BBl 2022 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

22.058 Botschaft zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil der Abgabenerhebung und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit sowie zur Totalrevision des Zollgesetzes zum neuen Zollabgabengesetz vom 24. August 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil der Abgabenerhebung und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (E-BAZG-VG) sowie den Entwurf zur Totalrevision des Zollgesetzes (ZG) zum neuen Zollabgabengesetz (E-ZoG).

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2016

M 15.3551

Bürokratieabbau. Anhebung des Mindestzolls (N 25.9.15, Noser; S 27.9.16)

2017

M 15.4153

Ungerechtfertigte Kostenüberwälzung auf den Kunden im Zollwesen (S 3.3.16, Ettlin Erich; N 22.9.16; S 28.2.17)

2019

M 17.3376

Die wirtschaftsfeindliche Strafpraxis der Zollverwaltung umgehend korrigieren (N 29.9.17, de Courten; S 17.12.19)

2017

P

17.3377

Unnötige Behinderung der Wirtschaft durch formalistische Fristenanwendung (N 29.9.17, de Courten)

2021

M 18.3315

Internationaler Online-Versandhandel. Effiziente Kontrollverfahren bei der Eidgenössischen Zollverwaltung (N 15.6.2018, Bühler; S 16.9.2021)

2022-2763

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Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. August 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Die Gesetzesvorlage verfolgt das Ziel, die Effizienz der Grenzprozesse zu steigern und die Sicherheits- und Vollzugsaufgaben des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) zu harmonisieren, indem sie rechtliche Grundlagen für die Digitalisierung sowie für die Vereinfachung und Vereinheitlichung des Vollzugs von abgabe- und nichtabgaberechtlichen Erlassen schafft. Unverändert bleiben die Aufgaben des BAZG sowie die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen.

Ausgangslage und Ziele der Vorlage Das BAZG nimmt im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben eine wichtige Rolle in der internationalen Lieferkette von Waren wahr und ist das zentrale Sicherheitsorgan an der Schweizer Grenze. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben sorgt das BAZG für den Vollzug von abgaberechtlichen und die Einhaltung von nichtabgaberechtlichen Bestimmungen, beides zugunsten der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft. Es nimmt in diesem Zusammenhang auch wichtige Aufgaben wahr, die ihm von den Kantonen delegiert werden.

Die Sicherheitsaufgaben werden durch das BAZG insbesondere im Rahmen von Grenzkontrollen wahrgenommen. Diese Kontrollen dienen auch der Gewährleistung der inneren Sicherheit der Schweiz. Der Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse hat heute einen höheren Stellenwert als bei der letzten Totalrevision des Zollgesetzes, beispielsweise aufgrund des boomenden Online-Handels, über den eine Vielzahl von illegalen Waren in die Schweiz gelangt. Eine veränderte Situation besteht ferner bei der Migration, auf die das BAZG bei sich ändernder Lage jederzeit reagieren können muss, bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und bei der Bewältigung allfälliger ausserordentlicher Lagen wie etwa derjenigen, die aufgrund von Covid-19 entstand.

Seit der letzten Totalrevision des Zollgesetzes vom 18. März 2005 (ZG) hat der grenzüberschreitende Personen- und Warenverkehr weiter zugenommen.

Daher werden effiziente Grenzprozesse, die einen einfachen und raschen Grenzübertritt ermöglichen, immer wichtiger. Aufwändige Kontrollen und Prozesse, die zu Wartezeiten führen, werden als störend empfunden. Zahlreiche parlamentarische Vorstösse forderten daher einfachere Verfahren und benutzerfreundlichere Lösungen.

Dies führte zur Initialisierung des Digitalisierungs- und Transformationsprogramms DaziT,
für welches das Parlament mit Bundesbeschluss vom 12. September 2017 den Gesamtkredit von 393 Millionen Franken sprach. Die Kundenbeziehung im Warenund Personenverkehr wird grundlegend neugestaltet. Sich korrekt verhaltende Kundinnen und Kunden sollen ihre Formalitäten zeit- und ortsunabhängig digital abwickeln können. Die Risikoanalyse soll insbesondere die gezielte Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln ermöglichen. Damit lassen sich nicht nur die längst geforderten Entlastungen der Wirtschaft erfüllen, sondern es werden innerhalb des BAZG auch Effizienzgewinne erzielt. Prozesse müssen hierfür konsequent vereinfacht und vereinheitlicht sowie durchgängig digitalisiert werden. Die vorhandenen Daten

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sollen nur einmal erfasst werden müssen und danach für verschiedene Anwendungen übergreifend nutzbar sein.

Aus diesen Gründen ist unerlässlich, dass das BAZG seine Aufgaben auch in Zukunft sach- und zeitgerecht sowie effizient erfüllen kann. Hierfür muss das BAZG eine aufgabenorientierte Organisation werden. Ein neues Berufsbild ist vorgesehen, das den flexiblen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG ermöglicht und den zukünftigen Herausforderungen gerecht wird.

Inhalt der Vorlage Das Erreichen der erwähnten Ziele gebietet eine grundlegende Überarbeitung des bestehenden Rechts. Ohne Totalrevision des Zollgesetzes können diese Ziele nicht erreicht werden. Erforderlich ist ferner die Schaffung eines Rahmengesetzes, welches zusammenführt, was im Aufgabenbereich des BAZG harmonisiert werden soll. Ferner wird das heutige Zollgesetz (ZG) einer Totalrevision zum Zollabgabengesetz (E-ZoG) unterzogen und auf einen reinen Abgabeerlass reduziert. Mit der Schaffung des Rahmengesetzes und der Totalrevision des ZG ändern zahlreiche andere, damit verbundene Erlasse im Aufgabenbereich des BAZG.

In diesen umfassenden Gesetzesänderungen wird das materielle Zollrecht vereinfacht.

Sie beinhalten die Vereinfachung und Vereinheitlichung aller vom BAZG geführten Abgabeverfahren samt Rechtsmittelverfahren. Im Bereich der nichtabgabenrechtlichen Erlasse soll eine möglichst automatisierte Prüfung der Einhaltung der Erlasse erfolgen. Es wird ein standardisierter Katalog für die Massnahmen und Leistungen des BAZG geschaffen. Die Auswahl der Massnahmen und Leistungen erfolgt dabei im jeweiligen nichtabgaberechtlichen Erlass. Weiter wird dem BAZG die risikobasierte Gewichtung der Erfüllung dieser Vollzugsaufgaben ermöglicht.

Im Zentrum der Regelungen steht das Ziel, eine durchgängige Digitalisierung der Verfahren zu ermöglichen. Ebenfalls werden zeitgemässe und einheitliche Grundlagen für die Risikoanalyse und für gezieltere Kontrollen geschaffen. Um die Weiterentwicklung des BAZG zu einer aufgabenorientierten Organisation zu ermöglichen, sind keine Organisationsbestimmungen mehr vorgesehen, sondern aufgabenorientierte Regelungen.

Die Vorlage umfasst zudem eine neue, technologieneutrale und aufgabenbasierte Regelung der Datenbearbeitung und des Datenschutzes auf der Grundlage eines einzigen Informationssystems
des BAZG, abgebildet nach den rechtlichen Vorgaben des revidierten, aber noch nicht in Kraft befindlichen Datenschutzgesetzes (nDSG).

Es werden einheitliche Grundlagen für die Strafverfolgung im Zuständigkeitsbereich des BAZG geschaffen, und die materiellen Strafbestimmungen in den Abgabeerlassen werden teilweise angeglichen.

Geregelt wird schliesslich die fortbestehende und unveränderte Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit zugunsten von Bund und Kantonen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht 1

3

Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

8 8 11

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren 2.1 Hauptanliegen 2.1.1 Delegationsnormen 2.1.2 Aufgaben des BAZG und Polizeihoheit der Kantone 2.1.3 Kontrollen 2.1.4 Befugnisse 2.1.5 Abgabenerhebung inklusive Verfahren 2.1.6 Zoll- und Steuerlager 2.1.7 Datenbearbeitung 2.1.8 Strafverfolgung 2.2 Weitere Anliegen 2.2.1 Verzicht auf Organisationsbestimmungen 2.2.2 Senkung der Abgabefreigrenze (Einkaufstourismus) 2.2.3 Schaffung eines Konsultativgremiums Zoll 2.2.4 Abstimmung mit der Teilrevision der Mehrwertsteuer 2.2.5 Anliegen betreffend die Mineralölsteuern 2.2.6 Anliegen betreffend die Automobilsteuer

15 15 15 16 17 18 19 22 22 26 27 27 27 28 28 29 29

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

29

4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.2 Gegenstand des E-BAZG-VG samt Anhang 1 sowie dessen Verhältnis zu anderen Erlassen 4.3 Gegenstand des E-ZoG 4.4 Änderung anderer Erlasse (Anhang 2 zum E-BAZG-VG) 4.5 Änderung des Bundesbeschlusses vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin 4.6 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 4.7 Umsetzungsfragen

32 32

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 5.1 E-BAZG-VG ohne Anhänge

42 42

5

12 13

34 40 40

41 41 41

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5.2

5.3

5.4 5.5

6

7

E-BAZG-VG Anhang 1: Zugriff auf besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG E-BAZG-VG Anhang 2: Änderung anderer Erlasse 5.3.1 Allgemeine Erläuterungen 5.3.2 Erläuterungen zur Änderung der einzelnen Erlasse E-ZoG Änderung des Bundesbeschlusses vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin

258 263 263 265 378

398

Auswirkungen 6.1 Stossrichtung der neuen Vorlage 6.2 Auswirkungen auf den Bund 6.2.1 Finanzielle Auswirkungen 6.2.2 Personelle Auswirkungen 6.3 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.4 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.4.1 Auswirkungen auf die Unternehmen 6.5 Auswirkungen auf weitere gesellschaftliche Gruppen 6.6 Zweckmässigkeit im Vollzug des Erlasses

398 398 401 402 402

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.1.1 Rechtsetzungskompetenz des Bundes im Bereich Zölle, Abgaben und Sicherheit 7.1.2 Kompetenzaufteilung Bund und Kantone 7.1.3 BAZG ­ Zuständigkeit und Organisation 7.1.4 Abgaben 7.1.5 Datenbearbeitung 7.1.6 Elektronisches Verfahren 7.1.7 Befugnisse 7.1.8 Vereinfachte Vernichtung von Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert 7.1.9 Fesselung 7.1.10 Bestellung unter fiktivem Namen 7.1.11 Strafverfolgung 7.1.11.1 Deklarantenstrafpraxis 7.1.11.2 Verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform

412 412

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403 404 404 409 411

412 413 414 415 415 415 416 416 417 417 418 418 418 419 420

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7.4 7.5 7.6 7.7 7.8

Unterstellung unter die Ausgabenbremse Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen Datenschutz 7.8.1 Datenschutz allgemein 7.8.2 Datenschutz-Folgenabschätzung 7.8.2.1 Zusammenfassung der DSFA des BAZG vom 4. April 2022 7.8.2.2 Stellungnahme des EDÖB zur DSFA des BAZG vom 4. April 2022

420 420 420 421 428 428 428 429 434

Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil der Abgabenerhebung und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Warenund Personenverkehrs durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG-Vollzugsaufgabengesetz, BAZG-VG) (Entwurf) BBl 2022 2725 Bundesgesetz über die Zollpflicht und die Bemessung der Zollabgaben (Zollabgabengesetz, ZoG) (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) leistet einen wesentlichen Beitrag zur inneren Sicherheit, es vollzieht Aufgaben im grenzüberschreitenden Warenverkehr, erhebt Abgaben und arbeitet mit nationalen sowie ausländischen Behörden und Organisationen zusammen, für die Gewährleistung der Sicherheit für Staat, Wirtschaft und Bevölkerung. Es übt im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben eine wichtige Rolle in der internationalen Lieferkette von Waren aus und ist das zentrale Sicherheitsorgan an der Schweizer Grenze. Es zählt damit zu den sicherheitspolitischen Instrumenten der Schweiz1.

Bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben sorgt das BAZG für den Vollzug von abgaberechtlichen Bestimmungen und die Einhaltung von nichtabgaberechtlichen Erlassen (bisher als nichtzollrechtliche Erlasse bzw. NZE bezeichnet), die über 100 Bereiche betreffend. Dabei arbeitet es mit 26 Verwaltungseinheiten und weiteren Akteuren zusammen. Es nimmt in diesem Zusammenhang auch wichtige Aufgaben wahr, die ihm von den Kantonen delegiert werden.

Seit der letzten Totalrevision des Zollgesetzes vom 18. März 20052 (ZG) hat der grenzüberschreitende Personen- und Warenverkehr weiter zugenommen.

Jeden Tag überqueren rund 2 200 000 Personen, 1 100 000 Fahrzeuge und 21 000 LKWs die Schweizer Grenze (Fakten und Zahlen des BAZG 2021).

Pro Tag haben die Mitarbeitenden des BAZG Folgendes eingenommen und aufgegriffen:

1 2

­

64,4 Millionen Franken Einnahmen für den Bund;

­

91 gefälschte Produkte;

­

70 zur Fahndung oder zur Verhaftung ausgeschriebene Personen;

­

4 gefälschte Ausweise;

­

12 verbotene Waffen;

­

2,6 kg Drogen;

­

51 rechtswidrige Aufenthalte;

­

30 Sendungen mit Medikamenten oder Dopingpräparaten;

­

34 mangelhafte Lastwagen.

Vgl. Die Sicherheitspolitik der Schweiz. Bericht des Bundesrates vom 24. August 2016, BBl 2016 7763, 7843.

SR 631.0

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Effiziente Grenzprozesse, die einen einfachen und raschen Grenzübertritt ermöglichen, werden immer wichtiger. Aufwändige Kontrollen und Prozesse, die zu Wartezeiten führen, werden als störend empfunden. Zahlreiche parlamentarische Vorstösse forderten daher einfachere Verfahren und nutzerfreundlichere Lösungen. Dies führte zur Initialisierung des Digitalisierungs- und Transformationsprogrammes DaziT, für welches das Parlament mit Bundesbeschluss vom 12. September 20173 den Gesamtkredit von 393 Millionen Franken sprach4.

Weltweit hat zudem die Sicherheitsfunktion der Zollbehörden an Bedeutung gewonnen, so beispielsweise die Gewährleistung der Sicherheit in der internationalen Lieferkette. Der Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse gewinnt zunehmend an Bedeutung, beispielsweise aufgrund des boomenden Online-Handels, über den auch illegale Waren in die Schweiz gelangen. Dieser Vollzug ist aktuell sehr aufwändig.

Eine veränderte Situation besteht ferner bei der Migration, auf welche das BAZG bei wechselnder Lage jederzeit reagieren können muss, bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und bei der Bekämpfung allfälliger Pandemien wie etwa derjenigen, die aufgrund von Covid-19 entstanden ist.

Aus diesen Gründen ist es unerlässlich, dass sich das BAZG den zukünftigen Herausforderungen stellt, um seine Aufgaben auch in Zukunft sach- und zeitgerecht sowie effizient erfüllen zu können. Mit dem Beschluss vom 10. April 2019 hat der Bundesrat die Weichen gestellt für die Weiterentwicklung des BAZG zur aufgabenorientierten Organisation, die ihre Prozesse konsequent vereinfacht und vereinheitlicht sowie durchgängig digitalisiert und die vorhandenen Daten im Rahmen der Bearbeitungszwecke übergreifend nutzbar macht.

Mit der organisatorischen Weiterentwicklung des BAZG findet ein Strukturwandel statt, der nötig ist, um die mit dem Programm DaziT geschaffenen neuen Möglichkeiten der Digitalisierung und der Vereinfachung der Prozesse bestmöglich nutzen und ausschöpfen zu können. Die administrative Entlastung im Zuge von DaziT wird den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erlauben, sich auf ihre operativen Kontrollaufgaben zu konzentrieren. Um auch diese zu optimieren, werden die bisherigen Berufsprofile des Zolls und des Grenzwachkorps in einem neuen Berufsbild «Fachspezialist/in Zoll und
Grenzsicherheit» zusammengeführt werden. Es ist damit vorgesehen, dass alle operativ tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieselbe Grundausbildung in allen drei Kompetenzbereichen des BAZG, das heisst Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln, durchlaufen. Das wird dem BAZG erlauben, verschiedene Bedrohungsszenarien (beispielsweise erhöhte Migrationslage, Terrorangriff, Pandemie, Schmuggel im Rahmen des Onlinehandels usw.) zu bewältigen, für die bei der Personen- oder Warenkontrolle kurzfristig vorübergehend mehr Personal erforderlich ist. Wohlgemerkt werden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Anschluss an die Grundausbildung in mindestens einem der drei vorstehend genannten Bereiche eine Spezialisierung erlangen. Entsprechend dieser Spezialisierung werden sie für ihre Haupttätigkeit der Personen- oder Warenkontrolle zugeteilt, so wie dies auch heute

3

4

Programm DaziT; Botschaft vom 15. Februar 2017 zur Finanzierung der Modernisierung und Digitalisierung der Eidgenössischen Zollverwaltung, nachfolgend: DaziT-Botschaft, BBl 2017 1719.

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der Fall ist. Im Gegensatz zu heute werden aber alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den oben erwähnten Kontrollbereichen ausgebildet und einsetzbar sein.

In diesem Zusammenhang werden die bisherigen Organisationsbestimmungen wie beispielsweise die Erwähnung des Grenzwachtkorps als Einheit der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) im ZG nicht mehr benötigt. Dies würde die Weiterentwicklung sogar hindern. Das Zollgesetz steht der Leitung der beiden Bereiche Zoll und Grenzwachtkorps auf verschiedenen hierarchischen Ebenen in Personalunion durch eine Person nicht entgegen, sofern die Funktionen der Grenzwache und des Zolls wie bisher klar getrennt sind und auch erkennbar bleibt, wer Zwangsmittel einsetzen darf.

Dies bleibt sichergestellt bis zum Inkrafttreten der Totalrevision des Zollgesetzes. Allfällige bisher vorgenommene Weichenstellungen im BAZG im Hinblick auf das neue, einheitliche Berufsbild erfolgten unter dem Vorbehalt dieser Totalrevision, mit der die hierfür nötigen Grundlagen geschaffen werden.

Die Kundenbeziehungen im Waren- und Personenverkehr werden grundlegend neu gestaltet. Sich korrekt verhaltende Kundinnen und Kunden sollen ihre Formalitäten zeit- und ortsunabhängig digital abwickeln können. Die Risikoanalyse soll insbesondere die gezielte Kontrolle von verdächtigen Waren, Personen und Transportmitteln ermöglichen. Mit gezielten und wirksameren Kontrollen lassen sich einerseits die längst geforderten Entlastungen der Wirtschaft und andererseits Effizienzgewinne für das BAZG erzielen.

Die erwähnte Vereinfachung und Vereinheitlichung der Prozesse erfassen nicht nur die Erhebung der Zollabgaben und der Mehrwertsteuer auf der Einfuhr, sondern auch die Erhebung der übrigen Abgaben durch das BAZG im Zollgebiet.

All diese Punkte zusammen gebieten eine grundlegende Überarbeitung der bestehenden Rechtsgrundlagen. Erforderlich ist zunächst die Schaffung eines Rahmengesetzes, welches zusammenführt, was im Aufgabenbereich des BAZG materiell und formell vereinheitlich werden soll. Ferner wird das heutige Zollgesetz einer Totalrevision unterzogen und auf einen reinen Abgabeerlass reduziert. In ihm verbleiben gewisse materielle Punkte. Mit der Schaffung des Rahmengesetzes und der Totalrevision des ZG ändern zahlreiche andere, damit verbundene Erlasse.

Mit diesen umfassenden Gesetzesänderungen sollen namentlich folgende Ziele erreicht werden: ­

Streichung der Organisationsbestimmungen, um die organisatorische Weiterentwicklung zu ermöglichen;

­

Vereinfachung des materiellen Zollrechts und teilweise Angleichung des materiellen Rechts für den Zoll und die nichtzollrechtlichen Abgaben (Inlandabgaben);

­

Vereinfachung und Vereinheitlichung aller vom BAZG geführten Abgabeverfahren samt Rechtsmittelverfahren;

­

die durchgängige Digitalisierung dieser Verfahren;

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­

die fortbestehende und unveränderte Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit zugunsten von Bund und Kantone beziehungsweise in Zusammenarbeit mit diesen, unter Beachtung der verfassungsmässigen Kompetenzordnung5;

­

die möglichst automatisierte Prüfung der Einhaltung der nichtabgaberechtlichen Erlasse (bisher: nichtzollrechtliche Erlasse) die Schaffung eines standardisierten Katalogs für die Massnahmen und Leistungen des BAZG mit Auswahl der Massnahmen und Leistungen im jeweiligen Erlass sowie die risikobasierte Gewichtung des BAZG bei der Erfüllung dieser Vollzugsaufgaben;

­

die neue und technologieneutrale Regelung der Datenbearbeitung, die ein durchgängig elektronisches Verfahren ermöglicht;

­

die Schaffung zeitgemässer und einheitlicher Grundlagen für die Risikoanalyse und für gezieltere Kontrollen, unter Beibehaltung der bisherigen Befugnisse;

­

die Schaffung einheitlicher Grundlagen für die Strafverfolgung im Zuständigkeitsbereich des BAZG;

­

teilweise Angleichung der materiellen Strafbestimmungen in den Abgabeerlassen.

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Zur vorliegenden Totalrevision des Zollgesetzes und der Schaffung eines BAZGVollzugsaufgabengesetzes (E-BAZG-VG) als Rahmengesetz bestehen theoretisch zwei Alternativen: Einerseits könnte auf Neuerungen ganz verzichtet und andererseits nur eine Teilrevision durchgeführt werden. Beim Verzicht auf Neuerungen bliebe der Status quo unverändert, bei einer Teilrevision käme es zu geringeren Anpassungen als hier vorgeschlagen. Beide Alternativen wären nicht zielführend.

Die erste Alternative erlaubt es nicht, die mit dem Programm DaziT verfolgten Ziele, namentlich die Reduktion der Regulierungskosten und die Effizienzgewinne, umzusetzen. Der Status Quo verunmöglicht namentlich die Weiterentwicklung der bisherigen Organisationsstruktur des BAZG sowie die für die Digitalisierung wichtige Vereinfachung und Vereinheitlichung der Prozesse und Systeme.

