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Krisenorganisation des Bundes für den Umgang mit der Covid-19-Pandemie (Januar bis Juni 2020) Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 17. Mai 2022 Stellungnahme des Bundesrates vom 23. September 2022

Sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 17. Mai 20221 betreffend die Krisenorganisation des Bundes für den Umgang mit der Covid-19-Pandemie (Januar bis Juni 2020) nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. September 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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BBl 2022 1801

2022-3051

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) haben sich im Rahmen ihrer Inspektion über den Umgang des Bundesrates und der Bundesverwaltung mit der Coronakrise mit der Krisenorganisation zur Bewältigung der Covid-19Pandemie befasst und dem Bundesrat am 17. Mai 2022 einen Bericht überwiesen.

Der Bericht untersucht insbesondere die Tätigkeiten und die Koordination der drei Hauptorgane der Krisenorganisation (Covid-19-Taskforce des Bundesamtes für Gesundheit [BAG], Bundesstab Bevölkerungsschutz [BSTB] und Krisenstab des Bundesrates Corona [KSBC]) während der ersten Pandemiephase (Anfang Januar bis Juni 2020). Die GPK halten in ihrem Bericht elf Empfehlungen fest. Im Rahmen der Behandlung des Berichts haben sie zudem die Motionen 22.3506 und 22.3507 «Rechtsgrundlagen für einen » sowie die Postulate 22.3508 und 22.3509 «Gesamtbilanz und Revision der Krisenorganisation des Bundes anhand der Lehren aus der Covid-19-Krise» eingereicht.

Die GPK ersuchen den Bundesrat, bis zum 30. September 2022 Stellung zu nehmen.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Einleitung

Der Bundesrat dankt den GPK für den Bericht, der sich kritisch mit der Krisenorganisation zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie während der ersten Phase (Anfang Januar bis Juni 2020) auseinandersetzt. Der Bundesrat misst den Lehren, die aus der Covid-19-Pandemie zu ziehen sind, grosse Bedeutung bei und teilt die Auffassung der GPK, dass notwendige Anpassungen nach Auswertung der wichtigsten Evaluationen rasch umgesetzt werden müssen. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass bereits im Laufe der Krise Verbesserungen vorgenommen und insbesondere die Krisenstruktur laufend optimiert wurden.

Der Bundesrat ist bereit, sämtliche Empfehlungen der GPK aus dem Bericht entgegenzunehmen und in die bereits laufenden Arbeiten aufzunehmen. Er prüft sie im Rahmen der Revision des Epidemiengesetzes vom 28. September 20122 (EpG), der Überarbeitung und Neuausrichtung des nationalen Pandemieplans, der Aktualisierung des Krisenhandbuchs des BAG, der Überarbeitung der Weisungen des Bundesrates vom 21. Juni 20193 über das Krisenmanagement in der Bundesverwaltung sowie im

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SR 818.101 BBl 2019 4593

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Rahmen der Erfüllung von parlamentarischen Vorstössen.4 Die Empfehlungen sollen in einer integralen, koordinierten und inhaltlich mit den Erkenntnissen aus anderen Untersuchungen abgestimmten Form aufgenommen werden, wie beispielsweise den umfassenden Auswertungen des Krisenmanagements durch die Bundeskanzlei (BK) oder der externen Evaluation der Covid-19-Krisenorganisation des BAG. Dagegen beantragte der Bundesrat am 31. August 2022 die Ablehnung der bei der Behandlung des Berichts eingereichten Vorstösse, da er die entsprechenden Aufträge ­ deren Stossrichtung nahezu deckungsgleich ist mit dem Inhalt der Vorstösse ­ bereits in Auftrag gegeben hat und die entsprechenden Arbeiten laufen.

Der Bundesrat nimmt zu den Empfehlungen und den Vorstössen gerne wie folgt Stellung:

2.2

Zu den Empfehlungen der GPK

Empfehlung 1:

Bestimmungen über die Krisenorganisation des EDI und des BAG im Epidemiengesetz und im Pandemieplan

Dem Bundesrat wird empfohlen, vor dem Hintergrund der Covid-19-Krise zu überprüfen, ob die Krisenorganisation des EDI und des BAG im Epidemiengesetz und im Pandemieplan nicht präziser geregelt werden sollte. Er wird gebeten, diese Aspekte bei der laufenden Revision des Gesetzes und des Plans zu berücksichtigen.

Der Bundesrat teilt das Anliegen der GPK, dass die Krisenorganisation des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) und des BAG untersucht und möglicherweise präziser geregelt werden muss. Aus diesem Grund hat der Bundesrat die BK beauftragt, das Krisenmanagement der Bundesverwaltung während der ersten und der zweiten Phase der Covid-19-Krise zu evaluieren und Empfehlungen zur Verbesserung vorzuschlagen. Der Bundesrat nahm die Berichte am 11. Dezember 2020 und am 22. Juni 2022 entgegen und beauftragte die BK sowie die zuständigen Departemente mit der Umsetzung der daraus resultierenden Empfehlungen. Ausgehend von der ersten Auswertung der BK wurden die BK und die zuständigen Departemente beauftragt, die bestehenden Grundlagen des Krisenmanagements (Verordnungen, Weisungen, Strategiepläne und Konzepte) im Hinblick auf eine langanhaltende und komplexe Krise zu prüfen. Des Weiteren sollte die BK gemeinsam mit den Departementen die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie die Zusammensetzung des BSTB und der eingesetzten departementalen Krisenstäbe prüfen und gegebenenfalls die ent-

