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Grundwasserschutz in der Schweiz Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 28. Juni 2022

2022-2097

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Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung 1.1 Ausganglage 1.2 Gegenstand der Evaluation und Vorgehen

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Feststellungen und Empfehlungen 2.1 Einleitende Bemerkungen der GPK-N 2.2 Rechtsgrundlagen 2.2.1 Vollzugsaufgaben der Kantone 2.2.2 Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes 2.3 Aufsichtspraxis des Bundes 2.3.1 Allgemeine Erwägungen der GPK-N 2.3.2 Aufsichts- und Interventionsstrategie 2.3.3 Monitoring über den Vollzugsstand durch das Bundesamt für Umwelt 2.3.4 Vollzugshilfen 2.3.5 Ressourcen des Bundesamtes für Umwelt 2.4 Schnittstellen zwischen Grundwasserschutz und Landwirtschaftspolitik 2.4.1 Kompetenzverteilung und Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Umwelt und dem Bundesamt für Landwirtschaft 2.4.2 Vollzugshilfen 2.4.3 Gewässerschutzprogramm in der Landwirtschaft 2.5 Schnittstellen zwischen dem Grundwasserschutz und der Raumplanung 2.5.1 Kompetenzverteilung und Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Umwelt und dem Bundesamt für Raumentwicklung 2.5.2 Vollzugshilfen zu den Richtplänen

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3

Schlussfolgerungen und nächste Schritte

Abkürzungsverzeichnis

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Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausganglage

Der Grundwasserschutz stellt eine der zentralen Herausforderungen der Schweizer Umweltpolitik dar. Über 80 Prozent des Schweizer Trinkwasserbedarfs werden aus Grundwasser gedeckt. Grundwasser spielt zudem eine wichtige Rolle als Teil von Ökosystemen und speist Fliessgewässer und Feuchtgebiete.

Gemäss Artikel 76 der Bundesverfassung (BV)1 hat der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeiten für den Schutz der Wasservorkommen zu sorgen und Vorschriften über den Gewässerschutz zu erlassen. Der Gesetzgeber erfüllt diesen Verfassungsauftrag mit dem Gewässerschutzgesetz und der Gewässerschutzverordnung (GSchG und GSchV)2. Das Hauptinstrument zum Schutz des Grundwassers ­ welches seit dem Inkrafttreten des zweiten GSchG zu Beginn der 1970er-Jahre besteht ­ ist der planerische Grundwasserschutz, d. h. die Ausscheidung von Schutzgebieten, in denen bestimmte Aktivitäten, welche das Grundwasser gefährden könnten, nur beschränkt zugelassen oder ganz untersagt sind.3 Mehrere neuere Untersuchungen zeigen allerdings, dass die Qualität des Grundwassers nicht durchgehend gewährleistet ist, namentlich deshalb nicht, weil die bundesgesetzlichen Regelungen zum planerischen Grundwasserschutz nicht überall angewendet werden und insbesondere die entsprechenden Schutzgebiete nicht systematisch ausgeschieden werden. So schätzte das Bundesamt für Umwelt (BAFU) 2018, dass schweizweit rund eine Million Personen aus Trinkwasserfassungen versorgt werden, deren Grundwasserschutzzonen nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.4 Die Qualität des Trinkwassers ist in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus der Schweizer Bevölkerung gerückt und die Wasserverschmutzung ist regelmässig Gegenstand lebhafter politischer Diskussionen. In diesem Zusammenhang lassen sich z. B. die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative nennen, über die das Volk im Juni 2021 abstimmte, oder auch die Botschaft des Bundesrates zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2022 (AP22+).

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Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101).

Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (GSchG; SR 814.20); Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 (GSchV; SR 814.201).

Geregelt ist dies insbesondere in den Artikeln 19 bis 21 GSchG sowie in den Artikeln 29 bis 32a und in Anhang 4 GSchV. Eine detaillierte Beschreibung des planerischen Grundwasserschutzes findet sich in: Grundwasserschutz in der Schweiz, Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) vom 7. Oktober 2021 zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (im Folgenden: Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021), Ziff. 2.1. Die verschiedenen Instrumente des planerischen Grundwasserschutzes sind im diesem Bericht unter dem Sammelbegriff «Grundwasserschutzgebiete» zusammengefasst.

BAFU (2018): Schutz der Grundwasserfassungen in der Schweiz ­ Stand des Vollzugs.

Bericht zur Umfrage bei den kantonalen Fachstellen.

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Vor diesem Hintergrund beauftragten die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte am 28. Januar 2020 die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Evaluation des Grundwasserschutzes in der Schweiz. Das Geschäft wurde der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) zugewiesen.

1.2

Gegenstand der Evaluation und Vorgehen

Im Mittelpunkt der PVK-Evaluation standen die Massnahmen des Bundes im Bereich des planerischen Grundwasserschutzes.5 Die zuständige Subkommission Eidgenössisches Departement des Innern / Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (EDI/UVEK) der GPK-N6 präzisierte im Mai 2020 auf der Grundlage einer Projektskizze der PVK den Gegenstand der Evaluation. Sie beschloss, dass sich die Evaluation hauptsächlich damit befassten sollte, wie der Bundesrat den Vollzug des Gewässerschutzes durch die Kantone beaufsichtigt (Zweckmässigkeit der Rechtsgrundlagen, Unterstützung der Kantone durch den Bund, Nutzung der verfügbaren Aufsichtsinstrumente durch den Bund). Sie beauftragte die PVK zudem, die Schnittstellen zwischen der Grundwasserschutzpolitik und der Landwirtschaftspolitik (Zuständigkeitsbereich des Bundesamtes für Landwirtschaft [BLW]) sowie die Schnittstellen zwischen der Grundwasserschutzpolitik und der Raumplanung (Zuständigkeitsbereich des Bundesamtes für Raumplanung [ARE]) auf Bundesebene zu untersuchen.7 Die PVK wertete für ihre Evaluation zahlreiche Dokumente aus, führte rund 40 Interviews mit verschiedenen Akteuren des Dossiers und führte eine Umfrage bei den 26 kantonalen Umweltämtern durch. Zu guter Letzt gab sie ein externes Rechtsgutachten8 zur Zweckmässigkeit der Rechtsgrundlagen in diesem Bereich in Auftrag.

Im Bereich des Grundwasserschutzes liegt die Vollzugskompetenz im Wesentlichen bei den Kantonen (Art. 45 GSchG).9 Der Bund beaufsichtigt diesen Vollzug (Art. 46

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Gegenstand der PVK-Evaluation waren folglich nicht alle Massnahmen zum Schutz des Grundwassers, sondern lediglich die Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes.

Einzig im Kapitel über die Landwirtschaftspolitik wird auf gewisse Instrumente ohne direkten Bezug zum planerischen Grundwasserschutz eingegangen. Siehe Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 2.4.

Der Subkommission EDI/UVEK der GPK-N gehören die Nationalrätinnen und Nationalräte Thomas de Courten (Präsident), Angelo Barrile, Katja Christ, Alois Huber, Christian Imark, Matthias Samuel Jauslin, Priska Seiler Graf, Marianne Streiff-Feller und Michael Töngi an.

Für mehr Informationen zu den Untersuchungsfragen und zum Vorgehen der PVK, siehe Bericht der PVK vom 7. Oktober 20211, Ziff. 1.1, 2.2 und 2.3.

Thurnherr, Daniela (2021): Aufsicht des Bundes über den kantonalen Vollzug des Grundwasserschutzes. Rechtsgutachten im Auftrag der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle.

Der Vollzug umfasst insbesondere die Ausscheidung der Grundwasserschutzgebiete, die Überwachung der Einhaltung der Schutzvorgaben in diesen Gebieten sowie die Erstellung von Gewässerschutzkarten und eines Inventars der Grundwasservorkommen und der Wasserversorgungsanlagen. Siehe Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 2.1.3.

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GSchG).10 Die PVK als Stelle für die Evaluation der Tätigkeiten der Bundesverwaltung konzentrierte sich bei ihren Arbeiten auf die Aufsichtstätigkeit des Bundes und verzichtete bewusst darauf, die Vollzugstätigkeit der Kantone zu bewerten. Die GPKN wiederum befasst sich im vorliegenden Bericht punktuell mit der Rolle der Kantone.

Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-N nahm an ihrer Sitzung vom 21. Oktober 2021 Kenntnis vom Evaluationsbericht der PVK. Der vorliegende Bericht wurde auf der Grundlage des PVK-Berichts erstellt und enthält die Erwägungen der Subkommission aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht. Er wurde den betroffenen Bundesbehörden zur Konsultation unterbreitet. Die GPK-N behandelte und genehmigte den Entwurf des Schlussberichts einschliesslich der darin enthaltenen Empfehlungen und parlamentarischen Vorstösse an ihrer Sitzung vom 28. Juni 2022. Sie hat beschlossen, diesen Bericht gemeinsam mit dem PVK-Evaluationsbericht dem Bundesrat zuzustellen und diese beiden Dokumente zu veröffentlichen.

Die GPK-N beurteilt im Folgenden die wichtigsten Feststellungen der PVK und formuliert auf der Grundlage dieser Feststellungen Empfehlungen an den Bundesrat und drei parlamentarische Vorstösse. Die Erläuterungen und Kommentare der PVK werden nur so weit wiedergegeben, wie dies für das Verständnis der Beurteilungen und Schlussfolgerungen der GPK-N nötig ist. Die detaillierten Ergebnisse der Evaluation der PVK können deren Bericht entnommen werden.

2

Feststellungen und Empfehlungen

2.1

Einleitende Bemerkungen der GPK-N

Mehrere Studien aus den letzten Jahren zeigen, dass in vielen Kantonen erhebliche Defizite beim Vollzug des planerischen Grundwasserschutzes bestehen.11 Das BAFU ortet einen lückenhaften Vollzug vor allem in dreierlei Hinsicht: Erstens hätten die Kantone bisher den Zuströmbereich nur für einen Bruchteil der Fassungen definiert, für die dies erforderlich ist.12 Zweitens seien nicht um alle Fassungen von öffentlichem Interesse Grundwasserschutzzonen ausgeschieden, die den Anforderungen des

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Die Aufsicht umfasst insbesondere die Vollzugsunterstützung (Vollzugshilfen und Beratung) und die Vollzugskontrolle. Diese Aufgabe wird von der Sektion Gewässerschutz des BAFU übernommen. Siehe Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 2.1.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4. Die Feststellungen zu den Vollzugsdefiziten entstammen verschiedenen Studien, namentlich des BAFU. Die Vollzugstätigkeit der Kantone war nicht Gegenstand der PVK-Evaluation (siehe vorheriges Kapitel).

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 2.1.2, 4.3 und 4.4. Der Zuströmbereich bezeichnet das Gebiet, aus dem sich eine Grundwasserfassung hauptsächlich speist. Er soll 90 Prozent des Grundwassers abdecken, das der betreffenden Fassung zufliesst, und kann sich mehrere Quadratkilometer um eine Fassung ausdehnen. Das BAFU geht davon aus, dass wegen mangelhafter Wasserqualität insgesamt rund 60 Zuströmbereiche in rund einem Dutzend Kantone bezeichnet worden sind. Lediglich sechs Kantone haben diese in der Gewässerschutzkarte erfasst, wie es die GSchV eigentlich vorschreibt.

