BBl 2022 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

22.061 Botschaft zur Revision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2024 vom 16. September 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des CO2-Gesetzes vom 23. Dezember 2011 und die Entwürfe zu fünf Bundesbeschlüssen über die Förderung von elektrischen Antriebstechnologien 2025­2030, über die Förderung von erneuerbaren Energien 2025­2030, über die Förderung von erneuerbaren Flugtreibstoffen 2025­2029, über die Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene 2025­2030 und über die Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge 2025­2030.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2019

P

19.3643

Steigerung der Attraktivität und Entwicklung von NachtzugAngeboten (N 16.06.21, Ammann)

2019

P

19.3949

Der Verkehr muss einen Beitrag an den Klimaschutz leisten (S 25.9.19, Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie SR)

2019

M 19.4614

Konzept zur längerfristigen Steigerung des Angebots von Verbindungen des internationalen Schienenpersonenverkehrs (N 17.06.21, Trede; S 02.12.21)

2021

M 21.3977

Förderung von nichtfossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Verkehr (N 30.11.21, Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen NR; S 31.05.22)

2022-2952

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Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. September 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Mit dem CO2-Gesetz überträgt die Schweiz ihre internationale Verpflichtung zum Klimaschutz in nationales Recht. Die vorgeschlagene Gesetzesrevision regelt Ziele und Massnahmen bis 2030 und soll die vom Parlament in der Wintersession 2021 beschlossene Verlängerung rechtzeitig auf 2025 ablösen.

Ausgangslage Nach der Ablehnung der Totalrevision des CO2-Gesetzes in der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 fehlen der Schweiz die rechtlichen Grundlagen, um die mit dem Übereinkommen von Paris eingegangenen internationalen Verpflichtung zum Klimaschutz einzuhalten. Die vom Parlament bis Ende 2024 verlängerten Ziele und Massnahmen reichen nicht aus und müssen rechtzeitig abgelöst werden. Der Bundesrat hat daher vom 17. Dezember 2021 bis 4. April 2022 die Vernehmlassung über eine Vorlage durchgeführt, die eine Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 erlaubt.

Damit leistet die Vorlage einen massgebenden Beitrag dazu, die Abhängigkeit von Öl und Gas zu reduzieren.

Inhalt der Vorlage Die hiermit unterbreitete Vorlage berücksichtigt die Volksabstimmung vom Juni 2021 und die Ergebnisse der Vernehmlassung. Neben einer Revision des CO2-Gesetzes beinhaltet sie auch eine Anpassung des Mineralölsteuer-, des Schwerverkehrsabgabe-, des Energie-, des Luftfahrt-, des Umweltschutz- und des Binnenmarktgesetzes.

Die Verminderungsziele, zu denen sich die Schweiz unter dem Übereinkommen von Paris verpflichtet hat, werden ins CO2-Gesetz aufgenommen: Gegenüber 1990 müssen die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2030 halbiert und im Durchschnitt der Jahre 2021­2030 um 35 Prozent sinken. Den minimalen Anteil im Inland soll der Bundesrat festlegen, um flexibler auf unvorhersehbare Entwicklungen reagieren zu können.

Im Gebäudesektor bleibt die CO2-Abgabe auf dem Maximalsatz von 120 Franken pro Tonne CO2. Die Teilzweckbindung soll befristet bis 2030 erhöht werden, so dass bis zu 49 Prozent des Abgabeertrags für Verminderungsmassnahmen eingesetzt werden können. Die Erhöhung der Teilzweckbindung ist eine zentrale Voraussetzung, damit die Dynamik, die in den Kantonen aufgrund des bewährten Gebäudeprogramms entstand, nicht gebremst wird. Mit bis zu gesamthaft 45 Millionen Franken pro Jahr können weiterhin Geothermie-Projekte sowie neu die räumliche Energieplanung und Anlagen zur Produktion von erneuerbaren Gasen
unterstützt werden. Die Einlage in den Technologiefonds wird um jährlich 10 Millionen Franken erhöht, um neben Bürgschaften für innovative KMUs auch Risiken von thermischen Netzen abzusichern. Die Kantone sollen eine Meldepflicht beim Heizungsersatz vorsehen und können bei vorbildlichen Sanierungen eine höhere Ausnützung des Grundstücks gewähren.

Im Strassenverkehr werden die CO2-Flottenziele für Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge ab 2025 und 2030 in Anlehnung an die EU verschärft und neu auch für schwere Fahrzeuge eingeführt. Mit jährlich maximal 30 Millionen Franken aus

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der Mineralölsteuer wird befristet bis 2030 Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge gefördert. Elektrisch betriebene schwere Nutzfahrzeuge sind bis 2030 von der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe befreit. Weitergeführt wird die Pflicht der Treibstoffimporteure, die CO2-Emissionen aus dem Verkehr zu kompensieren, wobei der maximale Anteil auf 90 Prozent erhöht wird, um den Bedarf an Auslandmassnahmen zu decken. Darüber hinaus müssen die Treibstoffimporteure 5­10 Prozent der Emissionen aus dem Verkehr mit erneuerbaren Treibstoffen ausgleichen, wobei sie die Wahl haben zwischen massenbilanzierten Gemischen ohne Steuererleichterungen oder segregierten erneuerbaren Treibstoffen, für die befristet bis 2030 weiterhin Steuererleichterungen gewährt werden. Die ökologischen Anforderungen sind im Umweltschutzgesetz geregelt.

Im öffentlichen Verkehr werden die Erleichterungen bei der Mineralölsteuer auf 2026 aufgehoben. Mit bis zu 47 Millionen Franken pro Jahr können die Mehrkosten von alternativen Antriebssystemen für Busse und Schiffe gedeckt werden. Jährlich 30 Millionen Franken stehen für ein verbessertes Angebot an grenzüberschreitendem Personenschienenverkehr bereit.

Auch im Flugverkehr sind erneuerbare Treibstoffe neu vorgeschrieben, indem in Anlehnung an die EU eine Beimischquote eingeführt wird. Die Herstellung von erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen kann mit 25­30 Millionen Franken pro Jahr gefördert werden.

Im Industriesektor soll der Emissionshandel äquivalent zu den Regeln in der EU weiterentwickelt werden. Die Möglichkeit zur Befreiung von der CO2-Abgabe ist nicht mehr auf bestimmte Wirtschaftszweige beschränkt, sondern steht allen Unternehmen, offen. Die Verminderungsverpflichtungen sind bis 2040 befristet, danach ist keine Befreiung mehr möglich. Drei Jahre nach Beginn einer Verminderungsverpflichtung ist ein Dekarbonisierungsplan einzureichen, der regelmässig zu aktualisieren ist. Für Pilot- und Demonstrationsanlagen können höhere Finanzhilfen ausgerichtet werden.

Als Massnahme im Finanzsektor sollen FINMA und SNB regelmässig über klimabedingte Risiken Bericht erstatten.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht 1

3

Ausgangslage 1.1 Umfeld 1.1.1 Wissenschaft 1.1.2 International 1.1.3 Nationales Umfeld 1.1.4 Finanzmarkt 1.1.5 Energiepolitik 1.2 Handlungsbedarf und Ziele 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates 1.3.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 1.3.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

8 8 8 9 12 18 18 19

2

Vernehmlassung (Ergebnis und Würdigung) 2.1 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 2.2 Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

22 22 24

3

Grundzüge der Vorlage 3.1 Die beantragte Neuregelung 3.1.1 Reduktionsziele 3.1.2 Massnahmen im Gebäudebereich 3.1.3 Massnahmen im Verkehrsbereich 3.1.4 Massnahmen im öffentlichen Verkehr 3.1.5 Massnahmen in der Industrie 3.1.6 Förderung der Innovation 3.1.7 Massnahmen Finanzmarkt 3.1.8 Massnahmen im Ausland 3.2 Begründung der vorgeschlagenen Lösung und geprüfte Alternativen 3.2.1 Reduktionsziele 3.2.2 Massnahmen im Gebäudebereich 3.2.3 Massnahmen im Verkehrsbereich 3.2.4 Massnahmen im öffentlichen Verkehr 3.2.5 Massnahmen in der Industrie 3.2.6 Innovation 3.2.7 Finanzmarkt 3.2.8 Massnahmen im Ausland 3.3 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 3.4 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 3.4.1 «Fit for 55»-Paket der Europäischen Kommission 3.4.2 Massnahmen der EU im Finanzmarkt

24 24 24 25 27 32 33 36 37 37

21 21 21 21

37 37 38 39 44 45 46 46 47 48 48 48 53 5 / 118

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3.5

Umsetzungsfragen 3.5.1 Reduktionsziele 3.5.2 Massnahmen im Gebäudebereich 3.5.3 Massnahmen im Verkehrsbereich 3.5.4 Massnahmen im öffentlichen Verkehr 3.5.5 Massnahmen in der Industrie 3.5.6 Massnahmen im Ausland

54 54 55 56 58 59 60

4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 4.1 CO2-Gesetz vom 23. Dezember 2011 4.2 Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996 4.3 Schwerverkehrsabgabegesetz vom 19. Dezember 1997 4.4 Energiegesetz vom 30. September 2016 4.5 Luftfahrtgesetz vom 21. Dezember 1948 4.6 Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 4.7 Binnenmarktgesetz vom 6. Oktober 1995

61 61 88 89 90 90 91 94

5

Auswirkungen 5.1 Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen 5.2 Auswirkungen auf den Bund 5.3 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 5.4 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 5.5 Auswirkungen auf die Gesellschaft 5.6 Auswirkungen auf die Umwelt

95 95 97

6

Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.3 Erlassform 6.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 6.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz 6.6 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 6.7 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 6.7.1 CO2-Gesetz vom 23. Dezember 2011 6.7.2 Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 6.8 Datenschutz

102 102 106 107 108 108 110 110 110 111 111 112 112 118 118

Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz) (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Förderung von elektrischen Antriebstechnologien 2025­2030 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Förderung von erneuerbaren Energien 2025­2030 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Förderung von erneuerbaren Flugtreibstoffen 2025­2029 (Entwurf)

BBl 2022 2655

Bundesbeschluss über die Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene 2025­2030 (Entwurf) BBl 2022 2656 Bundesbeschluss über die Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge 2025­2030 (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Umfeld

1.1.1

Wissenschaft

Der im Jahre 1988 eingesetzte Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), der den Stand der Forschung zum Klimawandel sowie dessen Folgen für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zusammenfasst, bekräftigt in seinen Beiträgen zum sechsten Sachstandsbericht vom Juli 20211 und Februar 20222 die Ergebnisse früherer Berichte. Es steht inzwischen zweifelsfrei fest, dass die beobachtete Klimaerwärmung auf die vom Menschen verursachten Treibhausgase zurückzuführen ist. Seit Beginn der Industrialisierung ist die globale Mitteltemperatur um über 1 Grad Celsius angestiegen, wobei die Erwärmung über der Landmasse (1,6 Grad Celsius) grösser ist als über den Ozeanen (0,9 Grad Celsius). In der Schweiz sind die Temperaturen in den letzten 150 Jahren um 2,1 Grad Celsius angestiegen.

Die Auswirkungen sind hierzulande bereits spürbar. Die Klimaszenarien CH2018 3 zeigen auf, dass in Zukunft mit trockeneren Sommern, heftigeren Niederschlägen, einer deutlich steigenden Hitzebelastung und einem weiteren Anstieg der Nullgradgrenze mit Konsequenzen unter anderem für die winterliche Schneedecke zu rechnen ist.

In den vergangenen Jahren haben die für die Erwärmung ursächlichen Treibhausgasemissionen global weiter zugenommen. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist heute so hoch wie seit mindestens zwei Millionen Jahren nicht mehr. Setzt sich der Ausstoss an Treibhausgasen fort, so wird sich die Erde weiter erwärmen und gleichzeitig auch die Wahrscheinlichkeit steigen, dass Kippeffekte mit gravierenden und irreversiblen Auswirkungen und unberechenbaren Veränderungen im Klimasystem auftreten.

Der sechste Sachstandesbericht des IPCC unterstreicht die Dringlichkeit von Massnahmen zur konsequenten und raschen Absenkung der weltweiten Treibhausgasemissionen, um viele Folgen des Klimawandels noch abmildern zu können. Einer Anpassung an die Folgen des Klimawandels bedarf es aber in jedem Fall, denn viele Auswirkungen beobachten und spüren wir schon heute.

1 2 3

Sechster IPCC-Sachstandsbericht. Abrufbar unter: www.de-ipcc.de > IPCC-Berichte.

Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability. Abrufbar unter: www.ipcc.ch > Reports > Sixth Assessment Report.

Schweizer Klimaszenarien CH2018. Abrufbar unter: www.nccs.admin.ch > Klimawandel und Auswirkungen.

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1.1.2

International

Verpflichtung aus dem Übereinkommen von Paris und der Klimakonferenz 2021 in Glasgow Als Antwort auf die Bedrohung von Mensch und Ökosystemen infolge des Klimawandels hat die Staatengemeinschaft im Dezember 2015 das Übereinkommen von Paris verabschiedet, das erstmals alle Staaten verpflichtet, Massnahmen zur Verminderung der Treibhausgasemissionen in erster Linie im eigenen Land zu ergreifen und langfristig Netto-Null zu erreichen. Dies mit dem Ziel, die globale Erwärmung deutlich unter der kritischen Schwelle von 2 Grad Celsius zu halten, wobei eine Begrenzung auf 1,5 Grad angestrebt wird. Das Übereinkommen von Paris trat am 4. November 2016 in Kraft. Inzwischen haben es 193 von 197 Staaten ratifiziert.

Die Schweiz hat am 6. Oktober 2017 die Ratifikation hinterlegt, nachdem die Bundesversammlung das Übereinkommen von Paris am 16. Juni 2017 genehmigt hatte.

Im zugehörigen Bundesbeschluss4 hat das Parlament auch dem Verminderungsziel von 50 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 und dem Durchschnittsziel von 35 Prozent für die Jahre 2021­2030 zugestimmt, aber bewusst auf eine Fixierung des In- und Auslandanteils an den Verminderungen verzichtet.

Als indikatives Ziel hat die Schweiz international angekündigt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Dieses Netto-Null-Ziel hat der Bundesrat am 28. August 2019 beschlossen und mit der Botschaft vom 11. August 20215 zur Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» und zum direkten Gegenentwurf bekräftigt (vgl.

Ziff. 1.1.3).

Vom 31. Oktober bis 12. November 2021 fand in Glasgow die 26. Vertragsparteienkonferenz zur UNO-Klimarahmenkonvention statt. Die Vertragsparteien unterzeichneten den Glasgow Climate Pact6, der zur Steigerung der Ambition bei der Emissionsverminderung aufruft und alle Länder auffordert, ihre Verminderungsziele (National Determined Contributions, NDC) für das Jahr 2030 bis Ende 2022 zu überprüfen. Als Referenz für die Erwärmungsgrenze von 1,5 Grad wird eine weltweite Reduktion der CO2-Emissionen um 45 Prozent bis 2030 gegenüber 2010 anerkannt.

In Umsetzung dieses Ziels wird von allen Ländern die grösstmögliche Ambition unter Berücksichtigung der jeweiligen Verantwortlichkeiten, Fähigkeiten und nationalen Gegebenheiten gefordert. Es lässt sich die Erwartungshaltung ableiten, dass ein hochentwickeltes Land wie die Schweiz diese
Reduktionsvorgabe übertreffen sollte.

Ab 2022 soll jährlich ein Ministertreffen zur Überprüfung der Ambition bis 2030 stattfinden. Der UNO Generalsekretär wird die Staats- und Regierungschefs im Jahr 2023 zusammenrufen, um Bilanz zu ziehen. Zudem sind die Länder aufgefordert, langfristige Klimastrategien zu erarbeiten und in Einklang mit neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu bringen. Erstmalig sind die Länder dazu aufgerufen, die Energieerzeugung aus Kohle herunterzufahren und ineffiziente Subventionen für fossile Energieträger einzustellen. Neben dem «Glasgow Climate Pact» wurden weitere De-

4 5 6

AS 2017 5735 BBl 2021 1972 Glasgow Climate Pact. Abrufbar unter: www.unfccc.int > Documents and decisions.

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klarationen zur Ambitionssteigerung verabschiedet (U.S.-China Joint Glasgow Declaration7, Global Methane Pledge8 etc.). Auch die Schweiz hat den Global Methane Pledge unterzeichnet und sich damit verpflichtet, ihre Methanemissionen bis 2030 um 30 Prozent im Vergleich zu 2020 zu reduzieren.

Ein weiteres wesentliches Ergebnis der Klimakonferenz ist die Finalisierung des detaillierten Regelwerks für die Umsetzung des Übereinkommens von Paris. Dies umfasst die Regeln zur Anrechnung von Emissionsreduktionen aus dem Ausland (Artikel 6), detaillierte Tabellen zur Berichterstattung9 sowie die Regelung, dass zukünftige Klimaziele alle 5 Jahre und für eine Verpflichtungsperiode von 5 Jahren eingereicht werden sollen; bis 2025 ist das Ziel für 2030­2035 und bis 2030 das Ziel für 2035­2040 einzureichen.10 Die Regeln zu Artikel 6 erlauben sowohl den Weg über bilaterale Abkommen11 als auch über den multilateralen Mechanismus12 der Vereinten Nationen, der allerdings erst in circa 2­3 Jahren zur Verfügung stehen wird.

Das Ergebnis der Verhandlungen stellt nicht nur sicher, dass keine Doppelzählungen an die Länderziele auftreten, sondern ebenso bei internationalen Initiativen und im freiwilligen Markt. Die Emissionsreduktionen müssen mit verbesserten Methoden berechnet werden und zur nachhaltigen Entwicklung vor Ort beitragen. Beim multilateralen Mechanismus sind 2 Prozent der vom Gastland transferierten Verminderungen als zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz stillzulegen und 5 Prozent für Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern bereitzustellen. Die Parteien sind aufgerufen, diese Regeln auch bei bilateralen Abkommen anzuwenden.

Die Vertragsparteien beschlossen einen Prozess zur Erarbeitung eines neuen Klimafinanzierungsziels für die Zeit nach 2025, welcher 2024 abgeschlossen werden soll.

Für entwickelte Länder wurde das kollektive Ziel vereinbart, die Anpassungsfinanzierung bis 2025 gegenüber 2019 zu verdoppeln. Zur Definition des globalen Anpassungsziels des Übereinkommens von Paris sowie zu den Modalitäten der Finanzierung der durch den Klimawandel hervorgerufenen Verluste und Schäden (loss and damage) wurden ebenfalls Arbeitsprogramme etabliert.

Einer Zwischenbilanz des UNO-Klimasekretariats13 zufolge haben die bisher von den Ländern eingereichten Verminderungsziele eine globale Erwärmung um 2,7 Grad zur 7

8 9

10

11 12

13

U.S.-China Joint Glasgow Declaration on Enhancing Climate Action in the 2020s.

Abrufbar unter: www.state.gov > Bureaus & Offices > Public Diplomacy and Public Affairs > Global Public Affairs > Office of the Spokesperson > Press Releases.

Launch by United States, the European Union, and Partners of the Global Methane Pledge to Keep 1.5°C Within Reach. Abrufbar unter: www.ec.europa.eu > All News.

Guidance operationalizing the modalities, procedures and guidelines for the enhanced transparency framework referred to in Article 13 of the Paris Agreement. Abrufbar unter: www.unfccc.int > Documents and decisions.

Common time frames for nationally determined contributions referred to in Article 4, paragraph 10, of the Paris Agreement. Abrufbar unter: www.unfccc.int > Documents and decisions.

Guidance on cooperative approaches referred to in Article 6, paragraph 2, of the Paris Agreement. Abrufbar unter: www.unfccc.int > Documents and decisions.

Rules, modalities and procedures for the mechanism established by Article 6, paragraph 4, of the Paris Agreement. Abrufbar unter: www.unfccc.int > Documents and decisions.

Updated NDC Synthesis Report: Worrying Trends Confirmed. Abrufbar unter: www.unfccc.int > News.

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Folge und sind daher unzureichend. Im Lichte dieser Analyse wird die Steigerung der Ambition in Umsetzung des Glasgow Climate Pact für alle Länder, einschliesslich der Schweiz, umso dringlicher.

«Fit for 55»-Paket der Europäischen Kommission Die EU sieht sich als Vorreiterin im Klimaschutz. Bis 2030 sollen die Emissionen auf dem Gebiet der EU um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 sinken und bis spätestens 2050 will die EU klimaneutral sein. Die Europäische Kommission hat am 14. Juli 2021 mit dem «Fit for 55»-Paket einen umfangreichen Legislativvorschlag unterbreitet, der alle wichtigen Wirtschaftssektoren betrifft und mehrere Rechtsanpassungen sowie neue Richtlinien und Verordnungen enthält (vgl. Ziff. 3.4.1). Dieser Kommissionsvorschlag durchläuft voraussichtlich bis Ende 2022 den gesetzgeberischen Prozess über das Parlament und den Ministerrat.

In der Industrie soll das Emissionshandelssystem (EHS) unter anderem durch eine schnellere Absenkung der Obergrenze (Cap) der verfügbaren Emissionsrechte um 4,2 statt 2,2 Prozent pro Jahr und einen abnehmenden Anteil an kostenlos zugeteilten Emissionsrechten verschärft werden. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, soll ein Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism CBAM) eingeführt werden.

Das EHS soll auch für den Luftverkehr verschärft und ausserdem auf die Schifffahrt ausgedehnt werden. Auch im Verkehrs- und Gebäudesektor ist neu ein separates EHS vorgesehen, das jedoch nicht den Endkonsum erfasst, sondern den Import bzw. den Handel, der für fossile Brenn- und Treibstoffe Emissionsrechte erwerben muss. Die Einnahmen fliessen in einen sozialen Ausgleichsfonds zugunsten der einkommensschwächsten Haushalte, um den geschätzten Preisanstieg von rund 30­40 Cent pro Liter Treibstoff bzw. Heizöl aufzufangen.

Die CO2-Zielwerte für die Neuwagenflotte sollen bis 2030 weiter abgesenkt werden, und ab 2035 sollen alle neuen Fahrzeuge in der EU erneuerbar angetrieben sein. Dafür soll in die Elektro-Ladeinfrastruktur investiert werden.

Erneuerbare Treibstoffe sollen vor allem in der Luft- und Schifffahrt eine zentrale Rolle spielen. Ab 2025 muss ein minimaler Anteil an erneuerbaren Flugtreibstoffen beigemischt werden. Zudem wird diskutiert, die Flugtreibstoffe zukünftig nicht mehr von einer Treibstoff-Besteuerung auszunehmen.

Für die
Steigerung der Energieeffizienz sollen verbindliche Vorgaben gelten und das Angebot an erneuerbaren Energieträgern soll ausgebaut werden.

Seit Anfang 2020 ist das Schweizer EHS mit dem EHS der EU verknüpft.14 In Bezug auf den geplanten Grenzausgleichsmechanismus führt die Verknüpfung der beiden EHS dazu, dass die Schweiz gemäss dem Kommissionsvorschlag vom EU-CBAM ausgenommen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gegenseitige Anrechnung von Schweizer und europäischen Emissionsrechten auf dem Äquivalenzprinzip basiert, d.h. die beiden EHS sind gleichwertig zueinander weiterzuentwickeln. Damit der Bundesrat nach der Beschlussfassung durch die EU vergleichbare Reglungen

14

SR 0.814.011.268

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erlassen kann, sieht diese Vorlage die Umformulierung einiger Artikel des CO2Gesetzes vom 23. Dezember 201115 vor (vgl. Ziff. 4.1).

Weitere internationale Initiativen Luftfahrt Im Rahmen der internationalen Zivilluftfahrtorganisation International Civil Aviation Organization (ICAO) wird die Weiterentwicklung und Verschärfung internationaler Umweltnormen für Flugzeuge vorangetrieben. Seit 2020 sind die ersten globalen CO2-Grenzwerte für neue Flugzeuge in Kraft. Eine Verschärfung dieser Grenzwerte wird aktuell diskutiert. Für die Verschärfung von Grenzwerten für Feinstaub- und Stickoxidemissionen aus Flugzeugtriebwerken (Reduktion von Nicht-CO2-Emissionen) laufen auf Stufe ICAO vorbereitende Arbeiten. Mit dem Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA), an welchem sich auch die Schweiz beteiligt, strebt die ICAO ab 2021 ein CO2-neutrales Wachstum der zivilen Luftfahrt an.

Schifffahrt Die 2018 verabschiedete Treibhausgasstrategie der International Maritime Organisation (IMO) sieht eine Reduktion der CO2-Emissionen von 40 Prozent bis 2030 und 70 Prozent bis 2050 im Vergleich zu 2008 vor. Der Vorschlag der International Chamber of Shipping (ICS), Netto-Null bis 2050 zu erreichen, ist in Glasgow gescheitert. Die Clydebank Declaration (von 22 Staaten unterzeichnet) zielt darauf ab, bestimmte Schifffahrtsrouten klimaneutral zu machen.

1.1.3

Nationales Umfeld

Entwicklung der Treibhausgasemissionen Nachdem die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2012 auf einem stabil hohen Niveau verblieben sind, zeigen die mit der letzten Totalrevision per 1. Januar 2013 verstärkten Massnahmen zunehmend Wirkung. Trotz Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum und zunehmender Wohnfläche sind die Treibhausgasemissionen der Schweiz zwischen 1990 und 2020 insgesamt um rund 19 Prozent und pro Kopf von jährlich 8 auf 5 Tonnen CO2-Äquivalente (CO2eq) zurückgegangen. Allerdings erfasst das Treibhausgasinventar, mit dem der Bund nach Vorgaben der UNOKlimakonvention überprüft, ob die Schweiz die internationalen und nationalen Verminderungsziele einhalten kann, die Emissionen, die über Importe indirekt im Ausland anfallen, nicht. Im Einklang mit internationalen Regeln werden die Emissionen des internationalen Flugverkehrs für die Zielerreichung ebenfalls nicht berücksichtigt.

15

SR 641.71

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Tabelle 1 Entwicklung der Treibhausgasemissionen in den verschiedenen Sektoren Sektor nach CO2-Verordnung

Treibhausgasemissionen in Mio. Tonnen CO2eq

Veränderung 1990­2020

Zielwert 2020 ggü. 1990

­ 39 %

­ 40 %

Basisjahr 1990

2020

Gebäude

17,1

10,4

Verkehr

14,9

13,7

­8%

­ 10 %

Industrie

13,0

10,7

­ 17 %

­ 15 %

Übrige (inkl. Landwirtschaft) Total

8,7

8,6

­2%

­ 10 %

53,7

43,4

­ 19 %

­ 20 %

Im Gebäudesektor (Haushalte und Dienstleistungen) lagen die Emissionen im Jahr 2020 um 39 Prozent und im Verkehr um 8 Prozent unter dem Wert von 1990.

Die Treibhausgasemissionen der Industrie sind seit 1990 um 17 Prozent gesunken.

Die Emissionen aus der Landwirtschaft sind gegenüber 1990 zurückgegangen, die synthetischen Gase zum Beispiel als Kühl- oder Treibmittel hingegen stark angestiegen. Für 2020 hat einzig der Sektor Industrie den erwarteten Zielbeitrag erreicht. Die Emissionen in den Sektoren Gebäude und Verkehr sowie die übrigen Emissionen lagen dagegen über den erwarteten Zielbeiträgen für 2020. Es sind deshalb beträchtliche zusätzliche Anstrengungen notwendig, um die Reduktionsziele bis 2030 zu erreichen.

Indikatives Ziel 2050 und Klimastrategie Gestützt auf den Sonderbericht des IPCC über eine Erderwärmung von 1,5 Grad Celsius hat der Bundesrat im August 2019 beschlossen, dass die Schweiz ab 2050 nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre ausstossen soll, als durch natürliche und technische Speicher aufgenommen werden (Netto-Null-Emissionen). Dieses Netto-NullZiel ist auch Gegenstand der im November 2019 eingereichten Gletscher-Initiative und des direkten Gegenentwurfs des Bundesrates, respektive des indirekten Gegenvorschlags des Nationalrats. Die Mehrheit der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S) ist dem Entwurf für ein Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz (KlG) am 23. Juni 2022 mit wenigen Abweichungen gefolgt. Der Ständerat berät die Vorlage in der Herbstsession 2022.

Am 27. Januar 2021 verabschiedete der Bundesrat eine auf das Netto-Null-Ziel ausgerichtete langfristige Klimastrategie,16 die anschliessend von der Schweiz beim UNO-Klimasekretariat eingereicht wurde, in Erfüllung ihrer Verpflichtung als Vertragspartei des Klimaübereinkommens (Art. 4 Abs. 19).

Die langfristige Klimastrategie zeigt ­ gestützt auf die Energieperspektiven 2050+ des Bundesamtes für Energie17 ­ mögliche Emissionsentwicklungen in den verschiedenen 16

17

Bericht des Bundesrates vom 27. Januar 2021 über die langfristige Klimastrategie der Schweiz. Abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Klima > Fachinformationen > Ziele der Klimapolitik > Verminderungsziele > Ziel 2050 > Klimastrategie 2050.

Energieperspektiven 2050+. Abrufbar unter: www.bfe.admin.ch > Politik.

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Sektoren im Hinblick auf das Netto-Null-Ziel im Jahr 2050 auf. Die Emissionen im Gebäudebereich, im Verkehr und in der Industrie müssen umfassend vermindert werden. Schwer vermeidbare Restemissionen verbleiben insbesondere aus der Kehrichtverbrennung, in der landwirtschaftlichen Nahrungsmittelproduktion und aus einigen industriellen Prozessen. So werden beispielsweise bei der Zementproduktion geogene, das heisst, chemische Prozessemissionen freigesetzt. Um diese Restemissionen ebenfalls zu eliminieren und längerfristig negative Emissionen zu erzeugen, ist der Einsatz von Technologien zur Abscheidung und Einlagerung von fossilem oder prozessbedingtem CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS) direkt an Anlagen sowie von Negativemissionstechnologien (NET) nötig. Diese Technologien sind erst teilweise verfügbar. Der Bundesrat hat am 18. Mai 2022 einen Bericht gutgeheissen, der Massnahmen und Rahmenbedingungen aufzeigt, damit CCS und NET im erforderlichen Umfang bis 2050 ausgebaut werden können.18 Verminderungsziel 2030 und abgelehnte Totalrevision des CO2-Gesetzes nach 2020 Das CO2-Gesetz stellt die Rechtsgrundlage dar, um die internationale Verpflichtung der Schweiz umzusetzen. Am 25. September 2020 nahm das Parlament eine Totalrevision des CO2-Gesetzes an19, um die Ziele und Massnahmen bis 2030 rechtlich zu verankern. Die Revision sah vor, den bestehenden Massnahmenmix so auszubauen und weiterzuentwickeln, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 insgesamt um mindestens 50 Prozent reduziert werden können, mindestens drei Viertel davon mit Massnahmen in der Schweiz. Die Totalrevision wurde in einer Volksabstimmung am 13. Juni 2021 mit 51,6 Prozent knapp abgelehnt.

Befragungen im Nachgang der Abstimmung zeigten, dass bei den vorgeschlagenen Instrumenten insbesondere die Verteuerung der fossilen Brennstoffe durch die CO2Abgabe, die Zuschläge auf Treibstoffe sowie die CO2-Grenzwerte bei bestehenden Gebäuden, die den Einsatz von Ölheizungen zunehmend verunmöglicht hätten, zum Nein beigetragen haben.

Verlängerung des CO2-Gesetzes bis Ende 2024 Nach dem Scheitern der Totalrevision des CO2-Gesetzes, die das geltende Recht auf 2022 hätte ablösen sollen, drohten die bis Ende 2021 befristeten Verminderungsverpflichtungen zur Befreiung von der CO2-Abgabe und die CO2-Kompensationspflicht auszulaufen. Um
eine Regulierungslücke zu verhindern, beschloss das Parlament am 17. Dezember 2021 eine Verlängerung dieser beiden Instrumente und eine Fortschreibung des Verminderungsziels bis Ende 2024. Diese Teilrevision des CO2Gesetzes hatte die parlamentarische Initiative 21.477 der UREK-N angestossen. Diese knüpft inhaltlich an die aufgrund der parlamentarischen Initiative Burkart20 getroffene

18 19 20

Klimawandel: Bundesrat heisst Bericht zum Ausbau von Negativemissionstechnologien gut. Abrufbar unter: www.uvek.admin.ch > Das UVEK > Medien > Medienmitteilungen.

BBl 2020 7847 17.405 Pa.Iv. Burkart. Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe.

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Übergangsregelung für das 2021 an. So sind in den Jahren 2021­2024 die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um jährlich 1,5 Prozent zu verringern, wobei ab 2022 neu maximal 25 Prozent mit Massnahmen im Ausland erbracht werden dürfen.

Diese Absenkung schliesst nicht direkt an das Ziel von 20 Prozent für das Jahr 2020 an, sondern gilt eigenständig. Das Ziel entspricht dem Verminderungspotenzial, das unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts mit der Weiterführung der bestehenden Massnahmen im Inland und neuen Klimaschutzprojekten im Ausland ausgeschöpft werden kann. Zudem bildet es einen Ankerpunkt für die Festlegung der CO2Kompensationspflicht, die der Bundesrat neu auch auf die Entwicklung der CO2Emissionen des Verkehrs abstützen kann. Die Teilrevision führt ausserdem die Verminderungsverpflichtungen von Unternehmen, die von der CO2-Abgabe befreit sind, nach einem standardisierten Verfahren bis 2024 weiter. Zur administrativen Vereinfachung führt das Bundesamt für Umwelt (BAFU) ein Informations- und Dokumentationssystem.

Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» Die Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» wurde am 27. November 2019 vom Verein Klimaschutz Schweiz mit 113 125 gültigen Unterschriften eingereicht21. Die Initiative sieht die Einfügung eines neuen Verfassungsartikels zur Klimapolitik vor (Art. 74a BV), der verlangt, dass die Schweiz ab 2050 nicht mehr Treibhausgase ausstossen soll, als in sicheren Treibhausgassenken dauerhaft gespeichert werden können. Auch sollen ab diesem Zeitpunkt in der Schweiz grundsätzlich keine fossilen Brenn- und Treibstoffe mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Ausnahmen sind nur möglich bei Anwendungen, für die es keine technischen Alternativen gibt.

Direkter Gegenentwurf des Bundesrates zur Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» Mit seinem Beschluss vom 28. August 2019, bis 2050 über alle Treibhausgasemissionen eine ausgeglichene Klimabilanz anzustreben (Netto-Null), verfolgt der Bundesrat grundsätzlich das gleiche Ziel wie die Initiative. Er begrüsst deshalb die von ihr verfolgte Stossrichtung, das Netto-Null-Ziel in die Verfassung aufzunehmen. Weil die Initiative dem Bundesrat punktuell zu weit geht, hat er am 11. August 202122 einen direkten Gegenentwurf vorgeschlagen,
der das grundsätzliche Verbot fossiler Energieträger ersetzt durch eine Pflicht zur Verminderung des Verbrauchs dieser Energieträger. Armee, Polizei oder Rettungsdienste sollen für Schutz- und Rettungseinsätze bei Bedarf auf fossile Treibstoffe zurückgreifen können. Auch sollen Ausnahmen möglich sein, wenn alternative Technologien wirtschaftlich nicht tragbar oder nur in ungenügendem Ausmass vorhanden sind. Neben der Sozialverträglichkeit soll die besondere Situation von Berg- und Randgebieten berücksichtigt werden, die in der Regel durch den öffentlichen Verkehr weniger gut erschlossen sind. Weil das Potenzial in der Schweiz für die dauerhafte Speicherung von CO2 (z. B. Wälder, Böden, CO221 22

BBl 2019 8550 21.055 Botschaft des Bundesrates vom 11. August 2021 zur Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» und zum direkten Gegenentwurf (Bundesbeschluss über die Klimapolitik); BBl 2021 1972.

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Speicherung in geologischen Lagerstätten) aufgrund von technischen, wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen begrenzt ist, will der Bundesrat offenlassen, ob die im Jahr 2050 verbleibenden Emissionen aus fossiler Energie mit Senken im In- oder Ausland ausgeglichen werden.

Am 3. März 2022 folgte der Nationalrat dem Bundesrat und beschloss, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen, und passte den direkten Gegenentwurf in mehreren Punkten geringfügig an.23 Die einzige materielle Abweichung zum Bundesrat betrifft den Absenkpfad bis 2050: Während der Bundesrat wie die Initiative einen mindestens linearen Verlauf festlegt, sollen sich die Treibhausgasemissionen gemäss der Fassung des Nationalrats über die Zeit gleichmässig vermindern. Zudem sieht der angepasste direkte Gegenentwurf neu spezifische Unterstützung von Berggebieten bei der Dekarbonisierung vor. Zudem hat sich der Nationalrat einstimmig für eine Verlängerung der Behandlungsfrist der Volksinitiative um ein Jahr bis zum 7. August 2023 ausgesprochen. Diesem Entscheid folgte der Ständerat am 31. Mai 2022 diskussionslos, stellte die Beratungen zur Gletscher-Initiative hingegen zurück, um die Beschlüsse des Nationalrats zum nachfolgend erläuterten indirekten Gegenvorschlag abzuwarten.

Indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» Um der Gletscher-Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen, reichte die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) im Oktober 2021 eine parlamentarische Initiative ein, der ihre Schwesterkommission im November 2021 Folge gab. Der darauf von der UREK-N ausgearbeiteten Vorlage vom 25. April 2022 stimmte der Nationalrat am 16. Juni 2022 zu. Das neue KlG hat den Charakter eines Rahmengesetzes, dessen Ziele in Massnahmengesetzen ­ in erster Linie im vorliegenden CO2-Gesetz ­ umgesetzt werden sollen. Der Bundesrat wird beauftragt, rechtzeitig Vorschläge zu unterbreiten.

Der Entwurf nimmt das Kernanliegen der Gletscher-Initiative auf, die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2050 auf Netto-Null zu senken, und setzt für die Verminderung von Treibhausgasemissionen Zwischenziele für das Jahr 2040 sowie für die beiden Dekaden 2031­2040 und 2041­2050. Ferner sind Richtwerte für die Sektoren Gebäude,
Verkehr und Industrie vorgegeben. Der Bundesrat wird ermächtigt, für den Einsatz von Negativemissionstechnologien Richtwerte festzulegen. Im Einklang mit der internationalen Verpflichtung gemäss Übereinkommen von Paris enthält der Entwurf auch Ziele der Anpassung an den Klimawandel und der klimaverträglichen Ausrichtung der Finanzmittelflüsse.

Der Entwurf enthält auch erste Massnahmen, um die Erreichung der Ziele zur Verminderung der Treibhausgasemissionen für 2030 zu unterstützen. So sollen NettoNull-Fahrpläne von Unternehmen und Branchen die Dekarbonisierung in der Industrie beschleunigen. Für die Förderung neuartiger Technologien und Prozesse sollen befristet bis 2030 aus dem allgemeinen Bundeshaushalt jährlich maximal 200 Millionen Franken bereitstehen, mit denen auch Risiken von Investitionen in öffentliche

23

Abrufbar unter: www.parlament.ch > 21.055 > Fahnen.https://www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2021/20210055/N11 D.pdf

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Infrastrukturbauten abgesichert werden können. Pilot- und Demonstrationsanlagen erhalten höhere Finanzhilfen.

Zudem soll der Bund in einem gesonderten Programm mit einer Laufzeit von 10 Jahren ergänzend zum Gebäudeprogramm den Heizungsersatz mit maximal 200 Millionen Franken pro Jahr fördern.

Bund und Kantone sollen bei der Verminderung der Treibhausgasemissionen und der Anpassung an den Klimawandel eine Vorbildfunktion einnehmen (Art. 10 KlG). Für die zentrale Bundesverwaltung gilt bis 2040 ein Netto-Null-Ziel für die direkten als auch die indirekten Emissionen der bezogenen Energie sowie die Emissionen aus vorund nachgelagerten Prozessen.

Mit dem Inkrafttreten des indirekten Gegenvorschlags zur Gletscher-Initiative müssen insbesondere die allgemeinen Bestimmungen in dieser Vorlage angepasst werden.

Anpassung an den Klimawandel Mit dem fortschreitenden Klimawandel nimmt auch in der Schweiz die Notwendigkeit zu, sich den immer stärker werdenden klimabedingten Veränderungen anzupassen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Jahresdurchschnittstemperatur hierzulande um 2,1 Grad Celsius gestiegen. Damit ist der Temperaturanstieg in etwa doppelt so stark wie im weltweiten Mittel. In den letzten Jahrzehnten sind auch Extremereignisse wie Hitzewellen, Trockenperioden und Starkniederschläge häufiger und intensiver geworden und Lebensräume und die Artenzusammensetzung haben sich verändert.

Die Anpassung an den Klimawandel ist als zweiter, komplementärer Bestandteil zur Verminderung der Treibhausgasemissionen in der Schweizer Klimapolitik verankert.

Das bestehende CO2-Gesetz beauftragt den Bund, die Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel zu koordinieren und die notwendigen Grundlagen bereitzustellen.

Den Rahmen für ein koordiniertes Vorgehen auf Bundesebene bildet die Strategie «Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz» des Bundesrates vom 2. März 2012.

Der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative präzisiert die Ziele für die Anpassung an den Klimawandel (Art. 8 KlG). Konkret sollen Anpassungsaktivitäten und -strategien in Zukunft noch stärker auf das Minimieren von klimabedingten Risiken wie beispielsweise die zunehmende Hitzebelastung, die zunehmende Sommertrockenheit, das zunehmende Hochwasserrisiko, die abnehmende Hangstabilität und zunehmenden Massenbewegungen, die Veränderung
der Lebensräume, Artenzusammensetzung und Landschaft oder die Ausbreitung von Schadorganismen, Krankheiten und gebietsfremden Arten ausgerichtet sein. Im Vordergrund steht der Schutz des Menschen sowie der Lebensgrundlagen und Sachwerten. Dazu müssen Anpassungsmassnahmen auf allen Ebenen ergriffen werden. Zudem ist die enge Verzahnung von Klimawandel und Biodiversitätsverlust zu beachten. Für eine offene Volkswirtschaft wie die Schweiz sind auch die Auswirkungen des Klimawandels in anderen Weltregionen bedeutend, weil sie die Handelsbeziehungen und Wertschöpfungsketten beeinträchtigen können.

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1.1.4

Finanzmarkt

Heutige Investitionsentscheide ­ beispielsweise zur Energieversorgung oder Verkehrs- und Gebäudeinfrastruktur ­ sind mitentscheidend, wie viele Treibhausgase zukünftig emittiert werden. Eines der drei Hauptziele des Übereinkommens von Paris ist, dass «die Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden mit einem Weg hin zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung». Dieses allgemein formulierte Ziel soll in den Zweckartikel des CO2-Gesetzes aufgenommen werden. Gemäss Entwurf für einen indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative soll der Schweizer Finanzplatz dazu einen effektiven Beitrag leisten (Art. 9 KlG).

Dieses Ziel hatte der Bundesrat bereits 2020 festgehalten in der Absicht, dass der Schweizer Finanzplatz ein global führender Standort für nachhaltige Finanzdienstleistungen wird und seine Wettbewerbsfähigkeit verbessert. Im November 2021 empfahl der Bundesrat den Akteuren, auf allen Finanzprodukten und Kundenportfolien freiwillig Transparenz zur Klimaverträglichkeit zu schaffen. Mit vergleichbaren Klimatests misst der Bund zudem die Fortschritte der Finanzbranchen regelmässig. Zunehmend bekennen sich verschiedene Finanzinstitute und -verbände auch öffentlich zum Netto-Null-Ziel, wobei Zwischenziele und konkrete Massnahmen heute noch kaum vergleichbar sind. Mit konkreten Branchenvereinbarungen mit dem Bund, wie sie im indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative vorgesehen sind, können solche Versprechen und deren wirksame Umsetzung für eine ganze Finanzbranche (Banken, Vermögensverwaltende, Versicherungen, Vorsorgeeinrichtungen) transparent und vergleichbar gemacht sowie mit den Zielen der Schweiz in Einklang gebracht werden.

1.1.5

Energiepolitik

Der Verbrauch fossiler Energieträger ist in der Schweiz für rund drei Viertel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Energie- und Klimapolitik sind daher eng verzahnt. Einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der klimapolitischen Ziele leistet die Energiestrategie 2050.24 Diese hat eine umweltverträgliche Energieversorgung zum Ziel unter gleichzeitiger Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Im Strombereich strebt sie eine Senkung des Pro-Kopf-Verbrauchs sowie einen deutlichen Ausbau der Erzeugung aus erneuerbaren Energien (Wasserkraft, Fotovoltaik, Biomasse, Geothermie und Windenergie) an. Auch im Wärme- und Mobilitätsbereich soll die Effizienz gesteigert und zu einem grossen Teil erneuerbare anstatt fossile Energie genutzt werden. Im Zusammenhang mit der Energiestrategie 2050 hat die Stimmbevölkerung am 21. Mai 2017 das neue Energiegesetz vom 30. September 201625 (EnG) angenommen.

Das Ziel, die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2050 auf Netto-Null zu senken, bedingt, dass die Energiestrategie 2050 weiterentwickelt wird. Insbesondere ist eine rasche Elektrifizierung im Verkehrs- und im Wärmebereich nötig. Daher sind ein verstärkter und rechtzeitiger Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und 24 25

Energiestrategie 2050. Abrufbar unter: www.uvek.admin.ch > Energie.

SR 730.0

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spezifische Massnahmen zur Stärkung der Stromversorgungssicherheit notwendig.

Dies bedingt entsprechende Änderungen im EnG und im Stromversorgungsgesetz vom 23. März 200726. Zur Revision der beiden Gesetze hat der Bundesrat dem Parlament am 18. Juni 202127 seinen Entwurf zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien unterbreitet. Die vorgeschlagene Revision will die Förderung der erneuerbaren Energien zum einen bis 2035 verlängern und zum andern wettbewerblicher ausgestalten. Die gesetzlichen Richtwerte für die Stromproduktion aus Wasserkraft und andere erneuerbare Energien für das Jahr 2035 sollen erhöht und zu verbindlichen Zielwerten geändert und neu auch Zielwerte für das Jahr 2050 festgelegt werden. Beim Stromversorgungsgesetz beabsichtigt der Bundesrat, mit der Öffnung des Strommarkts für alle Kundinnen und Kunden die erneuerbaren Energien besser im Markt zu integrieren und die dezentrale Stromproduktion zu stärken. Die Marktöffnung ermöglicht den erneuerbaren Energien neue Geschäftsmodelle (beispielsweise Energiegemeinschaften), die im Monopol nicht erlaubt sind bzw.

für die es bisher kaum Innovationsanreize gibt. Die Vorlage enthält zudem wichtige Elemente zur Stärkung der Stromversorgungssicherheit (Unterstützung des Zubaus von Stromproduktionskapazitäten im Winter, Energiereserve) sowie Verbesserungen im Netzbereich. Letztere sind auch wichtig, um die zunehmende Menge erneuerbarer Erzeugungsanlagen sicher und effizient in das Gesamtsystem zu integrieren.