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Po. 20.3242 FDP-Liberale Fraktion «Covid-19. Die richtigen Lehren aus der Krise ziehen»; Mo. 20.3162 SGK-S und Mo. 20.3165 SGK-N «Für eine risikobasierte Präventions- und Krisenstrategie zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten»; Po. 20.3297 Binder «Einsetzung einer Expertengruppe zwecks Nachbearbeitung der Corona-Pandemie und Erarbeitung der daraus zu ziehenden Konsequenzen»; Mo. 20.3263 Die Mitte-Fraktion und Mo. 20.3282 Ettlin Erich «Lehren aus der Covid-19-Pandemie für das Schweizer Gesundheitssystem ziehen»; Po. 21.3195 Dittli «Covid-19-Pandemie. für den Wissenschaftsstandort Schweiz».

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sprechenden Verordnungen und Weisungen überarbeiten. Dabei sollte auch der Rollenverteilung zwischen Krisenorganisationen und ordentlicher Departementsstruktur Rechnung getragen werden. Weiter sollte festgehalten werden, auf welcher Ebene die jeweilige Krisenorganisation tätig ist: operative und/oder strategische Ebene. Im Nachgang zur zweiten Auswertung wurden die BK und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) beauftragt, Verbesserungsvorschläge im Bereich der strategischen und operativen Organisation des Krisenmanagements aufzuzeigen. Die BK und das VBS werden in Zusammenarbeit mit den anderen Departementen dem Bundesrat bis Ende März 2023 ein Aussprachepapier mit Varianten zur Organisation des Krisenmanagements der Bundesverwaltung auf strategischer und operativer Ebene unterbreiten. Der Bundesrat wird anschliessend das weitere Vorgehen in Bezug auf die Überarbeitung der Grundlagen des Krisenmanagements bestimmen.

Parallel dazu beauftragte das BAG eine externe Firma damit, die Krisenbewältigung der Coronapandemie bis im Sommer 2021 zu evaluieren.5 Aus dieser Evaluation resultierten weitere fünf Empfehlungen, die sich sowohl an das BAG als auch an übergeordnete Organisationseinheiten und an den Bundesrat richten. Einige Empfehlungen konnten bereits während der Krise aufgenommen werden, andere sind derzeit in Umsetzung. Nach Ausbruch der Pandemie konstituierte der Bundesrat den BSTB und setzte den KSBC ein. Weiter koordinierte er deren Aktivitäten mit den departementalen Krisenstäben. Die zukünftige Organisation und Ausrichtung des BSTB ist Gegenstand von laufenden Arbeiten (vgl. Empfehlung 8). Am 19. Juni 2020 hat der Bundesrat die Auflösung des KSBC mit dem Ausstieg aus der ausserordentlichen Lage beschlossen und den Schlussbericht des KSBC zur Bewältigung der Coronakrise zur Kenntnis genommen. Der Schlussbericht beinhaltete diverse Erkenntnisse in Bezug auf die epidemiologische Überwachung, die Vorbereitung von politischen Handlungsoptionen und Entscheidungsgrundlagen, die Koordination mit weiteren Krisenstäben sowie die Krisenkommunikationszelle der BK und die Steuerung und Koordination des Krisenmanagements durch den Bundesrat. Zur Klärung der politischen Verantwortlichkeiten, der Entscheidkompetenzen sowie diverser Abläufe und Aufgaben wurde die
Krisenorganisation ab Herbst 2020 neu auf die bestehenden Strukturen ausgerichtet. Der Bundesrat setzte überdies einen Steuerungsausschuss ein, in dem alle Generalsekretärinnen und -sekretäre, die BK und die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) vertreten waren. Dieser etablierte sich als zentrales Gremium in der Pandemiebekämpfung. Zur Entlastung des Personals in der Covid-19-Taskforce des BAG und zur Sicherstellung der notwendigen fachlichen Kompetenzen wurden die Fach- und Führungsverantwortlichkeiten auf mehrere Personen verteilt und Expertinnen und Experten aus anderen Verwaltungseinheiten in die Covid-19-Taskforce des BAG integriert.

Ausgehend von den gewonnenen Erkenntnissen und Erfahrungen hat die Verbesserung der Planung für die Bewältigung von zukünftigen Krisen begonnen. Bereits im August 2021 hat das BAG die Arbeiten zur Revision des EpG mit dem übergeordneten Ziel, Lücken im Gesetz zu schliessen, die sich während der Coronapandemie of-

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«Evaluation der Krisenbewältigung Covid-19 bis Sommer 2021», Studie von Interface i.A. BAG