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Bundesrechts entsprächen.13 Drittens bestünden vielerorts auch dort, wo Grundwasserschutzzonen korrekt definiert seien, Nutzungskonflikte, d. h. die im Bundesrecht vorgegebenen Nutzungseinschränkungen würden nicht durchgesetzt.14 Und dies, obwohl die bundesrechtlichen Vorgaben grösstenteils seit dem Inkrafttreten der aktuellen Gewässerschutzverordnung von 1998 und teilweise sogar seit Anfang der 1970erJahre gelten.15 Die GPK-N erachtet es als überaus problematisch, dass das Grundwasserschutzrecht auch 50 Jahre nach dem Inkrafttreten und 25 Jahre nach seiner letzten Revision noch immer nicht systematisch angewendet wird. Auch wenn verschiedene Faktoren wie mangelnde Ressourcen der Kantone und widerstreitende Interessen (Umweltschutz, Landwirtschaft, wirtschaftliche Entwicklung usw.) diese Versäumnisse teilweise erklären mögen, so ist die GPK-N doch der Ansicht, dass die beteiligten Akteure, namentlich der Bund als Aufsichtsbehörde und die Kantone als Vollzugsbehörden, bereits seit Langem auf diesen Zustand hätten reagieren müssen. Die Vollzugsdefizite stellen nämlich nicht nur ein Problem in Sachen Umwelt- und Gesundheitsschutz dar, sondern verhindern auch eine kohärente Anwendung von anderen Parlamentsbeschlüssen, z. B. im Bereich der Reglementierung des Pestizideinsatzes.

Vor diesem Hintergrund ist es nach Ansicht der GPK-N erforderlich, dass die Instrumente, mit denen der Bund den kantonalen Vollzug des planerischen Grundwasserschutzes unterstützt und reguliert, rasch durch eine Präzisierung der Rechtsgrundlagen verstärkt werden (siehe Ziff. 2.2). Es braucht verbindliche Vollzugsfristen, eine Präzisierung der kantonalen Informationspflichten gegenüber dem Bund und Sanktionen für die Missachtung des geltenden Rechts. Ausserdem sollte die Option einer finanziellen Unterstützung des Vollzugs geprüft werden.

Die Kommission ist im Weiteren der Auffassung, dass die konkrete Aufsicht des BAFU über die Vollzugstätigkeiten der Kantone verstärkt werden muss. Das Bundesamt hat bislang einen kooperativen Ansatz bevorzugt und sich angesichts der Vollzugsprobleme sehr zurückhaltend gezeigt (siehe Ziff. 2.3.1), namentlich aufgrund der begrenzten Reichweite der verfügbaren Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten. Die GPK-N ist angesichts der Vollzugsdefizite der Meinung, dass ein neuer Ansatz
unabdingbar ist und das Bundesamt eine engere Aufsicht ausüben muss.

Zu diesem Zweck braucht es eine Präzisierung der Vollzugshilfen, eine enge Kontrolle des Vollzugs und ein systematisches Eingreifen bei Mängeln (siehe Ziff. 2.3).

Auf gesetzgeberischer Ebene wurde 2021 mit der Annahme der Motion Zanetti 20.362516 ein erster Schritt in die richtige Richtung gemacht. Diese Motion verlangt unter anderem, die Kantone per Gesetz zu verpflichten, bis 2035 die Zuströmbereiche 13

14 15 16

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 2.1.2, 4.3 und 4.4. Im näheren Umkreis von Grundwasserfassungen von öffentlichem Interesse müssen Grundwasserschutzzonen ausgeschieden werden. Die Schutzzone ist in drei konzentrische Zonen unterteilt mit Nutzungseinschränkungen, die mit zunehmender Nähe zur Fassung strenger werden.

Schweizweit werden schätzungsweise 12 Prozent der Bevölkerung durch Trinkwasserfassungen versorgt, deren Schutzzonen unzulänglich sind.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.3 Das erste GSchG stammt von 1971, die erste GSchV von 1972.

Mo. Zanetti Roberto «Wirksamer Trinkwasserschutz durch Bestimmung der Zuströmbereiche» vom 16. Juni 2020 (20.3625). Eine abgeänderte Fassung dieser Motion wurde von den eidgenössischen Räten angenommen (Punkt 5 wurde gestrichen, Punkt 2 ergänzt).

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für die Grundwasserfassungen zu bestimmen, und dafür allenfalls auch finanzielle Unterstützung durch den Bund vorzusehen. Diese Motion behandelt allerdings nur ein spezifisches Element des Grundwasserschutzes, nämlich die Bestimmung der Zuströmbereiche17. Vollzugsdefizite bestehen aber auch in anderen Bereichen wie bei der Ausscheidung der Gewässerschutzbereiche und der Grundwasserschutzzonen oder beim Umgang mit Nutzungskonflikten. In den Augen der GPK-N bedarf es für einen wirksamen Grundwasserschutz einer umfassenden Verschärfung des einschlägigen Rechts und der Aufsicht. Die entsprechenden Empfehlungen der Kommission finden sich in den Kapiteln 2.2 und 2.3.

2.2

Rechtsgrundlagen

2.2.1

Vollzugsaufgaben der Kantone

Die PVK kommt auf der Grundlage des von ihr in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens zum Schluss, dass das Bundesrecht den Inhalt und den Umfang der kantonalen Vollzugsaufgaben im planerischen Grundwasserschutz klar und hinreichend präzise festlegt. Die kantonalen Umweltämter teilen diese Einschätzung.18 Diese präzise Festlegung wird von der GPK-N begrüsst.

Die PVK stellt jedoch fest, dass bezüglich der beiden folgenden unbestimmten Rechtsbegriffe Klärungsbedarf besteht: ­

Zum einen der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinne von Artikel 20 GSchG. Weder im Gesetz noch in der Verordnung ist festgelegt, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine Grundwasserfassung von öffentlichem Interesse ist und somit Schutzzonen ausgeschieden werden müssen. In der Vollzugshilfe wurde dieser Begriff vom BAFU zwar klar definiert, aufgrund der fehlenden Rechtsverbindlichkeit dieser Definition bleibt die Praxis der Kantone jedoch uneinheitlich.19

­

Zum anderen der Begriff der wichtigen Gründe, basierend auf welchen die Kantone eine Ausnahmebewilligung für Bauten in bestimmten Schutzzonen sowie in Grundwasserschutzarealen erteilen können.20

Bei einer Umfrage des BAFU im Jahr 2018 wünschte eine Mehrheit der Kantone eine Klärung dieser beiden Begriffe, welche bislang allerdings nicht erfolgt ist. Die GPK-N erachtet es als wichtig, dass diese zwei unbestimmten Rechtsbegriffe im Grundwasserschutzrecht präzisiert werden und dass das BAFU künftig auf eine einheitliche Auslegung achtet. Die Kommission ersucht den Bundesrat zudem, zu prüfen, ob es im GSchG und in der GSchV andere unbestimmte Rechtsbegriffe gibt, die der Präzisierung bedürfen.

17 18 19 20

Zur Bestimmung der Zuströmbereiche siehe Fussnote 12 und den Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 2.1.2.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.1. Die Vorgaben, denen es an Präzision fehlt, sind jene in Anhang 4 Ziff. 221 Abs. 1 Bst. b und Ziff. 222 Abs. 1 Bst. a GSchV.

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Empfehlung 1 ­ Unbestimmte Rechtsbegriffe im Grundwasserschutzrecht Die GPK-N ersucht den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass die unbestimmten Rechtsbegriffe «im öffentlichen Interesse liegende Grundwasserfassungen» und «wichtige Gründe», basierend auf welchen ausnahmsweise Bauten in Schutzzonen bewilligt werden dürfen, im Grundwasserschutzrecht (GSchG und GSchV) rasch präzisiert werden und dass das BAFU auf eine einheitliche Auslegung achtet.

Der Bundesrat wird zudem ersucht, zu prüfen, ob es im Grundwasserschutzrecht andere unbestimmte Rechtsbegriffe gibt, die der Präzisierung bedürfen.

Ein weiterer Mangel, der derzeit besteht, ist das Fehlen einer gesetzlichen Frist für den Vollzug der Grundwasserschutzmassnahmen durch die Kantone. Die Mehrheit der kantonalen Umweltämter erklärte gegenüber der PVK, dass nicht klar ist, bis wann die Kantone die Vorgaben des Bundes in diesem Bereich umzusetzen haben. Im von der PVK in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten wird darauf hingewiesen, dass das Fehlen von Fristen sowohl den Vollzug durch die Kantone (bei denen Unklarheit über die Erwartungen des Bundes besteht) als auch die Aufsicht und Intervention des BAFU (welches nicht weiss, ab wann es im Fall von Vollzugsdefiziten aktiv werden kann und soll) erschwert.21 Auch wenn das Fehlen von Fristen den Bund nicht daran hindern sollte, seine Aufsichtsfunktion aktiv wahrzunehmen, teilt die GPK-N die im Rechtsgutachten formulierte Ansicht, dass die Festlegung eines verbindlichen Erfüllungszeitpunkts ein probates Mittel zur Beschleunigung der kantonalen Umsetzung wäre, vor allem wenn Sanktionen für Fristüberschreitungen vorgesehen würden (siehe Ziff. 2.2.2).22 Angesichts der Tatsache, dass die Bestimmungen des GSchG und der GSchV seit rund 25 Jahren in Kraft sind, erachtet die GPK-N das Argument der kantonalen Umweltämter, wonach die Vollzugsfristen unklar seien, als hinfällig. Aufgrund der ungenügenden Umsetzung der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen ist die Kommission der Ansicht, dass die Festlegung einer verbindlichen gesetzlichen Frist nunmehr unumgänglich ist. Eine solche Massnahme gäbe dem BAFU eine konkrete Grundlage dafür, in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde gegenüber den Kantonen tätig zu werden. Unverbindliche Fristen in den Vollzugshilfen des BAFU reichen angesichts der bestehenden Vollzugsdefizite
nicht mehr aus.

Das Parlament beschloss mit der Annahme der Motion Zanetti 20.3625 (siehe Ziff. 2.1), den Kantonen im einschlägigen Recht eine Frist (2035) für die Ausscheidung der Zuströmbereiche für die Grundwasserfassungen zu setzen. Im Übrigen startete der Bundesrat im April 2022 eine Vernehmlassung zum Vorhaben, die GSchV so zu ändern, dass die Kantone gezwungen werden, in den kommenden zehn Jahren alle auf ihrem Gebiet befindlichen Grundwasserschutzzonen und -areale, die weder ausgeschieden noch in den Richt- oder Nutzungsplänen berücksichtigt sind, auszuscheiden. Die Kantone haben dem Bundesrat bis spätestens Ende 2024 einen Bericht zu 21 22

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.1.

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diesem Thema vorzulegen.23 Die Vernehmlassung endet am 10. August 2022. Das BAFU schreibt in seinem erläuternden Bericht, dass im Gewässerschutzrecht «griffige Bestimmungen fehlen, die es dem Bund erlauben, die Sicherung der Grundwasserschutzzonen und -areale schweizweit und gezielt einzufordern», und dass der Vollzug der Bestimmungen «gestärkt und beschleunigt» werden muss.24 Die GPK-S begrüsst diese Fortschritte, ist aber der Ansicht, dass für die Umsetzung aller rechtlich vorgesehenen Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes25 generell verbindliche Fristen gesetzt werden sollten. Dies betrifft nicht nur die Zuströmbereiche oder die Grundwasserschutzzonen und -areale, sondern auch die Ausscheidung der Gewässerschutzbereiche (Art. 19 GSchG, Art. 29 und Anhang 4 Ziff. 11 GSchV), sowie die Erstellung der Gewässerschutzkarten (Art. 30 GSchV).

