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Bericht des

Bundesrathes über die Eingabe des schweizerischen Vereins zur Förderung der Knabenarbeitsschulen.

(Vom 19. März 1889.)

Tit.

In der letztjährigen Sommersession der eidgenössischen Räthe ist eine Eingabe des s c h w e i z e r i s c h e n V e r e i n s zur F ö r d e r u n g der K n a b e n a r b e i t s s c h u l e n , datirt vom 16. April 1888, mit Begleitschreiben vom 27. Juni, eingegangen, welche mit dem Begehren schließt: ,,Aus diesen Motiven glauben wir, hochgeehrte Herren, es sei unsere Pflicht, Ihnen die eidgenössische Unterstützung der Handarbeitsschulen für Knaben zu empfehlen und Sie einzuladen, den Art. 2 des Bundesbeschlusses über gewerbliche Bildung in dem Sinne zu erweitern, daß der Bundesrath diese Anstalten auf gleiche Linie stellen kann, wie die gewerblichen Fortbildungsschulen."

Die Eingabe wurde vom Nationalrath am 28. Juni dem Bundesrathe zum Bericht, vom Ständerath am gleichen Tag an eine vom Bureau zu ernennende Kommission überwiesen.

Indem der Bundesrath, beziehungsweise sein Industriedepartement, in dessen Geschäftskreis die Angelegenheit fällt, die Vollziehung des erhaltenen Auftrages an die Hand nahm, konstatirte letzteres zunächst, daß in der erwähnten Eingabe eine eigentliche Begründung ihres Begehrens fehlte, und ersuchte daher am 3. Juli den Präsidenten des petitionirenden Vereins, die hiezu erforderlichen

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Materialien nachzusenden. Letztores geschah mit Schreiben vom 26. August; es langten folgende Dokumente ein: ein ,,Memorial", datirt vom 26. August; Jahresberichte der schweizerischen Handarbeitsschulen in den Ortschaften Hottingen, Genf, Stans, Hauptweil, Enge, Basel, St. Gallen, Freiburg, Chur, Schaffhausen, Winterthur, Altstätten, Aarau, Graben-Rüschegg ; Bericht über die Bestrebungen für Handfertigkeitsunterricht, von S. Rudin-Schmied ; Die Arbeitsschule als organischer Bestandteil der Volksschule, von Dr. .Erasmus Schwab; Handfertigkeitsunterricht und gewerbliche Bildung im Kanton Bern, Kommissionsbericht ; Der Handfertigkeitsunterricht und die Volksschule. Vortrag von J. Schäppi.

Diese Akten legen wir dem gegenwärtigen Berichte bei und nehmen daher davon Umgang, ihren Inhalt hier zu wiederholen; wir fügen den gedruckten ersten ,,Bericht über die Entwicklung und Thätigkeit des schweizerischen Vereins zur Förderung des Knabenarbeitsunterrichts bis Mai 1888", sowie den seiner Zeit mit finanzieller Unterstützung des Bundes herausgegebenen ,,Bericht über eine Studienreise von S. Rudin" bei.

Die Eingabe selbst und das dazu gehörige Material wurde den gegenwärtig funktionirenden eidgenössischen Experten für die gewerblichen und industriellen Bildungsanstalten zur Prüfung überwiesen und in einer mit denselben vom genannten Departement veranstalteten Konferenz am 8. Februar 1889 eingehend besprochen.

Gestützt auf diese Vorbereitungen sind wir nunmehr im Falle, Ihnen unsere Ansichten über die Angelegenheit nachstehend zu unterbreiten.

Von früh an machten sich sehr auseinandergehende Auffassungen über den Handarbeitsunterricht geltend : die eine stellt ihn in den Dienst der direkten Erwerbsthätigkeit, die andere sucht ihn als ergänzenden Faktor in die Elementarbildung auch der. männlichen Jugend einzusetzen.

Im N o r d e n (Finnland, zum Theil Schweden und Norwegen,, Dänemark) trifft in Folge der eigenartigen lokalen und kulturellen Verhältnisse ersterer Fall zu : Die Jugend soll unterwiesen werden, eine Reihe von Geräthen und Utensilien für den täglichen Gebrauch mit wenig Aufwand anzufertigen oder wiederherzustellen.