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fenbart haben, an die Hand genommen und die dazu notwendigen Projektgremien gebildet. Der Bundesrat wird voraussichtlich im Sommer 2023 die Vernehmlassung zum revidierten EpG eröffnen. Die Botschaft soll im Laufe des Jahres 2024 an das Parlament überwiesen werden. Parallel zur Revision des EpG läuft die Revision und Neuausrichtung des nationalen Pandemieplans. Die Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP) legte Ende 2021 ein Grobkonzept des künftigen Pandemieplans vor, das eine Neuausrichtung auf alle relevanten potenziell pandemischen Erreger vorsieht. Wichtige Bestandteile des Plans werden die medizinischen und die nicht medizinischen Massnahmen sowie die Klärung der Organisation, der Verantwortlichkeiten und der Kooperation sein. Das Projekt startet voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2022. Die Publikation und die öffentliche Vorstellung des neuen Pandemieplans sind für das Jahr 2024 geplant. Die BK und das VBS erarbeiten derzeit mit den anderen Departementen Varianten für die Organisation des Krisenmanagements der Bundesverwaltung auf strategischer und operativer Ebene und erstatten dem Bundesrat bis Ende März 2023 Bericht. Nach dem Entscheid des Bundesrates zur Krisenorganisation haben die BK und die Departemente bis Ende 2024 Zeit, die bestehenden Verordnungen, Weisungen, Strategiepläne und Konzepte im Zusammenhang mit dem Krisenmanagement zu aktualisieren. Darunter fallen unter anderem die Weisungen des Bundesrates vom 21. Juni 20196 über das Krisenmanagement in der Bundesverwaltung und die Verordnung vom 2. März 20187 über den Bundesstab Bevölkerungsschutz.

Empfehlung 2:

Pandemiepläne der Departemente

Dem Bundesrat wird empfohlen, im Hinblick auf künftige Krisen dafür zu sorgen, dass alle Departemente über einen aktualisierten betrieblichen Pandemieplan verfügen.

Wie bereits bei Empfehlung 1 erwähnt, wird der Bundesrat im März 2023 eine Aussprache über die Varianten zur Organisation des Krisenmanagements der Bundesverwaltung auf strategischer und operativer Ebene führen und anschliessend das weitere Vorgehen in Bezug auf die Überarbeitung der Grundlagen des Krisenmanagements festlegen. Im Rahmen der Revision des Pandemieplans wird der Bundesrat prüfen, welche Verwaltungseinheiten einen eigenen aktualisierten betrieblichen Pandemieplan vorliegen haben sollten. Angesichts der Neuausrichtung des Pandemieplans auf alle potenziell pandemischen Erreger wird der Pandemieplan eine übergeordnetere Funktion übernehmen und breiter einsetzbar sein als der ursprüngliche Influenza-Pandemieplan.8

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BBl 2019 4593 SR 520.17 Vgl. als Beispiel für einen ebenfalls erregerunspezifischen Pandemieplan: «Pandemieplan. Handbuch für die betriebliche Vorbereitung», BAG, 2019. Der Pandemieplan ist abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Das BAG > Publikationen > Broschüren und Poster > Publikationen zu übertragbaren Krankheiten > Pandemieplan: Handbuch für die betriebliche Vorbereitung.

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Empfehlung 3:

Krisenhandbuch

Dem Bundesrat wird empfohlen, dafür zu sorgen, dass das Krisenhandbuch des BAG anhand der Erkenntnisse aus der Pandemie gründlich überarbeitet wird.

Der Bundesrat wird zudem gebeten, zu prüfen, welche anderen Verwaltungseinheiten des Bundes über ein an ihre Besonderheiten angepasstes Krisenhandbuch verfügen sollten, und dafür zu sorgen, dass die entsprechenden Handbücher erstellt und regelmässig aktualisiert werden.

Die Überarbeitung des Krisenhandbuchs des BAG wird im Jahr 2023 an die Hand genommen. Derzeit werden die Projektgremien innerhalb des BAG gebildet sowie die Schnittstellen zu weiteren Revisionsprojekten wie beispielsweise der Versorgungssicherheit oder der Revision des EpG geklärt. Der Bundesrat wird die Empfehlungen der GPK zum Krisenhandbuch in diesem Rahmen prüfen und aufnehmen (vgl. Empfehlung 5).

Weiter hat der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, zusammen mit den anderen Departementen und der BK zu prüfen, ob eine bundesweite und einheitliche Schulung ­ unter Berücksichtigung der spezifischen Inhalte der verschiedenen Organisationseinheiten ­ im betrieblichen Kontinuitätsmanagement (Business Continuity Management [BCM]) notwendig ist und ob das BCM stärker in Krisenübungen integriert werden soll. Im Juni 2021 hat die Generalsekretärenkonferenz eine bundesweite Schulung zur Förderung eines gemeinsamen Verständnisses und zur homogenen Umsetzung des BCM beschlossen. Nach zwei Jahren (vier Kursdurchführungen) soll überprüft werden, ob die Schulung den Bedürfnissen der Bundesverwaltung entspricht. Die Koordinationsstelle BCM und die Sektion Strategische Führungsunterstützung der BK werden die BCM-Thematik zudem stärker in Krisenübungen einfliessen lassen.

Empfehlung 4:

Bearbeitung der Warnungen im Zusammenhang mit übertragbaren Krankheiten durch das BAG

Dem Bundesrat wird empfohlen, eingehend zu untersuchen, ob die Prozesse des BAG zur Bearbeitung der internationalen Warnungen im Zusammenhang mit übertragbaren Krankheiten (einschliesslich der Weitergabe der Informationen an das EDI und gegebenenfalls an den Bundesrat) angemessen sind oder ob es Verbesserungsmassnahmen braucht.