Angesichts der Vollzugsdefizite und der Bedeutung eines effizienten und kohärenten Gewässerschutzes erachtet es die Kommission als notwendig, dass für alle einschlägigen Instrumente solche Fristen gesetzt werden, und zwar im Gesetz und nicht in der Verordnung.

Motion 1 ­ Fristen für die Umsetzung der Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes Der Bundesrat wird beauftragt, im Gewässerschutzrecht verbindliche Fristen für die Umsetzung aller rechtlich vorgesehener Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes durch die Kantone (Art. 19 bis 21 GSchG, Art. 29 und 30 sowie Anhang 4 GSchV) zu setzen.

Solche Fristen sollten namentlich für die Ausscheidung der Gewässerschutzbereiche, der Grundwasserschutzzonen und der Grundwasserschutzareale sowie für die Erstellung der Gewässerschutzkarten gesetzt werden.

2.2.2

Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes

Die PVK kommt auf der Grundlage des von ihr in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens zum Schluss, dass klar ist, welche Aufsichts- und Interventionsmöglichkeiten dem Bund im Bereich des Grundwasserschutzes zur Verfügung stehen.26 Die meisten dieser Aufsichtsrechte ergeben sich jedoch aus der allgemeinen verfassungsmässigen Aufsichtskompetenz des Bundes über den Vollzug des Bundesrechts.27 So kann der Bund von den Kantonen Informationen über den Vollzugsstand verlangen, mit Fristen verbundene Massnahmen anordnen und ­ wenn ein Kanton seinen Verpflichtungen 23

24 25 26 27

Bundesrat startet Vernehmlassung zur revidierten Gewässerschutzverordnung, Medienmitteilung des Bundesrates vom 13. April 2022; Erläuternder Bericht des BAFU vom 13. April 2022 zur Änderung der Gewässerschutzverordnung.

Erläuternder Bericht des BAFU vom 13. April 2022 zur Änderung der Gewässerschutzverordnung, S.4.

Art. 19 bis 21 GSchG, Art. 29 und 30 sowie Anhang 4 GSchV.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.2.

Art. 49 Abs. 2 und Art. 186 Abs. 4 BV.

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nicht nachkommt ­ zur Ersatzvornahme greifen, d. h. eine vom Kanton nicht oder mangelhaft erledigte Handlung selbst oder durch einen beauftragten Dritten auf Kosten des säumigen Kantons vornehmen.28 Im GSchG wiederum wird kaum präzisiert, mit welchen Instrumenten der Bund seine Aufsicht im planerischen Grundwasserschutz konkret wahrnehmen kann und soll. Die PVK nennt zwei Hauptinstrumente: erstens das Recht des Bundes, gegen Verfügungen der Kantone im Bereich des Gewässerschutzrechts Rechtsmittel zu ergreifen (sogenannte Behördenbeschwerde), und zweitens die Pflicht der Kantone, über den Vollzug Bericht zu erstatten (Gewässerschutzkarte, Wasserversorgungsatlas usw.)29 Das Gesetz sieht hingegen weder vor, dass die kantonalen Umsetzungsentscheide der Genehmigung des Bundes bedürfen, noch dass der Bund die Umsetzung des planerischen Gewässerschutzes subventioniert, weswegen der Bund auch keinen finanziellen Druck ausüben kann. Er verfügt auch über keine anderen rechtlichen Sanktionsmöglichkeiten bei mangelhaftem Vollzug.30 Die PVK kommt in ihrer Evaluation zum Schluss, dass die Palette an Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten, die dem Bund im Bereich des Grundwasserschutzes zur Verfügung stehen, weniger umfangreich ist als in anderen Bereichen31 und die begrenzte Reichweite der verfügbaren Instrumente eine wirksame Aufsicht erschwert.32 Die Bilanz der GPK-N über die Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes in diesem Bereich fällt deshalb durchzogen aus. Aus der Evaluation und dem Rechtsgutachten geht hervor, dass die bestehenden Rechtsgrundlagen zwar unbestritten sind und es dem Bund aus rein rechtlicher Sicht ermöglichen sollten, seiner Aufsichtsfunktion nachzukommen und bei Versäumnissen einzugreifen. Es kann jedoch bezweifelt werden, ob die verfügbaren Instrumente dem Bund tatsächlich ein wirksames Eingreifen bei Vollzugsdefiziten erlauben. Im Rechtsgutachten wird insbesondere die Frage hinsichtlich der Praktikabilität der Instrumente der Ersatzvornahme und der Behördenbeschwerde aufgeworfen, die beide auch von den betroffenen Akteuren als kaum anwendbar angesehen werden.33 Für die GPK-N ist es unerlässlich, dass die Rechtsgrundlagen für die Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes im Bereich des Grundwasserschutzes in dreierlei Hinsicht präzisiert und verstärkt werden: ­

28 29 30 31 32 33 34

Zunächst einmal zeigt die PVK-Evaluation, dass die rechtlichen Vorgaben betreffend die Informationspflicht der Kantone gegenüber dem Bund rudimentär sind. Das BAFU ist deshalb gezwungen, die Modalitäten der kantonalen Berichterstattung selbst festzulegen. Das Fehlen klarer Rechtsgrundlagen in diesem Bereich schwächt die Position des Bundesamtes im Aufsichtsverhältnis zu den Kantonen.34 Nach Ansicht der GPK-N braucht es präzise rechtliche Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.2.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.2.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.2.

Z. B. im Bereich der Gewässerrevitalisierung oder der Sicherung der Restwassermengen.

Siehe Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 7.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.3 und 7.1.

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Vorgaben dafür, wie die Kantone den Bund über den Vollzug der Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes zu informieren haben (namentlich Form, Inhalt, Rhythmus der Berichterstattung; siehe hierzu auch Ziff. 2.3.3). Eine erste Verbesserung schlägt der Bundesrat mit dem Entwurf zur Revision der GSchV vor, den er im April 2022 in die Vernehmlassung geschickt hat: Gemäss diesem sollen die Kantone dem BAFU bis spätestens Ende 2024 einen Bericht über die auf ihrem Gebiet noch nicht ausgeschiedenen oder in der Richt- und Nutzungsplanung noch nicht berücksichtigten Grundwasserschutzzonen und -areale sowie über die noch zu treffenden Schutzmassnahmen einreichen (siehe hierzu auch Kap. 2.2.1).35

35 36 37

38

­

In der Evaluation wird hervorgehoben, dass es nicht nur an verbindlichen Vollzugsfristen fehlt (siehe Ziff. 2.2.1), sondern auch an Interventions- und Sanktionsmöglichkeiten gegenüber denjenigen Kantonen, die das Bundesrecht nicht vollziehen. Dies ist unter anderem auf das Fehlen von Bundessubventionen für den planerischen Grundwasserschutz zurückzuführen, wodurch auch die Möglichkeit fehlt, diese Mittel bei Vollzugsdefiziten zu kürzen oder zu streichen. Mehrere von der PVK befragte Personen sehen in den fehlenden Sanktionsmöglichkeiten ein wesentliches Hindernis für eine wirksame Aufsicht durch den Bund.36 Die GPK-N erachten es als notwendig, dass der Bundesrat bestimmt, welche Interventions- oder Sanktionsmöglichkeiten ­ finanzieller oder anderer Natur ­ gegenüber denjenigen Kantonen ergriffen werden können, die ihren Vollzugsaufgaben nicht nachkommen, und dass er diese in den Rechtsgrundlagen präzisiert.37

­

Im Zusammenhang mit dem vorherigen Punkt und angesichts der erheblichen Verzögerungen beim Vollzug sollten der Bundesrat und das Parlament aus Sicht der GPK-N prüfen, ob, ob es nicht zweckmässig wäre, den Vollzug der Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes gezielt mit finanziellen Beiträgen des Bundes zu unterstützen. Ein solches Vorgehen war in der Vergangenheit schon erfolgreich, z. B. bei der Gewässerrevitalisierung, und wurde auch von den eidgenössischen Räten mit der Annahme der Motion Zanetti 20.3625 betreffend die Ausscheidung der Zuströmbereiche unterstützt38 (siehe Ziff. 2.1). Bundesbeiträge lassen sich in den Augen der GPK-N damit rechtfertigen, dass eine rasche Umsetzung der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen von grosser Bedeutung für den Schutz der Umwelt und der öffent-

Erläuternder Bericht des BAFU vom 13. April 2022 zur Änderung der Gewässerschutzverordnung.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.3.

Die GPK-N ist ausserdem der Auffassung, dass es ein klares Interventionsverfahren für den Fall von Vollzugsproblemen braucht, das festlegt, welche Interventions- und Sanktionsmassnahmen der Bund ergreifen kann und soll (siehe Ziff. 2.3.2 und Empfehlung 2).

Gemäss Beschluss der eidgenössischen Räte werden in diesem Fall 40 Prozent des anrechenbaren Aufwandes für die Bestimmung der Zuströmbereiche vom Bund subventioniert, sofern die Arbeiten nach dem 1. Januar 2020 begonnen wurden und bis 31. Dezember 2030 abgeschlossen sind.

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lichen Gesundheit ist. Mit solchen Beiträgen könnte auch dem Ressourcenmangel der Kantone entgegengewirkt werden.39 Gleichzeitig erhielte der Bund ein konkretes Sanktionsmittel im Fall von Vollzugsdefiziten (siehe oben).

Motion 2 ­ Klärung und Stärkung der Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes im Bereich des Grundwasserschutzes Der Bundesrat wird beauftragt, im Gewässerschutzrecht (GSchG und GSchV) die Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes betreffend den Vollzug der Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes durch die Kantone zu klären und zu stärken.

Er wird insbesondere ersucht, folgende Massnahmen zu prüfen: ­

Präzisierung der Regeln betreffend die Pflicht der Kantone, dem Bund über den Vollzug Bericht zu erstatten (namentlich Form, Inhalt und Rhythmus der Berichterstattung);

­

Einführung von finanziellen Beiträgen des Bundes zur gezielten Förderung des Vollzugs durch die Kantone;

­

Festlegung der Interventions- und Sanktionsmassnahmen, welche bei Vollzugsdefiziten der Kantone gegenüber diesen ergriffen werden können.

2.3

Aufsichtspraxis des Bundes

2.3.1

Allgemeine Erwägungen der GPK-N

Die Evaluation der PVK zeigt, dass alle betroffenen Akteure die Zusammenarbeit zwischen dem BAFU und den kantonalen Gewässerschutzfachstellen positiv bewerten.40 Die Vollzugsstellen erleben die Wege zum BAFU als «kurz und einfach». Auch die Reaktionszeit des BAFU bei Fragen zum Vollzug sowie die fachliche Qualität und Klarheit der Auskünfte werden in der Regel positiv bewertet.41 Das BAFU pflegt einen regelmässigen Austausch mit den zuständigen kantonalen Behörden. Dieser wurde in den letzten Jahren deutlich stärker institutionalisiert, namentlich durch die Schaffung der «Arbeitsgruppe Grundwasser», in der sich BAFU-Vertretende mit kantonalen Fachstellenleitenden austauschen. Das BAFU nimmt auch an bestimmten Erfahrungsaustauschtreffen der kantonalen Grundwasserschutzfachleute teil.42 Es investiert in diesen Austausch mehr personelle Ressourcen als noch vor einigen Jahren.

Diese Bemühungen werden in den Kantonen wahrgenommen und geschätzt, teilweise 39

40 41 42

Verschiedene befragte Personen nannten gegenüber der PVK einen Ressourcenmangel in den Kantonen als Grund für Vollzugsschwierigkeiten im planerischen Grundwasserschutz (siehe Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 3.3).