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In O e s t e r r e i c h beschäftigte man sich mit Versuchen, dem Handfertigkeitsunterricht in Verbindung mit der Volksschule, den Charakter eines vorbildenden Faches für die gewerbliche Berufs-' thätigkeit zu geben, ohne jedoch zu definitiven Organisationen zu gelangen; mittelst Erlaß vom 21. September 1886 verfügte der Minister für Kultus und Unterricht: ,,Wenngleich die Werthschätzung des Handfertigkeitsunterrichtes, insbesondere als Erziehungsmittel für Knaben im schulpflichtigen Alter, in immer weitere Kreise dringt, so sind doch die Ansichten über die zweckmäßige Einrichtung dieses Unterrichtes wesentlich verschieden und -auch von örtlichen Verhältnissen abhängig. Ich halte es daher für die Sache nicht als förderlich, schon derzeit besondere bindende Vorschriften über die Einrichtung des Handfertigkeitsunterrichts in Volksschulen zu erlassen.

Bei dem gegenwärtigen Stande der Sache wird es den Schulbehörden und Schulaufsichtsorganen obliegen -- bei voller Wahrung allgemein anerkannter hygienischer und pädagogisch-didaktischer Grundsätze -- den Bestrebungen zur Einführung dieses Lehrgegenstandes und der mannigfaltigen Enlwickelung dieses Unterrichtszweiges ihre wohlwollende fördersame Unterstützung zuzuwenden.11 Für die Kosten solcher freiwilligen Kurse haben allein diejenigen aufzukommen, welche sie gründen und unterhalten wollen.

In D e u t s c h l a n d scheint man sich ebenfalls der Anschauung zuzuwenden, den Handfertigkeitsunterricht nicht als eine eigentliche Vorstufe der spezifischen gewerblichen Berufsbildung zu behandeln, sondern in den Dienst der allgemeinen Erziehung zu stellen, insofern als diese eine harmonische Ausbildung des Knaben in körperlicher und geistiger Richtung anstrebt.

In F r a n k r e i c h bestimmt ein Gesetz vom 11. Dezember 1880: ,,Les écoles d'apprentissage fondées par les communes ou les départements pour développer chez les jeunes gens qui se destinent aux professions manuelles la dextérité nécessaire et les connaissances techniques, sont mises au nombre des établissements d'enseignement primaire publique."

Als obligatorisches Lehrfach wurde die Handarbeit in die Primarschule eingeführt durch Gesetz vom 28. März 1882. welches unter den Gegenständen des Primaruntenichts aufführt: Handarbeiten und Gebrauch der Werkzeuge der hauptsächlichsten Handwerke.

Inder S c h w e i z war der Zweck der schon in ziemlicher Anzahl entstandeneu Handarbeitssehulen von Anfang an auch ein ethisch-didaktischer.

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Die e r s t e G e n e r a l v e r s a m m l u n g des schweizerischen Vereins zur Förderung des Knabenarbeitsunterrichts, welche am 27. September 1887 in St. G a l l e n stattfand, nahm mit Einmuth folgende Thesen an: ,,1) Der Arbeitsunterricht fördert die körperliche und geistige Entwicklung.

2) Der Arbeitsunterricht fördert als Vermittler klarer Vorstellungen die Aufmerksamkeit und das Denken und übt einen wohlthätigen Einfluß auf den Charakter aus.

3) Der Arbeitsunterricht bildet eine nothwendige Ergänzung zu den übrigen Unterrichtsfächern der Volksschule.

4) Die Einführung desselben ist durch die Schulgesetzgebung zu begünstigen, indem der Staat a. den Gemeinden die Vollmacht ertheilt, den Arbeitsunterricht in den Stundenplan aufzunehmen; b. die Kosten im gleichen Verhältniß tragen hilft, wie für die ändern Schulfächer."