Wie bereits in der DaziT-Botschaft (insbesondere Kapitel 3.1.3) beschrieben, sollen die personellen Ressourcen des BAZG, die aktuell für wenig wertschöpfende Tätigkeiten eingesetzt werden, künftig für die Bewältigung neuer Herausforderungen zur Verfügung stehen. Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit der sich verändernden Sicherheitslage im Personen- und Warenverkehr wertvoll und stellt sicher, dass das BAZG den Herausforderungen mit der nötigen Effektivität begegnen kann. Ohne

5

Zur verfassungsmässigen Kompetenzordnung vgl. Bericht des Bundesrates vom 2. März 2012 in Erfüllung des Postulats Malama 10.3045 vom 3. März 2010. Innere Sicherheit. Klärung der Kompetenzen, nachfolgend: Bericht «Malama», BBl 2012 4459.

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die erwähnte Weiterentwicklung würde diese Neuallokation der personellen Ressourcen nicht in diesem Mass erfolgen können.

Die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Prozesse und Systeme sollen sich unter anderem bei der vereinfachten Abwicklung der Grenzformalitäten und Erhebung der Inlandabgaben zeigen, die den administrativen Aufwand für Unternehmen reduzieren und so grundsätzlich zur Entlastung der Wirtschaft führen. Grenzüberschreitende Verfahren bedingen zudem die Bezugnahme auf internationale Standards und gegenseitige Anpassungen mit Nachbarstaaten. Würde der Status quo belassen, dann könnte die Schweiz in Zukunft kaum Schritt halten mit den sich weiterentwickelnden europäischen und internationalen Standards. Auch die notwendigen Anpassungen bei den Prozessen und Systemen lässt sich mit dem Status quo nicht bewerkstelligen.

Die zweite Alternative, die Teilrevision, wäre ebenfalls nicht zielführend. Die Digitalisierung erfordert eine Vereinfachung und Vereinheitlichung, die sich in vielerlei Hinsicht auswirkt. Vorab führt sie zur Schaffung eines einheitlichen elektronischen Verfahrens für die Erhebung der Abgaben im grenzüberschreitenden Warenverkehr und der Inlandabgaben. Unterschiedliche elektronische Verfahren wären der Digitalisierung abträglich. Mit dem einheitlichen elektronischen Verfahren einher geht namentlich die Fokussierung auf ein Informationssystem, das auch die Grundlage bildet für eine einheitliche Risikoanalyse und Kontrollentscheide. Die Zwecke für die Bearbeitung der Daten dieses Informationssystems sind an einem Ort zusammenzufassen.

Die möglichst automatisierte Prüfung der Einhaltung der nichtabgaberechtlichen Erlasse und die Schaffung eines Katalogs für Massnahmen und Leistungen des BAZG erfordern eine neue, einheitliche Grundlage am gleichen Ort. Dasselbe gilt für die teilweise Angleichung des materiellen Rechts für den Zoll und die Inlandabgaben, welche unnötige Differenzen beseitigt, die bei der Vereinfachung der Prozesse aufscheinen. Einheitliche Grundlagen für die Kontrolle und die Strafverfolgung sind ebenfalls an einem Ort zusammenzufassen.

Dies alles liesse sich mit einer Teilrevision nicht bewerkstelligen. Deshalb wurde der Weg der Totalrevision des Zollgesetzes gewählt. Durch die zusätzliche Schaffung des BAZG Vollzugsaufgabengesetzes als Rahmengesetz kann das, was im Aufgabenbereich des BAZG materiell und formell harmonisiert werden soll, in einem Gesetz zusammengeführt werden.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Der Bundesrat hat die Verabschiedung der Botschaft zur Totalrevision des Zollgesetzes als Ziel in die Botschaft vom 29. Januar 20206 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 aufgenommen (Leitlinien, Ziff. 4.1.2, 8.1 und. 8.2, sowie Ziel 2 des Gesetzgebungsprogrammes) und im Bundesbeschluss vom 21. September 2020 über die Legislaturplanung 2019­20237 hierzu (Art. 3 Ziff. 6) erwähnt.

6 7

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DaziT entspricht insbesondere der vom Bundesrat am 5. September 2018 verabschiedeten und am 11. September 2020 aktualisierten Strategie «Digitale Schweiz»8. Namentlich entspricht DaziT bezogen auf den Zuständigkeitsbereich des BAZG dem Ziel «Bevölkerung und Wirtschaft können ihre Behördengeschäfte effizient digital abwickeln»9. Diese Strategie gibt nicht nur die Leitlinien für das Handeln der Bundesverwaltung vor, sondern soll auf der Grundlage einer vernetzten Zusammenarbeit von Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung sowie Zivilgesellschaft umgesetzt werden. DaziT stellt eine wichtige Voraussetzung für effizientere Prozesse innerhalb des BAZG dar. Indem die Prozesse über des BAZG hinaus digitalisiert werden und sich medienbruchfrei abwickeln lassen, wird auch die Zusammenarbeit insbesondere mit der Wirtschaft auf eine moderne Grundlage gestellt. Damit deckt DaziT wesentliche Zielsetzungen ab, die der Bundesrat mit der am 3. April 2020 verabschiedeten «IKT-Strategie des Bundes 2020­2023»10 erreichen will.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Diverse hängige parlamentarische Vorstösse haben einen Bezug zur vorliegenden Zollgesetzrevision.

Folgende Postulate und Motionen werden mit dieser Revision erledigt: ­

Motion Noser vom 11. Juni 2015 (15.3551 «Bürokratieabbau. Anhebung des Mindestzolls») Die Motion beauftragt den Bundesrat, das Zollgesetz dahingehend anzupassen, dass der Mindestzoll angehoben wird. Die mit der Digitalisierung verbundene Vereinfachung der Prozesse reduziert sowohl den Aufwand der Wirtschaft für die Warenanmeldung als auch den Aufwand des BAZG für die Abgabeerhebung. Mit Blick auf die neuen technischen Möglichkeiten erscheint es daher sachgerecht, die Bestimmung über den Verzicht auf die Abgabeerhebung (Art. 46 E-BAZG-VG) anzupassen und daneben Erleichterungen für die Wirtschaft bei der Warenanmeldung (z. B. Art. 15 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 sowie Art. 23 E-BAZG-VG) vorzusehen (siehe dazu auch die Erläuterungen zu Art. 35 E-BAZG-VG). Auf eine Anhebung des Mindestzolls gemäss der erwähnten Motion ist jedoch zu verzichten.

­

Motion Ettlin vom 17. Dezember 2015 (15.4153 «Ungerechtfertigte Kostenüberwälzung auf den Kunden im Zollwesen») Die Motion betrifft die Überwälzung der Kosten der Beschau von Waren bei der Kontrolle von Kleinsendungen. Bei Kleinsendungen wird die Überwälzung der Kosten einzelner Kontrollen an die oder den betroffenen Kunden

8

9 10

Strategie «Digitale Schweiz» vom 5. September 2018, BBl 2018 5961, sowie deren Aktualisierung, zugänglich unter: www.bakom.admin.ch > Das BAKOM > Informationen des BAKOM > Medienmitteilungen > Neue Schwerpunkte für die digitale Schweiz.

Strategie «Digitale Schweiz» vom 5. September, BBl 2018 5961, hier 5974, Ziffer 4.5.3.

IKT-Strategie des Bundes 2020­2023 vom 3. April 2020 (Stand: 28. Dezember 2020), zugänglich unter: www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT Lenkung > Strategie und Planung > IKT-Strategie Bund 2020­2023.

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beziehungsweise Kundin als unfair empfunden. Neu soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass die «anmeldepflichtige Person» (gemeint: die Spediteure bzw. die Post) ihre jeweiligen Kontrollkosten den Kunden nicht gesondert in Rechnung stellen muss, sondern auf die allgemeinen Verzollungskosten aufrechnen kann. Diese Motion wird umgesetzt durch den neuen Artikel 96 Absatz 2 E-BAZG-VG. Es wird auf die dazu gehörenden Erläuterungen verwiesen.

­

Motion de Courten vom 31. Mai 2017 (17.3376 «Die wirtschaftsfeindliche Strafpraxis der Zollverwaltung umgehend korrigieren») Im Rahmen dieser Motion wurde der Bundesrat beauftragt, das Zollgesetz dahingehend anzupassen, dass die von der Zollverwaltung von 2009 bis 2016 gehandhabte Deklarantenstrafpraxis auf ausreichender rechtlicher Grundlage sinnvoll wieder fortgeführt werden kann. In Artikel 196 Buchstabe b E-BAZG-VG wird dieser Auftrag mit einer Strafverzichtsmöglichkeit umgesetzt. Diese Variante wird nach durchgeführter Vernehmlassung11 bevorzugt. In Buchstabe a von Artikel 196 wird die Verzichtsmöglichkeit nach dem Opportunitätsprinzip erweitert auf (andere) besonders leichte Fälle (Bagatellfälle). Es wird auf die Erläuterungen zu Artikel 196 E-BAZG-VG verwiesen. Vom Grundsatz her bleibt es dabei, dass für die Warenanmeldung, insbesondere die Zollanmeldung, ein hohes Mass an Sorgfalt gelten soll.

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Postulat de Courten vom 31. Mai 2017 (17.3377 «Unnötige Behinderung der Wirtschaft durch formalistische Fristenanwendung») Mit diesem Postulat wird der Bundesrat beauftragt zu prüfen, wie die vom BAZG bis anhin angewendete Praxis betreffend die Fristen im Bereich der Berichtigungen (60 statt 30 Tage) fortgeführt werden kann, und bei nächster Gelegenheit eine entsprechende Anpassung des Zollgesetzes vorzulegen. Die hier vorgeschlagenen Artikel 85 und 86 E-BAZG-VG sehen für die Anfechtung von Veranlagungsverfügungen einheitlich die Einsprache vor. Die bisherige Berichtigung (Art. 34 ZG) ist entbehrlich, weil sie in der Einsprache aufgeht. Die bisher mit Berichtigung geltend gemachten Änderungen können während der einjährigen Einsprachefrist geltend gemacht werden. Es wird auf die Erläuterungen zu den Artikeln 85 f. E-BAZG-VG verwiesen. Den Anliegen des Postulats wird sinngemäss entsprochen.

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Motion Bühler vom 16. März 2018 (18.3315 «Internationaler Online-Versandhandel. Effiziente Kontrollverfahren bei der Eidgenössischen Zollverwaltung») Mit dieser Motion wird der Bundesrat aufgefordert, die gesetzlichen Kontrollund Verfahrensbestimmungen zu straffen und die für eine sachgerechte Umsetzung notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um den Herausforderungen

11

Vernehmlassung vom 11. September 2020: Gesetz über den Allgemeinen Teil der Abgabenerhebung und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG-Vollzugsaufgabengesetz, BAZG-VG) sowie Totalrevision des Zollgesetzes (ZG) zum neuen Zollabgabengesetz (ZoG), Vernehmlassung 2020/50.

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des stetig zunehmenden grenzüberschreitenden Online-Versandhandels begegnen zu können.

Nebst der vollständigen Digitalisierung der Zollformalitäten sollen im Rahmen von DaziT auch die Geschäftsprozesse vereinfacht und vereinheitlicht werden. Damit wird die Forderung nach Vereinfachung und Standardisierung derartiger Geschäftsprozesse der im Parlament angenommenen Motion Bühler entsprochen.

Der Bundesrat beantragt die Abschreibung dieser Vorstösse.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Vom 11. September 2020 bis 31. Dezember 2020 wurde das Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.12 Nachstehend werden die materiellen Hauptanliegen und die weiteren wichtigen Anliegen sowie deren Verarbeitung zusammengefasst. Der vollständige Ergebnisbericht wurde publiziert13.

2.1

Hauptanliegen

2.1.1

Delegationsnormen

Für etliche Vernehmlassungsteilnehmende war der Vernehmlassungsentwurf zum E-BAZG-VG zu offen formuliert und enthielt zu viele Delegationsnormen. Sie erachteten deshalb eine Einschätzung der Vorlage als schwierig oder gar unmöglich.

Sie waren der Ansicht, die gesetzgeberische Kontrolle sei zu gering oder fehle gänzlich. Einzelne befürchteten eine zu hohe Machtkonzentration beim BAZG. Sie sprachen sich daher für ein engeres Regelwerk mit weniger Spielraum und für klarere Bestimmungen aus. Kreise aus der Wirtschaft wünschten ein Mitspracherecht beziehungsweiseeinen Einbezug bei der Ausarbeitung der Verordnungen und insbesondere auch die Durchführung einer Vernehmlassung. Ausserdem verlangten sie die Durchführung einer Regulierungsfolgenabschätzung.

Diesen Anliegen Rechnung tragend, wurden sämtliche Delegationsnormen geprüft und gewisse Inhalte neu auf Stufe Gesetz geregelt oder in der Delegationsstufe angehoben. So finden sich nun etwa die Grundzüge der Warenbestimmungen samt der Veredelung (Art. 24 ff. E-BAZG-VG und Art. 12­14 E-ZoG) und wichtige Verfahrenserleichterungen betreffend die Warenanmeldung (Art. 14 Abs. 3 und Art. 23 E-BAZG-VG) auf Stufe Gesetz. Ausführlicher geregelt werden ferner die Zoll- und Steuerlager (Art. 64­70 E-BAZG-VG). Die Datenbearbeitung (Art. 117 ff.

E-BAZG-VG) wird wesentlich detaillierter geregelt und sie wird schon auf Stufe Gesetz ergänzt mit Anhang 1 Ziffer 1 über die Zugriffsrechte der Mitarbeiterinnen und 12 13

Vernehmlassungsunterlagen zugänglich unter: www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossen > 2020 > EFD.

Ergebnisbericht zugänglich unter: www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossen > 2020 > EFD.

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Mitarbeiter des BAZG auf dessen Informationssystem. Die Zugriffe der Mitarbeitenden auf Fremdsysteme sind in Anhang 2 geregelt.

Die Delegationen ans BAZG beschränken sich auf technische Angelegenheiten (vgl.

etwa Art. 12 Abs. 1­3, Art. 13 Abs. 3, Art. 15 Abs. 2, Art. 17, Art. 18 Abs. 1, 4 und 5, Art. 19 Abs. 3 und 5, Art. 20 Abs. 2, Art. 67 Abs. 5, Art. 75 Abs. 3 E-BAZG-VG).

Die Regelungskompetenzen für die Zahlungsfristen und für die Voraussetzungen der Zahlungserleichterungen sowie für die Verzinsung werden einheitlich dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) delegiert (Art. 48 Abs. 2 und Art. 49 Abs. 4 E-BAZG-VG). Die Kompetenz zur Festsetzung anderer Formen als der elektronischen für die Warenanmeldung wird dem Bundesrat statt dem BAZG delegiert (Art. 15 Abs. 1 E-BAZG-VG).

Die von der Vorlage betroffenen Wirtschaftskreise werden regelmässig informiert und sie können sich an informellen Arbeitsgruppen des BAZG beteiligen. Ferner wird ihnen im Rahmen der Vernehmlassung zu den Verordnungen Gelegenheit gegeben, ihre Anliegen einzubringen. Eine Regulierungsfolgenabschätzung wird auf Stufe Verordnung erstellt, wenn deren Inhalte näher bestimmt sind.

2.1.2

Aufgaben des BAZG und Polizeihoheit der Kantone

Diverse Kantone sowie die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) monierten, die Aufgaben des BAZG seien in der ganzen Vernehmlassungsvorlage unpräzise formuliert. Es gebe eine Vermischung von fiskalpolitischen mit Sicherheits- beziehungsweise nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben im Personenverkehr. Sie forderten stattdessen eine abschliessende Aufzählung und eine genauere Umschreibung der Aufgaben. Ausserdem seien die Aufgaben nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben über die Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen abzugrenzen. Die KKJPD regte in diesem Zusammenhang an, den Zweckartikel zu überprüfen beziehungsweise zu präzisieren im Hinblick auf die verfassungsmässige Kompetenzordnung.

Diverse Kantone und die KKJPD sahen bei der Vernehmlassungsvorlage die kantonale Polizeihoheit tangiert, denn das BAZG erhalte mit den neuen Bestimmungen erweiterte Befugnisse im sicherheits- und kriminalpolizeilichen Bereich. Die Strafverfolgung falle aber in den Aufgabenbereich der kantonalen Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Vorlage höhle die kantonale Polizeihoheit aus und schaffe ein nationales Sicherheitsorgan, was verfassungswidrig sei. Besonders bei der Strafverfolgung befürchteten gewisse Kantone, es komme zu Kompetenzüberlagerungen zwischen dem BAZG und den kantonalen Behörden.

Verschiedene Kantone sprachen sich für eine Beschränkung der Kompetenzen des BAZG auf den Zollbereich aus, das heisst auf die Kontrolle des Grenz- und Warenverkehrs und die Verhinderung der grenzüberschreitenden Kriminalität im Bereich der Zolldelikte. Sie monierten eine Vermischung von Aufgaben im Verhältnis zu den nichtzollrechtlichen Aufgaben.

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Weiter machten die KKJPD, zwei Parteien und diverse Kantone geltend, der Grenzraum sei wie bisher im Einverständnis mit den Kantonen festzulegen, nicht einseitig vom EFD nach Anhörung der Kantone.

Die meisten Kantone und die KKJPD möchten an der bisherigen Zusammenarbeitsform, den Kantonsvereinbarungen, festhalten und diese individuell ausarbeiten, nicht standardisieren. Ferner sollen sie nicht wegfallen nach Ablauf einer Übergangsfrist.

Den Bedenken der Kantone und der KKJPD betreffend die Polizeihoheit konnte weitgehend Rechnung getragen werden. Der Zweckartikel (Art. 1 E-BAZG-VG) wurde überarbeitet, einerseits um den Harmonisierungszweck des Rahmengesetzes hervorzuheben und andererseits um zu klären, dass das BAZG nicht in die Zuständigkeit der Kantone oder anderer Bundesbehörden eingreift oder eingreifen möchte. Das war nie das Ziel der Vorlage. Das E-BAZG-VG berücksichtigt die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung, auch in den Bereichen Polizei und Strafverfolgung. Überdies ist das BAZG bereits heute ein Sicherheitsorgan an der Grenze, deshalb wird kein neues Sicherheitsorgan geschaffen. Der erwähnten Kompetenzabgrenzung wird auch bei der Aufzählung der Aufgaben (Art. 7 ff. E-BAZG-VG) und bei der Regelung der Kontrolle und Befugnisse (6. und 7. Titel) Rechnung getragen.

Beim Grenzraum (Art. 11 Abs. 5 E-BAZG-VG) und bei den Kantonsvereinbarungen (Art. 10 E-BAZG-VG) geht die Vorlage zurück auf die Regelung im aktuellen Recht.

Übergangsrechtlich bleibt es bei der befristeten Gültigkeit der Kantonsvereinbarungen (Art. 29 Abs. 2 E-ZoG). Die Frist wird jedoch im Verhältnis zur Vernehmlassungsvorlage von zwei auf vier Jahre ausgedehnt. Den Einwänden der Kantone und der KKJPD wird insofern Rechnung getragen, als die Kantonsvereinbarungen ungeachtet dieser übergangsrechtlichen Regelung weitergeführt und nicht standardisiert werden sollen. Möglich sind während der übergangsrechtlichen Geltung jedoch Anpassungen, die mit Blick auf den Inhalt der Kantonsvereinbarungen punktuell erforderlich sind, oder solche, die den Empfehlungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle Rechnung tragen (vgl. die Erläuterungen zu Art. 10 E-BAZG-VG und zu Art. 29 Abs. 2 E-ZoG).

2.1.3

Kontrollen

Verschiedene Parteien und Kantone befürchteten eine Ausweitung des Kontrollgebiets. Das E-BAZG-VG sehe vor, dass Personen in der ganzen Schweiz und unabhängig vom Warenverkehr kontrolliert werden könnten, wenn diese im Verdacht stünden, sich im Zollgebiet kriminell betätigt zu haben, dies auch ohne Bezug zu einem Grenzübertritt. Solche Personenkontrollen würden aber in die Zuständigkeit der Polizei fallen.

Den Bedenken der Vernehmlassungsteilnehmenden Rechnung tragend, wird die Bestimmung über das Kontrollgebiet (Art. 90 E-BAZG-VG) präzisiert. Eigentliche Personenkontrollen finden nur an der Zollgrenze und im Grenzraum statt. Vorbehalten bleiben die Ausnahmen nach Absatz 2 von Artikel 90 E-BAZG-VG. In welchen Fällen das BAZG Kontrollen im Zollgebiet durchführen kann, ist abschliessend darin umschrieben.

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2.1.4

Befugnisse

Diverse Vernehmlassungsteilnehmende sahen bei den Befugnissen des BAZG eine unklare Abgrenzung zu denjenigen der Kantone beziehungsweise eine Konkurrenz des BAZG mit den Kantonen. Teilweise befürchteten die Vernehmlassungsteilnehmenden einen massiven Ausbau der Befugnisse des BAZG. Dieser könne dazu führen, dass das BAZG mehr Befugnisse als die Polizei hätte. Abgelehnt wurden namentlich die Befugnis des BAZG, DNA-Profile zu erfassen und zu bearbeiten, sowie die neuen Befugnisse des Scheinkaufs und der Aufklärung in virtuellen Räumen. Vereinzelt wurde geltend gemacht, die Durchsuchung von Grundstücken solle wie bisher nur im Grenzraum möglich sein.

In Bezug auf die Bewaffnung wurde geltend gemacht, dass nicht das ganze Personal des BAZG zu bewaffnen sei. Für die Bewaffnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde eine Regelung auf Stufe Gesetz verlangt und eine Beschränkung auf die notwendigen Aufgaben.

Um zu zeigen, dass die Befugnisse des BAZG nicht ausgeweitet werden sollen, lehnt sich diese Vorlage grundsätzlich an die Befugnisse nach bisherigem Zollrecht an und grenzt diese besser ab zum Zwangsanwendungsgesetz vom 20. März 200814 (ZAG) und zur Strafprozessordnung15 (StPO). Wo nötig, hebt sie Befugnisse auf Gesetzesstufe, um eine bessere Grundlage zu haben.

Es wurde darauf verzichtet, die Befugnis des BAZG, DNA-Profile zu erstellen, ins BAZG-VG zu übernehmen. Die Befugnis, daktyloskopische Daten zu erheben, wurde beschränkt.