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.2.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.2.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.2.

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wird der Austausch im Bereich des planerischen Grundwasserschutzes sogar als «vorbildlich» bezeichnet.43 Die GPK-N begrüsst diese positive Bilanz. Sie hält es für wichtig, dass das Vertrauensverhältnis zwischen dem BAFU und den zuständigen Kantonsstellen gepflegt und weiter vertieft wird.

Diese positive Einschätzung steht allerdings im Widerspruch zu den bestehenden Vollzugsdefiziten (siehe Ziff. 2.1). Die PVK kommt in diesem Zusammenhang zum Schluss, dass das BAFU seine Aufsichtsmöglichkeiten sehr zurückhaltend nutzt.44 Aus der Evaluation geht hervor, dass das Amt nicht aktiv wird, wenn es feststellt, dass die für einen Kanton verfügbaren Daten keine zuverlässige Einschätzung des Vollzugsstands zulassen. Obwohl das Amt seit 2008 wiederholt zur Einschätzung gelangt ist, dass beim Vollzug des planerischen Grundwasserschutzes in vielen Kantonen erhebliche Defizite bestehen, hatte dies bisher zumeist allenfalls allgemein gehaltene Appelle an die Gesamtheit der Kantone und informelle Hinweise zur Folge und nur selten konkrete Massnahmen an säumige Kantone.45 Dieses Vorgehen steht in Kontrast zur eindeutig kritischen Einschätzung des BAFU zum Vollzugsstand.46 Die GPK-N ist der Ansicht, dass eine solche Zurückhaltung nicht geeignet ist, um die Aufsichtsfunktionen zu erfüllen und damit letztlich das Erreichen des gesetzlichen Ziels ­ den Grundwasserschutz ­ gefährdet. Natürlich erschweren die offen gehaltenen Rechtsgrundlagen und die fehlenden Vollzugsfristen (siehe Ziff. 2.2.1), das Fehlen von klaren Aufsichtsinstrumenten und Sanktionsmöglichkeiten (siehe Ziff. 2.2.2) sowie die begrenzten Personalressourcen (siehe Ziff. 2.3.5) dem BAFU die Ausübung einer wirksames Aufsicht.47 Dennoch zeigt die PVK-Evaluation auch, dass das BAFU sogar die wenigen ihm bereits zur Verfügung stehenden Instrumente nicht nutzt, was in den Augen der Kommission kaum nachzuvollziehen ist. Die Tatsache, dass 15 Umweltämter erklärten, es habe bei ihnen trotz Vollzugsdefiziten im planerischen Grundwasserschutz keine Intervention des BAFU gegeben,48 zeigt in den Augen der GPKN, dass sich das Bundesamt zu sehr in Zurückhaltung übt.

Einige Mitarbeitende des BAFU teilten der PVK mit, dass sie befürchten, verstärkte Interventionen könnten das Vertrauensverhältnis mit den Kantonen ­ auf welches man angewiesen sei ­ gefährden.49 Die
GPK-N teilt die Ansicht, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Aufsichtsbehörde und Vollzugsbehörden wichtig für einen wirksamen Rechtsvollzug ist und gepflegt werden muss. In ihren Augen ist die Argumentation des Bundesamtes aber nicht völlig überzeugend. Der Entscheid zugunsten einer vertrauensbasierten Zusammenarbeit darf den Bund nicht daran hindern, entschlossen einzugreifen, wenn Vollzugsdefizite festgestellt werden. Letztlich geht es hier auch um die Glaubwürdigkeit der Aufsichtsbehörde, die den Auftrag hat, den korrekten Rechtsvollzug und das Erreichen der seit langem festgelegten rechtlichen Ziele sicherzustellen. Die Mitarbeitenden des BAFU selbst erachten es als wünschenswert,

43 44 45 46 47 48 49

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.2.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 7.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4 und 7.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4 und 7.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4.

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dass in Ergänzung zur Vollzugsunterstützung stärker interveniert wird.50 Und sogar bei den kantonalen Behörden gibt es Stimmen, die sich von einer Bundesaufsicht, welche die Kantone stärker als bisher in die Pflicht nimmt, eine förderliche Wirkung für den Vollzug versprechen.51 Vor diesem Hintergrund kommt die GPK-N zum Schluss, dass die Aufsicht des BAFU über die Vollzugsbehörden durch Massnahmen auf mehreren Ebenen verstärkt werden muss: Entwicklung einer allgemeinen Aufsichts- und Interventionsstrategie (Ziff. 2.3.2), Verbesserung des Monitorings über den Vollzugsstand (Ziff. 2.3.3), Aktualisierung der Vollzugshilfen (Ziff. 2.3.4) und Überlegungen über die Ressourcen des Bundeamtes (Ziff. 2.3.5).

2.3.2

Aufsichts- und Interventionsstrategie

Aus der Evaluation der PVK geht hervor, dass das BAFU im Bereich des planerischen Grundwasserschutzes über keine schriftliche Strategie verfügt, in der die Modalitäten der der Vollzugsaufsicht (z. B. welches Kontaktgefäss für die Aufsichtswahrnehmung im planerischen Grundwasserschutz welche Rolle spielt, welches Instrument in welcher Situation zum Einsatz kommen soll oder in welcher Kadenz Umfragen bei den Kantonen zum Stand des Vollzugs durchgeführt werden sollen) definiert sind.52 Die PVK hält aber fest, dass die BAFU-Mitarbeitenden dennoch ein kohärentes Aufsichtsverständnis zu haben scheinen und die entsprechende Aufsicht vom Bundesamt ­ unter Berücksichtigung der kantonalen Besonderheiten ­ einheitlich umgesetzt wird. Zu dieser Einschätzung gelangen auch nahezu alle zuständigen Kantonsämter.53 Die GPK-N nimmt erfreut zur Kenntnis, dass das BAFU die Vollzugstätigkeit der Kantone in der Praxis einheitlich beaufsichtigt und keine Ungleichbehandlungen festzustellen sind. Allerdings birgt das Fehlen einer expliziten Aufsichtsstrategie die Gefahr, dass sich bei den Mitarbeitenden unklare oder unterschiedliche Aufsichtsverständnisse entwickeln oder die Aufsicht uneinheitlich ausgeübt wird.54 Wie bereits erwähnt, ist die aktuelle Interventionspraxis des Bundesamtes bei Vollzugsdefiziten unbefriedigend (siehe Ziff. 2.3.1).

Angesichts der erheblichen Vollzugsdefizite und der Nichterreichung der gesetzlichen Ziele in Sachen Grundwasserschutz ist es nach Ansicht der Kommission notwendig, dass der Bund ­ auf der Grundlage des einschlägigen Rechts ­ eine allgemeine Aufsichts- und Interventionsstrategie für den planerischen Grundwasserschutz definiert, die insbesondere folgende Aspekte behandelt: ­

50 51 52 53 54

Modalitäten des Monitorings über den Vollzugsstand: In der Strategie sollten die Rolle der verschiedenen Plattformen für die Zusammenarbeit zwischen dem BAFU und den Kantonen sowie die Pflichten der Kantone in Bezug auf

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.5.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.5.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.5.

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die Information über den Vollzugsstand (Form, Inhalt und Rhythmus der Berichterstattung)55 präzisiert werden. Ausserdem sollte der Rahmen für die Umfragen der Kantone abgesteckt werden. Die GPK-N ist im Übrigen der Ansicht, dass die Praxis des BAFU in Sachen Monitoring über den Vollzugsstand in mehrerlei Hinsicht verbessert werden muss (siehe Ziff. 2.3.3).

­

Ermittlung der Vollzugsdefizite: In der Strategie sollte ein klares Verfahren mit einer Liste von Indikatoren definiert werden, anhand von dem das BAFU bestimmen kann, ob ­ und wenn ja, in welchem Masse ­ in einem Kanton Vollzugsprobleme bestehen.

­

Intervention bei Vollzugsdefiziten: Das BAFU wird ersucht, ein Interventionsverfahren in seine Strategie aufzunehmen, das bei Vollzugsdefiziten der Kantone angewendet wird. Das Bundesamt wird in diesem Zusammenhang aufgefordert, eindeutig festzulegen, in welcher Situation der Bund welche Interventions- oder Sanktionsmassnahme gegen die Kantone, die ihre gesetzlichen Pflichten nicht erfüllen, ergreifen kann oder muss.56

Das Bundesamt hat in den letzten Jahren erste Schritte in diese Richtung unternommen, was von der GPK-N begrüsst wird. So hat das BAFU in einem internen Arbeitspapier vom Januar 2021 in groben Zügen skizziert, welches Vorgehen das Amt bei Vollzugsdefiziten in Grundwasserschutzzonen künftig wählen könnte.57 Die Erarbeitung einer allgemeinen Strategie ist in den Augen der GPK-N besonders wichtig, um die Transparenz der Aufsicht und die Gleichbehandlung der Kantone sicherzustellen. Grundsätzlich ist der bislang durchaus erfolgreiche kooperative Ansatz weiterzuverfolgen. Die neu definierte Strategie soll jedoch die Grundlage dafür bilden, diesen Ansatz mit Elementen einer engeren Steuerung zu kombinieren.

Die Kommission erwartet vom Bundesrat, dass er spätestens bis Mitte 2023 eine solche Aufsichts- und Interventionsstrategie definiert. Der Bundesrat wird im Weiteren ersucht, diese Strategie mit klaren Zielen und einer Umsetzungsplanung zu versehen.

55 56

57

Die Regeln betreffend die Informationspflicht der Kantone sind auch im einschlägigen Recht zu präzisieren, siehe Ziff. 2.2.2 und Motion 2.

Im PVK-Bericht werden in diesem Zusammenhang verschiedene Instrumente genannt: Vereinbarung einer Roadmap mit Fristen, Pflicht zur Berichterstattung an den Bund über Vollzugsfortschritte und Gründe für fortbestehende Lücken, schriftliche Mahnungen usw. (Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4, S. 29). Die GPK-N ist zudem der Ansicht, dass die Interventions- und Sanktionsmassnahmen im einschlägigen Recht präzisiert werden müssen (siehe Ziff. 2.2.2 und Motion 2).

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4.

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Empfehlung 2 ­ Aufsichts- und Interventionsstrategie des Bundes im Bereich des Grundwasserschutzes Die GPK-N ersucht den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass spätestens bis Mitte 2023 eine allgemeine Aufsichts- und Interventionsstrategie für den Bereich des planerischen Grundwasserschutzes definiert wird.

In dieser Strategie sind insbesondere folgende Punkte zu regeln: Modalitäten des Monitorings über den Vollzugsstand, Verfahren zur Ermittlung von Vollzugsdefiziten, Verfahren zur Intervention bei Vollzugsdefiziten (inklusive einer Liste von möglichen Interventions- und Sanktionsmassnahmen).

Der Bundesrat wird ersucht, diese Strategie mit klaren Zielen und einer Umsetzungsplanung zu versehen.

2.3.3

Monitoring über den Vollzugsstand durch das Bundesamt für Umwelt

Das BAFU stützt sich im Wesentlichen auf drei Instrumente, um den Stand des Vollzugs im planerischen Grundwasserschutz zu beobachten: die Gewässerschutzkarten der Kantone, Umfragen bei den Kantonen zum Vollzugsstand und der Austausch des BAFU mit den Kantonen (bilateral oder in interkantonalen Austauschgremien).58 Die PVK weist darauf hin, dass das BAFU seine Monitoringtätigkeit in den letzten Jahren in verschiedener Hinsicht optimiert und weitere Verbesserungen eingeleitet hat. So hat das Bundesamt z. B. die Erfassung und Darstellung der verschiedenen Schutzgebiete in der Gewässerschutzkarte harmonisiert, Fortschritte bei der Informationserhebung durch Umfragen erzielt, den Austausch mit den kantonalen Fachstellen intensiviert und Faktenblätter für jeden Kanton erstellt, die insbesondere einen raschen Überblick über Verzögerungen beim Vollzug verschaffen.59 Die GPK-N begrüsst diese Massnahmen, die zu einem wirksameren und kohärenteren Monitoring über den Vollzugsstand beitragen, ausdrücklich.