Im Jahre 1884 sprach sieh die L e h r e r s c h a f t d e r r o m a n i s c h e n S c h w e i z zu G e n f ebenfalls für Aufnahme des Handfertigkeitsunterrichts in die Volksschule aus. Das S c h u l g e s e t z des K a n t o n s G e n f vom 5.Juni 188(5 enthält dießfalls die Bestimmung (Art 33"), daß das Programm der Primarschule enthalten solle : ,, les travaux manuels et, pour les filles, les ouvrages à l'aiguille. Les travaux manuels seront introduits dans le programme, au fur et à mesure que cela sera reconnu possible par le Conseil d'Etat.« In andern Kautonen ist freilich die Stimmung der Sache nicht überall günstig. So ist dem Geschäftsbericht der S t a d t s c h u l p f l e g e von Z ü r i c h über das Schulwesen im Jahre 1881/82 zu entnehmen, daß die Frage: ,,Ist auf die Einführung von Handarbeiten für Knaben, welche außerhalb des theoretischen Unterrichtes vorzunehmen wären, aber von der Schule aus angeboten und überwacht in besondern Werkstätten erlernt würden, Bedacht zu nehmen ?"

in folgender Weise beantwortet wurde: ,,Die Schulpflege anerkennt die Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit der körperlichen Arbeit für Knaben, kann es aber auch, abgesehen von den praktischen Schwierigkeiten, nicht für eine Aufgabe der Schulbehörden, noch in ihrer Kompetenz liegend erachten, einen solchen Arbeitsunterricht zu organisiren", in der Meinung, daß es dem Hause, der Familie, den freiwilligen Vereinen zu überlassen sei, die i n d i v i d u e l l e Bildung der Knaben in dieser Beziehung zu leiten.

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Bekannt ist der Beschluß der t h u r g a u i s c h e n S c h u l s y n o d e ( W e i n fei d e n , 10. September 1888) über die Frage: ,,Ist die Einführung des Arbeitsunterrichtes für Knaben bei unsern thurgauischen Verhältnissen wünschenswerth und möglich?"; die Anträge des Referenten wurden mit großer Mehrheit abgelehnt und beschlossen, gegenüber den Handfertigkeitsbestrebungen eine abwartende Stellung einzunehmen, weil, wie der erste Schlußsatz des Korreferenten lautete, die Frage des Handfertigkeitsunterrichts noch nicht genügend abgeklärt sei, um ein definitives Urtheil über Licht- und Schattenseiten desselben zu ermöglichen. -- Was nun die Frage betrifft, ob der B u n d durch Verabfolgung jährlicher finanzieller Beiträge an die vorhandenen und noch zu gründenden Knabenarbeitsschulen sich in Mitleidenschaft ziehen lassen solle, so ist zunächst festzuhalten, daß die bei uns herrschende Ansicht, wonach der Handfertigkeitsunterricht nicht zur eigentlichen Erwerbsthätigkeit anzuleiten resp. spezifische berufliche Bildung zu vermitteln, sondern,.in den Organismus der Volksschule eingefügt, die Anlage und die Lust der Knaben zur Handarbeit und zur spätem Ergreifung eines Handwerks zu wecken bestimmt sei, die vom petitionirenden Verein verlangte Gleichstellung mit den Anstalten für die gewerbliche und industrielle B e r u f s b i l d u n g , welche der Bundesbeschluß vom 27. Juni 1884 in Artikel 2 aufführt, und damit die Knabenarbeitsschulen selbst von der Wohlthat des Bundesbeschlusses prinzipiell ausschließt. Von ,,Berufsbildung" kann heim Handfertigkeitsunterricht um so weniger die Rede sein, als derselbe nicht von Berufsleuten, sondern von Schullehrern gegeben wird, und dabei leicht den Charakter der Spielerei annimmt und unfruchtbaren Dilettantismus hervorruft. Gerade von Seite des Handwerks ist vor dem Handfertigkeitsunterricht schon gewarnt worden, weil die Knaben, welche ihn besucht haben, in die Lehre unangenehme Vorurtheile über ihre vermeintliche Vorbildung mitbringen.

Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß ein pädagogisch richtig betriebener Handfertigkeitsunterricht für den zukünftigen Handwerker von hohem Werthe ist und daß durch die Einführung der Handarbeit die Achtung vor dem Handwerk gehoben und in manchem Knaben die Lust zu dieser Thätigkeit geweckt wird; es wäre ein großes
Verdienst des Handfertigkeitsunterrichts, dem Handwerk wieder mehr und namentlich bessere und besser situirte Elemente zuzuführen. Aber der Handwerker, welcher den Aufgaben des modernen Erwerbslebens gewachsen sein soll, muß sich in den

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ersten Stadien seiner Ausbildung noch ganz andere Kenntnisse und Fertigkeiten, als nur der Handfertigkeit, aneignen ; sie werden ihm geboten durch die V o l k s s c h u l e , eine unentbehrliche Vorschule für alle Berufsarten: mit ihr ist zwar der Handfertigkeitsunterricht wohl vereinbar, nur darf ihm nicht eine Wichtigkeit beigelegt werden, unter welcher jene zu leiden hätte. Es besteht in dieser Hinsicht noch die doppelle Gefahr, daß seine Ausbreitung auf Kosten des bestehenden Volksschulpensums, dessen. Verminderung als ein Rückschritt, anzusehen wäre, geschehen, oder daß auf der ändern Seite eine vermehrte Stundenzahl -- abgesehen davon, daß viele Lehrer die dazu erforderliche Zeit nur auf Unkosten ihrer nächstliegenden Thätigkeit erübrigen könnten -- in s a n i t a r i s c h e r B e z i e h u n g schädliche Folgen nach sich ziehen möchte. Letztere Eventualität ist wohl ins Auge zu fassen: der Handarbeitsunterricht ist durchaus nicht der A r t , daß ihm auf die allgemeine körperliche Entwicklung ein spezifisch günstiger Einfluß zukäme, sondern es sind mit ihm, besonders in den Städten, zufolge seiner Natur, so ziemlich dieselben Nachtheile (Schädigung der Sehkraft, gebückte Haltung, geschlossener Raum, etc.) verbunden, welche das Schulleben aufweist; daß diese leider schon groß genug sind und eine Vermehrung ängstlich vermieden werden m u ß , ist eine allgemein bekannte Thatsache. -- Wenn wir ein Hinderniß, dem Gesuche um Revision von Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 zu Gunsten der Knabenarbeitsschulen zu entsprechen, darin erblickten, daß letztere nicht die ,,gewerbliche und industrielle Be rufsbildung" zum Ziele haben, während der Bundesbeschluß einzig und allein der Förderung letzterer gewidmet ist (s. Ari. 1), fuhrt der Umstand, daß der petitionirende Verein und die überhaupt diesfalls in der Schweiz zu Tage tretenden Bestrebungen die Handarbeitsschule als Unterrichtsbestandtheil in die Volksschule aufnehmen lassen möchten, zu einer weitern, nicht minder wichtigen Schwierigkeit. Verfassungsg e m ä ß nämlich ist ja die Fürsorge für das V o l k s s c h u l w e s e n Sache der K a n t o n e , und es dürfte keinem Zweifel unterliegen, daß damit eine finanzielle Unterstützung eines Zweiges des Volksschulwesens durch den Bund ausgeschlossen ist, um so mehr, als eine solche ohne die
Ausübung einer gewissen Kontrole des Bundes nicht denkbar wäre.

Nicht zu übersehen wäre auch die bedenkliche f i n a n z i e l l e T r a g w e i t e einer solchen Unterstützung. Einen annähernden Begriff für dieselbe mag dieAngabe des petitionirenden Vereins bieten, daß schon im Jahre 1887/1888 2000 Schüler von 50 Lehrern in der Handarbeit unterrichtet worden seien und die daherigen

641 Kosten zirka Fr. 30,000 betragen haben. Es ist klar, daß, sobald Bundesbeiträge erhältlich wären, diese Zahlen sich in rapider Progression vermehren winden (die Zahl der Primarschuler in der Schweiz beträgt pro 1886/1887: 234,161), wie es auch auf dem Gebiete der gewerblichen und industriellen Berufsbildung der Fall war, auf welchem die Ausgaben des Bundes -betrugen : P r o 1884 .

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. F r . 44,559. 88 ,, 1885 ,, 171,376. 67 ,, 1886 .

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,, 220,012. 63 ,, 1887 .

,, 259,981. 99 ,, 1888 .

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. ,, 319,026. 75 Büdgetirt pro 1889 .

