 7.3).

Abs. 2 Bei der Gesetzgebung soll sich der Bund an internationalen Standards und Mustervorschriften orientieren. Damit sind primär das multilaterale Übereinkommen (Säule 1) und die Mustervorschriften der OECD/G20 (Säule 2) gemeint. Aber auch die Modalitäten der Umsetzung in anderen Staaten, beispielsweise in EU-Mitgliedstaaten oder den USA (Ziff. 3), können berücksichtigt werden.

22 23

SR 642.11 SR 642.14

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Abs. 3 Die Vorschriften des Bundes müssen die Interessen der «schweizerischen Gesamtwirtschaft» wahren. Dabei handelt es sich um einen in der Verfassung bereits verwendeten Begriff (Art. 94 Abs. 2 BV).

Die Wahrung der schweizerischen Interessen können es gebieten, von bestehenden verfassungsrechtlichen Grundsätzen abzuweichen.

­

Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV): Eine unterschiedliche Besteuerung von Unternehmensgruppen und ihren Einheiten in Abhängigkeit von deren Umsatzstärke und Profitabilität ist dem OECD/G20Projekt immanent.

­

Höchstbelastung, Vollzug (Art. 128 Abs. 1 und 4 erster Satz BV): Artikel 128 BV regelt die direkte Bundessteuer. Die Höhe des Steuersatzes ist auf 11,5 Prozent bei den natürlichen Personen und auf 8,5 Prozent bei den juristischen Personen beschränkt. Zudem liegt der Vollzug der direkten Bundessteuer von Verfassung wegen bei den Kantonen.

Der Bundesgesetzgeber soll auch in diesen Bereichen Flexibilität erhalten. Bei der Marktstaatbesteuerung würde die Schweiz die Möglichkeit erhalten, bestimmte ausländische Unternehmensgruppen zu besteuern, auch wenn diese über keine physische Präsenz in der Schweiz verfügen. Es erscheint fraglich, ob eine solche Besteuerung mit vernünftigem administrativem Aufwand durch die Kantone vollzogen werden kann. Es erscheint daher möglich, dass von Artikel 128 Absatz 1 oder 4 erster Satz BV abweichende Vorschriften erlassen werden. Wird die Mindestbesteuerung als Bundessteuer ausgestaltet (wie der Bundesrat dies im Rahmen der Übergangsbestimmungen beantragt, s. Ziff. 5.2), so muss die Bundessteuer im konkreten Fall die verfassungsrechtlichen Höchstsätze überschreiten dürfen, weshalb auch diesbezüglich Bedarf bestehen kann, von den geltenden verfassungsrechtlichen Vorschriften abzuweichen. Da vom Regelwerk der OECD/G20 potenziell auch Personengesellschaften betroffen sein können, soll eine Abweichung von den Höchstsätzen auch bei natürlichen Personen möglich sein.

­

Ausnahmen von der Steuerharmonisierung (Art. 129 Abs. 2 BV): Die geltende Harmonisierungskompetenz des Bundes erstreckt sich insbesondere nicht auf Steuertarife und Steuersätze. Sollte der Bundesgesetzgeber die Mindestbesteuerung als kantonale Steuer ausgestalten, muss er dafür in die Tarifhoheit der Kantone eingreifen können.

Absatz 3 sieht demgegenüber keine Möglichkeit des Bundes vor, von Artikel 128 Absatz 4 zweiter und dritter Satz BV abzuweichen. Entsprechend stehen den Kantonen mindestens 17 Prozent des Rohertrages einer sich auf Artikel 129a BV stützenden Steuer zu. Der Gesetzgeber kann einen höheren kantonalen Anteil festlegen. Der Bundesrat schlägt für die Ergänzungssteuer im Rahmen der Übergangsbestimmungen einen Kantonsanteil von 75 Prozent vor.

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5.2

Übergangsbestimmungen

Übergangsbestimmungen zu Art. 129a (Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen) Die Übergangsbestimmungen zu Artikel 129a BV verleihen dem Bundesrat die Kompetenz, die Mindestbesteuerung nach Artikel 129a BV befristet auf dem Verordnungsweg einzuführen. Die Übergangsbestimmungen enthalten verbindliche Grundsätze, die der Bundesrat im Rahmen der Verordnung zu beachten hat. Sobald das entsprechende Bundesgesetz in Kraft tritt, werden die Übergangsbestimmungen und die darauf gestützte Verordnung des Bundesrates hinfällig.

Die Mustervorschriften der OECD/G20 sind in vielen Bereichen (bspw. bezüglich der Bemessungsgrundlage) sehr detailliert und konkret verfasst. Entsprechend wenig Entscheidungsspielraum verbleibt in diesen Bereichen, wenn das schweizerische Regelwerk international kompatibel sein soll. Hier wird sich der Bundesrat an die Mustervorschriften der OECD/G20 einschliesslich des Kommentars und weiterer zugehöriger Regelwerke halten.

Entscheidungsspielraum ergibt sich vor allem mit Blick auf die Einbettung in das föderalistische Steuersystem der Schweiz. Eine von der Säule 2 betroffene Unternehmensgruppe kann typischerweise über Geschäftseinheiten in verschiedenen Kantonen verfügen. In solchen Fällen müssen die Kompetenzen der betreffenden Kantone geregelt werden.

In sprachlicher Hinsicht schlägt der Bundesrat vor, weitgehend dieselben Fachbegriffe wie die EU in ihrem Richtlinienentwurf zu verwenden. Dies kann die Umsetzung der Regelungen in der Praxis erleichtern.

Absatz 1 ermächtigt den Bundesrat, auf dem Verordnungsweg die Mindestbesteuerung grosser Unternehmensgruppen zu regeln. Der Bundesrat wird dabei berücksichtigen, ob und auf welchen Zeitpunkt andere Staaten die Mindestbesteuerung umsetzen. Dazu sollen sämtliche Instrumente der OECD/G20 ­ die nationale Ergänzungssteuer, die IIR und die UTPR ­ umgesetzt werden (s. Ziff. 1.1.2 und 4.1.2). Der Ausdruck «Ergänzungssteuer» ist im Folgenden der Oberbegriff für die schweizerische Ergänzungssteuer, die IIR und die UTPR. Dabei handelt es sich nach Auffassung des Bundesrates um eine direkte Steuer (vgl. Ziff. 5.1, Art. 129a Abs. 2).

Die Übergangsbestimmungen sind wie folgt aufgebaut: ­

Absatz 2 regelt die Grundsätze der neuen Besteuerungsregeln. Diese basieren auf den Mustervorschriften der OECD/G20. Zusätzlich wird hier auch die föderale Umsetzung in der Schweiz geregelt, d. h. welcher Geschäftseinheit in welchem Kanton welcher Anteil der Ergänzungssteuer zugerechnet wird.

­

Absatz 3 enthält eine Delegationsnorm. Diese ermächtigt den Bundesrat, die Verordnung mit den notwendigen Ergänzungen zu versehen. Teilweise beziehen sich diese Vorschriften auf die in Absatz 2 enthaltenen Grundsätze, teilweise betreffen sie Regelungsbereiche, die in Absatz 2 nicht angesprochen werden, aber einer ausdrücklichen Kompetenzübertragung bedürfen.

­

Absatz 4 erlaubt es dem Bundesrat, bei der Umsetzung der Mindestbesteuerung von den in Absatz 2 stipulierten Grundsätzen abzuweichen, wenn dies

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insbesondere aufgrund der Mustervorschriften notwendig ist. Diese Kompetenz soll der Bundesrat bei Bedarf auf das EFD übertragen können.

­

Absatz 5 hält fest, dass die Kantone die Vorschriften zur Mindestbesteuerung vollziehen. Dafür kann der Bundesrat eine Entschädigung für den administrativen Aufwand vorsehen. Gleichzeitig statuiert er eine Aufsichtsfunktion der ESTV.

­

Absatz 6 regelt die Aufteilung des Rohertrags der Ergänzungssteuer zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden.

­

Absatz 7 behandelt den Umgang mit dem Kantonsanteil im Rahmen des nationalen Finanz- und Lastenausgleichs.

­

Absatz 8 enthält eine Zweckbindung des Bundesanteils am Rohertrag der Ergänzungssteuer.

5.2.1

Technisches Grundkonzept der OECD/G20

Abs. 2 Bst. a­h i.V.m. Abs. 3 und 4 Die genannten Bestimmungen übernehmen das technische Grundkonzept, das der Säule 2 zugrunde liegt. Dieses soll unverändert in das nationale Recht überführt werden. Die OECD/G20 definieren viele Begriffe in ihren Mustervorschriften (Kap. 10).

Diese Definitionen sind auch für die Schweiz massgebend, damit deren Regelwerk international kompatibel ist.

Im Interesse der Transparenz werden wichtige ergänzende Regelungen (Abs. 3) und zentrale mögliche Abweichungen auf Grundlage der Mustervorschriften (Abs. 4) ­ ohne Anspruch auf Vollständigkeit ­ jeweils an der passenden Stelle mit aufgeführt.

Eine ausführlichere Liste befindet sich am Ende von Ziffer 5.2.1.

Der Grundmechanismus der OECD/G20 zur Ermittlung der Ergänzungssteuer kann in folgende vier Schritte gegliedert werden:

Ist in den Erläuterungen von einem «Staat» die Rede, sind auch mit dessen Gebiet nicht übereinstimmende Steuerhoheitsgebiete gemeint.

Die Ermittlung der relevanten Parameter erfolgt auf der Basis eines gemäss den Mustervorschriften anerkannten Rechnungslegungsstandards (s. Art. 10.1 der Mustervorschriften betr. Acceptable Financial Accounting Standard). Grundsätzlich haben 33 / 66

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sämtliche Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe denselben Rechnungslegungsstandard anzuwenden. Zu diesen anerkannten Rechnungslegungsstandards zählen IFRS, aber bspw. auch die Swiss GAAP FER, nicht aber die Rechnungslegung gemäss Obligationenrecht24 (OR). Für die Rechnungslegung gemäss OR gilt das Vorsichtsprinzip (Imparitäts- und Niederstwertprinzip). Dabei werden voraussichtliche Verluste sofort berücksichtigt, Gewinne jedoch erst, wenn sie tatsächlich realisiert werden. Die anerkannten Rechnungslegungsstandards wollen demgegenüber die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse einer Unternehmensgruppe wiedergeben (sog. True and fair View). Soweit eine Wertsteigerung eingetreten ist, werden Gewinne bereits vor der echten Realisation verbucht. Demgegenüber werden Verluste erst dann ausgewiesen, wenn diese mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintreten.

Schritt 1: Prüfung, ob sich die Unternehmensgruppe im Anwendungsbereich befindet (Bst. a) In den Anwendungsbereich der Mindestbesteuerung fallen Unternehmensgruppen, die einen weltweiten Jahresumsatz von 750 Millionen Euro erreichen (Bst. a). Die Umsatzschwelle muss in mindestens zwei der vier vorausgegangenen Geschäftsjahre erreicht werden. Bei unter- und überjährigen Geschäftsjahren erfolgt eine proportionale Berücksichtigung. Die entsprechenden Regeln finden sich insbesondere in Kapitel 1 der Mustervorschriften.

Gemäss OECD/G20 kann der Staat, in dem die oberste Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe ansässig ist, eine tiefere Umsatzschwelle für die Anwendung seiner IIR vorsehen. Hiervon können auch ausländische Unternehmensgruppen betroffen sein, die über Geschäftseinheiten in der Schweiz verfügen. Der Bundesrat kann diesen tieferen Umsatzschwellen im Rahmen der Verordnung Rechnung tragen und die betroffenen Geschäftseinheiten ebenfalls der schweizerischen Ergänzungssteuer unterstellen (Abs. 4).

Der Begriff der Unternehmensgruppe ist im Sinne der Mustervorschriften zu verstehen (Art. 1.2 der Mustervorschriften). Er umfasst mehrere Geschäftseinheiten. Bei diesen Geschäftseinheiten handelt es sich oft um eigenständige juristische Personen.

Zusätzlich fallen auch Betriebsstätten ausländischer Geschäftseinheiten darunter. Entsprechend handelt es sich auch dann um eine Unternehmensgruppe, wenn eine einzige Gesellschaft lediglich über
eine Betriebsstätte im Ausland verfügt. Als Geschäftseinheiten können jedoch auch Personengesellschaften oder Trusts gelten (Art. 1.3 und 10.1 der Mustervorschriften betr. Entity).

Betriebsstätten oder Liegenschaften inländischer Gesellschaften fallen demnach nicht unter den Begriff der Geschäftseinheit gemäss den Mustervorschriften. Ihre Ergebnisse gehören für die Zwecke der Mindestbesteuerung zur Geschäftseinheit, der sie angehören.

24

SR 220

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Schritt 2: Prüfung, ob die Unternehmensgruppe die Mindestbesteuerung unterschreitet (Bst. b) Unternehmensgruppen, die gemäss Schritt 1 in den Anwendungsbereich fallen, unterliegen einer Ergänzungssteuer, wenn die massgebenden Steuern der Geschäftseinheiten in der Schweiz oder einem anderen Staat gesamthaft den Mindeststeuersatz von 15 Prozent der massgebenden Gewinne unterschreiten. Für diese Zwecke müssen die Unternehmensgruppen ihren effektiven Steuersatz pro Staat, in dem sie über Geschäftseinheiten verfügen, ermitteln (Bst. e).

Gemäss den Mustervorschriften (Kap. 5 der Mustervorschriften) gilt für die Ermittlung des effektiven Steuersatzes folgende Formel (Bst. e):

Die massgebenden Gewinne werden in Buchstabe d geregelt. Die Mustervorschriften der OECD konkretisieren diese in Kapitel 3.