Um die Versorgungssicherheit zu stärken hat der Bundesrat im Jahr 2022 weitere Beschlüsse gefällt. Unter anderem hat er an seiner Sitzung vom 16. Februar 2022 beschlossen, bereits ab Winter 2022/23 eine Wasserkraftreserve einzurichten.28 Zudem hat er das UVEK beauftragt, die notwendigen Bestimmungen, die für ReserveKraftwerke als Versicherungslösung für ausserordentliche Knappheitssituationen notwendig sind, auszuarbeiten. Dabei soll der klimaneutrale Betrieb dieser ReserveKraftwerke gewährleistet werden, beispielsweise durch den Einsatz von CO2-freien Brennstoffen oder durch Kompensation.

1.2

Handlungsbedarf und Ziele

Die Klimagesetzgebung der Schweiz wird im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen periodisch weiterentwickelt. In Umsetzung des Kyoto-Protokolls verlangt das geltende CO2-Gesetz, dass die Treibhausgasemissionen in der Schweiz bis 2020 um 20 Prozent unter das Niveau von 1990 sinken. Das am 11. April 2022 veröffentlichte Treibhausgasinventar für das Jahr 2020 zeigt, dass das gesetzliche Verminderungsziel trotz der pandemiebedingt ungewöhnlich tiefen Verkehrsemissionen und der warmen Witterung, die den Heizbedarf und somit die CO2-Emissionen im Gebäudepark verringern, mit 19 Prozent knapp verfehlt wurde.

26 27 28

SR 734.7 BBl 2021 1666 Versorgungssicherheit: Bundesrat richtet ab dem nächsten Winter eine Wasserkraftreserve ein und plant Reserve-Kraftwerke. Abrufbar unter: www.uvek.admin.ch > Das UVEK > Medien > Medienmitteilungen.

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Mit der Ratifikation des Übereinkommens von Paris am 6. Oktober 2017 hat sich die Schweiz international verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 zu halbieren und im Durchschnitt der Jahre 2021­2030 um 35 Prozent gegenüber 1990 zu vermindern. Diesem Ziel hatte das Parlament mit Bundesbeschluss am 16. Juni 2017 zugestimmt.29 Zur Umsetzung dieser internationalen Verpflichtung unterbreitete der Bundesrat dem Parlament mit Botschaft vom 1. Dezember 2017 eine Totalrevision des CO2-Gesetzes, um Ziele und Massnahmen bis 2030 festzulegen.30 Gegen diese vom Parlament am 25. September 2020 beschlossene Totalrevision31 wurde das Referendum ergriffen. Die Stimmbevölkerung hat die Vorlage am 13. Juni 2021 mit 51,6 Prozent knapp abgelehnt.

Weil damit wichtige Instrumente per Ende 2021 auslaufen würden, nahm das Parlament gestützt auf eine parlamentarische Initiative der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (UREK-N)32 am 17. Dezember 2021 eine Teilrevision des CO2-Gesetzes an33, die rückwirkend auf Anfang 2022 in Kraft trat, nachdem die Referendumsfrist unbenutzt verstrichen war. Um die internationale Verpflichtung bis 2030 unter dem Übereinkommen von Paris einzuhalten, reichen die mit der Verlängerung des CO2-Gesetzes beschlossenen Ziele und Massnahmen jedoch nicht aus. Die Anstrengungen müssen nach 2024 beträchtlich gesteigert werden, so dass die Treibhausgasemissionen schneller sinken. Zudem muss das Engagement im Ausland ausgebaut werden. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat auch in Ausführung von Artikel 3 Absatz 5 des geltenden CO2-Gesetzes am 17. Dezember 2021 eine neue Vorlage in die Vernehmlassung geschickt, die bis am 4. April 2022 dauerte.34 Diese Vorlage soll die vom Parlament am 17. Dezember 2021 beschlossene Verlängerung des CO2-Gesetzes ablösen. Sie trägt dem Abstimmungsergebnis vom 13. Juni 2021 Rechnung und verzichtet auf Instrumente, die massgeblich zum Nein beigetragen haben. So wird auf neue Abgaben oder auf die Erhöhung von bestehenden Abgaben verzichtet. Die Verminderungsziele sollen vielmehr mit gezielten, auch steuerlichen Anreizen und Förderinstrumenten in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Industrie erreicht werden, wobei die Finanzmittel wiederum grundsätzlich demjenigen Sektor zugutekommen sollen, aus dem sie stammen. Die Revision enthält zusätzlich
Änderungen des Mineralölsteuergesetzes vom 21. Juni 199635 (MinöStG), des Schwerverkehrsabgabegesetzes vom 19. Dezember 199736 (SVAG), des EnG, des Luftfahrtgesetzes vom 21. Dezember 194837 (LFG), des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 198338 (USG) und des Binnenmarktgesetzes vom 6. Oktober 199539 (BGBM).

29 30 31 32 33 34

35 36 37 38 39

BBl 2017 4281 BBl 2018 247 BBl 2020 7847 21.477 Pa.Iv. UREK-N. Verlängerung des Reduktionszieles im geltenden CO2-Gesetz.

BBl 2021 2994 Vernehmlassung 2021/123. Revision des CO2-Gesetzes. Abrufbar unter: www.fedlex.data.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2021.

SR 641.61 SR 641.81 SR 748.0 SR 814.01 SR 943.02

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Parallel zur vorliegenden Revision des CO2-Gesetzes verfolgt das Parlament den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative weiter (vgl. Ziff. 1.1.3), der den Rahmen für die kommenden Revisionen des CO2-Gesetzes abstecken und die Ambition der Klimapolitik der Schweiz prägen wird. Mit dem Krieg in der Ukraine und der damit verbundenen Drosselung der russischen Gasimporte nach Europa hat sich die Dringlichkeit, rasch von den fossilen Energien wegzukommen, nochmals deutlich verstärkt. Die vorliegende Revision des CO2-Gesetzes sowie auch der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative leisten einen massgebenden Beitrag dazu, die Abhängigkeit von Öl und Gas zu reduzieren.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

1.3.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202040 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202041 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

1.3.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Der Entwurf ist mit der langfristigen Klimastrategie vereinbar, die der Bundesrat am 27. Januar 2021 verabschiedet hat (vgl. Ziff. 1.1.3).

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit dieser Botschaft werden die folgenden parlamentarischen Vorstösse zur Abschreibung beantragt: Postulat Ammann (Müller-Altermatt) vom 16.6.2021 (P 19.3643; «Attraktivitätssteigerung und Entwicklung von Nachtzugsangeboten») Das Postulat fordert, Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung und Erweiterung von Nachtzug-Angeboten zu prüfen. Der Bundesrat erfüllt dieses Anliegen und schlägt in Artikel 37a vor, Finanzhilfen von jährlich 30 Millionen Franken für den Ausbau des internationalen Personenverkehrs auf der Schiene, insbesondere von Nachtzügen, zu gewähren. Diese werden durch eine Zweckbindung von Versteigerungserlösen von Emissionsrechten für Luftfahrzeuge finanziert (vgl. Ziff. 3.1.4).

40 41

BBl 2020 1777 BBl 2020 8385

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Postulat UREK-S vom 25.9.2019 (P 19.3949; «Der Verkehr muss einen Beitrag an den Klimaschutz leisten») Das Postulat fordert die Untersuchung verschiedener klimapolitischer Massnahmen im Verkehr, darunter eine CO2-Lenkungsabgabe auf fossile Treibstoffe und das Einpreisen der Klimafolgekosten in ein Mobility Pricing. Der Bundesrat hat diese Massnahmen geprüft und legt in dieser Botschaft seine Erwägungen dazu dar (vgl.

Ziff. 3.2.3).

Motion Trede vom 2.12.2021 (M 19.4614; «Konzept zur längerfristigen Steigerung des Angebots von Verbindungen des Internationalen Schienenpersonenverkehrs») Die Motion verlangt, im Hinblick auf die Klimaziele des Bundesrates Angebote an internationalen Zugverbindungen mittel- und längerfristig auszubauen. Vorliegende Vorlage erlaubt es, dafür Finanzhilfen über mehrere Jahre auszurichten (vgl.

Ziff. 3.1.4). Dabei werden Gesuche nach den potenziellen CO2-Einsparungen sowie nach dem Kundennutzen priorisiert. Dadurch wird ein Anreiz für interessierte Eisenbahnverkehrsunternehmen geschaffen, Angebote zu entwickeln, welche nachhaltig sind und auf die Bedürfnisse der Reisenden eingehen. Aufgrund der Mehrjährigkeit der Anschubfinanzierung wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Einführung von Angeboten des internationalen Personenverkehrs auf der Schiene eher ein mittel- bis langfristiges Geschäft ist. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen erhalten so die notwendige finanzielle Sicherheit zur Entwicklung nachhaltiger Angebote sowie für die Bereitstellung der für die Umsetzung der Angebote erforderlichen technischen Voraussetzungen (zum Beispiel grenzüberschreitende Vertriebssysteme).

Motion Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats vom 30.8.2021 (M 21.3977; «Förderung von nichtfossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Verkehr») Die Motion fordert den Bundesrat auf, gemeinsam mit den Kantonen, Gemeinden und der öV-Branche eine gesamtheitliche Lösung für die Förderung und Finanzierung nichtfossiler Verkehrsträger im regionalen Personen- wie auch im Ortsverkehr zu erarbeiten. Die vorliegende Vorlage schafft in Artikel 41a eine Grundlage für die Förderung von nichtfossilen Bussen und Schiffen, sowohl im regionalen Personenverkehr als auch bei den weiteren konzessionierten Verkehrsangeboten.

2

Vernehmlassung (Ergebnis und Würdigung)

2.1

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vernehmlassung zum CO2-Gesetz nach 2024 dauerte vom 17. Dezember 2021 bis zum 4. April 2022. Es sind 252 Stellungnahmen eingegangen.

Rund 80 Teilnehmende unterstützen die Vernehmlassungsvorlage grundsätzlich. Darunter fallen neben fast allen Kantonen und einigen Organisationen der Wirtschaft auch die Parteien Die Mitte, glp und FDP. Die SVP weist die Vorlage zurück, weil sie

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für den Mittelstand nicht tragbar sei. Die EVP und einige Mitglieder der Klima-Allianz lehnen die Vernehmlassungsvorlage aufgrund der unzureichenden Klimawirkung explizit ab. Die Klimawirkung wird auch von einer Reihe weiterer Teilnehmenden ­ darunter Grüne, SP, einige Kantone und der Schweizerische Gewerkschaftsbund ­ bemängelt.

Eine breite Zustimmung finden die gesetzlichen Verminderungsziele, insbesondere Umweltorganisationen fordern jedoch einen höheren Inlandanteil, während Wirtschaftskreise sich für eine völlige Flexibilisierung aussprechen.

Eine Mehrheit unterstützt die vorgeschlagene Erhöhung der Teilzweckbindung der CO2-Abgabe zur Finanzierung von Gebäudemassnahmen. Hingegen lehnen die Kantone die Beratungspflicht ab, die dem Einbau einer fossil betriebenen Heizung vorangehen sollte, und äussern sich auch gegen die Bestimmung zur erhöhten Ausnützungsziffer kritisch. Grössere Unterstützung erhält hingegen die Meldepflicht bei einem Heizungsersatz.

Generell begrüsst werden Bestimmungen, welche analog zur EU eingeführt werden (Flottenziele, Beimischquote von erneuerbaren Flugtreibstoffen und Änderungen im EHS). Die Anlehnung an die EU könnte gemäss einigen Teilnehmenden in den genannten Bereichen noch stärker ausfallen. Insbesondere die Flottenziele für Personenwagen, leichte Lieferwagen und Sattelschlepper aber auch für schwere Nutzfahrzeuge seien von der EU zu übernehmen. Viele der neu vorgeschlagenen Instrumente werden zwar im Grundsatz begrüsst, vereinzelt jedoch aufgrund fehlender Technologieoffenheit bemängelt, wie dies bei der Förderung der Ladestationen, der CO2-neutralen Antriebstechnologien und bei der Befreiung von der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) der Fall ist. Hinzu kommen Bedenken zu den Finanzierungsquellen für die Förderung von Ladestationen und des grenzüberschreitenden Personenschienenverkehrs. Bei ersterem wird die Finanzierung aus den Sanktionszahlungen der Fahrzeugimporteure einerseits abgelehnt, weil diese Einnahmen im NAF gebraucht und andererseits als unzuverlässig eingeschätzt werden. Bei der Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs über Erlöse aus den Versteigerungen der Emissionsrechte für Luftfahrzeuge orten einige Teilnehmende eine Quersubventionierung. Bei allen Fördertatbeständen fordern einige Teilnehmende eine Erhöhung der
vorgesehenen Mittel.

Bei den erneuerbaren Treibstoffen äussern viele Teilnehmende Bedenken gegenüber der Überführungspflicht für Importeure. Sie bevorzugen die Beibehaltung des heutigen Systems mit Steuererleichterungen bei der Mineralölsteuer. In Bezug auf die Rückerstattung der Mineralölsteuer an konzessionierte Transportunternehmen wird die gleichzeitige Aufhebung im Orts- und im regionalen Personenverkehr kritisch aufgenommen und stattdessen eine Staffelung angeregt. Eine Ausweitung der Befreiung von der CO2-Abgabe auf alle Unternehmen begrüssen insbesondere Wirtschaftskreise, sie halten hingegen einen Dekarbonisierungsplan auf Beginn der neuen Verminderungsverpflichtung als zu ambitiös.

Für eine detaillierte Zusammenfassung der eingegangenen Stellungnahmen wird auf den Ergebnisbericht verwiesen.

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2.2

Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse hält der Bundesrat an den vorgeschlagenen Massnahmen grundsätzlich fest und sieht gezielte Anpassungen und Ergänzungen vor. Zudem sieht er nach wie vor keine weitergehenden Abgaben oder Vorschriften vor. Wie bereits in der Vernehmlassung vorgesehen, kann der Bundesrat die Erreichung der Reduktionsziele ­ sollten die getroffenen Massnahmen nicht ausreichen ­ durch den Erwerb von internationalen Bescheinigungen gewährleisten. An dieser Regelung wird festgehalten. Ausführungen dazu sind den Ziffern 3.5.6, 5.1 sowie 5.2 zu entnehmen.

Neben kleineren Anpassungen aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung wird entsprechend der Stellungnahmen der Kantone auf die Beratungspflicht beim Ersatz einer fossilen Heizung verzichtet. An der Meldepflicht und der Möglichkeit der Kantone, die Ausnützungsziffer bei Sanierungen und Ersatzneubauten unter gewissen Bedingungen zu erhöhen, wird festgehalten. Auf das in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagene Impulsprogramm für den Heizungsersatz wird in Abstimmung mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative verzichtet (siehe 1.1.3). Die Mittel aus der CO2-Abgabe sollen jedoch neben dem nahezu unbestrittenen Gebäudeprogramm und den anderen vorgeschlagenen Fördertatbeständen neu auch für die Förderung von Anlagen zur Produktion und Einspeisung von erneuerbaren Gasen genutzt werden, da dies einige Teilnehmende beantragt haben. Die Erhöhung der Teilzweckbindung wird beibehalten. Die Erhöhung ist auch in Anbetracht der erwähnten Ausweitung der Förderung auf erneuerbare Gase nötig.

Im Verkehrsbereich werden als Reaktion auf die Stellungnahmen einerseits neu Flottenziele für schwere Nutzfahrzeuge vorgesehen und andererseits die Finanzierung der Ladestationen für Elektrofahrzeuge neugestaltet. Anstatt der unsicheren Sanktionsgelder aus den Flottenzielen wird die Mineralölsteuer genutzt. Grössere Anpassungen löst die Vernehmlassung auch bezüglich der Verminderungspflicht bzw. Überführungspflicht aus. Wie mehrfach gefordert, wird die Parlamentarische Initiative 22.402 berücksichtigt und den Importeuren von erneuerbaren Treibstoffen die Wahl zwischen massenbilanziertem Import oder segregiertem Import, welcher zu Steuererleichterungen berechtigt, freigestellt.

Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse wird den Unternehmen mit Verminderungsverpflichtung zudem einen gewissen zeitlichen Spielraum in der Erarbeitung der geforderten Dekarbonisierungpläne gewährt.

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Die beantragte Neuregelung

3.1.1

Reduktionsziele

Der vorliegende Gesetzesentwurf übernimmt die Ziele, zu denen sich die Schweiz unter dem Übereinkommen von Paris verpflichtet hat: Bis 2030 müssen die Treibhausgasemissionen der Schweiz mindestens halbiert werden. Zudem sollen sie im 24 / 118

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Durchschnitt der Jahre 2021­2030 um mindestens 35 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen. Das Durchschnittsziel stellt sicher, dass die Treibhausgasemissionen stetig sinken und Versäumnisse bei der Emissionsverminderung aufgeholt werden müssen. Im Vordergrund stehen Verminderungen im Inland. Auslandmassnahmen sollen soweit genutzt werden können, wie dies für die Zielerreichung nötig ist. Angestrebt wird ein Inland-Ausland-Verhältnis von mindesten 60 Prozent im Inland gegenüber maximal 40 Prozent im Ausland; dieses Verhältnis hatte der Bundesrat bereits in seiner Botschaft vom 1. Dezember 201742 zur Totalrevision des CO2-Gesetzes nach 2020 vorgeschlagen. Der vorliegende Entwurf vermindert die Treibhausgasemissionen innerhalb der Schweiz bis 2030 um 34 Prozent. Dies entspricht einem Inlandanteil von über zwei Dritteln.

Das Netto-Null-Ziel bis 2050 (vgl. Ziff. 1.1.3) soll zusammen mit den übrigen Zielsetzungen des Übereinkommens von Paris in den Zweckartikel aufgenommen werden, ohne jedoch eine bestimmte Jahreszahl zu nennen.

3.1.2

Massnahmen im Gebäudebereich

Der Gesetzesentwurf hält explizit fest, dass die Kantone für energetisch vorbildliche Ersatzneubauten und umfassende energetische Gebäudesanierungen Anreize schaffen können, die eine zusätzliche Ausnutzung des Grundstückes ermöglichen. Um die Datenlage zum Gebäudepark zu verbessern, sollen die Bewilligungsbehörden bei einem Heizungsersatz zu einem Eintrag ins eidgenössische Gebäude- und Wohnungsregister verpflichtet werden. Die Kantone sollen bei einem Heizungsersatz ausserdem mindestens eine Meldepflicht vorsehen.

Die CO2-Abgabe auf Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas wird mit einem Maximalsatz von 120 Franken pro Tonne CO2, der seit dem 1. Januar 2022 gilt, weitergeführt. Mit vorliegendem Gesetzesentwurf darf bis im Jahr 2030 maximal 49 Prozent des Ertrags aus der CO2-Abgabe zweckgebunden für im Gesetz festgelegte Massnahmen zur Verminderung der CO2-Emissionen verwendet werden. Ab 2031 sinkt dieser Anteil wieder auf einen Drittel.

Die Erhöhung der Teilzweckbindung erlaubt es insbesondere, das Gebäudeprogramm von Bund und Kantonen im bisherigen Rahmen fortzusetzen. Das Gebäudeprogramm bildet einen wesentlichen Faktor, um den Verbrauch von fossilen Energien im Gebäudebereich zu reduzieren. Es ist darum nicht von nur aus Sicht der Klimapolitik, sondern auch mit Blick auf die Versorgungssicherheit der Schweiz wichtig, das Gebäudeprogramm mit den nötigen finanziellen Mitteln auszustatten. Für das Gebäudeprogramm stehen wie bisher Mittel aus der CO2-Abgabe bereit. Neu wird im Gesetz auf einen jährlichen Maximalbetrag für dieses Programm verzichtet. Damit wird dem Anliegen aus der Vernehmlassung, dem Gebäudeprogramm zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, Rechnung getragen. Die Kantone werden so motiviert, weiterhin selber umfangreiche kantonale Finanzmittel (2022: 177 Mio. Franken) beizusteuern. Die Globalbeiträge des Bundes an die Kantone für die Förderung setzen sich zusammen aus einem Sockelbeitrag pro Einwohner und einem Ergänzungsbeitrag. Der 42

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Ergänzungsbeitrag darf das Doppelte des kantonalen Budgets, das der jeweilige Kanton für sein Programm bewilligt hat, nicht übersteigen.

Schweizweit sind heute alleine in Wohnbauten schätzungsweise noch 900 000 fossile Heizungen in Betrieb. Damit der Gebäudepark bis 2050 CO2-frei wird, müssten somit in Wohnbauten jedes Jahr rund 30 000 fossile Heizungen durch erneuerbare Heizsysteme ersetzt werden. Dafür reichen die bestehenden Massnahmen nicht aus ­ wie anhand einer Studie von Infras (2020)43 für die Stadt Zürich aufgezeigt werden konnte.

Während eines befristeten Zeitraums wird folglich mehr Geld für den raschen Ersatz fossiler Heizsysteme benötigt. Im Rahmen des KlG ist deshalb ein Programm für den Ersatz fossiler Heizsysteme und elektrischer Widerstandsheizungen im Umfang von 200 Millionen Franken jährlich vorgesehen (vgl. Ziffer 1.1.3).

Projekte zur direkten Nutzung von Geothermie zur Wärmebereitstellung fördert das Bundesamt für Energie (BFE) wie bisher mit 30 Millionen Franken pro Jahr aus dem Ertrag der CO2-Abgabe. Ebenfalls aus der CO2-Abgabe soll neu zudem die kommunale und überkommunale räumliche Energieplanung unterstützt werden. Dank dieser neuen und bis im Jahr 2030 befristeten Unterstützung werden die Gemeinden stärkere Anreize erhalten, solche Planungen zu erstellen.

Mit einer räumlichen Energieplanung können Gemeinden eine Grundlage erarbeiten, um insbesondere die Wärme- und Kälteversorgung auch überkommunal zu optimieren und zukunftstauglich auszugestalten mit dem Ziel, die Nutzung regional verfügbarer und umweltverträglicher Energiequellen auszubauen. Rund die Hälfte der Kantone unterstützt heute Gemeinden in unterschiedlicher Form, wenn es um räumliche Energieplanung geht. Allerdings verfügen mehr als 80 Prozent der Gemeinden noch über keine räumliche Energieplanung.

Mit der vorliegenden Revision des CO2-Gesetzes werden neu auch Anlagen zur Produktion und Einspeisung erneuerbarer Gase gefördert. Hierfür stehen bis Ende 2035 Mittel aus der CO2-Abgabe zur Verfügung. Vorrangig sollen Anlagen unterstützt werden, welche das Gas ins Netz einspeisen. Die Anlagen werden in Form von Investitionsbeiträgen unterstützt. Vorgesehen ist, dass Anlagen, die Gas aus Biomasse erzeugen (Energie-Gewinnung), priorisiert werden gegenüber Anlagen, die Gas aus Strom erzeugen (Energieumwandlung,
Power to Gas). Für Anlagen zur Produktion und Einspeisung erneuerbarer Gase gibt es bislang keine staatliche Förderung. Solche Anlagen leisten aber neben den strom- und wärmeproduzierenden Anlagen einen zusätzlichen Beitrag zur Energieversorgung und weisen dabei geringe Treibhausgasemissionen auf. Insbesondere die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan, das ins Gasnetz eingespeist werden kann, ist bei diversen gewerblichen und landwirtschaftlichen Anlagen sinnvoll. Für die direkte Nutzung von Geothermie zur Wärmebereitstellung, für die räumliche Energieplanung und für Anlagen zur Produktion und Einspeisung erneuerbarer Gase stehen insgesamt maximal 45 Millionen Franken pro Jahr zur Verfügung. Für die Geothermie sollen grundsätzlich im gleichen Umfang wie bisher Mittel zur Verfügung stehen (30 Millionen Franken), der Rest verteilt sich auf die zwei neuen Massnahmen.

43

INFRAS & Quantis (2020): Netto-Null Treibhausgasemissionen Stadt Zürich.

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Ein grosses ungenutztes Potenzial liegt auch bei thermischen Netzen brach. Thermische Netze ­ auch Fernwärme-, Nahwärme- oder Fernkältenetze genannt ­ sind Infrastrukturen, die mehrere Gebäude auf verschiedenen Grundstücken mithilfe von Wasser oder Dampf mit Wärme oder Kälte versorgen. Das Weissbuch Fernwärme Schweiz44 schätzt, dass thermische Netze in der Schweiz einen Energieverbrauch von insgesamt 17 TWh abdecken können, was ungefähr eine Verdoppelung gegenüber heute bedeuten würde. Der Bau von thermischen Netzen ist mit hohen Anfangsinvestitionen, langen Amortisationszeiten und für die beteiligten Parteien (Wärmelieferant/in, Netzbetreiber/in, Netzeigentümer/in, Standortgemeinde und Wärmebezüger/in) mit verschiedenen Risiken verbunden. Mit vorliegender Revision soll der Bund mit zusätzlich in den Technologiefonds eingelegten Mitteln die Investitionsanreize verbessern. Risiken von Investitionen in den Neubau und den Ausbau thermischer Netze und der dazugehörenden Wärmeerzeugungsanlage, die mit erneuerbaren Energien und Abwärme gespeist werden, können damit absichert werden.

3.1.3

Massnahmen im Verkehrsbereich

Emissionsvorschriften für neue Fahrzeuge Personenwagen sind für rund drei Viertel der Treibhausgasemissionen des Verkehrs in der Schweiz verantwortlich, Lieferwagen für acht Prozent, schwere Fahrzeuge für rund zwölf Prozent. Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht die Fortführung und weitere Absenkung der CO2-Zielwerte für neue Personenwagen (PW) und Lieferwagen und leichte Sattelschlepper (LNF) sowie die Einführung von Zielwerten für schwere Fahrzeuge in Anlehnung an die EU-Regulierung vor. Damit sollen die Fahrzeugimporteure effizientere Neuwagen und mehr Elektrofahrzeuge importieren und anbieten.

Die im CO2-Gesetz festgelegten Flottenziele für PW von 95 Gramm CO2 pro Kilometer und für LNF von 147 Gramm pro Kilometer gelten seit 2020 und sind unbefristet. Ab 2025 soll für beide Fahrzeugkategorien in Anlehnung an den Legislativvorschlag der Europäischen Kommission im Rahmen des «Fit for 55»-Pakets ein gegenüber dem Ziel 2021 um 15 Prozent tieferer CO2-Zielwert gelten; ab 2030 bei PW ein um 55 Prozent und bei LNF ein um 50 Prozent tieferer Zielwert. Für schwere Fahrzeuge sollen die Zielwerte gemäss der geltenden EU-Regelung übernommen werden: Gegenüber der Referenzflotte der vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2020 erstmals zugelassenen Fahrzeuge sollen die Emissionen der neuen schweren Fahrzeuge bis 2025 um 15 Prozent sinken, bis 2030 um 30 Prozent.

Der Bundesrat erhält die Kompetenz, Massnahmen zu treffen, sollten die CO2Emissionen im Realbetrieb zunehmend von den im Normverfahren ermittelten Werten abweichen. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) wird zudem ermächtigt, die detaillierten jährlichen Resultate des Vollzugs der CO2-Emissionsvorschriften zu veröffentlichen. Die Publikation dieser Daten wurde bereits 2017 gerichtlich beschlossen und wird seitdem im Vollzug der CO2Emissionsvorschriften umgesetzt.

44

Eicher+Pauli (2014): Weissbuch Fernwärme Schweiz. Abrufbar unter: www.fernwaerme-schweiz.ch > Dienstleistungen > VFS-Weissbuch > Downloads.

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Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge Die Elektrifizierung von Personen- und Lieferwagen leistet einen bedeutenden Beitrag zur Dekarbonisierung im Verkehrssektor und zur Erreichung der CO2-Zielwerte für die Neuwagenflotte. Kurz- und mittelfristig können fehlende Lademöglichkeiten den Umstieg auf Elektrofahrzeuge behindern. Knapp zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung wohnen in Mietliegenschaften, rund 12 Prozent sind Stockwerkeigentümer. Da Elektrofahrzeuge am häufigsten zu Hause geladen werden, stellen fehlende Lademöglichkeiten in Mehrparteiengebäuden ein Hindernis beim Umstieg auf Elektrofahrzeuge dar. Vor allem in Mehrparteiengebäuden sind die Anfangsinvestitionen für eine zukunftsfähige und bedarfsgerecht erweiterbare Ladelösung mit Lademanagement oftmals hoch, so dass Vermieter und Stockwerkeigentümergemeinschaften häufig zögern bzw. hohe Kosten auf die ersten Mieter oder Eigentümer überwälzen oder von der Investition ganz absehen. Ähnliche Herausforderungen stellen sich für Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz für Mitarbeitende wie auch für Flottenfahrzeuge.

Für Mitarbeitende ohne eigene Lademöglichkeit zu Hause, die für die Fahrt an den Arbeitsplatz auf ein Auto angewiesen sind, bietet das Laden am Arbeitsplatz tagsüber einen Anreiz, sich für ein Elektrofahrzeug zu entscheiden. Gleichzeitig ermöglicht das langsame Laden tagsüber eine netzdienliche Integration des lokal produzierten Solarstroms. Weiter sind Lademöglichkeiten für Autohalter ohne eigenen Parkplatz eine relevante Voraussetzung für den Kauf eines Elektrofahrzeugs. In diesem Zusammenhang sind Beiträge für allgemein zugängliche Parkplätze vorgesehen, z.B. in der blauen Zone oder in Parkhäusern.

Für die Finanzierung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge in Mehrparteiengebäuden, in Betrieben mit mehreren Arbeitsplätzen und auf öffentlichen Parkplätzen sollen für die Jahre 2025­2030 insgesamt höchstens 180 Millionen Franken zur Verfügung gestellt werden. Pro Jahr werden dafür 2025­2030 aus der Mineralölsteuer auf Treibstoffen höchstens 30 Millionen Franken zweckgebunden. Dafür wird eine Spezialfinanzierung geführt. Werden in einem Jahr nicht alle bereitgestellten Mittel ausgeschöpft, wird der Saldo der Spezialfinanzierung gutgeschrieben. Bis Ende 2032 nicht ausbezahlte Mittel werden dem NAF zugewiesen. Die dem NAF zuzuweisenden
Mittel aus Mineralölsteuer und Mineralölsteuerzuschlag werden durch die Mittelverwendung für Ladeinfrastrukturen in geringem Umfang verringert, zumal der maximale jährliche Förderbetrag von 30 Millionen Franken rund 1,4 Prozent des Ertrags der dem NAF zugewiesenen Verbrauchssteuer auf Treibstoffen ausmacht.

Erneuerbare Treibstoffe für den Strassenverkehr Parallel zur verstärkten Marktdurchdringung von effizienten sowie elektrisch betriebenen Neufahrzeugen soll ein Teil der CO2-Emissionen der fossil betriebenen Bestandsflotte direkt mit dem Einsatz von erneuerbaren Treibstoffen im Strassenverkehr45 reduziert werden. Erneuerbaren Treibstoffen, die bestimmten Anforderungen genügen, werden mit dem Beschluss des Parlaments zur Verlängerung des CO2Gesetzes ein weiteres Jahr bis Ende 2024 Erleichterungen bei der Mineralölsteuer gewährt. Diese Erleichterungen bei der Mineralölsteuer für erneuerbare Treibstoffe nach

45

Der Begriff Strassenverkehr umfasst auch den landwirtschaftlichen Strassenverkehr.

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Artikel 12b­d des MinöStG sollen über das Jahr 2024 hinaus befristet bis Ende 2030 ertragsneutral (Art. 12e) fortgeführt werden.

Die Steuererleichterungen allein können die Mehrkosten von erneuerbaren Treibstoffen jedoch nicht wettmachen. Heute sind sie erst mit dem Erlös aus dem Verkauf von Bescheinigungen an kompensationspflichtige Treibstoffimporteure rentabel. In den vergangenen Jahren war der Einsatz von erneuerbaren Treibstoffen mit 0,6 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr die bedeutendste Kompensationsmassnahme.

Neu soll nicht die Kompensationspflicht eine Nachfrage nach erneuerbaren Treibstoffen generieren, sondern in erster Linie eine Überführungspflicht. Importeure von fossilen Treibstoffen müssen über das Inverkehrbringen von erneuerbaren Treibstoffen einen bestimmten Anteil der CO2-Emissionen aus dem Verkehr vermindern.

Diesen Anteil soll der Bundesrat innerhalb der Bandbreite von 5 und 10 Prozent festlegen. Der Vollzug einer solchen Überführungspflicht ist weniger aufwändig als die Anrechnung über handelbare nationale Bescheinigungen, die das BAFU für CO2Kompensationsprojekte ausstellt. Zudem ermöglicht diese Regelung zusammen mit dem neuen Artikel 35d im USG auch den Einsatz von gemäss Erneuerbare Energien Richtlinie II (RED II)46 der EU massenbilanzierten erneuerbaren Brenn- und Treibstoffen. Eine Massenbilanz erlaubt, Lieferungen von biogenen Roh- oder Treibstoffen mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitseigenschaften zu mischen. Dabei hat die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch entnommen werden, dieselben Nachhaltigkeitseigenschaften in denselben Mengen wie die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch zugefügt werden. Massenbilanzierte erneuerbare Brennund Treibstoffe sind 20­30 Prozent günstiger als segregierte erneuerbare Treibstoffe, für die auf der anderen Seite Steuererleichterungen gewährt werden können. Weil aus zollrechtlichen Gründen die physische Ware und die Nachhaltigkeitseigenschaften übereinstimmen müssen, sind für massenbilanzierte Treibstoffe keine Steuererleichterungen möglich.

Vorliegender Entwurf lässt für die Erfüllung der Überführungspflicht folglich ein duales System zu: Einerseits können Treibstoffimporteure erneuerbare Treibstoffe segregiert einführen und dabei wie bis anhin von einer Erleichterung bei der Mineralölsteuer profitieren. Andererseits
wird der Einsatz von massenbilanzierten Brenn- und Treibstoffen zugelassen, für die jedoch aus zollrechtlichen Gründen keine Steuererleichterung gewährt werden kann.

Die ökologischen Anforderungen für Steuererleichterungen für erneuerbare Treibstoffe sind bereits in der Mineralölsteuergesetzgebung festgelegt. Die ökologischen Anforderungen für die Inverkehrbringung von erneuerbaren Brenn- und Treibstoffen werden neu im USG und den entsprechenden Ausführungsbestimmungen geregelt.

Diese sollen so ausgestaltet werden, dass auch massenbilanzierte erneuerbare Brennund Treibstoffe in Verkehr gebracht werden können. Zur Vereinheitlichung der Begrifflichkeiten mit dem USG wird der Begriff «biogen» im MinöStG durch den Begriff «erneuerbar» ersetzt, der wie bis anhin auch erneuerbare synthetische Brenn- und Treibstoffe einschliesst.

46

Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen.

ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82.

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Einsatz von erneuerbaren Flugtreibstoffen im Luftverkehr Neu sollen die Anbieter von Flugtreibstoffen verpflichtet werden, dem in der Schweiz zur Betankung verkauften Flugpetrol in einem bestimmten Umfang erneuerbaren Flugtreibstoff beizumischen. Die Pflicht zur Beimischung entsteht zum Zeitpunkt der Betankung, in welchem die Ware an den Verbraucher übergeht, und nicht zum Zeitpunkt des Imports oder des Vertragsabschlusses. Die Höhe der Beimischquote wird auf Verordnungsstufe festgelegt. Der Bundesrat orientiert sich dabei an den Vorgaben der ReFuelEU Aviation-Initiative der EU. Er kann innerhalb der Beimischquote für erneuerbare Flugtreibstoffe auch einen Mindestanteil an erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen (Subquote) vorsehen. Ziel der Beimischquote ist die Schaffung eines stabilen Absatzmarktes, damit Hersteller von erneuerbaren und erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen Abnehmer und somit eine gewisse Investitionssicherheit haben. Die von der Europäischen Kommission im «Fit for 55»-Paket vorgeschlagene Beimischung gestaltet sich über Zeiträume von jeweils fünf Jahren wie folgt: Tabelle 2 Von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Beimischquoten mit Subquoten für erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe (Anteil nicht-biogener Quellen) 2025

2030

2035

2040

2045

2050

Beimischquote EU

2%

5%

20 %

32 %

38 %

63 %

Anteil nicht-biogener Quellen

0%

0,7 %

5%

8%

11 %

28 %

Der Bundesrat hätte die Möglichkeit, höhere Beimisch- und Subquoten festzulegen, sofern das Angebot besteht. Deutschland hat auf Gesetzesstufe für erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe per 2026 einen Mindestanteil von 0,5 Prozent und per 2030 von 2 Prozent erlassen.47 Da die deutschen Beimischquoten weitergehen als mit übergeordnetem EU-Recht vorgesehen, ist davon auszugehen, dass sich Deutschland für höhere Quoten einsetzen wird. Der Vorschlag der Europäischen Kommission durchläuft voraussichtlich bis Ende 2022 den gesetzgeberischen Prozess durch das Parlament und den Ministerrat.

Anbieter von Flugtreibstoffen müssen die Beimischquote jeweils über das Kalenderjahr einhalten, sie können sich dazu zusammenschliessen. Die Pflicht zur Beimischung ist eingehalten, wenn die zur Betankung verkauften erneuerbaren und erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffe einerseits der allfälligen Subquote und anderseits der Beimischquote entsprechen. Die dazu benötigten Mengen sind in die Schweiz zu importieren oder im Inland herzustellen. Sie werden im Herkunftsnachweisregister abgebildet (vgl. Ziff. 3.5.3). Als weitere Flexibilität kann die Beimischquote eingehalten werden, selbst wenn nur an einem Schweizer Flughafen erneuerbare Flugtreibstoffe getankt werden. Erfüllt ein Anbieter von Flugtreibstoffen die Quoten nicht, wird die Sanktion und die Nachbeimischung im Folgejahr geschuldet. Mischt 47

Bundes-Immissionsschutzgesetz ­ BImSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013, Stand 24. September 2021, § 37a, Absatz 4a zur Sicherstellung eines Mindestanteils an Kraftstoff aus erneuerbaren Energien nichtbiogenen Ursprungs.

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er mehr erneuerbare beziehungsweise erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe bei als benötigt, kann er die diesbezüglichen Herkunftsnachweise beispielsweise an Betreiber von Luftfahrzeugen im EHS verkaufen, die im entsprechenden Umfang weniger Emissionsrechte abgeben müssen. Der Beimischpflicht unterstehen Betreiber von Luftfahrzeugen dann, wenn sie das Flugpetrol direkt und nicht durch einen Anbieter von Flugtreibstoffen beziehen.

Neu kann der Bund Massnahmen zur Verminderung von Treibhausgasemissionen aus dem Luftverkehr, namentlich die Entwicklung und die Herstellung von erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen fördern.

Massnahmen im Schwerverkehr Mit der Befreiung der Elektro- und Wasserstofffahrzeuge des Schwerverkehrs von der LSVA wird eine schnellere Entwicklung und ein umfassender Einsatz dieser Fahrzeuge im Strassengüterverkehr angestrebt, indem ein starker Anreiz für eine Flottenerneuerung mit elektrisch angetrieben Fahrzeugen gesetzt wird.

Heute ist die Befreiung von der LSVA in der Schwerverkehrsabgabeverordnung48 geregelt. Sie gilt unbefristet und umfasst Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb, was in der Praxis auch Brennstoffzellenfahrzeuge umfasst. Neu soll diese Befreiung befristet bis 2030 auf Gesetzesstufe in das SVAG aufgenommen werden. Es werden explizit Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb befreit, welche Elektrizität oder Wasserstoff als Energiequelle nutzen.

Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe Die Importeure fossiler Treibstoffe für den Strassen- und den inländischen Luftverkehr sollen weiterhin verpflichtet werden, einen bestimmten Prozentsatz der CO2Emissionen aus dem Verkehr zu kompensieren (Kompensationssatz). Der Bundesrat kann den Kompensationssatz auf die Entwicklung der Verkehrsemissionen oder auf das Verminderungsziel abstützen. Weil im Hinblick auf die Einhaltung der Ziele unter dem Übereinkommen von Paris in einem grösseren Umfang Auslandmassnahmen nötig sind, soll der maximal mögliche Kompensationssatz von 40 auf 90 Prozent angehoben werden. Der Bundesrat kann weiterhin einen minimalen Anteil im Inland vorgeben. Für die Jahre 2022­2024 beträgt der inländische Kompensationssatz mindestens 15 Prozent (vgl. Art. 89 Abs. 2 CO2-Verordnung). Weil erneuerbare Treibstoffe neu über eine separate Pflicht in Verkehr gebracht werden, soll der Inlandanteil
nach 2024 gesenkt werden, um im Gegenzug mehr Raum für Auslandmassnahmen zu schaffen. Für die Einhaltung der Verminderungsziele ist im Durchschnitt über die Jahre 2025­2030 voraussichtlich ein Kompensationssatz von gesamthaft 70 Prozent notwendig. Inwieweit die Treibstoffimporteure im erforderlichen Umfang Verminderungsleistungen erbringen können, hängt massgeblich von den Kosten insbesondere für die mengenmässig bedeutsameren Auslandmassnahmen ab (vgl. Ziff. 3.1.8), damit der maximal zulässige Preisaufschlag von 5 Rappen pro Liter, welche die Treibstoffimporteure den Konsumentinnen und Konsumenten überwälzen dürfen, nicht überschritten wird.

48

SR 641.811

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3.1.4

Massnahmen im öffentlichen Verkehr

Grenzüberschreitender Personenverkehr auf der Schiene Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs (öV) sollen für die Bereitstellung neuer Angebote im grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Schiene, einschliesslich Nachtzüge, befristet bis Ende 2030 Finanzhilfen gewährt werden können.

Weil verbesserte internationale Zugverbindungen eine Alternative zu Kurzstreckenflügen sind, werden die Förderbeiträge mittels einer Zweckbindung von Erlösen aus der Versteigerung von Emissionsrechten für Luftfahrzeuge finanziert und betragen maximal 30 Millionen Franken pro Jahr. Momentan fliessen diese Versteigerungserlöse in den allgemeinen Bundeshaushalt. Das «Fit for 55»-Paket der Europäischen Kommission sieht vor, dass die kostenlose Zuteilung von Emissionsrechten für Luftfahrzeuge stufenweise gesenkt und ab 2027 aufgehoben wird, wodurch die Versteigerungserlöse steigen. Weil die Schweiz aufgrund des Abkommens mit der EU über die Verknüpfung der EHS gleichziehen müsste, würde der maximal mögliche Förderbetrag voraussichtlich bereits ab 2025 erreicht.

Die Finanzhilfen sind so auszugestalten, dass die Mittel im Hinblick auf Ziele und Zweck des CO2-Gesetzes möglichst effizient eingesetzt werden. Bei internationalen Verkehrslinien ist daher bei der Umsetzung deren Potenzial zur Verminderung von Treibhausgasemissionen zu berücksichtigen. D.h. die Förderkriterien sind so auszugestalten, dass die internationalen Zugverbindungen möglichst effizient ausgelastet werden und nach Möglichkeit keine Anreize für zusätzliche Mobilität setzen.

Unterstützung von elektrisch betriebenen Bussen und Schiffen des öffentlichen Verkehrs Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist heute schon grossmehrheitlich mit elektrischen Antrieben unterwegs: Trotzdem werden in der Schweiz noch über 5 000 Dieselbusse und gut 140 dieselbetriebene Schiffe im konzessionierten Verkehr eingesetzt.

Der Bund will die Umstellung solcher Busse und Schiffe auf fossilfreie Elektro- oder Wasserstoffantriebe unterstützen und damit die bereits laufenden Anstrengungen der Kantone und Gemeinden beschleunigen.

Zu diesem Zweck soll mit einer Änderung des MinöStG zum einen der Fehlanreiz entfallen, der mit der Rückerstattung der Mineralölsteuer für konzessionierte Verkehrsbetriebe besteht.

Andererseits sollen mit einem Förderartikel im CO2-Gesetz aus
dem allgemeinen Bundeshaushalt 30 Prozent der zusätzlichen Investitionskosten für elektrisch betriebene Busse in weiteren gemäss dem Personenbeförderungsgesetz49 (PBG) konzessionierten Verkehrsangeboten finanziert werden. Dazu gehören unter anderem der Ortsverkehr sowie Schiffe.

Im regionalen Personenverkehr übernimmt der Bund bei Ersatzbeschaffungen für abgeschriebene Dieselbusse 75 Prozent der zusätzlichen Investitionskosten für elektrisch betriebene Fahrzeuge gegenüber Dieselfahrzeugen. Als zusätzliche Investitionskosten dürfen nur diejenigen Kosten angerechnet werden, die nach Abzug aller 49

SR 745.1

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Beiträge aus bestehenden und künftigen nationalen, kantonalen und kommunalen Förderprogrammen verbleiben. Mit dieser spezifischen Förderung werden Folgekosten im ordentlichen Bestellverfahren signifikant reduziert.

Die Förderung des Bundes ist bis Ende 2030 befristet, weil absehbar ist, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Mehrkosten für Antriebe auf Elektro- oder Wasserstoffbasis nur noch gering sein werden bzw. keine Dieselmotoren für diesen Einsatzzweck mehr neu beschafft werden können.

Diesen Ausgaben stehen Einnahmen des Bundes gegenüber, welche sich ab 2026 durch den Wegfall der Rückerstattung der Mineralölsteuer für Dieselfahrzeuge konzessionierter Verkehrsbetriebe ergeben.

Weitere Unterstützung können Betreiber von Hybrid- und Elektrobussen über ein Programm im Rahmen der Kompensationspflicht der Treibstoffimporteure beantragen.

Pro Tonne CO2, die durch den Einsatz der Hybrid- und Elektrobusse vermindert wird, bezahlt die von einem Grossteil der kompensationspflichtigen Treibstoffimporteuren mandatierte Stiftung Klimaschutz und CO2-Kompensation (KliK) momentan 112 Franken. Diese Einnahmen werden bei der Beurteilung der Mehrkosten berücksichtigt.

Der Bund kann gestützt auf Artikel 37 Absatz 1 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 195750 und Artikel 28 Absatz 3 PBG unter gewissen Voraussetzungen Kosten von Leistungen übernehmen, die dem gesamten öffentlichen Verkehr dienen. Die Koordination und Beratung zum elektrischen öffentlichen Verkehr sowohl im regionalen Personenverkehr als auch im weiteren bestellten Verkehrsangebot, zu dem insbesondere der Ortsverkehr gehört, stellen solche Leistungen dar und können damit vom Bund bei einem Unternehmen bestellt und abgegolten werden («Koordinationsstelle elektrische Antriebsarten im öV»). Eine solche bis 2030 befristete, verwaltungsexterne Koordinationsstelle soll durch den Bund ins Leben gerufen werden, wobei die Inhalte und Kompetenzen des Mandatsträgers vom Bund unter Einbezug der Akteure (Kantone, Gemeinden, öV-Branche, u.a.) festgelegt werden. Damit soll insbesondere den Kompetenzen und Zuständigkeiten der Staatsebenen Rechnung getragen werden können.