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,, 372,000. -- Total Fr. 1,386,957. 92 Wir halten es für geboten, daß der Bund die jährlich verfügbaren Mittel auf das N o t h w e n d i g s t e und D r i n g l i c h s t e konzentrire, und hiezu gehört ohne Zweifel der Ausbau unseres gewerblichen und industriellen Bildungswesens im Sinne des mehrerwähnten Bundesbeschlusses, wenn unsere Gewerbe und Industrien den ändern Staaten nachkommen oder mit ihnen Schritt halten sollen. Dieser Ausbau ist nur möglich, wenn der Bund seine bisherigen Leistungen mindestens nicht reduzirt, sondern eher vermehrt. Im Uebrigen aber haben die Ausgaben des Bundes, in Anbetracht der verfügbaren Mittel, nachgerade eine solche Höhe erreicht, daß möglichste Sparsamkeit und Herabstimmung der von allen Seiten sich geltend machenden Begehrlichkeiten auf das wirklich Nothwendige und Nützliche sich von selbst aufdrängt.

Der Unterstützung des Handarbeitsunterrichts auf bundesgesetzlichem Wege kann um so weniger eine Dringlichkeit zuerkannt werden, als derselbe sich entschieden erst im S t a d i u m des E x p e r i m e n t s befindet; seinem ganzen Wesen wohnt noch eine gewisse Unsicherheit inné , und Schlußnahmen des Bundes bezüglich regelmäßiger Subventionirung wären zum Mindesten noch verfrüht.

Dies hindert nun durchaus nicht, den Bestrebungen auf diesem Gebiete von Bundeswegen die aufmunternde Aufmerksamkeit, welche sie verdienen, zuzuwenden, wie dies auch in den letzten Jahren der Fall war. So sind die vom petitionirenden Verein bisher organisirten B i l d u n g s k u r s e für L e h r e r , welche bezwecken, die Theilnehmer zur Ertheilung des Handfertigkeitsunterrichts au ihren Schulen zu befähigen, von uns jeweilen mit namhaften Summen unterstützt worden, wie nachfolgende Zahlen zeigen :

642 Bundesbeitrag.

I . Lehrerkurs i n Basel II.

,, ,, Bern III.

,, ,, Zürich IV.

,, ,, Freiburg

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(52 Theilnehmer), (54 ., ), (59 ,, ),

1884 1886 1887 1888 Total

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-- . Fr. 3,770 . ,, 3,150 . ,, 4,610 Fr. 11,530

Wir werden fortfahren, dieser Thätigkeit des Vereins unsere Beitragsleistung zukommen zu lassen ; wo an L e h r e r s e m i n a r i e n der Handfertigkeitsunterricht als Lehrfach eingeführt ist, dürfte jene ebenfalls bewilligt werden, wenn der Unterricht methodisch und durch Fachmänner ertheilt wird.

Im Weitern wird es sich für den V e r e i n nicht blo darum handeln, an immer mehr Orten Handarbeitskurse für Knaben zur Einführung zu bringen und die etwa in Basel übliche Unterrichts und Arbeitsmethode möglichst allgemein zu verbreiten (§ l der Statuten des schweizerischen Vereins zur Förderung des Knabenarbeitsunterrichts lautet: ,,Der Verein stellt sich die Aufgabe, den Knabenarbeitsunterricht in der Schweiz zu verbreiten und einheitlich zu gestalten*), sondern an die i n n e r e , g r ü n d l i c h e Durcharbeitung seines Gebietes zu gehen und vor Allem in der schulgemäßen Me th dis i r un g des Unterrichts Fortschritte anzubahnen.