Der massgebende Gewinn einer Geschäftseinheit entspricht dem nach einem anerkannten Rechnungslegungsstandard für die konsolidierte Jahresrechnung ermittelten Gewinn oder Verlust vor Herausrechnung der gruppeninternen Transaktionen. Gruppeninterne Transaktionen werden insofern gleich behandelt wie gruppenexterne Transaktionen. Die Notwendigkeit eines Abschlusses nach einem anerkannten Rechnungslegungsstandard bedeutet für die Unternehmensgruppen, die heute nicht mit einem solchen Abschluss berichten, eine Umstellung. Der so ermittelte Nettogewinn oder -verlust wird gemäss den Mustervorschriften insbesondere um folgende Elemente korrigiert (Art. 3.2 f. der Mustervorschriften): ­

Steueraufwand: Der Steueraufwand bleibt unberücksichtigt.

­

Beteiligungen (Art. 10.1 der Mustervorschriften betr. Excluded Dividends): Nicht zum massgebenden Gewinn gehören Erträge aus qualifizierenden Beteiligungen (d. h. mit einer Beteiligungsquote von i.d.R. mindestens 10 Prozent oder einer Haltedauer von i.d.R. mindestens einem Jahr). Ebenso wenig gehören Gewinne und Verluste aus qualifizierenden Beteiligungen (d. h. mit einer Beteiligungsquote von i.d.R. mindestens 10 Prozent) zum massgebenden Gewinn. Dazu zählen auch Wertberichtigungen und Aufwertungen auf Beteiligungen.

­

gewisse Gewinne und Verluste aus einer Neubewertung,

­

gewisse Gewinne und Verluste aus der Übertragung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit Umstrukturierungen,

­

asymmetrische Fremdwährungsgewinne oder -verluste, nicht anerkannte Aufwendungen sowie aufgelaufene Pensionsaufwendungen,

­

Gewinne und Verluste aus dem internationalen Seeverkehr.

Die unter Berücksichtigung dieser Korrekturen ermittelten Gewinne pro Geschäftseinheit werden pro Staat zusammengezählt.

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Die vorangehend aufgeführten Korrekturen können zu Unterschieden zwischen der Ermittlung der massgebenden Gewinne gemäss den Mustervorschriften der OECD/G20 und gemäss schweizerischem Steuerrecht führen. Ein Unterschied liegt beispielsweise bei der im schweizerischen Recht vorgesehenen Abzugsfähigkeit von Steuern bei der Gewinnsteuer. Weiter ergeben sich in Bezug auf Beteiligungen und Beteiligungserträge Unterschiede. So kann gemäss schweizerischem Steuerrecht auch ein Mindestverkehrswert anstelle einer Quote genügen. Auch betreffend Bewertung von Beteiligungen kann es zu Abweichungen kommen. In der Schweiz sind beispielsweise erfolgswirksame Wertberichtigungen und Aufwertungen auf Beteiligungen zulässig, was die Mustervorschriften ausschliessen.

Die Mustervorschriften führen die vorgenannten Grundsätze detailliert aus und enthalten weitere Regelungen und Wahlrechte.

Die Artikel 3.4 und 3.5 der Mustervorschriften regeln die Zuweisung von Gewinnen und Verlusten zwischen einzelnen Geschäftseinheiten.

Was zu den massgebenden Steuern gehört, hält Buchstabe c fest. Die Mustervorschriften äussern sich dazu in Kapitel 4. Demnach fallen namentlich darunter: ­

Gewinnsteuern und Steuern, die anstelle einer allgemein geltenden Gewinnsteuer erhoben werden. Dazu gehören in der Schweiz insbesondere die Gewinn-, die Grundstückgewinn- und teilweise die Verrechnungssteuer als Quellensteuer.

Bei der Zurechnung der Quellensteuern gilt Folgendes: Quellensteuern werden grundsätzlich jener Geschäftseinheit zugerechnet, die die entsprechenden Einkünfte erzielt. Wenn beispielsweise eine ausländische Geschäftseinheit einer Schweizer Geschäftseinheit eine Lizenzgebühr entrichtet, wird eine darauf erhobene Quellensteuer der Schweizer Geschäftseinheit zugerechnet. Betragsmässig beschränkt sich die Zurechnung auf die nicht rückforderbare Quellensteuer (= Sockelsteuer) resp. die nicht anrechenbare Steuer. Dasselbe gilt, wenn die ausländische Geschäftseinheit Beteiligungserträge ausschüttet.

Bei Erträgen aus massgebenden Beteiligungen (i.d.R. ab 10 Prozent) wird hingegen die Sockelsteuer jener Geschäftseinheit zugewiesen, die den Beteiligungsertrag ausrichtet.

­

Steuern auf ausgeschütteten Gewinnen, auf fiktiven Gewinnausschüttungen und auf bestimmten betriebsfremden Aufwendungen; dies ist relevant bei bestimmten, in der Schweiz nicht bekannten Ausschüttungssteuersystemen.

Welche Ausschüttungssteuersysteme von der OECD/G20 akzeptiert werden, ist in Artikel 10.1 der Mustervorschriften dargelegt (Eligible Distribution Tax System). Deren Artikel 7.3 regelt die Funktionsweise der Regeln bei solchen Steuersystemen.

­

Steuern auf einbehaltenen Gewinnen, auf Reserven sowie auf dem Grundkapital. Für die Schweiz fällt die kantonale Kapitalsteuer darunter.

Im Ergebnis gelten damit vorwiegend die Gewinn- und Kapitalsteuern als massgebende Steuern. Von Bedeutung sind jedoch auch Quellensteuern ­ in der Schweiz mithin die Verrechnungssteuer.

Nicht zu den massgebenden Steuern gehören die Ergänzungssteuern.

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Die vorgenannten massgebenden Steuern müssen grundsätzlich in der Erfolgsrechnung der jeweiligen Geschäftseinheit verbucht sein. Kapitel 4 der Mustervorschriften enthält dazu eine Reihe von Detailvorschriften.

Schritt 3: Ermittlung des Ergänzungssteuersatzes (Bst. h) Falls die Schritte 1 und 2 ergeben haben, dass grundsätzlich eine Ergänzungssteuer geschuldet ist, wird in Schritt 3 der Ergänzungssteuersatz der Unternehmensgruppe pro Staat berechnet (Art. 5.2 der Mustervorschriften):

Schritt 4: Berechnung der Ergänzungssteuer (Bst. f und g) Der Betrag der Ergänzungssteuer wird auf Grundlage der Summe der Gewinnüberschüsse pro Staat ermittelt:

Der Gewinnüberschuss (Bst. g) wiederum wird auf Basis des massgebenden Gewinns ermittelt. Der Unterschied zwischen den beiden Grössen liegt in einem Abzug für materielle Vermögenswerte und Lohnkosten (Substanzabzug), der zum Gewinnüberschuss führt.

Der Substanzabzug ist in Artikel 5.3 der Mustervorschriften detailliert dargelegt.

Demnach können in einem Staat jeweils 5 Prozent der Lohnkosten sowie 5 Prozent der materiellen Vermögenswerte von den massgebenden Gewinnen abgezogen werden. Gemäss einer Übergangsregelung (Art. 9.2 der Mustervorschriften) wird die Höhe des Abzugs in den ersten Jahren nach Inkrafttreten der Regelung schrittweise von 10 Prozent (Lohnkosten) sowie von 8 Prozent (materielle Vermögenswerte) auf je 5 Prozent gesenkt.

Ergänzende Regelungen und Abweichungen im Kompetenzbereich des Bundesrates (Abs. 3 und 4) ­

zu Schritt 1 (Prüfung, ob sich die Unternehmensgruppe im Anwendungsbereich befindet): ­ Kapitel 6 der Mustervorschriften enthält präzisierende Vorschriften zu Umstrukturierungen, die teilweise auch für den Anwendungsbereich oder den massgebenden Gewinn (Schritt 2) von Bedeutung sind: ­ Umstrukturierung in den vorangehenden Geschäftsjahren oder im geprüften Geschäftsjahr (Art. 6.1 der Mustervorschriften); 37 / 66

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­

­ ­

­

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Ein- oder Austritt einer Geschäftseinheit während des Geschäftsjahrs (Art. 6.2 der Mustervorschriften); ­ Übertragung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten (Art. 6.3 der Mustervorschriften).

Weiter gelangt Artikel 6.5 der Mustervorschriften zu Unternehmensgruppen mit mehreren Muttergesellschaften zur Anwendung, für die die Umsatzschwelle gesamthaft berechnet wird.

Nicht in den Anwendungsbereich der Mindestbesteuerung fallen bestimmte staatliche Einrichtungen, internationale Organisationen und nicht gewinnstrebige Organisationen. Ebenfalls vom Anwendungsbereich ausgenommen sind bestimmte Einrichtungen der beruflichen Vorsorge (Pensionsfonds) sowie Investmentfonds und Immobilieninvestmentvehikel, sofern diese die oberste Muttergesellschaft verkörpern. Für die Bestimmung, ob die Umsatzschwelle erreicht ist, werden diese Rechtsträger jedoch berücksichtigt. Die nicht erfassten Geschäftseinheiten sind selbst dann ausgenommen, wenn sie Teil einer der Mindestbesteuerung unterliegenden Unternehmensgruppe sind. Unter bestimmten Voraussetzungen sind zudem Geschäftseinheiten vom Anwendungsbereich ausgenommen, deren Wertanteile jeweils zu mindestens 85 Prozent oder 95 Prozent von gewissen ausgenommenen Geschäftseinheiten gehalten werden (s. Art. 1.5.2 der Mustervorschriften). Die Mustervorschriften sehen in Artikel 1.5.3 zudem ein Wahlrecht für eine Unternehmensgruppe vor, ausgenommene Geschäftseinheiten dennoch der Mindestbesteuerung zu unterwerfen.

zu Schritt 2 (Prüfung, ob die Unternehmensgruppe die Mindestbesteuerung unterschreitet): ­ Die massgebenden Steuern sind grundsätzlich derjenigen Geschäftseinheit zuzuweisen, in der sie verbucht werden. Entsprechend werden sie im jeweiligen Sitzstaat für die Ermittlung des effektiven Steuersatzes berücksichtigt. Allerdings sehen die Mustervorschriften der OECD/G20 auch in diesem Zusammenhang verschiedene Spezial- und Detailvorschriften vor (bspw. für steuerlich transparente Geschäftseinheiten wie gewisse Fonds oder Trusts, CFC-Steuern, Steuern auf Beteiligungserträgen; s. insb. Art. 4.3 der Mustervorschriften).

­ Kapitel 4 der Mustervorschriften enthält auch Vorgaben für den Umgang mit sogenannten temporären Differenzen. Diese entstehen, wenn Ertrags- oder Aufwandsposten in unterschiedlichen Jahren für die Rechnungslegung und die Besteuerung erfasst werden. Die diesbezüglichen Regeln stützen sich grundsätzlich auf die Methode des Deferred Tax Accounting gemäss den Mustervorschriften. Basis dafür ist die periodengerechte Verbuchung in der Jahresrechnung. Dem Umstand, dass einen bestimmten Posten betreffende Steuern in einer anderen Periode anfallen können, wird dadurch Rechnung getragen, dass die tatsächlichen Steuern in dieser Periode um die später anfallenden Steuern (sog. latente Steuerschulden) korrigiert werden. Dies gilt analog für den umgekehrten Fall (sog. latente Steuerguthaben). Diese Normen sollen verhindern, dass

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bloss aufgrund einer temporären Differenz eine Ergänzungssteuer geschuldet wird. Dabei werden jedoch bestimmte Anpassungen an den bestehenden Konten für latente Steuern vorgenommen. So ist beispielsweise die Anrechnung latenter Steuerverbindlichkeiten auf die massgebenden Steuern begrenzt, und der latente Steueraufwand muss unter Umständen mit Blick auf die Mindestbesteuerung neu berechnet werden.

Weiter ist beispielsweise eine Aufrechnung bestimmter verbuchter latenter Steuern vorgesehen, sofern diese nicht innerhalb der folgenden fünf Steuerjahre bezahlt werden.

­

zu Schritt 3 (Ermittlung des Ergänzungssteuersatzes) ­ In gewissen Spezialfällen wird der Steuersatz nicht pro Staat, sondern pro Untergruppe in einem Staat oder pro Geschäftseinheit ermittelt. Insbesondere wird der Steuersatz bei staatenlosen Geschäftseinheiten sowie bei gewissen einzelnen Geschäftseinheiten, an welchen die oberste Muttergesellschaft direkt oder indirekt zu höchstens 30 Prozent beteiligt ist, pro Geschäftseinheit ermittelt (Art. 5.1.1 und 5.6.2 der Mustervorschriften). Weiter wird in bestimmten Konstellationen der Steuersatz für gewisse Untergruppen oder gewisse Arten von Geschäftseinheiten oder andere Einheiten separat pro Staat berechnet (s. insb. Art. 5.1.3 und 7.4 der Mustervorschriften zu Investmentgesellschaften, Art. 5.6.1 zu Geschäftseinheiten, an welchen die oberste Muttergesellschaft direkt oder indirekt zu höchstens 30 Prozent beteiligt ist, sowie Art. 6.4.1 (a) zu bestimmten Einheiten, welche der Definition von Joint Ventures gemäss den Mustervorschriften entsprechen).

­

zu Schritt 4 (Berechnung der Ergänzungssteuer): ­ Bei den Lohnkosten sind grundsätzlich die effektiven Kosten für die in einem Staat für die Unternehmensgruppe tätigen Mitarbeitenden massgebend. Bei den materiellen Vermögenswerten ist grundsätzlich der Buchwert der im selben Staat gelegenen Vermögenswerte nach Massgabe des anerkannten Rechnungslegungsstandards massgebend. Nicht für den Substanzabzug qualifizieren insbesondere die Lohnkosten im Zusammenhang mit dem internationalen Seeverkehr sowie bestimmte Grundstücke.

­ Der Unternehmensgruppe steht es frei, den Substanzabzug nicht anzuwenden (Art. 5.3.1 der Mustervorschriften). Zudem sehen die Mustervorschriften auch hier weitere Detailregelungen vor (Art. 5.3).

­ Die Ergänzungssteuer pro Staat muss gegebenenfalls aufgrund von Korrekturen in Vorjahren angepasst werden (Art. 5.4 der Mustervorschriften).

­ Die OECD/G20 sehen eine De-minimis-Regelung vor (Art. 5.5 der Mustervorschriften). Demnach kann die Ergänzungssteuer für einen Staat entfallen, wenn bestimmte Schwellenwerte unterschritten werden.