3.1.5

Massnahmen in der Industrie

Emissionshandelssystem (EHS Anlagen und Luftfahrt) Das EHS wurde mit der Teilrevision der CO2-Gesetzgebung auf 1. Januar 2021 an Neuerungen in der EU für die erste Phase der Handelsperiode 2021­2030 angepasst.

Weiterhin sind analog zur EU bestimmte Industrieanlagen zur Teilnahme verpflichtet.

Anlagen mit einer Leistung von mindestens 10 MW können freiwillig am EHS teilnehmen und Betreiber, deren Anlagen dauerhaft weniger als 25 000 Tonnen CO2eq ausstossen, können auf Gesuch ausgenommen werden. Auch für die Betreiber von Luftfahrzeugen werden die Regelungen, wie sie seit 1. Januar 2021 gelten, fortgeführt.

50

SR 742.101

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Neu soll ­ ähnlich zur bereits bestehenden Regelung im EHS der EU ­ die CO2Abscheidung und Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) im EHS angerechnet werden. Diese Möglichkeit bietet mit Blick auf die Zielerreichung bis 2030 und die langfristigen Klimaziele starke Anreize für CCS, namentlich vor dem Hintergrund steigender Preise für Emissionsrechte. Dazu sollen auf Verordnungsstufe Regeln für die Berichterstattung festgelegt werden. Insbesondere soll die Pflicht zur Abgabe von Emissionsrechten für abgeschiedenes und dauerhaft gespeichertes CO2 und die dadurch verhinderten Emissionen wegfallen. Analog zur heutigen Regelung im EHS der EU ist die Speicherung in einer unterirdischen Stätte im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anrechenbar, wenn sie gemäss der europäischen CCS Richtlinie51 genehmigt ist. In der Schweiz werden unterirdische Stätten zur geologischen Speicherung gemäss aktuellem Kenntnisstand nicht vor 2030 in Betrieb sein. Zudem soll zukünftig auch die dauerhafte Speicherung in langlebigen Produkten wie Baustoffen anrechenbar sein, so wie dies die Europäische Kommission im Rahmen des «Fit for 55»-Pakets vorgeschlagenen Revision des EHS der EU vom Juli 2021 vorsieht.

Analog sollen jegliche Formen von CO2-Transport zulässig sein (etwa Lastwagen, Bahn, Schiff, Pipelines).

Die Europäische Kommission sieht vor, die Regulierung des EHS für Anlagen und Luftfahrt Mitte des Jahrzehnts anzupassen. Betroffen davon ist beispielsweise der Umfang der kostenlosen Zuteilung. Der Gesetzesentwurf der EU wird voraussichtlich bis Ende 2022 finalisiert. Das EHS der Schweiz soll inhaltlich und zeitlich harmonisiert mit demjenigen der EU weiterentwickelt werden. Damit der Bundesrat diese Flexibilität hat, werden einige Artikel des CO2-Gesetzes umformuliert. Sollte sich abzeichnen, dass gewisse Neuerungen in der EU wie von der Kommission angestrebt bereits ab 2024 gelten, wäre zu prüfen, ob die entsprechenden Artikel des CO2Gesetzes vorzeitig in Kraft treten könnten.

Weiter will der Bund Anreize für Projekte schaffen, die zu negativen CO2-Emissionen führen. Daher soll die Abscheidung und Speicherung von biogenen CO2-Emissionen, die in einer EHS-Anlage aus der Verbrennung von Biomasse entstehen, ausserhalb des Schweizer EHS für die CO2-Kompensation zugelassen werden. Die entsprechenden Regelungen für
Senkenprojekte, die der Atmosphäre dauerhaft CO2 entnehmen, sind auf Verordnungsstufe umgesetzt worden.

Für die gezielte Skalierung von CCS- und NET-Ansätzen nach 2030 sind grössere Weichenstellungen nötig, vor allem für die Entwicklung einer umfassenden CO2Transport- und Speicherinfrastruktur. Entsprechende Massnahmen und Rahmenbedingungen zeigt ein Bericht des Bundesrates vom 18. Mai 2022 auf.52 51

52

Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die geologische Speicherung von Kohlendioxid und zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG des Rates sowie der Richtlinien 2000/60/EG, 2001/80/EG, 2004/35/EG, 2006/12/EG und 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006, ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114; in der geänderten Fassung.

Bericht des Bundesrates vom 18. Mai 2022 «CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) und Negativemissionstechnologien (NET). Wie sie schrittweise zum langfristigen Klimaziel beitragen können». Abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Klima > Fachinformationen > Ziele der Klimapolitik > Negativemissionstechnologien > Dokumente.

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Verminderungsverpflichtung (Befreiung von der CO2-Abgabe) Verminderungsverpflichtungen, die zur Rückerstattung der CO2-Abgabe beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) berechtigen, sind bis Ende 2024 befristet. Eine Verminderungsverpflichtung abschliessen können heute nur Betreiber von Anlagen aus bestimmten Wirtschaftszweigen. Neu soll eine Befreiung allen Betreibern offenstehen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausführen. Auch gewisse öffentlich-rechtliche Betreiber können eine Verminderungsverpflichtung abschliessen. Die für die Beheizung von Wohngebäuden und für private Tätigkeiten verwendeten fossilen Brennstoffe können hingegen weiterhin nicht von der CO2-Abgabe befreit werden. Wie in der ersten Verpflichtungsperiode (2008­2012) sind Betreiber mit einer Verminderungsverpflichtung von der Rückverteilung der CO2-Abgabe ausgeschlossen. Dies soll verhindern, dass Betreiber, die mehr zurückverteilt erhalten als sie durch die CO2-Abgabe belastet werden, eine Befreiung ins Auge fassen. Ausserdem wird mit dieser Regelung eine Forderung der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) umgesetzt, dass abgabebefreite Betreiber von der Rückverteilung auszuschliessen seien.53 Heute werden als Gegenleistung für eine Befreiung alle Massnahmen eingefordert, die sich innerhalb weniger Jahre über die eingesparten Energiekosten amortisieren.

Solche inkrementellen Verbesserungen stossen an Grenzen und reichen im Hinblick auf das Netto-Null-Ziel bis 2050 nicht aus. Ein klimaverträglicher Absenkpfad bedingt einen Technologiesprung und längerfristig die völlige Umstellung auf CO2neutrale Brennstoffe, was in der Regel mit grösseren Investitionen verbunden ist.

Um einen Anreiz zum Übergang zu einem fossilfreien Energieverbrauch zu setzen, soll das Instrument der Befreiung von der CO2-Abgabe (Verminderungsverpflichtung) Ende 2040 auslaufen. Ab 2025 verbleiben den Betreibern somit 16 Jahre, um Massnahmen zum Ausstieg aus den fossilen Energieträgern zu bestimmen und umzusetzen. Diese Zeitspanne reicht in der Regel aus, um bestehende fossil betriebene Anlagen am Ende ihrer technischen Lebensdauer durch CO2-freie Technologien zu ersetzen. Diese zusätzlichen Massnahmen sind in einem Dekarbonisierungsplan zu beschreiben. Dabei ist glaubhaft darzulegen, wie bis 2040 die Nutzung fossiler Brennstoffe so weit als möglich
vermindert werden. Der Bundesrat kann bestehende Planungstools zur Dekarbonisierung zulassen, sofern diese die Anforderungen an die Vollständigkeit, den Detaillierungsgrad sowie die Form des Plans erfüllen. Der Dekarbonisierungsplan soll neben dem für die Verminderungsverpflichtung relevanten Zieljahr 2040 möglichst auch die Zeitspanne bis 2050 abbilden. Werden nach 2040 fossile Brennstoffe eingesetzt, wird die CO2-Abgabe geschuldet.

Die Zielvereinbarung mit dem Bund gemäss EnG ist eine weitere Voraussetzung für den Abschluss einer Verminderungsverpflichtung. Ein Betreiber mit Verminderungsverpflichtung verpflichtet sich, mit betriebseigenen Massnahmen die Treibhausgaseffizienz seiner Anlage in zwei Etappen von 2025­2030 und 2031­2040 zu steigern.

53

EFK (2017): Evaluation der Lenkungswirkung des Emissionshandelssystems. Abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Verkehr und Umwelt > Archiv. Nicht umgesetzt wurde die Forderung der EFK nach einem Ausschluss auch für Betreiber von Anlagen im EHS.

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Als Gegenleistung erhält er die bezahlte CO2-Abgabe zurückerstattet. Mit der Möglichkeit, die Verminderungsverpflichtung Ende 2030 vorzeitig zu beenden, können die Betreiber auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren, beispielsweise wenn die Rückerstattung der CO2-Abgabe in Folge der verminderten Nutzung fossiler Brennstoffe nicht mehr relevant ist.

Hält ein Betreiber von Anlagen seine Verminderungsverpflichtung nicht mit eigenen Massnahmen ein, kann er in einem bestimmten Umfang Bescheinigungen abgeben.

Wird die Verminderungsverpflichtung dennoch nicht eingehalten, muss für jede zu viel emittierte Tonne CO2eq eine Sanktion von 125 Franken bezahlt sowie eine Bescheinigung abgegeben werden.

3.1.6

Förderung der Innovation

Das BFE fördert mit dem Pilot- und Demonstrationsprogramm die Entwicklung und Erprobung von neuen Technologien, Lösungen und Ansätzen im Bereich der sparsamen und effizienten Energienutzung, der Energieübertragung und -speicherung sowie der Nutzung erneuerbarer Energien. Damit übernimmt der Staat einen Teil des Risikos, das bei neuen Technologien den Übergang von der Forschung in den Markt erschwert oder verhindert. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf werden die Förderbedingungen verbessert. Die maximalen Beitragssätze werden von 40 auf 50 Prozent der anrechenbaren Kosten erhöht. Für Pilotprojekte mit niedriger Technologiereife und hohem finanziellen Risiko kann der Beitragssatz neu ausnahmsweise bis 70 Prozent (bisher 60 Prozent) betragen, wobei das besondere Interesse des Bundes und das Kosten-Nutzen-Verhältnis massgebend sind. Die anrechenbaren Kosten, die für die Berechnung der Finanzhilfen ausschlaggebend sind, werden neu definiert: Sie ergeben sich aus den nicht amortisierbaren Anteilen der Kosten, die direkt im Zusammenhang mit der Entwicklung und Erprobung der innovativen Aspekte des Projektes stehen.

Mit dieser Anpassung kann der Bund einen höheren Teil des finanziellen Risikos, das mit einer Innovation verbunden ist, übernehmen. Insbesondere KMU, die über 80 Prozent der Unternehmen der Schweizer Wirtschaft ausmachen, sind aufgrund des oft fehlenden Zugangs zum Kapitalmarkt in dieser frühen Innovationsphase auf Unterstützung angewiesen. Die Fördersätze werden denjenigen vergleichbarer Förderprogramme angeglichen, z.B. der Förderung von Innovationsprojekten durch die Innosuisse, die bis zu 50 Prozent der Projektkosten übernehmen kann. Die Ausnahmeregelung für Pilotprojekte, die technologisch weniger ausgereift sind und grössere technische und finanzielle Risiken beinhalten, erlaubt es, Projekte in einer kritischen Phase besonders zu unterstützen, wenn die Risiken für Investorinnen und Investoren zu gross sind. Die Förderkriterien sollen so ausgestaltet werden, dass private Investitionen nicht verdrängt werden.

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3.1.7

Massnahmen Finanzmarkt

Künftig soll mehr Geld in umweltfreundliche und zukunftsträchtige und weniger in treibhausgasintensive Technologien und Energieträger investiert werden (vgl.

Ziff. 1.1.4). Finanzmarktakteure und institutionelle Investoren spielen daher eine wichtige Rolle, um den Übergang zu einer klimaverträglichen Weltwirtschaft zu beschleunigen. Gleichzeitig birgt der Klimawandel und dessen Eindämmung auch Finanzrisiken. Um Finanzmarktakteure zu sensibilisieren, welchen Risiken ihre Geschäftstätigkeiten infolge des Klimawandels oder dessen Eindämmung ausgesetzt sind, nimmt diese Vorlage eine in der Totalrevision des CO2-Gesetzes unbestrittene Massnahme auf: Die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FINMA) soll die klimabedingten finanziellen Risiken der von ihr Beaufsichtigten neu regelmässig und explizit prüfen.

Dabei kann auf den bisherigen Erfahrungen der FINMA aufgebaut werden, unter anderem aus den 2021 eingeführten Offenlegungspflichten für Klimarisiken für die grössten Schweizer Banken und Versicherungen. Allfällige Risiken für die Stabilität des Finanzsystems, die sich aus dem Klimawandel oder dessen Eindämmung ergeben, sollen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) beurteilt werden. Diese Überprüfung wird im Rahmen der bestehenden Mandate von FINMA und SNB durchgeführt.

3.1.8

Massnahmen im Ausland

Die Vorlage schafft die gesetzliche Grundlage, damit der Bund über den Erwerb von internationalen Bescheinigungen aus dem Ausland subsidiär zu allen anderen Massnahmen eine möglicherweise entstehende Lücke bei der Zielerreichung schliessen kann. Eine Anrechnung von Massnahmen im Ausland geschieht nach den in Glasgow verabschiedeten Regeln von Artikel 6 des Übereinkommens von Paris (vgl.

Ziff. 1.1.2) sowie nach den Anforderungen, welche der Bundesrat auf Verordnungsstufe festlegt. Da der neue multilaterale Mechanismus der Vereinten Nationen gemäss Artikel 6.4 des Übereinkommens erst in 2 bis 3 Jahren zur Verfügung stehen wird, werden Massnahmen im Ausland vorerst einzig über bilaterale Staatsverträge unter Artikel 6.2 umgesetzt, wie sie die Schweiz inzwischen mit mehreren Ländern unterzeichnet hat.54 Internationale Bescheinigungen stellt das BAFU seit 2022 auch für die Erhöhung der Senkenleistung durch geologische Speicherung von Kohlenstoff im Ausland aus.

3.2

Begründung der vorgeschlagenen Lösung und geprüfte Alternativen

3.2.1

Reduktionsziele

Der von der Schweiz im November 2021 unterzeichnete Glasgow Climate Pact fordert alle Länder auf, ihre Verminderungsziele für das Jahr 2030 bis Ende 2022 zu 54

Bilaterale Vereinbarungen Klima. Abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Klima > Fachinformationen > Internationales.

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überprüfen und dabei die grösstmögliche Ambition zu verfolgen, unter Berücksichtigung der jeweiligen Verantwortlichkeiten, Fähigkeiten und nationalen Gegebenheiten (vgl. Ziff. 1.1.2). Die Schweiz erfüllt mit ihrem aktuellen Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent gegenüber dem Wert des Jahres 1990 zu vermindern, die in Glasgow anerkannte global geltende Referenz, die eine Reduktion um 45 Prozent bis 2030 gegenüber 2010 vorgibt. Die Treibhausgasemissionen der Schweiz lagen im Jahr 2010 (Inventar 2010: 54,83 Mio. Tonnen CO2eq) etwas höher als im Jahr 1990 (Inventar 1990: 54,14 Mio. Tonnen CO2eq). Dennoch lässt sich aus der globalen Lastenverteilung die Erwartungshaltung ableiten, dass ein hochentwickeltes Land wie die Schweiz diese Reduktionsvorgabe noch stärker übertreffen sollte. Solch eine Erhöhung des Reduktionsziels würde allerdings weitere Verminderungsmassnahmen bedingen. Gleiches gilt für die Forderung, einen höheren Inlandanteil an den Reduktionen von 75 Prozent (anstatt 60 Prozent) anzustreben, wie ihn das Parlament in der abgelehnten Totalrevision als auch mit der Teilrevision zur Verlängerung des Gesetzes bis Ende 2024 festgelegt hat.

3.2.2

Massnahmen im Gebäudebereich

Mit dem Gebäudeprogramm wird eine nahezu unbestrittene Massnahme weitergeführt. Damit wird die Planbarkeit der zu erwartenden Mittel für die Kantone verbessert und der Ersatz fossiler Heizungen und von Elektrodirektheizungen beschleunigt.

Bei den technischen Massnahmen beschränkt sich der Bund auf zwei gezielte Bereiche. Einerseits wird den Kantonen signalisiert, dass sie für energetisch vorbildliche Ersatzneubauten und umfassende energetische Gebäudesanierungen Anreize setzen können, wenn sie eine zusätzliche Ausnutzung des Grundstückes erlauben. Andererseits wird die Datengrundlage für den Gebäudepark verbessert, indem das eidgenössische Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) gestärkt wird und die Kantone für einen Heizungsersatz mindestens eine Meldepflicht vorsehen.

Die bewährte Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen wird damit weitergeführt. Vor diesem Hintergrund wurde auch die in der Vernehmlassung vorgeschlagene Beratungspflicht vorgängig zum Einbau einer fossilen Heizung fallengelassen. Zentrales Instrument sind die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn). Die Bestimmungen der Ausgabe «MuKEn 2014» sind ­ zumindest teilweise ­ inzwischen in nahezu alle kantonale Energiegesetzgebungen eingeflossen und zeigen Wirkung. Die Konferenz kantonaler Energiedirektoren hat an ihrer Plenarversammlung vom 20. August 2021 zudem beschlossen, die MuKEn auf das Jahr 2025 zu überarbeiten und die grundsätzliche Stossrichtung dazu festgelegt, die den Titel «Energiehub Gebäude» trägt. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass das Gebäude mehr und mehr zur zentralen Einheit des Verbrauchs, der Produktion und der Speicherung von Energie wird.

Bezüglich der weiteren Förderprogramme, die aus der Zweckbindung der CO2Abgabe finanziert werden, ist anzumerken, dass die bewährte Unterstützung der direkten Nutzung der Geothermie für die Wärmebereitstellung fortgeführt wird. Ebenfalls unbestritten war in der Vernehmlassung die neue Förderung von kommunaler und überkommunaler räumlicher Energieplanung.

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Nach der Vernehmlassung aufgrund einzelner Stellungnahmen neu in die Vorlage aufgenommen wird die Förderung von Anlagen zur Produktion und Einspeisung erneuerbarer Gase. Am 17. März 2022 reichte Nationalrätin Wismer-Felder55 zudem eine politisch breit abgestützte Motion ein, die den Bundesrat beauftragen soll, dem Parlament rasch die notwendigen rechtlichen Grundlagen zu unterbreiten, damit in der Schweiz bestehende und zusätzlich gebaute Biogasanlagen vermehrt Biomethan aufbereiten und vermarkten können. Der Nationalrat hat die Motion am 17. Juni 2022 angenommen. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme vom 18. Mai 2022 seine Strategie dargelegt, Biogasanlagen, die Biomethan produzieren, gleichermassen zu fördern wie Biogasanlagen, die Wärme und Elektrizität produzieren. Damit kann im Einzelfall die energetisch und wirtschaftlich sinnvollere Lösung gewählt werden, die von den lokalen Gegebenheiten abhängt (z.B. das Vorhandensein einer Erdgasleitung oder der Grad der Wärmenutzung).

Auf Zustimmung stiess in der Vernehmlassung der Vorschlag, dass der Bund mit dem Technologiefonds neu Risiken von Investitionen in den Neubau und Ausbau thermischer Netze und der dazugehörenden Wärmeerzeugungsanlage, die mit erneuerbaren Energien und Abwärme gespeist werden, absichern kann. Aufgrund der Rückmeldungen wird die damit verbundene jährliche Einlage in den Technologiefonds gegenüber der Vernehmlassungsvorlage um zusätzliche 5 Millionen Franken leicht aufgestockt.

3.2.3

Massnahmen im Verkehrsbereich

Emissionsvorschriften für neue Fahrzeuge Mit der Fortführung und Verschärfung des Instruments der CO2-Flottenziele für neue Personenwagen, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper in Anlehnung an die EU setzt der Bundesrat auf ein bewährtes Instrument, um die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen zu senken. Aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung sollen auch für schwere Fahrzeuge CO2-Flottenziele eingeführt werden. Damit sollen für die Schweizer Fahrzeugbranche grundsätzlich vergleichbare Rahmenbedingungen wie in der EU gelten. Die CO2-Flottenziele richten sich jedoch in der Schweiz hauptsächlich an die Importeure, in der EU unterliegen die Fahrzeughersteller der Regulierung.

Abweichend von der EU-Regelung sollen sich in der Schweiz auch Importeure schwerer Fahrzeuge zu Emissionsgemeinschaften zusammenschliessen können (vgl.

Ziff. 3.4.1).

Die Totalrevision des CO2-Gesetzes sah vor, dass sich Importeure von Personenwagen auch synthetische Treibstoffe an ihre Zielvorgaben anrechnen konnten. Diese Forderung stellt auch eine Parlamentarische Initiative der UREK-N56, der die UREK-S am 1. April 2022 Folge gegeben hat. Weil die Umwandlungsverluste für die Herstellung synthetischer Treibstoffe gross und die verfügbaren Mengen beschränkt sind,

55 56

22.3193 Mo Wismer-Felder. Biogasanlagen sollen ihr Gas als Biomethan verkaufen können.

22.402 PaIv UREK-N. CO2-Reduktion durch biogene und erneuerbare synthetische Treibstoffe.

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soll deren Verwendung Sektoren vorbehalten bleiben, in denen keine Alternativen absehbar sind. Das ist zum Beispiel im Flugverkehr der Fall.

Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge Die Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge in Mehrparteiengebäuden, in Betrieben mit mehreren Arbeitsplätzen und auf öffentlichen Parkplätzen soll nicht mehr, wie in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehen, aus den Sanktionszahlungen von Fahrzeugimporteuren finanziert werden, sondern bis 2030 befristet aus dem Anteil der Mineralölsteuer, der gemäss Artikel 86 Absatz 2 Buchstabe f Bundesverfassung «in der Regel» in den NAF eingelegt wird. Grund dafür ist, dass infolge des zunehmenden Anteils an Elektrofahrzeugen die mit den vorgeschlagenen Zielwerten anfallenden Sanktionszahlungen sehr unsicher sind und deshalb keine planbare Förderung der Ladeinfrastruktur erlauben. Allfällige Sanktionszahlungen würden wie bisher dem NAF zugeführt.

Erneuerbare Treibstoffe für den Strassenverkehr Um das Angebot an erneuerbaren Treibstoffen für die Beimischung zu erweitern, wird die in der Vernehmlassungsvorlage als alleinige Massnahme vorgesehene Überführungspflicht für Treibstoffimporteure ergänzt durch die über das Jahr 2024 hinaus befristet bis Ende 2030 fortgeführten Erleichterungen bei der Mineralölsteuer. Dies wurde mehrfach in der Vernehmlassung gefordert und ist auch ein Anliegen der oben genannten PaIv der UREK-N57. Dieser Ansatz erlaubt, dass die segregierten erneuerbaren Treibstoffe, die bereits auf dem Markt sind, weiterhin in Verkehr gebracht werden. Neben den segregierten Treibstoffen mit Mineralölsteuererleichterungen sollen aber wie in der Vernehmlassung vorgesehen auch sogenannte massenbilanzierte erneuerbare Treibstoffe an die Überführungspflicht angerechnet werden können. Diese können aber nicht von der Mineralölsteuererleichterung profitieren.

Der neue Artikel 35d USG soll gewährleisten, dass die in Verkehr gebrachten erneuerbaren Brenn- und Treibstoffe ökologisch unbedenklich sind und die dafür verwendete Biomasse hauptsächlich aus Abfällen und Produktionsrückständen hergestellt wird. Sogenannte Agrotreibstoffe ­ Treibstoffe, deren Rohstoffe auf Ackerflächen produziert werden ­ sollen angesichts des breiten Konsenses über deren problematischen ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen in der
Schweiz nicht eingesetzt werden. Somit konkurriert die Herstellung erneuerbarer Treibstoffe die Produktion von Nahrungs- und Futtermittel nicht; das «Teller-Trog-Tank» Prinzip und in gewissem Masse auch das «Kaskaden-Prinzip» werden eingehalten. Unter Berücksichtigung der Vernehmlassung werden die ökologischen Anforderungen für die Inverkehrbringung nach Artikel 35d USG auch auf erneuerbare Brennstoffe ausgeweitet. Die bisherige Kann-Formulierung für erneuerbare Brennstoffe wird abgelöst.

Dass der Bundesrat neu die Kompetenz erhält, ökologische Anforderungen für die Inverkehrbringung von weiteren Brenn- und Treibstoffen festzulegen, die deutlich tiefere Treibhausgasemissionen verursachen als konventionelle fossile Brenn- und

57

22.402 PaIv UREK-N. CO2-Reduktion durch biogene und erneuerbare synthetische Treibstoffe.

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Treibstoffe, empfiehlt sich auch im Lichte einer vom Ständerat am 31. Mai 2022 geänderten Motion von Nationalrätin Suter58 zur Entwicklung einer nationalen Wasserstoffstrategie, die nicht nur grünen, sondern generell CO2-neutralen Wasserstoff umfassen soll.

Die Kompetenz für den Bundesrat, neben den bereits bestehenden Ausnahmen für Ethanol zu Brennzwecken und für geringe Mengen weitere vorzusehen, dient dazu, den Realitäten im Vollzug Rechnung zu tragen und auf technische Hindernisse für den Import von erneuerbaren Brenn- und Treibstoffen reagieren zu können.

Einsatz von erneuerbaren Flugtreibstoffen im Luftverkehr Für die Pflicht zur Beimischung von erneuerbaren Flugtreibstoffen orientiert sich der Bundesrat an der ReFuelEU Aviation-Initiative der EU, wobei jedoch die Rahmenbedingungen der Schweiz berücksichtigt werden sollen. Die Anbieter von Flugtreibstoffen zur Beimischung in die Pflicht zu nehmen, hat neben dem geringen administrativen Aufwand den Vorteil, dass sämtliches Flugpetrol, das auf den Flughäfen und Flugplätzen zur Betankung eingesetzt wird, eingeschlossen ist und nicht nur die Betankung an den beiden Landesflughäfen in Zürich und Genf. Solange die Europäische Kommission von der Schweiz nicht verlangt, dass sie aufgrund des Luftverkehrsabkommens die EU-Regelung übernimmt, sollte dieser Spielraum genutzt werden.

Auf die erneute Prüfung der Einführung einer Lenkungsabgabe wurde verzichtet, da das Parlament 2021 neun Standesinitiativen abgelehnt hat, welche die Einführung einer Flugticketabgabe, einer nationalen Kerosinsteuer oder beides verlangt haben.59 Ebenfalls nicht erneut vorgeschlagen wird das in einer Motion von Nationalrat Bourgeois60 geforderte Abbilden der CO2-Emissionen auf Flugtickets und Flugangeboten.

Die Vorarbeiten im Rahmen der Totalrevision des CO2-Gesetzes haben gezeigt, dass das Abbilden der CO2-Emissionen auf den international genormten und mehrheitlich elektronisch ausgestellten Flugtickets kaum sachgerecht umzusetzen wäre. Eine Verpflichtung zur Abbildung der Emissionen auf den Flugangeboten wäre nur mit einem grossen administrativen Aufwand überprüfbar. Auch deshalb steht die Branche solchen Verpflichtungen skeptisch gegenüber.

Massnahmen im Schwerverkehr Mit der Vorgabe einer bis 2030 befristeten Befreiung der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge von der LSVA soll allen Akteuren ­ inklusive der Fahrzeugindustrie, Importeuren und Transportunternehmen ­ Rechts- und Planungssicherheit für die erfor-

58 59

60

20.4406 Mo Suter. Grüne Wasserstoffstrategie für die Schweiz.

19.304 Kt. Iv. Genf. Klimanotstand. Lenkungsabgabe für den Flugverkehr; 19.305 Kt.

Iv. St. Gallen. Besteuerung der Flugtickets in der Höhe der CO2-Abgabe auf Flugbenzin/ Kerosin; 19.310 Kt. Iv. Luzern. Einführung einer CO2-Abgabe auf Flugtickets; 19.314 Kt.

Iv. Wallis. Umweltabgaben auf Flugtickets; 19.315 Kt. Iv. Freiburg. Einführung einer Lenkungsabgabe für den Flugverkehr; 19.319 Kt. Iv. Bern. Beitrag zum Erreichen der Klimaziele. Falsche Anreize zur Verkehrsmittelwahl ausmerzen und Flugticketabgabe einführen!; 20.307 Kt. Iv. Basel-Stadt. Abgabe auf Flugtickets und Engagement für eine internationale Kerosinsteuer; 20.317 Kt. Iv. Neuenburg. Für die Einführung einer Flugticketabgabe; 20.319 Kt. Iv. Basel-Landschaft. Kerosinsteuer auf Flugtickets.

19.3047 Mo Bourgeois. Angaben der CO2-Emissionen beim Kauf eines Flugtickets.

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derlichen umfassenden Investitionen gegeben werden. Die Befristung steht im Einklang mit dem Grundsatz der verursachergerechten Anlastung der ungedeckten Kosten (Art. 1 SVAG): indem diese Fahrzeuge nach einer Phase der Befreiung, mit der vor allem Anreize für den Einsatz neuer Antriebstechnologien gesetzt werden sollen, wieder der LSVA unterstellt werden, wird die Anlastung der ungedeckten Kosten grundsätzlich wieder möglich.

Langfristig sieht der Bundesrat eine umfassende Weiterentwicklung der LSVA vor.

Im Verlagerungsbericht 202161 wurde dazu die Hauptstossrichtung aufgezeigt. Der Bundesrat hat dem UVEK am 17. November 2021 den Auftrag erteilt, bis spätestens Mitte 2023 eine Vernehmlassungsvorlage zur Revision des SVAG zu erarbeiten. Darin soll ein Instrumentarium entwickelt werden, welches ermöglicht, dass Fahrzeuge mit alternativen Antrieben durch eine geregelte Übergangsphase in die LSVA integriert werden. Damit wird unter anderem eine im März 2021 überwiesene Motion der ständerätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-S)62 umgesetzt.

Im Rahmen der Weiterentwicklung der LSVA sollen ebenso die Themen der Anschubfinanzierung, (Teil-) Befreiung sowie die Zeitpunkte bzw. die Dauer der Befristungen ausgearbeitet werden. Die Weiterentwicklung der LSVA wird sich an der neuen Eurovignetten-Richtlinie63 hinsichtlich der CO2-basierten Kategorienbildung orientieren.

Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe Die beschleunigte Dekarbonisierung des Verkehrssektors, welche mit den hier vorgelegten Massnahmen bezweckt wird, ist unabdingbar, um die Ziele der Schweiz unter dem Übereinkommen von Paris bis 2030 zu erreichen. Die verbleibende Ziellücke muss mit Verminderungen im Ausland geschlossen werden. Mit der Fortführung derKompensationspflicht der Treibstoffimporteure besteht hierfür weiterhin ein wirksames marktwirtschaftliches Instrument, wobei die separate Pflicht für das Inverkehrbringen erneuerbarer Treibstoffe Spielraum schafft und innerhalb der Kompensationspflicht eine höhere Verminderungsleistung Ausland erlaubt. Da Massnahmen im Ausland kostengünstiger sind, kann damit bei gleichbleibendem maximalen Kompensationsaufschlag gesamthaft eine grössere Reduktionsleistung erzielt werden.

Weitere geprüfte Massnahmen im Verkehrsbereich In Erfüllung des Postulats der UREK-S64,
das der Ständerat im Kontext der Totalrevision des CO2-Gesetzes überwiesen hatte, prüfte der Bundesrat verschiedene Alternativen zu den vorgeschlagenen Massnahmen im Verkehr; so unter anderem eine Lenkungsabgabe auf fossile Treibstoffe, die Einbindung der fossilen Treibstoffe in ein EHS und ein Mobility Pricing, in das die Klimafolgekosten eingepreist sind.

Eine CO2-Lenkungsabgabe auf Treibstoffe, deren Einnahmen vollumfänglich an die Bevölkerung und Unternehmen zurückverteilt werden, könnte grundsätzlich auf 61 62 63 64

Verlagerungsbericht. Abrufbar unter: www.bav.admin.ch > Verkehrsmittel > Eisenbahn > Güterverkehr > Verlagerung.

19.4381 Mo KVF-S. Rahmenbedingungen für emissionsärmere Nutzfahrzeuge.

Parlament beschliesst umweltfreundlichere Strassenbenutzungsgebühren. Abrufbar unter: www.europarl.europa.eu > Aktuelles > Schlagzeilen > Wirtschaft.

19.3949 Po UREK-S. Der Verkehr soll einen Beitrag an den Klimaschutz leisten.

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volkswirtschaftlich effiziente Weise Emissionsreduktionen bewirken. Dafür sind aber aufgrund der in der kurzen Frist niedrigen Preiselastizität der Nachfrage zumindest anfänglich hohe Abgabesätze nötig. Auch wenn Personen mit einem verbrauchsarmen oder fossilfrei angetriebenen Fahrzeug über die Rückverteilung entsprechend stärker begünstigt würden, ist die Akzeptanz einer CO2-Abgabe auf Treibstoffe ­ vor allem vor dem Hintergrund der momentan hohen Treibstoffpreise ­ gering. Zudem würde sich der Tanktourismus ins Ausland zusätzlich verstärken.

Diesen Nachteil hätte ein Einpreisen von Klimafolgekosten in eine fahrleistungsabhängige Abgabe (wie Mobility Pricing) nicht. Pro gefahrenen Kilometer könnte zusätzlich zu einem Beitrag an die Finanzierung der Strasseninfrastruktur ein Klimaaufschlag erhoben werden, welcher nach fahrzeugspezifischem CO2-Ausstoss differenziert wird. Allerdings wäre eine preisliche Lenkung über eine CO2-Abgabe auf Treibstoffe einfacher umzusetzen. Erstens zielt diese direkt auf den Verbrauch als Quelle der Emissionen ab und ist nicht auf den Umweg über die Fahrleistung angewiesen. Zweitens ist sie im Vollzug einfacher und zweckmässiger. Drittens führt ein Einpreisen der Klimafolgekosten in eine fahrleistungsabhängige Abgabe ­ analog zu einer CO2-Abgabe ­ zu einer Erhöhung der Mobilitätskosten für konventionell angetriebene Fahrzeuge, so dass auch dafür die Akzeptanz gering sein dürfte.

Analog zum bestehenden EHS in der Industrie liessen sich auch im Verkehrssektor nach dem Prinzip von «Cap and Trade» die Emissionen über eine Mengensteuerung vermindern, indem eine Obergrenze festgelegt und jährlich reduziert wird. Im einfachsten Fall werden nicht die Endverbraucher (downstream), sondern die Importeure fossiler Treibstoffe (upstream) verpflichtet, für die verursachten Mengen CO2 Emissionsrechte zu hinterlegen. Diese sind auf die festgelegte Obergrenze begrenzt und unter den Marktakteuren handelbar. Der Preis für die Emissionsrechte bildet sich am Markt. Die Emissionsrechte können kostenlos oder in einer Auktion an die Teilnehmer vergeben werden. Im Falle einer Auktionierung entstehen Versteigerungserlöse, welche zweckgebunden eingesetzt oder an Unternehmen und Bevölkerung rückverteilt werden können. Ein solches System wird derzeit in der EU im Rahmen des «Fit for 55»-Pakets
diskutiert. Der Vorteil von Emissionshandelssystemen liegt darin, dass sie das angepeilte Reduktionsziel per Definition erreichen. Sie bieten ausserdem eine grosse Flexibilität sowohl in der Ausgestaltung ihrer Rahmenbedingungen als auch in der Art und Weise, wie die verpflichteten Akteure die an sie gestellten Anforderungen erfüllen können. Je nach Ausgestaltung des Instruments und abhängig von der Marktentwicklung können jedoch Preissteigerungen bei den Treibstoffen resultieren, welche nicht nach oben beschränkt werden können. Für diese Fälle wären Begleitmassnahmen vorzusehen, damit Rand- und Bergregionen, welche auf den motorisierten Individualverkehr angewiesen sind, nicht von übermässigen Preiserhöhungen benachteiligt werden. Die Einführung eines EHS für fossile Treibstoffe könnte nur in Ablösung der Kompensationspflicht für die Importeure fossiler Treibstoffe weiterverfolgt werden.

Die Sorge um ansteigende Treibstoffpreise war gemäss Abstimmungsanalysen ein ausschlaggebender Grund für die Ablehnung der Totalrevision des CO2-Gesetzes in der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021. Aus diesem Grund soll aktuell von potenziell stark preistreibenden Massnahmen abgesehen werden.

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Es gibt aber auch Alternativen, die sich nicht auf die Treibstoffpreise auswirken. Beispielsweise könnte eine Reduktion der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen die Emissionen grundsätzlich rasch vermindern. Schätzungen basierend auf einer Simulation mit dem Nationalen Personenverkehrsmodell (NPVM) und dem Handbuch für Emissionsfaktoren (HBEFA 4.1) gehen davon aus, dass Tempo 100 auf Autobahnen die Emissionen im Jahr 2030 um gut 0,6 Millionen Tonnen CO2 oder rund 5 Prozent zurückgehen. Die Simulation mit dem NPVM einer auf 100 km/h reduzierten allgemeinen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen zeigt, dass die unerwünschte Verlagerung von der Autobahn auf Kantons- und Gemeindestrassen gering ist. Die verminderte Fahrgeschwindigkeit erhöht einerseits den Verkehrsfluss, hat aber auch Zeitverluste und damit Kosten für die Autobahnnutzenden zur Folge. Diese sind im Vergleich zu den reduzierten Emissionen hoch. Die Einführung einer solchen Massnahme ist auch Ziel einer Motion von Nationalrat Maheim65, die der Bundesrat zu Ablehnung beantragt.

3.2.4

Massnahmen im öffentlichen Verkehr

Im Fokus der Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene stehen die Nachtzugsverbindungen, da diese als Alternative zu Flugreisen grosses Potenzial aufweisen. Entsprechend ist der grenzüberschreitende Regional- und Ortsverkehr, welcher zudem bereits über andere Gefässe stark gefördert wird, explizit ausgeschlossen. Zur Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene wurde geprüft, ob anstelle der finanziellen Beträge an das Angebot eine Senkung des Trassenpreises für die Benützung der Schiene zielführend wäre. Diese Massnahme wurde verworfen, da diese Senkung nur die Gebühr auf dem schweizerischen Schienenteil erfassen und sich nur marginal auf die Kosten für die Durchführung eines Angebotes auswirken würde. Für weitere Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung von Angeboten im grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Schiene, wie zum Beispiel die Harmonisierung der internationalen Vertriebssysteme (Ticketing), ist insbesondere die Förderung der Kooperation zwischen den international tätigen Bahnunternehmen zentral. Hierfür setzt sich der Bundesrat bereits in diversen Gremien ein.

Auf eine zeitlich gestaffelte Aufhebung der Mineralölsteuerrückerstattung für konzessionierte Transportunternehmen im Orts- und regionalen Personenverkehr, welche in der Vernehmlassung gefordert wurde, wird verzichtet. Eine Staffelung der Aufhebung nach den erwähnten Kriterien würde bedeutende Definitions- und Abgrenzungsprobleme schaffen. Sowohl bei Gesuchstellenden wie auch in der Verwaltung wäre mit grossem Mehraufwand zu rechnen.

Die Aufnahme einer expliziten Bestimmung, wonach sich der Bund an Mehrkosten für elektrische betriebene Busse und Schiffe beteiligen kann, entspricht ausserdem einem mehrfach geäusserten Wunsch in der Vernehmlassung sowie der Forderung einer im Mai 2022 angenommenen Motion der KVF-N66. Darüber hinaus hat die 65 66

22.3493 Mo Maheim. Reduzieren wir die Geschwindigkeit auf der Autobahn, um unsere Abhängigkeit von fossilen Energien zu verringern.

21.3977 Mo KVF-N. Förderung von nichtfossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Verkehr.

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KVF-N am 28. Juni 2022 eine Kommissionsinitiative67 beschlossen, welche die gesetzliche Grundlage für eine Anschubfinanzierung von Bussen mit umweltfreundlichen Antrieben schaffen will.

3.2.5

Massnahmen in der Industrie

EHS für Anlagen und Luftfahrt Gestützt auf das Abkommen mit der EU über die Verknüpfung der Emissionshandelssysteme soll das EHS der Schweiz für Anlagen und die Luftfahrt inhaltlich und zeitlich harmonisiert mit demjenigen der EU weiterentwickelt werden. Für den Bereich der Anlagen muss dazu die Kompatibilität der wesentlichen Kriterien aufrechterhalten bleiben (Äquivalenzprinzip), in der Luftfahrt erfolgt die Weiterentwicklung nach denselben Grundsätzen wie in der EU (Spiegelungsprinzip).

Weil ein Grossteil der Industrieanlagen zur Teilnahme am EHS verpflichtet ist, hat das Parlament in der Totalrevision des CO2-Gesetzes EHS-Unternehmen entgegen einer Empfehlung der EFK68 nicht von der Rückverteilung der CO2-Abgabe ausgeschlossen; dies im Unterschied zu Unternehmen mit einer Verminderungsverpflichtung, die sich optional von der CO2-Abgabe befreien. Diese Differenzierung wird im vorliegenden Gesetzesentwurf beibehalten.

Die Anrechnung von CCS im EHS trägt der Forderung der betroffenen Wirtschaftsverbände (wie cemsuisse, scienceindustries) Rechnung und erfolgt analog zur heutigen Regelung im EHS der EU. Längerfristig soll neben der geologischen Speicherung im EWR auch jene im Inland berücksichtigt werden. Weil deren Erschliessung im besten Fall 15­20 Jahre dauert, werden nach aktuellem Kenntnisstand solche Speicherstätten nicht vor 2030 in Betrieb sein.

Konsistent mit den bestehenden und vorgesehenen Regelungen der EU können negative CO2-Emissionen aus der Abscheidung und Speicherung von biogenen CO2Emissionen, die in einer EHS-Anlage aus der Verbrennung von Biomasse entstehen, nicht direkt im EHS angerechnet werden. Stattdessen ist es möglich, solche Projekte im Rahmen von Kompensationsprojekten auch den EHS-Teilnehmern zu ermöglichen und so über den Verkauf von Bescheinigungen finanzielle Unterstützung zu erhalten.

In der EU ist zurzeit ein Zertifizierungsmechanismus für negative Emissionen in Erarbeitung; ein entsprechender Vorschlag ist für das vierte Quartal 2022 vorgesehen.

Verminderungsverpflichtung (Befreiung von der CO2-Abgabe) Die Rahmenbedingungen der Verminderungsverpflichtung wurden in die Vorlage weitgehend so übernommen, wie sie das Parlament bei der Totalrevision des CO2Gesetzes beschlossen hatte. So steht eine Befreiung allen Betreibern von Anlagen offen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausführen. Auch gewisse öffentlich-rechtliche Betreiber können eine Verminderungsverpflichtung abschliessen. Die Betreiber von 67 68

22.452 PaIv KVF-N. Anschubfinanzierung für Busse mit umweltfreundlichen Antrieben im Strassen-öV durch den Bund.

EFK (2017): Evaluation der Lenkungswirkung des Emissionshandelssystems. Abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Verkehr und Umwelt > Archiv.

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Anlagen sollen von der Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Abgabe an die Wirtschaft ausgeschlossen werden.

Die Verminderungsverpflichtung basiert weiterhin auf einer Zielvereinbarung mit dem Bund und soll ein relatives Treibhausgaseffizienzziel beinhalten und nicht wie 2013­2024 ein absolutes Ziel. Für Anlagen mit geringen Treibhausgasemissionen soll weiterhin das heutige Massnahmenziel möglich sein. Die Planung und Umsetzung von Massnahmen zur Verminderung der CO2-Emissionen benötigt Zeit und eine gewisse Planungssicherheit. Eine Verminderungsverpflichtung lediglich bis Ende 2030 wäre somit nicht zielführend. Eine Verpflichtungsperiode bis 2040 und das Wissen, dass danach die CO2-Abgabe geschuldet wird, ist ein langfristiges Signal für die Dekarbonisierung der Unternehmen. Der Dekarbonisierungsplan ist dazu ein geeignetes Planungsinstrument, in dem dargelegt wird, wie bis 2040 die Nutzung fossiler Brennstoffe so weit als möglich vermindert wird. Aufgrund der Vernehmlassung muss der Dekarbonisierungsplan nicht gleich zu Beginn der Verminderungsverpflichtung, sondern erst drei Jahre später eingereicht werden.

3.2.6

Innovation

Die Anpassung der Förderbedingungen beim Pilot- und Demonstrationsprogramm in Artikel 53 des EnG bleibt nach der Vernehmlassung unverändert. Die Anpassung ist in der Zwischenzeit aber vom Nationalrat auch als Fremderlassänderung in den Entwurf zum KlG eingefügt worden, das im Parlament als indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative beraten wird (vgl. Ziff. 1.1.3). Falls der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative nicht in Kraft tritt, soll die Anpassung von Artikel 53 EnG mit der vorliegenden Revision umgesetzt werden.

3.2.7

Finanzmarkt

Am 17. November 2021 hat der Bundesrat in seinem Bericht zu einem Postulat der UREK-S69 eine Auslegeordnung über mögliche Massnahmen präsentiert, die über eine Anpassung des Investitionsverhaltens zur einer Verminderung der Treibhausgasemissionen führen könnten. Gleichentags hat der Bundesrat verschiedene Massnahmen angestossen, die dem Problem des Greenwashing ­ dem Vortäuschen nachhaltiger Eigenschaften von Finanzprodukten ­ begegnen.70 Die meisten im Postulatsbericht untersuchten Massnahmen wirken lediglich indirekt darauf hin, die Finanzflüsse klimaverträglich auszurichten. Branchenvereinbarungen zwischen dem Bund und den wichtigsten Finanzbranchen, wie im indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative (vgl. Ziff. 1.1.3) vorgesehen, streben hingegen das

69 70

19.3966 Po UREK-S. Wie kann die Schweiz die Finanzmittelflüsse klimaverträglich ausrichten?

Der Bundesrat will mit Klimatransparenz einen internationalen Spitzenplatz bei nachhaltigen Finanzanlagen. Abrufbar unter: www.sif.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen.

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Ziel der klimaverträglichen Finanzflüsse explizit an und haben daher grosses Potenzial. Sie könnten zudem den unterschiedlichen Ausgangslagen und Möglichkeiten der verschiedenen Finanzinstitute Rechnung tragen.