An der neuen Befugnis «Bestellung unter fiktivem Namen» (Art. 112 E-BAZG-VG; vorher: Scheinkauf) wird festgehalten. Angesichts der neuen technischen Möglichkeiten braucht das BAZG diese Befugnis, um Kontrollen effektiver gestalten beziehungsweise in gewissen Fällen überhaupt durchführen zu können. Das BAZG kann sowohl in abgaberechtlichen als auch in nichtabgaberechtlichen Erlassen Bestellungen unter fiktivem Namen tätigen, sofern und soweit ihm die Strafverfolgung in diesem Bereich obliegt. Die Kompetenz ist somit auf Fälle beschränkt, in denen das jeweilige Sachgesetz das BAZG für die Strafverfolgung als zuständig erklärt. Es geht mithin um Bereiche, in denen das BAZG originär und ausschliesslich für die Strafverfolgung zuständig ist. In diesem Bereich verfügen die Kantone oder andere Bundesbehörden über keinerlei Strafverfolgungskompetenzen und es sind keine parallelen
Zuständigkeiten gegeben.

Bei der Durchsuchung von Grundstücken hingegen trägt das BAZG den Anliegen der Vernehmlassungsteilnehmenden Rechnung und beschränkt die Kompetenz (wie bisher) auf den Grenzraum (Art. 108 Abs. 1 E-BAZG-VG).

Weder der Vernehmlassungsentwurf noch der hier vorgelegte (Art. 113 E-BAZG-VG) sehen eine Bewaffnung des ganzen Personals des BAZG vor. Artikel 113 E-BAZGVG regelt nun abschliessend wer Waffen und Hilfsmittel tragen und einsetzen darf.

Der Kritik in der Vernehmlassung Rechnung tragend, wird das Tragen und Einsetzen 14 15

SR 364 SR 312.0

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von Waffen und Hilfsmitteln wie bisher in Artikel 113 E-BAZG-VG an strenge Voraussetzungen geknüpft. Gemäss Absatz 1 dürfen ausschliesslich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG nach Artikel 101 Absatz 3 zur Ausübung der Aufgaben im Bereich der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmittel sowie der Ermittlung und Strafuntersuchung Waffen und Hilfsmittel tragen, sofern sie bei der Aufgabenerfüllung besonderen Bedrohungen ausgesetzt sein können. Indem Absatz 1 an den Auftrag beziehungsweise die Aufgabe anknüpft, schränkt er den Anwenderkreis ein und lässt es nicht zu, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG bewaffnet werden. Vielmehr erfolgt die Bewaffnung stets auftragsbezogen.

2.1.5

Abgabenerhebung inklusive Verfahren

Die harmonisierten Bestimmungen zur Abgabeerhebung sind für viele Wirtschaftsbeteiligte wichtig. Zahlreiche Rückmeldungen betrafen diesen Bereich. Im Vordergrund standen dabei folgende Themen: die neuen Rollen (Waren-, Daten- und Transportverantwortliche), die Warenanmeldung und Anmeldepflicht, die Warenbestimmungen, die Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner und deren Haftung (Solidarhaftung, Haftungsreihenfolge, Haftungsausschluss), der Verzicht auf die Abgabeerhebung, die Fälligkeit, die Verjährung und die Sicherung der Abgabeforderung sowie die Nachforderung von Abgaben, die Rückerstattung und die Rückwaren.

In Bezug auf die Abgabeerhebung regten verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende an, die neuen Rollen (Waren-, Daten- und Transportverantwortliche) mit den Begriffsbestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/201316 (nachfolgend: Zollkodex) zu harmonisieren. Die Zuordnung der erwähnten Rollen in Bezug auf den Zollkodex wird in den Ausführungsbestimmungen präzisiert (vgl. auch Ziff. 3).

Verschiedene Wirtschaftsbeteiligte verlangten, es seien die Warenbestimmungen im Gesetz detaillierter zu regeln. Dem wird in den Artikeln 24 ff. E-BAZG-VG Rechnung getragen (vgl. auch Ziff. 2.1.1, oben). Insbesondere wird, wie vom Landwirtschaftssektor gefordert, der Veredelungsverkehr auf Stufe Gesetz geregelt (Art. 28 ff.

E-BAZG-VG sowie Art. 12 f. E-ZoG). Weitere verfahrensrechtliche Einzelheiten werden nach wie vor auf Stufe Verordnung geregelt.

Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende forderten die Streichung der Bestimmung über die Eignungsvoraussetzungen für gewerbsmässig tätige Datenverantwortliche. Um die korrekte Veranlagung und Erhebung der Abgaben sowie die Einhaltung der nichtabgaberechtlichen Erlasse sicherzustellen, wird an diesen Eignungsvoraussetzungen festgehalten (vgl. Art. 36 E-BAZG-VG und den bisherigen Art. 109 Abs. 1 ZG). Einem Anliegen der Speditionsbranche und des Handels entsprechend, wird jedoch im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage der Anwendungsbereich personell ausgedehnt von den Datenverantwortlichen auf die Warenverantwortlichen, die gewerbsmässige Warenanmeldungen vornehmen. Diese sollen in Bezug auf die Eig-

16

Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10. Oktober 2013, S. 1; sowie weiteres Durchführungsrecht.

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nungsvoraussetzungen den Datenverantwortlichen gleichgestellt werden (vgl. die Erläuterungen zu Art. 36 E-BAZG-VG). Im Vergleich zum aktuellen Recht (Art. 109 Abs. 1 ZG) findet jedoch keine Ausdehnung des Anwendungsbereichs in persönlicher Hinsicht statt. Mit der Möglichkeit, dass der Bundesrat für gewerbsmässige Warenanmeldende eine Sitzpflicht im Zollgebiet vorschreiben kann, wird einem weiteren Anliegen betreffend die Rechtsdurchsetzung entsprochen.

Mehrere Rückmeldungen aus der Vernehmlassung betrafen die Haftung, namentlich die Haftungskaskade, die zur Entlastung der Daten- und Transportverantwortlichen beitragen soll, und die für sie massgeblichen Haftungsausschlüsse. Die von der Postund Kurierdienstbranche monierte Ungleichbehandlung bei der Solidarhaftung (in der Vernehmlassungsvorlage: Art. 21 Abs. 3 E-BAZG-VG) wurde aufgehoben und ersetzt durch eine neue Haftungskaskade, die nun für alle Daten- und Transportverantwortlichen gelten soll (Art. 41 E-BAZG-VG). Zwar kommt diese Haftungskaskade nur in Nachforderungsverfahren zur Anwendung. Dennoch wird den Bedürfnissen der Daten- und Transportverantwortlichen vollumfänglich Rechnung getragen, denn ihre Kritik bezüglich der Haftungsregelung bezog sich lediglich auf das Nachforderungsverfahren.

Auf die Forderung einiger Vernehmlassungsteilnehmenden hin wurden sodann die gleichen Haftungsausschlussgründe für die Datenverantwortliche wie im heutigen ZG übernommen. Dazu wurde der Haftungsausschluss bei Begleichung der Abgabeschuld durch die Warenverantwortlichen oder nach erfolgter Sicherstellung der Abgabeschuld aufgenommen (Art. 42 Bst. a E-BAZG-VG). Dieser Ausschlussgrund löst den bisherigen Artikel 70 Absatz 4 Buchstabe a ZG ab (Bezahlung über das ZAZKonto des Importeurs [ZAZ: zentralisiertes Abrechnungsverfahren]). Überdies wurde der Anwendungsbereich dieses Haftungsausschlussgrundes auf die Transportverantwortliche ausgedehnt, die nun ebenfalls von dieser Regelung profitiert (Art. 43 Bst. a E-BAZG-VG).

In Bezug auf das Verfahren äusserten verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende Bedenken betreffend den Zwang zum elektronischen Verfahren. Es wurden Ausnahmen vom elektronischen Verfahren gefordert, zum Beispiel für den Reiseverkehr und für das Einspracheverfahren. Diesen Bedenken wurde durch entsprechende Ausnahmen (v. a. in Art. 75 Abs. 2
E-BAZG-VG) Rechnung getragen.

Generell verlangten diverse Wirtschaftsbeteiligte, dass auf Stufe Gesetz nebst dem Status als zugelassener Wirtschaftsbeteiligter (Authorised Economic Operator, AEO) noch Verfahrenserleichterungen vorzusehen seien (z. B. die Aktivierung am Domizil). Dabei sollten heute bereits vorhandene Erleichterungen weiterbestehen. Dieser Kritik wird vorliegend Rechnung getragen.

Wie unter bisherigem Recht (siehe dazu etwa den zugelassenen Versand und Empfang [ZVE], Art. 100 ff. ZV), sollen Verfahrensbeteiligte auch künftig von Erleichterungen im Handelswarenverkehr profitieren können. Das Ziel dieser Erleichterungen ist es, den logistischen Bedürfnissen der Wirtschaft gerecht zu werden, den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu optimieren und dabei die Qualität der Warenanmeldungen zu steigern. Wichtige Erleichterungen, die bereits heute in ähnlicher Form existieren, wie die verbindliche Anmeldung von Waren am Domizil, sollen weitergeführt und um die Möglichkeit der reduzierten Warenanmeldung mit nachträglicher Ergänzung 20 / 436

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erweitert werden (Art. 23 E-BAZG-VG). Diese Erleichterungen sollen an eine Bewilligung gebunden werden (Art. 23 Abs. 2). Für bestimmte Waren ist zudem eine vereinfachte Warenanmeldung vorgesehen (Art. 15 Abs. 3 E-BAZG-VG); diese Erleichterung steht allen anmeldepflichtigen Personen offen.

Einige Vernehmlassungsteilnehmende fordern, dass die Verfahrenserleichterungen unabhängig vom AEO-Status zu gewähren seien und dass dieser weiterhin als Gütesiegel für eine sichere Lieferkette gelten solle. Andere Vernehmlassungsteilnehmende fordern hingegen, dass den AEO im Zollveranlagungsverfahren weitere Vereinfachungen zu gewähren seien. Manche Erleichterungen werden zwar an eine Bewilligung gebunden (Art. 23 Abs. 2 E-BAZG-VG), nicht aber an den AEO-Status. Der Grossteil der Voraussetzungen für die Erleichterungen wird jedoch deckungsgleich sein mit den Grundvoraussetzungen für die Erteilung des AEO-Status. Die Verfahrensbeteiligten mit dem AEO-Status können daher mit einer vereinfachten und beschleunigten Bewilligungserteilung für die Verfahrenserleichterungen rechnen.

Etliche Vernehmlassungsteilnehmende forderten eine Verlängerung der Einsprachefrist und damit sinngemäss gleich lange Spiesse für die Wirtschaftsbeteiligten und die Behörde, welche innert eines Jahrs Nachforderungen erheben kann (Art. 60 E-BAZG-VG). Zusätzlich verlangten verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende die Heilung von Verfahrensfehlern bei den Warenbestimmungen nach dem Vorbild des Zollkodexes.

Die Varianten der «Heilung» oder «Rückerstattung» nach dem Vorbild des Zollkodexes wurden geprüft, aber verworfen. Diese Instrumente erwiesen sich als systemfremd. Ihre Einführung hätte zahlreiche Folgeprobleme nach sich gezogen. Hingegen wird dem hauptsächlichen Bedürfnis der Wirtschaft nach mehr Zeit für Korrekturen von Veranlagungsverfügungen nachgekommen, indem die Einsprachefrist bei Veranlagungsverfügungen auf ein Jahr verlängert wurde (Art. 85 Abs. 1 E-BAZG-VG). Die Verfahrensbeteiligten erhalten hierdurch die Möglichkeit, während eines Jahres jegliche Fehler bei entsprechendem Nachweis korrigieren zu lassen und dies noch dazu in einem kostenlosen Verfahren (Art. 89 E-BAZG-VG). Die Einsprachefrist wurde bewusst auf ein Jahr verlängert als Pendant zur einjährigen Nachforderungsfrist des BAZG. Aufgrund der einjährigen Einsprachefrist,
die auch bei den Inlandabgaben Anwendung findet, können in den Bereichen des Mineralölsteuer-, Automobilsteuerund Tabaksteuergesetzes die dortigen Bestimmungen über die «Rückerstattung von Amtes wegen» aufgehoben werden. Gleiches gilt für die allenfalls zu Unrecht erhobene Biersteuer.

Gleichzeitig wird die Einsprache beschränkt auf die Anfechtung von Veranlagungsverfügungen. Dies um zu verhindern, dass der Rechtsmittelweg bei bereits einzelfallgeprüften Verfügungen künstlich verlängert wird. Das betrifft namentlich Bewilligungen. Diese können (wie Einspracheentscheide) nur noch mit verwaltungsinterner Beschwerde angefochten (Art. 87 Abs. 1 E-BAZG-VG) und anschliessend mit Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden.

Eine weitere von den Vernehmlassungsteilnehmenden geforderte Erleichterung ist, die Abgabebefreiungen, -erleichterungen und -begünstigungen auch im Rahmen des

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Nachforderungsverfahrens zuzulassen. Dem wird durch eine entsprechende Praxisänderung entsprochen; eine Anpassung des Gesetzesentwurfs ist hingegen nicht notwendig.

Im Zusammenhang mit den Verfahrensbestimmungen wurde schliesslich verlangt, die Eckpunkte der Aufbewahrung auf Stufe Gesetz zu definieren, insbesondere die Personen, die aufbewahrungspflichtig sind, sowie die Aufbewahrungsfrist. Letztere wurde als zu lang und ihr Lauf als unklar empfunden. Die Aufbewahrungsfrist wurde aufgrund dieser Rückmeldungen auf die bereits im bisherigen Zollrecht geltenden fünf Jahre gekürzt (Art. 83 Abs. 2 E-BAZG-VG). Aufgrund der diversen Sonderkonstellationen werden die Ausnahmen und der Kreis der Aufbewahrungspflichtigen jedoch auf Verordnungsstufe geregelt (Art. 83 Abs. 2 und 3 E-BAZG-VG).

2.1.6

Zoll- und Steuerlager

In Bezug auf die Zolllager verlangten verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende, es sei die Trennung von Zollfreilagern und offenen Zolllagern beizubehalten. Ferner lehnten sie eine Sicherstellung der bedingten Abgabeschuld ab. Dieser Kritik wird vorliegend Rechnung getragen. Es wird weiterhin ein offenes Zolllager und ein Zollfreilager geben (vgl. Art. 64 ff. E-BAZG-VG). Neu werden die beiden Zolllager jedoch eine einheitliche gesetzliche Grundlage und gemeinsame Voraussetzungen haben. Beim Zollfreilager ist als wesentliche Differenz zum aktuellen zweierlei zu beachten: einerseits muss für alle Waren eine Warenanmeldung eingereicht werden (nicht nur für die sensiblen Waren) und andererseits ist für alle Waren eine Lagerbuchhaltung zu führen. In Bezug auf die Sicherstellung der bedingten Abgabeschuld ist geplant, dass der Bundesrat in der Verordnung, die er nach Artikel 52 Absatz 4 erlässt, auf eine Sicherstellung der bedingten Abgabeschuld beim Verbringen ins Zolllager verzichtet.

Hinsichtlich der Steuerlager übten die Vernehmlassungsteilnehmenden insbesondere Kritik an Bewilligungskriterien und an den Bedingungen für den Betrieb. Ferner bemängelten sie das Fehlen einer Regelung auf Stufe Gesetz über das Verschieben von Waren zwischen Steuerlagern.

Die Bedingungen für den Betrieb werden mit der Streichung der Mindestanzahl von Ein- und Auslagerungen entschärft. Eine Regelung über das Verschieben von Waren zwischen den Steuerlagern ist auf Stufe Verordnung vorgesehen (ohne materielle Änderung). Die erneuerbaren Brennstoffe können künftig eingelagert werden. Separat aufgeführt wird die im Vernehmlassungsentwurf noch fehlende Sicherheitsleistung für die bei der Auslagerung oder Verwendung der eingelagerten Waren entstehenden Steuern (Art. 53).

2.1.7

Datenbearbeitung

Ein weiterer Schwerpunkt der Stellungnahmen liegt bei den Datenbearbeitungsmöglichkeiten des BAZG. Hier differierten die Meinungen stark: Einige Vernehmlassungsteilnehmende begrüssten diese und forderten zum Beispiel eine Ergänzung des 22 / 436

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Abrufverfahrens der Kantone für den Zweck der Prävention beziehungsweise Gefahrenabwehr sowie auf Daten für die Statistik. Andere hielten die Vorlage jedoch für ungenügend und forderten eine vollständige Überarbeitung, die erkennen lasse, wer welche Daten zu welchem Zweck bearbeite. Teilweise wurde die Befürchtung geäussert, dass es zu einem permanenten, massenhaften, anlasslosen und verdachtsunabhängigen Erfassen von Personendaten komme. Die Datenbearbeitungsbestimmungen seien verfassungswidrig und daher in einer Nachbesserung einzugrenzen auf das zulässige Mass.

Die Hauptkritikpunkte aus dem Vernehmlassungsverfahren im Bereich der Datenbearbeitung betrafen die fehlende Bestimmtheit der datenschutzrechtlichen Regeln und einen unverhältnismässigen Ausbau der Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten.

Hinsichtlich der fehlenden Bestimmtheit der datenschutzrechtlichen Regeln werden umfassende Änderungen am E-BAZG-VG vorgenommen. Es werden 14 Datenkategorien zur detaillierten Darstellung der Datenbearbeitung im BAZG gebildet (vgl.

Art. 119 Bst. an). Viele Zwecke bei der Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten werden konkreter gefasst im E-BAZG-VG und noch besser beschrieben in der Botschaft. Zudem werden in Anhang 1 Ziffer 1 E-BAZG-VG neu die Zugriffe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG auf die besonders schützenswerten Personendaten in den Datenkategorien anhand ihrer Funktionen in einer Tabelle ausgewiesen. Weiter wird die Datenbekanntgabe detaillierter geregelt. Unterschieden wird zwischen dem Abrufverfahren von anderen Behörden im Informationssystem des BAZG in den Artikeln 137144 E-BAZG-VG («pull») und den Übermittlungen von Daten an Drittbehörden in den Artikeln 145150 E-BAZG-VG («push»).

Bei den Abrufverfahren werden neu die abrufberechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Drittbehörden genannt, die vom Abruf betroffenen Daten anhand der Datenkategorien und teilweise weiteren Ausführungen besser umschrieben sowie die Zwecke des Abrufs klarer festgehalten. Bei den Datenübermittlungen werden ebenfalls die von der Übermittlung betroffenen Daten anhand der Datenkategorien und teilweise weiteren Ausführungen besser umschrieben sowie die Zwecke der Übermittlung klarer festgehalten. Auch bei der Risikoanalyse und beim Profiling wird die Bestimmtheit
verbessert. Die Datenbearbeitung der Risikoanalyse ist neu in Artikel 6 Buchstabe m E-BAZG-VG definiert. Zudem werden neben der Befugnis zur Datenbearbeitung der Risikoanalyse und zur Datenbearbeitung des Profiling (Art. 117 Abs. 2 E-BAZG-VG) die verschiedenen Zwecke beziehungsweise Arten der Risikoanalyse (Art. 131 E-BAZG-VG) und des Profilings (Art. 133 E-BAZG-VG) abschliessend festgelegt, detailliert beschrieben und damit eingegrenzt. Wo sinnvoll enthält die Risikoanalyse und das Profiling Eintrittsschwellen. Damit wird transparent dargestellt, wie die Risikoanalyse und das Profiling im BAZG eingesetzt wird und wie Personen davon betroffen sein können. Schliesslich werden den einzelnen Arten der Risikoanalyse (Art. 132 E-BAZG-VG) und Profilings (Art. 134 E-BAZG-VG) die jeweils für die Verwendung zugelassenen Daten zugeteilt. Der ausgewiesene Detaillierungsgrad bei diesen Datenbearbeitungen im E-BAZG-VG ist im Vergleich zu anderen Gesetzen sehr hoch. Weiter wird die Bestimmtheit der Regelung zur Aufbewahrung, Archivierung und Vernichtung ausgebaut (Art. 155169 E-BAZG-VG). Damit wird der Kritik der Vernehmlassungsteilnehmenden umfassend Rechnung getragen.

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Mit Blick auf den Vorwurf eines unverhältnismässigen Ausbaus der Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten werden ebenfalls weitgehende Änderungen am E-BAZG-VG vorgenommen. So fallen insbesondere die eigenständigen Bearbeitungszwecke zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration und zum Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse weg. Die geplante Datenbearbeitung im Rahmen dieser Themen wird ausschliesslich und spezifischer als bisher durch die Bestimmungen zur Risikoanalyse erlaubt. Weiter dürfen für den Bearbeitungszweck der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln keine Daten über die Intimsphäre oder die Zugehörigkeit zu einer Ethnie bearbeitet werden. Daten über die Gesundheit dürfen für die Kontrollen nur noch bearbeitet werden, soweit dies für die Dokumentierung einer Kontrolle und die weitere Bearbeitung des konkreten Falls unerlässlich ist. Daten über religiöse, weltanschauliche oder politische Ansichten oder Tätigkeiten dürfen für die Kontrollen nur noch im Rahmen von Artikel 13e des Bundesgesetzes vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit17 (BWIS) bearbeitet werden. Der Bearbeitungszweck zur Dokumentation der Kontrolltätigkeit und der Fallbearbeitung des BAZG fällt weg, weil die Dokumentation von Kontrollen in der Datenbearbeitung der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln enthalten ist. Der Bearbeitungszweck der internationalen Amts- und Rechtshilfe wird gestrichen, weil er in den konkreten Bestimmungen zur Amts- und Rechtshilfe im 9. Titel des E-BAZG-VG aufgeht. Auch bei der Risikoanalyse und dem Profiling wird die Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten auf Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen reduziert. Damit werden umfassende Einschränkungen in der Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten vorgenommen und der Kritik der Vernehmlassungsteilnehmenden Rechnung getragen.

Beim Profiling wurde die Kompetenz des BAZG grundsätzlich infrage gestellt. Sowohl das Persönlichkeitsprofil als auch das Profiling stehen indessen bereits unter dem ZG als erlaubte Datenbearbeitungen zur Verfügung. Für die Wahrnehmung der Aufgaben des BAZG ist die auch im neuen noch nicht in Kraft gesetzten Bundesgesetz vom 25. September 2020 über den
Datenschutz18 (nachfolgend: nDSG) vorgesehene Datenbearbeitung des Profilings notwendig. Entsprechend detailliert werden die Arten des Profilings beschrieben. Diese Beschreibung enthält eine Definition des potentiell betroffenen Personenkreises und Eintrittsschwellen, womit keine massenhaften, anlasslosen und verdachtsunabhängigen Profilings möglich sind. Mit der Präzisierung der Bestimmung zum Profiling wird zumindest teilweise der Kritik der Vernehmlassungsteilnehmenden Rechnung getragen.