Die PVK-Evaluation zeigt aber auch, dass das BAFU aktuell nach wie vor nicht über vollständige Informationen zum Grundwasserschutz in den Kantonen verfügt. Informationen fehlen namentlich zu zwei zentralen Elementen: ­

58 59 60

Ausscheidung der Zuströmbereiche: Das BAFU hat kein Verfahren definiert, nach dem die Kantone zu prüfen haben, in welchen Fällen gemäss GSchV aus Verunreinigungsgefahr Zuströmbereiche ausgeschieden werden müssen60 ­ und dies, obwohl die entsprechende Pflicht seit 1998 in der Verordnung festgeschrieben ist. Das Bundesamt weiss folglich nicht, wo bzw. für wie viele Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.3.

Gemäss Art. 29 Abs. 1 Bst. c und d GSchV sind um Grundwasserfassungen von öffentlichem Interesse Zuströmbereiche auszuscheiden, wenn «das Wasser durch Stoffe verunreinigt ist, die nicht genügend abgebaut oder zurückgehalten werden, oder wenn die konkrete Gefahr einer Verunreinigung durch solche Stoffe besteht» oder «wenn das Wasser durch abgeschwemmte Pflanzenschutzmittel oder Nährstoffe verunreinigt ist».

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der landesweit etwa 18 000 Grundwasserfassungen von öffentlichem Interesse ein Zuströmbereich auszuscheiden ist. Gemäss Schätzungen des BAFU sind rund 2800 Fassungen betroffen. Das Bundesamt geht davon aus, dass wegen mangelhafter Wasserqualität insgesamt rund 60 Zuströmbereiche in rund einem Dutzend Kantone bezeichnet worden sind. Lediglich sechs Kantone haben diese in der Gewässerschutzkarte erfasst, wie es die GSchV vorschreibt.61 Dies ist nach Ansicht der GPK-N nicht akzeptabel.

­

Nutzungskonflikte: Das BAFU hat nur wenige Informationen über nicht rechtskonforme Aktivitäten in ausgeschiedenen Grundwasserschutzzonen.

Studien lassen allerdings vermuten, dass Nutzungskonflikte weit verbreitet sind. Zuverlässige Angaben zur Anzahl und Lage der betroffenen Schutzzonen, zu deren Bedeutung für die Trinkwasserversorgung und zu den Gründen für die Nutzungskonflikte fehlen bisher aber62, was die GPK-N als überaus problematisch erachtet.

Das BAFU hat demnach nur einen unvollständigen Überblick über den Vollzugsstand und kann seine Aufsicht folglich nicht angemessen ausüben.63 Die Vertreterinnen und Vertreter des Bundesamtes selbst sind der Ansicht, dass es in manchen Bereichen wie den Nutzungskonflikten ein systematischeres Monitoring braucht, bevor die Vollzugsdefizite gezielt mit den Kantonen nachgegangen werden können.64 Die GPK-N ist der Auffassung, dass bei der Monitoringtätigkeit des BAFU zusätzliche Verbesserungen erforderlich sind, damit das Bundesamt tatsächlich in der Lage ist, den Vollzugsstand in den Kantonen verlässlich einzuschätzen. Diese Auffassung wird vom BAFU sowie von einem Teil der kantonalen Umweltämter und anderen Vollzugsakteuren geteilt.65 Die GPK-N spricht sich insbesondere für folgende Massnahmen aus:

61 62 63 64 65 66 67

­

Das BAFU sollte systematisch Kontakt mit den Kantonen aufnehmen, wenn die gelieferten Daten keine zuverlässige Einschätzung des Vollzugsstands ermöglichen oder wenn ein Kanton eine Umfrage mit Schätzungen beantwortet.

Ausserdem sollten die Kantone aufgefordert werden, Massnahmen zur Beseitigung der Mängel zu ergreifen. Derzeit greift das Bundesamt in solchen Fällen nicht ein.66

­

Das BAFU sollte dafür sorgen, dass die bei den Kantonen erhobenen Daten eine Analyse der Entwicklung über die Zeit ermöglichen. Die bisherigen Umfragen enthielten keine gleichbleibenden Fragen, die eine solche Analyse zulassen würden, und die Geodaten der Gewässerschutzkarte werden nicht zu diesem Zweck ausgewertet.67

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 7.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.3.

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­

Das BAFU sollte ein klares Verfahren festlegen, nach dem bestimmt werden kann, für welche Grundwasserfassungen die Pflicht zur Ausscheidung von Zuströmbereichen gemäss GSchV greift, und sicherstellen, dass dieses Verfahren von den Kantonen eingehalten wird. Die Kommission geht allerdings davon aus, dass die Definition eines solchen Verfahrens bereits Teil der Umsetzung der Motion Zanetti 20.3625 (siehe Ziff. 2.1) sein dürfte, weshalb sie auf eine entsprechende Empfehlung verzichtet.

­

Das BAFU sollte zudem ein klares Verfahren für die Ermittlung der Nutzungskonflikte in den bereits bzw. in Zukunft ausgeschiedenen Grundwasserschutzgebieten und für deren Meldung an das Bundesamt festlegen und sicherstellen, dass dieses Verfahren von den Kantonen eingehalten wird.

­

Darüber hinaus wäre es wünschenswert, dass das BAFU an allen Regionaltreffen teilnehmen kann, die von den kantonalen Umweltämtern zum Thema des Grundwasserschutzes organisiert werden. Derzeit nimmt das Bundesamt an den Erfahrungsaustauschtreffen der Gewässerschutzfachstellen der Nordwestschweizer, der Ostschweizer und der Westschweizer Kantone teil, nicht jedoch an den Treffen der Zentralschweizer Kantone, da diese bisher von einer Einladung des BAFU abgesehen haben.68 Die GPK-N ersucht den Bundesrat, generell sicherzustellen, dass das UVEK den Grundwasserschutz regelmässig auf politischer Ebene mit den Kantonsregierungen thematisiert. Ein solcher Dialog ist insbesondere angesichts der erheblichen Vollzugsdefizite gerechtfertigt. Die Kommission ersucht das UVEK, unter Nutzung dieser Kontakte darauf hinzuwirken, dass das BAFU systematischer an den Regionaltreffen in diesem Bereich beteiligt wird.

Diese Aspekte sollten ebenfalls in die allgemeine Aufsichts- und Interventionsstrategie des BAFU (siehe Ziff. 2.3.2 und Empfehlung 2) und in die Vollzugshilfen (siehe Ziff. 2.3.4) aufgenommen werden. Die GPK-N ist zudem der Ansicht, dass zur dauerhaften Stärkung des Monitorings über den Vollzugsstand durch das BAFU die Rechtsgrundlagen für die Informationspflicht der Kantone präzisiert werden sollten (siehe Ziff. 2.2.2 und Motion 2).

68

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.5.

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Empfehlung 3 ­ Monitoring des BAFU über den Vollzugsstand im Bereich des Grundwasserschutzes Die GPK-N ersucht den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass das Monitoring des BAFU über den Vollzug des planerischen Grundwasserschutzes durch die Kantone gestärkt wird, namentlich indem das Bundesamt: ­

systematisch mit den Kantonen Kontakt aufnimmt, wenn diese ungenügende oder zu unpräzise Daten liefern;

­

dafür sorgt, dass die bei den Kantonen erhobenen Daten eine Analyse der Entwicklung über die Zeit ermöglichen;

­

ein klares Verfahren für die Ermittlung der Nutzungskonflikte in den Grundwasserschutzgebieten und für deren Meldung an das Bundesamt festlegt.

Empfehlung 4 ­ Austausch über den Grundwasserschutz zwischen dem Bund und den Kantonen auf Regierungsebene Die GPK-N ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass das UVEK den Grundwasserschutz regelmässig auf politischer Ebene mit den Kantonsregierungen thematisiert.

Das UVEK wird zudem ersucht, unter Nutzung dieser Kontakte darauf hinzuwirken, dass das BAFU systematischer an den Regionaltreffen in diesem Bereich beteiligt wird.

2.3.4

Vollzugshilfen

Das BAFU stellt im planerischen Grundwasserschutz eine Vollzugshilfe in Form eines Dokuments mit dem Namen «Wegleitung Grundwasserschutz» zur Verfügung.

Diese aus dem Jahr 2004 stammende Wegleitung ist nicht rechtsverbindlich. Sie soll eine einheitliche Vollzugspraxis ermöglichen und den Vollzug erleichtern. Sie wird durch sieben zusätzliche Module ergänzt, die jeweils spezifische Anwendungsbereiche beleuchten. Zwei weitere Module sind derzeit beim BAFU in Arbeit.69 Aus der PVK-Evaluation geht hervor, dass die Vollzugshilfedokumente von den kantonalen Umweltämtern und den anderen befragten Akteuren insgesamt als gut bewertet werden.70 Die GPK-N zeigt sich erfreut darüber und begrüsst diese wichtige Arbeit des BAFU zur Förderung einer einheitlichen Rechtsanwendung. Sie begrüsst ebenfalls, dass das Bundesamt Wert darauf legt, bei der Planung und der Erarbeitung der Module eng mit den kantonalen Fachstellen zusammenzuarbeiten, um deren Bedürfnisse bestmöglich zu berücksichtigen.71

69 70 71

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.1.

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Einziger Negativpunkt, der von der PVK in Bezug auf die Vollzugshilfedokumente ermittelt wurde, sind deren Vollständigkeit und Aktualität. Die Vertretungen von mehreren kantonalen Umweltämtern wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die Erstellung zweier neuer Vollzugshilfemodule durch das BAFU stark verzögert und dass die «Wegleitung Grundwasserschutz» seit ihrem Erscheinen im Jahr 2004 nicht erneuert wurde. Das BAFU hat diese Verzögerungen eingestanden und begründet sie mit seinen knappen Ressourcen und damit, dass sich die Arbeiten an einem Modul aufwändiger und komplexer gestalten als erwartet.72 In den Augen der GPK-N ist es wichtig, dass die Vollzugshilfen in diesem Bereich schnellstmöglich vervollständigt werden. Das Fehlen solcher Grundlagen stellt eine zusätzliche Ursache für die Vollzugsdefizite in den Kantonen dar. Die Kommission erwartet vom Bundesrat, dass er dafür sorgt, dass das BAFU rasch die zwei fehlenden Module veröffentlicht und die Zweckmässigkeit einer Aktualisierung der «Wegleitung Grundwasserschutz» prüft.

Empfehlung 5 ­ Vollzugshilfen im Bereich des Grundwasserschutzes Die GPK-N ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass das BAFU schnellstmöglich die Vollzugshilfen für den planerischen Grundwasserschutz vervollständigt, namentlich durch die Veröffentlichung der zwei fehlenden Module und durch die Prüfung der Zweckmässigkeit einer Aktualisierung der «Wegleitung Grundwasserschutz».