­ Artikel 6.4 der Mustervorschriften schliesslich enthält Vorschriften für Geschäftseinheiten, die als Joint Ventures im Sinne der Mustervorschriften gelten (Abs. 3 Bst. a).

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­

5.2.2

Abschliessend sei auf detaillierte Mustervorschriften zu Umstrukturierungen und Holdingstrukturen (Kap. 6), speziellen Steuerregimes (Kap. 7), Übergangsbestimmungen (Kap. 9; Abs. 3 Bst. d), zu den anerkannten Rechnungslegungsstandards (Art. 10.1) sowie zur Lage der Geschäftseinheiten (Art. 10.3) hingewiesen.

Föderale Umsetzung in der Schweiz

Abs. 2 Bst. i­k i.V.m. Abs. 3 und 4 sowie Abs. 5 und 6 In den vorgenannten Schritten 1 bis 4 wurde definiert, welchen Betrag die Schweiz als Ergänzungssteuer erheben darf (Steuerobjekt und Bemessungsgrundlage).

Im Folgenden wird die föderale Umsetzung in der Schweiz dargestellt. Diesen innerstaatlichen Bereich tangieren die Mustervorschriften wenig.

Ergänzende Regelungen des Bundesrates im Rahmen der befristeten Verordnung (Abs. 3) sowie mögliche Abweichungen von Absatz 2 (Abs. 4) werden an geeigneter Stelle ausgeführt.

Aufteilung des Rohertrags der Ergänzungssteuer auf die drei Staatsebenen (Abs. 6) Der Rohertrag aus der Ergänzungssteuer wird auf die drei Staatsebenen aufgeteilt.

Dieser Rohertrag beinhaltet Steuerbeträge, Bussen sowie Zinsen.

­

Bund: Dem Bund stehen 25 Prozent des Rohertrags der Ergänzungssteuer zu.

­

Kantone: Den Kantonen stehen 75 Prozent des Rohertrags zu.

­

Gemeinden: Die Kantone berücksichtigen die Gemeinden angemessen. Die Übergangsbestimmung gibt keinen spezifischen Schlüssel vor und respektiert insofern die Kantonsautonomie. Denkbar ist bspw. eine Verteilung wie bei den Gewinnsteuereinnahmen, wo die kantonalen Regelungen stark variieren.

Absatz 6 sieht für Anstalten und weitere Institutionen von Bund, Kantonen und Gemeinden mit gewinnsteuerbefreiten Tätigkeiten eine andere Verteilung des Rohertrags der Ergänzungssteuer vor. Der Rohertrag bezüglich dieser Institutionen soll vollständig der jeweiligen Staatsebene zukommen. Im Regelfall dürften solche Institutionen nicht unter die Mindestbesteuerung fallen (Art. 1.5.1 i.V.m. Art. 10.1 der Mustervorschriften betr. Governmental Entity). Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen und keine kommerziellen Aktivitäten ausüben.

Greift die Ausnahme der OECD/G20 nicht, so unterliegt die Institution einer Ergänzungssteuer, wenn sie die Umsatzschwelle erreicht, über eine physische Präsenz im Ausland verfügt und die Mindestbesteuerung unterschreitet.

Verwendung des Kantonsanteils (Abs. 7) Die Kantone werden autonom entscheiden, wie sie ihren Anteil am Rohertrag der Ergänzungssteuer einsetzen (s. Ziff. 4.2). Der Anteil soll aber im Rahmen des nationalen Finanz- und Lastenausgleichs als zusätzliche Steuereinnahme berücksichtigt werden.

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Verwendung des Bundesanteils (Abs. 8) In Absatz 8 wird eine Zweckbindung des Bundesanteils am Rohertrag der Ergänzungssteuer statuiert. Nach Abzug seiner durch die Ergänzungssteuer verursachten Mehrausgaben für den Finanz- und Lastenausgleich soll der Bund seinen Anteil als zusätzliche Mittel für eine verstärkte Förderung der Standortattraktivität der Schweiz einsetzen.

Mögliche Verwendungen, die zur Förderung der Standortattraktivität beitragen können, sind in Ziffer 4.2 dargelegt. Die Massnahmen können sich auf bestehende gesetzliche Grundlagen stützen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Rechtsgrundlagen geschaffen werden müssen, um mit weiteren Massnahmen die Standortattraktivität der Schweiz zu stärken. Der Bundesrat wird zu gegebener Zeit den rechtlichen Rahmen für die Verwendung der Mittel für Massnahmen zur Förderung der Standortattraktivität inhaltlich und zeitlich präzisieren. Die konkrete Verwendung wird im Rahmen des Budgetprozesses vom Parlament beschlossen.

Der Bundesrat beabsichtigt deshalb, diese Mittel im Rahmen einer Spezialfinanzierung gemäss Artikel 53 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 200525 im Fremdkapital zu verbuchen.

Zurechnung an die Geschäftseinheiten und die Kantone (Abs. 2 Bst. i und j i.V.m. Abs. 3 Bst. b) Wird die Mindestbestbesteuerung nicht erreicht (Bst. a­h), soll die Ergänzungssteuer zum Tragen kommen. Die Zurechnung auf die unter Umständen in verschiedenen Kantonen ansässigen Geschäftseinheiten ist je nach Art der Ergänzungssteuer unterschiedlich ausgestaltet: ­

25

Verursacherprinzip bei der schweizerischen Ergänzungssteuer (Abs. 2 Bst. i i.V.m. Abs. 3 Bst. b): Verfügt eine Unternehmensgruppe über mehrere Geschäftseinheiten in der Schweiz, soll die schweizerische Ergänzungssteuer diesen Geschäftseinheiten anteilsmässig im Verhältnis des Ausmasses zugerechnet werden, in dem sie die Unterschreitung der Mindestbesteuerung mitverursacht haben. Geschäftseinheiten, die die Mindestbesteuerung erreichen, müssen somit keinen Anteil tragen, und die Kantone, in denen sie ansässig sind, partizipieren nicht an den Einnahmen aus der Ergänzungssteuer. In der Verordnung wird der Bundesrat die Umsetzung dieses Grundsatzes sowie das Verfahren regeln (s. Ziff. 4.1). Bei Betriebsstätten und Liegenschaften von inländischen Geschäftseinheiten wäre die Beschaffung der notwendigen Informationen für die betroffenen Unternehmensgruppen mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden. Deshalb drängt sich ein vereinfachter Schlüssel für die Zurechnung auf. Daraus resultiert eine mehr oder weniger weitreichende Abweichung vom Verursacherprinzip. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass auch Kantone mit Betriebsstätten oder Liegenschaften an den Roheinnahmen partizipieren, obgleich die genannten Einheiten die Mindestbesteuerung erreichen.

SR 611.0

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­

IIR gemäss Mustervorschriften (Abs. 2 Bst. j i.V.m. Abs. 3 Bst. b): Bei der IIR soll die Muttergesellschaft besteuert werden (Art. 2.1.1. der Mustervorschriften). Andere Geschäftseinheiten in der Schweiz haben keinen Zusammenhang mit der Unterbesteuerung im Ausland. Gemäss Übergangsbestimmung fliesst der Kantonsanteil ausschliesslich dem Sitzkanton dieser Geschäftseinheit zu.

­

UTPR noch offen (Abs. 2 Bst. j i.V.m. Abs. 3 Bst. b): Gemäss OECD/G20 kann die UTPR als zusätzliche Besteuerung oder als Abzugsverweigerung umgesetzt werden. Im Rahmen der Übergangsbestimmung ist die zusätzliche Besteuerung vorgesehen. Bei der Anwendung der UTPR befinden sich in der Schweiz im Regelfall keine Muttergesellschaft oder Zwischengesellschaft, sondern eine oder mehrere andere Geschäftseinheiten. Der Verteilschlüssel auf diese Einheiten wird vom Bundesrat festgelegt werden. Er könnte sich an den Verteilschlüssel gemäss den Mustervorschriften anlehnen: Der der Schweiz zur Besteuerung zugewiesene UTPR-Betrag würde damit im Verhältnis der materiellen Vermögenswerte und der Lohnkosten den Geschäftseinheiten zugerechnet.

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Schematische Darstellung zur Ermittlung und Verteilung der schweizerischen Ergänzungssteuer

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Verfahren sowie Vollzug der Vorschriften zur Ergänzungssteuer (Abs. 3 Bst. b, Abs. 5) Kapitel 8 der Mustervorschriften sieht einen international koordinierten Ansatz für das Verfahren vor. Dazu gehört auch eine Selbstdeklaration der Unternehmensgruppe auf Basis eines vereinheitlichten Formulars. Diese Regelungen sollen noch im Jahr 2022 durch das Implementation Framework präzisiert und ergänzt werden.

Die Selbstdeklaration wird die steuerliche Situation der Unternehmensgruppe pro Land aufschlüsseln. Daraus wird ersichtlich sein, ob die Unternehmensgruppe in einem bestimmten Land die Mindestbesteuerung erreicht oder ­ falls nicht ­ um welchen Betrag sie diese unterschreitet.

In der Schweiz soll der Vollzug durch die Kantone erfolgen. Im Rahmen der Verordnung wird der Bundesrat bestimmen, ob für die Ergänzungssteuer ein gemischtes Veranlagungsverfahren oder ein Selbstveranlagungsverfahren zur Anwendung gelangt: Bei der gemischten Veranlagung (bspw. Gewinnsteuer) reicht die Geschäftseinheit eine Steuererklärung ein, die von den Steuerbehörden geprüft wird. Die Steuerbehörde erlässt eine Verfügung und setzt dabei die Steuerschuld fest. Bei der Selbstveranlagung (bspw. Mehrwertsteuer) ermittelt die betroffene Geschäftseinheit ihre Steuerschuld selbstständig; die Steuerbehörden kontrollieren die Deklaration im Rahmen von Stichproben.

Auch im Rahmen der Verordnung des Bundesrates wird zu bestimmen sein, welche Geschäftseinheit von welchem Kanton veranlagt wird (s. Ziff. 4.1.2).

Bei der Ausgestaltung des Verfahrens wird es das prioritäre Ziel sein, die internationale Kompatibilität und Akzeptanz des schweizerischen Regelwerks sicherzustellen.

Innerhalb dieses Rahmens soll die Erhebung der Steuer mit einem möglichst geringen administrativen Aufwand für Unternehmen und Behörden verbunden sein.

Aufsicht des Bundes (Abs. 5) Die Aufsicht der ESTV über den Vollzug durch die Kantone soll eine einheitliche Rechtsanwendung sicherstellen. Eine solche Aufsicht wird auch zur internationalen Akzeptanz des schweizerischen Regelwerks beitragen. Als Aufsichtsbehörde wird die ESTV die Kompetenz haben, die Verordnung mittels Praxisfestlegungen in für die Kantone verbindlicher Weise zu konkretisieren, was die Rechtssicherheit erhöht. Die konkrete Ausgestaltung der Aufsichtskompetenz soll in der Verordnung geregelt werden.
Im Rahmen der Ausgestaltung des Verfahrensrechts (Abs. 3 Bst. b) kann der Bundesrat eine Abgeltung des administrativen Aufwands für diejenigen Kantone vorsehen, die die Vorschriften über die Ergänzungssteuer vollziehen.

Behandlung der Ergänzungssteuer im Rahmen anderer Steuern (Abs. 2 Bst. k, Abs. 3 und 4) Die Ergänzungssteuer kann bei den Gewinnsteuern von Bund und Kantonen nicht als Aufwand geltend gemacht werden. Bei der schweizerischen Ergänzungssteuer würde ansonsten die Unterbesteuerung erhöht. Bei der IIR und der UTPR erachtet es der Bundesrat mit Blick auf die internationale Akzeptanz des schweizerischen Regelwerks nicht als angezeigt, einen Abzug zu gewähren.

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5.2.3

Finanz- und Lastenausgleich

Abs. 7 Die Einnahmen der Kantone und Gemeinden aus der Ergänzungssteuer sollen als zusätzliche Steuereinnahmen in den nationalen Finanz- und Lastenausgleich einfliessen.

Die zentrale Steuerungsgrösse des Ressourcenausgleichs ist der Ressourcenindex, der die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Kantons misst. Der Ressourcenindex eines Kantons berechnet sich aus dem Verhältnis seines Ressourcenpotenzials pro Kopf zum schweizerischen Mittel. Da Unternehmensgewinne steuerlich weniger stark ausgeschöpft werden als die Einkommen, sind sie im Ressourcenpotenzial tiefer gewichtet als diese. Die Einnahmen aufgrund der Säule 2 bedeuten eine stärkere fiskalische Ausschöpfung von Unternehmensgewinnen. Somit steigt die Gewichtung der Unternehmensgewinne im Ressourcenpotenzial.

Der Ressourcenausgleich garantiert dem ressourcenschwächsten Kanton eine Mindestausstattung an finanziellen Mitteln von 86,5 Prozent des schweizerischen Mittels.

Für die Berechnung dieser Mindestausstattung werden die gesamten Fiskaleinnahmen von Kantonen und Gemeinden pro Kopf verwendet. Die Mehreinnahmen aufgrund der Säule 2 erhöhen die Fiskaleinnahmen und damit auch die zu erreichende Mindestausstattung in Franken. Dies erfordert eine höhere Dotation des Ressourcenausgleichs. Aufgrund der erwarteten Zunahme der Disparitäten zwischen den Kantonen dürfte sich die Dotation des Ressourcenausgleichs noch zusätzlich erhöhen. Der Bund finanziert 60 Prozent der Dotation des Ressourcenausgleichs und die ressourcenstarken Kantone finanzieren zusammen 40 Prozent. Die Zunahme des Bundesbeitrags an den Ressourcenausgleich dürfte sich im niedrigen dreistelligen Millionenbereich bewegen. Die Mehrbelastung der ressourcenstarken Kantone beläuft sich aufgrund des gesetzlich fixierten Verteilschlüssels auf zwei Drittel der Mehrbelastung des Bundes.

Aufgrund der höheren Dotation werden den ressourcenschwachen Kantonen entsprechend mehr Mittel zufliessen.