Eine höhere Transparenz kann ebenfalls indirekt zu klimaverträglichen Investitionen beitragen. Wenn Finanzinstitute die negativen oder positiven Auswirkungen von Investitionen auf das Klima sichtbar machen, führt dies zu besser informierten Investitionsentscheiden der Kundinnen und Kunden sowie von anderen Finanzinstituten. Um klimawirksam zu sein, sollten solche Transparenzmassnahmen möglichst vergleichbare Aussagen zulassen, in die Zukunft gerichtet und auf das zu erreichende Klimaziel abgestimmt sein. Wichtig dabei ist eine regelmässige, vergleichbare Fortschrittsmessung, wie die bereits etablierten, freiwilligen PACTA-Klimatests. Die in dieser Vorlage vorgesehene explizite und regelmässige Prüfung der klimabedingten finanziellen Risiken durch FINMA und SNB sowie die aktuellen Bestrebungen des Bundesrats, um Greenwashing zu vermeiden, zielen ebenfalls in diese Richtung.

Der Bundesrat hat ausserdem am 29. Juni 2022 entschieden, dass der Schweizer Finanzplatz mit glaubwürdiger Klimatransparenz einen internationalen Spitzenplatz einnehmen soll und zu diesem Zweck die Swiss Climate Scores lanciert.71 Diese verschaffen institutionellen und privaten Anlegerinnen und Anlegern in der Schweiz vergleichbare und aussagekräftige Informationen, inwiefern ihre Finanzanlagen mit internationalen Klimazielen verträglich sind. Der Bundesrat empfiehlt den Schweizer Finanzmarktakteuren, die Swiss Climate Scores, wo sinnvoll, bei Finanzanlagen und Kundenportfolien anzuwenden.

3.2.8

Massnahmen im Ausland

Die Schweiz hat bei der Einreichung ihres Verminderungsziels (Nationally Determined Contribution, NDC) gegenüber des UNO-Klimasekretariats angekündigt, dass sie Massnahmen im Ausland durchführen will. Die ganze Reduktionsanstrengung im Inland zu erzielen, würde sehr einschneidende Massnahmen bedingen. Das geltende CO2-Gesetz verlangt analog zur abgelehnten Totalrevision, dass mindestens 75 Prozent der Verminderungen im Inland zu erbringen sind. Weil jedoch die Verlängerung bis Ende 2024 keine zusätzlichen Massnahmen enthält, sinken die Emissionen weniger stark. Angesichts der Unsicherheiten in Bezug auf den technischen Fortschritt und allfälliger neuer Quellen von Treibhausgasen überträgt der vorliegende Gesetzesentwurf die Kompetenz, einen bestimmtes Inland-/Auslandverhältnis vorzugeben, dem Bundesrat.

Während die Erhöhung der Senkenleistung durch geologische Speicherung von Kohlenstoff explizit als grundsätzlich zulässiger Projekttyp gilt, werden für die biologische Speicherung von Kohlenstoff im Ausland keine internationalen Bescheinigungen ausgestellt, weil die Permanenz der Kohlenstoffspeicherung bei diesen Projektformen kaum nachgewiesen und garantiert ist.

71

Bundesrat lanciert «Swiss Climate Scores» für Klimatransparenz bei Finanzanlagen.

Abrufbar unter: www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen.

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3.3

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

In Anbetracht der Kostenfolgen, welche ein ungebremster Klimawandel auslösen wird, sind die vorgeschlagenen Massnahmen gerechtfertigt. Sie erlauben der Schweiz, einen angemessenen Beitrag an die globalen Anstrengungen zu leisten. Die Abkehr von fossilen Brenn- und Treibstoffen ist angesichts der Versorgungslage vordringlich.

Zudem fliessen heute jährlich 8 Milliarden Franken für Öl- und Gasimporte ins Ausland ab. Finanzhilfen des Bundes für eine Beschleunigung des Ersatzes von Bussen und Schiffen, die Bereitstellung von Wärme aus Geothermie und erneuerbarer Gase, die Unterstützung von Ladeinfrastruktur für elektrische Fahrzeuge und von Anlagen zur Herstellung von synthetischen Flugtreibstoffen liegen daher im allgemeinen Interesse.

3.4

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die vorliegende Revision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2024 lehnt sich in wichtigen Aspekten an geltendes und in Ausarbeitung stehendes EU-Recht an. Das Gesamtziel der Verminderung von minus 50 Prozent bis 2030 gegenüber 1990, davon mindestens 60 Prozent im Inland, entspricht in etwa der Ambition der EU, des wichtigsten Handelspartners der Schweiz. In Umsetzung ihrer neuen Wachstumsstrategie «europäischer Grüner Deal» hat die EU im Juni 2021 ihre neuen Klimaziele im Europäischen Klimagesetz rechtlich verankert.72 Bis 2030 sollen die Emissionen auf dem Gebiet der EU um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 sinken (zuvor minus 40 Prozent), bis spätestens 2050 will die EU klimaneutral sein und danach insgesamt negative Emissionen erreichen. Ausserdem wird festgelegt, dass mindestens 225 Millionen Tonnen CO2eq durch Verminderungsmassnahmen geleistet werden müssen.

3.4.1

«Fit for 55»-Paket der Europäischen Kommission

Mit dem am 14. Juli 2021 vorgelegten Paket «Fit for 55» schlug die Europäische Kommission die Überarbeitung ihrer klima-, energie- und verkehrsbezogenen Rechtsvorschriften sowie neue Initiativen vor, mit denen die Erreichung der neuen Klimaziele sichergestellt werden soll.

Die vorliegende Revision des CO2-Gesetzes setzt, um eine effektive und effiziente Klimapolitik zu etablieren, in stark vernetzten Märkten auf Instrumente, die in dieselbe Richtung zielen wie jene in der EU. Wichtige Beispiele sind die bestehenden und in Überarbeitung stehenden Regelungen des EHS in der Industrie und der Luftfahrt, die CO2-Emissionsvorschriften bei Fahrzeugen und die Pflicht zum Inverkehrbringen von erneuerbaren Treibstoffen.

72

Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 («Europäisches Klimagesetz»), ABl. L 243 vom 9.7.2021, S. 1.

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EHS der EU für Anlagen und Luftfahrt Die EU sieht vor, die Regulierung des EU EHS für Anlagen Mitte des Jahrzehnts anzupassen. Betroffen davon ist beispielsweise der Umfang der kostenlosen Zuteilung. So sollen in der Industrie die Benchmarks für die kostenlose Zuteilung an den technologischen Fortschritt angepasst und für Sektoren im Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) bis 2035 auf null reduziert werden. Der Absenkpfad des Cap soll gemäss EU-Vorschlag im Durchschnitt der Jahre 2021­2030 4,2 Prozent (bisher 2,2 Prozent) betragen. Dazu soll das Cap nach Inkrafttreten der Regulierung einmalig reduziert und anschliessend um 4,2 Prozent pro Jahr reduziert werden.

Im Luftverkehr soll die kostenlose Zuteilung gemäss EU-Vorschlag bereits Ende 2026 auslaufen. Das Cap soll gleich wie im Industriesektor um 4,2 Prozent pro Jahr reduziert werden (bisher 2,2 Prozent). Zur Vermeidung einer Doppelregulierung soll das EU EHS für die Flüge innerhalb des EWR, in die Schweiz, nach Grossbritannien und neu für Flüge von und zu EU-Regionen in äusserster Randlage gelten. Für Flüge von und zu Drittstaaten sollen die Regeln von CORSIA gelten. Noch nicht abschliessend festgelegt ist, wie weit sich Betreiber von Luftfahrzeugen die unter der ReFuelEU Aviation-Initiative beigemischten erneuerbaren Flugtreibstoffe als Emissionsverminderung anrechnen lassen können und ob eine zusätzliche kostenlose Zuteilung erfolgen soll.

Die Europäische Kommission strebt eine schnelle Umsetzung der Vorschläge bereits ab dem 1. Januar 2024 an. Der Gesetzesentwurf wird voraussichtlich bis Ende 2022 finalisiert. Das EHS der Schweiz soll inhaltlich und zeitlich harmonisiert mit demjenigen der EU weiterentwickelt werden. Entsprechend wäre zu prüfen, ob die entsprechenden Artikel des CO2-Gesetzes vorzeitig in Kraft treten könnten.

Eine weitere Angleichung an das EHS der EU betrifft die CO2-Abscheidung und Speicherung. Bereits heute ist die Speicherung von CO2 in einer unterirdischen Stätte im EWR im EHS der EU anrechenbar, wenn sie gemäss der europäischen CCS Richtlinie 2009/31/EG genehmigt ist. Analog dazu wird die Speicherung von CO2 im Untergrund innerhalb des EWR auch im Schweizer EHS anrechenbar sein. Dabei werden die Regelungen in der EU berücksichtigt, namentlich die Durchführungsverordnung (EU)
2018/2066. Vorläufig weiterhin nicht möglich ist die Anrechnung der geologischen Speicherung (in einer unterirdischen Stätte) in der Schweiz (vgl. Ziff. 3.2.5).

Zudem soll auch die dauerhafte chemische Bindung von CO2 in langlebigen Produkten wie Baustoffen im EHS anrechenbar sein, so wie dies die Europäische Kommission im Rahmen des «Fit for 55»-Pakets für das EU EHS vorschlägt.

Im Rahmen des «Fit for 55»-Pakets schlägt die Kommission vor, ein neues eigenständiges EHS für Gebäude und den Strassenverkehr zu schaffen (vgl. Ziff. 1.1.2), um die Erreichung der nationalen Ziele der Mitgliedsstaaten in diesen Sektoren zu fördern.

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Grenzausgleichsmechanismus Begleitend zur oben erläuterten Verschärfung des EHS schlug die Europäische Kommission im «Fit for 55»-Paket die Einführung eines CBAM73, das heisst, die Erhebung von Abgaben auf den Import von Gütern, deren Produktion hohe Treibhausgasemissionen verursacht. Der CBAM soll insbesondere potenzielle Wettbewerbsnachteile, welche die heimische Industrie aufgrund der gestiegenen Produktionskosten infolge der EHS-Revision erleiden könnte, ausgleichen. Damit soll das Risiko eingedämmt werden, dass treibhausgasintensive Produktionsschritte und die damit verbundenen Emissionen in Drittländer mit weniger ambitionierten Klimaschutzmassnahmen verlagert werden (sog. Carbon Leakage).

Der aktuelle Zeitplan sieht eine mehrjährige Testphase ab Anfang 2023 vor, gefolgt von einer zehnjährigen Einführungsphase, während welcher der CBAM stufenweise und parallel zur geplanten Reduktion der kostenlosen Zuteilung hochgefahren wird.

In einem ersten Schritt soll der CBAM nur ausgewählte Waren aus den Bereichen Zement, Strom, Düngemittel, Eisen und Stahl sowie Aluminium umfassen. Länder, welche entweder vollständig in das EHS der EU integriert sind oder deren EHS mit jenem der EU verknüpft ist, sollen vom EU-CBAM ausgenommen sein. Demzufolge sollen Einfuhren aus der Schweiz sowie aus den drei anderen EFTA-Staaten vom vorgeschlagenen CBAM der EU ausgenommen werden. Aufgrund der intensiven Wirtschaftsbeziehungen und der Verknüpfung der beiden EHS wäre die Schweiz dennoch direkt von der Einführung eines CBAM betroffen.

Der Gesetzesentwurf der EU wird voraussichtlich bis Ende 2022 finalisiert. Das Schweizer Parlament hat das Thema mit verschiedenen Vorstössen aufgenommen.74 In Erfüllung des Postulats 20.3933 «Steuerliche Anreize für einen nachhaltigen internationalen Handel» untersucht derzeit eine interdepartementale Arbeitsgruppe, wie sich die Einführung des vorgeschlagenen EU CBAM auf die Schweiz auswirken könnte und wie verschiedene Handlungsoptionen der Schweiz in diesem Zusammenhang klima- und wirtschaftspolitisch zu bewerten sind.

Emissionsvorschriften für neue Fahrzeuge Die vorgeschlagene Überarbeitung der Emissionsvorschriften für neue Fahrzeuge im Rahmen des «Fit for 55»-Pakets sieht eine stärkere Reduktion ab 2030 vor.75 Gegenüber dem Ziel 2021 soll ab 2030 bei PW ein um 55 Prozent und
bei LNF ein um 50 Prozent tieferer Zielwert gelten. Zudem soll für 2035 ein neues Reduktionsziel von 100 Prozent bzw. ein CO2-Flottenzielwert von 0 Gramm CO2 pro Kilometer festgelegt werden. Dieser Zielwert kann grundsätzlich von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nicht mehr erreicht werden. Für 2025 wurde bereits 2019 ein gegenüber 73 74 75

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems vom 14.07.2021, COM(2021) 564 final.

21.3602 Mo WAK-N. Schweizer Beteiligung am Grenzausgleichssystem der EU; 21.432 PaIv Ryser. Grundlagen für ein CO2-Grenzausgleichssystem schaffen.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/631 im Hinblick auf eine Verschärfung der CO2-Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und für neue leichte Nutzfahrzeuge im Einklang mit den ehrgeizigeren Klimazielen der Union vom 14.7.2021, COM(2021) 556 final.

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dem Ziel 2021 um 15 Prozent tieferer CO2-Zielwert beschlossen. Mit vorliegendem Gesetzesentwurf sollen die EU-Zielwerte für 2025 und 2030 für beide Fahrzeugkategorien übernommen werden.

Wie in der EU sollen auch in der Schweiz ab 2025 Importeure von schweren Fahrzeugen CO2-Zielwerten unterstellt sein. Abweichend von der EU-Regelung sollen sich in der Schweiz auch Importeure schwerer Fahrzeuge zu Emissionsgemeinschaften zusammenschliessen können. Es ist jährlich eine individuelle Zielvorgabe einzuhalten, welche sich auf der Grundlage eines gleichbleibenden Reduktionsziels in den Jahren 2025­2029 berechnet. Die EU-Regelung für schwere Fahrzeuge hingegen lässt derzeit keine Emissionsgemeinschaften zu. Sie legt auf Basis der jeweils für fünf Jahre geltenden Reduktionsziele zusätzlich je Hersteller eine jährlich linear sinkende sogenannte Emissionsreduktionskurve fest, womit die Zielvorgaben jährlich anspruchsvoller werden. Über- oder unterschreiten die EU-Hersteller diese Emissionsreduktionskurve in einem einzelnen Jahr, so erhalten sie Last- bzw. Gutschriften, die innerhalb gewisser Grenzen zwischen den Jahren 2025­2029 verrechnet werden können. Zudem können 2019­2024, bevor die eigentlichen Reduktionsziele in Kraft sind, nach demselben Schema Gutschriften gesammelt werden, die an die Zielerreichung im Jahr 2025 angerechnet werden. Ebenfalls sieht die EU-Regelung ab 2025 einen Zielmarktanteil von 2 Prozent für emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge vor, bei dessen Übererfüllung der Hersteller eine rechnerische Erleichterung für die Zielerreichung seiner Gesamtflotte erhält. Dagegen werden in Schweiz mit der Vollbefreiung von emissionsfreien Fahrzeugen von der LSVA bereits heute sehr starke Anreize für diese Antriebstechnologien geschaffen.

Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge Die Europäische Kommission hat als Teil des Green Deal Legislativvorschläge zur Förderung der Ladeinfrastruktur gemacht. Erstens wird ein Vorschlag für die Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe76 (Alternative Fuels Infrastructure Regulation, AFIR) vorgestellt. Mit dem Entwurf soll die entsprechende EURichtlinie (Alternative Fuel Infrastructure Directive, AFID) zu einer Verordnung weiterentwickelt werden. Konkret werden Ziele für die installierte Ladeleistung pro aufladbares Fahrzeug
vorgeschlagen. Ausserdem müssen die EU-Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass bis 2025 entlang der wichtigsten Autobahnen in regelmässigen Abständen Schnellladepunkte für leichte und schwere Fahrzeuge sowie zusätzlich pro 150 Kilometer eine Wasserstofftankstelle zur Verfügung stehen. Andererseits wird eine Überarbeitung der Gebäudeeffizienzrichtlinie77 vorgeschlagen, welche bei neuen und renovierten Gebäuden Mindestvorgaben für Ladepunkte an Parkplätzen ab einer bestimmten Grösse und verpflichtende Leitungsinfrastruktur für kleinere Parkplatzflächen einführt, während die derzeit bestehenden Pflichten für neue und renovierte Gebäude erweitert würden, insbesondere auch auf grosse bestehende Gebäude.

76

77

Vorschlag für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe und zur Aufhebung der Richtlinie 2014/94/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.7.2021, COM(2021) 559 final.

Vorschlag der europäischen Kommission vom 15. Dezember 2021 für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung) vom 15.12.2021, COM(2021) 802 final.

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Viele europäische Staaten kennen bereits eine finanzielle Förderung für Ladestationen, teils in Umsetzung der vorbestehenden AFID-Richtlinie78 und der Gebäudeeffizienzrichtlinie79. So richten aktuell beispielsweise Frankreich, Italien, Österreich, Schweden, Finnland und England finanzielle Beiträge an die Installation von Ladestationen aus.

Erneuerbare Treibstoffe für den Strassenverkehr Im Rahmen des «Fit for 55»-Pakets überarbeitet die Europäische Kommission die Erneuerbare-Energien Richtlinie (EER). Als Ziel sieht der Entwurf vor, dass die Mitgliedsstaaten die Kraftstoffanbieter verpflichten, die Treibhausgasintensität um 13 Prozent bis 2030 gegenüber dem Ausgangswert zu reduzieren. Daneben soll vermehrt auf fortschrittliche Biokraftstoffe, die nicht aus Nahrungs- und Futtermitteln bestehen und auf erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs gesetzt werden.

Für beide ist jeweils ein bis 2030 ansteigendes Teilziel basierend auf dem Energieverbrauch im Transportsektor vorgesehen. Die Europäische Kommission will im Einklang mit der Biodiversitätsstrategie die Kriterien zum Einsatz gewisser Arten von Biomasse verschärfen und die Zertifizierung durch einen separaten Legislativvorschlag stärken. Die EER enthält auch die Regelungen zur nachhaltigen Produktion von erneuerbaren Brenn- und Treibstoffen als Voraussetzung für eine Förderung und die Anrechnung an die Ziele der EER. Brenn- und Treibstoffe aus Biomasse müssen eine Treibhausgasreduktion erreichen, die abhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Produktionsanlage ist. Laut der gültigen Version der EER beträgt der Wert 65 Prozent für Stoffe aus Anlagen, die aktuell den Betrieb aufnehmen. Der Vorschlag der Europäischen Kommission für die Überarbeitung der EER sieht vor, dass die Treibhausgasminderung für erneuerbare Treibstoffe nicht biogenen Ursprungs bei mindestens 70 Prozent liegen muss. Neben den Treibhausgaseinsparungen müssen erneuerbare Brenn- und Treibstoffe noch weitere ökologische Anforderungen erfüllen.

Ebenfalls als Teil des Pakets «Fit for 55» arbeitet die Europäische Kommission an einer Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas. Im Rahmen dieser Richtlinie soll die Zertifizierung von nicht erneuerbaren, CO2-armen Brenn- und Treibstoffen geregelt werden. Diese Treib- und
Brennstoffe sollen ebenfalls eine Treibhausgasminderung von mindestens 70 Prozent erreichen.

Einsatz von erneuerbaren Flugtreibstoffen im Luftverkehr Die Europäische Kommission hat Mitte Juli 2021 im Rahmen der ReFuelEU AviationInitiative einen gesamteuropäischen Ansatz für eine Beimischquote vorgeschlagen, die definitive Verabschiedung steht noch aus. Aktuell kann noch nicht abgeschätzt werden, ob die Europäische Kommission aufgrund des Luftverkehrsabkommens von der Schweiz erwartet, dass sie die EU-Regelung übernimmt und inwieweit Spielraum 78

79

Richtlinie 2014/94/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, ABl. L 307 vom 28.10.2014, S. 1; in der geänderten Fassung.

Richtlinie (EU) 2018/844 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz, ABl. L 156 vom 19.6.2018, S. 75.

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für eine eigene Regulierung besteht. In Abweichung zum Ansatz der EU richtet sich die im CO2-Gesetz vorgeschlagene Beimischquote nur an die Anbieter von Flugtreibstoffen, die Flugpetrol direkt zur Betankung verkaufen, und in der Regel nicht an die Betreiber der Luftfahrzeuge. Einzig Betreiber von Luftfahrzeugen, welche Flugpetrol für den Eigenverbrauch direkt importieren und nicht über einen Anbieter beziehen, unterliegen ebenfalls der Beimischpflicht. Dies hat durch die begrenzte Anzahl von Anbietern den Vorteil einer effizienten Handhabung und umfasst ­ abweichend zum in der EU diskutierten Vorschlag ­ die gesamte Menge des in der Schweiz zur Betankung verkauften Flugpetrols, unabhängig der Grösse des Flughafens oder Flugplatzes.

Ebenfalls noch nicht definiert ist die Anrechnung der erneuerbaren Flugtreibstoffe als Emissionsverminderung der Betreiber von Luftfahrzeugen im EU-EHS und die Schnittstellen zu CORSIA. Die entsprechenden Details zum Vollzug in der Schweiz werden vom Bundesrat in der CO2-Verordnung festgelegt. Ebenfalls auf Verordnungsstufe soll der Bundesrat über die Mindestanforderungen des USG (Art. 35d) hinausgehende Anforderungen an Flugtreibstoffe festlegen können. Dies ermöglicht es zum Beispiel, für die Inverkehrbringung eine tiefere Reduktion der Treibhausgasemissionen vorzusehen als für die Anrechnung an die Beimischquote. Somit können die Vorgaben der noch nicht verabschiedeten ReFuelEU Aviation-Initiative eingehalten werden, ohne dass diese Vorgaben auch als Mindestanforderung für die Inverkehrbringung erneuerbarer Flugtreibstoffe gelten.

Massnahmen in der Schifffahrt Als Teil des «Fit for 55»-Pakets der Europäischen Kommission soll ab 2023 der Anwendungsbereich des EHS auf den Seeverkehr erweitert werden. In der vorgeschlagenen Ausgestaltung wäre die Schweiz nicht betroffen, da in den Schweizer Rheinhäfen keine EHS-pflichtigen Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von über 5 000 anlegen.

Der Seeverkehr ist aktuell nicht Teil des Abkommens mit der EU über die Verknüpfung der Emissionshandelssysteme.

Massnahmen im öffentlichen Verkehr Die EU hält in ihrem Green Deal fest, dass die verkehrsbedingten Emissionen bis 2050 um 90 Prozent gesenkt werden müssen, wobei alle Verkehrsträger zu dieser Verringerung beitragen müssen. Die Schweiz folgt somit mit ihrer Förderung von elektrisch
betriebenen Fahrzeugen und Schiffen und der Gewährung von Finanzhilfen für die Bereitstellung neuer Angebote im grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Schiene dem von der EU eingeschlagenen Weg.

3.4.2

Massnahmen der EU im Finanzmarkt

In der EU spielt die nachhaltige Ausrichtung der Investitionen und Finanzierungen (Sustainable Finance) eine Schlüsselrolle bei der Mobilisierung des notwendigen Kapitals, um die politischen Ziele im Rahmen des Europäischen Green Deals sowie die internationalen Verpflichtungen der EU in Bezug auf Klima- und Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen. Sie soll zudem dazu beitragen, dass Investitionen eine widerstandsfähige Wirtschaft und eine nachhaltige Erholung von den Auswirkungen der COVID-1953 / 118

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Pandemie unterstützen.80 Dazu hat die EU einen Aktionsplan und verschiedene Regulierungen verabschiedet. Insbesondere gehört dazu die Etablierung einer klaren und detaillierten EU-weiten Taxonomie, d.h. eines Klassifizierungssystems für nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten81. Zudem wurden verschiedenen Offenlegungspflichten eingeführt, wie die Berichterstattungspflicht über nichtfinanzielle Belange für grosse Unternehmen der Finanz- und Realwirtschaft (Non-Financial Reporting Directive, NFRD)82, die Offenlegungspflichten für Finanzmarktakteure (Sustainable Finance Disclosures Regulation, SFDR)83 sowie den expliziten Einbezug der Nachhaltigkeit in die Finanzberatung. Der Bundesrat verfolgt die regulatorischen Massnahmen in der EU eng, weil alle Schweizer Finanzmarktakteure von den Entwicklungen in der EU betroffen sind, wenn sie ihre Finanzprodukte in EU Mitgliedstaaten anbieten oder Investoren aus der EU zu ihren Kunden zählen. Allerdings ist der Schweizer Finanzmarkt im Gegensatz zur EU prinzipienbasiert reguliert. Das heisst beispielsweise, dass sich die Berichterstattungspflichten für grosse Unternehmen, welche mit Inkrafttreten des indirekten Gegenvorschlags zur Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen ­ zum Schutz von Mensch und Umwelt»84 gelten, an der NFRD orientieren, aber an das Schweizer Recht angepasst wurden. Auch die weiteren Transparenzmassnahmen wie die regelmässige und explizite Überprüfung von Klimarisiken durch FINMA und SNB fügen sich in den Schweizer Kontext ein.

3.5

Umsetzungsfragen

3.5.1

Reduktionsziele

Der Geltungsbereich des Gesetzes soll die international geregelten sieben Treibhausgase, Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O), Schwefelhexafluorid (SF6), Stickstofftrifluorid (NF3), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFC) und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) sowie die Wirkungen von Wald, verbautem Holz und von der Landnutzung (Veränderung des Kohlenstoffgehalts im Boden) umfassen. Zudem sollen auch Massnahmen zur Erhöhung der Senkenleistungen einen Beitrag leisten. Sollten zusätzliche Treibhausgase in das internationale Klimaregime

80 81

82

83

84

Overview of sustainable finance. Abrufbar unter: www.ec.europa.eu > Geschäftswelt, Wirtschaft, Euro > Banken und Finanzen > Nachhaltige Finanzierung.

Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 (Taxonomie-VO), ABl. L 198 vom 22.6.2020, S. 13, in der geänderten Fassung.

Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen, ABl. L 330 vom 15.11.2014, S. 1, in der geänderten Fassung.

Am 21. April 2021 nahm die Europäische Kommission zudem einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Berichterstattung über die Nachhaltigkeit von Unternehmen (CSRD) an, mit dem die bestehenden Berichtspflichten der NFRD erweitert werden sollen.

Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor, ABl. L 317 vom 9.12.2019, S. 1.

Konzernverantwortungsinitiative

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aufgenommen werden, wird der Bundesrat den Geltungsbereich entsprechend erweitern.

Zur Zielerreichung sollen insbesondere die Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr entsprechend ihrem Anteil an den gesamten Treibhausgasemissionen und ihren Verminderungspotenzialen beitragen. Zudem müssen auch die Emissionen in der Landwirtschaft, im Abfallbereich sowie von synthetischen Treibhausgasen sinken, die in der Kategorie «Übrige» zusammengefasst sind. In den einzelnen Sektoren werden im Jahr 2030 folgende inländische Verminderungsleistungen gegenüber 1990 erwartet (vgl. Ziff. 5.1): ­

Gebäude:

­ 55 %;

­

Industrie:

­ 27 %;

­

Verkehr:

­ 28 %;

­

Übrige:

­ 16 %.

Diese Zwischenziele für das Jahr 2030 sind kompatibel mit den Richtwerten zu den Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr im Rahmen des indirekten Gegenvorschlags zur Gletscher-Initiative für die Jahre 2040 und 2050 (Art. 4 KlG).

Zur besseren Steuerung soll der Bundesrat ausserdem Zwischenziele für einzelne Sektoren festgelegen können. Diese Sektorziele können auf Verordnungsebene festgeschrieben werden und sollten sich aus den erwarteten Verminderungsleistungen bzw. den vorhandenen Reduktionspotenzialen ableiten. Die Emissionen im Inland dürften bis 2030 gegenüber 1990 insgesamt um rund 34 Prozent zurückgehen (vgl.

Ziff. 5.1). Die verbleibenden Verminderungen zur Erreichung der Reduktionsziele nach Artikel 3 Absatz 1 können mit Massnahmen im Ausland erbracht werden (vgl. Ziff. 3.5.6).

3.5.2

Massnahmen im Gebäudebereich

Der im Zuge des ersten Massnahmenpakets der Energiestrategie per 1. Januar 2018 neu aufgesetzte Vollzug des Gebäudeprogramms wird beibehalten. Für das Gebäudeprogramm und die Förderung erneuerbarer Energie wird innerhalb der Bundesrechnung eine Spezialfinanzierung (Spezialfinanzierung «Teilzweckbindung») geführt.

Werden die Mittel innerhalb der Spezialfinanzierung «Teilzweckbindung» in einem Jahr nicht vollständig ausgeschöpft, so verbleiben sie in deren Saldo. Die Mittel in Höhe des Saldos können in den nächsten Jahren für das Gebäudeprogramm, die Geothermie, die Energieplanung sowie die Produktion von erneuerbaren Gasen eingesetzt werden. Der Saldo der Spezialfinanzierung «Teilzweckbindung» darf Ende Jahr 150 Millionen Franken nicht überschreiten. Die diesen Betrag übersteigenden Mittel werden im übernächsten Jahr an Bevölkerung und Wirtschaft verteilt.

Umsetzungsfragen zu weiteren Förderprogrammen, die mit vorliegender Anpassung des CO2-Gesetzes neu eingeführt und aus der Teilzweckbindung der CO2-Abgabe finanziert werden, werden in den artikelspezifischen Erläuterungen zum CO2-Gesetz ausgeführt (vgl. Ziff. 4.1).

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3.5.3

Massnahmen im Verkehrsbereich

Emissionsvorschriften für neue Fahrzeuge Das Mitte 2012 etablierte und seither laufend optimierte Vollzugssystem bei Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern wird auch mit den weiter abgesenkten Zielwerten beibehalten. Zuständig für die Umsetzung ist das BFE, unterstützt durch das ASTRA. Die Umsetzung der neuen Zielwerte für schwere Fahrzeuge erfordert die Verfügbarkeit der Emissionsdaten auf Basis der sogenannten VECTOSimulation (VECTO: Vehicle Energy Consumption Calculation Tool). Im Rahmen der Einführung der elektronischen Einzelfahrzeugdaten (eCoC-Daten) als Grundlage der Fahrzeugzulassung in der Schweiz werden diese Daten künftig vorliegen.

Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge Um bestehende Strukturen optimal zu nutzen, ist eine Abwicklung des Förderprogramms über die einzelnen Kantone gegen Entschädigung nach den Vorgaben des Bundes anzustreben. Es soll sichergestellt werden, dass eine Mehrfachförderung der Ladeinfrastruktur mit kantonalen und kommunalen Massnahmen einen festzulegenden Anteil der Gesamtinvestitionskosten nicht übersteigt.

Die Förderbeiträge für Ladeinfrastruktur werden der entsprechenden Spezialfinanzierung in dem Jahr belastet, in welchem der Subventionsempfänger den Bau bzw. die Installation der Ladestation realisiert hat und ein rechtsgültiger Entscheid vorliegt.

Der Förderbeitrag wird im Jahr der Realisierung vollständig und schuldenbremswirksam der Spezialfinanzierung belastet. Es ist sicherzustellen, dass in einem Jahr nicht mehr Projekte mit Anspruch auf Förderbeiträge realisiert und verfügt werden, als Mittel in der Spezialfinanzierung vorhanden sind.

Erneuerbare Treibstoffe für den Strassenverkehr Um den Einsatz und die Herkunft von erneuerbaren Brenn- und Treibstoffen nachverfolgen zu können, ist ein Herkunftsnachweisregister für flüssige und gasförmige Brenn- und Treibstoffe nach Artikel 9 Absatz 5 EnG vorgesehen. Das Herkunftsnachweisregister ermöglicht es, Doppelzählungen von erneuerbaren Brenn- und Treibstoffen im Vollzug der klima- und energiepolitischen Instrumente auszuschliessen und Transparenz für die Endverbraucher zu schaffen. Das Herkunftsnachweisregister wird gemäss Artikel 63 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 64 EnG von der gleichen Vollzugsstelle betrieben, die auch das bestehende Herkunftsnachweiswesen beim Strom betreut.
Die Steuererleichterungen für erneuerbare Treibstoffe und die spätere Gegenfinanzierung der Steuerausfälle vollzieht weiterhin das BAZG. Vollzugsstelle für die Inverkehrbringung massenbilanzierter erneuerbarer Treibstoffe nach Artikel 35d USG ist das BAFU. Der Bundesrat wird in die entsprechenden Ausführungsbestimmungen zum USG die ökologischen Anforderungen der Mineralölsteuerverordnung vom 20. November 199685 übernehmen. Für die Inverkehrbringung nach USG wird er al-

85

SR 641.611

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lerdings den Einsatz von freiwilligen internationalen und nationalen Zertifizierungssystemen ermöglichen, die von der Europäischen Kommission im Rahmen der EER anerkannt sind. Mithilfe der entsprechenden Dokumentation aus den freiwilligen Systemen sollen Inverkehrbringer den Nachweis erbringen können, dass zur Herstellung des Brenn- oder Treibstoffs keine Nahrungs- oder Futtermittel, sondern ausschliesslich Abfälle und Rückstände zur Herstellung des Brenn- oder Treibstoffs verwendet wurden und somit davon ausgegangen werden kann, dass diese Brenn- und Treibstoffe auch die ökologischen Anforderungen einhalten. Für erneuerbare Treibstoffe, die Steuererleichterungen nach Artikel 12b­d des MinöStG erhalten, ist davon auszugehen, dass auch die Anforderungen für die Inverkehrbringung gemäss USG eingehalten sind.

Einsatz von erneuerbaren Flugtreibstoffen im Luftverkehr Für die Festlegung der Höhe der Beimischquote von erneuerbaren Flugtreibstoffen und dem allfälligen Mindestanteil von erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen (Subquote) orientiert sich der Bundesrat an der ReFuelEU Aviation-Initiative der EU.

Die Umsetzung soll jedoch die Rahmenbedingungen der Schweiz bestmöglich berücksichtigen. Flüge ab dem EuroAirport Basel-Mulhouse werden gemäss der ReFuelEU Aviation-Initiative reguliert. Da sich der Bundesrat an die Vorgaben der EU anlehnt, kann eine Wettbewerbsverzerrung ausgeschlossen werden.

Anbieter von Flugtreibstoffen müssen die Beimischquote jeweils über das Kalenderjahr einhalten, sie können sich dazu zusammenschliessen und dem Bund einen Vertreter melden. Die erneuerbaren und erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffe müssen in der geforderten Menge physisch in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden. Die entsprechenden Nachweise können anschliessend im Herkunftsnachweisregister für flüssige und gasförmige Brenn- und Treibstoffe gehandelt und entwertet werden (vgl. Ziff. 3.5.3). Die Pflicht zur Beimischung ist eingehalten, wenn der Anbieter von Flugtreibstoffen im Umfang des allfälligen Mindestanteils Nachweise für erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe sowie im Umfang der Beimischquote Nachweise für erneuerbare Flugtreibstoffe oder erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe entwertet. Die Menge wird anhand des zur Betankung verkauften Flugpetrols pro Jahr berechnet. Der
Bundesrat legt auf Verordnungsstufe fest, welche Flugtreibstoffe als erneuerbar und welche als erneuerbar synthetisch (nicht-biogener Ursprung) gelten. Ebenfalls auf Verordnungsstufe wird geregelt, welche Nachweise für die Erfüllung der Beimischpflicht angerechnet werden. Dabei wird insbesondere die Verfügbarkeit erneuerbarer und erneuerbarer synthetischer Flugtreibstoffe berücksichtigt.

Das Herkunftsnachweisregister erlaubt eine gewisse Flexibilität bei der Erfüllung der Beimischquote, weil sie nicht an jedem Flughafen oder Flugplatz erreicht werden muss. Aus technischer Sicht können Luftfahrzeuge mit bis zu 50 Prozent erneuerbaren Flugtreibstoffen betankt werden. Analog zur EU sollen sich Betreiber von Luftfahrzeugen über die Quote hinaus beigemischte erneuerbare Flugtreibstoffe im EHS oder unter CORSIA als Emissionsverminderung anrechnen lassen können, indem sie die diesbezüglichen Herkunftsnachweise von den Anbietern der Flugtreibstoffe erwerben und vorlegen.

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Der Bundesrat kann Massnahmen gegenüber den Betreibern von Luftfahrzeugen ergreifen, sollte die Gefahr von sogenanntem «Tankering» bestehen, bei dem Fluggesellschaften mehr Flugtreibstoff als notwendig an Orten tanken, wo der Treibstoff zu besseren Konditionen erhältlich ist. In der Folge würden einerseits möglicherweise die geforderten Beimischquoten umgangen, andererseits fliegen die Luftfahrzeuge mit einer grösseren Last und verursachen damit mehr Treibhausgasemissionen. Mit der EU ist zu prüfen, in wie weit beim Tanken in der Schweiz für Flüge in den EWR, bzw.

beim Tanken im EWR für Flüge in die Schweiz, die Gefahr des «Tankering» grundsätzlich ausgeschlossen werden kann. Für weitergehende Massnahmen orientiert sich der Bundesrat an den Regulierungen der EU.

Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe Wie bisher sollen Benzin, Diesel, Erdgas als Treibstoffe und die fossilen Bestandteile von Treibstoffgemischen sowie Flugtreibstoffe für inländische Flüge der CO2Kompensationspflicht unterliegen. Treibstoffe, die von der Mineralölsteuer befreit sind, insbesondere Flugtreibstoffe für den internationalen Luftverkehr und erneuerbare Treibstoffe, sind weiterhin von der Kompensationspflicht ausgenommen.

Das BAFU wird weiterhin für die in Projekten und Programmen in der Schweiz und im Ausland nachweislich erzielten Emissionsverminderungen handelbare Bescheinigungen ausstellen. Das bedeutet, dass die kompensationspflichtigen Importeure nicht selbst Projekte und Programme durchführen müssen, sondern Bescheinigungen von Dritten erwerben können. Auch nach 2025 muss sichergestellt werden, dass nur die tatsächlich erzielten und zusätzlich zum Business as usual erbrachten Emissionsminderungen bescheinigt werden. Zugelassen sind auch die Speicherung im Untergrund oder in nicht-organischen Baustoffen (geologische Speicherung) und im Inland zusätzlich biologische Senkenprojekte, die CO2 über einen langen Zeitraum speichern.

Um die Permanenz der Kohlenstoffspeicherung zu gewährleisten, verlangt Artikel 8a der geltenden CO2-Verordnung eine Anmerkung im Grundbuch.

3.5.4

Massnahmen im öffentlichen Verkehr

Die Finanzhilfen für den grenzüberschreitenden Personenverkehr werden als AFonds-perdu-Beiträge ausgerichtet. Gesuche stellen können Transportunternehmen, welche grenzüberschreitenden Fernverkehr auf der Schiene in die Schweiz und aus der Schweiz anbieten wollen, insbesondere Nachtzugverbindungen.

Für den Ersatz oder die Umrüstung von Dieselbussen und Schiffen übernimmt der Bund einen Teil der zusätzlichen Investitionskosten gegenüber konventionellen Modellen und Antrieben. Die zu ersetzenden Dieselbusse müssen abgeschrieben sein, damit der Bund einen Anteil an den zusätzlichen Investitionskosten abgelten kann. Da die Lebensdauer von Schiffen und dadurch die Investitionszyklen deutlich länger sind, übernimmt der Bund neben dem Anteil an den zusätzlichen Investitionskosten bei einer Neuanschaffung auch einen Teil der Mehrkosten für die Umrüstung auf einen Elektro- oder Wasserstoffantrieb, die gegenüber einer Umrüstung auf ein moderneres Dieselaggregat anfallen würden. Die genauen Rahmenbedingungen werden auf Ver-

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ordnungsstufe festgelegt. Das Unternehmen wendet sich an die für die Förderung zuständige Bundesstelle mit dem Antrag, einen Teil der zusätzlichen Investitionskosten zu übernehmen. Diese Vollzugsstelle prüft die einzelnen Gesuche und gewährt den individuellen Förderbeitrag.

Die Aufgaben der künftigen «Koordinationsstelle elektrische Antriebsarten im öV» sollen aus heutiger Sicht unter anderem die Beratung der Transportunternehmen und der Besteller, und den Wissenstransfer unter den verschiedenen Akteuren umfassen.

Dazu gehört etwa die Erarbeitung von Leitfäden, die Entwicklung von Standards oder die Sicherstellung der Interoperabilität sowie des diskriminierungsfreien Zugangs zur Ladeinfrastruktur. Details zur Ausrichtung und den Kompetenzen der Koordinationsstelle sind in Zusammenarbeit mit den betroffenen Akteuren zu erarbeiten.

3.5.5

Massnahmen in der Industrie

EHS Anlagen und Luftfahrt Der Vollzug des EHS wird wie bis anhin vom Bundesrat in der CO2-Verordnung geregelt. Dazu gehört neben der Festlegung der maximal verfügbaren Emissionsrechte und der Benchmarks, nach denen die Betreiber von Anlagen und Luftfahrzeugen eine kostenlose Zuteilung erhalten, auch die Emissionsschwelle für eine Ausnahme von der Teilnahmepflicht am EHS auf Gesuch hin (vgl. Ziff. 3.1.5). Zudem definiert der Bundesrat die Anlagekategorien in Anhang 6, welche neu auch Anlagen zur Abscheidung von CO2-Emissionen, deren Transport und Speicherung (CCS) umfassen sollen.

Ziel ist grundsätzlich die Aufrechterhaltung der Verknüpfung des EHS der Schweiz mit jenem der EU. Dazu ist die Kompatibilität mit dem EHS der EU sicherzustellen.

Die definitiven Beschlüsse der EU zur Weiterentwicklung des EHS der EU sind noch ausstehend, jedoch strebt die Europäische Kommission eine schnelle Umsetzung bereits ab 2024 an. Um den einheitlichen Vollzug sicherzustellen ist, sobald der Gesetzesentwurf der EU vorliegt, zu prüfen, inwiefern die entsprechenden Artikel des CO2Gesetzes und der CO2-Verordnung fristgerecht in Kraft treten können.

Abscheidung und Speicherung von CO2 Zur Anrechnung von CCS an einzelne Instrumente der CO2-Gesetzgebung prüft das BAFU, wie Doppelzählungen vermieden werden können (z.B. für den Fall von CO2Exporten in ausländische Speicherstätten) und welche Grenzwerte für allfällige Schadstoffemissionen im Zusammenhang mit der CO2-Abscheidung angemessen sind. Mittelfristig sollen die Grenzwerte in der Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 198586 abgebildet werden, bis dahin können die Kantone solche Grenzwerte selbständig festlegen. Die Regulierung allfälliger CO2-Pipelines ist in der Kompetenz der Kantone, da zurzeit keine Verfassungsgrundlage für eine umfassende Regulierung durch den Bund besteht (das gleiche gilt für geologische CO2-Speicher im Inland).

Der Bund könnte bei konkreten Vorhaben zur Erstellung eines CO2-Leitungsnetzes oder eines CO2-Speichers, die dem Landesinteresse dienen, gestützt auf Artikel 81

86

SR 814.318.142.1

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BV im Einzelfall tätig werden. So oder so ist der Bund gewillt ­ soweit möglich und von den Akteuren gewünscht ­ eine koordinierende Funktion einzunehmen.

Verminderungsverpflichtung (Befreiung von der CO2-Abgabe) Betreiber von Anlagen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausführen, können eine Verminderungsverpflichtung eingehen. Wie schon im Rahmen der Totalrevision vorgesehen, können auch gewisse öffentlich-rechtliche Betreiber eine Verminderungsverpflichtung abschliessen. Die Zielwerte der Verminderungsverpflichtung leiten sich wie bisher von einer Zielvereinbarung mit dem Bund ab, welche alle wirtschaftlichen Massnahmen umfasst. Die Zielvereinbarung ist mit einer der vom Bund dazu beauftragten Organisationen, die über eine Auswahl an ausgewiesenen Industrieexperten (Beraterpools) verfügen, zu erarbeiten und am Ende ihrer Laufzeit von 10 Jahren lückenlos zu erneuern.

Im Rahmen der Verminderungsverpflichtung müssen die Betreiber von Anlagen glaubhaft darlegen, wie sie bis 2040 die Nutzung fossiler Brennstoffe so weit als möglich vermindern. Der Dekarbonisierungsplan muss innert dreier Jahre ab Beginn der Verminderungsverpflichtung eingereicht werden, ansonsten wird die Verminderungsverpflichtung pro rata temporis abgeschlossen. Der Dekarbonisierungsplan kann vom Netto-Null-Fahrplan, zu dem der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative alle Unternehmen verpflichtet (Art. 5 KlG), abgeleitet werden, umfasst jedoch nur die in der Anlage eingesetzten Brennstoffe. Der Bundesrat regelt die minimalen Anforderungen an einen Dekarbonisierungsplan in der CO2-Verordnung. Er kann bestehende Planungstools zulassen, sofern sie die Anforderungen an die Vollständigkeit, den Detaillierungsgrad sowie die Form des Plans erfüllen. Die regelmässige Aktualisierung des Dekarbonisierungsplans bezweckt, neben dem Abbilden der bereits umgesetzten Massnahmen, eine wiederkehrende Überprüfung der Dekarbonisierungsstrategie des Betreibers unter Berücksichtigung der laufenden technologischen Weiterentwicklung.

3.5.6

Massnahmen im Ausland

Emissionsverminderungen im Ausland werden in erster Linie über die Kompensationspflicht für die Treibstoffimporteure herbeigeführt. Sollte dies nicht ausreichend sein, kann der Bund subsidiär die zur Zielerreichung notwendigen internationalen Bescheinigungen erwerben. Dazu müsste das Parlament vorgängig einen entsprechenden Rahmenkredit beschliessen. Der Vollzug würde dann über das BAFU erfolgen. Vorerst können Massnahmen im Ausland einzig über bilaterale Staatsverträge unter Artikel 6.2 des Übereinkommens von Paris umgesetzt werden (vgl. Ziff. 3.1.8), wie sie die Schweiz inzwischen mit neun Ländern unterzeichnet hat.87 Den Partnerländern, welche die Massnahmen bewilligen, kommt in der Umsetzung eine wichtige Rolle zu, insbesondere um Doppelzählungen von Emissionsverminderungen zu vermeiden. Die Anforderungen für Massnahmen im Ausland werden durch den Bundesrat auf Verordnungsstufe präzisiert. Für nachweislich erzielte Emissionsverminderungen oder 87

Bilaterale Vereinbarungen Klima. Abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Klima > Fachinformationen > Internationales.

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Senkenleistungen ­ soweit die Projekte zugelassen sind ­ stellt das BAFU handelbare internationale Bescheinigungen aus. In der CO2-Verordnung werden Projekte und Programme im Ausland aufgelistet, die in der Schweiz nicht zugelassen sind.