Der Bundesrat wird im Rahmen der Revision des EpG, des nationalen Pandemieplans und des Krisenhandbuchs des BAG die internationalen Informationsflüsse und -prozesse prüfen. Damit einhergehend hat der Bundesrat das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), das EDI (BAG) und das VBS beauftragt, in Zusammenarbeit mit den anderen Departementen die Mechanismen, Netzwerke und Plattformen der EU für ein effektives Krisenmanagement der Bundesverwaltung darzulegen. Weiter hat der Bundesrat das EDI (BAG, Bundesamt für Statistik [BFS]) zusammen mit dem VBS (Koordinierter Sanitätsdienst [KSD]) beauftragt, das Daten-

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management im Gesundheitsbereich zu verbessern und dadurch auch die Informationsübermittlung innerhalb der Bundesverwaltung sowie die Kompatibilität in der Datenübermittlung mit den Kantonen und weiteren relevanten Instanzen zu stärken.

Die Empfehlung 4 der GPK soll in die Arbeiten aufgenommen werden.

Bereits vor der Krise hat das BAG die Informationen und Warnungen zu übertragbaren Krankheiten auf internationaler Ebene täglich aktiv verfolgt und seinen Partnern zur Verfügung gestellt. Das BAG fungiert im Rahmen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) vom 23. Mai 20059 als nationale Anlaufstelle und ist in dieser Funktion für die Verarbeitung und Weiterleitung der über die IGV erhaltenen Informationen und Warnungen zuständig. Die nationale Anlaufstelle steht rund um die Uhr im Austausch mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und anderen nationalen Anlaufstellen. Während der Coronapandemie erhielt die Schweiz im Januar 2020 auf Anfrage bei der Europäischen Kommission einen temporären und ausserordentlichen Zugang zu den Krisenmechanismen der Europäischen Union (EU). Insbesondere der Zugang zum «Early Warning and Response System» war von zentraler Bedeutung für den Erhalt von verlässlichen und zeitlich kritischen Informationen im internationalen Kontext. Für die Weiterverarbeitung der internationalen Informationen innerhalb der Bundesverwaltung konnten verschiedene Prozesse ausgebaut und intensiviert werden.

Gerade während kritischen Phasen standen das BAG und das EDI über epidemiologische Lageberichte, wöchentliche Austauschgefässe und Ad-hoc-Sitzungen täglich im Austausch. Das EDI stellte wiederum die Weitergabe der Informationen im internationalen Kontext an den Bundesrat über Informationsnotizen, Aussprachepapiere und Anträge sicher.

Empfehlung 5:

Zusammenarbeit zwischen dem mit dem Krisenmanagement betrauten Bundesamt und den anderen Akteuren

Dem Bundesrat wird empfohlen, in seinen Vorgaben für die Krisenorganisation festzuhalten, dass zu Beginn einer Krise ein klares, auf objektiven Kriterien beruhendes Konzept für die Schnittstellen zwischen dem für die Krisenbewältigung zuständigen Bundesamt (bzw. dem «Fach-Krisenstab») und den anderen Akteuren zu definieren ist.

Ein solches Konzept sollte eine Liste der Schnittstellen auf der Stufe der Arbeitsgruppen, eine Liste der direkt im «Fach-Krisenstab» vertretenen Einheiten und eine Liste der Mitgliedschaften des Bundesamtes in externen Gremien enthalten.

Dem Bundesrat wird insbesondere empfohlen, diese Erwägungen in die Aktualisierung des Krisenhandbuchs des BAG, in die laufende Revision des Epidemiengesetzes und des Pandemieplans sowie in die künftige Überarbeitung der Weisungen des Bundesrates über das Krisenmanagement einfliessen zu lassen.

Die Zusammenarbeit zwischen dem mit dem Krisenmanagement betrauten Bundesamt und den anderen Akteuren wurde eingehend in den Auswertungen der BK sowie der externen Evaluation der Covid-19-Takforce des BAG analysiert (vgl. Empfehlung 1). Ausgehend von den Empfehlungen der zweiten Auswertung der BK prüfen 9

SR 0.818.103

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die BK und das VBS im Hinblick auf die künftige Organisation des Krisenmanagements innerhalb der Bundesverwaltung bis Ende März 2023 die Anschlussfähigkeit für Akteure aus dem föderalen System und für Dritte (Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft). Bezüglich der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen in der Coronapandemie wird der Bundesrat Ende September 2022 eine Stellungnahme an die Kantone verabschieden, welche das erkannte Verbesserungspotenzial erläutert, auf die Forderungen des Berichts der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) bezüglich den Verbesserungen des vertikalen und horizontalen Krisenmanagements von Bund, Kantonen und Gemeinden eingeht und Vorschläge für das weitere Vorgehen macht. Wie die Zusammenarbeit Bund und Kantonen verbessert werden kann, wird ebenfalls im Zusammenhang mit der Umsetzung des Postulats 20.4522 Cottier «Föderalismus im Krisentest. Die Lehren aus der Covid-19-Krise ziehen» behandelt. In Bezug auf die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft werden im Rahmen der Umsetzung des Postulats 20.3280 Michel «Wissenschaftliches Potenzial für Krisenzeiten nutzen» verschiedene Varianten der wissenschaftlichen Politikberatung in Krisenzeiten aufgezeigt werden. Der Bundesrat wird die daraus resultierenden Erkenntnisse unter anderem in die Revision des EpG, des Pandemieplans, des Krisenhandbuchs des BAG sowie in die Weisungen des Bundesrates über das Krisenmanagement einfliessen lassen.