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Tabelle 1 Simulation der Auswirkungen auf den Ressourcenausgleich bei 1,5 Milliarden Franken Mehreinnahmen der Kantone und Gemeinden 1) Basissimulation (Gewinne zetagewichtet) Ressourcen- Ausgleichszahlungen index in Mio.

pro Einw.

ZH BE LU UR SZ OW NW GL ZG FR SO BS BL SH AR AI SG GR AG TG TI VD VS NE GE JU CH

114,8 72,7 90,3 70,0 180,7 103,1 161,3 73,2 297,9 74,0 69,9 143,0 101,5 121,2 84,8 97,5 78,3 85,8 80,0 78,9 90,8 115,6 64,8 75,6 142,3 60,6 100,0

420,6 -1369,7 -100,3 -57,1 236,1 2,1 49,1 -52,9 463,2 -391,4 -429,5 156,4 7,8 31,9 -28,1 -0,4 -469,4 -94,6 -549,3 -246,5 -78,8 228,1 -723,7 -198,4 392,9 -180,5 -2982,4

267 -1307 -240 -1525 1454 56 1104 -1272 3565 -1205 -1539 774 27 382 -501 -27 -901 -451 -786 -861 -219 281 -2010 -1091 763 -2398

2) Steuereinnahmen Kantone und Gemeinden +1,5 Mrd.

Ressourcenindex

-0,7 -0,5 0,1 -0,7 -1,3 -0,9 -0,3 -0,3 10,0 0,3 -0,8 1,4 -0,5 4,1 -0,5 -0,9 -0,3 -1,0 -0,9 -0,9 -0,8 1,6 -0,9 0,4 1,5 -0,3 -

Ausgleichszahlungen in % in Mio.

pro Einw.

-1,4% -6,1 -4

-68,0 0,5 -3,4 3,5 -0,6 1,3 -2,0 38,8 0,1 -29,3 10,4 -2,7 7,4 -1,9 -0,3 -20,5 -13,5 -54,2 -22,5 -12,8 31,7 -43,3 1,5 26,6 -5,7 -165,3

-65 1 -90 21 -15 30 -49 298 0 -105 51 -9 89 -35 -18 -39 -64 -78 -79 -36 39 -120 8 52 -75

-5,0% 0,5% -5,9% 1,5% -27,0% 2,7% -3,9% 8,4% 0,0% -6,8% 6,6% -35,1% 23,2% -6,9% -66,9% -4,4% -14,3% -9,9% -9,1% -16,3% 13,9% -6,0% 0,8% 6,8% -3,1%

Standard- Differenz in % abweichung* der Std.Abw.

58,9 167,8 97,9 9,2 62,0 20,9 13,0 5,0 54,7 49,1 78,6 21,0 10,5 7,5 8,2 2,9 40,1 10,8 122,4 14,3 9,4 57,8 115,8 47,6 29,5 19,4

-10,3% -40,5% 0,5% -36,7% 5,6% -2,8% 10,1% -40,9% 70,9% 0,2% -37,3% 49,3% -26,0% 98,8% -23,8% -10,0% -51,1% -125,3% -44,3% -157,3% -136,3% 54,9% -37,4% 3,2% 89,9% -29,2%

-5,5% * Standardabweichung der Ausgleichszahlungen 2008 - 2022

Auch wenn die Höhe der kurzfristigen Mehreinnahmen mit grosser Unsicherheit behaftet ist, wurde versucht, die Auswirkungen auf den Ressourcenausgleich zu quantifizieren. Dazu wurde von der Annahme ausgegangen, dass die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer von Kantonen und Gemeinden jährlich 1,5 Milliarden Franken betragen werden. Die Einnahmen des Bundes (aus dem Bundesanteil von 25 Prozent am Rohertrag der Ergänzungssteuer, unter Abzug der Mehrausgaben für den Finanz- und Lastenausgleich) spielen für den Ressourcenausgleich keine Rolle und bleiben daher unberücksichtigt. Der Ressourcenausgleich berechnet sich jeweils aus dem Durchschnitt von drei steuerlichen Bemessungsjahren, die 4 bis 6 Jahre zurückliegen. Tabelle 1 stellt die Auswirkungen dar, wenn die Einnahmen der Ergänzungssteuer in allen drei Bemessungsjahren anfallen. In der Realität werden sich diese Auswirkungen über drei Jahre verteilen. Da in aktuellen Zahlen des Ressourcenausgleichs die Auswirkungen der STAF noch nicht enthalten sind, wurde als Ausgangslage eine Pro-

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jektion der Zahlen verwendet, welche die Auswirkungen der STAF enthalten. Die aufgezeigten Auswirkungen der Ergänzungssteuer zeigen damit den alleinigen Effekt der Ergänzungssteuer, ohne dass noch Auswirkungen der Einführung der STAF einfliessen. Eine wichtige Annahme für die Simulation besteht in der Aufteilung der Gewinne der juristischen Personen in ordentlich besteuerte Gewinne und in Gewinne aus der Patentbox. Da noch keine effektiven Steuerdaten verfügbar sind, wurde die gleiche Aufteilung wie in der Botschaft zur STAF verwendet. Die Simulation ist rein statisch.

Dynamische Effekte aufgrund von möglichen Verhaltensanpassungen (Ziff. 6.5) sind nicht berücksichtigt.

Die Ergebnisse der Simulation zeigen, dass die höhere Gewichtung der Gewinne (Faktor Zeta-1) den Ressourcenindex jener Kantone erhöht, die einen überdurchschnittlichen Anteil der Gewinne am Ressourcenpotenzial aufweisen. Dies ist insbesondere in den Kantonen Zug, Schaffhausen, Waadt, Basel-Stadt und Genf der Fall.

Diese Kantone werden daher belastet. Der Bundesbeitrag an den Ressourcenausgleich steigt gemäss Simulation um 165 Millionen Franken an, was ein Drittel des Bundesanteils von 500 Millionen Franken ausmacht. Tabelle 1 versucht zudem, die Bedeutung der Veränderungen der Zahlungen aufgrund der Einführung der Ergänzungssteuer mit den historischen Schwankungen der Ausgleichszahlungen zu vergleichen.

Die Standardabweichung der Ausgleichszahlungen 2008­2022 kann als mittlere jährliche Schwankung interpretiert werden, welcher die Wirkung der Reform gegenübergestellt wird. Dabei zeigt sich, dass für keinen der negativ betroffenen Kantone die Auswirkung der Steuerreform grösser ist als die jährliche Schwankung seiner Ausgleichszahlung.

Falls die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer höher oder tiefer ausfallen, reagiert die Simulation ungefähr linear. So würden die Auswirkungen auf den Ressourcenausgleich ungefähr halbiert, wenn die Einnahmen von Kantonen und Gemeinden 750 Millionen betragen würden.

Die Ergebnisse zeigen, dass Verschiebungen bei den Ressourcenausgleichszahlungen zu erwarten sind, doch erscheint es unwahrscheinlich, dass dies zu Verzerrungen führen könnte. Aus heutiger Sicht besteht daher keine Notwendigkeit, das System des Ressourcenausgleichs deswegen zu ändern. Im Weiteren ist zu beachten, dass sich diese
Auswirkungen wie oben erwähnt mit einer zeitlichen Verzögerung von 4 bis 6 Jahren niederschlagen werden. Dies gilt für die Auswirkungen der nominell höheren Mindestausstattung. Der zweite Effekt, die Erhöhung der Disparitäten aufgrund einer höheren Gewichtung der Unternehmensgewinne im Ressourcenpotenzial, erfolgt mit einer noch grösseren zeitlichen Verzögerung.

Im Rahmen der Vernehmlassung wurde insbesondere vom Kanton Zürich vorgeschlagen, die Einnahmen der Ergänzungssteuer explizit im Ressourcenpotenzial zu berücksichtigen, was eine Gesetzesanpassung bedingen würde. Dies würde bedeuten, dass die den einzelnen Kantonen anfallenden Einnahmen direkt in ihr Ressourcenpotenzial einfliessen würden. Kantone mit tiefen kantonalen Steuersätzen würden tendenziell höhere Einnahmen aus der Ergänzungssteuer erzielen und umgekehrt. Mit einem direkten Einbezug der Ergänzungssteuer ins Ressourcenpotenzial würde die Steuerpolitik eines Kantons direkt dessen Ressourcenpotenzial beeinflussen. So könnte ein Kanton mit einer tiefen Besteuerung seinen Gewinnsteuersatz erhöhen, womit seine Einnahmen an der Ergänzungssteuer sinken dürften. Sein Ressourcenpotenzial dürfte 47 / 66

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damit bei einer direkten Berücksichtigung der Ergänzungssteuer im Ressourcenpotenzial ebenfalls sinken, obwohl seine finanzielle Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt würde. Dies wäre mit der heutigen Konzeption des Ressourcenausgleichs nicht kompatibel, wonach die Steuerpolitik eines Kantons dessen Ressourcenpotenzial nicht beeinflussen darf, und wäre ein Schritt zurück in das alte Finanzausgleichssystem, das 2008 abgeschafft wurde. Ebenso inkompatibel ist der Vorschlag, die Kosten für Standortmassnahmen der Kantone im Ressourcenpotenzial mit einer Art Abschlag zu berücksichtigen. Somit könnten Kantone mit ihren Standortmassnahmen ihr Ressourcenpotenzial beeinflussen. Der Kanton Zürich räumt ein, dass diese Massnahmen der Systematik des NFA-Ressourcenausgleichs widersprechen würden.

6

Auswirkungen

Die folgenden Ausführungen zu den finanziellen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen beschränken sich vornehmlich auf die Säule 2 und deren Überführung in das nationale Recht. Aufgrund zahlreicher Ungewissheiten und der sehr beschränkten Datenlage können die Auswirkungen nur grob geschätzt werden. Aus der schweizerischen Ergänzungssteuer könnten sich gesamtstaatlich Einnahmen in Höhe von rund 1­2,5 Milliarden Franken vor Verhaltensanpassungen ergeben. Die Einnahmen aus der IIR hängen davon ab, inwieweit andere Staaten ebenfalls eine Ergänzungssteuer auf ihrem Gebiet erheben. In der grossen Mehrheit der Fälle ist davon auszugehen.

Die potenziellen Einnahmen aus der UTPR können nicht quantifiziert werden; sie dürften aber gegen Null tendieren. Dennoch ist es möglich, dass sich in Einzelfällen erhebliche Einnahmen aus der IIR und/oder der UTPR ergeben.

Die Schweiz dürfte an Standortattraktivität einbüssen, da per Saldo die Steuerbelastung im Vergleich zum Ausland steigen dürfte. Aus dem Verlust an steuerlicher Standortattraktivität ergeben sich Verhaltensanpassungen der Unternehmen, die sich negativ auf nahezu alle Abgabearten auswirken. Nach Verhaltensanpassungen können im Vergleich zum Status quo sowohl Mehr- als auch Mindereinnahmen resultieren.

Es ist jedoch deutlich wahrscheinlicher, dass Mehreinnahmen verbleiben, insbesondere wenn es Bund und Kantonen gelingt, zielgerichtete Massnahmen zur Stärkung des Standorts umzusetzen.

Die nachfolgenden Schätzungen zu den finanziellen Auswirkungen vor Verhaltensanpassungen wurden im Vorfeld der Vernehmlassung durch Prof. Dr. Kurt Schmidheiny überprüft.26 Die Anmerkungen des Gutachters flossen in die Schätzung ein. Der Gutachter weist auf die beschränkte Datenbasis hin.

26

Mandat zur Überprüfung der ESTV-Schätzungen zur G20/OECD-Reform der Unternehmensbesteuerung und Nachtrag vom 13. Februar 2022 von Prof. Dr. Kurt Schmidheiny, abrufbar unter: www.estv.admin.ch > Steuerpolitische Gutachten > Berichte und Arbeitspapiere.

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6.1

Zusammenfassung der finanziellen Auswirkungen der Mindestbesteuerung auf den Bund (vor Verhaltensanpassungen)

Sämtliche Schätzungen in den Ziffern 6.1 bis 6.5 berücksichtigen die Verhaltensanpassungen der Wirtschaftssubjekte nicht. Diese Verhaltensanpassungen werden in Ziffer 6.5 dargelegt.

Aus der Umsetzung der Säule 2 ergeben sich Einnahmen aus der Ergänzungssteuer.

Der Bund erhält davon 25 Prozent des Rohertrags. Vor Verhaltensanpassungen dürfte sich das Einnahmenpotenzial aus der schweizerischen Ergänzungssteuer in einer Spannweite von 250 bis 650 Millionen Franken bewegen. Das theoretische Einnahmenpotenzial aus der IIR von rund 750 Millionen Franken lässt sich nur insoweit realisieren, als das Ausland die Mindestbesteuerung auf seinem Territorium nicht sicherstellt. Die Einnahmen aus der UTPR sind nicht quantifizierbar, dürften aber gegen Null tendieren. Die Schätzungen sind mit hohen Unsicherheiten behaftet (s. Ziff. 6.2).

Indirekt ist der Bund via NFA negativ von der Reform betroffen. Zum einen dürfte die erwartete Zunahme der Disparitäten zwischen den Kantonen die Dotation des Ressourcenausgleichs erhöhen. Zum anderen steigt der durchschnittliche Steuerertrag pro Kopf und daher auch die Höhe der Dotation des Ressourcenausgleichs, welche für die Mindestausstattung an finanziellen Mitteln von 86,5 Prozent des schweizerischen Durchschnitts notwendig ist. Der Bund finanziert 60 Prozent der Dotation des Ressourcenausgleichs, die ressourcenstarken Kantone finanzieren die übrigen 40 Prozent.

Beim Bund ist daher mit einer Mehrbelastung zu rechnen, welche sich im niedrigen dreistelligen Millionenbereich bewegen könnte. Die Mehrbelastung des Bundes aus dem NFA stellt sich jedoch erst nach einigen Jahren ein.

Die Funktion als Aufsichtsbehörde wird zur Folge haben, dass der Personalbedarf und Aufwendungen für Informationstechnologie bei der ESTV steigen werden.