4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

4.1

CO2-Gesetz vom 23. Dezember 2011

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Zweck

Der neu formulierte Zweckartikel bildet die drei Ziele des Übereinkommens von Paris ab. Gemäss Absatz 1 soll das CO2-Gesetz einen Beitrag dazu leisten, den Anstieg der Erdtemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten, wobei ein Temperaturanstieg von höchstens 1,5 Grad Celsius angestrebt werden soll (Bst. a). Neben der Verminderung von Treibhausgasen soll das CO2-Gesetz auch einen Beitrag dazu leisten, die Fähigkeit zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels zu steigern (Bst. b). Dazu gehört auch der Schutz gegen die negativen Folgen des Klimawandels.

Absatz 2 führt zwei Massnahmen auf, die zur Erreichung der Ziele in Absatz 1 wesentlich beitragen sollen. Zum einen sollen die Treibhausgasemissionen soweit reduziert werden, dass sie die Aufnahmefähigkeit von Kohlenstoffsenken nicht übersteigen (Bst. a). Das bedeutet, dass längerfristig ein Netto-Null-Ziel angestrebt wird.

Zum anderen sollen auch die Finanzmittelflüsse so ausgerichtet werden, dass sie im Einklang zur angestrebten emissionsarmen Entwicklung und zur Erhöhung der Resilienz stehen (Bst. b).

Das Netto-Null-Ziel in Absatz 2 Buchstabe a umfasst alle international geregelten Treibhausgase.

Art. 2

Begriffe

Im CO2-Gesetz wurden bisher die Begriffe «Brennstoffe» und «Treibstoffe» nur verwendet, wenn es sich dabei um fossile Brenn- und Treibstoffe handelte. Mit der vorliegenden Revision ist neu auch oft von erneuerbaren Brenn- und Treibstoffen die Rede, deshalb sollen in Abgrenzung dazu die fossilen Brenn- und Treibstoffe auch als solche definiert werden. Dies wird mit dem Ersatz der Begriffe «Brennstoffe» durch «fossile Brennstoffe» und «Treibstoffe» durch «fossile Treibstoffe» umgesetzt. Anhang 11 der CO2-Verordnung hält fest, welche Brennstoffe als fossil gelten und der CO2-Abgabe nach Artikel 29 unterliegen.

Mit der am 17. Dezember 2021 beschlossenen Verlängerung des CO2-Gesetzes im Rahmen der Parlamentarischen Initiative 21.477 können die Importeure fossiler Treibstoffe einen Teil ihrer Kompensationspflicht auch mit ausländischen Verminderungen erbringen. Dabei gelten neu die Anforderungen gemäss Übereinkommen von Paris. Deshalb hat der Gesetzgeber die Begriffe «internationale Bescheinigungen» (Bst. f) und «Emissionsminderungszertifikate» (Bst. e) definiert. Neu soll in Abgren-

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zung von den internationalen Bescheinigungen auch der Begriff «nationale Bescheinigungen» (Bst. d) aufgenommen werden. Ausserdem wird Buchstabe f dahingehend präzisiert, dass auch Erhöhungen der Senkenleistung im Ausland möglich sein sollen.

Weiter wird in Buchstabe h neu die «Senkenleistung» definiert, da diese an Wichtigkeit gewinnen. Als Senkenleistung gilt die anrechenbare Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre und dessen dauerhafte Bindung in Kohlenstoffspeichern. Bei der Berechnung werden internationale Standards eingehalten. Dabei ist insbesondere die Permanenz der Speicherung zu berücksichtigen. CCS gilt dabei nicht als Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre, sondern als Verminderung von Treibhausgasemissionen.

Was als dauerhafte Bindung gilt, kann sich je nach Technologie und Instrument unterscheiden.

Bereits gestützt auf das geltenden Recht wird die Senkenleistung bei der Zielerreichung im CO2-Gesetz berücksichtigt. Zudem hat der Bundesrat mit der Revision der CO2-Verordnung am 4. Mai 2022 bestimmte Senkenprojekte für die Kompensation im In- und Ausland zugelassen. Die Ergänzung der Senkenleistung in den verschiedenen Artikeln bedeutet daher keine materielle Änderung.

Schliesslich soll der Begriff «Klimaschutz» in Buchstabe i eingeführt werden. Klimaschutz gemäss CO2-Gesetz umfasst nicht nur den Schutz des Klimas durch die Erhöhung der Verminderungs- und der Senkenleistung, sondern auch den Schutz vor den Folgen des Klimawandels durch die Anpassung.

Art. 3

Reduktionsziele

In den Absatz 1 werden die Ziele aufgenommen, zu denen sich die Schweiz mit der Ratifikation des Übereinkommens von Paris und der Übermittlung des nationalen Reduktionsziels an das UNO-Klimasekretariat verpflichtet hat. Die Treibhausgasemissionen sollen bis ins Jahr 2030 noch höchstens die Hälfte von 1990 betragen (Bst. a).

Im Durchschnitt der Jahre 2021­2030 sollen die Treibhausgasemissionen um mindestens 35 Prozent unter dem Jahr 1990 liegen (Bst. b). Das Durchschnittsziel ist insofern wichtig, als dass es eine stetige Absenkung der Emissionen garantiert. Für den Klimaschutz sind nicht nur die Emissionen im Zieljahr wichtig, sondern auch die Summe der Treibhausgase, die in der Dekade bis und mit dem Zieljahr noch ausgestossen werden. So kann auch garantiert werden, dass frühere Versäumnisse aufgeholt werden müssen. Gemäss Absatz 2 sollen die Massnahmen mit dem Anspruch ausgestaltet werden, dass die Treibhausgasemissionen grundsätzlich in der Schweiz vermindert werden. Den genauen Anteil wird der Bundesrat auf Verordnungsstufe festlegen, um den Unsicherheiten in Bezug auf die Emissionsentwicklung, die Nachfrage nach den Fördermitteln und damit die Wirkung der Massnahmen Rechnung zu tragen und um auf unvorhersehbare Entwicklungen wie neue Emissionsquellen zum Beispiel in der Industrie oder infolge von Sturmschäden im Wald reagieren zu können.

Wie bisher soll der Bundesrat der Bundesversammlung rechtzeitig Vorschläge zur Weiterentwicklung der Klimapolitik unterbreiten; in einer nächsten Etappe für die Zeit nach 2030 (Abs. 4).

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Art. 3a

Massgebende Treibhausgasemissionen

Gemäss Absatz 1 sind die in der Schweiz ausgestossenen Mengen an Treibhausgasen massgebend. Der Bundesrat bezeichnet die Treibhausgase. Letztere Bestimmung war bisher Teil des Zweckartikels. Aufgrund der Änderung des Zweckartikels wird sie nun in den neuen Artikel 3a verschoben. Absatz 3 entspricht dem bisherigen Artikel 3 Absatz 3bis.

Die Emissionen aus dem internationalen Flug- und Schiffsverkehr werden wie anhin bei der Zielerreichung bis 2030 nicht berücksichtigt (Abs. 2). Der Bundesrat hat sich aber bereits dahingehend geäussert, dass diese Emissionen bei der Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050 zu berücksichtigen sind.

Art. 4 Abs. 1 und 5 Absatz 1 trägt der Tatsache Rechnung, dass es neu zwei Reduktionsziele in Artikel 3 gibt. Die Anpassung ist rein redaktionell.

Absatz 5 schafft neu eine rechtliche Grundlage, damit der Bund subsidiär zu allen anderen Massnahmen die zur Zielerreichung notwendigen internationalen Bescheinigungen erwerben könnte. Aufgrund des Legalitätsprinzips ist eine solche Bestimmung notwendig, wenn der Bund zur Schliessung der Ziellücke handeln soll.

Art. 5

Einmalige Anrechnung

Artikel 5 hält neu auf Gesetzesstufe fest, dass Emissionsverminderungen oder Erhöhungen der Senkenleistung, die nachweislich erzielt wurden, nur einmal an die Erfüllung der Pflichten nach diesem Gesetz angerechnet werden können. Damit wird im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris gewährleistet, dass Doppelzählungen vermieden werden.

Art. 6

Internationale Bescheinigungen

Internationale Bescheinigungen dürfen nur angerechnet werden, wenn sie minimalen Anforderungen genügen (Abs. 1). Der Bundesrat legt die Anforderungen an im Ausland erzielte und in der Schweiz anrechenbare Emissionsverminderungen und Erhöhungen der Senkenleistung auf Verordnungsstufe fest. Die Anforderungen gemäss Absatz 2 entsprechen dabei mindestens den Kriterien gemäss Artikel 6 Absatz 2 des geltenden Rechts. Mit der Unterstützung durch die Schweiz in Absatz 2 Buchstabe a ist nicht nur die Unterstützung durch den Bund gemeint, sondern beispielsweis auch durch private Organisationen oder Unternehmen.

Der neue Absatz 3 Buchstabe a ermöglicht den Ausschluss von internationalen Senkenprojekten, bei denen die dauerhafte Speicherung nicht gewährleistet ist. Dazu gehört die biologische Speicherung von Kohlenstoff (etwa im Wald und in Böden), deren Permanenz im Ausland kaum nachgewiesen und garantiert werden kann.

Zugelassen bleiben sollen Emissionsverminderungen und Erhöhungen der Senkenleistung, die mit der Speicherung von Kohlenstoff im Untergrund oder in nicht-organischen Baustoffen erzielt werden.

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Der neue Absatz 3 Buchstabe b ermöglicht die Umsetzung der Beschlüsse von Glasgow, zusätzliche Beiträge zu Gunsten des Klimas und der Anpassung in Entwicklungsländern zu leisten. Beim multilateralen Mechanismus gemäss Artikel 6.4 des Übereinkommens von Paris sind 2 Prozent der übertragenen Emissionsverminderungen zu Gunsten des Klimas stillzulegen und 5 Prozent beispielsweise dem Anpassungsfonds der UNO-Klimarahmenkonvention zur Verfügung zu stellen. Die Parteien sind aufgerufen, diese Regel auch bei bilateralen Abkommen gemäss Artikel 6.2 des Übereinkommens von Paris anzuwenden. Buchstabe b überträgt dem Bundesrat die Kompetenz, diese internationalen Bestimmungen bei der Ausstellung von internationalen Bescheinigungen zu berücksichtigen.

Bei der Änderung der Sachüberschrift und des Einleitungssatzes von Absatz 2 handelt es sich um redaktionelle Anpassungen.

Art. 7

Nationale Bescheinigungen

Der Bundesrat soll auf Verordnungsstufe die Anforderungen an die Ausstellung von nationalen Bescheinigungen festlegen (Abs. 1). Im Inland sollen dabei weiterhin Projekte zur biologischen Speicherung (etwa im Wald, in Holzprodukten und in Böden) möglich sein, dies in Abgrenzung zu Projekten im Ausland (vgl. Art. 6). Die Anforderungen an die Permanenz der Kohlenstoffspeicherung werden in der Verordnung präzisiert.

Absatz 2 wird aufgehoben. Aufgrund der internationalen Entwicklung steht die Option, nationale Bescheinigungen den Emissionsrechten oder den Emissionsminderungszertifikaten aus der Kyoto-Periode gleichzustellen, nicht mehr offen.

Art. 8a

Ausnahmen für die Gesamtverteidigung

Der Bundesrat soll auf Verordnungsstufe Ausnahmen von diesem Gesetz vorsehen können, wenn die Gesamtverteidigung dies erfordert. So sollen beispielsweise bei der Pflicht zur Beimischung von erneuerbaren Flugtreibstoffen allfällige technische Limitierungen der militärischen Aviatiksysteme berücksichtigt werden können. Ebenso kann der Bundesrat gestützt auf das Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung vom 17. Juni 201688 Ausnahmen für die Pflicht zur Überführung und Beimischung erneuerbarer Treibstoffe vorsehen, wenn im Fall einer schweren Mangellage fossile Treib- und Brennstoffe aus den Pflichtlagern ausgelagert werden.

2. Kapitel: Technische Massnahmen zur Verminderung der CO2-Emissionen 1. Abschnitt: Bei Gebäuden Art. 9 Abs. 1bis, 3 und 4 Mit Absatz 1bis wird den Kantonen signalisiert, dass sie für energetisch vorbildliche Ersatzneubauten und umfassende energetische Gebäudesanierungen Anreize gewähren können, welche eine zusätzliche Ausnutzung des Grundstückes ermöglichen. Die abgelehnte Totalrevision des CO2-Gesetzes sah ein Bonus von maximal 30 Prozent 88

SR 531

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vor. Die offene Formulierung berücksichtigt, dass einige Kantone entsprechende Anreize bereits gesetzlich verankert haben. Die Definition der Anreize soll den Kantonen überlassen bleiben, damit keine Differenzen zu bestehenden kantonalen Bestimmungen geschaffen werden. Der Bund geht davon aus, dass die Kantone bei der Definition der Gebäudestandards für diese Regelung auch die Gesamtenergiebilanz berücksichtigen.

Um die Datengrundlage für den Gebäudepark zu verbessern, stärkt Absatz 3 das eidgenössische Gebäude- und Wohnungsregister (GWR). Die Bauwilligungsbehörden sollen bei Neubauten (dazu gehören auch Ersatzneubauten) oder beim Ersatz der Wärmeerzeugungsanlagen für Heizung und Warmwasser in Altbauten die wesentlichen Angaben in das GWR nach Artikel 10 Absatz 3bis des Bundesstatistikgesetzes vom 9. Oktober 199289 eintragen. Die ins GWR einzutragenden Angaben umfassen beispielsweise den eingesetzten Energieträger sowie die Nennleistung der ersetzten und der neuen Wärmeerzeugungsanlage pro Gebäude inklusive Datum des Ersatzes. Der Bundesrat regelt, welche Angaben eingetragen werden müssen.

Absatz 4 verpflichtet die Kantone, bei einem Heizungsersatz eine Meldepflicht vorzusehen, da sie andernfalls keine oder nur ungenügende Angaben über den Stand der in Gebäuden installierten Heizungen haben. Kantone, die bereits heute eine Bewilligungspflicht vorsehen, erfüllen diese Anforderung ohne weiteres.

Von der Meldepflicht nicht erfasst ist insbesondere der Heizungsersatz bei Anlagen, die gemäss der Informationsschutzverordnung vom 4. Juli 200790 klassifiziert oder die gemäss den Artikeln 1 und 2 der Anlageschutzverordnung vom 2. Mai 199091 geschützt sind.

2. Abschnitt: Bei Fahrzeugen Art. 10

Zielwerte

Absatz 1 regelt die weiterführenden CO2-Zielwerte für Personenwagen sowie für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper, die ab 2025 gelten und die bisherigen Flottenziele von 130 g CO2/km bis 2015 und 95 g CO2/km bis 2020 (bisheriger Absatz 1) bzw. von 147 g CO2/km (bisheriger Absatz 2) ablösen. Sie geben die prozentualen Absenkungen vor, welche gegenüber dem Ausgangswert 2021 der EU erreicht werden sollen. Die EU publiziert die konkreten absoluten Zielwerte in Gramm CO2 pro Kilometer (g CO2/km) für die Jahre ab 2025 und ab 2030 voraussichtlich Ende 2022. Diese werden ausgehend von den Zielwerten von 95 bzw. 147 g CO2/km und aufgrund der Flottendaten gemäss den Messverfahren WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) und NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) aus dem Jahr 2020 und weiteren Daten der Neuwagenflotten aus dem Jahr 2021 berechnet. In der Schweiz sollen dieselben absoluten CO2-Zielwerte in Gramm pro Kilometer wie in der EU gelten. Sobald die konkreten Zielwerte bekannt sind, wird der Bundesrat diese in den Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz präzisieren können.

89 90 91

SR 431.01 SR 510.411 SR 510.518.1

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Absatz 2 schreibt neu CO2-Zielwerte für schwere Fahrzeuge vor und gibt die prozentualen Absenkungen vor, welche gegenüber dem Ausgangswert der EU erreicht werden sollen. Dieser Ausgangswert basiert auf den CO2-Emissionswerten der in der EU im Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2020 erstmals zugelassenen schweren Fahrzeuge. Damit resultiert ein identisches absolutes Zielniveau wie in der EU. Der konkrete Ausgangswert der EU hätte im April 2021 publiziert werden sollen. Sobald der Ausgangswert bekannt ist, wird der Bundesrat dies in den Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz präzisieren können.

Absatz 3 überträgt, wie bereits der bisherige Artikel 10a Absatz 1, dem Bundesrat die Kompetenz, zusätzlich zu den Zielwerten Zwischenziele vorzusehen. Diese Bestimmung wird in den thematisch richtigen Artikel betreffend die durchschnittlichen CO2Emissionen sämtlicher in einem bestimmten Jahr erstmals in Verkehr gesetzter Fahrzeuge verschoben.

Absatz 4 ermächtigt den Bundesrat, auf Verordnungsstufe zu definieren, für welche Personenwagen, Lieferwagen, leichten Sattelschlepper und schweren Fahrzeuge die Zielwerte gelten. Darunter fällt auch die Kompetenz zur Festlegung von Ausnahmebestimmungen, die bisher Absatz 3 des Artikels 10a erteilte. Der Bundesrat wird sich dabei an die EU-Regelung anlehnen. Betreffend die schweren Fahrzeuge umfasst diese derzeit Lastwagen und Sattelzugmaschinen mit einer Radachsenkonfiguration 6x2 (sechs Räder, wovon zwei angetrieben sind) ohne Gesamtgewichtsgrenze sowie jene mit einer Radachsenkonfiguration 4x2 (vier Räder, wovon zwei angetrieben sind) und einem Gesamtgewicht von über 16 Tonnen. Nicht als schwere Fahrzeuge gelten nach der EU-Regelung somit alle Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen und mehr als einer angetriebenen Achse. Die Europäische Kommission prüft voraussichtlich im Jahr 2023 eine Ausdehnung der Zielwertregelung auf weitere Fahrzeugkategorien. Es wird am Bundesrat sein, diese Erweiterung gegebenenfalls auch in der Schweiz einzuführen. Weiter ermächtigt Absatz 4 den Bundesrat, die anwendbare Methode zur Ermittlung der CO2-Emissionen festzulegen. Für die Ermittlung der CO2-Emissionen wird derzeit bei den Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern das WLTP-Verfahren angewendet, bei schweren Fahrzeugen werden die Emissionswerte auf der Basis
des sogenannten VECTO-Simulationsverfahrens (Vehicle Energy Consumption Calculation Tool) gemäss Verordnung (EU) 2017/2400 ermittelt.

Sollten die Emissionen im Realbetrieb und die CO2-Werte gemäss dem anwendbaren Normverfahren zunehmend voneinander abweichen, würden die vorgegebenen Zielwerte im CO2-Gesetz unterlaufen. Die EU beobachtet deshalb diese Entwicklung, informiert die Öffentlichkeit darüber und macht Vorschläge, wie ein Anstieg der Abweichung verhindert werden kann. Der Bundesrat erhält diese Kompetenz mit dem neuen Absatz 5 ebenfalls. So könnte er beispielsweise die Zielwerte, die Berechnung der individuellen Zielvorgaben oder der massgebenden CO2-Emissionen anpassen, falls die Abweichung zum Realbetrieb zunehmen sollte.

Der bisherige Absatz 3 wird verschoben und neu als Absatz 1 von Artikel 11 geführt.

Der bisherige Absatz 4 wird gestrichen, da die Umstellung auf die WLTP-Messmethode die weiterführenden prozentualen Reduktionsziele ab 2025, welche auf einem EU-Ausgangswert basieren, nicht tangiert.

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Art. 11

Individuelle Zielvorgabe

Die bisher in Absatz 3 von Artikel 10 festgehaltene Pflicht von Importeuren oder Herstellern, zur Erreichung der Zielwerte gemäss Artikel 10 die durchschnittlichen CO2Emissionen ihrer im jeweiligen Jahr erstmals in Verkehr gesetzten Fahrzeuge gemäss einer individuellen Zielvorgabe zu begrenzen, wird neu in den Artikel 11 Absatz 1 verschoben. Die Einhaltung der Zielvorgaben wird für sämtliche Neuwagenflotten jährlich geprüft. Der Begriff «begrenzen» verdeutlicht, dass auch Importeure, deren Flottenemissionen bereits tief sind, grundsätzlich ihre Zielvorgabe einzuhalten haben.

Der Bundesrat legt wie bisher die Berechnungsmethode für die individuelle Zielvorgabe für die Neuwagenflotte der einzelnen Importeure und Hersteller fest; Absatz 2 übernimmt den bisherigen Absatz 1 mit redaktionellen Anpassungen. Absatz 3 übernimmt den bisherigen Absatz 2 und hält neu explizit fest, dass die individuelle Zielvorgabe auf den Zielwerten nach Artikel 10 basiert. In Absatz 3 Buchstabe a wird zudem eine sachliche Berichtigung vorgenommen, indem der Begriff «Ökoinnovationen» aus der Aufzählung in Absatz 3 Buchstabe a entfernt wird. Ökoinnovationen spielen ausschliesslich für die Berechnung der CO2-Emissionen der Fahrzeuge, nicht aber für die Berechnung der individuellen Zielvorgabe eine Rolle und können auf Basis von Artikel 12 Absatz 2 und auf Basis der CO2-Verordnung bei der Berechnung der CO2-Emissionen der Fahrzeuge weiterhin anerkannt werden. Der Ersatz des Begriffs «Leergewicht» durch den allgemeineren Ausdruck «Gewicht» trägt der neuen, in der EU ab 2025 für Personenwagen, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper gängigen Bemessungsgrösse «Testmasse» Rechnung. Buchstabe a wird zudem ergänzt um die Nutzlast als Beispiel einer bei schweren Fahrzeugen zentralen Variable für die Berechnung der individuellen Zielvorgabe.

Die Vorgabe, dass die drei Fahrzeugkategorien, welche neu auch die schweren Fahrzeuge umfassen, je eine eigene Neuwagenflotte bilden, wird neu separat unter Absatz 4 geführt (bisher in Absatz 1). Absatz 5 entspricht betreffend die Personenwagen sowie Lieferwagen und leichte Sattelschlepper dem bisherigen Absatz 4. Zudem wird Absatz 5 redaktionell präzisiert und mit der Regelung für die schweren Fahrzeuge ergänzt, die ab zwei in einem bestimmten Jahr erstmals in Verkehr gesetzten Fahrzeugen als Flotte abgerechnet werden. Der bisherige Absatz 3 zu den Emissionsgemeinschaften wird redaktionell angepasst und in den neuen Absatz 6 verschoben.

Art. 12

Berechnung der individuellen Zielvorgabe und der durchschnittlichen CO2-Emissionen

In Absatz 1 wird die Abkürzung für das Bundesamt für Energie, BFE, eingeführt. Ansonsten entspricht der Rechtstext dem bisherigen Absatz 1.

Absatz 2 erfährt insbesondere aufgrund der anstehenden, weitgehenden Ablösung der Typengenehmigung durch die elektronische Übereinstimmungsbescheinigung (Certificate of Conformity, COC) im Zulassungswesen entsprechende Anpassungen. Zudem wird neu ergänzt, dass der Bundesrat insbesondere die Anforderungen an die Unterlagen festlegt, welche die Importeure und Hersteller zwecks Berechnung der individuellen Zielvorgabe und der durchschnittlichen CO2-Emissionen einzureichen haben.

Diese müssen namentlich die WLTP- bzw. VECTO-Emissionswerte und die Ge-

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wichtsangaben zur Berechnung der individuellen Zielvorgabe enthalten. Die Vollzugsbehörden sollen zudem Dokumente, die zwar über die notwendigen Inhalte verfügen, aber aus anderen Gründen unglaubwürdig sind, verweigern können.

Die bisher in Absatz 2 geregelte Kompetenz des Bundesrats, einen pauschalen Emissionswert festzulegen, wenn die erforderlichen Angaben nicht fristgerecht eingereicht werden, wird neu separat in Absatz 3 geregelt. Der bisherige Absatz 3 wird aufgehoben, da er mit dem neuen Absatz 4 redundant ist. Dieser überträgt dem Bundesrat, wie der bisherige Artikel 10a Absatz 2, die Kompetenz, bei der Einführung von neuen Zielwerten den Importeuren und Herstellern rechnerische Erleichterungen für die Erreichung ihrer individuellen Zielvorgabe zu gewähren. Für Personenwagen sollen diese Erleichterungen neu jedoch nur solange gewährt werden können, wie dies auch die EU vorsieht. Die EU-Regelung sieht ab 2025 Zielmarktanteile für sehr effiziente Fahrzeuge vor, bei deren Übererfüllung eine Erleichterung für die Erreichung der Zielvorgabe gewährt wird.

Nicht mehr Teil der EU-Regelung sind die Mehrfachanrechnung sehr effizienter Fahrzeuge (sogenannte Super Credits) und der teilweise Ausschluss der emissionsstärksten Fahrzeuge von der Berechnung der durchschnittlichen CO2-Emissionen (sogenanntes Phasing-in).

Art. 13 Abs. 1 und 3 Im Absatz 1 wird in Buchstabe a die Spannbreite der Sanktionsbeträge für Personenwagen, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper ab 2025 festgelegt. Die nicht mehr angewandten Beträge für die Jahre vor 2019 werden entfernt.

Buchstabe b regelt neu die Spannbreite der Sanktionsbeträge beim Verfehlen der Zielvorgaben für schwere Fahrzeuge. Im Gegensatz zur Sanktion für Personenwagen, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper bemisst sich die Sanktion am Durchschnittswert der Flotte in Gramm CO2 pro Tonnenkilometer anstelle von Fahrzeugkilometern, womit der Transportnutzen dieser Fahrzeuge berücksichtigt wird.

In Absatz 3 werden redaktionelle Anpassungen vorgenommen.

Art. 13a

Publikation

Der neue Artikel 13a legt fest, welche Informationen zur Umsetzung der Massnahmen bei Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern sowie bei schweren Fahrzeugen das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) jährlich veröffentlicht. Diese Daten werden bei Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern bereits bisher auf der Grundlage eines Gerichtsbeschlusses publiziert.

Art. 13b

Berichterstattung und Vorschläge zu einer weitergehenden Verminderung der CO2-Emissionen

Der neue Artikel entspricht weitgehend dem bisherigen Artikel 10b. Der Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung über die Erreichung der Zielwerte bei Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern wird in Absatz 1 Buchstabe a auf das 68 / 118

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Jahr 2025 aktualisiert. Bei den schweren Fahrzeugen wird die erstmalige Berichterstattung in Buchstabe b auf das Jahr 2028 festgelegt, da der Vollzug dieser Massnahme voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2025 startet. Die Pflicht des Bundesrats, dem Parlament Vorschläge zu weitergehenden Verminderungen der CO2-Emissionen von Fahrzeugen zu unterbreiten, wird in Absatz 2 auf den Zeitraum nach 2030 aktualisiert. Dabei sind die Entwicklungen in der EU ­ insbesondere im Zusammenhang mit dem «Fit for 55»-Paket ­ zu berücksichtigen.

3. Kapitel: Senkenleistungen Art. 14 Artikel 14 wird aufgehoben. Die Senkenleistungen werden neu in die Artikel 2 (Begriffe), 5 (einmalige Anrechnung), 6 (internationale Bescheinigungen) und 7 (nationale Bescheinigungen) aufgenommen.

4. Kapitel: Emissionshandel und Kompensation 1. Abschnitt: Emissionshandelssystem Art. 15

Teilnahme auf Gesuch

Massgebend für die Möglichkeit der Teilnahme am EHS auf Gesuch hin soll neu nur noch die Gesamtfeuerungswärmeleistung sein. Die zusätzliche Voraussetzung einer Zugehörigkeit zu einer Anlagenkategorie (Anhang 7 der gültigen CO2-Verordnung) soll entfallen, Absatz 3 wird aufgehoben. Der Bundesrat soll die minimale Höhe der Gesamtfeuerungswärmeleistung bezeichnen (Abs. 1). Dabei berücksichtigt er unter anderem die Menge der fossilen Treibhausgase, die bei einer vollständigen Auslastung der Anlage emittiert werden können. Der Schwellenwert ist aktuell bei 10 MW festgesetzt (Art. 42 Abs. 2 CO2-Verordnung).

Absatz 2 wird präzisiert, indem neu von Treibhausgasemissionen anstelle von Emissionen gesprochen wird.

Art. 16a Abs. 2 Bst. b Buchstabe b von Absatz 2 wird redaktionell an die übrigen Bestimmungen angeglichen, so dass konsequent von «Regelungen» der Europäischen Union und nicht von «Vorschriften» gesprochen wird. Diese Änderung betrifft nur den deutschen Text.

Art. 18 Abs. 2 und 3 Absatz 2 wird redaktionell angepasst. Basierend auf dem Abkommen mit der EU zur Verknüpfung der Emissionshandelssysteme92 sind die beiden EHS gleichwertig zueinander weiterzuentwickeln (Äquivalenzprinzip). Im Rahmen dieser Weiterentwicklung hat der Bundesrat die Möglichkeit, jedoch keine Pflicht mehr, Emissionsrechte sowohl für neue als auch stark wachsende Teilnehmer am EHS zurückzuhalten. So kann er vergleichbare Regelungen der EU berücksichtigen (Abs. 3).

92

SR 0.814.011.268

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Art. 19

Ausgabe von Emissionsrechten für Anlagen

Absatz 1 bleibt unverändert. Im Rahmen der Weiterentwicklung des EHS für Anlagen ist noch nicht festgelegt, in welchem Umfang zukünftig Emissionsrechte kostenlos zugeteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 werden umformuliert, damit der Bundesrat vergleichbare Regelungen der EU berücksichtigen könnte. Beispielsweise sieht die EU im Rahmen des «Fit for 55»-Pakets vor, die kostenlose Zuteilung für gewisse Sektoren sowie für Produkte, bei deren Erzeugung kein Risiko einer Produktionsverlagerung ins Ausland besteht, schrittweise zu reduzieren oder an die Umsetzung von Empfehlungen aus Energieaudits zu knüpfen.

Absatz 4 wird dahingehend präzisiert, dass, analog zur Regelung in der EU, für die Erzeugung und die Nutzung von Elektrizität sowie für den Betrieb von Anlagen zur Abscheidung von CO2-Emissionen, deren Transport und Bindung in Kohlenstoffspeichern (CCS) in der Regel keine kostenlose Zuteilung erfolgt.

Absatz 6 wird bezüglich Formulierung harmonisiert.

Art. 19a

Ausgabe von Emissionsrechten für Luftfahrzeuge

Absatz 1 bleibt unverändert. Im Rahmen der Weiterentwicklung des EHS im Luftverkehr ist noch nicht festgelegt, inwieweit zukünftig Emissionsrechte kostenlos zugeteilt werden. Die Absätze 2 und 3 werden umformuliert, damit der Bundesrat vergleichbare Regelungen der EU berücksichtigen kann. Betreiber von Luftfahrzeugen, die zurzeit am Schweizer EHS teilnehmen, erhalten basierend auf den im Jahr 2018 erhobenen Tonnenkilometer-Daten kostenlose Emissionsrechte zugeteilt. Die Anpassung in Absatz 3 erteilt dem Bundesrat die Kompetenz, das massgebende Jahr für die Bestimmung der Tonnenkilometer-Daten festzulegen. Dabei wird der Bundesrat die Regelungen in der EU berücksichtigen. Absatz 4 wird bezüglich Formulierung harmonisiert.

3. Abschnitt: Kompensation bei Treibstoffen Art. 26 Der bisherige Artikel 26 wird aufgehoben und neu in den Artikeln 28b und 28c geregelt.

Art. 27 Der bisherige Artikel 27 wird aufgehoben und neu in Artikel 28b geregelt.

Art. 28 Der bisherige Artikel 28 wird aufgehoben und neu in Artikel 28e geregelt.

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4a. Kapitel: Massnahmen im Zusammenhang mit fossilen Treibstoffen 1. Abschnitt: Pflicht zur Kompensation von CO2-Emissionen bei fossilen Treibstoffen Art. 28b

Kompensationspflicht

Artikel 28b entspricht dem heutigen Artikel 26 und wird punktuell ergänzt beziehungsweise präzisiert.

Absatz 2 hält explizit fest, dass fossile Treibstoffe, die von der Mineralölsteuer befreit sind oder einem begünstigten Steuersatz unterliegen und entsprechend veranlagt wurden, nicht kompensationspflichtig sind. Dies sind beispielsweise Flugtreibstoffe für den internationalen Luftverkehr. Dies entspricht bereits der heutigen Praxis.

Wie bisher kann der Bundesrat die Überführung von geringen Mengen fossiler Treibstoffe von der Kompensationspflicht ausnehmen (Abs. 3), und kompensationspflichtige Personen können sich zu Kompensationsgemeinschaften zusammenschliessen (Abs. 4). Neu wird präzisiert, dass eine Gemeinschaft dieselben Rechte und Pflichten wahrnimmt wie eine einzelne steuerpflichtige Person.

Art. 28c

Anteil der zu kompensierenden Emissionen und maximaler Kompensationsaufschlag

Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird der bisher in Artikel 26 geregelte Kompensationssatz in einen eigenen Artikel überführt. Absatz 1 bestimmt eine Bandbreite für den prozentualen Anteil der CO2-Emissionen aus dem Verkehr, der kompensiert werden muss (Kompensationssatz), wobei die Obergrenze gegenüber dem heutigen Gesetz von 40 auf 90 Prozent angehoben wird. Damit der Kompensationssatz bei Bedarf je nach Ziellücke oder Entwicklung der CO2-Emissionen aus dem Verkehr angepasst werden kann, überträgt das Gesetz dem Bundesrat die Kompetenz, den Kompensationssatz innerhalb dieser Bandbreite und zudem den Anteil der in der Schweiz beziehungsweise im Ausland durchzuführenden Kompensationen festzulegen (Abs. 2). Die Möglichkeit, den Kompensationssatz auch aufgrund der CO2-Emissionen aus dem Verkehr festzulegen, hat das Parlament bereits mit der Verlängerung des CO2Gesetzes gestützt auf die parlamentarischen Initiative 21.477 der UREK-N eingefügt.

Die Kosten infolge der Kompensationspflicht dürfen weiterhin nur bis zu 5 Rappen pro Liter Treibstoff auf die Konsumentinnen und Konsumenten überwälzt werden (Abs. 3). Diese Kosten beinhalten die direkten Kosten aus dem Kauf von Bescheinigungen sowie etwaige Projektentwicklungskosten der Kompensationspflichtigen.

Nicht in den Kosten beinhaltet sind Sanktionszahlungen nach Artikel 28e oder Kosten, die nicht direkt zu Bescheinigungen führen (Marketingmassnahmen, etc.).

Art. 28d

Berichterstattung

Wie bisher sind die Treibstoffimporteure dazu verpflichtet, dem Bund über die Kosten (Bst. a) und den daraus resultierenden Kompensationsaufschlag an der Tanksäule (Bst. b) Bericht zu erstatten.

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Darüber hinaus erstatten die Kompensationspflichtigen nach Artikel 28b Absatz 1 Bericht über die Menge der getankten erneuerbaren Flugtreibstoffe insgesamt und der erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffe, sofern diese fossilen Flugtreibstoffen hinzugefügt wurden, die der Mineralölsteuer unterliegen (Bst. c). Die Berichterstattungspflicht erwächst daraus, dass CO2-Emissionen aus fossilen Flugtreibstoffen, die für mineralölsteuerpflichtige Flüge getankt wurden, kompensiert werden müssen.

Art. 28e

Sanktionen

Erfüllt eine kompensationspflichtige Person nach Artikel 28b Absatz 1 die Kompensationspflicht nicht, muss sie für jede nicht kompensierte Tonne CO2 einen Betrag von 160 Franken pro Tonne CO2 entrichten (Bst. a) und zusätzlich im Folgejahr eine äquivalente Menge an Bescheinigungen abgeben (Bst. b). Dazu können sowohl nationale als auch internationale Bescheinigungen abgegeben werden.

2. Abschnitt: Pflicht zur Überführung von erneuerbaren Treibstoffen in den steuerrechtlich freien Verkehr Art. 28f

Überführungspflicht

Artikel 28f legt fest, dass steuerpflichtige Personen nach Artikel 9 des MinöStG, die fossile Treibstoffe für die Verwendung im Strassenverkehr einführen, auch einem bestimmten Anteil an erneuerbaren Treibstoffen in die Schweiz überführen müssen (Abs. 1). Diese erneuerbaren Treibstoffe müssen wiederum zur Verwendung im Strassenverkehr bestimmt sein. Der Begriff Strassenverkehr umfasst auch den landwirtschaftlichen Verkehr. Mit der Überführungspflicht soll ein Teil der CO2-Emissionen aus dem Strassenverkehr durch den Einsatz von erneuerbaren Treibstoffen vermindert werden. Diese Überführungspflicht gilt zusätzlich zur Kompensationspflicht nach Artikel 28b. Die erneuerbaren Treibstoffe müssen die Anforderungen nach Artikel 35d des USG einhalten (Abs. 2). An die Überführungspflicht können sowohl segregierte Treibstoffe als auch massenbilanzierte Treibstoffe angerechnet werden.

Der Bundesrat kann die Überführung von geringen Mengen fossilen Treibstoffes in den steuerrechtlich freien Verkehr von der Überführungspflicht ausnehmen (Abs. 3).

Die Menge wird in den Ausführungsbestimmungen präzisiert und soll sich am Schwellenwert für die Kompensationspflicht orientieren, der bei 1 000 Tonnen CO2, die durch die Nutzung der Treibstoffe pro Jahr entstehen, liegt (vgl. Art. 87 Abs. 1 CO2-Verordnung).

Personen, die erneuerbare Treibstoffen in den steuerrechtlich freien Verkehr überführen müssen, können sich für die Erfüllung dieser Pflicht zu Gemeinschaften zusammenschliessen (Abs. 4). Für sie gelten dieselben Rechte und Pflichten wie für die einzelne steuerpflichtige Person.

Werden mehr erneuerbare Treibstoffe überführt, als der Bundesrat auf Verordnungsstufe vorschreibt, werden die Emissionsverminderungen, die durch die zusätzlichen Mengen erzielt werden, an die Kompensationspflicht angerechnet, ohne dass das BAFU dafür nationale Bescheinigungen ausstellt (Abs. 5). Ein Kompensationsprojekt muss somit nicht extra angemeldet werden. Die erneuerbaren Treibstoffe dürfen erst 72 / 118

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an die Kompensationspflicht angerechnet werden, wenn die Überführungspflicht erfüllt wurde.

Art. 28g

Anteil der zu überführenden erneuerbaren Treibstoffe

Der Bundesrat legt den Anteil der zu überführenden erneuerbaren Treibstoffe auf mindestens 5 Prozent fest. Er kann diesen Anteil auf 10 Prozent erhöhen (Abs. 1). Der Anteil bemisst sich nach den CO2-Emissionen, die bei der Nutzung der überführten fossilen Treibstoffe im Strassenverkehr entstehen (Abs. 2). Erneuerbare Treibstoffe können nicht gleichzeitig an die Pflichten nach Artikel 28b und 28f oder 28j angerechnet werden. Um den Einsatz und die Herkunft von erneuerbaren Treibstoffen nachverfolgen zu können, ist ein Herkunftsnachweisregister für erneuerbare Treibstoffen vorgesehen.

Art. 28h

Berichterstattung

Wer Treibstoffe überführt, wird analog zur Kompensationspflicht zu mehr Transparenz verpflichtet. Die Importeure müssen daher den Bund über die in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte Treibstoffmenge (Bst. a), die Kosten für die Überführung von erneuerbaren Treibstoffen (Bst. b) und auch über den zur Finanzierung der erneuerbaren Treibstoffe im Jahresdurchschnitt erhobenen Aufschlag an der Zapfsäule informieren (Bst. c).

Art. 28i

Sanktionen

Überführt eine Person nach Artikel 28f weniger erneuerbare Treibstoffe, als zur Erfüllung der Überführungspflicht notwendig wäre, so muss sie für die dadurch entstehende fehlende CO2-Verminderung pro Tonne einen Betrag von 320 Franken entrichten (Bst. a) und zusätzlich im Folgejahr eine äquivalente Menge an nationalen oder internationalen Bescheinigungen abgeben (Bst. b).

3. Abschnitt: Pflicht zur Beimischung von erneuerbaren Treibstoffen zu Flugpetrol Art. 28j

Beimischpflicht

Anbieter von Flugtreibstoffen, die Flugpetrol zur Betankung verkaufen, sind neu verpflichtet, dem Flugpetrol (fossiler Flugtreibstoff) einen bestimmten Anteil erneuerbare Flugtreibstoffe beziehungswiese erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe beizumischen (Abs. 1). Als zur Betankung verkauft gilt das Flugpetrol nicht beim Vertragsabschluss, sondern zum Zeitpunkt der Betankung der Flugzeuge und Helikopter, in welchem die Ware an den Verbraucher übergeht.

Die Beimischquote, die gemäss Artikel 28k Absatz 2 einen Mindestanteil an erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen (Subquote) umfassen kann, muss über das Kalenderjahr und für die gesamthaft in der Schweiz zur Betankung verkaufte Menge Flugpetrol eingehalten werden (Abs. 3 Bst. a). Die benötigte Menge erneuerbarer und erneuerbarer synthetischer Flugtreibstoffe wird anhand der zur Betankung verkauften Menge Flugpetrol pro Jahr berechnet. Die Mengen sind voraussichtlich in 73 / 118

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Tonnen anzugeben. Die Beimischpflicht wird erfüllt, wenn der Nachweis erbracht wird, dass entsprechend der Beimischquote und der allfälligen Subquote genügend erneuerbare Flugtreibstoffe beziehungsweise erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe zur Betankung verkauft wurden.

Betreiber von Luftfahrzeugen, welche Flugpetrol für den Eigenverbrauch direkt importieren und nicht über einen Anbieter beziehen, unterliegen ebenfalls der Beimischpflicht (Abs. 2). Die Beimischquote und die allfällige Subquote muss über das Kalenderjahr und für die gesamthaft für den Eigenverbrauch importierte Menge an Flugpetrol eingehalten werden (Abs. 3 Bst. b). Für die Einhaltung der Beimischquote anrechenbar sind in der Schweiz oder im Ausland hergestellte erneuerbare und erneuerbar synthetische Flugtreibstoffe. Betreiber von Luftfahrzeugen, die direkt importiertes Flugpetrol weiterverkaufen, gelten als Anbieter von Flugtreibstoffen (Abs. 1).

Die Anbieter von Flugtreibstoffen und die Betreiber von Luftfahrzeugen können sich zur Erfüllung der Beimischpflicht zu Gemeinschaften zusammenschliessen. Für eine Gemeinschaft gelten dieselben Rechte und Pflichten wie für einen einzelnen Anbieter oder Betreiber. So muss beispielsweise gegenüber dem Bund ein Vertreter als Verfügungsadressat bezeichnet werden (Abs. 4).

Art. 28k

Beimischquote

Der Bundesrat wird ermächtigt, die Anforderungen an erneuerbare Flugtreibstoffe zu regeln. Er legt fest, welche der in der Schweiz oder im Ausland hergestellten Flugtreibstoffe als erneuerbar und welche als erneuerbar synthetisch gelten und welche Mindestanforderungen an sie gestellt werden. Diese können auch über die ökologischen Anforderungen nach Artikel 35d USG hinausgehen, wobei sich der Bundesrat an der ReFuelEU Aviation-Initiative orientiert. Dies ermöglicht unter anderem, für die Anrechnung an die Beimischquote eine höhere Reduktion der Treibhausgasemissionen vorzusehen als für die Inverkehrbringung. Zudem legt der Bundesrat die Beimischquote fest (Abs. 1). Sie kann einen Mindestanteil an erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen umfassen (Subquote), wobei der Bundesrat bei der Festlegung internationale Entwicklungen und Regelungen, besonders in der EU berücksichtigt (Abs. 2). Die Europäische Kommission will die Beimisch- und Subquote jeweils für fünf Jahre festlegen. Ab 2025 schlägt sie eine Beimischquote von 2 Prozent an erneuerbaren Flugtreibstoffen und ab 2030 von 5 Prozent mit einem Mindestanteil an erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen von 0,7 Prozent vor. Zur Vermeidung von Doppelzählungen können erneuerbare Treibstoffe nicht gleichzeitig an die Pflichten nach Artikel 28b, 28f und 28j angerechnet werden.

Art. 28l

Massnahmen gegenüber Betreibern von Luftfahrzeugen

Gibt es aufgrund von statistischen Daten oder Hinweisen der EU Anzeichen für sogenanntes «Tankering», bei dem Fluggesellschaften mehr Flugpetrol als notwendig an Orten tanken, wo der Treibstoff zu besseren Konditionen erhältlich ist (da beispielsweise keine Beimischpflicht besteht), kann der Bundesrat gegenüber den Betreibern von Luftahrzeugen geeignete Massnahmen vorsehen. Unter anderem könnte eine Berichterstattungspflicht für die jährlich auf Strecken ab der Schweiz 74 / 118

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verbrauchten und tatsächlich in der Schweiz getankten Flugtreibstoffe eingeführt werden, um abschätzen zu können, ob das «Tankering» insgesamt zu einer Nichteinhaltung der Beimischpflicht in der Schweiz führt.

Art. 28m

Berichterstattung

Die Anbieter von Flugtreibstoffen und Betreiber von Luftfahrzeugen, die Flugpetrol für den Eigenverbrauch importieren, sind gegenüber dem BAFU zu einer jährlichen Berichterstattung über die Erfüllung der Beimischpflicht verpflichtet. Dazu müssen sie darlegen, ob und wie die Beimischquote in Bezug auf die im Vorjahr zur Betankung verkauften beziehungsweise für den Eigenverbrauch importierten Flugtreibstoffe eingehalten wurde (Bst. a). Für Betreiber von Luftfahrzeugen, welche Flugpetrol für den Eigenverbrauch direkt importieren, gilt dies unabhängig von einer allfälligen internen Verrechnung. Um die Erfüllung der Beimischpflicht nachweisen zu können, ist ein Herkunftsnachweisregister für erneuerbare Treibstoffe vorgesehen.

Aus Gründen der Transparenz ist der Bund über die Kosten der erneuerbaren und erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffe zu informieren, die den Anbietern von Flugtreibstoffen und den Betreibern von Luftfahrzeugen für die Beimischung im Vorjahr entstanden sind (Bst. b).