Berücksichtigt werden sollen ebenfalls die Massnahmen, die während der Coronapandemie bereits ergriffen wurden. Beispielsweise konnte die zu Beginn der Pandemie herausfordernde Zusammenarbeit mit der Wissenschaft durch das Mandat der Swiss National COVID-19 Science Task Force etabliert und verbessert werden. Weiter konnte mit der Integration von Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Verwaltungseinheiten in die Covid-19-Taskforce des BAG das Netzwerk zu Dritten ausgebaut werden. Ein schneller Einbezug relevanter Stakeholder in das Krisenmanagement konnte dadurch sichergestellt werden (z. B. Kultur-, Gastro- und Reisebranche).

Empfehlung 6:

Handbuch für das Personalmanagement in Krisenzeiten

Dem Bundesrat wird empfohlen, dafür zu sorgen, dass ein Referenzdokument für das Personalmanagement in Krisenzeiten erstellt wird oder dass die bereits existierenden Dokumente ergänzt werden, damit die vom Krisenmanagement besonders in Anspruch genommenen Bundesämter zu gegebener Zeit die entsprechenden Entscheide in Sachen Personalmanagement treffen können.

Der Bundesrat hat ausgehend von den Auswertungen der BK diverse Aufträge zur Verbesserung der Vorbereitung des Bundespersonals auf Krisen ausgesprochen. Bei einem temporären Einsatz von Mitarbeitenden in einer anderen Verwaltungseinheit der Bundesverwaltung ergeben sich verschiedene administrative Fragestellungen, die zwischen den Verwaltungseinheiten geregelt werden müssen. Das EFD (Eidgenössisches Personalamt [EPA]) hat eine Mustervereinbarung erarbeitet, mit der für einen temporären Personalaustausch die administrativen Fragestellungen geregelt und die Rahmenbedingungen festgelegt werden können. Die Mustervereinbarung wird bereits beim Staatssekretariat für Migration (SEM) im Rahmen der Bewältigung der UkraineKrise eingesetzt. Weiter werden seit dem 1. Mai 2022 alle neuen Arbeitsverträge mit einer Klausel ergänzt, die besagt, dass die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung für 8 / 15

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höchstens zwölf Monate an einem anderen Ort und in einer anderen Funktion eingesetzt werden können. Das EPA hat zur Unterstützung der Verwaltungseinheiten der Bundesverwaltung Fragen und Antworten (FAQ) mit den häufigsten Personalrechtsfragen im Zusammenhang mit besonderen und ausserordentlichen Lagen erstellt und publiziert. Schliesslich wird die Aufnahme von individuellen Kompetenzen der Mitarbeitenden im Informationssystem Personaldatenmanagement (IPDM) im Projekt SUPERB (Cluster Personal) im Zusammenhang mit der Anwendung des Kompetenzmodells weiterverfolgt, um im Krisenfall möglichst rasch die nötigen Kompetenzen lokalisieren zu können. In Erfüllung eines weiteren Auftrags des Bundesrates haben die BK und das EPA in Zusammenarbeit mit weiteren Verwaltungseinheiten ein auf Modulen basierendes Weiterbildungskonzept für das Krisenmanagement erarbeitet.

Der inhaltliche Fokus liegt dabei auf der Krisenmanagement-Organisation des Bundes, der Einführung in die Krisenbewältigung und der Stabsarbeit. Ziel der Aus- bzw.

Weiterbildung ist es, Schlüsselpersonen des Krisenmanagements auf Krisensituationen und die entsprechenden Herausforderungen vorzubereiten und damit die Handlungsfähigkeit der Bundesverwaltung sicherzustellen.

Das EFD (EPA) wird zusammen mit dem VBS, dem EDA (Krisenmanagement-Zentrum [KMZ]), dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) (Bundesamt für Polizei [Fedpol]) und der BK in Konsultation mit den anderen Departementen bis Ende 2022 Krisenmanagementkompetenzen definieren und das Kompetenzmodell des Bundes entsprechend erweitern. Zudem wird es bis Mitte 2023 zusammen mit der Human-Resources-Konferenz Bund den Prozess festlegen, um bei Bedarf innerhalb der Bundesverwaltung rasch Personalressourcen temporär für andere Aufgaben vermitteln beziehungsweise in anderen Verwaltungseinheiten einsetzen zu können.

Zudem soll auch im Rahmen der Überarbeitung von Krisenhandbüchern in der Bundesverwaltung darauf hingewirkt werden, dass einerseits rasch benötigte Ressourcen identifiziert werden können und andererseits die nötige Infrastruktur zur Integration von extern mobilisiertem Personal bereitgestellt werden kann.

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Empfehlung 7:

Entscheidkompetenzen im mit dem Krisenmanagement betrauten Bundesamt

Dem Bundesrat wird empfohlen, sicherzustellen, dass künftig, wenn ein «FachKrisenstab» eingesetzt wird, für alle Ebenen dieses Stabs die Entscheidkompetenzen klar definiert sind, dass im Krisenorganigramm ausdrücklich aufgeführt ist, welches Organ für die strategische Führung und die endgültige Beschlussfassung auf Stufe des Amtes verantwortlich ist, und dass die Arbeiten und Entscheide dieses Organs schriftlich festgehalten werden.

Dem Bundesrat wird zudem empfohlen, die Rolle der Geschäftsleitung des Amtes in Krisenzeiten und deren Verhältnis zum Krisenstab grundsätzlich zu prüfen und die Ergebnisse dieser Prüfung den GPK zu übermitteln.