Die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer, abzüglich Mehrausgaben für den Finanzausgleich, sollen in eine Spezialfinanzierung für zusätzliche Standortmassnahmen fliessen. Aus diesem Grund ist die Reform für den Bund im Ergebnis haushaltsneutral.

6.2

Finanzielle Auswirkungen der schweizerischen Ergänzungssteuer auf Kantone und Gemeinden (vor Verhaltensanpassungen)

Die Kantone erhalten 75 Prozent des Rohertrags der Ergänzungssteuer. Aufgrund zahlreicher Ungewissheiten und der sehr beschränkten Datenlage können die finanziellen Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden nur grob geschätzt werden. Es könnten sich kurzfristige Einnahmen in Höhe von gesamthaft rund 800 Millionen bis knapp 2 Milliarden Franken für die Kantone und Gemeinden ergeben.

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6.2.1

Annahmen und Datengrundlage

Die Schätzung der Aufkommenseffekte erfolgt primär mit Hilfe der Statistiken der direkten Bundessteuer (DBST).27 Die betroffenen Unternehmensgruppen können nicht direkt aus der Statistik der DBST bestimmt werden. Es bedarf einer Schätzung der von der Reform betroffenen aggregierten Bemessungsgrundlage. Diese basiert auf Annahmen.28 Die aggregierte Bemessungsgrundlage wurde mit Hilfe der DBSTStatistik bestimmt, indem lediglich Unternehmen mit einem Reingewinn von mehr als 5 oder mehr als 10 oder mehr als 20 Millionen Franken betrachtet wurden («Intervallgrenze»). Alternativ wurde die Bemessungsgrundlage mit Hilfe von Country-byCountry-Reporting-Daten (CbCR-Daten) geschätzt (Verfahren II). Bei den Schätzungen wurde die schweizerische Bemessungsgrundlage vor Steueraufwand genutzt. In Abhängigkeit von diesem Verfahren und der Intervallgrenze ergibt sich eine aggregierte Bemessungsgrundlage vor Steueraufwand und nach Substanzabzug, die von etwa 80 bis 105 Milliarden Franken reicht.

Der Aufkommenseffekt aus der schweizerischen Ergänzungssteuer ergibt sich, indem auf die aggregierte Bemessungsgrundlage vor Steueraufwand die Differenz aus der Mindestbesteuerung und der effektiven Steuerbelastung erhoben wird. Bei der Berechnung der effektiven Steuerbelastung werden Unterschiede zwischen der kantonalen Bemessungsgrundlage aus der Nutzung einer Patentbox und der Bemessungsgrundlage für die DBST berücksichtigt. Bezüglich der Bestimmung der relevanten Steuerbelastung wurde auf drei unterschiedliche Steuerbelastungsmasse abgestellt und aus diesen ein Durchschnitt gebildet. In die Kalkulation der Masse flossen Informationen zu den kantonalen Unterschieden in den Tarifen der Gewinn- und Kapitalsteuer sowie die potenzielle Inanspruchnahme der Patentbox ein. In der Basisspezifikation beruhen die Schätzungen auf einer schweizweiten Steuerbelastung von 13,25 Prozent. Es werden Sensitivitätsanalysen für Steuerbelastungen durchgeführt, die um 0,5 Prozentpunkte von der Basissteuerbelastung abweichen.29 Die Schätzung bildet lediglich die Differenz zwischen heutiger Schweizer Steuerbelastung und der Mindeststeuerbelastung (sog. Steuersatzeffekt) ab. Nicht abgebildet werden Unterschiede zwischen der schweizerischen Bemessungsgrundlage und der OECD/G20-Bemessungsgrundlage (sog. Bemessungsgrundlageneffekt; s. Ziff. 6.2.3).

27

28

29

Behelfsweise werden auch Daten aus den Country-by-Country-Berichten (CbCRStatistik) genutzt. Einen Vergleich der Datengrundlagen bietet die Notiz der ESTV betr.

Schätzung der Aufkommenseffekte des OECD/G20-Steuerreformprojekts: Ein Vergleich der Datengrundlagen, abrufbar www.estv.admin.ch > Die ESTV > Steuerpolitik > Steuerpolitische Gutachten, Berichte, Arbeitspapiere.

Eine detaillierte Darstellung der Vorgehensweise und der Annahmen, die der Schätzung der effektiven Bemessungsgrundlage zugrunde liegen, findet sich in der Notiz der ESTV betr. Ermittlung der effektiven Steuerbelastung und der effektiven Bemessungsgrundlage für das OECD/G20-Steuerreformprojekt: Annahmen und Vorgehen, abrufbar unter: www.estv.admin.ch > Die ESTV > Steuerpolitik > Steuerpolitische Gutachten, Berichte, Arbeitspapiere.

Eine detaillierte Darstellung der Vorgehensweise und der Annahmen, die der Kalkulation der effektiven Steuerbelastungen zugrunde liegen, findet sich in der Notiz der ESTV betr. Ermittlung der effektiven Steuerbelastung und der effektiven Bemessungsgrundlage für das OECD/G20-Steuerreformprojekt: Annahmen und Vorgehen, abrufbar unter: www.estv.admin.ch > Die ESTV > Steuerpolitik > Steuerpolitische Gutachten, Berichte, Arbeitspapiere.

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6.2.2

Einnahmen aus der schweizerischen Ergänzungssteuer

Die Schätzung, die auf einer Datengrundlage der Jahre 2017 und 2018 basiert, wurde auf das Jahr 2022 hochgerechnet. Als Grundlage für die Hochrechnung wurde der Zuwachs der Einnahmen der DBST auf Basis der Prognosewerte für 2022 und der Einnahmen im Jahr 2018 genutzt.

Tabelle 2 Geschätzte Einnahmen für die Kantone und Gemeinden aus einer schweizerischen Ergänzungssteuer (in Mrd. Fr.)30 Reingewinn

Steuerbelastung 12,75 %

13,25 %

13,75 %

> 20 Mio.*

1,7

1,3

0,9

> 10 Mio.*

1,8

1,4

1,0

> 5 Mio.*

1,9

1,5

1,1

Verfahren II (CbCR)

1,4

1,1

0,8

* Intervallgrenze in Mio. Fr.

Tabelle 2 gibt die geschätzten Einnahmen aus der Ergänzungssteuer für die Kantone und Gemeinden wieder. Die kantonsübergreifende Betrachtungsweise wird bedacht, da bei der Kalkulation der effektiven Steuerbelastung sämtliche, d. h. sowohl hoch als auch tief besteuernde Kantone berücksichtigt wurden. Auf Basis dieses Schätzansatzes ergeben sich in Abhängigkeit vom Verfahren zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bzw. der Intervallgrenze sowie in Abhängigkeit von der gewählten Durchschnittssteuerbelastung kurzfristige Mehreinnahmen, die von 0,8 Milliarden Franken bis knapp 2 Milliarden Franken reichen.

30

Die Schätzung des Einnahmenpotenzials kann über eine Aggregation von Steuerbelastungen über Kantone und Einkommensformen (ordentlich besteuert vs. Sondermassnahmen) erfolgen oder indem ein disaggregierter Ansatz verwendet wird. Der aggregierende Ansatz ist in Tabelle 2 abgebildet. Die beiden Verfahren führen nicht zu identischen Ergebnissen. Generell sind die Ergebnisse aus dem aggregierten und dem disaggregierten Verfahren aber sehr ähnlich, wenn die unterstellte Steuerbelastung 13 Prozent oder tiefer liegt. Je stärker sich aber die genutzte Durchschnittssteuerbelastung der Mindestbesteuerung annähert, desto grösser werden die Differenzen zwischen aggregiertem und disaggregiertem Verfahren. Ursache hierfür ist, dass das aggregierte Verfahren implizit unterstellt, dass die Unternehmen in allen 26 Kantonen tätig sind; das disaggregierte Verfahren betrachtet wiederum Unternehmen, welche immer nur in einem Kanton tätig sind. Das disaggregierte Verfahren vernachlässigt somit die kantonsübergreifende Betrachtungsweise bei der Ermittlung der Steuerbelastung. Das disaggregierte Verfahren überschätzt daher typischerweise die Mehreinnahmen und kann ­ unter den der Schätzung zugrundeliegenden Annahmen ­ als maximale Obergrenze interpretiert werden. Beim aggregierten Verfahren dagegen gibt es bezüglich einer etwaigen Über- oder Unterschätzung keine Systematik. Aus diesem Grund werden in Tabelle 2 die Ergebnisse des aggregierten Ansatzes abgebildet.

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6.2.3

Unterschiede in den Bemessungsgrundlagen

Die zuvor präsentierten Schätzungen haben von potenziellen Unterschieden abstrahiert, die sich beim Vergleich der Bemessungsgrundlage vor Steueraufwand und nach Substanzabzug gemäss schweizerischem Recht und der Bemessungsgrundlage gemäss OECD/G20 ergeben könnten (s. Ziff. 6.2.1). Die technische Analyse der Expertinnen und Experten von Bund, Kantonen und Wissenschaft hat ergeben, dass sich keine generelle Aussage machen lässt, ob die OECD/G20-Bemessungsgrundlage enger oder breiter als die schweizerische Bemessungsgrundlage ausfallen wird. Auch im Austausch der ESTV mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft hat sich gezeigt, dass eine Verfeinerung der Schätzung mit Hilfe von Unternehmensdaten nicht möglich ist, da die Unternehmensvertreterinnen und -vertreter derzeit nicht in der Lage sind, den Effekt unterschiedlicher Bemessungsgrundlagen zu quantifizieren.

Derzeit lässt sich daher nicht einmal eine qualitative Einschätzung bezüglich der Breite der Bemessungsgrundlage geben. Aus diesem Grund werden im Sinne einer Sensitivitätsanalyse symmetrische Szenarien präsentiert, bei denen die effektiven Unterschiede in den Bemessungsgrundlagen grösser oder kleiner ausfallen können.

Tabelle 3 präsentiert für eine Basissteuerbelastung von 13,25-Prozent-Szenarien, wenn die OECD-Bemessungsgrundlage 2,5, 5, 7,5 oder 10 Prozent breiter bzw. enger als die schweizerische ausfällt.

Tabelle 3 Auswirkungen verschiedener Szenarien einer breiteren bzw. engeren OECD/G20-Bemessungsgrundlage auf die kantonalen und kommunalen Mehreinnahmen einer Ergänzungssteuer vor Verhaltensanpassungen (in Mrd. Fr.)31 OECD/G20-Bemessungsgrundlage ist enger um:

Steuerbelastung gemäss OECD/G20 > 20 Mio.* > 10 Mio.* > 5 Mio.* Verfahren II

10 %

7,5 %

5%

2,5 %

14,73 % 0,2 0,2 0,2 0,2

14,33 % 0,5 0,5 0,5 0,4

13,95 % 0,8 0,8 0,9 0,6

13,59 % 1,0 1,1 1,2 0,9

OECD/G20-Bemessungsgrundlage ist breiter um:

13,25 % 1,3 1,4 1,5 1,1

2,5 %

5%

7,5 %

10 %

12,93 % 1,6 1,7 1,8 1,4

12,62 % 1,9 2,0 2,1 1,6

12,33 % 2,2 2,3 2,5 1,8

12,05 % 2,5 2,6 2,8 2,1

* Intervallgrenze in Mio. Fr.

Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, haben bereits nicht allzu grosse Abweichungen bei der Bemessungsgrundlage einen weitreichenden Effekt auf das Aufkommen aus

31

Die Unterschiede beziehen sich auf die Bemessungsgrundlage vor Steueraufwand und nach Substanzabzug.

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einer schweizerischen Ergänzungssteuer. Zum Beispiel führt eine um 10 Prozent engere (bzw. breitere) Bemessungsgrundlage zu einer grob 80-prozentigen Reduktion (bzw. zu einer Verdopplung) des Aufkommens. Von einer veränderten Bemessungsgrundlage gehen zwei Effekte aus: ­

Erstens: Ein direkter Effekt führt dazu, dass die schweizerische Ergänzungssteuer auf einer engeren beziehungsweise breiteren Bemessungsgrundlage erhoben wird.

­

Zweitens ­ und die Ergebnisse sehr viel stärker treibend: Die breitere oder engere Bemessungsgrundlage hat Rückwirkungen auf die effektive Steuerbelastung. Beispielsweise führt eine um 10 Prozent breitere (bzw. engere) OECD/G20-Bemessungsgrundlage bei einer nach Schweizer Recht kalkulierten Steuerbelastung von 13,25 Prozent zu einer Reduktion (bzw. Erhöhung) der effektiven Steuerbelastung gemäss OECD auf 12,05 Prozent (bzw.

14,73 Prozent).32

6.2.4

Regionale Unterschiede

Die geschätzten kurzfristigen kantonalen Mehreinnahmen verteilen sich nicht gleichmässig auf die Kantone und Gemeinden. Ist eine Unternehmensgruppe in mehreren Kantonen tätig, dann erzielen nur diejenigen Kantone Einnahmen aus der schweizerischen Ergänzungssteuer, die eine Steuerbelastung unterhalb der Mindestbesteuerung anbieten. Dies bedeutet wiederum, dass steuerlich attraktive Kantone stärker mit Einnahmen rechnen können als Kantone, die eine Steuerbelastung oberhalb der Mindestbesteuerung anbieten. Allerdings sind vor allem die steuerlich attraktiven Kantone negativ von der OECD/G20-Reform betroffen.

Steuerlich attraktive Kantone sind oft auch Kantone mit einem hohen Ressourcenpotenzial. Dieses würde sich weiter erhöhen. Indirekt würden aber auch hoch besteuernde Kantone von der schweizerischen Ergänzungssteuer profitieren, zumindest dann, wenn sie über ein unterdurchschnittliches Ressourcenpotenzial verfügen. Wie bereits in Ziffer 6.1 erwähnt, dürfte die Dotation des Ressourcenausgleichs zunehmen, womit den ressourcenschwachen Kantonen mehr Mittel zufliessen würden. Besonders begünstigt werden ressourcenschwache Kantone mit einem unterdurchschnittlichen Anteil von Unternehmensgewinnen am Ressourcenpotenzial, da eine höhere Gewichtung der Unternehmensgewinne im Ressourcenpotenzial zu einem Rückgang des Ressourcenindex dieser Kantone führt.

