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Kreisschreiben des

Bundesrathes an die Schweiz. Eisenbahnverwaltungen, betreffend möglichste Verhütung von Zugsverspätungen.

(Vom 21. Dezember 1889.)

Tit.

Wir haben uns gezwungen gesehen, einer Eisenbahngesellschaft gegenüber von der uns im Art. 34 des Eisenbahngesetx.es eingeräumten Strafbefugniß Gebrauch zu machen. Wir bedauern, an Hand des bei diesem Anlasse vom Eisenbahndepartement erstatteten allgemeinen Berichtes konstatiren zu müssen, daß auch in Ansehung einer Reihe anderer Gesellschaften die auf eine möglichst genaue Einhaltung der Fahrordnungen gerichtete Kontrole bisher nicht von dem gewünschten Erfolge begleitet war. So viel uns daran gelegen ist, daß das Eisenbahndepartement auch künftig zunächst mit Mahnungen vorgehe, so glaubten wir doch, uns dahin aussprechen zu sollen, daß, wo trotz der Rügen des Departements verschuldete Zugsverspätungen sich wiederholen, unnachsichtlich Strafantrag gestellt werden soll.

Es ist uns namentlich aufgefallen, daß bei einzelnen Gesellschaften die Verkehrsvermehrung öfter zum Ausgangspunkt vermehrter Zugsverspätungen wird, und daß die fortgesetzten Einladungen des Departements, rechtzeitig die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, nur ein unzulängliches Gehör finden, obschon doch die Erfahrungen derjenigen Verwaltungen, welche einen g e n ü g e n d e n Fahrplan für die voraussichtlichen Bedürfnisse des Personen- und Güterverkehrs vorsehen und dann auch selten zu Klagen wegen Zugsverspätungen Anlaß geben, darthun, daß diesem Verfahren auch ökonomische Schädigungen nicht folgen. Wenn es aber auch wäre, daß vergrößerte Ausgaben daraus erwachsen sollten, so wollen die Verwaltungen daran sich erinnern, daß sie mit dem Recht auf die Beförderung von Personen und Gütern auch die Pflicht übernommen haben, den Verkehr so gut und so prompt zu befördern, als es die mit der Zeit fortzubildenden Einrichtungen gestatten.

1346 Auch können wir nicht zugeben, daß die den Personenzügen reglementarisch auffallenden Obliegenheiten als regelmäßige Entschuldigung für Zugsverspätungen dienen. Wenn es sich ergibt, dass ein Zug seiner Aufgabe nicht allseilig genügen kann, so müssen, spätestens für die folgende Fahrplanperiode, die Aenderungen getroffen werden, welche nach Maßgabe desVerkehrsbedürfnissess nöthig erseheinen.

Unter allen Umständen wird ein Verschulden zu erkennen sein, wo die Regelmäßigkeit der Personenzüge durch den Güterdienst beeinträchtigt wird. Es hat seine guten Gründe, daß die Bahnen selbst die V e r p f l i c h t u n g zur Mitnahme von Eiltransporten in den Schnell- und beschleunigten Zügen und als Regel auch die Beförderung von Frachtgut in den gewöhnlichen Personenzügen ablehnen. Soweit die Verwaltungen trotzdem dus R e c h t in Anspruch nehmen , diese Züge zu solchen Transporten zu benutzen, so haben sie auch alle daraus sieh ergebenden Folgen 211 tragen.

Was die von außen kommenden Einflüsse (Verspätung der Anschlussanstalten) betrifft, so erklären wir uns ganz mit der Auffassung einverstanden, welche das Departement in dem Kreisschreiben vom 2. November d. J. vertreten hat, dahingehend, daß die dem lokalen Verkehr dienenden Züge rechtzeitig abgelassen und die Reisenden der Anschlußzüge eventuell vermittelst Sonderzügen weiter geführt werden sollen, wenn in Ermanglung solcher Maßnahmen die Fahrordnung anderer Züge erheblich beeinträchtig!, würde, oder interne Anschlüsse gefährdet erscheinen.

Für die Bedürfnisse des Zoll- und Postdienstes mögen die Bahn Verwaltungen eventuell verlängerte U m s c h l a g f r i s t e n beantragen.

Das Eisenbahndepartement ist eingeladen, im Sinne vorstehender Ausführungen zu verfahren.

Mit vollkommener Hochachtung !

B e r n , den 21. Dezember 1889.

Im Namen des Schweiz Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Kreisschreiben des Bundesrathes an die Schweiz. Eisenbahnverwaltungen, betreffend möglichste Verhütung von Zugsverspätungen. (Vom 21. Dezember 1889.)

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1889

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28.12.1889

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1345-1346

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