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zu 15.455 Parlamentarische Initiative Missbräuchliche Untermiete vermeiden Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 18. August 2022 Stellungnahme des Bundesrates vom 19. Oktober 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 18. August 20221 betreffend die parlamentarische Initiative 15.455 «Missbräuchliche Untermiete vermeiden» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. Oktober 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 18. Juni 2015 reichte der damalige Nationalrat Hans Egloff die parlamentarische Initiative 15.455 «Missbräuchliche Untermiete vermeiden» ein. Mit der parlamentarischen Initiative soll Artikel 262 des Obligationenrechts (OR)2 angepasst und ergänzt werden. Die Mieterin oder der Mieter soll die gemietete Sache nur noch mit der schriftlichen Zustimmung der Vermieterin oder des Vermieters ganz oder teilweise untervermieten dürfen. Zudem hat die Mieterin oder der Mieter ein schriftliches Untermietbegehren mit einem gesetzlich konkretisierten Inhalt an die Vermieterin oder den Vermieter zu richten, sofern die Parteien nicht schriftlich eine andere Vereinbarung getroffen haben. In Bezug auf Änderungen während der Untermietdauer besteht eine Informationspflicht der Mieterschaft gegenüber der Vermieterschaft. Die Aufzählung der Gründe, die eine Vermieterin oder einen Vermieter zur Verweigerung der Zustimmung berechtigen, soll beispielhaft und nicht mehr abschliessend sein. Zudem soll die Vermieterschaft die Zustimmung bei einer vorgesehenen Untermietdauer von mehr als zwei Jahren verweigern dürfen. Der geänderte Artikel 262 OR soll ein ausserordentliches Kündigungsrecht der Vermieterin oder des Vermieters nach erfolgloser schriftlicher Mahnung enthalten.

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) hat der parlamentarischen Initiative am 12. Mai 2016 mit fünfzehn zu zehn Stimmen Folge gegeben. Diesem Beschuss erteilte die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) am 30. August 2016 mit fünf zu vier Stimmen bei einer Enthaltung keine Zustimmung.

Der Nationalrat entschied am 13. März 2017 mit 109 zu 77 Stimmen bei zwei Enthaltungen, der parlamentarischen Initiative Folge zu geben. Diesem Beschluss folgte die RK-S am 25. April 2017 mit sechs zu drei Stimmen bei einer Enthaltung. Damit wurde die RK-N beauftragt, innerhalb von zwei Jahren eine Vorlage auszuarbeiten. Am 22. März 2019 verlängerte der Nationalrat die Behandlungsfrist des Geschäfts bis zur Frühjahrssession 2021, und am 19. März 2021 wurde die Frist um weitere zwei Jahre verlängert.

Die RK-N hat die Arbeiten an der Umsetzung der parlamentarischen Initiative sowie drei weiterer parlamentarischer Initiativen (16.458 Vogler «Keine unnötigen Formulare bei gestaffelten Mietzinserhöhungen», 16.459 Feller «Mietvertragsrecht. Auf
mechanischem Wege nachgebildete Unterschriften für zulässig erklären» und 18.475 (Merlini) Markwalder «Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf des Vermieters oder seiner Familienangehörigen») an ihrer Sitzung vom 5. Februar 2021 aufgenommen. Dabei hat sie entschieden, die vier parlamentarischen Initiativen in einem einzigen Verfahren umzusetzen, aber in drei Entwürfen. Die Vorlage zur Untermiete bezog sich auch auf die Regelung der Vermietung im Pachtverhältnis gemäss Artikel 291 OR (Unterpacht). Zu den Vorlagen betreffend die Untermiete und die Kündigung wegen Eigenbedarfs gab es mehrere Minderheitsanträge.

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Damit war die Grundlage geschaffen, um eine Vernehmlassung zu drei separaten Vorentwürfen durchführen zu können. Am 6. September 2021 eröffnete die RK-N die Vernehmlassung zu den Vorentwürfen in Umsetzung der vier parlamentarischen Initiativen. Bis zum Ablauf der Vernehmlassungsfrist am 6. Dezember 2021 sind insgesamt 64 Antworten eingegangen, wovon 60 eine inhaltliche Stellungnahme enthielten.