32

Bei einer Bemessungsgrundlage von 100 nach Schweizer Recht resultiert eine Steuerbelastung von 13,25 Prozent, wenn die Steuerzahlung 13.25 Franken beträgt. Ist die OECDBemessungsgrundlage um 10 Prozent breiter, so beträgt die GloBE-Steuerbelastung 12,05 Prozent (13.25/ 110), da die Steuer auf einer 10 Prozent breiteren Bemessungsgrundlage (110 statt 100) erhoben wird.

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6.3

Finanzielle Auswirkungen der IIR auf Kantone und Gemeinden (vor Verhaltensanpassungen)

Aus der Einführung der IIR können sich Einnahmen ergeben. Die Schätzung des theoretischen Aufkommenspotenzials erfolgt mit Hilfe der CbCR-Statistiken (Jahr 2018) von Schweizer Unternehmen.33 Es wird lediglich der Steuersatzeffekt abgebildet, nicht jedoch der Bemessungsgrundlageneffekt. Im Durchschnitt lag die Steuerbelastung im Ausland bei knapp 25 Prozent. Gemäss CbCR-Statistik erwirtschafteten ausländische Geschäftseinheiten von Schweizer Unternehmensgruppen, die in den Anwendungsbereich der Säule 2 fallen, im Jahr 2018 Gewinne in Höhe von knapp 75 Milliarden Franken. Auf dieser noch um den Substanzabzug gekürzten Bemessungsgrundlage wird die Differenz aus den vorgegebenen 15 Prozent und der tieferen Steuerbelastung im Ausland ermittelt. In der Summe wird das theoretische Mehreinnahmenpotenzial (vor Verhaltensanpassungen) einer IIR auf etwa 3 Milliarden Franken geschätzt.

Bezüglich des Mehreinnahmenpotenzials sind jedoch zwei wichtige Relativierungen angebracht: Erstens führt die eingeschränkte Datenqualität der CbCR-Daten in der Tendenz zu einer Überschätzung des Aufkommenseffekts aus einer IIR.34 Zweitens dürften andere Staaten (mehrheitlich) mittels Anpassungen ihres Steuersystems sicherstellen, dass die Mehreinnahmen ihnen und nicht der Schweiz zugutekommen.

Bezogen auf den Kantonsanteil stehen die Einnahmen aus der IIR den Kantonen zu, in denen die Muttergesellschaft ihren Sitz hat. Soweit sich Einnahmen aus einer IIR realisieren lassen, ist ebenfalls davon auszugehen, dass sich diese nicht gleichmässig auf die Kantone verteilen. Da zahlreiche Muttergesellschaften aber auch in höher besteuernden Kantonen ihren Sitz haben, ist anders als bei der schweizerischen Ergänzungssteuer nicht zwingend von einer starken Konzentration in steuerlich attraktiven Kantonen auszugehen.

6.4

Finanzielle Auswirkungen der UTPR auf Kantone und Gemeinden (vor Verhaltensanpassungen)

Bezüglich der UTPR kann keine Aufkommensschätzung durchgeführt werden, da keine hinreichend disaggregierten Daten verfügbar sind. Das Einnahmenpotenzial dürfte jedoch vernachlässigbar sein, da die UTPR lediglich zum Tragen kommt, wenn die Staaten von einer Ergänzungssteuer auf ihrem Gebiet bzw. von einer IIR absehen.

33

34

Eine Schätzung mit Daten der DBST ist nicht möglich, da diese nur Inlandsachverhalte abbildet, während die IIR der Schweiz ein Besteuerungsrecht für im Ausland tief besteuerte Gewinne zuweist.

Siehe hierzu die Ausführungen in der Notiz der ESTV betr. Schätzung der Aufkommenseffekte des OECD/G20-Steuerreformprojekts: Ein Vergleich der Datengrundlagen, abrufbar unter: www.estv.admin.ch > Steuerpolitische Gutachten > Berichte und Arbeitspapiere.

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6.5

Mögliche Auswirkungen der Marktstaatbesteuerung und Interaktion mit der Mindestbesteuerung

Ob ein Staat aufgrund der Einführung der Marktstaatbesteuerung (Säule 1) Mehr- oder Mindereinnahmen zu gewärtigen hat, hängt davon ab, ob er als Marktstaat mehr Einnahmen generiert, als er als Entlastungsstaat wieder abgeben muss. Für Schwellenund Entwicklungsländer ist die Situation eindeutig. Sie dürfen als Marktstaaten in Zukunft mit höheren Einnahmen rechnen. Gleichzeitig werden sie als Entlastungsstaaten kaum Mindereinnahmen erleiden. Anders sieht die Situation für Staaten wie die Schweiz aus. Im internationalen Vergleich sind in der Schweiz sehr viele Geschäftseinheiten ­ sowohl von in- als auch ausländischen Unternehmensgruppen ­ ansässig, die gemessen an ihren materiellen Vermögenswerten und Lohnkosten überdurchschnittlich hohe Renditen erzielen. Insgesamt dürften für die Schweiz aus der Säule 1 deshalb Mindereinnahmen resultieren.

Die Säule 1 hat auch Rückwirkungen auf das Einnahmenpotenzial der Mindestbesteuerung (Säule 2). Die Neuverteilung der Besteuerungsrechte gemäss der Säule 1 führt zu einer Umverteilung zugunsten der Marktstaaten, die typischerweise höhere Gewinnsteuern als die Schweiz erheben. Die von Schweizer Unternehmensgruppen im Ausland entrichteten Steuern aus der Säule 1 sollen für Zwecke der Säule 2 als massgebende Steuern der Schweizer Geschäftseinheit gelten. Da die massgebenden Steuern der Schweiz dadurch tendenziell steigen, sinken entsprechend die Einnahmen aus der schweizerischen Ergänzungssteuer. Das Zusammenwirken der beiden Säulen soll von der OECD/G20 konkretisiert werden.

Die Auswirkungen der Säule 1 werden im Rahmen der konkreten Umsetzung näher dargelegt werden.

6.6

Finanzielle Auswirkungen der Mindestbesteuerung auf Bund, Kantone und Gemeinden (nach Verhaltensanpassungen)

Während sich die finanziellen Auswirkungen der Reform vor Verhaltensanpassungen ­ abgesehen vom Bemessungsgrundlageneffekt (vgl. Ziff. 6.2.3) ­ zumindest grob quantifizieren lassen, sind die Effekte nach Verhaltensanpassungen mit noch mehr Unwägbarkeiten verbunden. Unter Verhaltensanpassungen versteht man die Reaktionen der Wirtschaftssubjekte auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die OECD/G20-Reform führt vornehmlich bei Unternehmensgruppen zu Verhaltensanpassungen, die aber auch nachgelagert Auswirkungen auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Konsumentinnen und Konsumenten haben können.

Des Weiteren sind unter Verhaltensanpassungen auch die Reaktionen anderer Staaten zu subsumieren. Auch hier sind die Unsicherheiten sehr gross. Es ist nicht möglich, sich auf Erfahrungswerte abzustützen, da die OECD/G20-Reform, an der etwa 140 Länder beteiligt sind, beispiellos ist. Schliesslich gehören zu den Verhaltensanpassungen auch Massnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden zum Erhalt der Standortattraktivität.

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Hinsichtlich der Auswirkungen von Verhaltensanpassungen sind vier Grössen zentral.

­

Der Aufkommenseffekt vor Verhaltensanpassungen muss bekannt sein.

­

Die Veränderung der schweizerischen Steuerbelastung im Vergleich zum Ausland muss bestimmt werden. Im Grundszenario wurde in der Schätzung vor Verhaltensanpassungen eine Steuerbelastung von 13,25 Prozent genutzt. Infolge der Reform wird die Steuerbelastung auf 15 Prozent erhöht. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sich die steuerliche Standortattraktivität der Schweiz um 1,75 Prozentpunkte verschlechtert. Die Steuerbelastung steigt zwar auf 15 Prozent, aber auch in anderen steuerlich attraktiven Ländern sind Steuererhöhungen zu erwarten. Unterstellt man, dass die Steuerbelastungen in höher besteuernden Ländern in etwa gleich bleiben und steuerlich attraktive Staaten ihre Steuerbelastungen in Richtung der OECD-Mindeststeuer anpassen, dürfte die effektive Erhöhung der Steuerbelastung im Vergleich zum Ausland weniger als 1,75 Prozentpunkte betragen. Bezüglich der Anwendung der IIR und der UTPR ist davon auszugehen, dass bereits im Jahr 2024 alle Länder, die eine Anpassung ihres Steuersystems beabsichtigen, eine solche vollzogen haben werden.

­

Es muss bekannt sein, welche Einnahmen des Staates von der Reform betroffen sind. Direkt betroffen sind die Einnahmen aus der Gewinn-, der Kapitalund der Ergänzungssteuer sowie etwaige Einnahmen aus einer IIR und der UTPR der von der Säule 2 erfassten Unternehmensgruppen. Des Weiteren können auch KMU oder kleinere multinationale Unternehmensgruppen von Auftragseinbussen infolge eines Wegzugs betroffener grosser Unternehmensgruppen indirekt betroffen sein, wenngleich sich ihre steuerliche Situation nicht ändert. Die OECD/G20-Reform hat grundsätzlich Einfluss auf nahezu sämtliche Abgabenarten der Schweiz. Ebenso sind die Einnahmen aus Sozialversicherungsbeiträgen betroffen.

­

Schliesslich ist für die Beurteilung, ob auch nach Verhaltensanpassungen Mehreinnahmen aus der Umsetzung der Säule 2 resultieren, die Steuerempfindlichkeit (bzw. Semi-Elastizität) der Unternehmen ein entscheidender Parameter. Die Steuerempfindlichkeit wird als prozentuale Veränderung der Bemessungsgrundlage einer Steuer bei einer Veränderung der Unternehmenssteuerbelastung um einen Prozentpunkt gemessen. Die Grösse beinhaltet sämtliche Verhaltensreaktionen der Unternehmen. Der prozentuale Rückgang der Bemessungsgrundlage und darauf angewandt die Steuerbelastung ergibt den Aufkommensverlust aus der Verhaltensreaktion.

Falls im Vergleich zum Ausland eine Erhöhung der Steuerbelastung resultiert, wirken die Verhaltensanpassungen der Unternehmen negativ auf die Einnahmen. Denkbar sind aber auch Verhaltensanpassungen, die nicht zu Mindereinnahmen führen, wohl aber das Verhältnis aus kantonalen Einnahmen und den Einnahmen aus der schweizerischen Ergänzungssteuer tangieren. Wenn beispielsweise ein Unternehmen in einem steuerlich attraktiven Kanton nach Umsetzung der Reform z. B. die F&E-Inputförderung freiwillig nicht mehr in Anspruch nimmt, steigt die Gewinnsteuerbelastung dieses Unternehmens. Die Folge dieses Verzichts ist, dass die potenziellen Einnahmen

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aus der Ergänzungssteuer tiefer als geschätzt ausfallen, im Gegenzug aber die kantonalen Einnahmen aus der Gewinnsteuer steigen. Die Summe der beiden Einnahmequellen würde infolge dieser Verhaltensanpassung unverändert bleiben, wobei sich das Einnahmeverhältnis zwischen Bund und Kantonen zugunsten Letzterer ändern würde.

Negativ auf die Steuereinnahmen wirken sich auch Anpassungsreaktionen steuerlich attraktiver Länder aus. Passen diese Länder ihr Steuersystem an, wird das Einnahmenpotenzial einer IIR bzw. UTPR begrenzt. Werden die Mittel aus der Mindestbesteuerung für Massnahmen zur Wahrung der Standortattraktivität verwendet, können dagegen die zuvor erwähnten negativen Effekte auf die Steuereinnahmen begrenzt werden.

Bezüglich der Verhaltensänderungen der Unternehmen spielt es eine untergeordnete Rolle, ob die Schweiz die Reform umsetzt oder nicht. Geht man davon aus, dass andere Staaten eine IIR und eine UTPR einführen, so wird die Steuerbelastung von 15 Prozent gemäss OECD/G20 für die betroffenen Unternehmensgruppen gelten, unabhängig davon, ob die Schweiz die Reform umsetzen wird. Wesentlich anders sind jedoch die Auswirkungen auf die Einnahmen. Denn im Falle einer Nichtüberführung in das nationale Recht würde die Schweiz Einnahmen aus der Mindestbesteuerung dem Ausland überlassen. Die Nichtüberführung in das nationale Recht würde somit infolge der Verhaltensanpassungen der Wirtschaftssubjekte immer zu gesamtstaatlichen Mindereinnahmen führen.

6.6.1

Auswirkungen auf Einnahmen aus unternehmensbezogenen Steuern

Direkt betroffen von der Reform sind in- und ausländische Unternehmensgruppen, die hinreichend gross und profitabel sind, einen Bezug zur Schweiz aufweisen und deren massgebende Steuern den Mindeststeuersatz unterschreiten. Als Verhaltensanpassungen dieser Unternehmensgruppen kommen folgende Entscheide infrage: ­

Standortentscheid: Das Unternehmen verlässt den Standort Schweiz.

­

Investitionsentscheid: Das Unternehmen verbleibt weiterhin am schweizerischen Standort, unterlässt aber in der Zukunft Ersatzinvestitionen.

­

Gewinnversteuerungsentscheid: Das Unternehmen verbleibt weiterhin am schweizerischen Standort. Steuerplanerische Entscheidungen, insbesondere bezüglich der Frage, an welchen Standorten zukünftig Gewinne zu versteuern sind, werden jedoch angepasst.

Von diesen drei Entscheiden ist die Schweiz sowohl positiv als auch negativ betroffen.

Gegenüber steuerlich sehr attraktiven Staaten gewinnt die Schweiz an steuerlicher Wettbewerbsfähigkeit. In diesen Ländern dürften aber in geringerem Ausmass substanzstarke Tätigkeiten angesiedelt sein, sodass die Schweiz ihnen gegenüber bezüglich des Gewinnversteuerungsentscheids auf zusätzliche Einnahmen hoffen darf.