Dem Bundesrat wird ferner empfohlen, anhand des Beispiels des damaligen BAG-Direktors grundsätzliche Überlegungen darüber anzustellen, welche Rolle die Amtsdirektorinnen und -direktoren in Krisenzeiten spielen sollen und ob es zweckmässig ist, dass diese Personen Führungsaufgaben in mehreren Krisenorganen gleichzeitig wahrnehmen.

Der Bundesrat teilt das Anliegen der GPK, dass die Entscheidkompetenzen innerhalb einer Krisenorganisation für die erfolgreiche Bewältigung einer Krise möglichst früh und klar zu definieren sind. Die Coronapandemie hat gezeigt, dass die Neuausrichtung der Krisenorganisation auf die Regelstrukturen nach der ersten Pandemiewelle und die damit einhergehende klarere Verteilung der Verantwortlichkeiten entscheidend für den weiteren Verlauf der Krisenbewältigung war (vgl. Empfehlung 1). Insbesondere die Funktion der Direktorin des BAG wurde mit dieser Neuausrichtung der Krisenorganisation deutlicher und sie konnte ihre Verantwortlichkeiten besser wahrnehmen. Auch die Rolle der Geschäftsleitung des BAG konnte geklärt werden. Die nicht in die Krisenstruktur involvierten Mitglieder der Geschäftsleitung stellten sicher, dass die weiteren, nicht depriorisierbaren Aufgaben des Amtes nach der ersten Pandemiewelle wieder aufgenommen und vorangetrieben wurden. Es hat sich gezeigt, dass neben der Klärung der strategischen Führung die kurzfristige Stärkung des am meisten von der Krise betroffenen Amtes in unterschiedlichen Bereichen ausschlaggebend ist.

Das BAG wurde beispielsweise beim Aufbau des Covid-Zertifikats vom Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT), bei der Beschaffung von wichtigen medizinischen Gütern vom VBS sowie bei der
Erarbeitung der Rechtsgrundlagen vom Bundesamt für Justiz (BJ) unterstützt.

Der Bundesrat wird die Empfehlung 7 in koordinierter Form mit den Erfahrungen aus der Krise sowie den Empfehlungen der BK und der externen Evaluation des BAG prüfen und in die Revision des EpG, des Pandemieplans sowie den Weisungen des Bundesrates über das Krisenmanagement in der Bundesverwaltung einfliessen lassen.

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Empfehlung 8:

Strukturen und Aufgaben des BSTB

Dem Bundesrat wird empfohlen, die Geeignetheit der Strukturen des BSTB und die diesem Organ zugewiesenen Aufgaben zu prüfen, insbesondere die Möglichkeit, Entscheidgrundlagen zu erarbeiten und Anträge an den Bundesrat oder weitere Akteure zu stellen.

Empfehlung 9:

Bestimmungen, Funktion und Kompetenzen des Ad-hoc Krisenstabs

Dem Bundesrat wird empfohlen, die Bestimmungen für den Ad-hoc-Krisenstab und die Funktion dieses Organs ­ im Sinne der bereits erteilten Aufträge im Rahmen der Evaluation der BK ­ zu überdenken. Sollte er an diesem Organ festhalten wollen, sind dessen Kompetenzen bezüglich der Vorbereitung von Handlungsoptionen und Entscheidgrundlagen für den Bundesrat zu präzisieren. Dabei ist auch zu klären, ob der Ad-hoc-Krisenstab gegebenenfalls ein direktes Antragsrecht zuhanden des Bundesrates oder weiterer Akteure erhalten soll. Ausserdem soll geklärt werden, auf welcher Normstufe dessen Organisation geregelt wird.

Wie bereits bei Empfehlung 1 erläutert, hat der Bundesrat im Nachgang der ersten Auswertung der BK die BK und das VBS beauftragt, die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie die Zusammensetzung des BSTB, des Ad-hoc-Krisenstabes des Bundesrates und der eingesetzten departementalen Krisenstäbe zu prüfen und gegebenenfalls die entsprechenden Verordnungen und Weisungen zu überarbeiten. Die BK und das VBS (Bundesamt für Bevölkerungsschutz [BABS]) haben zu diesem Zweck bereits erste bilaterale Workshops durchgeführt und werden dem Bundesrat bis Ende März 2023 Bericht erstatten. Nach dem Entscheid des Bundesrates zur Krisenorganisation haben die BK und die Departemente bis Ende 2024 Zeit, die bestehenden Verordnungen, Weisungen, Strategiepläne und Konzepte im Zusammenhang mit dem Krisenmanagement zu aktualisieren. Darunter fallen unter anderem die Weisungen des Bundesrates über das Krisenmanagement in der Bundesverwaltung und die Verordnung des Bundesstabes für Bevölkerungsschutz. Darüber hinaus wird die Rolle des BSTB im Rahmen der Umsetzung des Postulats 21.3205 der Fraktion FDP-Liberale «Rolle des Bundesstabes für Bevölkerungsschutz im Rahmen der Covid-19-Pandemie» analysiert. Der Bundesrat wird die Empfehlungen 8 und 9 in diese Analyse miteinbeziehen und entsprechend prüfen.