Viele Kantone verlangten eine Ausweitung der Zwecke des Abrufverfahrens der kantonalen Polizeibehörden im Informationssystem des BAZG. Konkret ging es um die Zwecke der Prävention und Gefahrenabwehr. Das BAZG ist der Ansicht, dass der Abruf auf die Aufklärung begangener Straftaten verhältnismässig beschränkt sein soll. Begründete Anfragen auf dem Amtshilfeweg sind für die Zwecke der Prävention und Gefahrenabwehr weiterhin möglich.

17 18

SR 120 BBl 2020 7639

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Schliesslich wurde in der Vernehmlassung Kritik geäussert zur vorgesehenen Qualitätssicherung betreffend die Datenbearbeitung, die Risikoanalyse und das Profiling.

Teilweise wurde die Selbstkontrolle durch das BAZG abgelehnt und eine Aufgabenübertragung an den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) oder an spezialisierte Unternehmen gefordert. Die bisher vorgesehene interne Qualitätssicherung bleibt in Artikel 170 E-BAZG-VG bestehen. Sie wird nicht dem EDÖB oder spezialisierten Unternehmen übertragen. Das BAZG ist der Ansicht, dass eine externe Überprüfung durch den EDÖB im Rahmen seiner Kompetenzen möglich ist und nicht im E-BAZG-VG vorgesehen werden muss (vgl. Art. 49 ff.

nDSG). Eine anderweitige externe Qualitätssicherung müsste für alle Bundesorgane gleichermassen gelten und nicht nur für das BAZG vorgesehen sein. Dieser Kritik der Vernehmlassungsteilnehmenden wird nicht Rechnung getragen. Jedoch soll die Art der internen Qualitätssicherung ausgebaut werden. So wird konkret genannt, welche Bereiche der Datenbearbeitung laufend überprüft werden müssen. Dazu gehört zum Beispiel auch die Einhaltung des Willkür- und Diskriminierungsverbots bei der Bearbeitung von Daten im Rahmen von Risikoanalysen und von Profilings und Profilings mit hohem Risiko. Über die Qualitätssicherung erstellt die Datenschutzberaterin oder der Datenschutzberater des BAZG einen jährlichen Bericht zuhanden des der Direktorin oder des Direktors des BAZG. In diesem Zusammenhang wird die Kritik der Vernehmlassungsteilnehmenden teilweise aufgenommen.

Im Rahmen der Bearbeitung von besonders schützenswerten Daten über juristische Personen wurde Kritik geübt am Geheimnisschutz und am Auskunftsrecht. Beim Geheimnisschutz wurde gefordert, dass Daten nur nach Konsultation der betroffenen Unternehmen weitergegeben werden dürften und dass die Amts- und Rechtshilfepraxis in diesem Bereich restriktiv angewendet werden solle. Diesbezüglich ist erstens auf Artikel 57s des revidierten Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes19 (nachfolgend: nRVOG) zu verweisen, wonach Bundesorgane solche Daten nur dann bekannt geben, wenn dafür eine entsprechende Rechtsgrundlage vorliegt. Die regelmässige Weitergabe von Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnissen an Drittbehörden im Rahmen von Abrufverfahren im Informationssystem
des BAZG und Datenlieferungen des BAZG ist deswegen in den Artikeln 137144 E-BAZG-VG detailliert geregelt. Die Amts- und Rechtshilfepraxis des BAZG ist in Artikel 171 E-BAZG-VG geregelt und bedingt ein begründetes Gesuch oder eine Initiative von Amtes wegen, wobei in beiden Fällen die betreffenden Daten für den Vollzug der von den empfangenden Behörden anzuwendenden Erlasse notwendig sein müssen. Weiter ist auf Artikel 7 Buchstabe g des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 200420 (BGÖ) zu verweisen, wonach der Zugang zu amtlichen Dokumenten eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert wird, wenn durch seine Gewährung Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse offenbart werden können. Zusätzlich wird in Artikel 153 E-BAZG-VG eine eigenständige Bestimmung aufgenommen, wonach die empfangenden Behörden und Organisationen verpflichtet sind, bekannt gegebene Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse zu wahren. Dieser Kritik der Vernehmlassungsteilnehmenden wird demnach sowohl im E-BAZG-VG als auch andernorts Rechnung getragen und vom

19 20

BBl 2020 7639, hier 7679.

SR 152.3

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BAZG entsprechend umgesetzt. Auch hinsichtlich des Auskunftsrechts wird auf Artikel 57t nRVOG21 verwiesen, wonach das anwendbare Verfahrensrecht die Rechte der betroffenen Personen regelt. Wie der Bundesrat in der Botschaft vom 15. September 2017 zum Bundesgesetz über die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz22 festhielt, sind die Rechte der juristischen Personen, die sich aus Artikel 13 Absatz 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 199923 (BV) ergeben, durch das anwendbare Verfahrensrecht hinreichend gewährleistet. Daher müssen keine typisch datenschutzrechtliche Auskunfts- oder Berichtigungsrechte eingeführt werden. So stehen im Rahmen von erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren beispielsweise das Akteneinsichtsrecht oder das rechtliche Gehör zur Verfügung. Zudem können sich die betroffenen Personen, sofern sie ein schutzwürdiges Interesse haben und in ihren Rechten oder Pflichten durch einen Realakt berührt sind, auf Artikel 25a des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196824 (VwVG) berufen. So können sie von der für den Realakt zuständigen Behörde verlangen, dass sie eine beschwerdefähige Verfügung erlässt. Auf diese Weise können die betroffenen Personen ein Recht auf Berichtigung beziehungsweise Vernichtung ihrer Daten erlangen. Diesem Anliegen der Vernehmlassungsteilnehmenden wird bereits in einem anderen Erlass, den das BAZG anwendet, Rechnung getragen.

2.1.8

Strafverfolgung

In der Vernehmlassung wurde geltend gemacht, dass die Strafverfolgung den Kantonen vorbehalten sei. Das BAZG ist als Strafverfolgungsbehörde des Bundes tätig, sofern ein Bundesgesetz ihm diese Aufgabe explizit überträgt (Art. 4 Bst. c des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 201025 [StBOG]). Aktuell wird dem BAZG in über zwanzig Bundesgesetzen eine solche Strafverfolgungskompetenz eingeräumt. Indem diese Vorlage die Strafverfolgung im Zuständigkeitsbereich des BAZG harmonisiert, tangiert sie die Strafverfolgungskompetenz der Kantone nicht.

In Bezug auf die Aufklärung in virtuellen Räumen brachten die Vernehmlassungsteilnehmenden teilweise vor, dass sie die gleiche Eingriffstiefe aufweise wie die verdeckte Ermittlung nach Artikel 285 ff. StPO, weshalb eine richterliche Genehmigung im E-BAZG-VG vorzusehen sei. Teilweise war auch unklar, welcher strafprozessualen Massnahme die Aufklärung in virtuellen Räumen entspricht.

Des Weiteren wurde moniert, dass diese Massnahme den Aufgabenbereich anderer kantonaler Strafverfolgungsbehörden tangiere.

21 22 23 24 25

BBl 2020 7639, hier 7682.

BBl 2017 6941 SR 101 SR 172.021 SR 173.71 und Botschaft vom 10. September 2008 zum Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (nachfolgend: Botschaft Organisation der Strafbehörden des Bundes), welche die Zollverwaltung explizit als eine solche Behörde nennt, BBI 2008 8125, hier 8150.

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Um Klarheit zu schaffen, wird nicht mehr von der «Aufklärung in virtuellen Räumen» gesprochen, sondern von der «verdeckten Fahndung in virtuellen Räumen». Bereits die neue Bezeichnung soll deren Parallelität zu Artikel 298a ff. StPO verdeutlichen und aufzeigen, dass es sich gerade nicht um eine verdeckte Ermittlung handelt. Des Weiteren wird die verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen stark an die verdeckte Fahndung nach Artikel 298a ff. StPO angelehnt. Da sie auf virtuelle Räume beschränkt ist, geht sie in ihrem Anwendungsbereich weniger weit. Schliesslich sei an dieser Stelle erwähnt, dass das BAZG die verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen nur in den Bereichen anwendet, in denen es ausschliesslich zuständig ist. Da weder kantonale noch andere Bundesbehörden in diesen Tätigkeitsfeldern über Handlungskompetenzen verfügen, sind Überschneidungen beziehungsweise ein Eingriff in die Kompetenzen anderer Behörden durch das BAZG ausgeschlossen.

2.2

Weitere Anliegen

Weitere wichtige Anliegen der Vernehmlassung wurden wie nachstehend aufgeführt bearbeitet.

2.2.1

Verzicht auf Organisationsbestimmungen

Die Weiterentwicklung der EZV zum BAZG ist bei den meisten Vernehmlassungsteilnehmenden unbestritten. Die Gewerkschaften weisen auf Punkte in der Vorlage hin, die aus ihrer Sicht für das Personal problematisch sind: namentlich der Verzicht auf Organisationsbestimmungen im BAZG, die Schaffung einer neuen Organisationsstruktur und Bewaffnung des Zollpersonals oder die Zusammenarbeitsbestimmung, welche ihrer Ansicht nach die Auslagerung von Kompetenzen des Zolls und des Grenzschutzes an Private ermögliche.

Der Verzicht auf Organisationsbestimmungen im Gesetz hängt mit der Weiterentwicklung der EZV zusammen, die auch dem Personal Chancen zur Veränderung eröffnet, aber keine personalrechtlichen Nachteile mit sich bringt. In Bezug auf die Bewaffnung wird auf die Ausführungen unter Ziffer 2.1.4, oben, verwiesen. Eine eigentliche Auslagerung des Zolls oder des Grenzschutzes an Private ist weder geplant, möglich noch Gegenstand der Vorlage.

2.2.2

Senkung der Abgabefreigrenze (Einkaufstourismus)

Vernehmlassungsteilnehmende aus dem Handel verlangten eine Senkung der Abgabefreigrenze, um den Einkaufstourismus einzuschränken. Die Abgabefreigrenze ist indes nicht Gegenstand dieser Vorlage, die vor allem die Vereinfachung und Vereinheitlichung im Zusammenhang mit der Digitalisierung umsetzen will, ohne die Grundlagen für die Abgaben zu ändern.

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2.2.3

Schaffung eines Konsultativgremiums Zoll

Etliche Vernehmlassungsteilnehmende regten ein Konsultativgremium Zoll analog demjenigen gemäss Artikel 109 des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 200926 (MWSTG) für die Mehrwertsteuer an. Diesem Anliegen entsprechend wird in Artikel 209 E-BAZG-VG die Möglichkeit geschaffen, dass der Bundesrat ein solches Konsultativgremium Zoll einsetzt, das Anpassungen des E-BAZG-VG, des E-ZoG sowie des zugehörigen Verordnungsrechts berät.

2.2.4

Abstimmung mit der Teilrevision der Mehrwertsteuer

Einige Vernehmlassungsteilnehmende machten geltend, die Totalrevision des Zollrechts sei mit den laufenden Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes27 nicht abgestimmt. Die Inhalte der beiden Vorlagen unterscheiden sich grundlegend. Weil mit der Totalrevision des Zollgesetzes auch Bestimmungen des Mehrwertsteuergesetzes geändert werden, werden in der Gesetzesvorlage, die später zur Schlussabstimmung kommt, entsprechende Koordinationsbestimmungen notwendig sein.

Ferner forderten etliche Vernehmlassungsteilnehmende, dass die Erhebung der Einfuhrsteuer durch die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) erfolgen soll (statt durch das BAZG), was einer Zulassung des Verlagerungsverfahrens für alle Importeure von Waren gleichkäme. Die Änderung der Steuererhebungssystematik ist indes nicht Gegenstand der vorliegenden Gesetzesrevision. Eine derartige Ausweitung wird bereits in der laufenden Revision des Mehrwertsteuergesetzes mit folgender Begründung nicht übernommen: Nur die Plattformen werden mittels einer Fiktion zu Erbringerinnen von Lieferungen erklärt. Zudem wird der Versand der Waren, deren Verkauf von der Plattform ermöglicht wird, in der Regel nicht von der Plattform vorgenommen oder in Auftrag gegeben. Aus diesen Gründen ist es gerechtfertigt, den Plattformen eine Erleichterung bei der Einfuhr zu gewähren. Dies soll mithelfen, dass sich die Plattformen auch tatsächlich als steuerpflichtige Personen anmelden. Zudem hat sich bei der letzten Erleichterung der Bedingungen für die Anwendung des Verlagerungsverfahrens ­ seit 2018 sind gemäss Artikel 118 Absatz 1 Buchstabe d der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 200928 (MWSTV) nur noch 10 000 statt 50 000 Franken Vorsteuerüberschuss aus der Ein- und Ausfuhr von Gegenständen notwendig ­ gezeigt, dass von Seiten der bisherigen Steuerpflichtigen kein Interesse an einer vereinfachten Zulassung zum Verlagerungsverfahren besteht, weil sich die Zahl der Bewilligungsinhaber zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 1. Januar 2021 nur geringfügig von 407 auf 423 erhöhte und lediglich 0.15 % aller nach der effektiven Methode abrechnenden Steuerpflichtigen das Verlagerungsverfahren anwenden.

Der hier erwähnten Forderung der Vernehmlassungsteilnehmenden wird daher nicht entsprochen.

26 27 28

SR 641.20 Vernehmlassungsunterlagen zugänglich unter: www.fedlex.admin.ch > Startseite > Vernehmlassungen > Abgeschlossen > 2020 > EFD.

SR 641.201

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2.2.5

Anliegen betreffend die Mineralölsteuern

Die Branche bemängelte insbesondere die Aufteilung der Bestimmungen auf zwei getrennte Gesetze, dem Mineralölsteuergesetz und dem E-BAZG-VG als Rahmengesetz. Da die Vereinheitlichung von Bestimmungen eines der Hauptziele ist, wird daran festgehalten. Demgegenüber wurden in der Vernehmlassungsvorlage aufgehobene Regelungen wieder auf Stufe Gesetz gehoben beziehungsweise dem Bundesrat die Kompetenz zur Regelung übertragen. So bestimmt dieser beispielsweise, wie die Verschiebung von Waren zwischen Steuerlagern geregelt werden soll (Art. 34 Abs. 3 E-BAZG-VG) oder welche weiteren Voraussetzungen für spezielle Steuerlager (Pflichtlager) gelten sollen. Die steuerpflichtige Person bei der Einfuhr entspricht dem heutigen Importeur, und die Regelung der Steuernachfolge entspricht der aktuellen Regelung. Diesbezügliche Bedenken der Branche sind unbegründet.

2.2.6

Anliegen betreffend die Automobilsteuer

Die betroffenen Vernehmlassungsteilnehmenden lehnten die vorgeschlagenen materiellen Änderungen im Automobilsteuerrecht, das heisst die Aufhebung der Bestimmungen über die nachträgliche Änderung des Entgelts und die Aufhebung der Steuerbefreiungen für Motokarren und für Automobile, die der Schwerverkehrsabgabe unterliegen, durchweg ab. Aufgrund dieses Vernehmlassungsergebnisses wird auf die beiden materiellen Änderungen verzichtet.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Der Auftrag und das Ziel der Vorlage sind die Vereinfachung und Vereinheitlichung der abgabe- und nichtabgaberechtlichen Aufgaben des BAZG. Neben dem Verfahren der Abgabeerhebung wird teilweise auch das materielle Abgaberecht auf nationaler Ebene vereinheitlicht. Die zahlreichen internationalen Verpflichtungen im Zollbereich gelten jedoch unverändert und werden als völkerrechtliche Verträge direkt angewendet oder falls notwendig ins nationale Recht umgesetzt. Das Gleiche gilt für allfällige Verpflichtungen aus den Freizügigkeitsabkommen29 und den Schengen/Dublin-Abkommen30.

29

30

Siehe. z. B. das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit, SR 0.142.112.681.

Siehe z. B. das Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, SR 0.362.31, oder das Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags, SR 0.142.392.68.

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Die wichtigste Partnerin der Schweiz im grenzüberschreitenden Verkehr ist die Europäische Union (EU). Die Schweiz ist deshalb bestrebt, im Rahmen dieser Vorlage die Grundlagen für eine Harmonisierung und Vereinfachung der Prozesse und für eine konsequente Digitalisierung zu schaffen. Berührungspunkte hat die Vorlage vor allem mit dem Zollkodex. Der Zollkodex legt die Grundzüge des heutigen europäischen Zollrechts fest. Er beinhaltet beispielsweise eine schrittweise Einführung von EU-weit harmonisierten IT-Verfahren und gemeinsamen Datenbanken. Die zuständigen Bundesbehörden stehen mit der Generaldirektion Steuern und Zollunion der Europäischen Kommission (TAXUD) in regelmässigem Kontakt. Damit kann der Abgleich bezüglich Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Prozesse und der Rechtsgrundlagen sichergestellt werden.

Das Bestreben der Schweiz nach Vereinfachung und Schaffung selbsterklärender und elektronisch abgewickelter Zollprozesse deckt sich mit der Ausrichtung der EU. Dabei verfolgt die Schweiz das Ziel, eine kompatible und reibungslose Grenzabfertigung aufzubauen. Die Warenbestimmungen der Vorlage sind mit den im Zollkodex geregelten Zollverfahren abgestimmt. Diese Vorlage definiert die Rollen der Verfahrensbeteiligten neu. Sie werden künftig in drei Verantwortungsgruppen zusammengefasst: Waren-, Daten- und Transportverantwortliche. Dadurch werden übersichtliche Rollen im Abgabeverfahren (grenzüberschreitender Warenverkehr und Inland) geschaffen (siehe Erläuterungen zu Art. 6 Bst. j­l E-BAZG-VG, Ziff. 5.1). Diese Rollen werden im Zollkodex nicht verwendet. Sie werden aber in den Erläuterungen beschrieben und in den Ausführungsbestimmungen präzisiert. Sowohl TAXUD als auch die umliegenden Nachbarstaaten werden aktiv in die Prozesse und die Entwicklung der neuen digitalen Verfahren einbezogen.

Insbesondere mit den umliegenden europäischen Nachbarstaaten sind die bilateralen Verhandlungen zum Abbau von Hindernissen im Bereich der nebeneinanderliegenden Grenzabfertigungsstellen bereits angelaufen. Ziel dieser Gespräche ist es, den grenzüberschreitenden Verkehr zu beschleunigen, zu vereinfachen und zu digitalisieren.

Dabei wird auf die besonderen Gegebenheiten der jeweiligen Grenzübergänge und auf die Bedürfnisse der beiden Staaten Rücksicht genommen. Die bisherigen Ergebnisse sind
vielversprechend, und gerade die ausserordentliche Lage in den verschiedenen Nachbarstaaten während der COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Harmonisierung und Digitalisierung der Prozesse im grenzüberschreitenden Verkehr ist. Mit der Weiterentwicklung dieser Prozesse muss der Anpassungsbedarf bei den entsprechenden Staatsverträgen geprüft werden.

Für eine Mehrzahl der Staaten Europas (EU-Staaten, EFTA-Staaten, Vereinigtes Königreich, Türkei, Republik Nordmazedonien und Serbien) kommt das gemeinsame Versandverfahren (gVV), eine kostengünstige Möglichkeit zur Beförderung von unverzollten Waren durch mehrere Staaten, zur Anwendung. Die Schweiz hat das Übereinkommen vom 20. Mai 1987 über ein gemeinsames Versandverfahren31 (nachfolgend: Übereinkommen über ein gemeinsames Versandverfahren) ratifiziert. Das IT-System des gVV (Neues Computerisiertes Transitsystem, NCTS) wird bei der technischen Umsetzung dieser Vorlage gebührend berücksichtigt und eingebunden.

31

SR 0.631.242.04

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Das Abkommen vom 25. Juni 2009 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Erleichterung der Kontrollen und Formalitäten im Güterverkehr und über zollrechtliche Sicherheitsmassnahmen32 (ZESA-Abkommen) erleichtert die Kontrollen und Formalitäten im Güterverkehr zwischen der Schweiz und der EU und regelt die Zusammenarbeit im Zollsicherheitsbereich. Die Schweiz wird in Zollsicherheitsfragen grundsätzlich gleich wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt. Damit kann im Warenverkehr zwischen der Schweiz und der EU auf Zollsicherheitsmassanahmen verzichtet und folglich zusätzlicher administrativer Aufwand verhindert werden. Die beiden Vertragspartner anerkennen gegenseitig die Gleichwertigkeit ihrer auf ihrem jeweiligen Gebiet anwendbaren Sicherheitsstandards. Ein wichtiges Element bildet die Zusammenarbeit im Bereich der Risikoanalyse. Umgekehrt unterliegt der Warenverkehr zwischen der Schweiz und Drittstaaten ausserhalb der EU den EU-Sicherheitsvorschriften betreffend Voranmeldung, Sicherheitskontrollen und Risikoanalysen.

Im Bereich Grenzsicherheit und Personenkontrolle arbeitet die Schweiz im Rahmen des Abkommens vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands33 (Schengen-Assoziierungsabkommen) unter anderem eng mit den Nachbarstaaten sowie auch mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) zusammen. Bei der Überwachung des Personenverkehrs über die Zollgrenze werden die relevanten völkerrechtlichen Vorgaben eingehalten.

Das internationale Übereinkommen vom 14. Juni 1983 über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung von Waren34 («Harmonisiertes System», genannt «HS») trat für die Schweiz am 1. Januar 1988 in Kraft. Der schweizerische Zolltarif beruht wie die meisten anderen Zolltarife auf dem von über 200 Staaten angewendeten HS. Durch die Bereitstellung einer weltweit einheitlichen Codebezeichnung für eine einzige Ware trägt das HS zur Harmonisierung der Zoll-, Handels- und Zollverfahren bei und erleichtert den Austausch von Handelsdaten. Damit das HS mit den technologischen Entwicklungen Schritt hält, wird es alle fünf Jahre angepasst.
Die letzte Anpassung wurde auf den 1. Januar 2022 vorgenommen. Ob die von der Weltzollorganisation (WZO) im vorletzten Jahr angestossene Strategie über die Zukunft und grundlegende Modernisierung des HS erfolgreich sein wird, ist aus heutiger Sicht noch ungewiss. Die Angabe der richtigen Zolltarifnummer in der Warenanmeldung wird auch in Zukunft beim grenzüberschreitenden Warenverkehr mit dem neuen Warenverkehrssystem ein wichtiges Element sein.