Ein Hauptaugenmerk, ist hiebei auf die Erfahrungen, welche anderwärts gemacht werden, zu richten. Zu diesem Behufe sollten die gesammte Literatur kritisch gesammelt, die Lehrmittel (Vorlagen, Modelle) zusammengestellt und durch sachkundige Vertrauensmänner von Zeit zu Zeit in den verschiedenen ausländischen Kursen und Methoden während ihres Betriebes Umschau gehalten werden, besonders in den Ländern, wo der Handfertigkeitsunterricht in das Programm der Volksschule aufgenommen ist. Soweit die disponiblen Mittel des petitionirenden Vereins für diese Zwecke nicht ausreichen, dürfte es zweckmäßig und der Sache förderlich sein, ihm nach dem nämlichen Maßstab, wie er für die gewerblichen und industriellen Bildungsanstalten besteht, an die Anschaffungen für B i b l i o t h e k und L e h r m i t t e l s a m m l u n g Bundesbeiträge zu verabfolgen. Für S t u d i e n r e i s e n , Publikation von St u d i e n b e r i c h t e n , für Anfertigung eigener neuer M o d e l l e etc. könnten, wie es zum Theil früher schon geschehen ist, außerordentliche Beiträge von Fall zu Fall und nach Prüfung bezüglicher Gesuche und Vorlagen geleistet werden, mit dem Vorbehalt, daß die erzielten Resultate möglichst Gemeingut der im Lande bestehenden Handarbeitskurse würden.

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Etwa noch entstehende Handfertigkeitskurse für schulpflichtige Knaben, welche eine s p e z i f i s c h e Anleitung für eine b e s t i m m t e Erwerbsthätigkeit zu ertheilen sich nicht nur anheischig machen, sondern auch zu bieten in der Lage wären, könnten unter besondern Verhältnissen wie eine gewerbliche Bildungsanstalt subventionirt werden. Endlich möchte es von Nutzen sein, die eine oder andere der bestehenden Handarbeitsschulen als V e r s u c h s a n s t a l t zu bezeichnen und zu Subventioniren, um an ihr unter Kontrole des Bundes die Methoden des Arbeitsunterrichts praktisch zu entwickeln und zu erproben.

Indem wir uns auf vorstehende Ausführungen beziehen, bea n t r a g e n w i r Ihnen, z u r Z e i t d e m G e s u c h e d e s s c h w e i z e r i s c h e n V e r e i n s zur F ö r d e r u n g des K na b e n a r b e i t s U n t e r r i c h t s v o m 16. A p r i l 1888 u m R e v i s i o n v o n Art. 2 des B u n d e s b e s c h l u s s e s vom 27. J u n i 1884 keine Folge zu geben, in dem Sinne, daß der B u n d e s r a t h auch in Zukunft dem Studium und der Entwickelung des Knabenarbeitsunterrichts seine volle A u f m e r k s a m k e i t u n d , wo es ih m z w e c k m ä ß i g e r s c h e i n t , seine finanzielle Beitragsleistung zuwende.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 19. März 1889.

Im .Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die eidgenössische Gewährleistung eines Verfassungsdekrets des Kantons Neuenburg vom 10. März 1889.

(Vom 19. März 1889.)

Tit.

Durch Abstimmung vom 2. und 3. Februar 1889 hat das Volk des Kantons Neuenburg die Revision des Artikel 31 der Kantonsverfassung vom 21. November "1858 beschlossen und den Großen Rath beauftragt, diese Revision vorzunehmen.

Auf Berieht und Antrag dos Staatsrathes und nach Anhörung des Berichtes und Vorschlages einer Spezialkommission beschloß der Große Rath als Verfassungsrath unterm 21. Februar 1889, dem Artikel 31 der neuenburgischen Verfassung, der unter dem Titel ,,Vom Großen Rathe" steht, folgenden Wortlaut zu geben : ,,Wählbar ist jeder Stimmberechtigte, der das 25. Altersjahr zurückgelegt hat.

,,Die Bekleidung eines geistlichen Amtes, sowie das Amt eines Mitgliedes des Staatsrathes und eines unmittelbaren Vertreters des Staatsrathes in den Bezirken sind mit dem Mandate eines Abgeordneten im Großen Rathe unverträglich. Des Weitern können die Beamten und Angestellten der Staatskanzlei, der Departemente des Staatsrathes und der Präfekturen nicht Mitglieder des Großen Rathes sein.

,,Das Gesetz bestimmt die durch die Verfassung nicht vorgesehenen Fälle von Inkompatibilitäten."

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes über die Eingabe des schweizerischen Vereins zur Förderung der Knabenarbeitsschulen. (Vom 19. März 1889.)

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1889

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23.03.1889

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635-644

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