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Empfehlung 10:

Grundsätzliche Überlegungen über die Krisenorganisation zu Beginn der Krise

Dem Bundesrat wird empfohlen, dafür zu sorgen, dass in künftigen Krisen frühzeitig ­ also sobald erkannt wird, dass es sich um eine bereichsübergreifende Krise handelt ­ grundsätzliche Überlegungen über die Krisenorganisation angestellt werden. Er wird gebeten, diesen Aspekt bei der laufenden Revision des Epidemiengesetzes, des Pandemieplans und der Weisungen über das Krisenmanagement im Allgemeinen zu berücksichtigen.

In Bezug auf den spezifischen Fall einer Pandemie empfehlen die GPK dem Bundesrat insbesondere, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll wäre, an die Feststellung der «besonderen Lage» im Sinne des Epidemiengesetzes automatisch den Beschluss über die Krisenorganisation und die Zuständigkeiten der verschiedenen beteiligten Organe zu knüpfen, unter Berücksichtigung der bereits in Artikel 6 Absatz 3 EpG vorgesehenen Koordinationsaufgabe des EDI.

Empfehlung 11:

Berücksichtigung des globalen Ausmasses und des bereichsübergreifenden Charakters sowie der Dauer einer Krise

Dem Bundesrat wird empfohlen, die bestehenden Instrumente zur Früherkennung von Krisen um einen klareren, auf Indikatoren beruhenden Prozess zu ergänzen, anhand dessen er frühzeitig feststellen kann, ob es sich möglicherweise um eine bereichsübergreifende Krise globalen Ausmasses handelt.

Dem Bundesrat wird empfohlen, bei einer bereichsübergreifenden Krise globalen Ausmasses sicherzustellen, dass alle thematischen Dimensionen der Krise in der Krisenorganisation ausgewogen berücksichtigt werden.

Zu guter Letzt wird dem Bundesrat empfohlen, dafür zu sorgen, dass die Verwaltung in Fällen von möglichen Krisen den Fragen im Zusammenhang mit der Krisendauer (Aufgabenverzicht, Personalplanung, Durchhaltefähigkeit von Krisenstrukturen) grössere Aufmerksamkeit schenkt. Der Bundesrat wird gebeten, diesen Aspekt bei der künftigen Revision der Krisenorganisation des Bundes zu prüfen und den GPK die entsprechenden Massnahmen, insbesondere in Bezug auf die Rechtsgrundlagen und einschlägigen Vorgaben sowie die Personalausbildung, zu präsentieren.

Der Bundesrat wird die Empfehlung 10 im Rahmen der Revision des EpG, des Pandemieplans sowie den Weisungen des Bundesrates über das Krisenmanagement in der Bundesverwaltung eingehend prüfen. Der Bundesrat hat zudem die BK und das VBS beauftragt, zu den Varianten zur Verbesserung des strategischen und operativen Krisenmanagements die möglichen Auslösekriterien für eine überdepartementale Krisenstruktur zu definieren.

Der Bundesrat teilt die Ansicht, dass der Kriseneinstieg wichtig ist und dabei der Bestimmung der Federführung, des globalen Ausmasses und der Dauer der Krise eine hohe Bedeutung zukommt (Empfehlung 11). Er hält es jedoch nicht für zielführend, 12 / 15

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an die Feststellung der «besonderen Lage» im Sinne des EpG automatisch den Beschluss über die Krisenorganisation und die Zuständigkeiten der verschiedenen beteiligten Organe zu knüpfen. Eine Krise entwickelt sich. Zu Beginn lässt es sich oftmals nicht abschliessend erkennen, welche Amtsstellen wirklich involviert sein werden.

Dasselbe gilt für die Bestimmung der Reichweite und Dauer der Krise. Die rechtlichen Grundlagen zur Bestimmung der Federführung sind aus Sicht des Bundesrates genügend. Die Weisungen des Bundesrates über das Krisenmanagement der Bundesverwaltung halten fest, dass sich die Departemente im Krisenfall auf die Federführung einigen müssen. Eine vorherige Zuordnung der Federführung wäre nie vollständig, da sich die Art der Krise nicht voraussagen lässt.

2.3 Motion 1:

Zu den Vorstössen der GPK Rechtsgrundlagen für einen «Fach-Krisenstab»

Der Bundesrat wird ersucht, ausgehend vom Beispiel der Covid-19-Taskforce des BAG in der Covid-19-Krise die bestehenden Rechtsgrundlagen des Krisenmanagements anzupassen und zu ergänzen, um die Aktivitäten eines «Fach-Krisenstabs» in Krisenzeiten besser einzurahmen.

Auf der Grundlage dieser Rechtsgrundlagen sollte erstens bestimmt werden können, welches Departement (bzw. welche Departemente) und welches Bundesamt (bzw. welche Bundesämter) für das Krisenmanagement federführend sind.

Zweitens sollten in diesen Rechtsgrundlagen Grundsätze für den Krisenstab dieses Bundesamtes («Fach-Krisenstab») festgelegt sein, namentlich zu folgenden Aspekten: Modalitäten der Einsetzung, Festlegung der Aufgaben, Führungsstrukturen, Schnittstellen mit dem Bundesrat und den anderen Akteuren des Krisenmanagements, finanzielle und personelle Ressourcen sowie Kommunikation.

