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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend ein Begnadigungsgesuch des Albert Meier von Wiedikon (Zürich).

(Vom 22. März 1889.)

Tit.

Mit Eingabe vom 12. März stellt der gewesene Guideutrompeter-Rekrut Albert Meier das Gesuch an die unterzeichnete Behörde zu Händen der h. Bundesversammlung, ihm von einer l 5monatlichen Zuchthausstrafe, von welcher nach seiner Berechnung zwei Drittheile bereits abgelaufen sind, den noch übrigen Rest im Wege der Gnade zu erlassen.

Aus den Akten dieses Straffalles ergibt sich Folgendes: Der Gesuchsteller, welcher sich im April vorigen Jahres in der Kavallerie-Rekrutenschule Nr. I in Bern befand, hat daselbst die Unterschrift eines an den Dragoner-Rekrute Rouli adressirten Po.staviso's, durch welchen die Ankunft eines Postmandats im Betrag von Fr. 50 angezeigt wurde, sowie hierauf die Empfangsbescheinigung des Mandats selbst gefälscht und die infolge dessen von der Post erhobenen Fr. 50 größtentheils zur Bezahlung von Schulden verwendet, so daß bei seiner Inhaftnahme nur noch Fr. 13. 75 auf ihm gefunden und der Postverwaltung zurückgestellt werden konnten.

Für diesen mittelst doppelter Fälschung einer Unterschrift verübten ausgezeichneten Betrug wurde Albert Meier am 23. April 1888 von dem Kriegsgerichte der III. Division zu 15 Monaten Zuchthaus, Bundesblatt 41. Jahrg. Bd. I.

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5 Jahren Einstellung ini AktivbUrgerrecht, von Ablauf der Stralzeit an zu berechnen, und Kassation (Erklärung der Unwürdigkeit zum Dienste des Vaterlandes) auf Grund der Artikel 155 b, 6, 9 und 11 des Militärstrafgesetzbuchs verurtheiit.

Von dieser Strafzeit hat er seit dem 2. Mai 1888, au welchem Tage das Urtheil durch den Bundesrath als vollziehbar erklärt worden ist, nua etwas über 10 Monate verbüßt, womit deu f o r m e l l e n Erfordernissen des Artikels 428 des Militärstrafgesetzbuches mit Bezug auf eine Erlassung des Restes der Strafzeit ein Genüge geleistet ist.

Zu Gunsten des Petenten fällt in Betracht, daß derselbe bei der Strafuntersuchung sofort ein unumwundenes Geständniß ablegte und nach einem bei den Akten liegenden Berichte der Strafanstaltsdirektion Zürich ,,sich in seiner Strafhaft von Anfang bis heute stets mit aufrichtig gutem Willen des besten Verhaltens beflissen" hat.

Gegen eine Begnadigung spricht der Umstand, daß der Petent seinerzeit eine ordentliche Schulbildung genoß, auch in seiner bürgerlichen Stellung als Commis sich der Tragweite seiner Handlungen vollkommen bewußt sein mußte uod überdies Fr. 100 eigenes Geld in den Rekrutendienst mitgebracht hatte, so daß er sich auch keineswegs in einer dringenden Nothlage befand.

Die Strafe selbst kann in ihrer Ausmessung mit Rücksicht auf das vorliegende wiederholte Vergehen durch zweimalige Anhandnahme eines ihm nicht gehörigen Postscheines und zweimalige Unterzeichnung eines falschen Namens (das eine Mal desjenigen des Zimrnerchefs, das andere Mal desjenigen des zum Bezüge des Geldes berechtigten Kameraden) nicht als eine harte bezeichnet werden, indem der Artikel 155 b, auf den sich das urtheileude Gerieht bezog, ein Strafmaximum von 10 Jahren Zuchthaus zuläßt. Ueberdies konnte noch einigermaßen in Frage kommen, ob nicht der Artikel 155 a des Strafgesetzes, der eine noch weitergehende Strafe zuläßt, anzuwenden sei, indem die beiden in Frage kommenden Urkunden, betitelt die eine : « Amtliche Geldanweisung », die andere : c/4'uis concernant les envois postaux inscrits à destination de militaires en activité de service » den Charakter öffentlicher Urkunden nicht entbehren, wenn aucli allerdings lediglich eine falsche Unterschrift des Empfängers beigesetzt wurde und nicht der amtliche Theil der Urkunde selbst verändert worden ist.
Mit Rucksicht auf die jedenfalls hinreichend milde Beurtheilung des Falles sieht sich der Bundesrath seinerseits nicht veranlaßt, das Gesuch mit einem empfehlenden Antrage zu begleiten.

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Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 22. März

1889.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Rittgier.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend ein Begnadigungsgesuch des Albert Meier von Wiedikon (Zürich). (Vom 22. März 1889.)

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1889

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30.03.1889

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