Die Vernehmlassungsteilnehmer konnten sich zu den Vorentwürfen von zwei Gesetzesartikeln mit jeweils sechs Absätzen, zu einem Minderheitsantrag betreffend Nichteintreten und zu sieben Minderheiten mit Blick auf die Gesetzesartikel äussern. Viele Stellungnahmen enthielten Anträge, Hinweise und Ergänzungen, welche aus dem Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung hervorgehen. Zusammengefasst ergab sich das folgende Bild, ohne Anträge, Hinweise und Ergänzungen, aber mit Nennung der Gesamtzahl der zum jeweiligen Absatz eingereichten Stellungnahmen: ­

Artikel 262 Absatz 1 OR (schriftliche Zustimmung des Vermieters): Es sind insgesamt 28 Stellungnahmen eingegangen. 19 Teilnehmer äusserten sich positiv, ein Teilnehmer kann den Absatz eventualiter akzeptieren.

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Artikel 262 Absatz 2 OR (schriftliches Untermietbegehren des Mieters): Insgesamt 21 Stellungnahmen haben sich auf diese Regelung bezogen.

19 Teilnehmer äusserten sich zustimmend, ein Teilnehmer kritisch und ein Teilnehmer kann den Absatz eventualiter akzeptieren.

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Artikel 262 Absatz 3 OR (Informationspflicht des Mieters): Es sind insgesamt elf Stellungnahmen eingegangen. Neben neun zustimmenden Aussagen gibt es eine kritische Würdigung. Ein Teilnehmer kann den Absatz eventualiter akzeptieren.

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Artikel 262 Absatz 4 OR (Verweigerungsgründe des Vermieters): Insgesamt 47 Stellungnahmen haben auf diesen Absatz Bezug genommen. In sieben Rückmeldungen wurde die nicht abschliessende Aufzählung der Verweigerungsgründe begrüsst, in zwölf Antworten wurde sie kritisch gewürdigt. Fünfzehn Teilnehmer äusserten sich positiv zu Befristung der Untermiete, 23 Teilnehmer sehen diese Änderung kritisch.

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Artikel 262 Absatz 4 OR ­ Minderheit I (abschliessende Aufzählung; keine Befristung auf zwei Jahre; Wohnraum): Insgesamt 38 Stellungnahmen sind zu diesem Antrag eingegangen. 19 Teilnehmer befürworten den Antrag der Minderheit I, 17 Teilnehmer lehnen ihn ab.

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Artikel 262 Absatz 4 OR ­ Minderheit II (Streichung der Verweigerungsgründe): Der Antrag der Minderheit II hat Anlass zu insgesamt 17 Antworten gegeben. Zwei Teilnehmer unterstützen den Antrag. 14 Teilnehmer äusserten sich kritisch.

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Artikel 262 Absatz 5 OR (entspricht dem geltenden Art. 262 Abs. 3 OR): Insgesamt vier Teilnehmer haben sich zu diesem Absatz geäussert. Ein Teilnehmer äusserte sich kritisch, während ein anderer Teilnehmer den Absatz eventualiter akzeptieren kann.

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Artikel 262 Absatz 6 OR (ausserordentliches Kündigungsrecht des Vermieters): Insgesamt 34 Stellungnahmen sind zu diesem Absatz eingegangen. Sieben Teilnehmer begrüssten die Regelung ausdrücklich, während 21 Teilnehmer die Neuerung explizit kritisch würdigten.

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Artikel 262 Absatz 6 ­ Minderheit III (Anknüpfung an Verletzung von materiellen Bedingungen): Von den insgesamt 17 Stellungnahmen im Zusammenhang mit dem Antrag der Minderheit III enthielten drei eine unterstützende Einschätzung und dreizehn lehnten den Vorschlag ab.