Art. 28n

Sanktionen

Mischt ein Anbieter von Flugtreibstoffen oder ein Betreiber von Luftfahrzeugen zu wenig erneuerbare beziehungsweise erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe bei, so dass er die geforderte Beimischquote oder den Mindestanteil erneuerbarer synthetischer Flugtreibstoffe in einem Kalenderjahr nicht einhält, muss er für jede Tonne CO2, die durch die fehlende Beimischung verursacht wird, einen Betrag von 600 Franken pro Tonne CO2 entrichten (Abs. 1 Bst. a). Dieser Betrag entspricht momentan in etwa den Mehrkosten von erneuerbaren Flugtreibstoffen gegenüber Flugpetrol. Die Sanktion berechnet sich anhand des Emissionsfaktors für Flugpetrol, der in Anhang 10 der CO2-Verordnung festgehalten ist (Abs. 2). Ein allfälliger Mindestanteil an erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen kann nicht durch eine zusätzliche Beimischung von erneuerbaren Flugtreibstoffen ausgeglichen werden.

Zudem muss der Anbieter von Flugtreibstoffen im Folgejahr zusätzlich zur festgelegten Beimischquote erneuerbare oder erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe beimischen (Abs. 1 Bst. b). Der Umfang entspricht in der Regel den fehlenden Mengen des Vorjahres. Der Bundesrat kann aufgrund der Marktsituation geringere Mengen vorsehen, falls erneuerbare beziehungsweise erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe in der geforderten Menge nachweislich nicht verfügbar sind (Abs. 3).

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5. Kapitel: CO2-Abgabe 2. Abschnitt: Rückerstattung der CO2-Abgabe an Betreiber mit Verpflichtung zur Verminderung der Treibhausgasemissionen Art. 31

Verminderungsverpflichtung

Bis 2040 erhalten Betreiber von Anlagen, die eine Verminderungsverpflichtung abgeschlossen haben, die bereits bezahlte CO2-Abgabe zurückerstattet (Abs. 1). Die Verminderungsverpflichtung umfasst alle Anlagen an einem Standort (Abs. 2 Bst. a), wobei die Anlagen für wirtschaftliche oder öffentlich-rechtliche Tätigkeiten eingesetzt werden müssen (Bst. b). Die für die Beheizung von Wohngebäuden und für private Tätigkeiten verwendeten fossilen Brennstoffe können hingegen weiterhin nicht von der CO2-Abgabe befreit werden. Der Betreiber von Anlagen, der eine Verminderungsverpflichtung eingehen möchte, muss über eine aktuelle Zielvereinbarung mit dem Bund verfügen, die treibhausgasrelevante Massnahmen beinhaltet (Bst c).

Die Verminderungsverpflichtung dauert bis Ende 2040. Nach 2040 können sich die Betreiber nicht mehr von der CO2-Abgabe befreien lassen. Die Zielwerte des Treibhausgaseffizienzziels ­ bzw. bei Kleinemittenten der kumulierten Massnahmenwirkung ­ werden für die Zeitspannen 2025­2030 und 2031­2040 festgelegt (Abs. 3).

Betreiber mit Verminderungsverpflichtung können sich wie bisher zu Gemeinschaften zusammenschliessen (Abs. 4). Diese Regelung wird neu von der Verordnungsauf die Gesetzesstufe gehoben. Für die zusammengeschlossenen Betreiber gelten dieselben Rechte und Pflichten. So muss beispielsweise gegenüber dem Bund ein Vertreter als Verfügungsadressat bezeichnet werden und die Verminderungsverpflichtung umfasst alle Anlagen an jedem der eingeschlossenen Standorte.

Art. 31a

Berichterstattung und Dekarbonisierungsplan

Gemäss Buchstabe a müssen die Betreiber wie bisher über die Umsetzung der Massnahmen der Zielvereinbarung jährlich Bericht erstatten (Monitoring). Neu muss der Betreiber zudem innert dreier Jahre ab Beginn der Verminderungsverpflichtung gegenüber dem Bund in einem Dekarbonisierungsplan glaubhaft darlegen, wie er bis 2040 die Nutzung fossiler Brennstoffe so weit als möglich vermindert. Dies kann beispielsweise durch zusätzliche Massnahmen an den eigenen Anlagen oder der Substitution durch erneuerbare Energien erfolgen. Die Aktualisierung der Dekarbonisierungspläne erfolgt alle drei Jahre und bezweckt, zum einen die bereits umgesetzten Massnahmen abzubilden und zum anderen die Dekarbonisierungsstrategie angesichts der laufenden technologischen Entwicklung wiederkehrend zu überprüfen (Bst. b).

Die Betreiber von Anlagen haben eine Mitwirkungspflicht. Wird diese verletzt, indem beispielsweise das Monitoring nach Buchstabe a oder der aktualisierte Dekarbonisierungsplan nach Buchstabe b nicht fristgerecht eingereicht wird, kann die Rückerstattung der CO2-Abgabe aufgeschoben werden.

Der Inhalt des bisherigen Artikels 31a wird aufgehoben. Nach Abschluss der mit der parlamentarischen Initiative 21.477 verlängerten Verpflichtungsperiode 2013­2024 wird diese Regulierung hinfällig. Betreiber von WKK-Anlagen können wählen, ob sie

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wiederum eine Verminderungsverpflichtung nach Artikel 31 eingehen oder ob sie ein Gesuch um Rückerstattung nach Artikel 32a des CO2-Gesetzes einreichen wollen.

Art. 31b

Vorzeitige Beendigung der Verminderungsverpflichtung

Auf Antrag ist ein Ausstieg aus der Verminderungsverpflichtung Ende 2030 möglich (Abs. 1 Bst. a) oder auf Ende eines Kalenderjahres, sofern fossile Brennstoffe nicht mehr für den Regelbetrieb, sondern höchstens noch temporär beispielsweise für den Betrieb eines Stützkessels eingesetzt werden (Bst. b). Dies erlaubt den Betreibern von Anlagen, ab diesem Zeitpunkt von der Rückverteilung der CO2-Abgabe und dem Gebäudeprogramm zu profitieren. Das Treibhausgaseffizienzziel ­ bzw. die kumulierte Massnahmenwirkung ­ wird pro rata temporis abgeschlossen. Dies gilt auch, wenn der Dekarbonisierungsplan nicht innert dreier Jahre ab Beginn der Verminderungsverpflichtung eingereicht oder eine Zielvereinbarung am Ende ihrer Laufzeit von 10 Jahren nicht lückenlos ersetzt wird (Abs. 2). Wird eine Verminderungsverpflichtung vorzeitig beendet, kann der Betreiber für die Anlagen an diesem Standort zu einem späteren Zeitpunkt nicht erneut eine Verminderungsverpflichtung eingehen (Abs. 3).

Art. 31c

Ausführungsbestimmungen

Der Bundesrat regelt in der Verordnung die spezifischen Anforderungen an die Verminderungsverpflichtung und die Mindestinhalte des Dekarbonisierungsplans (Bst. a). Er kann bestehende Planungstools zur Dekarbonisierung zulassen, sofern diese die Anforderungen an die Mindestinhalte erfüllen. Das sind beispielsweise Anforderungen an die Vollständigkeit, den Detaillierungsgrad sowie die Form des Plans.

Zudem soll neben dem für die Verminderungsverpflichtung relevanten Zieljahr 2040 möglichst auch die Zeitspanne bis 2050 abgebildet werden.

Der Bundesrat regelt zudem die Abgrenzung der wirtschaftlichen Tätigkeit zu privaten und zu öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten (Bst. b). Er regelt auch, welche öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten zum Eingehen einer Verminderungsverpflichtung berechtigen (Bst. c). Vorgesehen sind vor allem Tätigkeiten, bei denen ein offensichtlicher Wettbewerb zu nicht öffentlich-rechtlichen Anbietern besteht wie der Betrieb von Bädern, Kunsteisbahnen, Spitälern, Alters- und Pflegeheimen. Der Bundesrat regelt die Art und den Umfang der Zielwerte (Bst. d). Neben Treibhausgaseffizienzzielen kann er für kleine Emittenten mit dem Massnahmenziel weiterhin ein vereinfachtes Befreiungsmodell vorsehen (Bst. e). Er regelt zudem, in welchen Fällen und in welchem Umfang nationale oder internationale Bescheinigungen an die Einhaltung der Verpflichtung angerechnet werden können (Bst. f).

Art. 32

Sanktionen

Betreiber von Anlagen, die in den Zeitspannen 2025­2030 oder 2031­2040 ihren Zielwert des Treibhausgaseffizienzziels ­ bzw. bei Kleinemittenten der kumulierten Massnahmenwirkung ­ nicht einhalten, müssen dem Bund pro zu viel emittierte Tonne CO2eq einen Betrag von 125 Franken entrichten (Bst. a) und im Jahr, das dem letzten Jahr der Zeitspanne oder der Verminderungsverpflichtung folgt, eine nationale

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oder internationale Bescheinigung abgeben (Bst. b). Wird der Dekarbonisierungsplan nicht eingehalten, erfolgt keine Sanktion.

3. Abschnitt: Rückerstattung der CO2-Abgabe an Betreiber von WKK-Anlagen, die weder am EHS teilnehmen noch eine Verminderungsverpflichtung eingegangen sind Art. 32a

Betreiber von WKK-Anlagen

Der Artikel soll materiell unverändert übernommen werden. Die Anpassungen sind begründet in der Aufhebung vom ursprünglichen Artikel 31a.

Betreiber von WKK-Anlagen, die weder am EHS teilnehmen noch eine Verminderungsverpflichtung eingegangen sind, erhalten auf Gesuch die Rückerstattung der CO2-Abgabe auf den Brennstoffen, die für die Stromproduktion eingesetzt wurden, zurückerstattet. Dies, sofern die WKK-Anlage auf die Erzeugung von Wärme ausgelegt ist (Abs. 1 Bst. a), die Feuerungswärmeleistung innerhalb einer bestimmten Bandbreite liegt (Bst. b) und die Mindestanforderungen eingehalten sind (Bst. c). Die Betreiber von WKK-Anlagen sind zur jährlichen Berichterstattung über die Menge der fossilen Brennstoffe und die getätigten Investitionen verpflichtet (Abs. 2). Der Bundesrat kann weitere Angaben verlangen, die für die Prüfung des Gesuchs auf Rückerstattung benötigt werden (Abs. 3). Er legt gemäss Absatz 4 Mindestanforderungen wie die Einhaltung der Luftreinhalte-Verordnung fest sowie die Bandbreite der Feuerungswärmeleistung. Diese liegt aktuell bei mindestens 0,5 MW und höchstens 20 MW (Art. 98a Abs. 1 CO2-Verordnung).

Art. 32b

Umfang der Rückerstattung

Der Artikel soll materiell unverändert übernommen werden. Die Anpassungen sind begründet in der Aufhebung vom ursprünglichen Artikel 31a.

In jedem Fall zurückerstattet werden 60 Prozent der CO2-Abgabe auf Brennstoffe, die für die Stromproduktion eingesetzt wurden (Abs. 1). Im Umfang der restlichen 40 Prozent der Rückerstattungssumme muss der Betreiber der WKK-Anlage Investitionen in Effizienzmassnahmen tätigen. Diese Massnahmen müssen die Energieeffizienz der eigenen Anlage oder in Anlagen, die aus der WKK-Anlage direkt Wärme oder Strom beziehen, steigern (Abs. 2). Das BAZG erstattet die bezahlte Abgabe zu 100 Prozent zurück. Wurden nicht genügend in Effizienzmassnahmen investiert, fordert das BAFU 40 Prozent der ausbezahlten Rückerstattungssumme zurück und verteilt sie gemäss Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a an Bevölkerung und Wirtschaft.

Der Bundesrat regelt die Einzelheiten zur geforderten Wirksamkeit und die Frist für die Massnahmen. Diese müssen aktuell innerhalb von drei Jahren umgesetzt werden, wobei die Frist um zwei Jahre erstreckt werden kann (Art. 98a Abs. 2 Bst. e und Abs. 3 CO2-Verordnung). Der Bundesrat regelt zudem die Berichterstattung (Bst. c).

Das Rückerstattungsgesuch muss neben einem Monitoringbericht den Herkunftsnachweis und die kantonale Bestätigung bzgl. Einhaltung der Luftreinhalte-Verordnung enthalten (Art. 98b CO2-Verordnung).

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6. Kapitel: Verwendung der Erträge Art. 33a

Grundsatz

Der neue Artikel 33a legt den Anteil der CO2-Abgabe fest, der für die Subventionstatbestände gemäss den Artikeln 34­35, namentlich die Verminderung der CO2Emissionen bei Gebäuden, die Förderung von erneuerbarer Energie und die Förderung von Technologien zur Verminderung der Treibhausgase, maximal zweckgebunden werden darf. Diese Teilzweckbindung soll befristet bis 2030 höchstens 49 Prozent (Abs. 1 Bst. a) und ab 2031 analog zu heute wiederum ein Drittel betragen.

Für das Gebäudeprogramm, die Geothermie, die Energieplanung und die Produktion erneuerbarer Gase wird innerhalb der Bundesrechnung eine Spezialfinanzierung (Spezialfinanzierung «Teilzweckbindung») geführt.

Werden die Mittel innerhalb der Spezialfinanzierung «Teilzweckbindung» in einem Jahr nicht vollständig ausgeschöpft, so verbleiben sie in deren Saldo (dieser schliesst auch Rückzahlungen von den Kantonen oder andere Rückflüsse ein). Auch berücksichtigt werden allfällige Schätzkorrekturen aus Differenzen zwischen budgetierten und tatsächlich vereinnahmten Erträgen der CO2-Abgabe. Die Mittel in Höhe des Saldos können in den nächsten Jahren für das Gebäudeprogramm, die Geothermie, die Energieplanung sowie die Produktion erneuerbarer Gase eingesetzt werden (Abs. 3).

Die Verwendung des Saldos erfolgt im Rahmen von Kreditüberschreitungen nach Artikel 36 Absatz 3 Bst. c des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 2005,93 die dem Parlament nachträglich zur Genehmigung unterbreitet werden, oder sie werden im Rahmen der Budgetierung eines Folgejahres berücksichtigt.

Der Saldo der Spezialfinanzierung «Teilzweckbindung» darf Ende Jahr 150 Millionen Franken nicht überschreiten (Abs. 2). Die diesen Betrag übersteigenden Mittel werden im Zeitpunkt des Rechnungsabschlusses aus der Spezialfinanzierung «Teilzweckbindung» in die Spezialfinanzierung «Rückverteilung» verschoben und im übernächsten Jahr an Bevölkerung und Wirtschaft verteilt (Art. 36 Abs. 1 Bst. c).

Vorbehalten bleiben die jährlichen Kreditanträge und -beschlüsse der zuständigen Organe des Bundes zu Voranschlag und Finanzplan.

Art. 34

Verminderung der CO2-Emissionen bei Gebäuden

Die bisherige Obergrenze für die dem Gebäudeprogramm zur Verfügung stehenden Mittel wird aufgehoben. Neu können den Kantonen die nach Berücksichtigung der übrigen Fördertatbestände verbleibenden zweckgebundenen CO2-Abgabeerträge als Globalbeiträge ausgerichtet werden.

Absatz 2 entspricht grösstenteils dem bisherigen Absatz 3 von Artikel 34. Einzig der Begriff «Ölheizungen» wird in den Anforderungen an die Programme der Kantone durch den breiteren Begriff «fossil betriebene Heizungen» ersetzt.

93

SR 611.0

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Der Bund kann weiterhin Projekte zur direkten Nutzung der Geothermie für die Wärmebereitstellung fördern. Diese Finanzhilfen werden künftig in Artikel 34a beschrieben, weshalb der bisherige Absatz 2 aufgehoben wird. Der heutige Absatz 4 wird ebenfalls aufgehoben, da die Verteilung der nicht ausgeschöpften Mittel aus der CO2Abgabe neu in Artikel 36 Absatz 1 geregelt wird.

Nach Absatz 3 regelt der Bundesrat die Einzelheiten.

Art. 34a

Förderung erneuerbarer Energien

Höchstens 45 Millionen Franken aus dem Ertrag der CO2-Abgabe werden jährlich zweckgebunden eingesetzt für Projekte zur Förderung erneuerbarer Energien, namentlich zur direkten Nutzung der Geothermie für die Wärmebereitstellung, für die kommunale und überkommunale räumliche Energieplanung zur Nutzung erneuerbarer Energien und Abwärme sowie für Anlagen zur Produktion erneuerbarer Gase. Zur Abwicklung wird mit einem einfachen Bundesbeschluss ein Verpflichtungskredit von insgesamt 270 Millionen Franken für die Jahre 2025­2030 beantragt (Art. 1 des Bundesbeschlusses über die Förderung von erneuerbaren Energien 2025­2030).

Die Förderung von Projekten zur direkten Nutzung der Geothermie für die Wärmebereitstellung entspricht dem bisherigen Artikel 34 Absatz 2 (Abs. 1 Bst. a). Anpassungen an der Ausgestaltung des Förderinstruments sind nicht vorgesehen.

Mit einer räumlichen Energieplanung können der Energiebedarf und das Potenzial an verschiedenen erneuerbaren Energien und der Nutzung von nicht vermeidbarer Abwärme ermittelt werden (Abs. 1 Bst. b).

Die Förderung richtet sich grundsätzlich an Gemeinden. Kantone werden ausnahmsweise gefördert, wenn die kommunale und die kantonale Energieplanung in einer Organisation zusammenfallen. Einen Beitrag können einzelne Gemeinden oder mehrere Gemeinden erhalten, die gemeinsam eine räumliche Energieplanung erstellen. Die Förderung läuft Ende 2030 aus.

Neu wird die Erstellung von Anlagen, die erneuerbare Gase produzieren, gefördert (Abs. 1 Bst. c). Vorrangig sollen Anlagen unterstützt werden, welche das Gas ins Netz einspeisen. Die Unterstützung erfolgt in Form von Investitionsbeiträgen. Vorgesehen ist, dass Anlagen, die Gas aus Biomasse erzeugen (Energie-Gewinnung) priorisiert werden gegenüber Anlagen, die Gas aus Strom erzeugen (Energieumwandlung, Power to Gas). So wird das für die Energieversorgung nutzbare Potenzial der Biomasse auch für die Produktion von erneuerbaren Gasen besser erschlossen. Heute wird nur die Verstromung gefördert (Art. 19 und 27 EnG). Übereinstimmend mit dem Vorschlag des Bundesrates vom 18. Juni 2021 für ein Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, diese Förderung der Verstromung Ende 2035 auslaufen zu lassen, ist auch die vorliegende Förderung bis Ende 2035 befristet.

Art. 35 Abs. 1 und 5 Der bewährte
Technologiefonds soll weitergeführt und ausgebaut werden. Die höchstmögliche Einlage in den Fonds beträgt gemäss Artikel 1 neu 35 statt bisher 25 Millionen Franken pro Jahr. Der bestehende unbefristete Verpflichtungskredit über 80 / 118

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500 Millionen für den Technologiefonds stützt sich auf Artikel 118 der CO2-Verordnung und soll mit dem Voranschlag für das Jahr 2025 entsprechend der Risikoexposition angemessen erhöht werden.

Mit dem neuen Absatz 5 sollen Risiken von Investitionen in den Neubau und Ausbau thermischer Netze und der dazugehörenden Wärmeerzeugungsanlage, die mit erneuerbaren Energien und Abwärme gespeist werden, neu abgesichert werden. Abgesichert werden soll der Schaden in Form einer Risikogarantie für den Fall einer nicht planbaren Einschränkung der Wärmebereitstellung (z.B. Wegfall einer Wärmeerzeugungsanlage) als auch des Wegfalls eines grösseren Wärmebezügers. Die Details werden in Ausführungsbestimmungen geregelt. Die Risikoabsicherung soll sowohl zeitlich also auch in der Höhe begrenzt werden, voraussichtlich auf maximal 20 Jahre und 50 Prozent des Schadensausmasses.

Art. 36 Abs. 1, 3 und 4 Absatz 1 wird auch aufgrund des neuen Artikels 33a redaktionell angepasst. Bevölkerung und Wirtschaft erhalten anteilsmässig den Ertrag der CO2-Abgabe zurückverteilt, der nicht zweckgebunden ist (Bst. b), der den Maximalbetrag von 150 Millionen Franken an nicht ausgeschöpften Fördermittel übersteigt (Bst. c) und den das BAFU bei WKK-Anlagen zurückfordern kann, wenn sie nicht genügend investiert haben (Bst. a). Mittel innerhalb der 150 Millionen, für die dauerhaft kein Bedarf besteht, werden ebenfalls in die Rückverteilung verschoben. Entsprechende Prüfungen werden alle 5 Jahre durchgeführt (Bst. d).

Der Anteil der Wirtschaft wird nicht mehr gemäss AHV-Lohnsumme, sondern neu gestützt auf die Lohnsumme, auf die die Arbeitgeber Beiträge nach Artikel 3 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 198294 an die Arbeitslosenversicherung bezahlen, rückverteilt (Abs. 3). Der versicherte Verdienst, auf den Beiträge bezahlt werden, ist bei aktuell 148 200 Franken plafoniert. Dadurch wird die Begünstigung von lohnintensiven Sektoren begrenzt. Infolge dieser Änderung erhalten Arbeitgeber für unselbstständige Erwerbstätige, die das ordentliche Rentenalter erreicht haben, sowie für in der Landwirtschaft mitarbeitende Familienmitglieder neu keine Rückverteilung aus dem Anteil der Wirtschaft mehr.

Betreiber von Anlagen mit einer Verminderungsverpflichtung sollen neu von der Verteilung der Erträge an die Wirtschaft nach Absatz 3
ausgeschlossen werden (Abs. 4).

Damit die Ausgleichskassen diesen Ausschluss von der Rückverteilung durchführen können, müssen die Betreiber über die AHV-Abrechnungsnummer von den Rückverteilungsberechtigten abgegrenzt werden können.

Art. 37a

Grenzüberschreitender Personenverkehr auf der Schiene

Im Umfang der Erlöse aus der Versteigerung von Emissionsrechten für Luftfahrzeugbetreiber kann der Bund den Ausbau des Angebotes an grenzüberschreitendem Personenverkehr auf der Schiene fördern (Abs. 1 und 2). Dazu gehören auch Nachtzüge,

94

SR 837.0

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die besser positioniert sind, um Flugreisen innerhalb von Europa zu substituieren. Kriterien für die Gewährung von Finanzhilfen sind die Dauerhaftigkeit der Angebote (Abs. 4 Bst. a) und die Verbesserung der Attraktivität für Reisende (Abs. 4 Bst. b).

Die Finanzhilfen sind auf 30 Millionen Franken pro Jahr beschränkt und können nur bis Ende 2030 gewährt werden (Abs. 3).

Zur Abwicklung wird mit einem einfachen Bundesbeschluss ein Verpflichtungskredit von insgesamt 180 Millionen Franken für die Jahre 2025­2030 beantragt (Art. 1 des Bundesbeschlusses über die Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene 2025­2030).

Der Bundesrat regelt nach Absatz 5 die Form und die Bedingungen in der Verordnung über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs vom 11. November 200995 (ARPV). Der jährliche Mittelbedarf hängt von den in den Gesuchen dargelegten Angeboten ab und richtet sich an deren Auslastung aus. Eine realistische Abschätzung des konkreten mittelfristigen Mittelbedarfes ist im heutigen Zeitpunkt nicht möglich.

Da der Beitragsrahmen pro Jahr durch den Umfang der Erträge aus der Versteigerung von Emissionsrechten für Luftfahrzeugbetreiber und das gesetzliche Maximum von 30 Millionen Franken beschränkt ist und die Gesuche aufgrund ihres Potenzials, CO2 einzusparen, priorisiert werden, ist eine weitergehende Konkretisierung des jährlichen Mittelbedarfes auf Stufe Gesetz nicht notwendig.

Art. 38

Berechnung des Ertrags aus der CO2-Abgabe

Neu sollen die Erträge aus der CO2-Abgabe nicht mehr verzinst werden.

Aufgrund der schwankenden Einnahmen aus den Sanktionen gemäss Artikel 37 wird der Vollzug der CO2-Vorschriften bei Fahrzeugen neu über die CO2-Abgabe entschädigt. Weiter wird der Aufwand für folgende bestehenden und neuen Vollzugsaufgaben hin aus der CO2-Abgabe entschädigt:

95

­

Erhebung, Rückverteilung und Rückerstattung der CO2-Abgabe;

­

Vollzug der Verminderungsverpflichtungen zur Befreiung von der CO2Abgabe und des Emissionshandels im stationären Sektor und im Luftverkehr;

­

Umsetzung des Technologiefonds inklusive der Absicherung von thermischen Netzen;

­

Umsetzung des Gebäudeprogramms auf Bundesebene;

­

Vollzug der Förderung der Geothermie;

­

Vollzug der Förderung von Anlagen für die Herstellung erneuerbarer Gase und synthetischer Flugtreibstoffe;

­

Koordination und Weiterentwicklung des Vollzugs der Förderung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge;

­

Umsetzung der Marktmechanismen gemäss Übereinkommen von Paris in der Schweiz;

SR 745.16

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­

Betrieb des nationalen Emissionshandelsregisters;

­

Abwicklung von Kompensationsprojekten in der Schweiz und im Ausland inklusive Abschluss bilateraler Verträge mit einzelnen Staaten;

­

Vollzug der Überführungspflicht über erneuerbare Treib- und Brennstoffe;

­

Vollzug der Pflicht zur Beimischung erneuerbarer Flugtreibstoffe;

­

Vollzug der CO2-Emissionsvorschriften für neue Fahrzeuge;

­

Durchsetzung der Sanktionen und Strafverfolgung;

­

Erfüllung der internationalen Verpflichtung zur Berichterstattung;

­

Koordination der Anpassungsmassnahmen und Bereitstellung von Grundlagen;

­

Vollzug der Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Information sowie der Aus- und Weiterbildung.

7. Kapitel: Vollzug und Förderung Art. 39 Abs. 3bis Gemäss der langfristigen Klimastrategie des Bundesrates und seinem Bericht vom 18. Mai 2022 zu CCS und NET müssen zukünftig bedeutende Mengen an CO2 an Anlagen abgeschieden, transportiert und dauerhaft gespeichert werden. Ergänzend muss CO2 dauerhaft aus der Luft entfernt werden, um das Netto-Null Ziel zu erreichen. Neben der dauerhaften Speicherung wird voraussichtlich auch die Speicherung von abgeschiedenem CO2 in kurzlebigen Produkten wie synthetischen Treibstoffen an Bedeutung gewinnen, etwa für die Luftfahrt.

Die Europäische Kommission hat in ihrer Kommunikation zu nachhaltigen Kohlenstoffzyklen vom Dezember 202196 angekündigt, dass per 2028 jede Tonnen CO2, die durch die Industrie abgeschieden, transportiert, genutzt und gespeichert wird, rapportiert und nachverfolgt werden soll. Diese Erfassung und Nachverfolgung wird aus Sicht der Kommission im Zusammenhang mit der Skalierung von CCS und NET nötig werden.

Die Schweizer Klimapolitik kennt bereits verschiedene Instrumente, die ein Monitoring der CO2-Emissionen vorsehen (bspw. Emissionshandel, Kompensationspflicht); das Monitoring ist jedoch zurzeit nicht oder nur teilweise auf CCS und NET oder die Speicherung in kurzlebigen Produkten ausgerichtet. Mit dem neuen Gesetzesartikel erhält der Bundesrat die Kompetenz, ergänzend zur Weiterentwicklung der Monitoringbestimmungen in den einzelnen Instrumenten, ein System zur allgemeinen Erfassung und Nachverfolgung von abgeschiedenem CO2 zu entwickeln. Mit einem solchen System soll der Ursprung des abgeschiedenen CO2 (fossil, biogen oder atmosphärisch) sowie dessen Transport, Verarbeitung, Speicherung und Nutzung nachvollzogen werden können. Damit kann der Bundesrat auf die Entwicklungen in der Schweiz und der EU rasch reagieren.

96

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Nachhaltige Kohlenstoffkreisläufe vom 15.12.2021, COM(2021) 800 final.

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Art. 40 Abs. 1 Bst. a Die Wirtschaftlichkeit einer Massnahme war und ist bei der Evaluation der klimapolitischen Massnahmen nach diesem Gesetz immer ein wichtiger Faktor. Mit der vorliegenden Änderung wird somit die bisherige Praxis auf Gesetzesebene festgehalten.

Art. 40b

Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten und Daten juristischer Personen

Am 25. September 2020 hat das Parlament das neue Datenschutzgesetz (DSG) verabschiedet.97 Das Gesetz wird voraussichtlich am 1. September 2023 in Kraft treten.

Juristische Personen werden von dem neuen DSG nicht mehr umfasst. Der Umgang mit Daten von juristischen Personen wird neu in den Artikeln 57r und 57s des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199798 geregelt. Um weiterhin sowohl die notwendigen Personendaten als auch die erforderlichen Daten von juristischen Personen bearbeiten und bekanntgeben zu können, wird Artikel 40b entsprechend angepasst. Nach Absatz 1 dürfen Personendaten und Daten juristischer Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Daten, bearbeitet und bekanntgegeben werden. Die Bekanntgabe erstreckt sich insbesondere auf den Austausch von Daten zwischen den Ämtern. Sie werden in Artikel 40c Absatz 4 spezifiziert. Absatz 2 regelt weiterhin die elektronische Aufbewahrung dieser Daten. Schliesslich wird der Bundesrat ­ wie bisher ­ ermächtigt, festzulegen, welche Kategorien von Daten bearbeitet und bekanntgegeben werden dürfen und wie lange diese Daten aufbewahrt werden müssen. Es werden lediglich Folgeanpassungen vorgenommen.

Art. 40c Abs. 4 Bst. a Die Abkürzung für das Bundesamt für Energie (BFE) wird neu in Artikel 12 Absatz 1 des Gesetzes eingeführt. Dementsprechend wird an dieser Stelle die Abkürzung verwendet.

Art. 40d

Überprüfung der klimabedingten finanziellen Risiken

Die Bestimmungen in Artikel 40d schliessen die gesamten «klimabedingten finanziellen Risiken» von Beaufsichtigten nach Artikel 3 Buchstabe a des Finanzmarktaufsichtgesetzes vom 22. Juni 200799 (FINMAG) ein. Der Ausdruck «klimabedingte finanzielle Risiken» in den Absätzen 1 und 2 beinhaltet die physischen Klimarisiken, also finanzielle Risiken, die sich beispielsweise als Folge von vermehrt auftretenden Unwettern oder Dürreperioden ergeben. Werden weltweit Massnahmen (z.B. eine CO2-Abgabe) ergriffen, die den Verbrauch fossiler Energien einschränken oder direkt verteuern, können betroffene Firmen an Wert verlieren. Diese sogenannten «Transitionsrisiken» sind ebenfalls enthalten. Wie bei allen Risikoarten erfolgt die FINMAAufsicht zu klimabedingten finanziellen Risiken risikoorientiert und nicht flächendeckend bei allen Beaufsichtigten mit derselben Intensität.

97 98 99

BBl 2020 7639 BBl 2020 7639 SR 956.1

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Für die regelmässige Berichterstattung gemäss Absatz 3 über diese Überprüfung zuhanden der Öffentlichkeit können bestehende Gefässe (beispielsweise Risikomonitor der FINMA und Finanzstabilitätsbericht der SNB) genutzt und bei Bedarf zusätzlich eigenständige Berichte verfasst werden.

Art. 41

Aus- und Weiterbildungen sowie Information

Bei der Totalrevision des CO2-Gesetzes war unbestritten, dass die Aus- und Weiterbildung von Personen, die Aufgaben nach diesem Gesetz wahrnehmen, zu eng gefasst ist. So werden bereits heute Entwicklungen von Berufen bzw. generell Aus- und Weiterbildungen gefördert, welche die Berufstätigkeit im Zusammenhang mit dem Klimaschutz thematisieren (Abs. 1). Ein Schwerpunkt wird dabei auf die berufliche Grund- und die höhere Berufsbildung gelegt. Die Kriterien für die Gewährung der Finanzhilfen legt der Bundesrat fest.

Auch die Information und Beratung der Öffentlichkeit soll neu nicht nur Massnahmen zur Verminderungen von Treibhausgasemissionen umfassen, sondern auch die Auswirkungen des Klimawandels und die Massnahmen zu deren Bewältigung (Abs. 2).

Art. 41a

Förderung von elektrischen Antriebstechnologien

Der Bund richtet bis 2030 bei konzessionierten Verkehrsangeboten gemäss PBG Finanzhilfen für die raschere Umrüstung auf elektrische Antriebstechnologien aus. Der Beitrag ist plafoniert auf jährlich 47 Millionen Franken (Abs. 1). Zur Abwicklung wird mit einem einfachen Bundesbeschluss ein Verpflichtungskredit von insgesamt 282 Millionen Franken für die Jahre 2025­2030 beantragt (Art. 1 des Bundesbeschlusses über die Förderung von elektrischen Antriebstechnologien 2025­2030).

Als elektrisch gelten Antriebstechnologien, die mit Elektrizität oder mit grünem Wasserstoff als Energiequelle ausschliesslich elektrisch funktionieren. Begrifflich fallen unter «Fahrzeuge» sowohl Strassenfahrzeuge (Busse) als auch Schiffe, ferner Eisenbahnfahrzeuge, die hier aber nicht relevant sind. Der Fördertatbestand umfasst ausdrücklich nur die Fahrzeuge. Neue elektrische Fahrzeuge können auch zu höheren Betriebskosten führen und sogar neue Infrastruktur erforderlich machen (z.B. Ladestationen). Soweit dies der Fall ist und sich dadurch die ungedeckten Kosten erhöhen, hat dies auch höhere Abgeltungen gemäss Art. 28 Abs. 1 PBG zur Folge.

Die Beitragssätze sind unterschiedlich: Für Strassenfahrzeuge, die im von Bund und Kantonen gemeinsam bestellten und abgegoltenen regionalen Personenverkehr eingesetzt werden, werden 75 Prozent der zusätzlichen Investitionskosten vom Bund getragen (Abs. 2 Bst. a). Dieser Beitragssatz stellt eine Ausnahme vom im regionalen Personenverkehr geltenden Grundsatz dar, wonach die ungedeckten Kosten der Verkehrsleistungen je hälftig durch den Bund und die Kantone getragen werden (Art. 28 Abs. 1 PBG). Diese zusätzlichen Investitionskosten für elektrische Antriebstechnologien werden unter Abzug aller weiteren kantonalen, kommunalen oder privaten Fördermittel berechnet. Die Differenz ergibt sich im Vergleich zu den hypothetischen Kosten, die beim Kauf neuer Diesel- oder Hybridfahrzeuge entstehen würden.

Es geht nicht nur um Ersatzbeschaffungen für abgeschriebene Dieselbusse, sondern auch um Neukäufe, die z.B. aufgrund zusätzlicher Verkehrsangebote nötig werden.

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Für Busse im Ortsverkehr und im übrigen konzessionierten Verkehr beträgt der Beitragssatz des Bundes 30 Prozent (Abs. 2 Bst. b). Dies ist zunächst eine Ausnahme vom Grundsatz, dass der Bund im Ortsverkehr keine Abgeltungen leistet (Art. 28 Abs. 2 PBG). Damit können aber auch Fahrzeuge des touristischen Verkehrs in den Genuss von Beiträgen kommen, wenn es sich um Busse im konzessionierten Verkehr ohne Erschliessungsfunktion handelt. Dies ist bei Reisecars für private Ausflugsfahrten etc. nicht der Fall. Die Schiffe fallen unter Buchstabe c, und bei den Eisenbahnen, Seil- und Zahnradbahnen des touristischen Verkehrs stellt sich die Frage nicht, da diese bereits elektrisch verkehren oder ­ im Fall der historischen Dampfzüge ­ nicht umzurüsten sind auf Elektroantrieb.

Ebenfalls 30 Prozent betragen die Beiträge bei den Schiffen im konzessionierten Verkehr (mit oder ohne Abgeltungen). Hier wird allerdings neben der Beschaffung von neuen Elektroschiffen auch die Umrüstung bestehender Schiffe auf elektrische Antriebstechnologien unterstützt (Abs. 2 Bst. c). Dies deshalb, weil die Nutzungsdauer von Schiffen wesentlich über derjenigen von Bussen liegt.

Abs. 3 regelt die nötigen Vereinfachungen: Während bei Bussen ein Pauschalwert festgelegt werden kann, ist dies bei den sehr unterschiedlichen Schiffen nicht möglich.

Abs. 4 gibt dem Bundesrat die erforderlichen Vollzugskompetenzen.

Art. 41b

Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge

Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge in Mehrparteiengebäuden, in Betrieben mit mehreren Arbeitsplätzen und auf öffentlichen Parkplätzen werden über die Jahre 2025­2030 insgesamt mit bis zu 180 Millionen Franken gefördert. Angestrebt wird ein möglichst schlanker Vollzug mit fixen Förderbeiträgen jeweils für Basisinfrastruktur und Ladestationen sowie einem Höchstbetrag pro Gesuch. Der Vollzug soll über die Kantone sichergestellt werden. Bei öffentlich zugänglichen Parkplätzen wird dieser Beitrag höher ausfallen müssen als in Mehrparteiengebäuden und in Betrieben.

Für die Umsetzung wird eine Spezialfinanzierung gemäss Artikel 53 des Finanzhaushaltgesetzes geführt. In den Jahren 2025­2030 werden für diesen Zweck gemäss Absatz 2 aus dem Reinertrag der Verbrauchssteuer auf Treibstoffen, der heute in den NAF fliesst, höchstens 30 Millionen Franken pro Jahr bereitgestellt. Werden die Mittel in einem Jahr nicht ausgeschöpft, wird der Saldo der Spezialfinanzierung gutgeschrieben. Er darf gemäss Absatz 3 im nächsten Jahr oder bis spätestens 2032 verwendet werden. Die bis Ende 2032 nicht ausgeschöpften Mittel werden dem NAF zugewiesen. Die Spezialfinanzierung darf sich zu keinem Zeitpunkt verschulden.

Zur Abwicklung wird ausserdem mit einem einfachen Bundesbeschluss ein Verpflichtungskredit von insgesamt 180 Millionen Franken für die Jahre 2025­2030 beantragt (Art. 1 des Bundesbeschlusses über die Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge 2025­2030).

Der Bundesrat regelt die Voraussetzungen für die Gewährung der Fördermittel und deren Bemessung (Abs. 4).

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8. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 44a

Übrige Widerhandlungen

Neu wird eine Strafbestimmung eingeführt. Sie betrifft die Ausstellung von Bescheinigungen im Zusammenhang mit der Erfüllung der Kompensationspflicht der Importeure fossiler Treibstoffe (Abs. 1 Bst. a), das EHS (Abs. 1 Bst. b) und die Berichterstattungspflichten im Zusammenhang mit dem EHS sowie den Massnahmen zu fossilen Treibstoffen (Abs. 1 Bst. c).

Im Fall der Kompensationsprojekte hat sich in der Vergangenheit ein mögliches Betrugspotenzial gezeigt, welches mit dem neuen Artikel eingedämmt werden soll. Zukünftig sollen mit dem Artikel 44a falsche Angaben bei der Gesuchstellung und beim Monitoring im Rahmen von Kompensationsprojekten und -programmen mit Busse geahndet werden können.

Im EHS sind insbesondere im Fall der Luftfahrt Strafbestimmungen notwendig, da die Luftfahrzeugbetreiber ­ im Gegensatz zu den Betreibern von stationären Anlagen ­ keinen Anreiz an einer Teilnahme am EHS haben und entsprechend die Pflichten nicht wahrnehmen. Sie bezahlen keine CO2-Abgabe auf Brennstoffe und sind daher auch nicht auf die Befreiung von der CO2-Abgabe als Gegenleistung zur Teilnahme am EHS angewiesen.

Für Teilnehmer am EHS sowie Personen, die kompensationspflichtig sind beziehungsweise die Treibstoffe für den Strassenverkehr in den steuerrechtlich freien Verkehr überführen und für Anbieter von Flugtreibstoffen und Betreiber von Luftfahrzeugen sind die Strafbestimmungen ein wirksames Mittel, um ihre Mitwirkungspflicht in der Berichterstattung gegenüber dem Bund durchzusetzen, und so die Umsetzung dieser Instrumente sicherzustellen.

Mit Absatz 1 können die vorsätzlich begangenen Widerhandlungen mit Busse bis zu 30 000 Franken bestraft werden. Absatz 2 stellt auch die fahrlässige Tatbegehung unter Strafe. Fahrlässig begangene Widerhandlungen können mit einer Busse von bis zu 10 000 Franken bestraft werden.

Art. 45 Abs. 2 Neu soll bei Falschangaben über Fahrzeuge im Rahmen der Emissionsvorschriften das BFE die verfolgende und urteilende Behörde sein (Abs. 2 Bst. b). Bei Widerhandlungen im Bereich der Kompensationspflicht, dem EHS, der Pflicht zur Inverkehrbringung von erneuerbaren Treibstoffen im Strassenverkehr und der Beimischpflicht bei Flugtreibstoffen ist neu das BAFU die verfolgende und urteilende Behörde (Abs. 2 Bst. c). Das BAZG ist für Fälle von Hinterziehung oder Gefährdung der CO2-Abgabe zuständig sowie für Widerhandlungen bei Steuererleichterungen für erneuerbare Treibstoffe nach dem MinöStG.

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9. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 48c

Übertragung nicht verwendeter Emissionsrechte, Emissionsminderungszertifikate und Bescheinigungen

Emissionsrechte nach Artikel 2 Absatz 3, die in den Jahren 2022­2024 nicht verwendet wurden, sollen unbeschränkt in den Zeitraum 2025­2030 übertragen werden können (Abs. 1). Emissionsminderungszertifikate nach Artikel 2 Absatz 4 sollen im Zeitraum 2025­2030 ebenfalls unbeschränkt im Emissionshandelsregister gehalten werden können. Dies unter dem Vorbehalt künftiger völkerrechtlicher Verträge (Abs. 2). Die Übertragbarkeit von Emissionsrechten in den Zeitraum nach 2030 wird im Folgegesetz geregelt. Bescheinigungen, die nach Artikel 6 und Artikel 7 in den Jahren 2022­2024 nicht verwendet wurden, können im Zeitraum 2025­2030 ebenfalls unbeschränkt im Emissionshandelsregister gehalten werden. Die verschiedenen Emissionsgutschriften werden von Privaten auf deren Konto im Emissionshandelsregister gehalten. Könnten sie ihr Guthaben nicht übertragen, käme dies einer Enteignung gleich. Die Bescheinigungen haben ausserdem letztlich die Konsumentinnen und Konsumenten über einen Preiszuschlag bei Treibstoffen bezahlt.

4.2

Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996

Art. 2 Abs. 3 Bst. d / Art. 2a / Art. 12b / Art. 12c / Art. 12d / Art. 12e / Art. 20a Im ganzen MinöStG wird «biogene Treibstoffe» durch «erneuerbare Treibstoffe» ersetzt. Damit wird der Wortlaut an Artikel 35d USG angeglichen.

Art. 12a / Art. 12b / Art. 12c / Art. 12d / Art. 20a / Anhang 1a Die Mineralölsteuererleichterung für segregierte erneuerbare Treibstoffe, Erd- und Flüssiggas soll bis Ende 2030 befristet weitergeführt werden.

Art. 12a

Steuererleichterung für Erdgas, Flüssiggas und erneuerbares Gas

Die Sachüberschrift von Artikel 12a wird präzisiert. Bisher sind Erd- und Flüssiggas explizit in der Überschrift genannt. Die Bestimmung erstreckt sich allerdings auch auf erneuerbares Gas. Um eine kohärente Formulierung zu garantieren, soll auch der Titel des Anhangs 1a entsprechend angepasst werden.

Art. 12e

Ertragsneutralität

Die Steuerausfälle aus der Steuererleichterung für segregierte erneuerbare Treibstoffe, Erd- und Flüssiggas werden mit höherer Besteuerung auf Benzin und Dieselöl bis spätestens Ende Dezember 2037 ausgeglichen (Abs. 1). Darunter fallen auch Steuerausfälle aufgrund der bestehenden Steuererleichterungen. Absatz 2 ist aktuell bis zum 31. Dezember 2028 befristet und wird mit dieser Vorlage bis 31. Dezember 2037 verlängert.

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4. Abschnitt: Steuerbefreiungen und Steuerrückerstattungen Art. 18 Abs. 1bis und 3bis Ab dem 1. Januar 2026 entfällt die Rückerstattung gemäss Artikel 18 Absatz 1bis MinöStG für fossile Treibstoffe, die vom Bund konzessionierte Transportunternehmungen verwenden. Damit sollen in Dieselbussen eingesetzte Treibstoffe besteuert werden, um Bussen mit elektrischen Antrieben rascher zum Durchbruch zu verhelfen.

Absatz 1bis wird auf 2026 entsprechend aufgehoben. Im Gegenzug werden aus dem allgemeinen Bundeshaushalt Mittel zur Förderung des Umstiegs auf Busse mit elektrischen Antrieben (vgl. Art. 41a CO2-Gesetz) bereitgestellt.

In Artikel 35d USG werden neu ökologische Anforderungen für die Inverkehrbringung erneuerbarer Brenn- und Treibstoffe festgelegt. In diesem Rahmen werden auch massenbilanzierte Brenn- und Treibstoffe für die Inverkehrbringung zugelassen. Gestützt auf Artikel 18 Absatz 3 MinöStG sollen neben Flugpetrol neu auch massenbilanzierte erneuerbare Flugtreibstoffe, die zum Testen von Flugtriebwerken auf dem Prüfstand verwendet werden, steuerlich begünstigt werden. Der vermehrte Einsatz von erneuerbaren Flugtreibstoffen in der Luftfahrt bedingt, dass diese Mischungen vorgängig auf Prüfständen an Flugtriebwerken getestet werden. Ohne die vorgeschlagene Steuerrückerstattung würde aktuell für erneuerbare Flugtreibstoffe, die zum Testen von Flugtriebwerken auf dem Prüfstand eingesetzt werden, ein Mineralölsteuersatz von 739.50 Franken je 1 000 Liter erhoben, bei fossilen Flugtreibstoffen jedoch ein begünstigter Steuersatz von 9.50 Franken. Der Bundesrat regelt dies auf Verordnungsstufe. Die Ausnahme in Artikel 18 Absatz 3bis für die Steuerrückerstattung von erneuerbaren Treibstoffen ist somit hinfällig; der Absatz 3bis wird aufgehoben.

4.3

Schwerverkehrsabgabegesetz vom 19. Dezember 1997

Art. 4 Abs. 1bis Die Befreiung von der LSVA ist momentan auf Stufe Verordnung geregelt. Sie ist heute unbefristet und gilt für Fahrzeuge mit ausschliesslich elektrischem Antrieb. Damit sind bereits heute Fahrzeuge, die batterieelektrisch oder mittels Wasserstoff elektrisch angetrieben werden, von der Abgabe befreit. Mit der Ergänzung in Artikel 4 Absatz 1bis wird die Befreiung bis 2030 auf Gesetzesstufe festgehalten und damit signalisiert, dass die Befreiung befristet ist.