Im weltweiten Handel gehört das überarbeitete internationale Übereinkommen zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren35 (Protokoll vom 26. Juni 1999 zur Änderung des internationalen Übereinkommens vom 18. Mai 1973 zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren [nachfolgend: Revised Kyoto Convention, RKC]) zu den wichtigsten Abkommen der WZO. Aktuell wird dieses Abkommen erneut revidiert und ein erklärtes Ziel ist die weitere Harmonisierung und 32 33 34 35

SR 0.631.242.05 SR 0.362.31 SR 0.632.11 SR 0.631.20; SR 0.631.21

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Digitalisierung der Prozesse und mit dieser Vorlage schafft die Schweiz die notwendigen Grundlagen.

Mit der Vorlage schafft die Schweiz die Grundlagen für ein modernes Zollrecht und für die Vereinfachung, die Harmonisierung und die Digitalisierung der Prozesse im internationalen Personen- und Warenverkehr.

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Vorab wird ein Rahmengesetz geschaffen, welches zusammenführt, was im Aufgabenbereich des BAZG materiell und formell harmonisiert werden soll. Dieses Gesetz wird als Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil der Abgabenerhebung und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG-Vollzugsaufgabengesetz, E-BAZG-VG) bezeichnet. Schon der Titel trägt dem Umstand Rechnung, dass neben der Abgabenerhebung die Grenzsicherheit im Vordergrund steht.

Gleichzeitig wird das heutige Zollgesetz einer Totalrevision unterzogen und auf einen reinen Abgabeerlass reduziert. In ihm verbleiben abgabenrechtliche Punkte wie die Zollpflicht und die Zollbemessung sowie die Strafbestimmungen. Das totalrevidierte ZG wird daher neu als Zollabgabengesetz (E-ZoG) bezeichnet. Das Abgabenrecht im neuen E-ZoG wird begrifflich nicht am Zollkodex der Europäischen Union ausgerichtet, dafür aber materiell vereinfacht.

Als Folge der Totalrevision des ZG zum neuen Zollabgabengesetz und der Schaffung des BAZG-Vollzugsaufgabengesetzes als Rahmengesetz ändern zahlreiche andere, damit verbundene Erlasse, die in Anhang 2 zum E-BAZG-VG aufgeführt werden.

Diese Erlasse betreffen einerseits die nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben des BAZG (bisher: Vollzugsaufgaben nach NZE) und andererseits die Abgaben, die das BAZG entweder beim grenzüberschreitenden Warenverkehr neben dem Zoll und der Mehrwertsteuer auf der Einfuhr erhebt (z. B. Tabaksteuer auf der Einfuhr von Zigaretten) oder als Inlandabgabe für Vorgänge im Zollgebiet (z. B. Biersteuer auf der Herstellung von Bier). Auf die Abgabeerlasse und auf die nichtabgaberechtlichen Erlasse ist das E-BAZG-VG als Rahmengesetz anwendbar, soweit sie darauf verweisen.

Die wichtigsten inhaltlichen Neuerungen im E-BAZG-VG sind: ­

Für alle vom BAZG zu erhebenden Abgaben gilt ein einheitliches Verfahrensrecht, sowohl für die ordentliche Veranlagung als auch für die verwaltungsinternen Rechtsmittel.

­

Das einheitliche elektronische Verfahren kennt neu folgende drei Rollen: die Warenverantwortliche, die Datenverantwortliche und die Transportverantwortliche.

­

An diese drei Rollen wird angeknüpft für die Stellung der Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner und für ihre Solidarhaftung.

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­

Die Warenverantwortliche ist Hauptschuldnerin der Abgaben und wird zuerst belangt. Die bisherige Solidarhaftung der anderen Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner wird beschränkt.

­

Das Verfahren wird elektronisch geführt. Das BAZG kann aber Ausnahmen vorsehen (z. B. für den Reiseverkehr).

­

Der verwaltungsinterne Rechtsweg gegen Veranlagungsverfügungen ist zweistufig: Er besteht aus dem Einspracheverfahren und dem verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren, die ebenfalls elektronisch geführt werden. Gegen die übrigen Verfügungen des BAZG (z. B. Bewilligungen) ist direkt verwaltungsinterne Beschwerde zu führen.

­

Die Frist zur Erhebung einer Einsprache gegen eine Veranlagungsverfügung beträgt ein Jahr. Mit der Einsprache werden beispielsweise auch die bisherige Berichtigung (Art. 34 ZG) und Fälle der bisherigen provisorischen Veranlagung (Art. 39 ZG bzw. Art. 93 ZV) abgewickelt. Für die verwaltungsinterne Beschwerde gegen die übrigen Verfügungen des BAZG sowie gegen Einspracheentscheide ist eine Frist von 60 Tage vorgesehen.

­

Die Datenbearbeitung im E-BAZG-VG und der totalrevidierten Datenbearbeitungsverordnung wird technologieneutral und aufgabenbasiert auf der Grundlage eines einzigen Informationssystems des BAZG abgebildet. Infolge des technischen Wandels hin zu vernetzten Diensten können keine einzelnen Informationssysteme mehr unterschieden werden, weshalb im E-BAZG-VG nur noch von einem Informationssystem gesprochen wird. Anstelle der gesetzlichen Auflistung von einzelnen Informationssystemen und deren Inhalten wird die Datenbearbeitung des BAZG anhand der Aufgaben und Prozessen des BAZG dargestellt. Auf Stufe Gesetz wurden dafür sogenannte Datenkategorien gebildet. Der Detaillierungsgrad der gesetzlichen Regelung der Datenbearbeitung wurde stark erhöht, um die datenschutzrechtlichen Anforderungen des nDSG an die rechtliche Grundlage und die Transparenz zu erfüllen.

So sind insbesondere die speziellen Datenbearbeitungen der Risikoanalyse und des Profilings neu abschliessend aufgezählt und ausführlich beschrieben.

Ebenso wurden die Zugriffe auf die einzelnen Datenkategorien für die verschiedenen Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BAZG festgelegt. Schliesslich wurde neu auch eine Qualitätssicherung für die Datenbearbeitung in das E-BAZG-VG aufgenommen.

­

Es gibt harmonisierte Bestimmungen über die Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln (360-Grad-Kontrolle) sowie über die Befugnisse des BAZG, die sich an das bisherige Zollrecht anlehnen. Die harmonisierten Kompetenzen im Bereich Kontrolle und Befugnisse berücksichtigen die Zuständigkeit der Kantone.

­

Es wird ein standardisierter Katalog von Massnahmen und Leistungen, die das BAZG anderen Ämtern im Rahmen seiner nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben erbringt, geschaffen. Das BAZG kann die Erfüllung dieser Aufgaben risikobasiert gewichten.

­

Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert, die gegen nichtabgaberechtliche Erlasse verstossen, können vereinfacht vernichtet werden.

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­

Zur Aufdeckung von Widerhandlungen in seinem Zuständigkeitsbereich kann das BAZG Bestellungen unter fiktivem Namen und eine verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen vornehmen.

­

In gewissen Fällen von untergeordneter Bedeutung soll das BAZG auf die Strafverfolgung verzichten können. Damit wird unter anderem die sogenannte «Deklarantenstrafpraxis» (existierte von 2009 bis Ende 2016) auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und erneut eingeführt.

­

Der Anwendungsbereich der straflosen Selbstanzeige, die zum Absehen von der Strafverfolgung führt, wird ausgedehnt.

­

Der Einsatz von Ortungsgeräten setzt das Vorliegen einer Straftat gemäss dem Straftatenkatalog voraus und wird durch das Zwangsmassnahmengericht genehmigt. Zudem werden wichtige Bestimmungen dazu neu auf Gesetzesstufe geregelt.

­

Die Strafrahmen für Widerhandlungen in der Zuständigkeit des BAZG werden grösstenteils harmonisiert.

­

Die teilweise detaillierten organisatorischen Bestimmungen über den inneren Aufbau des BAZG werden entfernt.

­

Als Folge der organisatorischen Weiterentwicklung können Aufgaben, die heute nur von Angehörigen des Grenzwachtkorps (GWK) wahrgenommen werden, künftig grundsätzlich von allen entsprechend ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfüllt werden. Somit bedarf es der Erwähnung des GWK als Organisationseinheit innerhalb der BAZG nicht mehr.

4.2

Gegenstand des E-BAZG-VG samt Anhang 1 sowie dessen Verhältnis zu anderen Erlassen

Folgende Bereiche werden in den 13 Titeln des E-BAZG-VG für den Aufgabenbereich des BAZG vereinheitlicht: 1.

Allgemeine Bestimmungen;

2.

Veranlagungsverfahren;

3.

Erhebung der Abgaben;

4.

Administrative Massnahmen;

5.

Verfahrensrecht und Rechtsschutz;

6.

Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln;

7.

Befugnisse und Personal des BAZG;

8.

Datenbearbeitung;

9.

Amtshilfe und Zusammenarbeit;

10. Strafverfolgung; 11. Ordnungswidrigkeiten; 34 / 436

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12. Gebühren; 13. Schlussbestimmungen.

Anhang 1: Berechtigungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen im Informationssystem des BAZG sowie in Informationssystemen der bisherigen Zollgesetzgebung.

Der 1. Titel «Allgemeine Bestimmungen» definiert zunächst den Zweck und den Gegenstand des Rahmengesetzes. Ferner regelt er das Verhältnis zu den Abgabeerlassen und nichtabgaberechtlichen Erlassen, die das BAZG vollzieht, und definiert wichtige Begriffe sowie räumliche Aspekte des grenzüberschreitenden Warenverkehrs (Zollgebiet, Zollgrenze, Grenzraum und Verkehrswege).

Das E-BAZG-VG will hauptsächlich den Vollzug der abgaberechtlichen und nichtabgaberechtlichen Aufgaben des BAZG harmonisieren. Ferner wird mit dem Rahmengesetz im Zuständigkeitsbereich des BAZG ein Beitrag geleistet zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität und illegaler Migration sowie ein Beitrag zur Wahrung der inneren Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung.

Die abgabe- und nichtabgaberechtlichen Aufgaben des BAZG werden zusammengefasst und es werden Begriffe definiert, die für alle abgabe- und nichtabgaberechtlichen Erlasse im Aufgabenbereich des BAZG Geltung erlangen sollen. Zu diesen Begriffen gehören die drei neuen Rollen der Warenverantwortlichen, Datenverantwortlichen und Transportverantwortlichen. Sicherheitsaufgaben erfüllt das BAZG weiterhin in Absprache mit anderen Behörden des Bundes und der Kantone sowie unter Wahrung der verfassungsmässigen Kompetenzordnung und Berücksichtigung der Zuständigkeit der anderen Behörden. Im Bereich der Sicherheitsaufgaben führt das E-BAZG-VG somit zu keinen Änderungen. Vorgesehen ist wie bisher die Aufgabenübertragung an das BAZG durch Kantonsvereinbarungen. Das Verhältnis der abgabe- und nichtabgaberechtlichen Erlasse zum Rahmengesetz wird geklärt: dieses ist anwendbar, soweit jene es vorsehen. Im Interesse der Harmonisierung soll dies möglichst überall der Fall sein.

Auf organisatorische Bestimmungen wird aus den erwähnten Gründen verzichtet (vgl.

Ziff. 1.1).

Auch die bisherigen Bestimmungen im Zollgesetz (Art. 93) über die Wohlfahrtskasse des Zollpersonals sind entbehrlich. Die Wohlfahrtskasse soll es weiterhin geben. Die bestehende Verordnung vom
18. Oktober 2006 über die Wohlfahrtskasse des Zollpersonals36 hat aber bereits eine ausreichende Grundlage im Bundespersonalgesetz vom 24. März 200037 (BPG; Art. 32 Bst. e). Deshalb erübrigt es sich, die Wohlfahrtskasse im E-BAZG-VG oder im E-ZoG zu erwähnen.

Der 2. Titel «Veranlagungsverfahren» sieht eine Anmeldepflicht vor für Waren, die ein- oder ausgeführt werden oder einer Inlandabgabe unterliegen. Entsprechend den Digitalisierungsvorgaben hat diese Anmeldung grundsätzlich in elektronischer Form zu erfolgen.

36 37

SR 631.051 SR 172.220.1

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Im Zusammenhang mit dem elektronischen Verfahren erlangen die Referenzierung (Verknüpfung der Ware mit dem Identifikationszeichen für die Sendung oder das Transportmittel im grenzüberschreitenden Verkehr) und Aktivierung (Auslösen eines technischen Vorgangs, mit dem die elektronische Eingabe, beispielsweise eine Warenanmeldung, eingereicht wird) neu eine Bedeutung.

Beim grenzüberschreitenden Warenverkehr ist in der Warenanmeldung eine Warenbestimmung (Einfuhr in den freien Verkehr, Ausfuhr aus dem freien Verkehr, Durchfuhr, Einfuhr zur aktiven oder Ausfuhr zur passiven Veredelung, Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung und Verbringen in ein Zoll- oder Steuerlager) anzugeben. Gewisse Warenbestimmungen sind bewilligungspflichtig.

Das BAZG nimmt eine Prüfung der Warenanmeldung vor und erlässt Veranlagungsverfügungen für die von ihm zu erhebenden Abgaben. Geprüft werden dabei nicht nur die Voraussetzungen für die Abgabeerhebung, sondern auch die Einhaltung der nichtabgaberechtlichen Erlasse. Die Warenanmeldung wird einer Risikoanalyse unterzogen. Bei Bedarf führt das BAZG Kontrollen nach dem 6. Titel durch.

Wie im bisherigen Recht sollen Verfahrensbeteiligte auch künftig von Erleichterungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr profitieren können. Das betrifft namentlich die vereinfachte Warenanmeldung für bestimmte Waren (allen offenstehend) sowie die verbindliche Anmeldung am Domizil (heute: zugelassener Versand und Empfang) und die Möglichkeit der reduzierten Warenanmeldung mit nachträglicher Ergänzung (bewilligungspflichtig). Teilweise gehen die Erleichterungen weiter als die nach bisherigem ZG. Die Voraussetzungen für die bewilligungspflichtigen Erleichterungen, die auf Verordnungsstufe geregelt werden, erfordern unter anderem ein hohes Mass an Zuverlässigkeit für die Einhaltung der Erlasse. Der Status zugelassener Wirtschaftsbeteiligter (AEO) ist keine Voraussetzung für die Erleichterungen. Wer über den Status verfügt, muss aber gewisse Voraussetzungen für Verfahrenserleichterungen nicht noch einmal nachweisen.

Wie heute werden Anforderungen für Personen definiert, die gewerbsmässig Warenanmeldungen erstellen. Sie betreffen nicht nur die Datenverantwortlichen, sondern auch die Warenverantwortlichen.

Neu ist die Norm betreffend die Gegenleistung für die Warenanmeldungskosten.
Der 3. Titel regelt Aspekte im Zusammenhang mit der Abgabenerhebung und vereinheitlicht teilweise das materielle Abgaberecht im Aufgabenbereich des BAZG. Es geht hauptsächlich um die Entstehung der Abgabeschuld, die Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner im grenzüberschreitenden Warenverkehr, die Solidarhaftung, den Verzicht auf die Abgabenerhebung, die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit einer Abgabeschuld, deren Bezahlung, Verzinsung, Verjährung und Sicherstellung sowie um die Nachforderung und den Erlass von Abgaben. Ferner enthält der Titel die Grundlagen für materielle Bewilligungen, etwa betreffend Zolllager und Steuerlager.

Teilweise neu ist, wie die Warenverantwortliche, Datenverantwortliche und Transportverantwortliche im grenzüberschreitenden Warenverkehr als Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner und als solidarisch Haftende erfasst werden.

Im 4. Titel stehen die Grundlagen für allfällige administrative Massnahmen gegen Bewilligungsinhaber und Verfahrensbeteiligte.

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Der 5. Titel regelt das Verfahrensrecht und den Rechtsschutz. Diese richten sich nach dem VwVG, soweit das Rahmengesetz nichts anderes bestimmt.

Mit den Bestimmungen des 5. Titels wird das Verfahren für alle Abgaben, die das BAZG erhebt, vereinheitlicht. Das einheitliche Verfahren wird, soweit es schriftlich erfolgt, grundsätzlich elektronisch geführt.

Als Rechtsmittel gegen Veranlagungsverfügungen ist neu eine Einsprache mit einjähriger Einsprachefrist vorgesehen. Diese lange Einsprachefrist ermöglicht es, die bisherige Berichtigung (Art. 34 ZG) und die Fälle der bisherigen provisorischen Veranlagung (Art. 39 ZG bzw. Art. 93 ZV) über die Einsprache abzuwickeln. Die Einsprache kann auch automatisiert erledigt werden. Gegen andere Verfügungen als Veranlagungsverfügungen und gegen Einspracheentscheide kann eine verwaltungsinterne Beschwerde geführt werden. Für die Anfechtung von Verfügungen, die das BAZG im Rahmen des Verfahrens nach dem Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht38 (VStrR) erlässt, gelten Sondervorschriften.

Der 6. Titel regelt die Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln, die an der Grenze und im Grenzraum sowie im gesamten Zollgebiet durchgeführt wird; Letzteres ausschliesslich gestützt auf das E-BAZG-VG, übrige Erlasse oder Vereinbarungen mit den Kantonen. Vorgesehen sind auch automatisierte Kontrollen, namentlich bei der Prüfung der Einhaltung nichtabgaberechtlicher Erlasse. Neu wird geregelt, dass und wie das BAZG die Kontrolle im Rahmen der nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben risikobasiert gewichtet.

Im 7. Titel werden die Befugnisse, über die das BAZG bei der Erfüllung seiner Aufgaben verfügt, einheitlich geregelt und das Verhältnis zum ZAG und zu strafprozessualen Erlassen geklärt. Bei den Befugnissen handelt sich um verwaltungsrechtliche Massnahmen, die es von strafprozessualen Zwangsmassnahmen klar abzugrenzen gilt. Sämtliche Befugnisse, die das BAZG heute hat, wurden im Umfang und in der Qualität grundsätzlich aus dem bisherigen Zollgesetz beziehungsweise der bisherigen Zollverordnung übernommen und lediglich wo notwendig minimal an die Begrifflichkeiten des ZAG angepasst. Aufgrund der Eingriffsintensität wurden gewisse Bestimmungen in der Zollverordnung, welche Befugnisse betrafen, umfassend auf Gesetzesstufe gehoben, ohne deren Umfang
zu erweitern. Das betrifft namentlich die Durchsuchung und Untersuchung von Personen, die Durchsuchung von Gegenständen, die Identifikation oder das Tragen und den Einsatz von Waffen. Das BAZG erhält mit anderen Worten grundsätzlich keine neuen Befugnisse. Neu sind einzig die Bestimmungen über die vereinfachte Vernichtung von Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert sowie die Bestellung unter fiktivem Namen. Diese Bestimmungen entsprechen aktuellen Bedürfnissen des BAZG. Eine Bestellung unter fiktivem Namen soll auch anderen Behörden, mit denen das BAZG zusammenarbeitet, möglich sein (z. B. dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen [BLV] gem. Art. 13a des Bundesgesetzes vom 16. März 2012 über den Verkehr mit Tieren und Pflanzen geschützter Arten39 [BGCITES] oder den zuständigen Vollzugorganen gem. Art. 30a des Lebensmittelgesetzes vom 20. Juni 201440 [LMG]). Daher werden 38 39 40

SR 313.0 SR 453 SR 817.0

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die entsprechenden nichtabgaberechtlichen Erlasse in Anhang 2 zum E-BAZG-VG entsprechend ergänzt.

Im 8. Titel finden sich die Vorschriften über die Datenbearbeitung des BAZG. Dazu gehört insbesondere der Inhalt des Informationssystems des BAZG mit den verschiedenen Datenkategorien, die Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen, die Details zu den speziellen Datenbearbeitungen der Risikoanalyse und des Profilings, die Grundlage für die Zugriffsrechte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG auf die Datenkategorien mit besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen in Anhang 1 Ziffer 1, die Datenbekanntgabe unterteilt in Zugriffe auf das Informationssystem des BAZG («pull») und Datenübermittlungen («push»), die Aufbewahrung der Daten und die Qualitätssicherung.

Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen im E-BAZG-VG beruhen auf der Tatsache, dass alle Daten in einem einzigen Informationssystem bearbeitet werden. Die Datenbearbeitung wird aufgabenbasiert und nicht anhand von verschiedenen Systemen dargestellt. Ergänzt durch die Bestimmungen auf Verordnungsstufe entsteht ein sehr detailliertes Bild der Datenbearbeitung des BAZG, welches den hohen Standards an die Transparenz des nDSG nachkommt.

Der 9. Titel regelt die Amtshilfe und die Zusammenarbeit des BAZG mit Dritten. Die nationale und internationale Amtshilfe entspricht den bisherigen Bestimmungen des ZG. Im Bereich Zusammenarbeit wird unterschieden zwischen der Zusammenarbeit mit dem Ausland und mit Dritten. Der Katalog der Massnahmen und Leistungen regelt die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden für die Erfüllung der Vollzugsaufgaben, die das BAZG gestützt auf nichtabgaberechtliche Erlasse hat.

Im 10. Titel finden sich Bestimmungen über die Strafverfolgung. Sie betreffen die Fälle, in denen das BAZG für Verfolgung und Beurteilung einer Straftat zuständig ist, sei es im Bereich der Abgaben, die es erhebt, oder im Rahmen der Prüfung der Einhaltung nichtabgaberechtlicher Erlasse. Neu sind die Bestimmungen über die Selbstanzeige, gewisse Vereinfachungen betreffend den Strafbescheid, die Ermittlung, die Massnahmen zum Schutz von Verfahrensbeteiligten und die verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen und der
Einsatz von Ortungsgeräten, der bisher auf Verordnungsstufe geregelt war.

Im 11. Titel werden die Ordnungswidrigkeiten geregelt, die sich auf das Verfahren beziehen und zur Anwendung kommen, sofern keine Widerhandlung im Bereich von Abgaben erfüllt ist.

Der 12. Titel regelt die Gebührenerhebung.

Der 13. Titel enthält Schlussbestimmungen, namentlich über das Konsultativgremium grenzüberschreitender Warenverkehr (Kapitel 1), die Änderung anderer Erlasse in Anhang 2 (Kapitel 2), Übergangsbestimmungen betreffend die Datenbearbeitung in Informationssystemen nach der bisherigen Zollgesetzgebung (Kapitel 3) sowie das anwendbare Recht, das der Bundesrat festlegt für die Zeit, bis die technischen Grundlagen für die Erhebung der jeweiligen Abgabe im Informationssystem nach Artikel 118 E-BAZG-VG vorhanden sind (Kapitel 4).