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Gegenüber hoch besteuernden Staaten wirken sich alle genannten Verhaltensanpassungen der in der Schweiz operierenden Unternehmen negativ auf die Steuereinnahmen aus. Dabei ist unklar, ob in- und ausländische Unternehmensgruppen unterschiedliche Anpassungskanäle nutzen und die Steuerempfindlichkeit zwischen diesen beiden Gruppen variiert. Es ist zu vermuten, dass inländische Unternehmensgruppen weniger steuerempfindlich reagieren als ausländische, da zumindest der Standortentscheid kurz- und mittelfristig für inländische Unternehmensgruppen nicht zur Diskussion stehen dürfte. Ein Indiz für die Relevanz dieser Vermutung ist der im Vergleich zu inländischen Unternehmensgruppen geringere Substanzabzug (von etwa 15 %) für ausländische Unternehmensgruppen in der Schweiz, d. h. diese dürften im Durchschnitt substanzschwächer und damit auch mobiler sein als inländische Unternehmensgruppen.

Da die Schweiz eine überdurchschnittliche steuerliche Attraktivität aufweist, resultiert im Vergleich zu anderen Staaten in der Summe eine effektive Erhöhung der Steuerbelastung. Die Verhaltensanpassungen der Unternehmen wirken sich insgesamt negativ auf die Einnahmen aus der Gewinn-, Kapital- und Ergänzungssteuer aus, sodass die Einnahmen aus diesen Steuern nach Verhaltensanpassungen tiefer ausfallen werden als vor Verhaltensanpassungen. Die Einnahmen aus der Gewinn- und Kapitalsteuer, nicht jedoch die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer, sind darüber hinaus auch von den indirekten Effekten der Reform negativ betroffen, da die geringere Nachfrage der von der Säule 2 betroffenen Unternehmen auch zu Wertschöpfungseinbussen bei Vorleistungserbringern führt, die nicht von der Säule 2 erfasst werden.

Diesen Mindereinnahmen stehen potenziell Mehreinnahmen aus einer IIR bzw. UTPR gegenüber. Die Mehreinnahmen aus einer UTPR dürften jedoch vernachlässigbar sein, und auch das Einnahmenpotenzial einer IIR dürfte sich nur sehr begrenzt realisieren lassen, da davon auszugehen ist, dass viele der steuerlich attraktiven Länder ihre Steuersysteme anpassen werden.

6.6.2

Auswirkungen auf die Sozialversicherungen und weitere Steuern

Auch die Einnahmen aus Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Einnahmen aus weiteren Steuern (insb. Einkommens- und Mehrwertsteuer) sind negativ betroffen. Mit Blick auf den Faktor Arbeit können sich Rückwirkungen auf die Einnahmen infolge der folgenden Anpassungen ergeben: ­

Wegzug: Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer verlässt (zusammen mit dem Unternehmen) die Schweiz.

­

Arbeitslosigkeit: Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer verliert ihre beziehungsweise seine Beschäftigung infolge der Verhaltensanpassungen der Unternehmen.

­

Tiefere Entlöhnung: Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer wechselt die Beschäftigung. Die neue Beschäftigung wird mit einem tieferen Lohn abgegolten.

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Alle Konstellationen führen zu einem Rückgang der Bruttolohnsumme der Beschäftigten in der Schweiz. Ein Rückgang der Bruttolohnsumme impliziert geringere Einnahmen der Sozialversicherungen. Betroffen sind sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberbeiträge. Der Rückgang der Lohnsumme wirkt sich auch negativ auf die Einnahmen der Einkommenssteuer aus. Beim Rückgang der Einkommenssteuereinnahmen können sowohl Grenzsteuerbelastungen (bei Lohneinbussen) als auch Durchschnittssteuerbelastungen (wenn die Arbeitnehmenden die Schweiz verlassen) relevant sein. Im Vergleich zu den Reaktionen multinationaler Unternehmen auf Unterschiede in den Gewinnsteuerbelastungen ist der empirische Befund in diesem Bereich spärlicher. Die Unsicherheiten bezüglich der Effekte einer veränderten Gewinnsteuerbelastung auf die Löhne beziehungsweise die Beschäftigung und damit auf die Einnahmen der Sozialversicherungen und der Einkommenssteuer sind somit grundsätzlich höher als bei den Unternehmenssteuern.

Die Reform hat auch Auswirkungen auf weitere Steuern, wobei die Auswirkungen auf die Mehrwertsteuer ein gewisses Gewicht haben dürften. Falls die Reform keine Verhaltensanpassungen bei der Konsum- bzw. Ersparnisentscheidung der privaten Haushalte auslöst, d. h. die Konsum- bzw. Sparquote konstant bleiben, resultieren aus dem Rückgang des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte «mechanisch» Einnahmenrückgänge bei der Mehrwertsteuer. Schliesslich können sich auch Einnahmenrückgänge bei weiteren Steuern (u. a. der Vermögens-, der Grundstückgewinnoder der Verrechnungssteuer) ergeben.

Die Verhaltensanpassungen haben auch Auswirkungen auf die Staatsausgaben. Sie wirken sowohl ausgabenerhöhend als auch -senkend, wobei letzterer Effekt (langfristig) dominiert. Ausgabenseitige Einsparungen ergeben sich infolge des Wegzugs von Unternehmen und Beschäftigten. Diese ausgabenseitigen Einsparungen können früher (z. B. Nachfrage nach staatlichen Kinderbetreuungseinrichtungen) oder später (z. B.

Rentenbezug) anfallen. Zusätzliche Ausgaben (z. B. infolge steigender Arbeitslosigkeit) fallen dagegen bald an.

6.6.3

Gesamtstaatliche Aufkommenswirkungen

Die Reform führt zu Einnahmen aus der nationalen Ergänzungssteuer und der IIR bzw. UTPR. Folgende Grössen bestimmen die Höhe des Aufkommenseffekts nach Verhaltensanpassungen: ­

die effektive Erhöhung der Unternehmenssteuerbelastung im Vergleich zum Ausland, unter Berücksichtigung etwaiger Steueranpassungen des Auslands;

­

die Steuerempfindlichkeit der von der Mindeststeuer betroffenen in- und ausländischen Unternehmensgruppen;

­

die Reagibilität der nicht direkt betroffenen Bemessungsgrundlage bei der Gewinnsteuer;

­

die Auswirkungen auf die Lohnsumme;

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­

die Höhe der Abgabenbelastung der Arbeitnehmenden, die effektive Belastung mit der Mehrwertsteuer sowie die Steuerbelastung durch die Gewinnund die Kapitalsteuer sowie durch weitere massgebende Steuern.

Bezüglich des gesamtstaatlichen Aufkommenseffekts lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: ­

Gesamtstaatliche Mehreinnahmen sind wahrscheinlich: Die Verhaltensanpassungen dürften aufgrund der effektiven Steuererhöhung negativ wirken, d. h. unter Berücksichtigung der Verhaltensanpassungen der Unternehmen liegen die Mehreinnahmen tiefer als bei einer Schätzung ohne Verhaltensanpassungen. Ist die Steuerempfindlichkeit der Unternehmen sehr hoch und verlassen viele Beschäftigte den Standort oder werden sie entlassen, dann können im ungünstigsten Fall sogar Mindereinnahmen resultieren. Deutlich wahrscheinlicher ist jedoch, dass auch nach Verhaltensanpassungen gesamtstaatliche Mehreinnahmen verbleiben.

­

Die Reform hat Auswirkungen auf viele Steuern und Abgaben: Von den Verhaltensanpassungen sind nicht nur die Einnahmen aus Gewinn-, Kapital- und Ergänzungssteuer negativ betroffen. Die Reform hat auch negative Auswirkungen auf die Einnahmen aus Sozialversicherungsbeiträgen, auf die Einnahmen der Einkommenssteuer und (weniger ausgeprägt) auf weitere Steuereinnahmen. Die Reform betrifft zwar die Unternehmenssteuern; Mindereinnahmen entstehen aber auch bei Steuern und Abgaben, die Arbeitnehmende betreffen.

­

Die IIR und die UTPR sind wenig ergiebig: Es ist wahrscheinlich, dass andere steuerlich attraktive Staaten ihre Steuern für die betroffenen Unternehmensgruppen ebenfalls erhöhen werden. Aus diesem Grund dürfte das Einnahmenpotenzial einer IIR oder UTPR eng begrenzt sein.

­

Die nationale Ergänzungssteuer ist ergiebig: Das Aufkommenspotenzial aus einer Ergänzungssteuer liegt dagegen auch nach Verhaltensanpassungen nahe an den Schätzungen vor Verhaltensanpassungen. Grund hierfür ist, dass sich die Verhaltensanpassungen auf viele weitere Abgabenarten auswirken und indirekte Reformeffekte, die in einen Verlust an Wertschöpfung bei Vorleistungsempfängern münden, keinen Einfluss auf das Einnahmenpotenzial der Ergänzungssteuer haben.

6.6.4

Aufkommenswirkungen nach Staatsebenen

Von den negativen Auswirkungen der Verhaltensanpassungen sind die Einnahmen sämtlicher Staatsebenen betroffen. Wenngleich hinsichtlich der gesamtstaatlichen Aufkommenseffekte nach Verhaltensanpassungen sowohl (im wahrscheinlichen Fall) Mehr- als auch (bei sehr hoher Steuerempfindlichkeit der Unternehmen) Mindereinnahmen möglich sind, lassen sich mit Blick auf die Staatsebenen folgende Schlüsse ziehen: ­

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Für die Sozialversicherungen ergeben sich aus der Reform Mindereinnahmen.

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­

Für den Bund können Mehr- oder Mindereinnahmen resultieren.

­

Für die Kantone und Gemeinden dürften Mehreinnahmen entstehen.

Spürbar negative Effekte gehen auf die Sozialversicherungen infolge des Rückgangs der Einnahmen aus Sozialversicherungsbeiträgen aus. Da sie nicht an den Einnahmen der Mindestbesteuerung partizipieren, ist der Aufkommenseffekt negativ.

Der Bund ist zu 25 Prozent am Rohertrag der Ergänzungssteuer beteiligt. Daraus ergibt sich vor Verhaltensanpassungen ein Einnahmenpotenzial aus der schweizerischen Ergänzungssteuer, welches von 250 bis 650 Millionen Franken reicht. Passen andere Staaten mehrheitlich ihr Steuersystem an, dann dürfte das Einnahmenpotenzial aus einer IIR bzw. UTPR kaum ins Gewicht fallen. Der Bund muss zudem Einnahmenrückgänge hinnehmen, da sich die Verhaltensanpassungen der Unternehmen negativ auf die Einkommens- und Gewinnsteuereinnahmen sowie auf die Einnahmen aus weiteren Steuern auswirken. Beim Bund kommt hinzu, dass sich die Zahlungen in den Finanz- und Lastenausgleich nach einigen Jahren um einen tiefen dreistelligen Millionenbetrag erhöhen dürften. Diese Mehrausgaben sollen durch den Bundesanteil gedeckt werden. Der restliche Anteil des Bundes an der Ergänzungssteuer soll zweckgebunden in Standortmassnahmen fliessen. Mit diesen Massnahmen können der Verlust an steuerlicher Standortattraktivität und die sich daraus ergebenden Mindereinnahmen kompensiert werden Es ist daher offen, ob der Bund nach Verhaltensanpassungen und unter Berücksichtigung von Standortmassnahmen Mehr- oder Mindereinnahmen realisieren wird.

Bei den Kantonen und Gemeinden dürften auch nach Verhaltensanpassungen Mehreinnahmen verbleiben. Ursache hierfür ist, dass die negativen Effekte infolge der Verhaltensanpassungen auf die Haushalte von Bund, Kantonen, Gemeinden und Sozialversicherungen wirken, während die Kantone einen Grossteil der Einnahmen aus der Mindeststeuer erhalten. Diese Mehreinnahmen können dazu genutzt werden, die Standortattraktivität zu wahren.

Wenngleich die Kantone und Gemeinden in der Summe von Mehreinnahmen profitieren, welche sie (auch) für Standortmassnahmen einsetzen können, bedeutet dies nicht, dass jeder Kanton (bzw. jede Gemeinde) Mehreinnahmen erwarten kann. Ein Kanton mit eher überdurchschnittlichem Gewinnsteuerniveau und einer geringen Anzahl multinationaler Unternehmensgruppen, in dem jedoch viele betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wohnen, kann ebenfalls negativ von
der OECD/G20Reform betroffen sein. Daher könnte es auch auf Gemeinde- und Kantonsebene «Reformverlierer» geben, die nach Verhaltensanpassungen mit Mindereinnahmen rechnen müssen. Jedoch besteht die Chance, dass diese Mindereinnahmen über den Finanz- und Lastenausgleich kompensiert werden könnten.

6.7

Volkswirtschaftliche Auswirkungen der Mindestbesteuerung

Bezüglich des Effizienz- und Standortziels ergeben sich durch die Mindestbesteuerung, unabhängig von ihrer Überführung in das nationale Recht, volkswirtschaftliche

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Auswirkungen (vgl. Ziff. 6.7.2 und 6.7.3). Bei den Auswirkungen auf den interkantonalen Steuerwettbewerb ist die Umsetzung in das nationale Recht von Bedeutung (vgl.

Ziff. 4.1.2). Der administrative Aufwand (insb. für die betroffenen Unternehmensgruppen) steigt mit oder ohne Umsetzung in das nationale Recht (vgl. Ziff. 6.7.4).

6.7.1

Effizienzziel

Das Effizienzziel postuliert, dass ein Steuersystem möglichst entscheidungsneutral ausgestaltet werden soll, d. h. möglichst wenig Anlass zu Ausweichhandlungen (abgesehen von der Internalisierung externer Effekte) bietet.