2.3.5

Ressourcen des Bundesamtes für Umwelt

Aus der PVK-Evaluation geht hervor, dass das BAFU für die Aufsichtstätigkeit im Bereich des Grundwasserschutzes über begrenzte Ressourcen verfügt (etwas mehr als eine Vollzeitstelle).73 Dies ist einer der Gründe, weshalb das Bundesamt nicht in der Lage ist, eine aktivere Aufsicht über die Vollzugstätigkeit der Kantone auszuüben, und bislang vor allem einen kooperativen Ansatz verfolgt hat (siehe Ziff. 2.3.1). Die PVK hält fest, dass das BAFU die Ressourcen, die es für den planerischen Grundwasserschutz zur Verfügung hat, vorwiegend in die Vollzugsunterstützung und kaum in Massnahmen investiert, welche die Kantone in die Pflicht nehmen.74 Eine verstärkte Aufsicht des Bundesamtes über den kantonalen Rechtsvollzug, so wie sie von der GPK-N gewünscht wird, kann in der Tat nur wirksam sein, wenn das BAFU die Aufsicht auch wirklich umzusetzen vermag. Vor diesem Hintergrund ersucht die Kommission den Bundesrat, sicherzustellen, dass die zuständige Sektion des BAFU über ausreichend Mittel für die effektive Wahrnehmung seiner Aufsichtsfunktion im Bereich des planerischen Grundwasserschutzes verfügt. Der Bundesrat wird 72 73

74

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4. Die PVK weist allerdings darauf hin, dass die Ressourcen, welche das Bundesamt für diese Aufgabe einsetzt, in den letzten Jahren schrittweise erhöht wurden: Waren es zwischen 2015 und 2020 pro Jahr durchschnittlich 250 Personentage, so beliefen sie sich im Jahr 2020 auf rund 350 Personentage (Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 2.1.3).

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 4.4.

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ersucht, in einem ersten Schritt zu prüfen, ob eine interne Umverteilung der derzeitigen Ressourcen des BAFU möglich ist. Sollte dies nicht der Fall sein, erwartet sie vom UVEK und vom Bundesrat, dass diese dafür sorgen, dass das BAFU die nötigen Ressourcen hat, um einen raschen Vollzug der Rechtsvorgaben sicherzustellen.

Empfehlung 6 ­ Ressourcen des BAFU im Bereich des Grundwasserschutzes Die GPK-N ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass das BAFU über ausreichend Mittel für die effektive Wahrnehmung seiner Aufsichtsfunktion im Bereich des planerischen Grundwasserschutzes verfügt.

2.4

Schnittstellen zwischen Grundwasserschutz und Landwirtschaftspolitik

2.4.1

Kompetenzverteilung und Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Umwelt und dem Bundesamt für Landwirtschaft

Die PVK beurteilt die Schnittstellen zwischen BAFU und BLW zur Koordination des Grundwasserschutzes und der Landwirtschaft insgesamt positiv. Sie kommt zum Schluss, dass die Aufgaben zwischen den beteiligten Stellen klar verteilt und die Verfahren transparent geregelt sind. Gemäss den Mitarbeitenden des BAFU und des BLW werden die Kompetenzen in der Praxis eingehalten und funktioniert der Informationsfluss zwischen den beiden Ämtern gut.75 Nach Einschätzung der PVK ist auf den verschiedenen Amtsebenen und zwischen den jeweiligen Departementen klar geregelt, wie mit Differenzen umgegangen wird. Die Zusammenarbeit gestaltet sich laut PVK-Evaluation heute auch bei inhaltlichen Differenzen konstruktiv und sachlich, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war.

Bei grundsätzlicheren Fragen, die auf Ebene der Amtsdirektionen behandelt werden, kommen Differenzen häufiger vor. Auf dieser Ebene fliessen zusätzliche, teilweise politische Aspekte ein, was die Einigung erschweren kann.76 Die PVK hält in ihrer Evaluation auch fest, dass das BAFU in der Lage ist, die Interessen des Grundwasserschutzes bei der Behandlung von Landwirtschaftsthemen und bei der Vorbereitung von Geschäften an der Schnittstelle zu verteidigen. Die Erwägungen des BAFU werden in der Regel in die Aktionspläne oder Gesetzgebungsvorlagen des BLW aufgenommen. Die PVK nennt hierzu mehrere Beispiele77, erwähnt aber auch eine Ausnahme, und zwar den Zulassungsprozess für Pflanzenschutzmittel, für den das BLW zuständig ist und in welchem dem BAFU als Umweltamt bisher keine aktive Rolle zugekommen ist. Der Bundesrat hat allerdings Anfang 2021 Massnahmen zur Optimierung dieses Verfahrens beschlossen, mit denen die Rolle des

75 76 77

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.2.

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BAFU gestärkt wurde. So obliegt dem BAFU ab 2022 die Hauptverantwortung für die Beurteilung der Risiken von Pflanzenschutzmitteln für die Umwelt.78 Die GPK-N begrüsst die gute Zusammenarbeit zwischen dem BAFU und dem BLW bei der Koordination der Interessen des Grundwasserschutzes und der Landwirtschaftspolitik und ersucht die beiden Bundesämter, so weiterzufahren. Es ist nachvollziehbar, dass punktuelle Differenzen auftreten, da die jeweiligen Ziele und Interessen der beiden Ämter unterschiedlich sind und in Widerspruch stehen können. Die Kommission ist aber zufrieden, dass mit Unstimmigkeiten sachlich und transparent umgegangen wird.

Die GPK-N begrüsst ferner die Massnahmen zur Stärkung der Rolle des BAFU im Zulassungsprozess für Pflanzenschutzmittel. Sie erkennt keinen unmittelbaren Handlungsbedarf in dieser Sache. Sie behält es sich aber vor, zu einem späteren Zeitpunkt mit den beteiligten Bundesämtern Bilanz über das neue Verfahren zu ziehen.

Gewisse Stimmen sind dennoch der Meinung, dass der Grundwasserschutz bei der Landwirtschaftspolitik des Bundes zu wenig zum Tragen kommt. So sind drei Viertel der von der PVK befragten kantonalen Umweltämter der Auffassung, dass das Bundesparlament und der Bundesrat nicht sensibel genug für den Grundwasserschutz sind.79 Die zahlreichen Massnahmen, welche die GPK-N im vorliegenden Bericht vorschlägt, dienen auch dazu, zu unterstreichen, welche Bedeutung das Parlament dem Vollzug der ­ vom Gesetzgeber vor langer Zeit beschlossenen ­ rechtlichen Bestimmungen im Bereich des Grundwasserschutzes beimisst.

2.4.2

Vollzugshilfen

Das BAFU und das BLW unterstützen die Kantone beim Vollzug mit der von den beiden Ämtern gemeinsam herausgegebenen Vollzugshilfe «Umweltschutz in der Landwirtschaft», die zahlreiche Bezüge zum Grundwasserschutz enthält. Die PVK kommt in ihrer Evaluation zum Schluss, dass diese Vollzugshilfe klar, aktuell und praxisnah ist. Diese positive Einschätzung wird von den kantonalen Umweltämtern geteilt.80 Die GPK-N erachtet diese positive Bilanz als zufriedenstellend und ersucht das BAFU und das BLW, sicherzustellen, dass diese Vollzugshilfe regelmässig aktualisiert und an die Veränderungen des Rechtsrahmens und der Fachkenntnisse in diesem Bereich angepasst wird.

2.4.3

Gewässerschutzprogramm in der Landwirtschaft

Die PVK befasste sich in ihrer Evaluation eingehend mit dem Gewässerschutzprogramm gemäss Artikel 62a GSchG. Dieses 1998 eingeführte Programm sieht vor, dass der Bund Massnahmen zur Bekämpfung von Wasserverunreinigungen im landwirt-

78 79 80

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.2.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.2.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.3.

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schaftlichen Bereich finanziell unterstützen kann. In den meisten Fällen geht es darum, dass im Zuströmbereich der betroffenen Fassung ein Teil des bewirtschafteten Ackerlandes in Grünland umgewandelt wird.81 Die Abgeltungen sollen die Mindererträge der Landwirtschaft kompensieren, die durch diese Umwandelungen verursacht werden. Der Hauptanteil der Kosten wird dabei vom Bund getragen, doch können sich auch andere Akteure wie die Kantone beteiligen. Die Kantone setzen mehrheitlich auf eine freiwillige Teilnahme der Landwirtschaftsbetriebe. Die Massnahmen werden von Fall zu Fall entschieden und die Abgeltungen werden vom BLW (nach Konsultation des BAFU) auf der Grundlage von Programmvereinbarungen, die mit den Kantonen für jedes Gebiet abgeschlossen werden, gewährt.82 Es ist vorgesehen, dass die Sanierungsziele spätestens nach zwölf Jahren erreicht sind.

Aus der PVK-Evaluation geht hervor, dass das Programm insgesamt dazu beizutragen scheint, den Zustand des Grundwassers zu verbessern.83 Seitens der kantonalen Umweltämter wird die Wirksamkeit der einzelnen Projekte kaum bezweifelt und die Projekte werden grundsätzlich als attraktiv bewertet. Die Mehrheit der Ämter beurteilt die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen und dem Bund bei den durchgeführten Projekten als gut. In einer Evaluation des Programms aus dem Jahr 2010 wurde festgestellt, dass die Ziele zur Verbesserung der Grundwasserqualität in mehreren Fällen erreicht werden konnten, auch wenn die Wirkung der Projekte grundsätzlich schwer zu bewerten ist.84 Die PVK zieht dennoch eine gemischte Bilanz des Programms und kommt zum Schluss, dass das Programm nur teilweise zweckmässig ausgestaltet ist.85 Die Zahlen zeigen, dass das Programm in den letzten Jahren nur teilweise umgesetzt wurde: Die Zahl der laufenden Projekte stagniert seit zehn Jahren bei landesweit knapp 30 und die jährlichen Kosten belaufen sich auf 5 bis 8 Millionen Franken, was deutlich unter dem ursprünglich geschätzten Betrag (60 Mio. Franken jährlich) liegt.86 Diese geringe Nachfrage ist aus Sicht der GPK-N kritisch zu werten.

Im Bericht der PVK werden verschiedene Gründe für die begrenzte Nutzung dieses Programms genannt. Ein Teil der kantonalen Umweltämter ist der Ansicht, dass der Aufwand für die Verhandlungen mit den Landwirtschaftsbetrieben zu gross ist. Die Bereitschaft
der Landwirtschaft zu einer Teilnahme wird als gering eingeschätzt, insbesondere deshalb, weil die Entschädigungen nicht ausreichen würden, um den Verzicht auf hochwertiges Kulturland und die grundlegende Umstellung der Produktion vollständig abzugelten.87 Die Zurückhaltung der kantonalen Ämter wird noch dadurch verstärkt, dass das Verfahren für die Ausscheidung der Zuströmbereiche als komplex 81 82 83 84 85 86

87

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 7.5.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 7.5.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.4. Für die Abgeltungen im Rahmen dieses Programms besteht kein eigener Kredit, sondern sie laufen über den allgemeinen Kredit für die Direktzahlungen (vor 2014: Kredit für Ökobeiträge).

Das BAFU schreibt in seiner Stellungnahme zu diesem Bericht, dass «immer die vollen Einbussen entschädigt» werden und dass es «nur beim Gemüsebau den Fall [gibt], dass das BLW die Kosten für eine Stilllegung nicht übernehmen will». Dies sei aber nur bei sehr wenigen Landwirtschaftsbetrieben bzw. nur in einem einzigen Projekt der Fall.