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Das neue Konsultativgremium grenzüberschreitender Warenverkehr setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der zollrechtlichen Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner, der Wirtschaft und der Zollrechtspraxis zusammen. Das Konsultativgremium kann zu Anpassungen des E-BAZG-VG und des E-ZoG sowie des zugehörigen Verordnungsrechts schon vor der allgemeinen Vernehmlassung Stellung nehmen, sofern und soweit diese Erlasse das Veranlagungsverfahren oder die Abgabenerhebung im grenzüberschreitenden Warenverkehr betreffen als auch Auswirkungen auf die zollrechtlichen Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner oder auf die Volkswirtschaft haben. Nicht zuständig ist das neue Konsultativgremium hingegen für Belange der Einfuhrsteuer nach dem MWSTG.

Das neue Informationssystem des BAZG wird zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des EBAZG-VG noch nicht vollständig fertiggestellt sein. Während einer Übergangsphase muss daher das BAZG zur Aufgabenerfüllung bestehende Informationssysteme des bisherigen Zollgesetzes und seiner Ausführungsbestimmungen (nachfolgend: bisherige Informationssysteme) weiter betreiben können, bis diese Systeme durch das neue Informationssystem abgelöst worden sind. Die Bestimmungen der Datenbearbeitung im 8. Titel sind nur auf das neue Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG ausgerichtet. Für die Datenbearbeitung in den bisherigen Informationssystemen wird übergangsrechtlich bestimmt, dass diese bis zur Ablösung des jeweiligen Systems weiterhin zulässig ist und dass sie sich weiterhin nach dem 1. Kapitel des 6. Titels des Zollgesetzes richtet (3. Kapitel).

Die heutigen Verfahren für die Erhebung der einzelnen Abgaben werden vereinheitlicht und über das neue Informationssystem des BAZG abgewickelt. Die Umsetzung dieses neuen vereinheitlichten Verfahrens im Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG wird auf den Zeitpunkt der Inkraftsetzung des EBAZG-VG noch nicht für alle Abgabenbereiche erfolgt sein. Während einer Übergangsphase müssen deshalb bisherige Informationssysteme für die Erhebung einzelner Abgaben weiterhin eingesetzt werden. Diese können das neue Verfahren nach dem E-BAZG-VG jedoch nicht umsetzen, denn sie bilden die je nach Abgabe unterschiedlichen Verfahren des bisherigen Rechts ab. Es ist deshalb vorgesehen, dass der Bundesrat für die Abgabeerhebung
(4. Kapitel) während einer Übergangsphase die in Kraft getretenen Bestimmungen des neuen Rechts in Teilen für nicht anwendbar und die entsprechenden Bestimmungen des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären kann, bis die Erhebung der Abgabe über das neue Informationssystem des BAZG erfolgen kann. Es handelt sich insbesondere um Bestimmungen betreffend das Veranlagungsverfahren, die Erhebung der Abgabe im engeren Sinne, das Verfahrensrecht sowie das verwaltungsinterne Rechtsmittelverfahren. Die Mehrheit der Titel und Bestimmungen des E-BAZG-VG und des E-ZoG sind davon nicht betroffen und werden ab Inkrafttreten sofort anwendbar sein.

Übergangsbestimmungen betreffend die laufenden Verfahren finden sich in den einzelnen Abgabeerlassen.

Anhang 1 regelt die Berechtigungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG zur Bearbeitung von besonders schützenswerten Daten einerseits im neuen Informationssystem des BAZG (Ziff. 1) sowie andererseits in den weiter betriebenen und eingestellten Informationssystemen des bisherigen Zollgesetzes und seinen Ausfüh-

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rungsbestimmungen (Ziff. 2). Ziffer 1 bildet die Zugriffsrechte im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG auf besonders schützenswerte Personendaten beziehungsweise auf besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen, auf Daten der Risikoanalyse sowie auf Daten des Profilings ab. Die Zugriffsrechte werden anhand von 10 Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG tabellarisch dargestellt. Ziffer 2 in Anhang 1 regelt übergangsrechtlich die Zugriffrechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG auf besonders schützenswerte Personendaten beziehungsweise auf besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen in den Informationssystemen des bisherigen Zollgesetzes (Art. 110a­110f ZG).

4.3

Gegenstand des E-ZoG

Im 1. Kapitel erklärt das E-ZoG das E-BAZG-VG für anwendbar, soweit das E-ZoG nicht abweichende Bestimmungen enthält.

Das 2. Kapitel regelt und vereinfacht die Erhebung der Zollabgaben, das heisst die Zollpflicht, die Zollbemessung, die Zollschuld und die Zollabgaben.

Im 3. Kapitel finden sich die im Verhältnis zum ZG leicht überarbeiteten Strafbestimmungen. Die Überarbeitung wurde, soweit möglich, mit der Überarbeitung der Strafbestimmungen in den anderen Abgabeerlassen abgestimmt.

Das 4. Kapitel enthält die Schlussbestimmungen. Diese heben das bisherige ZG auf und legen fest, dass die Verfahren, die beim Inkrafttreten hängig sind, nach bisherigem Recht abgeschlossen werden. Sie regeln ferner die Dauer der Gültigkeit bisheriger Bewilligungen und Vereinbarungen (inkl. Verwaltungsvereinbarungen mit den Kantonen gem. Art. 10 E-BAZG-VG).

4.4

Änderung anderer Erlasse (Anhang 2 zum E-BAZG-VG)

In Anhang 2 zum E-BAZG-VG werden diverse weitere Erlasse, die auf das bisherige ZG Bezug nehmen, geändert. Dabei geht es hauptsächlich um die Mehrwertsteuer auf der Einfuhr und um Abgaben, die das BAZG im Zollgebiet erhebt, sowie um Vollzugsaufgaben des BAZG nach nichtabgaberechtlichen Erlassen, die dem BAZG hauptsächlich Vollzugsaufgaben an der Grenze zuweisen. Auf diese Abgabeerlasse und nichtabgaberechtlichen Erlasse findet das E-BAZG-VG als Rahmengesetz Anwendung, soweit sie darauf verweisen.

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4.5

Änderung des Bundesbeschlusses vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin

Als Folge der organisatorischen Weiterentwicklung der EZV hin zum BAZG und der damit verbundenen Zusammenführung der Einheiten Zoll und GWK werden Aufgaben, die heute nur von Angehörigen des GWK wahrgenommen werden, künftig von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG ausgeführt, welche über die entsprechende Ausbildung verfügen. Die durch das E-BAZG-VG eingeführten Terminologien wie auch die neue Organisationsstruktur des BAZG haben indirekte Auswirkungen auf die Formulierungen im Bundesbeschluss vom 17. Dezember 200441 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin.

Da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG künftig nicht mehr organisations-, sondern aufgabenbezogen eingesetzt werden, ist die in Artikel 1 Absatz 3 des Bundesbeschlusses verwendete Bezeichnung «Grenzwachtkorps» durch adäquate und aufgaben- beziehungsweise funktionsbezogene Formulierungen entsprechend zu ersetzen. Weitergehende inhaltliche Änderungen am Bundesbeschluss werden mit dieser Vorlage nicht vorgenommen.

4.6

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Das BAZG nimmt für den Bund jährlich rund 21 Milliarden Franken ein, dies im grenzüberschreitenden Warenverkehr und im Inland. Gegenüber heute wird die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Prozesse beim BAZG insbesondere zu Einsparungen im administrativen Bereich führen. Die damit frei werdenden Ressourcen werden schwergewichtig für gezielte Kontrollen eingesetzt. Mit der Stärkung der Risikoanalyse wird auch die Wirksamkeit der Kontrollen erhöht und die Sicherung der Einnahmen gewährleistet. Die Revision überträgt dem BAZG keine neuen Aufgaben und sie führt auch zu keinen neuen Ausgaben. Die Vernetzung der Systeme führt ferner zu einer Reduktion des administrativen Aufwands in der Zusammenarbeit mit den übrigen Verwaltungseinheiten.

4.7

Umsetzungsfragen

Das E-BAZG-VG harmonisiert nur die Vollzugsaufgaben des BAZG und ändert nichts an der Zuständigkeit für den Vollzug. Den Kantonen werden keine Vollzugsaufgaben übertragen und ihre bisherigen Zuständigkeiten bleiben gewahrt. Auch können sie dem BAZG weiterhin im Rahmen von Verwaltungsvereinbarungen Aufgaben übertragen.

41

SR 362

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Das vereinfachte und vereinheitlichte Verfahren betrifft vor allem die Wirtschaft.

Aufgrund ihrer Stellungnahmen im Vernehmlassungsverfahren werden diverse Verfahrensbestimmungen geändert oder präzisiert. Im Verordnungsrecht werden die Regelungen noch konkretisiert. Die Ausgestaltung der zukünftigen Prozesse erfolgt in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Zu den detaillierten Prozessen und Entwürfen der Verordnungen werden die interessierten Kreise im Rahmen einer Vernehmlassung konsultiert. Damit wird einerseits die Umsetzbarkeit gewährleistet und andererseits den Bedürfnissen Rechnung getragen. Zudem werden die Auswirkungen auf die Wirtschaft im Rahmen einer Regulierungsfolgeabschätzung auf Stufe Verordnung beurteilt.

Die Auswirkungen der Datenbearbeitung wurden im Rahmen einer DatenschutzFolgenabschätzung (DSFA) geprüft (vgl. 7.8.2).

5

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

5.1

E-BAZG-VG ohne Anhänge

1. Titel: Allgemeine Bestimmungen 1. Kapitel: Zweck, Gegenstand, Verhältnis zu anderen Erlassen und Begriffe Art. 1

Zweck

Die Hauptziele dieses Gesetzes sind: ­

die Harmonisierung des Vollzugs der abgaberechtlichen und nicht abgaberechtlichen Aufgaben durch das BAZG im Rahmen seiner Zuständigkeiten (Abs. 1 Bst. a);

­

die Leistung eines Beitrags zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität und illegaler Migration sowie zur Wahrung der inneren Sicherheit des Landes und zum Schutz der Bevölkerung, sofern und soweit hierfür nicht die Kantone oder andere Bundesbehörden zuständig sind (Abs. 1 Bst. b); sowie

­

die Schaffung der Voraussetzungen für einfache und kostengünstige Verfahren im Aufgabenbereich des BAZG (Abs. 2), namentlich für die von ihm zu erhebenden Abgaben (vgl. dazu Art. 8).

Die zahlreichen Aufgaben des BAZG sowie dessen Zuständigkeit ergeben sich sodann aus den Artikeln 7­10 sowie aus den jeweiligen abgabe- und nichtabgaberechtlichen Erlassen. Sie betreffen nicht nur die Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs, sondern auch die Erhebung von Abgaben im grenzüberschreitenden Warenverkehr und im Inland.

Das BAZG beachtet bei der Aufgabenerfüllung die völkerrechtlichen Verträge (vgl. dazu Art. 3) sowie die kantonale Polizeihoheit beziehungsweise die kantonalen Strafverfolgungskompetenzen (vgl. dazu Art. 7 Abs. 3, Art. 8 sowie Art. 100 Abs. 2).

Polizeiliche Aufgaben stehen grundsätzlich in der Kompetenz der Kantone, sofern sie 42 / 436

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nicht explizit dem Bund zugeordnet sind. Ausserhalb seiner eigenen Strafverfolgungskompetenzen ist das BAZG keine Polizeibehörde des Bundes (vgl. hierzu Art. 4 StBOG). Es koordiniert seine Sicherheitsaufgaben daher mit den übrigen Polizeibehörden der Kantone und des Bundes. Es strebt eine aktive Zusammenarbeit mit diesen Partnern an. Das BAZG übernimmt weitergehende polizeiliche Aufgaben ausschliesslich dort, wo es von den Kantonen (vgl. dazu Art. 10) oder völkerrechtlichen Verträgen (z. B. Polizeikooperationsverträgen) hierzu ermächtigt wird. Die verfassungsmässigen Kompetenzen der Polizeibehörden und übrigen Strafverfolgungsbehörden von Kantonen und Bund bleiben stets gewahrt.42 Art. 2

Gegenstand

Gegenstand dieses Gesetzes sind Regelungen für die Bereiche, in denen der Vollzug der abgaberechtlichen und nichtabgaberechtlichen Aufgaben des BAZG entsprechend dem Zweckartikel harmonisiert wird. Dazu gehören namentlich die Anmeldung der Waren sowie die Veranlagung und Erhebung der Abgaben, die administrativen Massnahmen sowie das elektronische Verfahren und der Rechtsschutz. Harmonisiert werden weiter die Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln, die Befugnisse des BAZG, die Datenbearbeitung samt der Risikoanalyse, die Amtshilfe und Zusammenarbeit sowie die Strafverfolgung, soweit das BAZG für letztere zuständig ist.

Art. 3

Verhältnis zum internationalen Recht

Wie bereits im geltenden Recht (Art. 2 und 94 ZG) bleiben völkerrechtliche Verträge vorbehalten.

Art. 4

Verhältnis zu den Abgabeerlassen

Das vorliegende Gesetz ist auf die Einfuhr-, Ausfuhr- und Inlandabgaben, die das BAZG erhebt, anwendbar, soweit der jeweilige Abgabeerlass gemäss Artikel 8 es vorsieht. Der jeweilige Abgabeerlass bestimmt auch den konkreten Anwendungsbereich des vorliegenden Gesetzes.

Das Verfahren für die Erhebung der Abgaben, welche dem BAZG obliegt43, soll weitgehend vereinheitlicht werden. Trotz teilweise beträchtlicher Unterschiede zwischen der Erhebung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben im grenzüberschreitenden Warenverkehr und der Erhebung der Inlandabgaben ist eine weitgehende Vereinheitlichung des Verfahrens möglich. Zu diesem Zweck soll das vorliegende Gesetz als «Allgemeiner Teil» die vereinheitlichten Regelungen über das Verfahren der Abgabenerhebung im

42 43

Zur verfassungsmässigen Kompetenzordnung vgl. Bericht «Malama», BBl 2012 4459, hier 4478.

Hierzu zählen: Biersteuergesetz vom 6. Oktober 2006 (BStG; SR 641.411); MWSTG; Tabaksteuergesetz vom 21. März 1969 (TStG; SR 641.31); Automobilsteuergesetz vom 21. Juni 1996 (AStG; SR 641.51); Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996 (MinöStG; SR 641.61); CO2-Gesetz vom 23. Dezember 2011 (SR 641.71); Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 (USG; SR 814.01); Alkoholgesetz vom 21. Juni 1932 (AlkG; SR 680); Schwerverkehrsabgabegesetz vom 19. Dezember 1997 (SVAG; SR 641.81); Nationalstrassenabgabegesetz vom 19. März 2010 (NSAG; SR 741.71).

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Aufgabenbereich des BAZG (vgl. dazu den 2. und 5. Titel) den besonderen Bestimmungen in den jeweiligen Abgabeerlassen voranstellen. Teilweise vereinheitlicht werden auch materielle Aspekte der Abgabenerhebung (vgl. dazu den 3. Titel).

Diese Konstruktion geht deutlich über den bisherigen Artikel 90 ZG hinaus und schafft die notwendige Voraussetzung für ein vereinheitlichtes und, soweit dieses schriftlich durchzuführen ist (vgl. Art. 75 Abs. 1), durchgängig elektronisches Abgabeverfahren.

Schon heute setzt sich der für einen Abgabepflichtigen massgebliche Normbestand aus Bestimmungen mehrerer Erlasse zusammen. Mit dem vorliegenden Gesetz wird die Lesbarkeit und Nachvollziehbarkeit dieser Regelungen deutlich verbessert.

Im Zuge dieser Überarbeitung sollen weitere, im Verlauf der Jahre notwendig gewordene Bereinigungen in den Abgabeerlassen vorgenommen werden. Diese werden in Anhang 2 (Änderung anderer Erlasse) bei den entsprechenden Erlassen näher erläutert.

Art. 5

Verhältnis zu nichtabgaberechtlichen Erlassen

Dieses Gesetz ist auf die Vollzugsaufgaben des BAZG nach nichtabgaberechtlichen Erlassen anwendbar, soweit diese eine Zuständigkeit des BAZG vorsehen. Gleich wie bei den Abgabeerlassen bestimmt der jeweilige nichtabgaberechtliche Erlass den konkreten Anwendungsbereich des vorliegenden Gesetzes. In Anhang 2 (Änderung anderer Erlasse) sind die betroffenen nichtabgaberechtlichen Erlasse enthalten.

Art. 6

Begriffe

Wie im bisherigen Recht (vgl. Art. 6 ZG) sollen Begriffe definiert werden, namentlich um die Lesbarkeit des Gesetzes zu erhöhen. Die in Artikel 6 E-BAZG-VG erwähnten Begriffe sind ferner für das vereinheitlichte Abgabeverfahren und für die Stellung der Abgabeschuldnerin oder des Abgabeschuldners relevant.

Bst. a und b Zentral für den grenzüberschreitenden Verkehr sind zunächst die Verkehrsrichtungen: «Einfuhr» ist das Verbringen von Waren in das Zollgebiet und «Ausfuhr» das Verbringen von Waren in das Zollausland. Es handelt sich um physische Vorgänge: Waren werden über die Zollgrenze verbracht. Was dann mit den Waren im oder ausserhalb des Zollgebiets bezweckt wird (z. B. definitive Einfuhr in den freien Verkehr unter Erhebung der Einfuhrabgaben oder lediglich vorübergehende Einfuhr ohne Erhebung der Einfuhrabgaben), ergibt sich erst aus der Warenbestimmung (Art. 24 ff.).

Anders als im bisherigen Zollgesetz wird die Durchfuhr als Handlung nicht mehr mit einem Begriff definiert, sondern nur bei den Warenbestimmungen aufgeführt. Damit soll eine konsequente Trennung zwischen den physischen Verbringungshandlungen (Grenzübertritt einer Ware) und den Warenbestimmungen umgesetzt werden. Die Durchfuhr als Warenbestimmung setzt sich jeweils zusammen aus den beiden physischen Verbringungshandlungen Einfuhr und (Wieder-)Ausfuhr einer Ware.

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Bst. c Der Begriff «Waren» umfasst alle im Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 198644 (ZTG oder Zolltarifgesetz) erfassten Waren. Die Begriffsbestimmung von Artikel 6 Buchstabe b ZG wird damit im neuen Recht fortgeführt, wobei aus denselben Gründen wie im bisherigen Recht auf eine eigenständige Definition verzichtet und auf das ZTG verwiesen wird45. So würde etwa die Anknüpfung an den zivilrechtlichen Begriff der Fahrnis als bewegliche körperliche Sache (Art. 713 des Zivilgesetzbuchs [ZGB]46) schon beim elektrischen Strom, der nicht körperlich ist, versagen. Zu erwähnen sind ferner Flüssigkeiten oder Gase, die in der Regel erst durch das Einfüllen in Behältnisse Warencharakter erlangen. Mit dem Verweis auf das ZTG besteht die Gewissheit, dass alles, was von der Warennomenklatur erfasst wird, das heisst zolltariflich relevant ist, auch im E-BAZG-VG als Ware gilt. Zu erwähnen ist schliesslich, dass auch Beförderungsmittel beziehungsweise Strassen-, Wasser-, Luft- und Eisenbahnfahrzeuge als Waren im Sinne des E-BAZG-VG gelten und dass sich der Begriff nicht auf die beförderten Waren beschränkt.

Bst. d Der Begriff «Waren des freien Verkehrs» wird in zahlreichen Bestimmungen des E-BAZG-VG und des E-ZoG verwendet, so etwa bei den Warenbestimmungen (Art. 24 ff. E-BAZG-VG) und bei den Rückwaren (Art. 6 und 7 E-ZoG). Es besteht daher Anlass, diesen Begriff näher zu definieren als im bisherigen Zollrecht (Art. 6 Bst. c und d ZG).

Die vorliegende Definition lehnt sich einerseits an die Revised Kyoto Convention an und andererseits an das bisherige Zollrecht.

Kapitel 1 und 2 der besonderen Anlage B der Revised Kyoto Convention definieren «Waren des zollrechtlich freien Verkehrs» als Waren, über die ohne zollamtliche Beschränkung verfügt werden kann. Artikel 6 Buchstabe c ZG nennt für den Begriff «Waren des zollrechtlich freien Verkehrs» die im allgemeinen Sprachgebrauch verwendeten Synonyme «verzollte Waren» und «inländische Waren»47. Damit die Waren dem freien Verkehr zugeordnet werden können, müssen sie demnach frei sein von amtlichen Beschränkungen, und die Abgaben, die auf ihnen lasten, müssen veranlagt sein. Allfällige amtliche Beschränkungen, die sich namentlich aus nichtabgaberechtlichen Erlassen ergeben, werden im Rahmen des Veranlagungsverfahrens geprüft. Die vorliegende Definition erwähnt deshalb als
hauptsächliches Kriterium nur noch die Veranlagung der Abgaben. Daneben wird unterschieden, ob zusätzlich ein Verbringen über die Grenze (Ziff. 1) oder eine Handlung im Zollgebiet (Ziff. 2) erforderlich ist.

Kein Kriterium für die Überführung in den freien Verkehr ist nach der vorliegenden Definition, ob die fälligen Abgaben bereits bezahlt wurden oder dafür ein Zahlungsaufschub gewährt wird.

44 45 46 47

SR 632.10 Botschaft vom 15. Dezember 2003 über ein neues Zollgesetz, BBl 2004 567, hier 593, nachfolgend: Botschaft Zollgesetz.

SR 210 Botschaft Zollgesetz, BBl 2004 567, hier 593, sowie SCHREIER HEINZ in: KOCHER/ CLAVADETSCHER (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar Zollgesetz, Art. 6 N 22, nachfolgend: Stämpflis Handkommentar Zollgesetz, Autor, Art. N.

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Ziff. 1 Diese Ziffer betrifft Waren, die aus dem Ausland stammen und ins Zollgebiet verbracht werden. Damit aus einer solchen Ware eine «Ware des freien Verkehrs» wird, muss sie der Warenbestimmung der Einfuhr in den freien Verkehr nach Artikel 25 zugeführt und allfällige Einfuhrabgaben müssen veranlagt worden sein. Nur die Warenbestimmung der Einfuhr in den freien Verkehr ist geeignet, aus einer nicht im freien Verkehr stehenden Ware eine «Ware des freien Verkehrs» zu machen.