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Artikel 291 Absatz 1 OR (schriftliche Zustimmung des Verpächters): In insgesamt vier Stellungnahmen wurde auf den Absatz Bezug genommen. Die vier Teilnehmer begrüssten die Anpassung.

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Artikel 291 Absatz 2 OR (schriftliches Mietbegehren des Pächters): In den insgesamt vier eingereichten Stellungnahmen wurde die Anpassung befürwortet.

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Artikel 291 Absatz 3 OR (Informationspflicht des Pächters): Die Änderung wurde in den insgesamt drei eingegangenen Stellungnahmen begrüsst.

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Artikel 291 Absatz 4 OR (Verweigerungsgründe des Verpächters): Es sind insgesamt sechs Stellungnahmen zu diesem Absatz eingegangen. Von zwei Teilnehmern wurde die nicht abschliessende Aufzählung der Verweigerungsgründe abgelehnt. In zwei Antworten wurde die Befristung des Untervertragsverhältnisses begrüsst, während drei Rückmeldungen kritische Aussagen enthielten.

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Artikel 291 Absatz 4 OR ­ Minderheit I (abschliessende Aufzählung; neuen Verweigerungsgrund streichen): Insgesamt sieben Stellungnahmen bezogen sich auf diese Minderheit. Eine Rückmeldung enthielt eine Unterstützung, eine Antwort eine teilweise Unterstützung und vier Teilnehmer lehnten den Antrag der Minderheit I ab.

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Artikel 291 Absatz 4 OR ­ Minderheit II (Streichung der Verweigerungsgründe): Von den insgesamt sieben eingereichten Stellungnahmen befürworteten zwei die Minderheit II und vier lehnten sie ab.

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Artikel 291 Absatz 6 OR (ausserordentliches Kündigungsrecht des Verpächters): Von den insgesamt drei eingegangenen Stellungnahmen, enthielt eine zustimmende Äusserungen und eine kritische Würdigungen.

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Artikel 291 Absatz 6 OR ­ Minderheit III (Anknüpfung an Verletzung von materiellen Bedingungen): Von den insgesamt sechs eingereichten Stellungnahmen lehnten fünf den Antrag der Minderheit III ab.

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Artikel 291 OR ­ Minderheit IV (Streichung der Anpassung und Ergänzung): Insgesamt sind sechs Stellungnahmen zu dieser Minderheit eingegangen.

Während eine Antwort positive Einschätzungen enthielt, lehnten fünf Antworten die Position der Minderheit IV ab.

An ihrer Sitzung vom 8. April 2022 nahm die RK-N die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Kenntnis und veröffentlichte den Bericht über die Ergebnisse der Vernehm-

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lassung.3 Nach der Detailberatung der Artikel 262 und 291 OR am 23. Juni 2022 verabschiedete die RK-N die Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative ohne Änderungen mit 13 zu 9 Stimmen zuhanden des Rates. Eine Minderheit4 beantragt ihrem Rat Nichteintreten. Die Minderheit I5 zu Artikel 262 Absatz 4 Buchstabe d OR spricht sich für eine abschliessende Aufzählung der Verweigerungsgründe und eine Beschränkung auf die gesamte Wohnung aus. Die Minderheit II6 zu Artikel 262 Absatz 4 Buchstabe d OR beantragt die Streichung des neuen Verweigerungsgrundes enthaltend die Befristung der Untermietdauer. Die ausserordentliche Kündigung an die Verletzung von materiellen Bedingungen anknüpfen möchte die Minderheit III7 zu Artikel 262 Absatz 6 OR. Die Minderheit I8 zu Artikel 291 Absatz 4 OR spricht sich für eine abschliessende Aufzählung der Verweigerungsgründe und für die Streichung des neuen Verweigerungsgrundes enthaltend die Befristung aus. Von Seiten der Minderheit II9 zu Artikel 291 Absatz 6 OR wird ein Anknüpfen an eine Verletzung der materiellen Bedingungen gefordert. Gegen eine Anpassung und Ergänzung von Artikel 291 OR spricht sich die Minderheit III10 aus.