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angesehen wird. Ein zusätzliches Hindernis für die Gesuchstellung stellt ferner die schwierige Koordination zwischen den kantonalen Ämtern für Gewässerschutz und für Landwirtschaft dar. Darüber hinaus empfindet etwa die Hälfte der Umweltämter den Problemdruck bei der Wasserqualität in ihrem Kanton nicht als so gross, dass sich zusätzliche Sanierungsprojekte aufdrängten.88 Für die PVK wirft die Tatsache, dass in vielen Kantonen auch aufgrund der mangelnden Bereitschaft der Landwirtschaftsbetriebe auf (weitere) Sanierungsprojekte verzichtet wird, die Frage auf, ob es zweckmässig ist, stets auf eine freiwillige Teilnahme der Betriebe zu setzen. Sie weist darauf hin, dass die Kantone rechtlich die Möglichkeit hätten, verbindliche Massnahmen gegenüber Landwirtschaftsbetrieben anzuordnen, wenn dies zur Behebung einer Verunreinigung notwendig ist.89 Der zentrale Schwachpunkt des Gewässerschutzprogramms liegt laut PVK in der mangelnden Sicherung der nachhaltigen Wirkung des Programms.90 So bestehen bisher für die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe kaum Anreize, die grundwasserschonenden Massnahmen aufrechtzuerhalten, wenn ein Projekt abgeschlossen wird und die Zahlungen des Bundes somit eingestellt werden.91 Das Risiko ist gross, dass die Betriebe angesichts der fehlenden Anreize wieder auf die frühere Produktionsweise umsteigen und sich die Wasserqualität des Grundwassers erneut verschlechtert.92 Die PVK kommt deshalb zum Schluss, dass das Fehlen eines Mechanismus für die nachhaltige Sicherung der Projekterfolge die Zweckmässigkeit des gesamten Programms einschränkt.93 Abhilfe wäre nach Aussagen der befragten Personen einzig durch eine Anpassung im Direktzahlungssystem möglich.94 Die derzeitige Funktionsweise des Gewässerschutzprogramms in der Landwirtschaft ist nach Ansicht der GPK-N nicht optimal und ermöglicht es nur teilweise, das anvisierte Ziel eines wirksamen und nachhaltigen Grundwasserschutzes zu erreichen. Die Kommission bedauert, dass die Nutzung dieses Programms deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Dessen Schwachpunkt liegt einerseits in seiner geringen Attraktivität und andererseits im Fehlen von Anreizen für die dauerhafte Fortführung der ergriffenen Massnahmen. Die GPK-N ist der Ansicht, dass das Fehlen eines Mechanismus für die Sicherung der langfristigen Wirkung dieses Programms
dem Ziel einer nachhaltigen Umweltpolitik entgegensteht.

Die GPK-N erachtet es als unerlässlich, dass grundsätzliche Überlegungen über das Gewässerschutzprogramm angestellt werden und geprüft wird, wie dessen Attraktivität ­ und damit dessen Nutzung ­ erhöht und eine nachhaltige Wirkung sichergestellt werden kann. Sie begrüsst die entsprechenden Schritte der betroffenen Ämter von 2015, welche vor allem in einem Entwurf für neue Vollzugsgrundlagen mündeten.95 Der Bundesrat muss sicherstellen, dass die entsprechenden Überlegungen fortgeführt und vertieft werden und zu konkreten Verbesserungen führen.

88 89 90 91 92 93 94 95

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 7.5.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 7.5.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.4.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 5.3 und 5.4.

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In diesem Zusammenhang sollten unter anderem folgende Optionen geprüft werden: ­

Vollendung der Aktualisierung der Vollzugsgrundlagen für das Programm;

­

Erstellung einer Liste mit klaren Kriterien, anhand von denen die Kantone bestimmen können, in welchen Fällen die Programmteilnahme von Landwirtschaftsbetrieben erforderlich bzw. obligatorisch ist (z. B. abhängig von der tatsächlichen Grundwasserverunreinigung);

­

Vereinfachung der Verwaltungsverfahren für die Projektbeantragung und -durchführung;

­

Erhöhung der Sichtbarkeit des Programms beim Zielpublikum;

­

Prüfung, ob die Beiträge den Ertragsausfall, der durch den Verzicht auf hochwertiges Kulturland und durch die Umstellung der Produktionsmethoden entsteht, tatsächlich vollständig abdecken;

­

Entwicklung eines Mechanismus für die Sicherung der nachhaltigen Wirkung des Programms und für die Fortführung der grundwasserschonenden Produktionsmethoden durch die Landwirtschaftsbetriebe.

Es versteht sich von selbst, dass die vollständige Umsetzung der Pflicht zur Ausscheidung bzw. Bestimmung von Grundwasserschutzgebieten96 (siehe Ziff. 2.1 und 2.2.1) und ein verbessertes Monitoring über den Vollzugsstand durch das BAFU (siehe Ziff. 2.3.3) Grundvoraussetzungen für die Bestimmung der landwirtschaftlichen Nutzflächen in den Zuströmbereichen sind, die Teil des Gewässerschutzprogramms sein sollten.

Postulat 1 ­ Erhöhung der Wirksamkeit des Gewässerschutzprogramms in der Landwirtschaft Der Bundesrat wird ersucht, anknüpfend an die bereits erfolgten Anpassungen eingehend zu prüfen, wie die Attraktivität des Gewässerschutzprogramms (Artikel 62a GSchG) erhöht und dessen nachhaltige Wirkung sichergestellt werden kann.

Er wird ersucht, auf der Grundlage dieser Prüfung festzulegen, welche Anpassungen am Programm erforderlich sind sowie ob neue Vollzugsgrundlagen geschaffen und die bestehenden Rechtsgrundlagen angepasst werden müssen.

96

Der Begriff «Grundwasserschutzgebiete» wird hier verwendet, um die verschiedenen Instrumente des planerischen Grundwasserschutzes zusammenzufassen (Grundwasserschutzzonen, Gewässerschutzbereiche sowie Grundwasserschutzareale).

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2.5

Schnittstellen zwischen dem Grundwasserschutz und der Raumplanung

2.5.1

Kompetenzverteilung und Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Umwelt und dem Bundesamt für Raumentwicklung

Im letzten Teil ihrer Evaluation befasst sich die PVK mit den Schnittstellen zwischen dem Grundwasserschutz und der Raumplanungspolitik des Bundes. Sie kommt zum Schluss, dass die Kompetenzen zwischen dem BAFU und dem ARE in diesem Bereich klar zugeteilt und die Verfahren klar geregelt sind. Auch das Vorgehen bei Differenzen zwischen den beteiligten Stellen ist exakt festgelegt. Diese Schlussfolgerungen gelten sowohl für die Behandlung der kantonalen Richtpläne und der Sachpläne als auch für die Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP)97 für Bauvorhaben im Zuständigkeitsbereich des Bundes. Das BAFU wird im Rahmen von Rechtssetzungsverfahren oder auch für die Behandlung parlamentarischer Vorstösse zur Raumplanung mit einem Bezug zum Grundwasserschutz regelmässig einbezogen.98 Gemäss den von der PVK befragten Personen werden die formell vorgegebenen Kompetenzen und Verfahrensabläufe eingehalten und ist die Zusammenarbeit zwischen dem ARE und dem BAFU insgesamt sachlich und konstruktiv. Die einzige Kritik in diesem Bereich stammt vom BAFU, welches moniert, dass die Fristen bei der Koordination mit dem ARE zu knapp sind, da im Amt die Stellungnahmen verschiedener Sektionen eingeholt und bereinigt werden müssen.99 Aus der PVK-Evaluation geht aber auch hervor, dass der Grundwasserschutz aus Sicht der meisten kantonalen Umweltämter in der Raumplanung nicht den nötigen Stellenwert erhält, auch wenn die Thematik im Laufe der letzten Jahre klar an Relevanz gewonnen hat.100 Die Mitglieder der Arbeitsgruppe «Untergrund», der Mitarbeitende verschiedener Verwaltungseinheiten des Bundes angehören101, erklärten gegenüber der PVK, dass die Thematik Untergrund bei der Rechtssetzung mehr Beachtung finden sollte und dass der Grundwasserschutz in der aktuell hängigen zweiten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG)102 gestärkt werden muss.

Die PVK-Evaluation zeigt, dass die vom BAFU angemeldeten Einwände zum Grundwasserschutz bei der Prüfung der Richtpläne vom ARE mehrheitlich aufgenommen werden. Allfällige Differenzen auf dieser Ebene konnten bislang stets auf Amtsstufe ohne Eskalation auf die Stufe des Departements bereinigt werden.103 Komplexer ist

97

98 99 100 101

102 103

Die UVP ist ein Instrument, mit dem Behörden vor dem Bau grosser Infrastrukturanlagen prüfen, ob das Vorhaben den umweltrechtlichen Vorgaben entspricht. Gleiches gilt für Vorhaben, die in Sachplänen vorgesehen sind. Siehe Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 2.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 6.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 6.1.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 6.2.

ARE (Federführung), BAFU, Bundesamt für Strassen, Bundesamt für Verkehr, Bundesamt für Energie, Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, VBS und Bundesamt für Landestopografie.

Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, SR 700).

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 6.2.

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die Lage bei den Sachplänen: Hier hat die PVK festgestellt, dass sich die Berücksichtigung der Anliegen zum Grundwasserschutz je nach Sachplan sehr unterschiedlich gestaltet und dass der Grundwasserschutz oft im allgemeinen Konzeptteil, jedoch nur selten in den detaillierten Objektblättern behandelt wird. So werden die von den Kantonen ausgeschiedenen Schutzgebiete des planerischen Grundwasserschutzes in diesen Objektblättern oft nicht abgebildet, was deren Beurteilung erschwert. Das BAFU ist der Ansicht, dass es zu spät ist, wenn der Grundwasserschutz erst bei der UVP berücksichtigt wird, da die Grundsatzentscheide zum Vorhaben dann oft schon getroffen sind. Das ARE teilt diese Kritik und erachtet es als sinnvoll, ihm den Auftrag zu erteilen, die zuständigen Bundesämter stärker für diese Problematik zu sensibilisieren.104 Die GPK-N zeigt sich erfreut über diese positive Bilanz der Zusammenarbeit des BAFU und des ARE in Sachen Berücksichtigung des Grundwasserschutzes bei den Raumplanungsarbeiten des Bundes. Sie ersucht die Bundesämter, den pragmatischen und konstruktiven Dialog in diesem Bereich fortzuführen. Aus Sicht der Kommission ist es aber auch wichtig, dass die Verwaltungseinheiten und die verselbstständigten Einheiten des Bundes weiterhin verstärkt dafür sensibilisiert werden, den Grundwasserschutz bei der Sachplanung frühzeitig zu berücksichtigen, damit die entsprechenden Schutzinteressen bei den Grundsatzentscheiden zu den Vorhaben beachtet werden können. Zudem wäre es wünschenswert, dass die Grundwasserschutzgebiete (insbesondere die Gewässerschutzbereiche, Grundwasserschutzareale und Grundwasserschutzzonen) künftig systematisch in den Objektblättern ausgewiesen werden, die bei der Sachplanung erstellt werden (siehe folgendes Unterkapitel, Empfehlung 7).