Die Säule 2 führt eine weltweite Mindestbesteuerung ein, sodass sich Steuerbelastungen unterhalb dieser Mindestbesteuerung in der Regel nicht mehr lohnen (zu den Ausnahmen: s. Ziff. 6.7.3). Mit Blick auf das Effizienzziel sind die Auswirkungen aus der Umsetzung der Säule 2 zweifelhaft. Generell dürfte die Reform zu einem Rückgang der Investitionstätigkeit führen und somit die langfristige wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen.

Sowohl hinsichtlich der steuerlichen Förderung von F&E-Tätigkeiten als auch hinsichtlich der Wettbewerbsneutralität des Steuersystems überwiegt in der Tendenz eine negative Einschätzung. Mit der Umsetzung des OECD/G20-Projekts werden unterschiedliche Besteuerungsfolgen geschaffen: So kann der steuerliche Status quo für nicht von der OECD/G20-Reform betroffene Unternehmensgruppen weitergeführt werden, während die OECD/G20-Regeln bei grossen Unternehmensgruppen zur Anwendung kommen. Die OECD/G20 begründen diesen «dualen» Fokus mit dem Hinweis, dass internationalen Unternehmensgruppen sehr viel mehr Optionen zur Optimierung der Steuerbelastung zur Verfügung stünden und aus diesem Grund die Steuerbelastung systematisch tiefer ausfalle als diejenige von KMU. Wenngleich es empirische Hinweise gibt, dass multinationale Unternehmensgruppen tatsächlich eine etwas tiefere Steuerbelastung als rein nationale Unternehmensgruppen aufweisen, ist unklar, ob dieser deskriptive Befund letztendlich Ausfluss steuervermeidender Praktiken ist oder auf anderen Ursachen beruht (z. B. auf einer stärkeren Inanspruchnahme von steuerlichen F&E-Anreizen durch multinationale Unternehmensgruppen). Aus diesem Grund ist zweifelhaft, ob das OECD/G20-Projekt mit Blick auf die Wettbewerbsneutralität des Steuersystems korrigierend wirkt. Zumindest führt die Säule 2 zu einer Ungleichbehandlung von betroffenen und nicht betroffenen Unternehmensgruppen. Immerhin ist oberhalb der Mindestgrenze die Wettbewerbsneutralität nicht beeinträchtigt. Es bestehen zudem oberhalb der Mindestgrenze weiterhin Anreize, dass Staaten F&E-Aktivitäten über das Steuersystem fördern und Unternehmen sich in Ländern ansiedeln, die ein günstiges Umfeld für F&E bieten.

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6.7.2

Steuerliche Standortattraktivität

Mit Blick auf die steuerliche Standortattraktivität stellen sich die folgenden Effekte ein: ­

Im Vergleich zu Staaten, in denen die Steuerbelastung über der Mindestbesteuerung liegt, verschlechtert sich die Position der Schweiz, da die Steuerbelastungen angeglichen werden.

­

Im Vergleich zu Staaten mit tieferen Steuersätzen als jenen in der Schweiz verbessert sich die Position der Schweiz.

Bezüglich der Steuerpolitik anderer Staaten ist davon auszugehen, dass die grosse Mehrheit der derzeit steuerlich attraktiven Länder ihre Steuerpolitik anpassen werden.

Des Weiteren ist davon auszugehen, dass diese Länder Standortmassnahmen im aussersteuerlichen Bereich beschliessen werden, um ihre Standortattraktivität aufrechtzuerhalten.

Deutlich schwieriger sind die Anpassungsreaktionen hoch besteuernder Länder einzuschätzen. Hier sind sowohl Steuersenkungen in Richtung der Mindeststeuer denkbar als auch Steuererhöhungen, da aufgrund der Mindestbesteuerung der Wettbewerbsdruck reduziert wird. Wird eine Beibehaltung des steuerlichen Status quo in diesen Ländern unterstellt, dann wird der steuerliche Wettbewerbsvorteil der Schweiz gegenüber diesen Ländern kleiner.

In der Summe begünstigt die Reform bezüglich des Steuerwettbewerbs tendenziell Länder mit insgesamt hoher Standortattraktivität bei gleichzeitig hoher Gewinnsteuerlast. Als steuerlich attraktives Land verliert die Schweiz infolge der Reform an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dieser Gruppe.

6.7.3

Auswirkungen des Substanzabzugs auf den Steuerwettbewerb

Die Umsetzung der Säule 2 hat Auswirkungen sowohl auf den Steuerwettbewerb um mobile Unternehmensgewinne als auch auf den Wettbewerb um Realkapital. Das vornehmliche Ziel der OECD/G20-Reform ist es, Ersteren einzudämmen und einen Steuerwettbewerb um Produktionsstätten weiterhin zu ermöglichen. Eine Differenzierung zwischen den beiden Wettbewerbsformen soll mit Hilfe des Substanzabzugs erreicht werden. Dessen Anwendung erlaubt einem Land auch in Zukunft, Gewinne von betroffenen Unternehmen mit tieferen Steuern zu erfassen, wenn das Unternehmen über hinreichend Substanz verfügt.

Die Gewährung des Substanzabzugs sorgt dafür, dass der Wettbewerb um Realkapital weniger stark beeinträchtigt wird als der Wettbewerb um mobile Unternehmensgewinne. Mit Hilfe des Substanzabzugs wird der Anreiz geschaffen, in steuerlich attraktiven Ländern möglichst viel Substanz anzusiedeln.

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6.7.4

Administrativer Aufwand

In administrativer Hinsicht führt die Säule 2 zu Mehrbelastungen. Der Bundesrat erwartet, dass eine tiefe dreistellige Zahl inländischer Unternehmensgruppen sowie die Geschäftseinheiten einer tiefen vierstelligen Zahl ausländischer Unternehmensgruppen von der Reform betroffen sein dürften. Die Zahl der betroffenen ausländischen Unternehmensgruppen könnte weiter steigen, wenn andere Staaten die Umsatzschwelle für die IIR tiefer ansetzen als bei 750 Millionen Euro.

Da sich die hiesige Bemessungsgrundlage von der OECD/G20-Bemessungsgrundlage unterscheidet, müssen die Unternehmensgruppen eine «Schattenrechnung» durchführen, d. h. es ist nicht ausreichend, gemäss den geltenden Gewinnermittlungsvorschriften zu untersuchen, ob die Steuerbelastung über oder unter 15 Prozent liegt. Aus diesem Grund ist es möglich, dass auch Unternehmensgruppen mit einer Steuerbelastung von mehr als 15 Prozent von einer schweizerischen Ergänzungssteuer betroffen sind, während umgekehrt Unternehmen mit einer Steuerbelastung von weniger als 15 Prozent eventuell nicht betroffen sind, sofern die hiesige Bemessungsgrundlage breiter als die OECD/G20-Bemessungsgrundlage ausfällt. Da das OECD/G20-Projekt auf einer länderbezogenen Betrachtungsweise beruht, müssen die auf Stufe Einzelgesellschaften ermittelten Kennziffern aggregiert werden. Die Unternehmensgruppe muss die Steuerbelastung gemäss OECD/G20 in der Schweiz ermitteln und die Informationen an alle relevanten Länder übermitteln.

Für die von einer IIR betroffenen inländischen Unternehmensgruppen erhöht sich der administrative Aufwand zudem für ihre Auslandsgesellschaften, da auch hier geprüft werden muss, ob die Steuerbelastung im Ausland die Mindestbesteuerung unterschreitet. Bei ausländischen Unternehmensgruppen, deren Sitzstaat keine IIR einführt, ergibt sich administrativer Aufwand infolge der Anwendung der UTPR.

Auch bei den Behörden erhöht sich der administrative Aufwand. Mit Blick auf den Personalbestand ist mit einer Ausweitung des Aufwands sowohl beim Bund als auch bei den Kantonen zu rechnen. Auch ist mit einem steigenden Ausgabenbedarf für den Aufbau der IT-Infrastruktur zu rechnen.

In der Summe erhöht sich infolge des OECD/G20-Projekts der administrative Aufwand der Unternehmen und infolge der Überführung in das nationale Recht der administrative Aufwand bei Bund und Kantonen.

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Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Aufgrund des föderativen Grundprinzips (Art. 3 BV, Souveränität der Kantone) regelt die BV, welche Steuern der Bund erheben darf und welche Grundsätze dabei einzuhalten sind. Mit dieser Vorlage beantragt der Bundesrat einen neuen Verfassungsartikel (Art. 129a BV) sowie eine dazugehörige Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 15 BV).

Das OECD/G20-Projekt sieht besondere Besteuerungsregeln für bestimmte grosse Unternehmensgruppen vor. Das schweizerische Regelwerk soll ebenfalls auf diesem 64 / 66

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eingeschränkten Anwendungsbereich beruhen. Bei der Marktstaatbesteuerung werden die zu ändernden Doppelbesteuerungsabkommen neue Besteuerungsrechte nur mit Bezug auf diese Unternehmen einräumen. Und bei der Mindestbesteuerung bestehen gewichtige volkswirtschaftliche Gründe, dass die Schweiz den Anwendungsbereich auf grosse Unternehmensgruppen einschränkt. Eine Ausdehnung auf sämtliche Unternehmen hätte zum einen negative Auswirkungen auf den Standort Schweiz.

Zum anderen sähen sich KMU mit einem wesentlich erhöhten administrativen Aufwand konfrontiert. Die Ungleichbehandlung von grossen und kleineren Unternehmen könnte indes nach Auffassung des Bundesrates in Konflikt zum verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsgleichheit bzw. der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stehen. Dem Gesetzgeber soll daher ermöglicht werden, von diesen Prinzipien abzuweichen, wenn dies im gesamtwirtschaftlichen Interesse der Schweiz liegt.

Da es sich bei der Marktstaatsteuer und der Mindestbesteuerung nach Auffassung des Bundesrates um direkte Steuern handelt, kann sich auch ein Konflikt mit weiteren verfassungsrechtlichen Prinzipien ergeben. Die geltende Bundesverfassung enthält in den Artikeln 127­129 verschiedene Prinzipien, die der Gesetzgeber bei den direkten Steuern zu befolgen hat, namentlich mit Bezug auf den Föderalismus. Der Bundesgesetzgeber erhält daher die Möglichkeit, nötigenfalls auch von diesen verfassungsrechtlichen Besteuerungsgrundsätzen abzuweichen, mit Ausnahme des Kantonsanteils (s. Erläuterungen in Ziff. 5.1).

Ausserhalb des Anwendungsbereichs von Artikel 129a BV gelten die verfassungsrechtlichen steuerlichen Grundsätze unverändert weiter.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz hat DBA mit mehr als 100 Partnerstaaten abgeschlossen. Diese DBA stützen sich auf das Musterabkommen der OECD.

Die Anwendung der IIR und UTPR hat zur Folge, dass Gewinne ausländischer Geschäftseinheiten bei in der Schweiz ansässigen Geschäftseinheiten der Besteuerung unterliegen. Es stellt sich somit die Frage, ob die Anwendung dieser Regeln einen Verstoss gegen die Schweizer DBA darstellt, namentlich gegen die Artikel in den DBA, die Artikel 7 des OECD-Musterabkommens entsprechen. Artikel 7 des Musterabkommens sieht vor, dass die Gewinne von einer in einem Staat ansässigen Geschäftseinheit nur in diesem Staat besteuert werden dürfen, soweit die Gewinne nicht einer im anderen Staat gelegenen Betriebsstätte zuzurechnen sind.

Für Zwecke der DBA gilt jedoch der Grundsatz, dass diese Bestimmungen in keinem Fall so auszulegen sind, dass sie das Recht eines Vertragsstaats zur Besteuerung der in diesem Staat ansässigen Personen einschränken. Der Ansässigkeitsstaat einer Person wird durch ein DBA daher nur insofern eingeschränkt, als eine Bestimmung dies explizit vorsieht. Dieses Prinzip gilt auch für Artikel 7 des Musterabkommens und hat zur Folge, dass namentlich gemäss OECD/G20 kein Verstoss gegen ein DBA vorliegt, wenn ein Staat die Säule 2 anwendet.

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Das erwähnte Prinzip ist seit der letzten Aktualisierung des OECD-Musterabkommens in dessen Artikel 1 Absatz 3 schriftlich verankert worden. Diese neue Bestimmung dient der Klarstellung.35 Das Prinzip an sich gilt jedoch unabhängig davon, ob diese Bestimmung in den DBA enthalten ist oder nicht. Die Einführung und Anwendung der Säule 2 in der Schweiz führt für Schweizer Geschäftseinheiten in Bezug auf ausländische Geschäftseinheiten daher grundsätzlich zu keinen Verstössen gegen die Schweizer DBA.

Eine Hürde besteht jedoch in Situationen, in denen bei einer Schweizer Geschäftseinheit Steuern in Bezug auf die Gewinne einer ausländischen Betriebsstätte mittels der IIR erhoben werden. Die Schweizer DBA verpflichten die Schweiz nämlich als Ansässigkeitsstaat in einem solchen Fall zur Freistellung. Die Schweiz darf solche Gewinne daher nicht besteuern. Dieses Hindernis kann mit der Einführung der sogenannten Switch-over Rule (SoR) in die betreffenden DBA beseitigt werden. Mittels der SoR wird die Befreiungsmethode in solchen Situationen gezielt ausgeschaltet und stattdessen die Anrechnungsmethode angewendet.

Die Marktstaatbesteuerung gemäss der Säule 1 soll mittels eines multilateralen Abkommens eingeführt werden (s. Ziff. 1.1.1). Entsprechend ist die Vereinbarkeit mit den internationalen Verpflichtungen gestützt darauf gegeben.

7.3

Erlassform

Durch eine Teilrevision der BV wird dem Bundesrat die Kompetenz gegeben, bis zum Vorliegen eines Gesetzes die Regeln zur Umsetzung der Säule 2 auf dem Verordnungsweg zu erlassen. Die Übergangsbestimmungen in der Verfassung enthalten die Grundzüge der befristeten Verordnung. Ein späteres Bundesgesetz soll die Verordnung ablösen. Ein Präjudiz für ein solches Vorgehen im Steuerrecht gab es bei der Einführung der Mehrwertsteuer im Jahr 1995.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen geschaffen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.

35

Vgl. Rz 18 des Kommentars zu Artikel 1 des OECD-Musterabkommens.

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