In der Folge hat die RK-N an der Sitzung vom 18. August 2022 den vorliegenden Erlassentwurf und Bericht11 verabschiedet. Gestützt auf Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200212 wurden Erlassentwurf und Bericht dem Bundesrat zur Stellungnahme überwiesen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Die parlamentarische Initiative 15.455 identifiziert ein Problem bei Untermietzinsen, welche in einem beträchtlichen Umfang den von der Mieterin oder vom Mieter bezahlten Mietzins übersteigen. Die Zustimmung der Vermieterin oder des Vermieters wird nach Auffassung des Urhebers oft nicht eingeholt. Durch eine Sanktionierungsmöglichkeit und die klare gesetzliche Festlegung der Kriterien für die Berechtigung der Untermiete soll Abhilfe verschafft werden. Der Bundesrat sieht die Ursache für die Problematik darin, dass nicht alle Vertragsparteien die gesetzlichen Vorgaben

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Der Bericht vom 8. April 2022 über die Ergebnisse der Vernehmlassung ist abrufbar unter www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2021 > Vernehmlassung 2021/91 > Ergebnisbericht.

Brenzikofer, Arslan, Bellaiche, Dandrès, Fehlmann Rielle, Flach, Funiciello, Hurni, Mahaim, Marti Min Li, Walder.

Dandrès, Arslan, Brenzikofer, Fehlmann Rielle, Funiciello, Hurni, Mahaim, Marti Min Li, Walder.

Brenzikofer, Arslan, Bellaiche, Dandrès, Fehlmann Rielle, Flach, Funiciello, Hurni, Mahaim, Marti Min Li, Walder.

Dandrès, Arslan, Brenzikofer, Fehlmann Rielle, Funiciello, Hurni, Mahaim, Marti Min Li, Walder.

Dandrès, Arslan, Brenzikofer, Fehlmann Rielle, Funiciello, Hurni, Marti Min Li, Walder.

Dandrès, Arslan, Brenzikofer, Fehlmann Rielle, Funiciello, Hurni, Mahaim, Marti Min Li, Walder.

Dandrès, Arslan, Brenzikofer, Fehlmann Rielle, Funiciello, Hurni, Mahaim, Marti Min Li, Walder.

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von Artikel 262 OR respektieren. Bereits nach dem geltenden Recht ist eine Zustimmung einzuholen und die Vermieterin oder der Vermieter kann seine Zustimmung unter gesetzlich genannten Voraussetzungen verweigern. Das geltende Recht ermöglicht die ordentliche oder ausserordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ein gesetzgeberisches Eingreifen nicht gerechtfertigt ist beziehungsweise unverhältnismässig wäre. Wie die RK-N im Bericht vom 2. Februar 2017,13 in welchem sie dem Nationalrat mit 12 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung und mit Stichentscheid des Präsidenten ursprünglich Nichtfolgegeben beantragte, ausführte, enthält das geltende Recht eine angemessene Regelung. Eine Anpassung von Artikel 262 OR zugunsten der Vermietenden erscheint auch mit Blick auf den gesamten mietrechtlichen Kontext als nicht gerechtfertigt und es gilt das vorhandene Recht auszuschöpfen. In der Vernehmlassung gab der Vorentwurf, der sich am eingereichten Text der parlamentarischen Initiative orientierte, Anlass zu kontroversen Äusserungen. Während für gewisse Absätze eine mehrheitliche Unterstützung besteht, werden andere Neuerungen mehrheitlich abgelehnt.14 Der gesetzgeberische Handlungsbedarf wird damit auch von den Vernehmlassungsteilnehmern nicht einhellig bejaht.