Mit der Inkraftsetzung dieses Erlasses wird der Bundesrat die Bestimmungen zum gleichen Sachverhalt in der Schwerverkehrsabgabeverordnung (Art. 3 Abs. 1 Bst. j) streichen.

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4.4

Energiegesetz vom 30. September 2016

Art. 53 Abs. 2 erster Satz, Abs. 2bis und 3 Bst. a Die Änderungen betreffen die Finanzhilfen nach Artikel 49 Absatz 2 EnG, d.h. insbesondere die Finanzhilfen für Pilot- und Demonstrationsprojekte. Neu werden die Beitragssätze von 40 auf 50 Prozent erhöht (Abs. 2bis). Neu kann der Bund bis zur Hälfte des finanziellen Risikos von Pilot- und Demonstrationsprojekten übernehmen, damit neu entwickelte Technologien, die für die Umsetzung der Energie- und Klimapolitik nötig sind, den Sprung von der Forschung in den Markt schaffen.

Für Pilotprojekte, die technologisch weniger ausgereift sind und grössere technische und finanzielle Risiken beinhalten, kann der Beitragssatz neu ausnahmsweise 70 statt wie heute 60 Prozent betragen (ebenfalls Abs. 2bis). Voraussetzung dafür ist, dass der Bund ein besonderes Interesse an dem Projekt hat und das Kosten-Nutzen-Verhältnis vorteilhaft ist.

Die finanzielle Unterstützung für Pilot- und Demonstrationsprojekte soll sich auf jene Aspekte eines Projektes konzentrieren, für die aufgrund des innovativen Charakters ein besonderes Risiko besteht. Als anrechenbare Kosten gelten deshalb die nicht amortisierbaren Anteile der Kosten, die direkt im Zusammenhang mit der Entwicklung und Erprobung der innovativen Aspekte des Projektes stehen (Abs. 3 Bst. a).

Da die Finanzhilfen für Artikel 49 Absatz 2 neu in Absatz 2bis geregelt werden, muss in Absatz 2 der erste Satz angepasst werden: Neu wird hier auf die Artikel 47, 48 und 50 EnG verwiesen.

4.5

Luftfahrtgesetz vom 21. Dezember 1948

Art. 103b Für die Schaffung der gesetzlichen Basis zur Förderung der erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffe soll Artikel 103b des LFG revidiert werden. Entsprechende Massnahmen können mit höchstens 20 Millionen Franken pro Jahr aus dem Bundeshaushalt und jährlich zwischen 5 und 10 Millionen Franken aus Einnahmen von mineralölsteuerpflichtigen Flügen unterstützt werden. Die Schweiz verfügt in diesem Bereich über innovative Unternehmen und insgesamt einen guten Standortvorteil, der mit diesen Mitteln erhalten und ausgebaut werden soll. Absatz 1 bleibt ­ abgesehen von der Kann-Bestimmung ­ unverändert.

Absatz 2 nennt die Fördergegenstände, die sehr allgemein gehalten sind. Grundsätzlich sind alle möglichen Massnahmen zur Reduktion der Klimawirkung der Luftfahrt förderfähig, also etwa auch optimierte Flugverfahren, Wasserstoff- oder Elektro-Antriebe. Erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe haben zur Emissionsreduktion aus dem Luftfahrtsektor jedoch mittel- und langfristig das grösste Potenzial, verschiedene Initiativen aus dem Ausland (EU, USA) setzen ebenfalls auf diese Technologien. In Absatz 2 werden erneuerbare synthetische Treibstoffe deshalb speziell genannt. Zur Abwicklung wird mit einem einfachen Bundesbeschluss ein Verpflichtungskredit von insgesamt 150 Millionen Franken für die Jahre 2025­2029 beantragt (Art. 1 des Bundesbeschlusses über die Förderung von erneuerbaren Flugtreibstoffen 2025­2029).

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Für die Zeit nach 2029 ist diese Förderung im Rahmen der geplanten Revision des CO2-Gesetzes erneut zu evaluieren.

Absatz 3 nennt die Kriterien, welche besonders unterstützungswürdige Massnahmen auszeichnen. Die Kriterien sind nicht abschliessend und müssen nicht kumulativ erfüllt sein. Anzustreben ist eine langfristige, möglichst starke Verminderung von Treibhausgasemissionen im Luftverkehr. Im Zentrum der Förderung steht also die Entwicklung und Hochskalierung von Herstellungspfaden mit Technologie aus der Schweiz. Die Förderung priorisiert tendenziell eine kleinere Anzahl von «Gesamtprojekten», welche von Konsortien getragen werden, die alle Technologiebausteine des Herstellungspfads abdecken können. Solche Demonstrationsanlagen sollen, wenn immer möglich in der Schweiz umgesetzt werden. Da dies nicht in allen Fällen machbar ist, beispielsweise aufgrund der nicht ausreichenden Sonneneinstrahlung, wird in Absatz 3 erwähnt, dass die Förderung von Projekten auch im Ausland möglich ist.

Buchstaben a und b priorisieren Massnahmen mit einem langfristigen Horizont, insbesondere, da die Skalierung der Power to Liquid (PtL) und Sun to Liquid (StL) Technologien einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Buchstaben c­f zielen darauf ab, die Förderung von Massnahmen zu begünstigen, welche wirtschaftlich grosses Potenzial haben und in der Schweiz grosse Wertschöpfung generieren können. Letzteres ist auch bei einem Standort im Ausland realistisch und erstrebenswert.

Die Voraussetzungen und die Bemessung der Finanzhilfen wird auf Verordnungsstufe geregelt (Abs. 4). Massnahmen können je nach Erfüllung der Kriterien aus Absatz 3 mit einem Beitragssatz zwischen 40 und 80 Prozent unterstützt werden. Für erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe hat sich noch kein globaler Markt entwickelt. Der vergleichsweise hohe Beitragssatz von bis zu 80 Prozent wurde vor dem Hintergrund einer staatlichen Anschubfinanzierung festgelegt. Wie die international bisher ausbleibende Finanzierung von grösseren Projekten gezeigt hat, darf die Eigenleistung nicht zu hoch sein. Die Initialkosten für die Errichtung von Demonstrationsanlagen für die Herstellung von grösseren Mengen erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffen sind heute noch schwierig zu beziffern, dürften aber in den Bereich von 50­ 100 Millionen Franken zu liegen kommen. Aus
dem Verkauf der Produkte ist aus eigener Kraft noch kein wirtschaftlicher Betrieb solcher Anlagen möglich. Diese Anlagen ermöglichen erst das weitere Hochskalieren und damit einen wirtschaftlichen Betrieb von künftigen industriellen Produktionsanlagen. Das Kostenbeispiel zeigt, dass die Eigenleistung somit auch mit einem vergleichsweise geringen Anteil von 20 Prozent beträchtliche Beträge ausmacht.

4.6

Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983

Art. 7 Abs. 9 und 10 Biogene Brenn- und Treibstoffe werden neu in zwei Absätzen geregelt und durch die Begriffe «erneuerbare Treibstoffe» bzw. «erneuerbare Brennstoffe» ersetzt. Die Neuformulierung von Absatz 9 soll explizit zum Ausdruck bringen, dass nicht nur die Herstellung von Treibstoffen auf der Basis von Biomasse, sondern auch Treibstoffe ohne Verwendung von biogenen Ausgangsmaterialien wie synthetische Treibstoffe

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«erneuerbare Treibstoffe» sind. In diese Definition eingeschlossen sind auch erneuerbare und erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe.

Absatz 10 verdeutlicht, dass sowohl feste, flüssige als auch gasförmige Brennstoffe unter erneuerbare Brennstoffe erfasst sind, womit auch Holz oder Holzpellets miteingeschlossen sind.

Art. 35d Absatz 1 bestimmt, dass erneuerbare Brenn- und Treibstoffe nur in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie ökologischen Anforderungen entsprechen.

Absatz 2 schliesst die Inverkehrbringung von Brenn- und Treibstoffen aus, welche die Produktion von Nahrungsmitteln konkurrenzieren; entweder, weil sie aus Rohstoffen hergestellt werden, die als Nahrungs- oder Futtermittel eingesetzt werden können, oder weil sie zwar selbst keine Nahrungsmittel sind, aber auf Ackerflächen angebaut werden, welche somit nicht mehr für die Ernährungserzeugung bereitstehen. Davon ausgenommen sind massenbilanzierte erneuerbare Brenn- und Treibstoffe. Dies erleichtert insbesondere den Austausch mit der EU, da der Handel von erneuerbaren Brenn- und Treibstoffen in der EU auf einem Massenbilanzsystem nach Artikel 30 der Richtlinie (EU) 2018/2001 beruht. Dieses Massenbilanzsystem erlaubt es, Lieferungen von Rohstoffen oder erneuerbaren Treib- bzw. Brennstoffen mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitseigenschaften zu mischen. Mithilfe eines Zertifikates oder anderen Nachweises können die einzelnen Nachhaltigkeitseigenschaften den einzelnen Lieferungen zugeordnet werden. Wird ein Teil dieser gemischten Lieferung in die Schweiz überführt, wird auch ein entsprechendes Zertifikat oder ein entsprechender Nachweis mitgeliefert. Das Zertifikat oder der Nachweis belegt, dass für die physisch in die Schweiz überführte Lieferung die Nachhaltigkeitseigenschaften erbracht sind.

Bei der Massenbilanzierung handelt es sich also um ein Buchhaltungssystem, das es beispielsweise ermöglicht, einer solchen gemischten Lieferung erneuerbare Treibund Brennstoffe zu entnehmen, welche spezifische Nachhaltigkeitskriterien nach dem dazugehörigen Zertifikat oder dem dazugehörigem Nachweis erfüllen. Auf Verordnungsstufe wird der Bundesrat die Anforderungen an massenbilanzierte Brenn- und Treibstoffe in der Form ausgestalten, dass keine Anreize zur Produktion von Brennund Treibstoffen aus Nahrungs- und Futtermittel bzw. in Konkurrenz
zur Nahrungsmittelerzeugung geschaffen werden.

Absatz 3 beauftragt den Bundesrat, die ökologischen Anforderungen an erneuerbare Brenn- und Treibstoffe zu definieren. Diese Mindestanforderungen können je nach Verwendungszweck, wie beispielsweise für die Verwendung in der Luftfahrt, unterschiedlich streng sein. Der Bundesrat wird sich gemäss Absatz 3 bei der Formulierung von Anforderungen an internationale Regulierungen, insbesondere in der EU, anlehnen (vgl. Richtlinie (EU) 2018/2001). Dies, weil der Handel mit erneuerbaren Treibund Brennstoffen aufgrund der beschränkten Produktionskapazität in der Schweiz sowieso schon eng mit dem EU-Markt verknüpft ist.

Absatz 4 erlaubt es dem Bundesrat, Anforderungen für die Inverkehrbringung von nicht erneuerbaren Brenn- und Treibstoffen vorzusehen, die deutlich tiefere Treibhausgasemissionen verursachen als konventionelle Brenn- und Treibstoffe fossilen

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Ursprungs (sogenannte low carbon fuels, z.B. blauer Wasserstoff). Die Kann-Formulierung in Absatz 4 gewährt dem Bundesrat einen grösseren Spielraum bezüglich der Einführung solcher Anforderungen.

Absatz 5 erlaubt es dem Bundesrat vorzusehen, dass für Ethanol zu Brennzwecken (Bst. a) und geringe Mengen an erneuerbaren Treib- und Brennstoffen (Bst. b) die Anforderungen nach diesem Artikel nicht gelten. Erneuerbares Ethanol zu Brennzwecken soll aufgrund der vielen Qualitäten und Verwendungszwecke sowie aus vollzugstechnischen Überlegungen von den Anforderungen nach Absätzen 1 und 2 ausgeschlossen werden. Die Ausnahme für das Inverkehrbringen von geringen Mengen an erneuerbaren Treib- und Brennstoffen vereinfacht den Vollzug. Der Bundesrat legt die geringe Menge unter Berücksichtigung von bereits in anderen Verordnungen (z.B.

Mineralölpflichtlagerverordnung vom 10. Mai 2017100) definierten Mengen fest.

Schliesslich erlaubt der Artikel es dem Bundesrat, weitere Ausnahmen von den Anforderungen nach diesem Artikel vorzusehen, falls dies aus marktechnischen Gründen erforderlich wäre (Abs. 6). Die Kompetenz soll es ermöglichen, auf technische Hindernisse für den Import von Treibstoffen zu reagieren, wenn zum Beispiel auf dem europäischen Markt erneuerbare Additive standardmässig in fossilen Treibstoffen enthalten und keine Additive verfügbar sind, die den Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 des Artikels 35d entsprechen.

Art. 41 Abs. 1 Im Zusammenhang mit dem neuen Artikel 35d USG ist auch Artikel 41 USG entsprechend redaktionell anzupassen (neue Sachüberschrift von Art. 35d USG).

Art. 60 Abs. 1 Bst. s und t sowie Abs. 3 Im Zusammenhang mit dem neuen Artikel 35d wird eine neue Strafbestimmung für Widerhandlungen gegen Anforderungen für das Inverkehrbringen erneuerbarer Treibund Brennstoffe in Form zweier Vergehen in Artikel 60 eingefügt (Bst. s und t). Da es hierbei um eine Marktzulassung geht und die Widerhandlungen in der Regel durch Organe von Unternehmen begangen werden, ist ein hoher Strafrahmen gerechtfertigt.

Der Vollzug der Strafbestimmung zum Inverkehrbringen von erneuerbaren Treib- und Brennstoffen obliegt wie bisher dem BAZG (Abs. 3).

Art. 61a

Hinterziehung von Lenkungsabgaben

Artikel 61a USG ist (mit Ausnahme von Absatz 1) zurzeit bis Ende 2024 befristet und muss daher im Zusammenhang mit dem neuen Artikel 35d unbefristet verlängert bzw.

wieder eingefügt werden.

Das schweizerische Umweltstrafrecht ist in mehreren Gesetzen geregelt und über Jahrzehnte heterogen gewachsen. Die Strafbestimmungen in Bezug auf Lenkungsabgaben sollen mit der vorliegenden Revision mit dem CO2-Gesetz harmonisiert werden, welches die Hinterziehung und Gefährdung der CO2-Abgabe in zwei einzelnen Artikeln regelt.

100

SR 531.215.41

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In Artikel 61a USG wird neu ausschliesslich die Hinterziehung der Lenkungsabgabe nach Artikel 35a USG (flüchtige organische Verbindungen) geregelt. In Absatz 1 wird zwischen dem Tatbestand der Fahrlässigkeit und demjenigen des Vorsatzes unterschieden. Wer die Lenkungsabgabe hinterzieht, wird mit Busse bis zum Fünffachen der hinterzogenen Abgabe bestraft. Der Versuch bleibt strafbar (Abs. 2). Fahrlässige Hinterziehung wird mit Busse bis zum Dreifachen der hinterzogenen Abgabe bestraft (Abs. 3). Damit wird die Bestimmung mit dem CO2-Gesetz harmonisiert. Auch führt die fahrlässige Tatbegehung regelmässig zu einer tieferen Strafe, daher ist die Unterscheidung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit angebracht. Kann die Abgabe nicht eindeutig bestimmt werden, wird sie geschätzt (Abs. 4). Auch ist das BAZG weiterhin verfolgende und beurteilende Behörde (Abs. 5).

Art. 61b

Gefährdung von Lenkungsabgaben

In Artikel 61b USG wird neu die Gefährdung der Lenkungsabgabe im Zusammenhang mit der Abgabe nach Artikel 35a USG geregelt. Mit dem Erlass eines eigenständigen Artikels soll der Tatbestand der Gefährdung klarer definiert werden, was aufgrund des Bestimmtheitsgebots erforderlich ist. Insbesondere wird mithilfe einer Auflistung in Absatz 1 deutlich, was unter der Gefährdung zu verstehen ist. Eine vorsätzliche Gefährdung wird mit Busse bis zu 30 000 Franken bestraft; Fahrlässigkeit wird mit bis zu 10 000 Franken Busse bestraft (Art. 106 Abs. 1 StGB). Im Übrigen enthält die Bestimmung parallele Regelungen betreffend Versuch und Zuständigkeit wie Artikel 61a.

Art. 62 Abs. 2 Absatz 2 ist zurzeit bis Ende 2024 befristet und muss daher im Zusammenhang mit dem neuen Artikel 35d unbefristet verlängert bzw. wieder eingefügt werden.

4.7

Binnenmarktgesetz vom 6. Oktober 1995

Art. 2 Abs. 7 Analog zum Beschaffungsrecht (vgl. Art. 9 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 2019101 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) sowie Art. 9 der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen102 (IVöB)) soll auch im BGBM die Möglichkeit geschaffen werden, die Übertragung insbesondere von natürlichen Monopolen anders als via Ausschreibung auf Private übertragen zu können, z.B. im Rahmen von Konzessionsverfahren. Dies ist z.B. dann angebracht, wenn die Initiative für ein thermisches Netz von einem Privaten ausgeht, der an einem bestimmten Standort als einziger eine Wärmequelle und damit auch als einziger die Möglichkeit für den

101 102

SR 172.056.1 Interkantonales Organ für das öffentliche Beschaffungswesen (2020). Totalrevision der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB).

Musterbotschaft. Abrufbar unter: www.bpuk.ch > Konkordate > IVöB > IVöB 2019.

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Bau und Betrieb eines thermischen Netzes hat. Die aufgrund der anderslautenden Artikel 9 BöB und IVöB einerseits und Artikel 2 Absatz 7 BGBM andererseits entstandene Rechtsunsicherheit wird damit beseitigt.

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen

Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen dazu beitragen, dass die Schweiz ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 halbieren kann.

Der Verminderungsbedarf im Jahr 2030 beträgt somit rund 27 Millionen Tonnen CO2eq im Vergleich zu 1990. Die Verminderung soll in erster Linie innerhalb der Schweiz erfolgen. Die für die Einhaltung der international verbindlichen Reduktionsziele fehlenden Verminderungen müssen durch Massnahmen im Ausland erbracht werden.

Gemäss dem im April 2022 veröffentlichten Treibhausgasinventar lagen die Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 rund 19 Prozent unter dem Wert von 1990. Das Ziel für das Jahr 2020 wurde damit nur knapp verfehlt. Die COVID-19-Pandemie hat die Emissionsentwicklung im Jahr 2020 jedoch stark beeinflusst, insbesondere im Sektor Verkehr. Dies zeigt auch die Mitte Juli 2022 veröffentlichte CO2-Statistik. Die Emissionen aus Treibstoffen lagen im Jahr 2020 rund 5,5 Prozent unter dem Wert von 1990.

Im Durchschnitt der Jahre 2021­2030 müssen die Treibhausgasemissionen mindestens 35 Prozent gegenüber 1990 sinken. Aufgrund der Zielverfehlung für das Jahr 2020 und weil die durch das Parlament beschlossene Verlängerung des CO2Gesetzes bis 2024 nur eine relativ geringe Absenkung um 1,5 Prozent pro Jahr vorsieht, müssen die Emissionen später stärker abgesenkt werden und im Jahr 2030 voraussichtlich um wesentlich mehr als 50 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen.

Kumuliert über die Periode 2025­2030 sollten Verminderungen von rund 142 Millionen Tonnen CO2 erzielt werden.

Die notwendigen Verminderungen müssen unter anderem mit der Weiterführung der Massnahmen des bestehenden CO2-Gesetzes, den im vorliegenden Erlass vorgeschlagenen Verschärfungen bestehender Instrumente und zusätzlichen Massnahmen sowie mit allfälligen Massnahmen aus anderen klimarelevanten Bereichen (beispielsweise in der Energie- und Verkehrspolitik oder in der Landwirtschaft) realisiert werden.

Zudem leisten der technologische Fortschritt und freiwillige Anstrengungen einen Beitrag.

Im Gebäudebereich können die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent unter das Niveau von 1990 gesenkt werden. Dazu trägt neben den kantonalen Vorschriften und der CO2-Abgabe auf Brennstoffe die Weiterführung des Gebäudeprogramms bei. Das Gebäudeprogramm zielt primär darauf ab, energetische
Sanierungen, vorbildliche Ersatzneubauten und den Austausch fossiler Heizungen durch erneuerbare Heizsysteme zu fördern. Zudem können dank der Absicherung aus dem Technologiefonds die Versorgung mit erneuerbarer Wärme über thermische Netze ausgebaut und weitere Verminderungen im Gebäude- und Industriebereich erzielt werden.

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Im Sektor Verkehr bewirken insbesondere die aktuell rasch voranschreitende Elektrifizierung der Fahrzeugflotte und die Beimischung von erneuerbaren Treibstoffen bis 2030 eine Verminderung von 28 Prozent gegenüber 1990. Die Entwicklung wird getrieben durch die Verschärfung der CO2-Zielwerte für neue PW und LNF ab 2025 und 2030, die Einführung von CO2-Zielwerten für schwere Fahrzeuge ab 2025, die Unterstützung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge sowie die Verpflichtung, mindestens 5 Prozent der Verkehrsemissionen über erneuerbare Treibstoffe wie Bioethanol, Biodiesel, Biogas und synthetische Treibstoffe zu vermindern. Diese Quote entspricht einer Beimischung von etwa 141 Millionen Liter Bioethanol und 128 Millionen Liter Biodiesel. Dies liegt unter dem technischen Potenzial, das eine Beimischung von 5 Prozent Bioethanol zu Benzin und 7 Prozent Biodiesel zu Diesel erlauben würde. Die mit der Beimischquote für erneuerbare Flugtreibstoffe erzielten Verminderungen werden hingegen nicht an die Zielsetzungen angerechnet, soweit diese Treibstoffe im internationalen Luftverkehr eingesetzt werden. Die Unterstützung von elektrischen Bussen und Schiffen führt zu einer Absenkung der Emissionen im öffentlichen Verkehr und leistet somit einen Zielbeitrag. Die Weiterführung der Kompensationspflicht für die Importeure fossiler Treibstoffe bewirkt je ungefähr zu gleichen Teilen Verminderungen im Gebäude-, Verkehrs- und Industriesektor.

In der Industrie gehen die Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 voraussichtlich um 27 Prozent zurück. Längerfristig, d.h. über 2030 hinaus, schafft die vorgesehene Anrechnung der Abscheidung und Speicherung von CO2 starke Anreize für die Anwendung von CCS. Zudem soll neu eine Anrechnung negativer CO2-Emissionen aus der Abscheidung und Speicherung von biogenen CO2-Emissionen aus EHS-Anlagen im Rahmen von Kompensationsprojekten möglich sein. Bis 2030 dürfte die Wirkung dieser Massnahmen aber noch vernachlässigbar sein. Im Hinblick auf die Zielsetzung für 2050, die Treibhausgasemissionen auf Netto-Null abzusenken, sind die Regelungen aber von grosser Bedeutung. Die Abgabebefreiung mit Verminderungsverpflichtung stützt sich weiterhin in erster Linie auf die Umsetzung wirtschaftlicher Massnahmen. Die Verminderungsverpflichtungen bilden damit zu grossen Teilen den technologischen
Fortschritt ab, der durch die Referenzentwicklung abgedeckt ist. Die Vorgabe, dass die befreiten Unternehmen bis 2040 Massnahmen zum Ausstieg aus den fossilen Energien planen und umsetzen müssen, wird sich aber längerfristig positiv auf die Emissionsentwicklung auswirken. Auch die Wirkungen der Massnahmen zur Förderung der Innovation ­ namentlich jene der Weiterführung des Technologiefonds und der Verbesserung der Regelungen für Finanzhilfen für Pilot- und Demonstrationsprojekte ­ werden erst nach 2030 eine spürbare Wirkung entfalten. Sie haben primär unterstützenden Charakter und tragen dazu bei, innovative Technologien mittel- bis längerfristig zur Marktreife zu führen.

Die Emissionen in den übrigen Sektoren (Landwirtschaft, F-Gase, Abfall) sinken bis 2030 gegenüber 1990 um gut 16 Prozent. Insgesamt dürften die Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 im Inland somit rund 34 Prozent tiefer sein als im Jahr 1990. Die verbleibenden Emissionen in der Schweiz würden im Jahr 2030 demnach rund 35,6 Millionen Tonnen CO2eq betragen. Für die Zielerreichung im Jahr 2030 bzw. die Absenkung auf 27 Millionen Tonnen CO2eq sind daher zusätzlich 8,6 Millionen Tonnen CO2eq im Ausland nötig. Die kumulierte Verminderung im Inland über die Periode 2025­2030 beträgt verglichen mit dem Jahr 1990 99 Millionen Tonnen CO2eq. In Bezug auf das Durchschnittsziel von 35 Prozent werden somit ­ 96 / 118

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wiederum kumuliert über die Periode 2025­2030 ­ zusätzlich rund 43 Millionen Tonnen CO2eq benötigt.

Diese verbleibenden Reduktionsleistungen müssen mit Massnahmen im Ausland erbracht werden. Mit einem maximalen Kompensationsaufschlag von 5 Rappen pro Liter Treibstoff sowie unter der Annahme, dass die Kosten für Verminderungen im Ausland 35 Franken pro Tonne CO2eq betragen, liessen sich im Jahr 2030 knapp 6 Millionen Tonnen CO2eq der verbleibenden 8,6 Millionen Tonnen CO2eq kompensieren. Damit fehlen voraussichtlich 2,6 Millionen Tonnen CO2eq, um das Ziel für 2030 zu erreichen; dies entspricht bei Preisen von 35 Franken pro Tonne CO2eq einem Betrag von gut 90 Millionen Franken. Soll zusätzlich auch das Durchschnittsziel von minus 35 Prozent über die Periode 2021­2030 eingehalten werden, so beträgt die Ziellücke kumuliert über die Periode 2025­2030 rund 20 Millionen Tonnen CO2eq. Für eine Umsetzung innerhalb der Kompensationspflicht der Treibstoffimporteure wären für die Refinanzierung mehr als die gesetzlich zulässigen 5 Rappen pro Liter Treibstoff nötig. Entscheidend dafür, wie viel sie kompensieren können, ist daher der Preis pro Tonne CO2. Dieser ist mit vielen Unsicherheiten behaftet und schwankt in hohem Masse. Er kann je nach Annahme von 18 Franken bis zu 70 Franken pro Tonne CO2 reichen. Bei tiefen Preisen von 18 Franken könnten die kompensationspflichtigen Treibstoffimporteure die erforderlichen Verminderungen im Ausland beschaffen. Bei hohen Preisen von 70 Franken fehlen nach Berücksichtigung der Kompensationsleistung der Treibstoffimporteure gesamthaft 31,6 Millionen Tonnen CO2, was zu diesen Preisen einem Betrag von gut 2,2 Milliarden Franken entspricht.

Soll der Kompensationsaufschlag bei 5 Rappen belassen werden, müssten die notwendigen Mittel aus anderen Quellen bereitgestellt werden, wobei das Gesetz auch eine Finanzierung über den allgemeinen Bundeshaushalt ermöglichen würde.

5.2

Auswirkungen auf den Bund

Die Vorlage beinhaltet mehrere neue Fördertatbestände, die teilweise aus dem allgemeinen Bundeshaushalt und teilweise aus zweckgebunden Mittel finanziert werden sollen. Die Mittel (Sanktionen, CO2-Abgabe, Versteigerungserlöse aus der Luftfahrt) aus den verschiedenen klimapolitischen Instrumenten sollen grundsätzlich jenen Sektoren zugutekommen, aus denen die Mittel stammen oder zu denen die Verwendung der Mittel in einem direkten Konnex steht.

Die folgende Tabelle fasst die Fördertatbestände zusammen, die aus dem allgemeinen Bundeshaushalt, über Einnahmen aus der Mineralölsteuer (MinöSt) und aus den Versteigerungserlösen für Emissionsrechte aus der Luftfahrt finanziert werden sollen.

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Tabelle 3 Zusammenfassung der Fördertatbestände finanziert durch den allgemeinen Bundeshaushalt, die Einnahmen aus der Mineralölsteuer und aus der Versteigerung für Emissionsrechte aus der Luftfahrt Instrument

Max. Ausgaben in Mio. CHF pro Jahr

Finanzierung

Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene (Art. 37a CO2G)

max. 30

Bis 2030 befristet, finanziert über Zweckbindung der Erlöse aus der Versteigerung von Emissionsrechten aus der Luftfahrt

Unterstützung von Anlagen zur Herstellung von synthetischen Flugtreibstoffen (Art. 103b LFG)

ca. 25­30

Bis 2029 befristet, max. 20 Mio.

aus allg. Bundeshaushalt und 5­ 10 Mio. aus Einnahmen von mineralölsteuerpflichtigen Flügen

Umstellung auf elektrische Busse und Schiffe des öffentlichen Verkehrs (Art. 41a CO2G)

max. 47

Bis 2030 befristet, teilweise finanziert über Mehreinnahmen Mineralölsteuer

Förderung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge (Art. 41b CO2G)

ca. 30

Bis 2030 befristet, finanziert aus Reinertrag der Mineralölsteuer

Total

max. 132­137

Die Förderung von Anlagen zur Herstellung von synthetischen Flugtreibstoffen nach Artikel 103b LFG soll über einen neuen Verpflichtungskredit im Umfang von 150 Millionen Franken abgewickelt werden. Der allgemeine Bundeshaushalt wird dabei um maximal 20 Millionen Franken pro Jahr belastet.

Die Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs (befristet bis 2030) erfolgt aus den Erlösen aus der Versteigerung von Emissionsrechten aus der Luftfahrt.

Diese Mittel flossen bislang in den allgemeinen Bundeshaushalt. Zur Umsetzung wird ein neuer Verpflichtungskredit über 180 Millionen Franken beantragt.

Für die Förderung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen ausserhalb des regionalen Personenverkehrs (Art. 41a CO2-Gesetz) wird von einem maximalen Bundesbetrag von 84 Millionen Franken über die Jahre 2025­2030 ausgegangen. Eine Schätzung für elektrisch betriebene Schiffe ist schwierig, gesamthaft ist mit einem tiefen zweistelligen Millionenbetrag (oder rund 3 Millionen Franken pro Jahr) zu rechnen. Um für elektrisch betriebene Busse einen Bundesbeitrag von 75 Prozent an die zusätzlichen Investitionskosten nach Abzug von weiteren Fördermitteln zu gewähren werden bis zu 180 Millionen Franken benötigt. Pro Jahr erwachsen dem Bund für die Umstellung auf elektrische Busse und Schiffe des öffentlichen Verkehrs somit insgesamt höchstens 47 Millionen Franken. Für die Förderbeiträge soll ein Verpflichtungskredit über 282 Millionen Franken bis 2030 eingerichtet werden. Diesen Ausgaben stehen Mehreinnahmen des Bundes gegenüber, welche sich ab 2026 durch den Wegfall der Rückerstattung der Mineralölsteuer für Dieselbusse konzessionierter Verkehrsbetriebe ergeben. Zumindest zu Beginn dürften die Mehraufwände dadurch in etwa gedeckt werden.

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Für die Förderung der Ladestationen werden befristet bis 2030 Mittel aus dem Anteil der Mineralölsteuer verwendet, der gemäss Artikel 86 Absatz 2 Buchstabe f Bundesverfassung «in der Regel» in den NAF eingelegt wird. Der Mittelbedarf dürfte rund 30 Millionen Franken pro Jahr betragen. Der Wegfall dieser Einlage in den NAF hat keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags, der bei einer Unterschreitung des Fondsvermögens unter die Schwelle von 500 Millionen Franken eintreten würde; zu gering ist die Einlage im Vergleich zu den gemäss aktuellen Schätzungen rund 3 Milliarden Franken, welche im Schnitt der Jahre 2020­2040 jährlich in die Strassenverkehrsfinanzierung fliessen. Zudem können die jährlichen Schwankungen sowohl einnahme- als auch ausgabeseitig gross sein und mehrere hundert Millionen Franken pro Jahr betragen. Die Förderung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge soll über einen neu einzurichtenden Verpflichtungskredit über 180 Millionen abgewickelt werden. Die bis Ende 2032 nicht ausbezahlten Mittel fliessen zurück in den NAF.

Die anfallenden Steuerausfälle aus der weitergeführten Steuererleichterung für segregierte erneuerbare Treibstoffe, Erd- und Flüssiggas im Umfang von schätzungsweise 200 Millionen Franken pro Jahr werden bis spätestens Ende Dezember 2037 ausgeglichen.

Die folgende Tabelle fasst die Fördertatbestände zusammen, die aus dem zweckgebundenen Ertrag der CO2-Abgabe finanziert werden. Die für die einzelnen Förderinstrumente vorgesehenen Beträge soll der Bundesrat jeweils mit dem Voranschlag für das Folgejahr festlegen und unterliegen somit wie die Finanzhilfen in der obigen Tabelle der Budgethoheit des Parlaments.

Tabelle 4 Zusammenfassung der Fördertatbestände, die aus dem zweckgebundenen Ertrag der CO2-Abgabe finanziert werden.

Instrument

Ausgaben in Mio. CHF pro Jahr

Finanziert aus Zweckbindung CO2-Abgabe

Verminderung der CO2Emissionen bei Gebäuden (Gebäudeprogramm, Art. 34 Abs. 1 CO2G)

durchschnittlich ca. 470

Unbefristet

max. 45

Geothermie unbefristet, Energieplanung bis Ende 2030 befristet, erneuerbare Gase bis Ende 2035 befristet

Förderung von erneuerbarer Energie (Art. 34a CO2G)

Technologiefonds zur Finanzierung von Bürgschaften und zur Absicherung von Risiken (Art. 35 Abs. 1 CO2G)

max. 35

Unbefristet

Total

max. 550

Für die Förderungen im Gebäudebereich und den Technologiefonds sollen befristet bis 2030 maximal 49 Prozent der CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe zweckgebunden werden. Die Obergrenze von maximal einem Drittel, höchstens 450 Millionen 99 / 118

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Franken pro Jahr, für das Gebäudeprogramm wird aufgehoben. Hingegen sind die Verwendungszwecke Geothermie, Energieplanung, erneuerbare Gase und Technologiefonds gesetzlich plafoniert. Die verbleibenden Mittel fliessen in das Gebäudeprogramm, für das im Zeitraum 2025­2030 durchschnittlich rund 470 Millionen Franken pro Jahr zur Verfügung stehen dürfte. Insgesamt summieren sich damit die zweckgebundenen Mittel aus der CO2-Abgabe auf ca. 550 Millionen Franken pro Jahr. Die effektiv pro Jahr eingesetzten Mittel können von diesem Wert abweichen. Nicht ausgeschöpfte Mittel können im Umfang von bis zu 150 Millionen Franken auf die Folgejahre übertragen werden. Diesen Betrag übersteigende Mittel werden an Bevölkerung und Wirtschaft rückverteilt. Der Verwendungszweck Energieplanung ist bis Ende 2030 befristet, der Verwendungszweck erneuerbare Gase bis Ende 2035. Danach sollten ­ unter der Voraussetzung, dass die Kantone ihre Mustervorschriften konsequent umsetzen und kontinuierlich verschärfen ­ insbesondere Heizsysteme mit erneuerbaren Energien auch beim Ersatz von Wärmeerzeugungsanlagen zum Standard werden.

Für die Förderung der Geothermie, Energieplanung und erneuerbare Gase soll ein neuer Verpflichtungskredit über 270 Millionen Franken eingerichtet werden.

Der bestehende unbefristete Verpflichtungskredit über 500 Millionen für den Technologiefonds stützt sich auf Artikel 118 der CO2-Verordnung und soll mit dem Voranschlag für das Jahr 2025 entsprechend der Risikoexposition angemessen erhöht werden.

Wie gross der Einfluss dieser Vorlage auf die Mindereinnahmen bei der LSVA ist, lässt sich nicht mit Sicherheit beziffern. Dies hängt von der Diffusion der LKWs mit elektrischem Antrieb ab. Die Energieperspektiven 2050+ schätzen deren Marktanteil im Jahr 2030 auf 6,5 Prozent. Unter dieser Annahme würden die Bruttoeinnahmen der LSVA gegenüber heute schrittweise um bis zu 100 Millionen Franken pro Jahr auf 1,5 Milliarden Franken sinken. Davon entfallen zwei Drittel auf den Bund, ein Drittel auf die Kantone. Ein Grossteil dieser Ausfälle wäre allerdings mit den bestehenden Ausnahmebestimmungen auf Verordnungsstufe ohnehin eingetreten.

Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) als zentraler Treibstoffimporteur des Bundes ist auch weiterhin kompensationspflichtig. Gemäss
aktuellen Schätzungen ist mit Kosten von rund 50 Millionen Franken über die Jahre 2025­2030 auszugehen. Das VBS ist neu zudem auch zur Beimischung von erneuerbaren Flugtreibstoffen und zur Verminderung von mindestens 5 Prozent der CO2-Emissionen über erneuerbarer Treibstoffe im Strassenverkehr verpflichtet. Für die Erfüllung der Beimischquote ist mit Kosten von durchschnittlich rund 3,4 Millionen Franken pro Jahr zu rechnen, für die 5 Prozent an erneuerbaren Treibstoffe im Strassenverkehr dürften die durchschnittlichen Kosten rund 0,425 Millionen Franken pro Jahr betragen.

Für die Erreichung der Reduktionsziele der Schweiz dürfte voraussichtlich die Finanzierung zusätzlicher Massnahmen im Ausland notwendig werden. Zum heutigen Zeitpunkt kann noch nicht präzise abgeschätzt werden, welche Mengen im Ausland zu kompensieren wären. Unsicher ist zudem, wie die Preise für Kompensationsmassnahmen sich entwickeln. Aktuelle Prognosen variieren zwischen 18 und 70 Franken pro

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Tonne CO2. Diese Preise sind entscheidend dafür, welchen Zielbeitrag die Treibstoffimporteure innerhalb der maximal möglichen 5 Rappen leisten können. Je tiefer die Preise liegen, desto höhere Kompensationsleistungen sind mit den vorgesehenen 5 Rappen möglich. Vor diesem Hintergrund enthält die Vorlage eine Ventilklausel: sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass die erbrachte Kompensationsleistung der Treibstoffimporteure nicht ausreichend ist, um die Reduktionsziele der Schweiz zu erreichen, könnte der Bund die fehlenden Verminderungen finanzieren. Zu diesem Zweck wird der Bundesrat dem Parlament bei Bedarf in der zweiten Hälfte der 20er Jahre eine Botschaft vorlegen. Dann wird auch der konkrete Finanzierungsbedarf absehbar sein.

Die Förderung der Ladeinfrastruktur trägt zu einer weiteren Zunahme der Elektromobilität bei. Dadurch gehen die Einnahmen aus der Mineralölsteuer zurück. Dies wirkt sich negativ auf die Einnahmen der Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV), den NAF sowie den allgemeinen Bundeshaushalt aus. Diese Auswirkungen zeigen sich jedoch (in etwas geringerem Ausmass) auch ohne die Änderungen in dieser Vorlage, weil die Elektromobilität weiter zunimmt. Der Bundesrat hat deshalb, um diese Finanzierungslücke zu schliessen, bereits eine Konzeption für eine Ersatzabgabe für die Mineralölsteuer in Auftrag gegeben. Die Abgabe soll die Mineralölsteuer ersetzen und wird pro Kilometer erhoben. Die in Kraftsetzung ist für 2030 geplant.

Durch die Förderung von Ladeinfrastrukturen aus der Verbrauchssteuer auf Treibstoffen mit jährlich 30 Millionen Franken fehlen dem NAF im Zeitraum 2025­2030 die entsprechenden Einnahmen. Diese Einbusse ist im Vergleich zu den jährlichen Einlagen von rund 3 Milliarden Franken vernachlässigbar und führt weder bei Bund noch bei den Kantonen zu nennenswerten finanziellen Auswirkungen.

Generell gehen die Einnahmen aus der Mineralölsteuer insbesondere aufgrund der Elektrifizierung des Verkehrs allmählich zurück. Um die Verkehrsinfrastruktur dennoch finanzieren zu können, plant der Bundesrat eine Ersatzabgabe für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb.103 Die Vorlage hat beim Bund einen personellen Mehrbedarf zur Folge, der unter Vorbehalt der detaillierten Ausgestaltung und der Abstimmung mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative
wie folgt geschätzt wird: Für den Vollzug der neuen Förderinstrumente benötigt das BAV 1 Stelle (Art. 37a und 41a), das BFE 2 Stellen (Art. 34a und 41b) und das BAZL 1 Stelle (Art. 103b LFG). Die Erweiterung der CO2-Flottenziele auf schwere Fahrzeuge (Art. 10 Abs. 2) verursachen beim BFE einen Mehrbedarf von 1 Stelle, und die Beimischpflicht für erneuerbare Flugtreibstoffe beim BAFU 1 Stelle. Die Öffnung der Befreiung für alle Unternehmen (Art. 31) dürfte eine Verdoppelung der heutigen Verminderungsverpflichtungen zur Folge haben, was beim BAFU einen Mehrbedarf von 3 und beim BFE von 2 Stellen verursacht. Der Personalbedarf für die Zulassung erneuerbarer Treibstoffe nach dem USG (Art. 35) wird auf 3 Stellen beim BAFU geschätzt.

103

Bundesrat legt nächste Schritte zur nachhaltigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur fest. Abrufbar unter: www.uvek.admin.ch > Das UVEK > Medien > Medienmitteilungen.

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5.3

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Der Vollzug der Massnahmen der Vorlage obliegt in der Regel dem Bund. Für Kantone und Gemeinden ergeben sich keine nennenswerten neuen oder zusätzlichen administrativen Aufgaben.

Einige Massnahmen dürften Kantone oder Gemeinden dabei helfen, eigene Klimastrategien zu erarbeiten oder bereits gesetzte Ziele zu erreichen. Die grössten Hebel auf Kantons- und Gemeindeebene sind in der Regel die Wärmeversorgung und der Verkehr. Die Förderung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge spielt daher eine wichtige Rolle, weil sie die Ablösung von Fahrzeugen mit fossilem Antrieb begünstigt.

Die Unterstützung für elektrische Busse und Schiffe ermöglicht es Regionen, die bislang wenig von der Elektrifizierung im öffentlichen Verkehr profitieren konnten, nachzuziehen. Die zunehmende Elektrifizierung, sowohl im öffentlichen Verkehr wie auch im motorisierten Individualverkehr, führt zudem zu einer Abnahme der Emissionen von Lärm und von Luftschadstoffen, was sich positiv auf die Lebensqualität in Städten und Agglomerationen auswirkt. Im Bereich der Wärmeversorgung wirkt sich die Risikoabsicherung für thermische Netze und die Investitionsbeiträge für Hersteller von erneuerbaren Gasen positiv auf Kantone und Gemeinden aus, weil sie die Dekarbonisierung unterstützt und Investitionshemmnisse abbaut. Gleiches gilt für die neuen Fördermassnahmen im Gebäudebereich, die den Austausch fossiler Heizsysteme beschleunigen und den zielgerichteten Einsatz erneuerbarer Ressourcen begünstigen.

Mit der befristeten Unterstützung der räumlichen Energieplanung erhalten die Gemeinden stärkere Anreize, im Bereich der Energieversorgung vorausschauend zu planen und die Wärme- und Kälteversorgung auch überkommunal zu optimieren. Sie trägt zudem dazu bei, Fehlinvestitionen zu vermeiden und unerwünschte Lock-In-Effekte zu verhindern.

Der Bund übernimmt weiterhin eine koordinierende Rolle bei der Anpassung an den Klimawandel. Er sorgt insbesondere für die Beschaffung und Erarbeitung von Grundlagen, die die Kantone und Gemeinden dabei unterstützen, Massnahmen zu Anpassung an den Klimawandel und zur Vermeidung und Bewältigung klimabedingter Schäden zu ergreifen. Dies kommt primär Regionen zugute, die stark von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Dazu gehören einerseits dicht besiedelte Gebiete, anderseits aber auch Berg- und Randregionen.

5.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Mit der Halbierung ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990 erfüllt die Schweiz ihre Verpflichtungen unter dem Übereinkommen von Paris, und sie leistet einen Beitrag zu den weltweiten Anstrengungen zur Eindämmung des Klimawandels. Langjährige und systematische Beobachtungen des Klimasystems zeigen, dass die Schweiz überdurchschnittlich stark vom Klimawandel betroffen ist.

Die bodennahe Lufttemperatur hat zwischen der vorindustriellen Referenzperiode von 1871­1900 und den letzten 30 Jahren 1991­2020 um 2,1 Grad Celsius zugenommen ­ deutlich stärker als der weltweite Durchschnitt mit rund 1 Grad. Fehlendes oder 102 / 118

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nur ungenügendes Handeln hätte bereits bis 2050 sehr hohe Kosten zur Folge.104 Daher hat die Schweiz ein Interesse daran, dass die weltweiten Emissionen rasch sinken. Mit der vorliegenden Vorlage leistet die Schweiz einen Beitrag zu diesen Anstrengungen.

Die Vorlage setzt in erster Linie auf gezielte Anreize sowie auf Förderinstrumente.

Volkswirtschaftlich gesehen bietet der Übergang zu einer klimafreundlicheren Welt in diversen Branchen Wachstumschancen und Anreize für Innovationen, insbesondere für die Forschung und für Unternehmen im Cleantech-Bereich. Auch die IT-Branche, die mit digitalen Lösungen in diversen Bereichen zu Emissionsverminderungen beitragen kann, oder die Versicherungs- und Finanzwirtschaft dürften tendenziell profitieren. Ausserdem sinkt durch den Rückgang des fossilen Energieverbrauchs die Auslandabhängigkeit. Dies wirkt sich positiv auf die heimische Wertschöpfung im Energiesektor aus.

Als global bedeutender Finanzplatz kann die Schweiz zudem bei der im Übereinkommen von Paris geforderten klimaverträglichen Ausrichtung der Finanzflüsse eine wichtige Rolle spielen. Auch bei der Forschung und Entwicklung von Negativemissionstechnologien ist die Schweiz bereits sehr gut aufgestellt. Die vorgesehenen Massnahmen zur Innovationsförderung, insbesondere die Anpassungen im Bereich der Finanzhilfen für Pilot- und Demonstrationsprojekte zielen darauf ab, die vorhandenen Potenziale des Forschungs- und Innovationsstandorts Schweiz noch besser und zielgerichteter zu nutzen.

Gleichzeitig kann die Abkehr von den fossilen Energieträgern für die direkt betroffenen Branchen kurz- bis mittelfristig mit zusätzlichen Kosten verbunden sein. Treibhausgasintensive Güter, fossile Brenn- und Treibstoffe sowie ineffiziente Fahrzeuge werden künftig weniger nachgefragt. Das kann zu Ertragseinbussen in den betroffenen Branchen und zu strukturellen Veränderungen führen. Mit Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist indes nicht zu rechnen. Emissionsintensive Unternehmen nehmen am EHS teil und sind damit demselben regulatorischen Rahmen unterstellt wie ihre Konkurrenten in der EU. Zudem steht die Rückerstattung der CO2Abgabe für Betreiber mit Verminderungsverpflichtung künftig allen Branchen offen.