2.5.2

Vollzugshilfen zu den Richtplänen

Einen anderen Weg zur besseren Berücksichtigung des Grundwasserschutzes bei der Raumplanung stellen die Vollzugshilfen zu den kantonalen Richtplänen dar. Die PVK-Evaluation zeigt, dass der vom ARE 1997 veröffentlichte «Leitfaden für die Richtplanung», der dem wirkungsvollen Einsatz und einer gewissen Vereinheitlichung dienen soll, von den kantonalen Umweltämtern als veraltet kritisiert wird. Dieser Leitfaden behandelt das Thema des Grundwasserschutzes sehr allgemein und geht auf gewisse wichtige Elemente gar nicht ein. So fehlt z. B ein Verweis auf die GSchV, die nach 1997 in Kraft getreten ist. Die Ergänzungen zum Leitfaden aus dem Jahr 2014 greifen den Grundwasserschutz überhaupt nicht auf.105 Aus der PVK-Evaluation geht ausserdem hervor, dass der Leitfaden keine verbindlichen Voraussetzungen für eine Richtplangenehmigung beinhaltet, mit Ausnahme von Vorgaben für den Bereich Siedlung. Gemäss RPG und GSchV106 müssen die Kantone bei der Erstellung der Richtplanung die gewässerschutzrechtliche Planung berücksichtigen. Es fehlt allerdings an klaren rechtlichen Vorgaben zur Art und Weise, in

104 105 106

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 6.2.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 6.3.

Art. 8 Abs. 1 Bst. b RPG und Art. 46 Abs. 1bis GSchV.

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der dies zu geschehen hat, und insbesondere zur Ausweisung der Grundwasserschutzgebiete in der Richtplankarte.107 Die Mehrheit der kantonalen Umweltämter ­ und auch das BAFU ­ sind der Ansicht, dass Nutzungskonflikte besser vermieden werden könnten, wenn Grundwasserschutzgebiete auf Stufe Richtplan abgebildet würden.

Zwar haben alle Kantone in ihrem Richtplan einen Grundsatz oder Grundsätze zum Grundwasserschutz festgehalten, doch weisen viele Kantone die Schutzgebiete nicht in der Richtplankarte aus. Das ARE wiederum weist darauf hin, dass die Abbildung in den Karten per se noch keinen besseren Grundwasserschutz garantiert.108 In den Augen der GPK-N sollte die Tatsache, dass keine klaren rechtlichen Vorgaben dazu bestehen, in welcher Form die Grundwasserschutzgebiete in der Richtplanung berücksichtigt werden müssen, den Bund nicht daran hindern, diesen Aspekt in den Vollzugshilfen ausführlicher zu behandeln. Die Kommission ersucht den Bundesrat deshalb, die einschlägigen Dokumente zu ergänzen. Sie fragt sich insbesondere, ob es nicht sinnvoll wäre, die Grundwasserschutzgebiete künftig systematisch in der Karte der kantonalen Richtpläne auszuweisen, und ersucht den Bundesrat, dies zu prüfen.

In langfristiger und allgemeiner Hinsicht ersucht die GPK-N den Bundesrat, zu prüfen, ob es nicht zweckmässig wäre, das Raumplanungsrecht um klarere Bestimmungen über die Berücksichtigung des Grundwasserschutzes zu ergänzen.

Empfehlung 7 ­ Stärkere Berücksichtigung des Grundwasserschutzes in der Raumplanungspolitik des Bundes Die GPK-N ersucht den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass der Grundwasserschutz in der Raumplanungspolitik des Bundes stärker berücksichtigt wird, namentlich durch folgende Massnahmen:

107 108

­

stärkere Sensibilisierung der Verwaltungseinheiten und der verselbstständigten Einheiten des Bundes für die Bedeutung einer frühzeitigen Berücksichtigung des Grundwasserschutzes bei der Sachplanung;

­

Sicherstellung einer systematischen Ausweisung der Grundwasserschutzgebiete in den Objektblättern, die bei der Sachplanung erstellt werden;

­

Ergänzung der Vollzugshilfen zu den Richtplänen um detailliertere Bestimmungen über den Grundwasserschutz und insbesondere Prüfung der Zweckmässigkeit einer Ausweisung der Grundwasserschutzgebiete in der Karte der kantonalen Richtpläne;

­

Ergänzung des Raumplanungsrechts um klarere Bestimmungen über die Berücksichtigung des Gewässerschutzes.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 6.3.

Bericht der PVK vom 7. Oktober 2021, Ziff. 6.3.

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3

Schlussfolgerungen und nächste Schritte

Die Gewährleistung der Wasserqualität ist eine zentrale gesundheits- und umweltpolitische Herausforderung für die Schweiz. Allerdings werden die rechtlichen Bestimmungen über den planerischen Grundwasserschutz auch knapp 50 Jahre nach ihrem Inkrafttreten und 25 Jahre nach ihrer letzten Revision noch nicht systematisch vollzogen. Vor diesem Hintergrund erachtet es die GPK-N als unerlässlich, dass der Bund in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde rasch Massnahmen ergreift, mit denen der korrekte Rechtsvollzug sichergestellt und der Grundwasserschutz verstärkt wird.

Die GPK-N hat auf der Grundlage der PVK-Evaluation festgestellt, dass das einschlägige Recht dem Bund klare Instrumente zur Unterstützung und Regulierung des kantonalen Rechtsvollzugs im Bereich des Grundwasserschutzes an die Hand gibt (siehe Ziff. 2.2). Diese Instrumente sind allerdings weniger entwickelt als in anderen Bereichen und ihre begrenzte Reichweite erschwert eine wirksame Aufsichtstätigkeit des BAFU. Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Instrumente durch eine Präzisierung im einschlägigen Recht gestärkt werden müssen. Zunächst einmal braucht es verbindliche Fristen auf Gesetzesebene für den Rechtsvollzug (siehe Motion 1, Ziff. 2.2.1). Zudem ist die Pflicht der Kantone zur Information des Bundes zu präzisieren, sind Interventions- und Sanktionsmassnahmen für den Fall der Nichteinhaltung rechtlicher Vorgaben vorzusehen und ist die Möglichkeit zu prüfen, den kantonalen Rechtsvollzug mit Bundesbeiträge zu fördern (siehe Motion 2, Ziff. 2.2.2).

Ausserdem sind im einschlägigen Recht einige unbestimmte Rechtsbegriffe zu präzisieren (siehe Empfehlung 1, Ziff. 2.2.1).

Die Kommission ist im Weiteren der Auffassung, dass die konkrete Aufsicht des BAFU über den Rechtsvollzug der Kantone im Bereich des Grundwasserschutzes unbedingt verstärkt werden muss (siehe Ziff. 2.3). Auch wenn die Zusammenarbeit zwischen dem BAFU und den zuständigen Kantonsstellen in diesem Bereich von allen Beteiligten positiv beurteilt wird, geht aus der PVK-Evaluation hervor, dass sich das BAFU bei Vollzugsdefiziten viel zu zurückhaltend zeigt. In den Augen der GPK-N ist hier ein anderer Ansatz und eine engere Aufsicht durch das Bundesamt vonnöten.

Erstens braucht es im Bereich des Grundwasserschutzes eine allgemeine Aufsichtsund Interventionsstrategie des
Bundes, welche die Modalitäten des Monitorings über den Vollzugsstand durch das BAFU, die Verfahren zur Ermittlung von Vollzugsdefiziten und die Verfahren zur Intervention bei Vollzugsdefiziten präzise definiert (siehe Empfehlung 2, Ziff. 2.3.2). Zweitens muss die konkrete Tätigkeit des BAFU bezüglich des Monitorings über den Vollzugsstand in verschiedener Hinsicht verbessert werden (siehe Empfehlung 3, Ziff. 2.3.4). Die Kommission erachtet es als wichtig, dass das UVEK den Grundwasserschutz regelmässig auf politischer Ebene mit den Kantonsregierungen thematisiert (siehe Empfehlung 4, Ziff. 2.3.4). Drittens müssen die Vollzugshilfedokumente im Bereich des Grundwasserschutzes vervollständigt werden (siehe Empfehlung 5, Ziff. 2.3.5). Viertens wird der Bundesrat ersucht, dafür zu sorgen, dass das BAFU über die nötigen Ressourcen verfügt, um seine Aufsichtsfunktion korrekt wahrnehmen zu können (siehe Empfehlung 6, Ziff. 2.3.6).

Die Zusammenarbeit zwischen dem BAFU und dem BLW sowie dem BAFU und dem ARE an den Schnittstellen zwischen Grundwasserschutz und Landwirtschaftspolitik (siehe Ziff. 2.4) bzw. zwischen Grundwasserschutz und Raumplanungspolitik (siehe 29 / 32

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Ziff. 2.5) wird von der GPK-N insgesamt positiv beurteilt. Die Kompetenzverteilung zwischen den Bundesämtern ist klar und zweckmässig und die Zusammenarbeit verläuft im Wesentlichen sachlich und konstruktiv, auch wenn die Ämter unterschiedliche gesetzliche Aufträge zu erfüllen haben. Die Strukturen und Prozesse erlauben es dem BAFU in der Regel, die Anliegen des Grundwasserschutzes angemessen in die Vorhaben und Geschäfte an den genannten Schnittstellen einzubringen.

Beim Grundwasserschutz in der Landwirtschaft sieht die GPK-N Verbesserungsbedarf am «Gewässerschutzprogramm» gemäss Artikel 62a GSchG. Auch wenn die Wirksamkeit der Projekte, die im Rahmen dieses Programms subventioniert werden, positiv zu bewerten ist, bleibt die Nutzung dieses Programms deutlich hinter den Erwartungen zurück und ist dessen Ausgestaltung nur teilweise zweckmässig. Die Hauptschwäche dieses Programms liegt darin, dass es an Instrumenten fehlt, mit denen die Wirkung der Projekte auch nach Einstellung der Zahlungen des Bundes nachhaltig gesichert werden kann. Die GPK-N erachtet es als unerlässlich, dass grundsätzliche Überlegungen über das Gewässerschutzprogramm angestellt werden und geprüft wird, wie dessen Attraktivität erhöht und eine nachhaltige Wirkung sichergestellt werden kann (siehe Postulat 1, Ziff. 2.4.3).

Im Weiteren muss dafür gesorgt werden, dass der Grundwasserschutz in der Raumplanungspolitik des Bundes besser berücksichtigt wird. Die Verwaltungseinheiten des Bundes müssen noch stärker für den Grundwasserschutz sensibilisiert werden und die Grundwasserschutzgebiete sind systematisch in den Unterlagen zu den Sachplänen und den kantonalen Richtplänen auszuweisen, damit der Grundwasserschutz bei Raumplanungsvorhaben früher berücksichtigt wird. Die Kommission ersucht den Bundesrat zudem, zu prüfen, ob es nicht zweckmässig wäre, das Raumplanungsrecht um Bestimmungen über den Gewässerschutz zu ergänzen (siehe Empfehlung 7, Ziff. 2.5.2).

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, bis zum 30. September 2022 zu den Feststellungen und Empfehlungen in diesem Bericht Stellung zu nehmen und ihr mitzuteilen, mit welchen Massnahmen und bis wann er ihre Empfehlungen umzusetzen gedenkt.

28. Juni 2022

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Die Präsidentin: Prisca Birrer-Heimo Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EDI/UVEK: Thomas de Courten Der Sekretär der Subkommission EDI/UVEK: Nicolas Gschwind

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Abkürzungsverzeichnis ARE

Bundesamt für Raumentwicklung

AP22+

Agrarpolitik ab 2022

BAFU

Bundesamt für Umwelt

BLW

Bundesamt für Landwirtschaft

BV

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101)

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der Bundesversammlung

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

GSchG

Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Gewässerschutz (SR 814.20)

GSchV

Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 (SR 814.201)

Mo.

Motion

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

RPG

Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, SR 700)

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

UVP

Umweltverträglichkeitsprüfung

Ziff.

Ziffer

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