Die schriftliche Form für die Zustimmung der Vermieterin oder des Vermieters und, sofern keine anderweitige schriftliche Vereinbarung besteht, das schriftliche Untermietbegehren mit den gesetzlich vorgegebenen Inhalten erhöhen die Anforderungen und den administrativen Aufwand sowohl für die Mietenden als auch für die Vermietenden. Vor dem Hintergrund, dass der Mietvertragsabschluss als zweiseitiges Rechtsgeschäft formlos abgeschlossen werden kann und das Mietrecht für einseitige Änderungen wie eine Mietzinserhöhung oder eine Kündigung Formvorschriften vorsieht, steht der Bundesrat dieser Änderung kritisch gegenüber. Während mit der geplanten Zulassung der auf mechanischem Wege nachgebildeten Unterschrift für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen und anderen einseitigen Vertragsänderungen und der schriftlichen Form für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen bei gestaffelten Mietzinsen15 im Vergleich zum geltenden Recht Erleichterungen zugunsten der Vermietenden eingeführt würden, ginge die Entwicklung bei der Untermiete in
die entgegengesetzte Richtung.

Weder die parlamentarische Initiative noch der Erlassentwurf äussern sich zum Zeitpunkt, in welchem die schriftliche Zustimmung der Vermieterin oder des Vermieters einzuholen ist. Die Möglichkeit, die Zustimmung zu verweigern, und das im Erlassentwurf vorgesehene ausserordentliche Kündigungsrecht legen es nahe, dass die schriftliche Zustimmung vorgängig eingeholt wird. Andernfalls besteht das Risiko, dass ein Untermietverhältnis vorzeitig aufgehoben werden muss. Gemäss Artikel 262 Absatz 2 Buchstabe a OR im Erlassentwurf hat das schriftliche Untermietbegehren der Mieterin oder des Mieters die Namen der Untermieterinnen und -mieter zu enthalten. Plattformen sehen gewisse Reaktionszeiten, beispielsweise 24 Stunden, für die Beantwortung von Buchungsanfragen vor. Erst mit Erhalt der Buchungsanfrage ist 13 14 15

www.parlament.ch > Ratsbetrieb > Curia Vista Erweiterte Suche > 15.455 > Kommissionsberichte Vgl. Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung, S. 11 ff.

Vgl. Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 18. August 2022 betreffend die parlamentarischen Initiativen 16.458 «Keine unnötigen Formulare bei gestaffelten Mietzinserhöhungen» und 16.459 «Mietvertragsrecht. Auf mechanischem Wege nachgebildete Unterschriften für zulässig erklären», BBl 2022 2100.

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die Mieterin oder der Mieter in der Lage den Namen der Untermieterin oder des Untermieters zu nennen. Es dürfte schwierig sein, innerhalb von 24 Stunden ein schriftliches Untermietbegehren zu formulieren und die schriftliche Zustimmung der Vermieterin oder des Vermieters zu erhalten. Im Ergebnis würde die Nutzung von Plattformen durch die neue Regelung stark erschwert oder gar verunmöglicht. Hinzu kommt der Umstand, dass mehrere Kantone und Gemeinden im Zusammenhang mit der kurzzeitigen Überlassung von Wohnräumen gegen Entgelt auf der Grundlage des öffentlichen Rechts Regelungen erlassen haben. Zum Teil bestehen auch Vereinbarungen mit der Plattform «Airbnb» betreffend die Ablieferung der Kurtaxen. Gestützt auf die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens betreffend die Einführung eines Artikels 8a in der Verordnung vom 9. Mai 199016 über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen hat sich der Bundesrat am 8. März 2019 gegen die Möglichkeit der generellen Zustimmung zur wiederholten kurzzeitigen Untermiete ausgesprochen.17 Er vertritt die Auffassung, dass die geltende Rechtsgrundlage die Anforderungen an die Untermiete ausreichend regelt und weder eine Erleichterung noch eine Erschwerung vorgesehen werden sollte. Die neue Regelung würde die Pflichten auch bei Untermietverhältnissen erweitern, die der ursprünglichen Zwecksetzung der Vorschrift entsprechen, d. h. wegen eines zeitlich begrenzten Auslandsaufenthalts beziehungsweise wenn die Wohnung zu gross geworden ist18.