Die bisherigen Auswertungen der BK haben gezeigt, dass die Bundesverwaltung über die relevanten rechtlichen Grundlagen zur Bewältigung einer Krise verfügt, diese aber nicht immer konsequent angewandt hat. Daher wird, wie in Ziffer 2.2 ausführlich dargelegt, derzeit geprüft, inwiefern die rechtlichen Grundlagen angepasst oder organisatorische Massnahmen ergriffen werden müssen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die berechtigten Anliegen der Motionen 22.3506 und 22.3507 «Rechtsgrundlagen für einen » in den laufenden Arbeiten sowie in der Prüfung der Empfehlungen der GPK bereits ausreichend aufgenommen werden. Wie bei den Empfehlungen 10 und 11 erläutert, hält es der Bundesrat als nicht zielführend, bereits vor jeder Krise die Federführung des Amts oder Departements zu bestimmen. Die Weisungen des Bundesrates über das Krisenmanagement der Bundesverwaltung bestimmen, dass sich die Departemente im Krisenfall auf die Federführung einigen. Weiter wird geregelt, dass die Departemente eigenständig über die Einsetzung ihrer Krisenstäbe entscheiden und die departementsrelevanten Rechtsgrundlagen, welche auch in ordentlichen Strukturen gelten, angewendet werden. Der Bundesrat möchte nicht jede Modalität für Fach-Krisenstäbe regeln. Eine Krise fordert Flexibilität und Agilität.

Das zeigte sich ebenfalls in der Coronapandemie. Zu viele Vorschriften schränken die 13 / 15

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Handlungsfähigkeit ein. Die optimale Organisation variiert je nach Fachbereich.

Demgegenüber möchte der Bundesrat auf Krisenmanagementausbildungen und Übungen setzen. Mit der Gesamtplanung «Grosse Übungen 2021­2029» strebt der Bundesrat einen Paradigmenwechsel im Übungswesen an, indem häufiger geübt und durch Fokusthemen ein breiteres Angebot an Übungsthemen ermöglicht wird.

Der Bundesrat hat aus diesen Gründen am 31. August 2022 die Ablehnung der Motionen beantragt.

Postulat 1:

Gesamtbilanz und Revision der Krisenorganisation des Bundes anhand der Lehren aus der Covid-19-Krise

Der Bundesrat wird eingeladen, so rasch wie möglich, aber spätestens im Jahr 2023, unter Einbezug aller betroffenen Akteure eine kritische Gesamtbilanz seiner Krisenorganisation zu ziehen. Der Bundesrat wird ersucht, auf der Grundlage dieser Bilanz ein Konzept für die künftige Krisenorganisation des Bundes zu erstellen.

Zudem wird der Bundesrat gebeten, nach der Erstellung dieses Konzepts zu prüfen, welche Änderungen an allen das Krisenmanagement betreffenden Rechtsgrundlagen, Vorgaben, Weisungen, strategischen Plänen und Konzepten ­ unter anderem am RVOG, an der RVOV und an den Weisungen des Bundesrates über das Krisenmanagement ­ vorzunehmen sind.

Weiter wird der Bundesrat ersucht, zu prüfen, ob in den Rechtsgrundlagen und den Vorgaben für die von möglichen Krisen betroffenen spezifischen Themenbereiche (z. B. Epidemiebekämpfung, Stromversorgung, nukleare Sicherheit oder Bewältigung von Naturkatastrophen) Änderungen betreffend die Krisenorganisation vorzunehmen sind.

Vom Bundesrat wird verlangt, die Ergebnisse seiner Arbeiten in einem Bericht darzulegen.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ein zusätzlicher Bericht zum Krisenmanagement der Bundesverwaltung keinen Mehrwert bietet. Die Berichte der BK thematisieren die in den Postulaten 22.3508 und 22.3509 «Gesamtbilanz und Revision der Krisenorganisation des Bundes anhand der Lehren aus der Covid-19-Krise» aufgeworfenen Bedenken zur Normenhierarchie, zum Departementalprinzip sowie zum bereichsübergreifenden Ansatz. Konzeptionelle Arbeiten zur Verbesserung des Krisenmanagements sind ­ wie auch obige Ausführungen aufzeigen ­ im Gange und Umsetzungsvorschläge dazu werden bis März 2023 vorgestellt. Zudem wurde der Bundesrat be-

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BBl 2022 2392

reits in diversen parlamentarischen Vorstössen beauftragt, über das Krisenmanagement Bericht zu erstatten und Verbesserungsvorschläge aufzuzeigen.10 Der Bundesrat ist der Ansicht, dass das Anliegen der Postulate innerhalb dieser Arbeiten wie auch der Prüfung der Empfehlungen der GPK ausreichend aufgenommen wurde und die Ausarbeitung eines weiteren Berichts diese bereits laufenden Arbeiten verzögern würde.

Der Bundesrat hat aus diesen Gründen am 31. August 2022 die Ablehnung der Postulate beantragt.

10

Po. 20.3242 FDP-Liberale Fraktion «Covid-19. Die richtigen Lehren aus der Krise ziehen»; Mo. 20.3162 SGK-S und Mo. 20.3165 SGK-N «Für eine risikobasierte Präventions- und Krisenstrategie zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten»; Po. 20.3297 Binder «Einsetzung einer Expertengruppe zwecks Nachbearbeitung der Corona-Pandemie und Erarbeitung der daraus zu ziehenden Konsequenzen»; Mo. 20.3263 Die Mitte-Fraktion und Mo. 20.3282 Ettlin Erich «Lehren aus der Covid-19-Pandemie für das Schweizer Gesundheitssystem ziehen»; Po. 21.3195 Dittli «Covid-19-Pandemie. für den Wissenschaftsstandort Schweiz».

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