Zu beachten ist ausserdem, dass die wichtigsten Handelspartner der Schweiz bis 2030 und
auch darüber hinaus über mindestens so ambitionierte Klimaziele wie die Schweiz verfügen.

Die Auswirkungen der verschiedenen Massnahmen wurden mit Hilfe eines «QuickChecks» beurteilt. Die wichtigsten Erkenntnisse sind nachfolgend beschrieben.

Die CO2-Abgabe wird in unveränderter Form weitergeführt. Sie enthält mit der teilweisen Rückverteilung auf pro-Kopf-Basis wie bis anhin einen Mechanismus, der mögliche negative Verteilungswirkungen für einkommensschwächere Haushalte zu einem grossen Teil auffängt. Aufgrund der sinkenden CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen ist aber davon auszugehen, dass die Einnahmen aus der CO2-Abgabe abnehmen und die Beträge, die an Haushalte und Wirtschaft zurückfliessen, sinken

104

Bericht des Bundesrates vom 27. Januar 2021 über die langfristige Klimastrategie der Schweiz. Abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Klima > Fachinformationen > Ziele der Klimapolitik > Verminderungsziele > Ziel 2050 > Klimastrategie 2050.

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werden. Die Rückverteilungsbeträge sinken auch infolge der erhöhten Teilzweckbindung.105 Anderseits führen nicht-fossile Heizsysteme zu tieferen Energiekosten, und Hauseigentümer profitieren nach energetischen Sanierungen von Wertsteigerungen ihrer Liegenschaften.

Das bestehende Gebäudeprogramm wird weitergeführt. Weiter werden Massnahmen wie die Förderung der direkten Nutzung von Geothermie, die Energieplanung der Gemeinden und die Risikoabsicherung für den Bau von thermischen Netzen mit finanziellen Mitteln unterstützt. Zwischen 2025 und 2030 könnten Bund und Kantone für die Gebäudesanierung und den Umstieg auf klimafreundliche Heizungsanlagen gesamthaft rund 3,9 Milliarden Franken bereitstellen. Davon profitieren Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer, aber auch Mieterinnen und Mieter, die Baubranche sowie Schweizer KMU und das lokale Gewerbe.

Im Verkehrssektor schaffen die CO2-Vorschriften für Personenwagen, für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper sowie für schwere Nutzfahrzeuge Anreize für den vermehrten Import emissionsärmerer Fahrzeuge. Mit effizienteren Fahrzeugen sinken die Ausgaben für den Treibstoff. Je nach Marktverlauf ­ bzw. je nach Flottenanpassung durch die Importeure ­ führen die Emissionsvorschriften maximal zu einem durchschnittlichen jährlichen Sanktionsertrag im zweistelligen bis tiefen dreistelligen Millionenbereich. Kosten in Form von Umsatz- bzw. Margenverlusten können zudem entstehen, wenn zur Zieleinhaltung das Geschäftsmodell bzw. die Flotte der verkauften Fahrzeuge angepasst werden muss. Importeure, deren Herstellermarken bereits auf effiziente Antriebe fokussieren, haben zumindest in einer Übergangszeit einen Vorteil bei der Einhaltung der Zielwerte und damit im Wettbewerb am Fahrzeugmarkt. Das ist so beabsichtigt.

Der im bestehenden CO2-Gesetz festgehaltene maximale Kompensationsaufschlag von 5 Rappen pro Liter Treibstoff bleibt unverändert. Im Rahmen dieses Aufschlags können die Treibstoffimporteure ihre Kompensationskosten finanzieren. Der tatsächliche Benzin- oder Dieselpreis an der Tanksäule hängt von der jeweiligen Marktsituation ab. So können Treibstoffpreise in grenznahen Gebieten tendenziell tiefer sein, weil die Tankstellen einem stärkeren Preisdruck ausgesetzt sind.

Importeure haben neu die Wahlfreiheit, segregierte oder massenbilanzierte erneuerbare
Treibstoffe einzuführen. Das Inverkehrbringen segregierter erneuerbarer Treibstoffe wird heute steuerlich begünstigt, weil sie weniger Treibhausgase ausstossen als fossile Treibstoffe. Die dadurch entstehenden Mindereinnahmen bei der Mineralölsteuer müssen durch eine Erhöhung der Steuersätze auf Benzin und Diesel ausgeglichen werden. Aufgrund der Frist bis Ende 2037 ist keine erneute Satzerhöhung nötig.

Im Luftverkehr werden die Beimischquote und die Förderung der synthetischen Flugtreibstoffe dazu beitragen, den Innovations- und Forschungsstandort der Schweiz zu stärken. Damit setzt die Schweiz auch auf ein zukunftsträchtiges Exportprodukt, das von den Fluggesellschaften gefragt sein wird. Für die Flugbranche dürfte die Beimischquote zu leicht höheren Treibstoffkosten führen. Da die Regelung identisch ist

105

Im Jahr 2022 werden pro Person 88.20 Franken zurückverteilt. Würde die maximale Teilzweckbindung von 49 Prozent ausgeschöpft, vermindert sich der Betrag auf 67.50 Franken.

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mit jener in der EU und alle aus der Schweiz abgehenden Flüge gleichermassen betroffen sind, entsteht für die einheimischen Betreiber von Luftfahrzeugen kein Wettbewerbsnachteil. Für die Konsumenten dürften bis 2030 keine spürbaren Mehrkosten entstehen. Dies einerseits, weil die geforderten Anteile an erneuerbaren Treibstoffen bis 2030 noch gering sind, und anderseits, weil die europäische Konkurrenz denselben Vorgaben unterstellt ist. Die Mehrkosten werden nur teilweise auf das Flugticket überwälzt.

Für die Umstellung auf klimafreundliche Antriebstechnologien im öffentlichen Verkehr könnten zusätzliche Investitionskosten anfallen. Der Bund wird aber einen wesentlichen Teil der Mehrkosten übernehmen. Für die Nutzer des öffentlichen Verkehrs sind deshalb keine spürbaren Mehrkosten zu erwarten. Die Finanzhilfen zur Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene beeinflussen den Wettbewerb im Reiseverkehr zwischen Bahn und Luftverkehr. Mit der Förderung des internationalen Schienenpersonenverkehrs können günstigere Nachtzugverbindungen angeboten und attraktive Alternativen zur Kurzstreckenflügen bereitgestellt werden.

Die Aufhebung der Rückerstattung der Mineralölsteuer führt für die Transportunternehmen zu einer finanziellen Mehrbelastung. Diese Mehrbelastung sinkt, je schneller die Transportunternehmen auf klimafreundliche Transportmittel setzen. Die Rückerstattung belief sich vor der COVID-19-Pandemie für den Ortsverkehr und den regionalen Personenverkehr auf 78 Millionen Franken.

Um die infolge der wegfallenden Rückerstattung der Mineralölsteuer höheren Betriebskosten auszugleichen, sind verschiedene Optionen denkbar. In Frage kommen Kosteneinsparungen durch eine Effizienzsteigerung bei den Unternehmen selber, erhöhte Abgeltungen durch die Besteller des Orts- und des regionalen Personenverkehrs oder Mehreinnahmen durch eine Steigerung der Auslastung oder als letzte Massnahme eine Anpassung der Ticketpreise. Dabei gilt es zu beachten, dass die Rückerstattung der Mineralölsteuer durch die bereits jetzt laufende Elektrifizierung der Busflotten immer mehr an Bedeutung verlieren wird. Zudem erlauben die im Vergleich zu konventionellen Dieselbussen geringeren Betriebskosten von Elektrobussen teilweise eine Kompensation der höheren Anschaffungs- und Infrastrukturkosten.
Betreiber mit einer Verminderungsverpflichtung müssen neu aufzeigen, wie sie bis 2040 weitestgehend ohne fossile Brennstoffe auskommen können. Die bisher geforderten wirtschaftlichen Massnahmen als Gegenleistung für die Abgabebefreiung reichen nicht aus, um 2050 das Ziel von Netto-Null zu erreichen. Die Betreiber von Anlagen erhalten mit der neuen Regelung ein langfristiges Signal, dass die Befreiung von der CO2-Abgabe Ende 2040 endet. So müssen sie bei Investitionsentscheidungen berücksichtigen, dass sie nach 2040 CO2-abgabepflichtig sind und somit innovative, CO2-neutrale Varianten attraktiver sind als das Investieren in fossile Lösungen. Für Unternehmen, die am EHS teilnehmen, schaffen die vorgesehenen Anpassungen insbesondere Anreize für Investitionen in Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2. Die Hochskalierung dieser Technologien ist mittel- bis längerfristig ein Schlüssel zur Erreichung des Netto-Null-Ziels im Jahr 2050.

Der bestellte öffentliche Verkehr wird in der Schweiz etwa zu 50 Prozent mit Mitteln der öffentlichen Hand finanziert. Für den regionalen Personenverkehr betragen diese öffentlichen Mittel, welche zu 50 Prozent von Kantonen und 50 Prozent Bund getragen werden, gut 2 Milliarden Franken pro Jahr.

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In Bezug auf die Regulierungskosten führen die Massnahmen des vorliegenden Erlasses zu keinen oder nur zu geringen Zusatzlasten. Bei den Anbietern von Flugtreibstoffen kommt es zu einem administrativen Mehraufwand auf Grund der vorgesehenen Berichtserstattungspflicht. Bei den Flugzeugbetreibern ergibt sich ebenfalls ein administrativer Mehraufwand (falls eine Reportingpflicht vorgesehen wird). Da die Beimischquote in der EU mit einem detaillierten Monitoring der Flugzeugbetreiber eingeführt wird, können Synergien genutzt werden. Der Mehraufwand für die Flugzeugbetreiber gegenüber den Pflichten in der EU ist marginal. Die Überführungspflicht für erneuerbare Treibstoffe im Strassenverkehr führt zu geringeren Regulierungskosten.

Die Überführungspflicht ist weniger aufwändig im Vollzug, weil die erneuerbaren Treibstoffe direkt angerechnet werden und nicht über handelbare nationale Bescheinigungen, die das BAFU für CO2-Kompensationsprojekte ausstellt.

Die Massnahmen des vorliegenden Erlasses dürften bis 2030 zu einer leicht höheren Stromnachfrage führen, wobei sich zwei gegenläufige Effekte zeigen. Im Verkehr und bei der Bereitstellung von Raumwärme steigt der Strombedarf aufgrund der Zunahme der Elektromobilität bzw. von Wärmepumpen. In der Industrie und im Dienstleistungssektor geht der Strombedarf durch die verstärkte Umsetzung von Effizienzmassnahmen hingegen tendenziell zurück. In der Summe dürfte bis 2030 ein leichter Zuwachs verbleiben. Das Szenario ZERO Basis der Energieperspektiven 2050+ (welches eine Entwicklung in Richtung Netto-Null-Emissionen bis 2050 vorgibt, die Massnahmen des vorliegenden Erlasses aber nicht modelliert) geht von einem Mehrbedarf von rund 8 PJ im Jahr 2030 gegenüber 2019 aus. Für die Deckung des zusätzlichen Strombedarfs ist unter anderem ein verstärkter Zubau von erneuerbarer inländischer Stromproduktion nötig. Die Rahmenbedingungen dafür hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 18. Juni 2021106 zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien dargelegt. Mit dieser Vorlage, die eine Revision des EnG und des Stromversorgungsgesetzes beinhaltet, will er den Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien sowie die Versorgungssicherheit der Schweiz stärken, insbesondere auch für den Winter.

5.5

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels haben eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Sie tragen dazu bei, die Folgen des Klimawandels abzumindern und verhindern somit, dass künftige Generationen zusätzliche Kosten tragen müssen, die sie nicht selbst verursacht haben. Die Kosten des Nichthandelns bei ungebremster oder nur ungenügend eingedämmter Klimaerwärmung nehmen längerfristig stark zu.

Entschlossenes Handeln ist daher auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit notwendig und angebracht und entspricht letztlich auch dem Verursacherprinzip.

Ein verstärkter Klimaschutz soll überdies die Interessen künftiger Generationen bewahren. Die Vorlage fördert deshalb die Solidarität unter den Generationen, indem sie dazu beiträgt, den globalen Klimawandel abzubremsen, und dazu, dass rationell, 106

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sparsam und effizient mit erneuerbaren und nicht erneuerbaren natürlichen Ressourcen umgegangen wird und Umweltrisiken reduziert werden.

5.6

Auswirkungen auf die Umwelt

Massnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen vermindern als positiven Nebeneffekt schädliche Auswirkungen auf andere Umweltbereiche. So trägt die Abkehr von fossilen Brenn- und Treibstoffen auch zu einer Verminderung der Luftschadstoffemissionen bei. Die Luftverschmutzung verursacht in der Schweiz Schäden in Milliardenhöhe, indem sie die Gesundheit, die Biodiversität, Gebäude, Böden, Ernten oder Wälder beeinträchtigt. Im Jahr 2018 verursachte die Luftverschmutzung in der Schweiz z.B. rund 7 Milliarden Franken an Gesundheitsschäden (oder 2 300 frühzeitige Todesfälle ­ siehe Indikator Luft).107 Der Ersatz von fossilen Brenn- und Treibstoffen durch schadstofffreie Energien gleichzeitig führt zu einer Reduktion von Luftschadstoffen wie Stickoxid, Kohlenmonoxid, Feinstaub und Ozon. Dadurch reduzieren sich luftverschmutzungsbedingte Erkrankungen, Todesfälle und Gesundheitskosten, aber auch Schäden an Gebäuden. Bei der Verbrennung von Biomasse lässt sich nur dann eine positive Bilanz bei der Luftqualität aufweisen, wenn sie in Anlagen mit geringem Feinstaubausstoss erfolgt. Gemäss Berechnungen des Bundesamtes für Raumentwicklung beziffern sich die heutigen externen Effekte im Verkehr durch Luftverschmutzung auf 4,2 Milliarden Franken, durch Lärmemissionen auf 2,8 Milliarden Franken und durch Schäden an Natur und Landschaft auf 1,2 Milliarden Franken.108 Die Massnahmen im Verkehrsbereich tragen dazu bei, die schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt zu vermindern und die externen Kosten zu reduzieren.

Weitere umweltrelevante Sekundäreffekte von Klimaschutzmassnahmen sind Auswirkungen auf die Lärmemissionen, die Bodenqualität oder die Biodiversität. Besonders gross sind die Überschneidungen mit dem Bereich Biodiversität, wie ein Bericht der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz verdeutlicht.109 Massnahmen gegen den Klimawandel tragen auch dazu bei, den Biodiversitätsverlust zu bremsen und das Aussterben bedrohter Tier- und Pflanzenarten zu verhindern. Umgekehrt verbessert der Erhalt der biologischen Vielfalt die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel.

Massnahmen gegen den Klimawandel und gegen den Biodiversitätsverlust unterstützen sich also gegenseitig.

107

Gesundheitsschäden durch Luftverschmutzung. Abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Luft > Daten, Indikatoren und Karten > Indikatoren > Indikator Luft.

108 Bundesamt für Raumentwicklung (2021): Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz. Strassen-, Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr 2018. Abrufbar unter: www.are.admin.ch > Mobilität > Grundlagen und Daten.

109 Guisan A, Huggel C, Seneviratne SI, Steinberger J (2022): Trendwende Klima und Biodiversität. Parlament trifft Wissenschaft, Swiss Academies Communications 17(6).

Abrufbar unter: www.akademien-schweiz.ch > Publikationen > Swiss Academies Series.

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6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die verfassungsmässige Grundlage für die Vorlage bilden im Wesentlichen die Artikel 74 (Umweltschutz) und 89 (Energiepolitik) der Bundesverfassung (BV). Artikel 74 BV verpflichtet den Bund, Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen zu erlassen.

Artikel 89 Absatz 3 BV verpflichtet den Bund insbesondere, Vorschriften über den Energieverbrauch von Anlagen, Fahrzeugen und Geräten zu erlassen. Dabei muss er die Entwicklung von Energietechniken fördern, insbesondere in den Bereichen des Energiesparens und der erneuerbaren Energien.

Die Vorlage betrifft insbesondere auch die Artikel 85 (Schwerverkehrsabgabe), 87 (Eisenbahnen und weitere Verkehrsträger), 87b (Verwendung von Abgaben für Aufgaben und Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Luftverkehr) und 131 Absatz 1 Buchstaben d und e sowie Absatz 2 (Besondere Verbrauchssteuern) der BV.

Der Bund verfügt in diesen Bereichen jeweils über eine umfassende Gesetzgebungskompetenz.

Die Vorlage strebt die Eindämmung der Klimaänderung an, welche eine schädliche oder lästige Einwirkung im Sinne von Artikel 74 BV darstellt. Gestützt auf den Umweltartikel kann der Bund alle verhältnismässigen Massnahmen zur Erreichung des verfassungsmässigen Ziels des Umweltschutzes treffen. Dazu gehört die Erhebung von Lenkungsabgaben wie der CO2-Abgabe. Die Teilzweckbindung der Erträge dieser Abgabe für das Gebäudeprogramm, für die Förderung der Geothermie, für die räumliche Energieplanung, für Anlagen zur Produktion von erneuerbaren Gasen und für den Technologiefonds ist insofern als verfassungsmässig zu betrachten, als sie die Erreichung des Lenkungsziels (Verminderung der CO2-Emissionen) unterstützt und nur den kleineren Teil des Abgabeertrags (49 Prozent) betrifft. Der grössere Teil des Ertrags (51 Prozent) wird wie bisher an die Bevölkerung und an die Wirtschaft rückverteilt. Die CO2-Abgabe wird ihre Lenkungswirkung demnach weiterhin primär durch die Abgabeerhebung entfalten.110 Das Bundesamt für Justiz vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die Teilzweckbindung aus verfassungsrechtlichen Gründen einen Drittel nicht übersteigen darf. Ist sie höher, so steht nicht mehr die Lenkung durch die Verteuerung des Abgabeobjekts im Vordergrund, sondern das Generieren zusätzlicher Mittel. Das ist hier der Fall,
sieht der Gesetzesentwurf doch keine Verteuerung des Abgabeobjekts vor ­ der Abgabesatz bleibt bei 120 Franken pro Tonne CO2 ­, sondern lediglich eine Erhöhung der Teilzweckbindung, womit mehr als 200 Millionen Franken zusätzlicher Mittel generiert werden sollen. Im Vordergrund des Gesetzesentwurfs steht somit ein fiskalischer Zweck. Die CO2-Abgabe verliert dadurch ihren Charakter als Lenkungsabgabe und wird zu einer Brennstoffsteuer nach Artikel 131 Absatz 1 Buchstabe e BV. Als Brennstoffsteuer muss sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Steuern genügen, wozu insbesondere der Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung gehört (Art. 127 Abs. 2 BV). Sie muss damit, so wie die Mineralölsteuer auf Benzin und 110

In der Lehre ist umstritten, ob Teilzweckbindungen von Lenkungsabgaben überhaupt zulässig sind; vgl. dazu René Wiederkehr, Sonderabgaben, in: recht 2017, Heft 1 S. 43, 52 f.

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Diesel, grundsätzlich von allen Verbrauchern bezahlt werden. Die Rückerstattung an Betreiber von EHS-Anlagen oder mit Verminderungsverpflichtung verletzt diesen Grundsatz, wenn die CO2-Abgabe nicht mehr als Lenkungsabgabe, sondern als Steuer erhoben wird.

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bereits das geltende Recht eine höhere Teilzweckbindung von rund 36 Prozent vorsieht und das Parlament bei der Flugticketabgabe im Rahmen der Beratungen zum vom Volk abgelehnten CO2-Gesetz eine Teilzweckbindung von 49 Prozent als verfassungsmässig zulässig erachtete.

Die Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge dient der Vermeidung von CO2-Emissionen, weshalb dem Bund eine solche Förderkompetenz gestützt auf Artikel 74 BV zukommt. Artikel 86 Absatz 2 Buchstabe f BV sieht mit seiner in-derRegel Formulierung explizit vor, dass bis zu 10 Prozent der an sich in den NAF einzulegenden Mittel für andere Zweckbindungen, die im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr stehen, verwendet werden können. Die Bestimmung stellt aber ausreichend klar, dass Mittel, die im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr stehen, nur mittels eines referendumsfähigen Erlasses für diese Zwecke eingesetzt werden können, was vorliegend der Fall sein wird.111 Ausserdem werden die dem NAF zuzuweisenden Mittel aus der Mineralölsteuer und dem Mineralölsteuerzuschlag durch die Mittelverwendung für Ladeinfrastrukturen nur in geringem Umfang verringert, zumal der maximale jährliche Förderbetrag von 30 Millionen Franken rund 1,4 Prozent des Ertrags der dem NAF zugewiesenen Verbrauchssteuer auf Treibstoffen ausmacht. Die gesetzlich vorgesehene Finanzierung der Ladeinfrastrukturförderung mit diesen Mitteln ist somit zulässig.

Die Pflicht der Treibstoffimporteure nach Artikel 28f, einen Teil der CO2-Emissionen, die bei der energetischen Nutzung der fossilen Treibstoffe entstehen werden, durch die Überführung erneuerbarer Treibstoffe in den steuerrechtlich freien Verkehr zu vermindern, sowie die Pflicht nach Artikel 28j, wonach die Anbieter von Flugtreibstoffen und die Betreiber von Luftfahrzeugen dem in der Schweiz zur Betankung verkauften Flugpetrol beziehungsweise dem für den Eigenverbrauch importierten Flugpetrol einen bestimmten Anteil an erneuerbaren Flugtreibstoffen beimischen müssen, sind mit der Wirtschaftsfreiheit nach Artikel
27 BV vereinbar. Es gibt keine Diskriminierung zwischen den verschiedenen Produzenten von erneuerbaren Treibstoffen.

Insbesondere können die Importeure von fossilen Treibstoffen unbeschränkt erneuerbare Treibstoffe aus dem Ausland einführen. Sie sind nicht verpflichtet, einen Teil aus dem Inland zu beziehen.

Die Befreiung von Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb ist bereits seit 2001 auf Verordnungsstufe vorgesehen und soll noch bis Ende 2030 weiterlaufen112. Eine solche zeitliche befristete Befreiung ist gerechtfertigt, da Fahrzeugen mit elektrischen Antrieben gegenüber konventionellen Dieselfahrzeugen im Betrieb deutliche Vorteile im Bereich der CO2-Emissionen, der Feinstaubbelastung, des Lärms und der NOx-Emissionen aufweisen. Nach Auffassung des Bundesamts für Justiz ist demgegenüber die 111

Botschaft zur Schaffung eines Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds, zur Schliessung der Finanzierungslücke und zum Strategischen Entwicklungsprogramm Nationalstrassen (NAF-Botschaft), BBl 2015 2152.

112 SR 641.811 Schwerverkehrsabgabeverordnung, Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe j.

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vollständige Befreiung von der LSVA von Fahrzeugen, die elektrisch angetrieben werden, nicht mit Artikel 85 Absatz 1 BV vereinbar, da auch diese Fahrzeuge der Allgemeinheit Kosten verursachen, die nicht durch andere Leistungen oder Abgaben gedeckt sind, so z.B. in Bezug auf die Staukosten.

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. So wird insbesondere das Abkommen mit der EU über die Verknüpfung der Emissionshandelssysteme berücksichtigt.

6.3

Erlassform

Gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV erlässt die Bundesversammlung alle wichtigen rechtssetzenden Normen in der Form des Bundesgesetzes.

Gemäss Artikel 163 Absatz 2 BV und Artikel 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002113 ist für die vorliegenden Verpflichtungskredite die Form des einfachen Bundesbeschlusses vorgesehen. Diese unterstehen somit nicht dem Referendum.

6.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte. Demzufolge sind die Artikel 33a, 34, 34a, 35, 37a, 41a, 41b des CO2-Gesetzes sowie Artikel 103b des LFG der Ausgabenbremse zu unterstellen.

Ebenfalls der Ausgabenbremse unterstehen die Bundesbeschlüsse über die Förderung von elektrischen Antriebstechnologien 2025­2030 (Art. 1), über die Förderung von erneuerbaren Energien 2025­2030 (Art. 1), über die Förderung von erneuerbaren Flugtreibstoffen 2025­2029 (Art. 1), über die Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene 2025­2030 (Art. 1) und über die Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge 2025­2030 (Art. 1).

113

SR 171.10

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6.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Die vorgeschlagenen Bestimmungen setzen bei den betroffenen Akteuren Anreize, ihre Treibhausgasemissionen zu senken. Die CO2-Abgabe wirkt über eine Verteuerung der fossilen Brennstoffe, die Investitionen in alternative Technologien rentabler machen, und der Emissionshandel über eine kontinuierliche Verminderung der verfügbaren Emissionsrechte. In der Wahl der letztlich ergriffenen Massnahmen ist die Privatwirtschaft letztlich frei. Ebenso steht es den kompensationspflichtigen Treibstoffimporteuren offen, in allen Sektoren und in einem beschränkten Umfang auch im Ausland Projekte zu realisieren. Geregelt ist nur die Menge an Verminderungen. Für die Erfüllung der Überführungspflicht im Strassenverkehr und der Beimischpflicht im Flugverkehr sind alle erneuerbaren Treibstoffe zulässig, die bestimmte minimale Anforderungen erfüllen. Das Angebot an Finanzhilfen richtet sich an Akteure, die freiwillig einen Beitrag leisten wollen. Die finanziellen Mittel stammen aus demjenigen Sektor, in dem die Förderung jeweils wirken soll.

6.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Nach Artikel 5 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990114 muss der Bundesrat die vom Bund gewährten Finanzhilfen und Abgeltungen periodisch prüfen. In seinem Subventionsbericht von 2008 hat der Bundesrat den Grundsatz aufgestellt, dass er Subventionen, deren Rechtsgrundlage innerhalb des Prüfzeitraums neu geschaffen oder revidiert wird, im Rahmen der dazugehörigen Botschaft systematisch überprüft.

Dies erfolgt mit der vorliegenden Botschaft. Dabei wurde geprüft, ob Finanzhilfen und Abgeltungen durch ein Bundesinteresse hinreichend begründet sind, ob sie ihren Zweck auf wirtschaftliche und wirkungsvolle Art erreichen und ob sie einheitlich und gerecht geleistet werden. Zudem ist zu prüfen, ob die Finanzhilfen und Abgeltungen in ihrer Ausgestaltung den finanzpolitischen Erfordernissen Rechnung tragen und ob sie einer sinnvollen Aufgaben- und Lastenverteilung zwischen Bund und Kantonen entsprechen.

Bei sämtlichen vorgesehenen Subventionen würden die jeweiligen Massnahmen ohne Subvention entweder nicht oder aber zu langsam umgesetzt, um die notwendige und gewünschte Dekarbonisierung voranzutreiben. Sie sind daher hinreichend begründet.

Der Bundesrat wird die Ausführungsbestimmungen so auszugestalten haben, dass die Subventionen insbesondere die beste Wirkung erbringen. Da sich Technologien und Märkte entwickeln, müssen diese Bestimmungen gegebenenfalls zügig angepasst werden können, weshalb sich die Regelung dieser Fragen auf Stufe Verordnung rechtfertigt.

Der Erlassentwurf sieht folgende neue Subventionen vor: ­

114

Artikel 34a: Die Förderung von kommunaler und überkommunaler räumlicher Energieplanung zur Nutzung erneuerbarer Energien und Abwärme sowie die Förderung von Anlagen zur Produktion von erneuerbaren Gasen; SR 616.1

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­

Artikel 35 Absatz 5: Die finanzielle Absicherung durch den Bund von Investitionen in den Neu- und Ausbau thermischer Netze und der dazugehörenden Wärmeerzeugungsanlage, die mit erneuerbaren Energien und Abwärme gespeist werden;

­

Artikel 37a: Die Förderung von Grenzüberschreitendem Personenverkehr auf der Schiene;

­

Artikel 41a: Die Förderung von CO2-neutralen, erneuerbaren Antriebstechnologien;

­

Artikel 41b: Die Förderung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge.

Von der CO2-Abgabe fliessen schätzungsweise 470 Millionen Franken in das bestehende Gebäudeprogramm. Der Vollzug des Gebäudeprogramms obliegt den Kantonen, die dafür über die Globalbeiträge in Abhängigkeit der gesprochenen und als Bundesanteil anrechenbaren Förderbeiträge entschädigt werden. Der Gebäudesektor ist mit über einem Viertel der Treibhausgasemissionen der Schweiz ein gewichtiger Emittent. Der Heizungsersatz im Rahmen des Gebäudeprogramms kann in den nächsten Jahren weiterhin einen substantiellen Anteil an der Verminderung der Treibhausgasemissionen leisten.

6.7

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage enthält verschiedene Delegationsnormen, welche dem Bundesrat neu Rechtssetzungsbefugnisse auf Verordnungsstufe übertragen. Die in der Vorlage enthaltenen Delegationsbestimmungen im MinöStG sind nicht neu; sie werden lediglich neu befristet. Daher werden zu diesen Bestimmungen keine Ausführungen gemacht.

Delegationen von Rechtsetzungsbefugnissen, die über die allgemeine Vollzugskompetenz hinausgehen, sind in folgenden Artikeln enthalten:

6.7.1 Art. 3

CO2-Gesetz vom 23. Dezember 2011 Reduktionsziele

Artikel 3 regelt die Reduktionsziele. Nach Absatz 2 bestimmt der Bundesrat den in der Schweiz zu erbringenden Anteil der Verminderung von Treibhausgasen. Durch diese Festlegung ergibt sich im Umkehrschluss auch der Anteil der im Ausland zu erbringenden Verminderung. Nach Absatz 3 kann der Bundesrat Reduktions- und Zwischenziele für einzelne Sektoren oder im Einvernehmen mit den betroffenen Kreisen auch Reduktionsziele für einzelne Wirtschaftszweige auf dem Weg zur Erreichung des Verminderungsziels festlegen. Das Gesetz delegiert diese Kompetenz an den Bundesrat, damit dieser für die Bestimmung der Ziele und Zwischenziele kurzfristige Entwicklungen und den technologischen Fortschritt berücksichtigen kann.

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Art. 3a

Massgebende Treibhausgasemissionen

Nach Artikel 3a Absatz 1 bezeichnet der Bundesrat die Treibhausgase, die für die Erreichung der Reduktionsziele massgebend sind. Diese Delegationsbestimmung ermöglicht dem Bundesrat, auf Entwicklungen des internationalen Klimaregimes zu reagieren. Der Bundesrat legt weiter fest, in welchem Umfang Emissionsrechte von Staaten oder Staatengemeinschaften mit vom Bundesrat anerkannten EHS, insbesondere dem EU EHS, an das Reduktionsziel angerechnet werden (Abs. 3). Dieser Umfang ist insbesondere abhängig von der Menge der verfügbaren Emissionsrechte im Schweizer EHS und kann heute nicht abschliessend beziffert werden.

Art. 6

Internationale Bescheinigungen

Nach Artikel 6 legt der Bundesrat die konkreten Anforderungen an die Ausstellung von internationalen Bescheinigungen fest (Abs. 1). Dabei beachtet er einerseits, dass nur Emissionsverminderungen und Erhöhungen der Senkenleistung angerechnet werden, wenn sie ohne die Unterstützung der Schweiz nicht zustande gekommen wären (Abs. 2 Bst. a). Andererseits müssen die Anforderungen den internationalen Regeln, namentlich das Übereinkommen von Paris, betreffend die nachhaltige Entwicklung und die sozialen und ökologischen Folgen entsprechen (Bst. b). Im Übrigen kann der Bundesrat Einschränkungen bei der Anrechnung von Erhöhungen der Senkenleistungen vorsehen, sofern die dauerhafte Speicherung nicht gewährleistet werden kann (Abs. 3 Bst. a). Die in Glasgow beschlossenen Umsetzungsbestimmungen können durch den Abzug eines kleinen Teils der ausgestellten internationalen Bescheinigungen berücksichtigt werden (Abs. 3 Bst. b). Diese Delegationsnorm entlastet das Parlament und erlaubt es, rasch auf die Bedürfnisse der Privatwirtschaft und technische Entwicklungen im Zusammenhang der Speicherung von Kohlenstoff reagieren zu können.

Art. 7

Nationale Bescheinigungen

Um die nationalen Kompensationsprojekte möglichst nahe an den internationalen Regeln ausrichten zu können, soll der Bundesrat auf Verordnungsstufe die Anforderungen an die Ausstellung von nationalen Bescheinigungen festlegen können.

Art. 8a

Ausnahmen für die Gesamtverteidigung

Gestützt auf Artikel 8a kann der Bundesrat Ausnahmen von Bestimmungen des CO2Gesetzes für militärische oder zivile Verteidigungsmassnahmen auf dem Verordnungsweg festlegen, wenn dies aus Gründen der militärischen oder zivilen Verteidigung notwendig ist. Ebenso kann der Bundesrat gestützt auf das Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung Ausnahmen für die Pflicht zur Überführung und Beimischung erneuerbarer Treibstoffe vorsehen, wenn im Fall einer schweren Mangellage Treib- und Brennstoffe aus den Pflichtlagern ausgelagert werden.

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Art. 9

Technische Massnahmen zur Verminderung der CO2-Emissionen bei Gebäuden

Nach Artikel 9 Absatz 3 regelt der Bundesrat die einzutragenden Angaben, welche die Baubewilligungsbehörden bei Neubauten oder bei Ersatz der Wärmeerzeugungsanlagen für Heizung und Warmwasser in Altbauten in das eidgenössische Gebäudeund Wohnungsregister nach Artikel 10 Absatz 3bis des Bundesstatistikgesetzes eintragen.

Art. 10

Zielwerte

Nach Artikel 10 Absatz 3 kann der Bundesrat wie bisher Zwischenziele vorsehen. Absatz 4 überträgt ihm unter Berücksichtigung der Vorschriften in der EU die Kompetenz, die Fahrzeuge zu definieren, für welche die Zielwerte gelten, und die Methode vorzugeben, welche für die CO2-Messung anzuwenden ist. Diese Rechtsetzungsbefugnisse bestehen bereits unter dem geltenden CO2-Gesetz. Nach Absatz 5 kann der Bundesrat neu geeignete Massnahmen treffen, falls die Abweichung zwischen den Emissionen gemäss der anwendbaren Messmethode und jenen im realen Fahrbetrieb zunimmt. Er beobachtet hierfür die Entwicklung der CO2-Emissionen im realen Fahrbetrieb.

Art. 11

Individuelle Zielvorgabe

Der Bundesrat legt nach Artikel 11 Absätze 2 und 3 eine Berechnungsmethode fest, nach der für jeden Importeur oder Hersteller von Fahrzeugen die individuelle Zielvorgabe berechnet wird. Bei der Festlegung der Berechnungsmethode berücksichtigt der Bundesrat insbesondere die Eigenschaften der Fahrzeuge in der Neuwagenflotte, wie die Masse oder die Standfläche sowie die Vorschriften der Europäischen Union. Diese Rechtsetzungskompetenzen bestehen bereits unter dem geltenden CO2-Gesetz.

Art. 12

Berechnung der individuellen Zielvorgabe und der durchschnittlichen CO2-Emissionen

Gemäss Artikel 12 Absatz 2 legt der Bundesrat wie bisher fest, welche Angaben die Importeure oder Hersteller von Fahrzeugen machen müssen. Er legt insbesondere die Quellen für die Bestimmung der Fahrzeugdaten fest, die zur Berechnung der individuellen Zielvorgabe und der durchschnittlichen CO2-Emissionen verwendet werden.

Absatz 3 ermächtigt ihn, einen pauschalen Wert anzuwenden, wenn die Angaben nicht fristgereicht eingereicht werden. Er ist weiterhin ermächtigt, bei einer Veränderung der Zielwerte Bestimmungen zu erlassen, die das Erreichen der Zielvorgabe erleichtern, wobei er die Bestimmungen aus der Europäischen Union bei der Befristung dieser Erleichterung berücksichtigt (Abs. 4).

Art. 13

Sanktion bei Überschreiten der individuellen Zielvorgabe

Nach Absatz 3 kann der Bundesrat wie bisher die Sanktion für Importeure, bei denen die Zielvorgabe aufgrund der geringen Anzahl für jedes einzelne Fahrzeug gilt, mindern, wenn sie aufgrund von Erleichterungen gemäss Artikel 12 Absatz 4 benachteiligt wären.

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Art. 15

Teilnahme auf Gesuch

Das Gesetz delegiert in Artikel 15 Absatz 1 die Kompetenz, die Höhe der für eine freiwillige Teilnahme am EHS massgebenden Gesamtfeuerungswärmeleistung festzulegen, an den Bundesrat, damit die Regelung an die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen angepasst werden kann.

Art. 18

Festlegung der zur Verfügung stehenden Menge der Emissionsrechte

Artikel 18 Absatz 2 erlaubt dem Bundesrat, die verfügbare Menge Emissionsrechte (Cap) an veränderte Teilnehmerkreise anzupassen. Würden zum Beispiel Kehrichtverwertungsanlagen neu teilnahmepflichtig, müssten für die kostenlose Zuteilung das Cap erhöht werden. Ohne diese Möglichkeit müssten die Zuteilungen aller anderen Teilnehmenden linear gekürzt werden.

Der Bundesrat kann gestützt auf Artikel 18 Absatz 3 eine bestimmte Menge an Emissionsrechten, welche den neuen oder stark wachsenden Markteilnehmern zur Verfügung gestellt werden können, der Reserve zuweisen. Diese Regelung schafft die notwendige Flexibilität, um auf marktspezifische Gegebenheiten zu reagieren. Der Bundesrat berücksichtigt dabei internationale Regelungen.

Art. 19

Ausgabe von Emissionsrechten für Anlagen

Nach Artikel 19 Absatz 5 erhält der Bundesrat die Kompetenz, in Anlehnung an die Marktstabilitätsreserve der EU die Versteigerungsmenge in der Schweiz an die Marktsituation anzupassen. Eine solche Kompetenz soll möglichst flexibel ausgestaltet werden und ist somit auf Verordnungsstufe zu regeln.

Art. 28b

Kompensationspflicht

Nach Artikel 28b Absatz 3 kann der Bundesrat die Überführung von geringen Mengen an Treibstoff von der Kompensationspflicht ausnehmen.

Art. 28c

Anteil der zu kompensierenden Emissionen und maximaler Kompensationsaufschlag

In Absatz 2 wird der Bundesrat ermächtigt, nach Anhörung der Branche den Anteil der zu kompensierenden Emissionen zwischen 5 und 90 Prozent und den Anteil in der Schweiz festzulegen. Diese Delegationsnorm besteht bereits im aktuellen Recht.

Art. 28f

Überführungspflicht

Nach Artikel 28f Absatz 3 kann der Bundesrat die Überführung von geringen Mengen an Treibstoff von der Überführungspflicht ausnehmen. Eine solche Kompetenz ermöglicht eine vergleichbare Handhabung der Überführungs- und der Kompensationspflicht sowie einen schlanken Vollzug.

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Art. 28g

Anteil der zu überführenden erneuerbaren Treibstoffe

Nach Artikel 28g Absatz 3 legt der Bundesrat den Anteil der durch den Strassenverkehr verursachten CO2-Emissionen, der durch die Überführung von erneuerbaren Treibstoffen in den steuerrechtlich freien Verkehr reduziert werden muss, nach Massgabe der Erreichung der Reduktionsziele nach Artikel 3 oder der Entwicklung der CO2-Emissionen des Verkehrs, zwischen 5 und 10 Prozent fest. Er hört vor der Festlegung die Branche an.

Art. 28k

Beimischquote

Nach Artikel 28k Absatz 1 legt der Bundesrat die Beimischquote und die Mindestanforderungen an die erneuerbaren und erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffe fest.

Nach Artikel 28k Absatz 2 kann der Bundesrat den Mindestanteil an erneuerbaren synthetischen Flugtreibstoffe (Subquote) festlegen. Er berücksichtigt dabei die internationale Entwicklung, insbesondere die Regelungen der EU.

Art. 28l

Betreiber von Luftfahrzeugen

Sollte sich zeigen, dass das sog. «Tankering» betrieben wird, kann der Bundesrat nach Artikel 28l gegenüber den Betreibern von Luftahrzeugen geeignete Massnahmen vorsehen, wie beispielsweise eine Berichterstattungspflicht der getankten Flugtreibstoffe im Jahr.

Art. 28n

Sanktionen

Nach Artikel 28n Absatz 3 bestimmt der Bundesrat den entsprechenden Umfang der Nachbeimischung. Falls aufgrund der Marktsituation erneuerbare beziehungsweise erneuerbare synthetische Flugtreibstoffe in der geforderten Menge nachweislich nicht verfügbar sind, kann er geringere Mengen vorsehen.

Art. 31c

Ausführungsbestimmungen

Nach Artikel 31c erhält der Bundesrat die Kompetenz die detaillierten Anforderungen an eine Verminderungsverpflichtung und die Mindestinhalte der Dekarbonisierungspläne auf Verordnungsstufe zu regeln (Bst. a). Ebenfalls auf Verordnungsstufe soll der Bundesrat die Abgrenzung der wirtschaftlichen Tätigkeit von anderen Tätigkeiten nach Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe b regeln (Bst. b). Weiter soll der Bundesrat festlegen, welche öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten zum Eingehen einer Verminderungsverpflichtung berechtigen (Bst. c). Er regelt die Art und den Umfang der Zielwerte (Bst. d) und inwieweit Betreiber von Anlagen mit geringeren Treibhausgasemissionen den Umfang der Verminderungsverpflichtung mit einem vereinfachten Modell festlegen können (Bst. e). Zudem erhält der Bundesrat die Kompetenz auf Verordnungsstufe festzulegen, inwieweit zur Einhaltung der Verminderungsverpflichtung nationale und internationale Bescheinigungen abgegeben werden können (Bst f).

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Art. 32a

Betreiber von WKK-Anlagen

Nach Artikel 32a Absatz 3 kann der Bundesrat zusätzliche Angaben vorsehen, soweit sie für die Beurteilung der Rückerstattung erforderlich sind. Absatz 4 ermächtigt den Bundesrat, Mindestanforderungen an WKK-Anlagen und eine Bandbreite für die Feuerungswärmeleistung vorzugeben.

Art. 32b

Umfang der Rückerstattung

Nach Artikel 32b Absatz 3 regelt der Bundesrat die Einzelheiten zu den Effizienzmassnahmen, den Fristen und der Berichterstattung.

Art. 34

Verminderung der CO2-Emissionen bei Gebäuden

Nach Artikel 34 Absatz 3 regelt der Bundesrat die Einzelheiten der Globalbeiträge an die Kantone.

Art. 34a

Förderung erneuerbarer Energien

Nach Artikel 34a Absatz 3 hat der Bundesrat die Voraussetzungen für eine Förderung sowie die Bemessung der Beiträge festzulegen.

Art. 37a

Grenzüberschreitender Personenverkehr auf der Schiene

Artikel 37a Absatz 5 ermächtigt den Bundesrat, im Rahmen der Förderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene die Kriterien für die Gewährung der Finanzhilfen sowie deren Bemessung festzulegen.

Art. 39 Abs. 3bis Mit dem neuen Absatz erhält der Bundesrat die Kompetenz, ergänzend zur Weiterentwicklung der Monitoringbestimmungen in den einzelnen Instrumenten ein System zur allgemeinen Erfassung und Nachverfolgung von direkt bei der Quelle oder aus der Atmosphäre abgeschiedenem CO2 zu entwickeln. Damit kann er flexibel auf die Entwicklungen in der Schweiz und der EU reagieren.

Art. 41a

Förderung von elektrischen Antriebstechnologien

Artikel 41a Absatz 4 ermächtigt den Bundesrat, für die Förderung von elektrischen Antriebstechnologien die Kriterien für die Gewährung der Finanzhilfen festzulegen.

Art. 41b

Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge

Artikel 41b Absatz 4 ermächtigt den Bundesrat, Kriterien für die Gewährung von Finanzhilfen an Ladestationen für Elektrofahrzeuge sowie ihre Bemessung festzulegen.

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6.7.2 Art. 35d

Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 Anforderungen

Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die ökologischen Anforderungen an erneuerbare Brenn- und Treibstoffe auf Verordnungsstufe festzulegen (Abs. 3). Die Festlegung der ökologischen Anforderungen ist technisch und die Kompetenz erlaubt es, auf ändernde Rahmenbedingungen im Markt für erneuerbare Treibstoffe und auf neuer Erkenntnisse zu den ökologischen Auswirkungen zu reagieren (Art. 35d Abs. 3). Absatz 4 ermächtigt den Bundesrat, ökologische Anforderungen an Treibstoffe fossilen Ursprungs vorzusehen, die deutliche tiefere Treibhausgasemissionen verursachen als konventionelle fossile Brenn- und Treibstoffe wie Benzin oder Diesel. Als solcher Brenn- bzw. Treibstoff gilt beispielsweise blauer Wasserstoff, der aus Erdgas hergestellt wird. Absatz 5 ermächtigt den Bundesrat, Ausnahmen für Ethanol zu Brennzwecken und für die Inverkehrbringung geringer Mengen vorzusehen. Absatz 6 gibt dem Bundesrat die Kompetenz, weitere Ausnahmen von den Anforderungen nach Artikel 35d USG vorzusehen. Die Kompetenz soll ihm ermöglichen, auf technische Hindernisse für den Import von Treibstoffen zu reagieren, wenn zum Beispiel auf dem europäischen Markt erneuerbare Additive standardmässig in fossilen Treibstoffen eingesetzt werden und keine Additive verfügbar sind, die den Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 von Artikel 35d entsprechen.

6.8

Datenschutz

Die massgebenden Bestimmungen zum Datenschutz im CO2-Gesetz sollen mit dieser Vorlage bereits an das Datenschutzgesetz vom 25. September 2020115 (DSG), das die juristischen Personen aus dem Anwendungsbereich ausnimmt, angepasst werden.

Nach Artikel 71 DSG finden Vorschriften, die sich auf die Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten beziehen, nur während fünf Jahren nach Inkrafttreten des DSG Anwendung auf Daten juristischer Personen. In bestehenden Regelungen sind Rechtsgrundlagen zu schaffen, die die Bearbeitung und Bekanntgabe der Daten juristischer Personen ebenfalls regeln.

Die bereits geltenden Artikel 40b und 40c ermächtigen die zuständigen Bundesbehörden bzw. Stellen und Personen, Personendaten unter Einschluss von besonders schützenswerten Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen abzurufen und diese zu bearbeiten, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben und Pflichten nach diesem Gesetz erforderlich ist. Neu ergänzt wird Artikel 40b um die Bearbeitung und Bekanntgabe von Daten juristischer Personen im Sinne von Artikel 57r des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes. Artikel 34 und 36 DSG werden damit ebenfalls ausreichend Rechnung getragen.

115

BBl 2020 7639

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