Der Umstand, dass der Erlassentwurf in Artikel 262 Absatz 6 OR vor der Kündigung des Mietverhältnisses eine erfolglose Mahnung vorsieht, ermöglicht es der Mieterschaft an sich, den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass trotz Schriftform für Zustimmung und bei fehlender schriftlicher anderweitiger Abmachung für das Untermietbegehren Umgehungsgeschäfte getätigt werden. Damit befindet man sich wieder in derselben Ausgangslage wie nach dem geltenden Recht, dass nicht alle Rechtsunterworfenen sich an die geltende Regelung halten.

Die beispielhafte Aufzählung der Verweigerungsgründe durch Verwendung des Begriffs «insbesondere» ermöglicht zwar der Rechtsprechung, auf neue Entwicklungen einzugehen. Andererseits schafft sie aber auch Rechtsunsicherheit, wie dies auch in einem Teil der
Antworten im Rahmen der Vernehmlassung festgehalten worden ist.19 Die Vermietenden und die Mietenden haben weniger Gewissheit, ob eine Verweigerung der Zustimmung rechtswirksam ist oder nicht. Zudem würde dem in der parlamentarischen Initiative formulierten Ziel, die Anforderungen an die Berechtigung zur Untermiete im Gesetz klar festzulegen, entgegengewirkt. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass bei neuen Entwicklungen eine umfassende Überprüfung des

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SR 221.213.11 Vgl. Medienmitteilung «Online-Vermittlungsplattformen: Bundesrat verzichtet auf Anpassung der Mietrechtsverordnung», www.bwo.admin.ch > Medienmitteilungen > 08.03.2019 Online-Vermittlungsplattformen: Bundesrat verzichtet auf Anpassung der Mietrechtsverordnung (besucht am 31. August 2022).

Vgl. BGE 138 III 59 E. 2.2.1 S. 63.

Vgl. Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung, S. 31 ff.

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Regelungsbedarfs durch die verantwortlichen Stellen zu erfolgen hat, wie dies beispielsweise im Zusammenhang mit dem Aufkommen der Buchungsplattformen erfolgt ist.20 Der Erlassentwurf gewährt der Vermieterin oder dem Vermieter das Recht, die Zustimmung zur Untermiete zu verweigern, wenn eine Untermietdauer von mehr als zwei Jahren vorgesehen ist. Damit soll neu eine Frage mit einer konkreten Frist im Gesetz geregelt werden, welche derzeit durch die Rechtsprechung gelöst wird. Bei der Schaffung des geltenden Artikels 262 OR wurde in Abgrenzung zur Abtretung davon ausgegangen, dass die Mieterin oder der Mieter den Gebrauch der Sache für sich in Anspruch nehmen möchte und über das Gebrauchsrecht verfügen möchte.21 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Untermiete durch eine vage Möglichkeit, die Mietsache allenfalls wieder einmal selber zu gebrauchen, nicht gerechtfertigt.22 Vor diesem Hintergrund erachtet der Bundesrat eine feste gesetzlich festgelegte zeitliche Grenze als nicht erforderlich und auch nicht geeignet. Die Rechtsprechung kann den Umständen des einzelnen Falles Rechnung tragen. Bei der Geschäftsraummiete erfolgt die Untermiete in vielen Fällen für eine Dauer von mehr als zwei Jahren.

Die Untermietenden tätigen Investitionen für Installationen und könnten diese in einem Zeitraum von zwei Jahren nicht amortisieren. Im Bereich der Wohnraummiete werden in der Praxis auch Generalmietverträge über ganze Häuser abgeschlossen. Die Mieterschaft schliesst ihrerseits Untermietverträge mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der einzelnen Wohnungen ab. Für die Vermieterinnen und Vermieter kann der Abschluss eines Generalmietvertrages eine administrative Entlastung bedeuten. Eine andere Erscheinungsform ist das Wohnen gegen Hilfe für einen geringen Mietzins. Menschen mit Unterstützungsbedarf stellen einer anderen Person gegen ein Entgelt und Hilfe Wohnraum zur Verfügung. Diese beiden Formen würden durch die vorgesehene Schriftform und die Frist von zwei Jahren stark erschwert. Zumal die letztere Erscheinungsform dem sozialen Grundgedanken der Untermiete entspricht.