Nicht als «Waren des freien Verkehrs» gelten hingegen aus dem Ausland stammende Waren, bei denen die Abgabeschuld lediglich bedingt (vgl. Art. 39) veranlagt wurde, weil die Waren bei der ordentlichen Abwicklung der entsprechenden Warenbestimmung nicht in den freien Verkehr gelangen, sondern ausländische Waren bleiben.

Demnach gelten Waren in den Warenbestimmungen der Durchfuhr, der Einfuhr zur aktiven Veredelung, der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung sowie des Verbringens in ein Zolllager nicht als Waren des freien Verkehrs. Wenn aus einer solchen Ware eine «Ware des freien Verkehrs» werden soll, ist dasselbe Vorgehen wie bei einer unmittelbar aus dem Ausland stammenden Ware erforderlich: Zufuhr zur Warenbestimmung der Einfuhr in den freien Verkehr mit Veranlagung der allenfalls geschuldeten Abgaben. Dies bedeutet auch, dass die zwei in Ziffer 1 genannten und kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen, Verbringungshandlung über die Zollgrenze und Veranlagung der Abgaben, zeitlich mehr oder weniger auseinanderfallen können.

So wird zum Beispiel eine in ein Zolllager verbrachte Ware erst dann zu einer «Ware des freien Verkehrs», wenn die Warenbestimmung des Verbringens in ein Zolllager abgeschlossen ist (Auslagerung der Waren), die Waren der Warenbestimmung der Einfuhr in den freien Verkehr zugeführt und die hierbei anfallenden Abgaben veranlagt worden sind.

Waren, welche in ein Steuerlager verbracht worden sind (Art. 34), werden erst zu «Waren des freien Verkehrs», wenn die darauf lastenden Abgaben entsprechend dem TStG, dem MinöStG oder dem AlkG veranlagt worden sind. Das gilt auch für Waren, die wegen der Periodizität der Anmeldung (vgl. Art. 16 Abs. 1 Bst. b für die Inlandabgaben) bereits vor der Veranlagung auf dem Markt zirkulieren.

Ziff. 2 Neben den aus dem Ausland stammenden Waren gelten nach Ziffer 2 auch Waren,
die vollständig im Zollgebiet gewonnen oder hergestellt wurden, als «Waren des freien Verkehrs». Lasten auf den betreffenden Waren Inlandabgaben (vgl. Bst. g), ist die Zugehörigkeit zum freien Verkehr zusätzlich von einer Veranlagung nach dem E-BAZG-VG und den betreffenden Abgabeerlassen abhängig. Oder anders ausgedrückt: Solche Waren gelten nur dann als «Waren des freien Verkehrs», wenn die betreffenden Inlandabgaben veranlagt sind.

Waren, welche sich in einem Steuerlager befinden, werden erst zu «Waren des freien Verkehrs», wenn die darauf lastenden Abgaben entsprechend dem TStG, dem MinöStG oder dem AlkG veranlagt worden sind.

Der Begriff «Waren des freien Verkehrs» sowie sein Gegenstück «Waren, die nicht im freien Verkehr stehen» umschreiben schlussendlich den Status, den die Waren in Bezug auf ihre Behandlung nach dem E-BAZG-VG und den Abgabeerlassen innehaben.

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Zu ergänzen ist, dass unter den Begriff «Waren des freien Verkehrs» nicht ausschliesslich Waren mit schweizerischem Ursprung fallen48. Umgekehrt handelt es sich bei Waren, die nicht im freien Verkehr stehen, nicht ausschliesslich um «Waren ausländischen Ursprungs».

Bst. e und f Die Begriffe «Einfuhrabgaben» und «Ausfuhrabgaben» knüpfen direkt an die Verbringungshandlung der Einfuhr (Bst. a) und der Ausfuhr (Bst. b) an. In diesen Begriffsbestimmungen widerspiegelt sich die Absicht, die Abgaben, die beim Verbringen von Waren über die Zollgrenze anfallen, zu erfassen.

Die Einfuhrabgaben (Bst. e) umfassen die Einfuhrzölle (Ziff. 1) sowie andere Abgaben nach Artikel 8, die das BAZG auf der Einfuhr von Waren erhebt (Ziff. 2).

Demgegenüber umfassen die Ausfuhrabgaben (Bst. f) ausschliesslich die Ausfuhrzölle. Obschon momentan nur die Einfuhrzölle von Bedeutung sind, kann auf die Erwähnung der Ausfuhrzölle zumindest solange nicht verzichtet werden, als diese im Zolltarifgesetz genannt sind.

Bst. g Unter «Inlandabgaben» sind diejenigen Abgaben zu verstehen, welche gestützt auf die Abgabenerlasse nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe c­k ausserhalb des grenzüberschreitenden Warenverkehrs im Zollgebiet erhoben werden.

Bst. h Als «Person» wird jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit verstanden, die im Rechtsverkehr wirksam auftreten kann.

Bst. i­k Das Abgabeverfahren unterscheidet bei den Verfahrensbeteiligten neu drei verschiedene Rollen: die «Warenverantwortliche», die «Datenverantwortliche» und die «Transportverantwortliche». Es sind primär diese drei Verfahrensbeteiligten, die in das Veranlagungsverfahren involviert sind und entsprechend ihrer Funktion unterschiedliche Pflichten erfüllen müssen. Dementsprechend haften sie auch unterschiedlich für die Abgabeschuld (vgl. Art. 40 ff.).

Ausschlaggebend für die Festlegung und Definition dieser Rollen sind mehrere Gründe: Die Zielsetzung, ein einheitliches und digitalisiertes Verfahren für alle vom BAZG zu erhebenden Abgaben (vgl. Art. 8) zu schaffen, erfordert Begriffe und Begriffsinhalte, die auf alle Abgaben angewendet werden können. Um die Forderung der Wirtschaft nach Verfahrensvereinfachungen umsetzen zu können, müssen die Anzahl der in die Pflicht genommenen Verfahrensbeteiligten übersichtlich und der darunterfallende Personenkreis möglichst klar bestimmbar sein, und zwar sowohl für den

48

Botschaft Zollgesetz, BBl 2004 567, hier 593, sowie Stämpflis Handkommentar Zollgesetz, SCHREIER HEINZ, Art. 6 N 22.

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grenzüberschreitenden Warenverkehr als auch für den Warenverkehr bei den Inlandabgaben. Schliesslich soll die Gruppierung der Verfahrensbeteiligten so vorgenommen werden, dass die Haftung für die geschuldeten Abgaben gegenüber dem bisherigen Recht gerechter geregelt werden kann, indem nicht jede Person, die irgendeinen Bezug zu einer über die Grenze verbrachten Ware hat, im Rahmen von Abgabenachforderungen in die Pflicht genommen werden soll.

Wesentliche Merkmale des neuen Verfahrens sind die Unterscheidung der Rollen «Datenverantwortliche» und «Transportverantwortliche» gegenüber jener der «Warenverantwortlichen» sowie die Regel, dass jeweils nur eine Person als Datenverantwortliche oder als Transportverantwortliche erfasst wird. Damit schafft das neue Recht klare Verhältnisse in Bezug auf die beteiligten Akteure und deren Pflichten.

Überdies wird dem wachsenden Bedürfnis der Wirtschaft nach Rechtssicherheit im Rahmen elektronischer Geschäftsprozesse entsprochen.

Die «Warenverantwortliche» ist die Hauptrolle und zwingend erforderlich in jedem Veranlagungsverfahren. Sie gehört zum Kreis der Anmeldepflichtigen (Art. 14), der Referenzierungspflichtigen (Art. 18), der Aktivierungspflichtigen (Art. 19) und der Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner (Art. 40).

Die Definition der «Warenverantwortlichen» in Ziffer 1 von Buchstabe i orientiert sich für den grenzüberschreitenden Verkehr an den Begriffen «Importeur», «Exporteur» und «Empfänger» nach Artikel 6 der Verordnung vom 12. Oktober 2011 über die Statistik des Aussenhandels49. Sie geht jedoch, wie die untenstehenden Erläuterungen zeigen, über diese Begriffe hinaus. Der Begriff der Warenverantwortlichen deckt sich überdies nicht mit dem Importeur im Sinne des Mehrwertsteuergesetzes, und der Kreis der Steuerpflichtigen für die Einfuhrsteuer nach dem Mehrwertsteuergesetz (Art. 51 Abs. 1 MWSTG) ist nicht immer identisch mit dem Kreis der Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner nach dem E-BAZG-VG (Art. 40 Abs. 1). Näheres zu den Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldnern sowie zu den Steuerpflichtigen nach MWSTG wird in den Erläuterungen zu Art. 40 Abs. 1 E-BAZG-VG ausgeführt.

Zu den Warenverantwortlichen gehören die folgenden Personen: ­

Person, die die Ware im eigenen Namen ein- oder ausführt: Darunter fallen vorab alle Personen, die Waren für sich selber über die Grenze führen. Dabei ist nicht Voraussetzung, dass die Person selber den Transport durchführt. Vielmehr ist zu berücksichtigen, wer die Ware bestellt und mit dem Lieferanten den direkten Kontakt hatte sowie wirtschaftlich über die Ware verfügt, und zwar bereits im Zeitpunkt des Grenzübertritts oder zumindest unmittelbar danach. Massgebend ist somit grundsätzlich, wer im Rechtsgeschäft, das zur Verbringung der Ware über die Grenze führt, die charakteristische Leistung empfängt. Im Ausnahmefall kann auch bei der Einfuhr einer Ware eine Person mit Sitz oder Wohnsitz im Ausland von der Definition der Warenverantwortlichen erfasst sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn im Zeitpunkt des Verbringens über die Zollgrenze noch kein Abnehmer innerhalb des Zollgebiets feststeht oder der Abnehmer das Rechtsgeschäft nicht selbst

49

SR 632.14

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initiiert hat (z. B. Geschenksendungen). Vergleiche hierzu auch die untenstehenden Beispiele Nr. 8 und 9.

­

Person, auf deren Rechnung die Ware ein- oder ausgeführt wird: Mit dieser Variante werden Fälle abgedeckt, bei denen für die Ein- oder Ausfuhr der Ware ein indirekter Stellvertreter eingesetzt wird, der gegenüber dem BAZG in eigenem Namen, aber auf Rechnung des Vertretenen handelt. In diesem Fall ist massgebend, auf wessen Rechnung das Geschäft erfolgt und bezahlt wird, unabhängig davon, für wen die Ware schliesslich bestimmt ist.

Zusätzlich zum Vertretenen, auf dessen Rechnung die Ware ein- oder ausgeführt wird, gilt in dieser Konstellation auch der Stellvertreter selbst als Warenverantwortlicher, da dieser in seinem eigenen Namen handelt (Art. 6 Bst. i Ziff. 1 1. Lemma).

­

Person, der die Ware im Zollgebiet zugeführt wird: Als Warenverantwortliche gilt ferner auch die Empfängerin oder der Empfänger der Ware im Zollgebiet. Darunter fallen beispielsweise die Empfängerin oder der Empfänger von Geschenksendungen aus dem Ausland, aber auch von Waren, die vom Ausland für die Erledigung von Garantiearbeiten an eine Unternehmung mit Sitz im Zollgebiet zugeführt werden, oder von Post- und Kuriersendungen. Dieser Variante ist aber auch die Betreiberin oder der Betreiber von grenzüberschreitenden Rohrleitungsanlagen für die darin beförderte Ware zuzuordnen. Mit der offenen Umschreibung der Warenverantwortlichen ist für diese Spezialität keine Sondernorm wie in Artikel 45 ZG mehr erforderlich.

­

Person, die die Ware aus dem Zollgebiet versendet: Diese Wendung erfasst den inländischen Exporteur im Rahmen einer Verbringung der Ware aus dem Zollgebiet, sofern die Ware nicht in seinem eigenen Namen oder auf seine Rechnung ausgeführt wird.

Im Gegensatz zu den anderen beiden Rollen kann die Rolle der Warenverantwortlichen im grenzüberschreitenden Verkehr von mehreren Personen belegt werden, nämlich von jeder Person, welche die entsprechende gesetzliche Definition erfüllt. Um den verschiedenen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten, wie eine Ein- oder Ausfuhr stattfinden kann, Rechnung zu tragen, ist der Begriff «Warenverantwortliche» weit auszulegen.

Ziffer 2 von Buchstabe i definiert die «Warenverantwortliche» für die Abgaben, die das BAZG nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben c­k im Inland erhebt oder rückerstattet. Danach gelten als Warenverantwortliche die Personen, die nach den jeweiligen Abgabeerlassen abgabepflichtig oder rückerstattungsberechtigt sind.

«Datenverantwortliche» ist die Person, welche die Warenanmeldung für eine Warenverantwortliche vornimmt. Arbeitnehmende, welche die Warenanmeldung für das Unternehmen, von dem sie angestellt sind, tätigen, sind selber weder Waren- noch Datenverantwortliche. Ihre Handlungen werden dem jeweiligen Unternehmen zugerechnet. Diese Unternehmen sind als juristische Person Waren- beziehungsweise Datenverantwortliche, nicht ihre Angestellten.

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«Transportverantwortliche» ist die Person, die den Transport einer Ware für eine Warenverantwortliche tatsächlich vornimmt. Im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage wird auf das zusätzliche Kriterium, dass die Transportverantwortliche in der Warenanmeldung als solche bezeichnet sein muss, verzichtet. Bei Divergenzen zwischen der Warenanmeldung und den tatsächlichen Verantwortlichkeiten gäbe es Probleme.

Auch wenn nur noch die tatsächliche Verantwortlichkeit der Transportverantwortlichen massgeblich ist, wird in der Praxis zuerst auf den Inhalt der Warenanmeldung abzustellen sein. Bei Unklarheiten gilt die Person, die in der Warenanmeldung erwähnt ist, als tatsächliche Transportverantwortliche (Tatsachenvermutung), bis die Verhältnisse geklärt sind.

Wird die Warenanmeldung unterlassen, ist einzig massgebend, wer für den Transport verantwortlich ist. Die «Transportverantwortliche» führt den Transport aus oder lässt ihn ausführen. Im Warenverkehr über die Strasse ist die Fahrerin oder der Fahrer nur dann «Transportverantwortliche», wenn sie oder er selbstständig tätig ist, ansonsten soll das jeweilige Transportunternehmen als juristische Person die Rolle bekleiden.

Die Handlungen der unselbstständigen Fahrerin beziehungsweise des unselbstständigen Fahrers (Angestellte) werden wie bei der Datenverantwortlichen dem Unternehmen zugerechnet.

Die Rollen «Warenverantwortliche» und «Datenverantwortliche» können definitionsgemäss nur von unterschiedlichen Personen eingenommen werden. Nimmt die Warenverantwortliche die Warenanmeldung selbst vor und/oder transportiert sie die Ware selbst, gibt es in diesem Verfahren folglich keine Datenverantwortliche und/ oder Transportverantwortliche. Demgegenüber kann es sein, dass eine «Datenverantwortliche» auch für den Warentransport verantwortlich ist, sich also selbst als «Transportverantwortliche» in der Warenanmeldung ausweist. In dieser Konstellation werden beide Rollen («Datenverantwortliche» und «Transportverantwortliche») belegt und werden von derselben Person wahrgenommen.

Nachfolgend werden einige Beispiele aufgeführt, wie die Rollenverteilung in der Praxis aussehen kann (Warenverantwortliche = WV; Datenverantwortliche = DV; Transportverantwortliche = TV): Sachverhaltsbeispiel:

Rollenverteilung:

1) Die A AG kauft in Frankreich Fahrräder. Sie führt die Warenanmeldung und den Transport selber aus.

WV: A AG DV: keine TV: keine

2) A kauft in Deutschland einen Autoanhänger und transportiert ihn selbst über die Grenze. Die Warenanmeldung lässt er durch die B AG vornehmen.

WV: A DV: B AG TV: keine

3) Die A AG verkauft ein Möbelstück nach Italien. Sie beauftragt die B AG mit der Warenanmeldung und C mit dem Transport.

WV: A AG DV: B AG TV: C

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Sachverhaltsbeispiel:

Rollenverteilung:

4) A bestellt auf der Website der in Belgien domizilierten Online-Plattform B, die den Verkauf ermöglicht, ein T-Shirt beim Verkäufer C. Paketdienstleister D nimmt die Warenanmeldung vor und transportiert das Paket an A.

WV: A DV: D TV: D

5) A bestellt auf der Website des Schweizer Versandhändlers B eine Hose. B lässt die bestellte Hose durch den Kurierdienst C aus einem Lager in Deutschland direkt an A liefern.

WV: A DV: C TV: C

6) Die A AG exportiert Schokolade nach Finnland an B und nimmt die Warenanmeldung selbst vor. Der Transport wird durch die C AG durchgeführt.

WV: A AG, B DV: keine TV: C AG

7) Metallwarenhändler A kauft in Schweden Eisenrohre. Der ausländische Hersteller B beauftragt Spediteur C mit der Warenanmeldung und den Transporteur D, die Ware gemäss Weisung von A direkt an E zum Verzinken auszuliefern.

WV: A, E DV: C TV: D

8) A mit Wohnsitz in Deutschland sendet per Post ein wertvolles Geschenk an B in die Schweiz.

WV: A, B DV: Post TV: Post

9) A mit Wohnsitz in London sendet ein ihm gehörendes Kunstwerk an das Schweizer Auktionshaus B zur Versteigerung. Der Spediteur C nimmt für A die Warenanmeldung vor und beauftragt den Transporteur D mit dem Transport des Bildes.

WV: A, B DV: C TV: D

10) Die im Fruchthandel tätige A kauft in Spanien Erdbeeren. Sie verkauft die Erdbeeren noch in Spanien an die Schweizer Detailhändlerin B. Diese lässt die Erdbeeren vom Transportunternehmen C von Spanien in ihr Verteilzentrum bringen. Sie nimmt die Warenanmeldung selber vor.

WV: B DV: keine TV: C

11) Die A AG produziert Tabakprodukte. Der von ihm beauftragte Treuhänder B nimmt die Warenanmeldung vor.

WV: A AG DV: B TV: keine

Bst. l Die «Aktivierung» ist das Auslösen eines technischen Vorgangs, mit dem eine elektronische Eingabe eingereicht wird. Dieser technische Vorgang löst die Verbindlichkeit der Eingabe aus (vgl. dazu auch Art. 20 Abs. 1 Bst. a, Abs. 3 und 4 sowie Art. 77 Abs. 1). Sie kann in der Regel über die elektronischen Kanäle des BAZG selbst aus-

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gelöst werden, nach dem heutigen Stand der Technik bei manueller Auslösung beispielsweise durch das Anklicken einer Schaltfläche «aktivieren» in einer entsprechenden IT-Anwendung.

Bst. m Die «Risikoanalyse» ist ein Arbeitsinstrument des BAZG, das eine spezielle Art der Datenbearbeitung beinhaltet. Risikoanalyse bedeutet im E-BAZG-VG eine automatisierte oder nicht automatisierte Bearbeitung von Daten, einschliesslich Personendaten, um Erkenntnisse über die Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Widerhandlung und deren Ausmass zu gewinnen. Die Risikoanalyse beruht auf einer Kombination von Daten und wird vom BAZG als zentrales Hilfsmittel für die Erfüllung seiner Aufgaben eingesetzt, namentlich für den Entscheid, ob und wie beim Auftreten identifizierter Risiken eine Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln durchgeführt werden soll. Die Risikoanalyse wird in den Artikeln 131 und 132 E-BAZG-VG geregelt. Die Datenbearbeitung im Rahmen von Risikoanalysen stellt kein «Profiling» oder «Profiling mit hohem Risiko» nach Artikel 5 Buchstaben f und g nDSG dar. Das «Profiling» und «Profiling mit hohem Risiko» werden für das BAZG in den Artikeln 133 und 134 E-BAZG-VG geregelt.

2. Kapitel: Aufgaben des BAZG Art. 7

Grundsatz

Diese Bestimmung führt im Sinne einer Übersicht sämtliche abgabe- und nichtabgaberechtlichen Hauptaufgaben des BAZG auf. Die Auflistung orientiert sich vollumfänglich am bisherigen Zollrecht. Das BAZG erfüllt somit künftig keine neuen Aufgaben.

Abs. 1 Das BAZG vollzieht dieses Gesetz sowie die völkerrechtlichen Verträge, deren Vollzug dem BAZG obliegen. Es handelt sich hierbei um eine Zuweisung der Hauptaufgaben des BAZG in genereller Weise.

Abs. 2 Absatz 2 listet die in Absatz 1 noch in genereller Weise definierten Hauptaufgaben einzeln auf. Demgemäss erfüllt das BAZG namentlich folgende Vollzugsaufgaben: Bst. a Im Bereich der Fiskalaufgaben erhebt das BAZG weiterhin die Abgaben nach Artikel 8 oder gewährt die vorgesehenen Rückerstattungen. Es geht um die Einfuhr-, Ausfuhr- und Inlandabgaben, welche in den entsprechenden Abgabeerlassen geregelt sind.

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Bst. b Weiter überwacht und kontrolliert das BAZG im Sinne einer 360-Grad-Kontrolle den grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehr und die hierfür verwendeten Transportmittel. Das BAZG stellt die umfassende Sicherheit an der Grenze für Wirtschaft, Bevölkerung und Staat sicher. Die damit einhergehende Filterfunktion erfüllt das BAZG, indem es neben Waren und Transportmitteln auch Personen kontrolliert, die die Wirtschaft, Bevölkerung oder den Staat gefährden könnten. Das betrifft beispielsweise Personen, die sich illegal oder mit der Absicht einer kriminellen Betätigung in das Zollgebiet begeben wollen. Die vorliegende Regelung zum Gegenstand der Kontrolle spiegelt den entsprechenden Auftrag des BAZG wider.

Bst. c Das BAZG vollzieht ferner die nichtabgaberechtlichen Erlasse, soweit diese eine Zuständigkeit des BAZG vorsehen. Die Wendung «Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse» ersetzt die bisherige Formulierung «Vollzug der nichtzollrechtlichen Erlasse», ohne dass sich die bestehenden Vollzugsaufgaben grundsätzlich verändern.

Das BAZG vollzieht heute im Auftrag anderer Behörden eine grosse Zahl von nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben. Sie verteilen sich auf rund hundert Rechtsgebiete verschiedenster Art (vgl. dazu Anhang 2 betreffend die Änderung anderer Erlasse). Dazu zählen beispielsweise das Immaterialgüterrecht und das Heilmittelrecht.