Die Minderheit I Dandrès fordert zwar eine abschliessende Aufzählung und enthält eine Differenzierung nach Mietobjekt.

Das geltende Recht ermöglicht es einer Vermieterin oder einem Vermieter, das Mietverhältnis gestützt auf
einen ordentlichen oder ausserordentlichen Kündigungsgrund zu beendigen. So kann beispielsweise eine Kündigung des Mietverhältnisses gestützt auf Artikel 257f Absatz 3 OR erfolgen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.23 Einen zusätzlichen Schutz der Vermietenden durch einen spezifischen auf die Untermiete zugeschnittenen ausserordentlichen Kündigungsgrund erachtet der 20

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22 23

Vgl. Bericht des Bundesrates vom 15. Nov. 2017 «Die Regulierung in der Beherbergungswirtschaft, Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 16.3625 Kommission für Wirtschaft und Abgaben SR vom 18. August 2016 sowie des Prüfauftrages zum Mietrecht gemäss Bundesratsbeschluss vom 11. Januar 2017»; www.bwo.admin.ch > Medienmitteilungen > 15.11.2017 > Keine neuen Regulierungen für Online-Beherbergungsdienstleistungen (besucht am 31. August 2022).

Botschaft vom 27. März 1985 zur Volksinitiative «für Mieterschutz», zur Revision des Miet- und Pachtrechts im Obligationenrecht und zum Bundesgesetz über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (Botschaft zur Revision des Miet- und Pachtrechts), BBl 1985 I 1389 S. 1442.

BGE 138 III 59 E. 2.2.1 S. 63.

Vgl. z. B. das Urteil des Bundesgerichts BGer 4A_140/2019 vom 26. Sept. 2019 E. 4., mit Hinweis auf BGE 134 III 300 E. 3.1.

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Bundesrat als nicht erforderlich. Zudem erscheint die Schwelle für die ausserordentliche Kündigung als niedrig.

Der Bundesrat teilt die Einschätzung der RK-N, wonach im Falle einer Anpassung und Ergänzung von Artikel 262 OR auch die Regelungen zur Miete im Pachtverhältnis in Artikel 291 OR angepasst werden müssen. Die gegenüber Artikel 262 OR vorgebrachten Vorbehalte gelten auch mit Blick auf die Miete im Pachtverhältnis.

Im Ergebnis verneint der Bundesrat den gesetzgeberischen Handlungsbedarf und erachtet die geplanten Anpassungen als nicht zielführend. In der Begründung zur parlamentarischen Initiative 15.455 wird unter anderem mit der Situation in den Städten argumentiert. Das Bundesgesetz vom 23. Juni 199524 über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung würde den Mieter- und Vermieterverbänden die Grundlage bieten, einen Rahmenmietvertrag abzuschliessen. Es handelt sich hierbei um eine Vereinbarung mit Musterbestimmungen, welche von den Vermieter- und Mieterverbänden gemeinsam aufgestellt werden. Ein Rahmenmietvertrag kann auch für Regionen mit mindestens 30 000 Wohnungen oder 10 000 Geschäftsräumen abgeschlossen werden (Art. 1 Abs. 3 Bst. c des erwähnten Gesetzes). Gestützt auf Artikel 3 Absatz 1 des erwähnten Bundesgesetzes kann der Bundesrat unter bestimmten Voraussetzungen eine Abweichung von zwingenden Bestimmungen des Mietrechts bewilligen. In Bezug auf den Rahmenmietvertrag für den Kanton Waadt hat der Bundesrat am 24. Juni 2020 unter anderem mit Blick auf die Untermiete eine Abweichung vom zwingenden Recht bewilligt.25

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Antrag des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt Nichteintreten auf den Erlassentwurf der RK-N.

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SR 221.213.15 BBl 2020 5751

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