Um ihrer Bedeutung gerecht zu werden und um einen weitgehend standardisierten Vollzug sicherzustellen, erhalten die nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben eigene Bestimmungen, welche die risikobasierte Gewichtung definieren (Art. 98) sowie die Massnahmen und Leistungen, die im Zusammenhang mit nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben erbracht werden, deklaratorisch aufzeigen (Art. 182).

Mit der Standardisierung des Vollzugs, der grösstmöglichen Digitalisierung der Prozesse und Automatisierung der Abwicklung des legalen Verkehrs, der risikobasierten Gewichtung der Kontrolle sowie der Konzentration auf die gezielte Kontrolltätigkeit verbessert das BAZG die Effizienz und Effektivität des Vollzugs nichtabgaberechtlicher Vollzugsaufgaben. Damit wird die Forderung der Vereinfachung und Standardisierung derartiger Geschäftsprozesse der im Parlament noch hängigen Motion Bühler vom 16. März 2018 (18.3315 «Internationaler Online-Versandhandel. Effiziente
Kontrollverfahren bei der Eidgenössischen Zollverwaltung») erfüllt. Die Massnahmen des Berichts zum Postulat Finanzkommission NR vom 18. Mai 2017 (17.3361 «Vollzug nichtzollrechtlicher Erlasse durch die Eidgenössische Zollverwaltung. Wer steuert, wie werden die Prioritäten gesetzt?») werden nun umgesetzt.

Verschiedene nichtabgaberechtliche Vollzugsaufgaben lassen sich automatisiert abwickeln und kontrollieren (Art. 92). Im zulässigen Warenverkehr soll primär diese automatisierte Kontrolle zur Anwendung kommen. Die automatisierte Kontrolle der nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben erlaubt die vollständige elektronische Überwachung und Auswertung des einschlägigen grenzüberschreitenden Warenverkehrs ohne menschliche Interaktion im Veranlagungsprozess. Physische Kontrollen nach Artikel 93, die menschliches Zutun oder den Einsatz entsprechend ausgebildeten Personals erfordern, sind abhängig von den verfügbaren personellen Ressourcen und der risikobasierten Gewichtung nach Artikel 98. Sowohl für die automatisierte als auch für die physische Kontrolle legen die zuständigen Behörden in Absprache mit 53 / 436

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dem BAZG Kontrollparameter fest. Sie definieren, anhand welcher Kriterien das BAZG Kontrollen durchführt und ab welchem Punkt (Eintretensfall) es Leistungen im Rahmen der Kontrolltätigkeit erbringt.

Ist im Zusammenhang mit den nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben von zuständigen Behörden die Rede (vgl. z. B. Art. 92), dann sind damit Verwaltungseinheiten des Bundes, der Kantone, der Gemeinden und des Fürstentums Liechtenstein sowie Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die von diesen Körperschaften mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraut worden sind, gemeint.

Erfasst sind auch die Verwaltungseinheiten des Fürstentums Liechtenstein, die aufgrund des Vertrages vom 29. März 192350 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet (Zollvertrag Schweiz­Liechtenstein) nämliche Aufgaben wie die nationalen Verwaltungseinheiten übernehmen. Stiftungen, denen öffentlich-rechtliche Aufgaben übertragen wurden (z. B. im Bereich der Dopingbekämpfung), fallen ebenfalls darunter.

Bst. d Im Rahmen seiner Aufgaben unterstützt das BAZG wie bisher die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (vgl. Art. 95 Abs. 1bis ZG, welcher durch Ziff. I 5 des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 2008 zur Umsetzung der revidierten Empfehlungen der Groupe d'action financière51 eingeführt worden ist).

Bst. e Im Bereich der Sicherheitsaufgaben ist das BAZG nicht reine Fiskalbehörde, sondern Kontroll-, Aufgriffs- und je nach Zuständigkeit auch Strafverfolgungsorgan (vgl.

hierzu Bst. f). An dieser Ausgangslage ändert das E-BAZG-VG nichts52. Die Sicherheitsaufgaben waren bislang in Artikel 96 ZG geregelt. Das BAZG leistet weiterhin einen Beitrag zur inneren Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung. Zu den hauptsächlichen Vollzugsaufgaben in diesem Bereich gehören an der Grenze beziehungsweise im Grenzraum die Überwachung von Waren, für die nichtabgaberechtliche Erlasse Vorgaben machen, das Feststellen verbotener und/oder geschmuggelter Waren sowie die strafrechtliche Ahndung von festgestellten Widerhandlungen im eigenen Kompetenzbereich oder die entsprechende Anzeige an die zuständige Stelle. Das BAZG nimmt ausschliesslich jene Sicherheitsaufgaben wahr, die nicht in die Zuständigkeit anderer Behörden fallen.
Bst. f Das BAZG ist ferner als Strafverfolgungsbehörde des Bundes tätig, sofern ein Bundesgesetz ihm diese Aufgabe explizit überträgt (Art. 4 Bst. c StBOG)53. Aktuell wird dem BAZG in über zwanzig Bundesgesetzen eine solche Strafverfolgungskompetenz eingeräumt. Dabei deckt das BAZG die begangenen Straftaten entweder direkt oder im Rahmen von komplexen Strafuntersuchungen auf, beurteilt diese oder überweist 50 51 52 53

SR 0.631.112.514 AS 2009 361; BBl 2007 6269 Zur verfassungsmässigen Kompetenzordnung vgl. Bericht «Malama», BBl 2012 4459.

Vgl. Botschaft Organisation der Strafbehörden des Bundes, BBl 2008 8125, hier 8150.

Gemäss letzterer kommt der Zollverwaltung eine Strafverfolgungskompetenz zu.

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sie an ein kantonales Strafgericht. Im Rahmen dieser Strafverfolgungskompetenzen führt das BAZG jährlich über 40 000 abgekürzte und über 1700 ordentliche Strafverfahren durch.

Abs. 3 Mit diesem Absatz wird nochmals die verfassungsmässige Kompetenzordnung verdeutlicht, wonach die innere Sicherheit Sache der Kantone ist und das BAZG diese im Grenzraum bei Bedarf unterstützt. Ebenso wird hier die auch im Hinblick auf strafprozessuale Massnahmen in Artikel 100 Absatz 2 vorgenommene Abgrenzung bezüglich sämtlicher Polizei- und Strafverfolgungsaufgaben bestätigt54.

Art. 8

Vom BAZG zu erhebende Abgaben

In diesem Artikel werden die einschlägigen Abgabeerlasse, die vom BAZG vollzogen werden, abschliessend aufgezählt, sodass im folgenden darauf Bezug genommen werden kann. Dabei geht es nicht um neue Abgaben, sondern um solche, die bisher bereits erhoben wurden.

Art. 9

Aufgabenübertragung durch den Bundesrat

Diese Bestimmung kennt bereits das bisherige Zollgesetz (Art. 98 ZG).

Sie soll im Sinne einer Generalklausel zum einen sicherstellen, dass der Bundesrat dem BAZG dringliche Aufgaben übertragen kann, welche sinnvollerweise durch Kontrollen beziehungsweise Einschreiten im grenzüberschreitenden Verkehr erfüllt werden. Zwar werden solche Aufgaben dem BAZG bereits durch zahlreiche Gesetze und Verordnungen zugewiesen. Die vorliegende Bestimmung schafft jedoch die Grundlage für eine Aufgabenübertragung in den von der Gesetzgebung nicht explizit vorgesehenen dringlichen Fällen.

Art. 10

Übernahme kantonaler polizeilicher Aufgaben

Aufgrund seiner Präsenz an der Grenze und im Grenzraum pflegt das BAZG eine lange Tradition der engen Zusammenarbeit mit den Kantonen. Diese gute und bewährte Zusammenarbeit soll unverändert fortgeführt werden. Die Grundlage für die Zusammenarbeit bilden die vorliegende Bestimmung, welche materiell unverändert dem bisherigen Artikel 97 ZG entspricht, und die gestützt darauf geschlossenen Verwaltungsvereinbarungen mit den Kantonen. Lediglich die nicht abschliessende Aufzählung der Inhalte dieser Vereinbarungen wurde ergänzt (Datenschutz und Staatshaftung, siehe weiter unten).

Das BAZG arbeitet mit denjenigen Kantonen zusammen, die es wünschen, ohne dabei die kantonale Polizeihoheit zu tangieren. Wie bisher müssen die Aufgaben, die Gegenstand der Verwaltungsvereinbarungen sind, einerseits durch die Gesetzgebung des Bundes an die Kantone übertragen worden sein und sie müssen andererseits auf Seiten 54

Zur verfassungsmässigen Kompetenzordnung vgl. Bericht «Malama», BBl 2012 4459, hier 4478.

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des BAZG mit dem Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse im Zusammenhang stehen. Nicht darunter fallen Aufgaben, die auf eigenen Kompetenzen der Kantone beruhen und nicht vom Bund delegiert werden. Darunter fällt beispielsweise der Schutz von Pilzen. Solche eigenen, nicht delegierten Aufgaben der Kantone können nicht Gegenstand der Verwaltungsvereinbarungen sein.

Die konkrete Zusammenarbeit des BAZG mit den Kantonen wird in den Verwaltungsvereinbarungen zwischen dem EFD und dem jeweiligen Kanton geregelt.

Das Ziel dieser Verwaltungsvereinbarungen ist es, die Synergien zwischen den Kantonen und des BAZG im Bereich der inneren Sicherheit bestmöglich zu nutzen. Das BAZG soll die ihm übertragenen Aufgaben selbstständig erledigen können. Die Vereinbarungen regeln insbesondere den Einsatzraum, den Umfang der Aufgaben, den Datenschutz, die Staatshaftung und die Übernahme der Kosten. Sie dürfen keine vom jeweils anwendbaren Recht abweichenden Bestimmungen enthalten; das gilt namentlich für die neu aufgeführten Inhalte Datenschutz und Staatshaftung.

Gegenwärtig pflegt das BAZG die Zusammenarbeit basierend auf Vereinbarungen mit 21 Kantonen, wobei die Intensität der Zusammenarbeit individuell ausgestaltet ist.55 Diese Art der Zusammenarbeit wird fortgeführt. Die Zusammenarbeit wird weder vereinheitlicht noch standardisiert. Gleichzeitig gilt es das Gleichbehandlungsgebot zu beachten. Bezüglich der übergangsrechtlichen Geltung der Verwaltungsvereinbarungen wird auf Artikel 29 Absatz 2 E-ZoG und die dazu gehörenden Erläuterungen (Kap. 5.4, unten) verwiesen.

3. Kapitel: Zollgebiet, Zollgrenze und Grenzraum sowie Verkehrswege Art. 11

Zollgebiet, Zollgrenzen und Grenzraum

Dieser Artikel regelt für den grenzüberschreitenden Verkehr unverzichtbare, räumlich relevante Begriffe (vgl. Art. 3 ZG).

Die Definition des «Grenzraums» ist vor allem von Bedeutung für Aufgaben gemäss Verwaltungsvereinbarungen (Art. 10). Der Grenzraum wird unter Berücksichtigung der Rückmeldungen der Kantone im Rahmen der Vernehmlassung wie im aktuellen Recht auch künftig im Einvernehmen mit dem betreffenden Grenzkanton festgelegt.

Beim Verbringen der Waren ins «Zollausschlussgebiet» fallen weder der Zoll noch die Mehrwertsteuer auf der Einfuhr an. Diese Einfuhrabgaben würden erst erhoben beim Verbringen der Waren ins Zollgebiet. Die übrigen Abgaben, die das BAZG vollzieht, werden im Zollausschlussgebiet ebenfalls nicht erhoben. Hingegen gelten im Zollausschlussgebiet die nichtabgaberechtlichen Erlasse, sofern diese nicht selber ihre Anwendung ausschliessen56.

55

56

Vgl. dazu Delegationsmatrix kantonaler Aufgaben an die EZV bzw. BAZG, zugänglich unter: www.bazg.admin.ch > Dokumentation > Rechtsgrundlagen > Verwaltungsvereinbarungen mit den Kantonen.

Artikel 3 Absatz 3 ZG, vgl. hierzu auch Botschaft Zollgesetz, BBl 2004 567, hier 591.

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Art. 12

Für den grenzüberschreitenden Warenverkehr vorgeschriebene Verkehrswege und Örtlichkeiten

Abs. 1 Der grenzüberschreitende Warenverkehr soll grundsätzlich überall und jederzeit möglich sein. Dies ist eine Abkehr von dem bisher geltenden Zwang, den grenzüberschreitenden Warenverkehr ausschliesslich auf den vom BAZG bezeichneten Zollstrassen, Schiffszolllandestellen und Zollflugplätzen abzuwickeln (Art. 22 Abs. 1 ZG).

Mit Absatz 1 erhält das BAZG die Möglichkeit, in gewissen Fällen dennoch vorzuschreiben, über welche Verkehrswege und Örtlichkeiten der grenzüberschreitende Warenverkehr zu Land, zu Luft oder zu Wasser erfolgen muss. Die bisherige generelle Vorschrift aus Artikel 22 Absatz 1 ZG wird damit durch eine bedarfsorientierte und flexiblere Regelung ersetzt.

Die Regelung soll beispielsweise zur Anwendung gelangen, wenn die Installation erforderlicher Infrastruktur nicht möglich oder nicht verhältnismässig ist, das Risiko von Abgabeumgehungen oder Schmuggel als zu hoch eingestuft wird oder der Aufgabenvollzug im Bereich der abgaberechtlichen oder nichtabgaberechtlichen Erlasse nicht sichergestellt werden kann. Denkbar sind ferner temporäre Einschränkungen zum Beispiel bei Katastrophen oder Epidemien (Schutz der öffentlichen Gesundheit).

Beschränkungen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs können sich auch durch Staatsverträge oder andere zwischenstaatliche Abmachungen ergeben. So ist für den grenzüberschreitenden Warenverkehr auf der Strasse eine enge Abstimmung mit den ausländischen Zollbehörden beziehungsweise Nachbarstaaten erforderlich (z. B. für das Borderticket).

Einen gewissen beschränkenden Effekt auf die für den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu benützenden Verkehrswege und Örtlichkeiten vermag zudem Artikel 17 (Ort der Warenanmeldung im grenzüberschreitenden Warenverkehr) zu entfalten. Das betrifft namentlich die Vorgabe von Orten für die Aktivierung der elektronischen Warenanmeldung.

Weitere beschränkende Effekte können sich aus anderen vom BAZG zu vollziehenden Erlassen ergeben. Zu nennen ist insbesondere Artikel 6 der Schwerverkehrsabgabeverordnung vom 6. März 2000 (SVAV)57, wonach der Schwerverkehrsabgabe unterliegende Fahrzeuge die vom BAZG bezeichneten Grenzübergangsstellen zu benützen haben.

Das BAZG ist zudem nicht völlig frei, wenn es die für den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu benützenden Verkehrswege und Örtlichkeiten vorschreibt. Es hat
selbstverständlich strassenverkehrs-, eisenbahn-, schifffahrts- und luftfahrtrechtliche Regelungen zu berücksichtigen. Vorbehalten bleiben in diesem Zusammenhang auch strassenverkehrsrechtliche Beschränkungen der Kantone.

Die in Absatz 1 genannten möglichen Verkehrswege und Örtlichkeiten orientieren sich stark am bestehenden Artikel 22 Absätze 1 und 2 ZG. Als Verkehrswege gelten demnach öffentliche Strassen, Bahnlinien, die dem öffentlichen Verkehr dienen, so-

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wie Leitungen, die den Transport von Waren ermöglichen. Letztere umfassen insbesondere Rohrleitungen zur Beförderung von Flüssigkeiten oder Gasen sowie Leitungen für den Transport von elektrischem Strom. Zu den Örtlichkeiten zählen demgegenüber Flugplätze für ein- und ausfliegende Luftfahrzeuge sowie Häfen und Landestellen für ein- und ausfahrende Schiffe.

Abs. 2 Die Aufzählung in Absatz 1 ist nicht abschliessend. Mit Absatz 2 soll im Bedarfsfall neuen Entwicklungen Rechnung getragen werden können. Ein mögliches Beispiel ist der Warentransport mittels Drohnen.

Abs. 3 Wenn besondere Verhältnisse vorliegen, kann das BAZG den grenzüberschreitenden Warenverkehr abweichend von den Verkehrswegen und Örtlichkeiten nach den Absätzen 1 und 2 zulassen. Die Zulassung hat mittels einer Bewilligung oder mittels einer Vereinbarung nach Artikel 192 zu erfolgen. Dabei ist dem Gleichbehandlungsgebot Rechnung zu tragen.

2. Titel: Veranlagungsverfahren 1. Kapitel: Anmeldung von Waren und Veranlagung Art. 13

Anmeldepflicht

Vorbemerkung Absatz 1 und 2 regeln die Sachverhalte, die bei verschiedenen Waren zu einer Anmeldepflicht beziehungsweise zur erneuten Anmeldepflicht führen, und Absatz 3 regelt die Ausnahmen von der Anmeldepflicht.

Die Warenanmeldung beruht auf dem Prinzip der Selbstdeklaration. Sie bildet für jede vom BAZG erhobene Abgabe die wesentliche Grundlage der Veranlagung. Der anmeldepflichtigen Person (Art. 14) obliegt dabei die volle Verantwortung für eine ordnungsgemässe, das heisst vollständige und richtige Warenanmeldung. An ihre Sorgfaltspflicht werden hohe Anforderungen gestellt. Das BAZG kontrolliert die Erfüllung der Anmeldepflicht an der Grenze und im Zollgebiet (vgl. Art. 90 f.).

Die Anmeldepflicht besteht unabhängig von privatrechtlichen oder wirtschaftlichen Berechtigungen an der Ware.

Abs. 1 Wie nach bisherigem Zollrecht (vgl. Art. 7 ZG i. V. m. Art. 21 und 25 ZG) besteht eine Anmeldepflicht für Waren, die ein- oder ausgeführt werden (Bst. a).

Um das Verfahren zu harmonisieren, werden die bisherigen Pflichten betreffend die Steueranmeldung für die Inlandabgaben hier ebenfalls unter dem Begriff der Anmeldepflicht erfasst (Bst. b).

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Im Bereich der Ein- und Ausfuhr ist die Warenanmeldung eine Willenserklärung, Waren in das Zollgebiet einführen beziehungsweise aus diesem ausführen zu wollen. Sie ist deshalb grundsätzlich im Zeitpunkt des Verbringens der Ware über die Zollgrenze vorzunehmen (vgl. Art. 16 Abs. 1 Bst. a). Bei den Inlandabgaben muss die Anmeldung dagegen nach einer festgelegten Periodizität erfolgen (Art. 16 Abs. 1 Bst. b).

Abs. 2 In Absatz 2 geht es um Sachverhalte, die eine erneute Anmeldepflicht auslösen und bei denen jeweils eine neue Warenanmeldung einzureichen ist.

Bst. a Buchstabe a betrifft die erneute Anmeldung von Waren, die bereits einer Warenbestimmung zugeführt worden sind und die nun einer anderen Warenbestimmung zugeführt werden sollen. Je nach Absicht der beteiligten Personen beziehungsweise je nach beabsichtigtem Warenfluss können eine oder mehrere Warenbestimmungen nacheinander zur Anwendung gelangen58. So ist eine Ware, die sich in der Warenbestimmung der Durchfuhr befindet und statt ordnungsgemäss wiederausgeführt in den freien Verkehr eingeführt werden soll, mit einer erneuten Warenanmeldung zur Warenbestimmung der Einfuhr in den freien Verkehr anzumelden.

Eine analoge Regelung zu Buchstabe a findet sich heute bereits in Artikel 47 Absatz 3 ZG (Möglichkeit, eine in ein Zollverfahren überführte Ware zu einem anderen Zollverfahren anzumelden).

Selbstverständlich muss die nachfolgende Warenbestimmung für die betreffende Ware zulässig sein beziehungsweise darf dem Status der Waren «im freien Verkehr stehend» oder «nicht im freien Verkehr stehend» (vgl. Art. 6 Bst. d) nicht widersprechen. Ein solcher Widerspruch entstünde zum Beispiel, wenn eine nicht im freien Verkehr stehende Ware zur Warenbestimmung der Ausfuhr zur passiven Veredelung angemeldet würde (diese Warenbestimmung ist Waren des freien Verkehrs vorbehalten; vgl. die Erläuterungen zu Art. 30 f.).

Bst. b Erneut angemeldet werden müssen gemäss Buchstabe b auch Waren, die sich in der Warenbestimmung der Durchfuhr, der Einfuhr zur aktiven oder Ausfuhr zur passiven Veredelung, der Einfuhr oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung oder des Verbringens in ein Zolllager (Art. 24 Abs. 1 Bst. c­g) befinden, wenn die Absicht besteht, von den Bedingungen, die sich aus der entsprechenden Bewilligung, aus dem betreffenden Erlass oder aus
völkerrechtlichen Verträgen ergeben, abzuweichen, ohne dabei die Warenbestimmung zu ändern. Die Bewilligung kann nach Artikel 24 Absatz 4 mit Bedingungen versehen werden, deren Nichteinhalten zur Fälligkeit der bedingt entstandenen Abgabeschuld führt (Art. 47 Abs. 2). Es ist daher folgerichtig, eine erneute Anmeldepflicht für den Fall vorzusehen, dass das Gegenüber das Bedürfnis beziehungsweise die Absicht hat, von den mit der Bewilligung verbundenen Bedingungen abzuweichen beziehungsweise die Waren der gleichen Warenbestimmung mit 58

Stämpflis Handkommentar Zollgesetz, DERKS REGINALD, Art. 47 N 4.

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geänderten Bedingungen zuzuführen. Das Gleiche gilt für Bedingungen, die sich aus einem betreffenden Erlass oder aus völkerrechtlichen Verträgen ergeben. Die ausdrückliche Nennung von betreffenden Erlassen und völkerrechtlichen Verträgen soll hierbei ermöglichen, dass die darin verankerten Bedingungen in der Bewilligung nach Artikel 24 Absatz 4 nicht nochmals aufgeführt werden müssen. Darüber hinaus gibt es Fälle, in denen gar keine förmliche Bewilligung ausgestellt wird (z. B. formlose Einfuhr im Rahmen des Übereinkommens vom 26. Juni 199059 über die vorübergehende Verwendung [Istanbuler Übereinkommen]) und sich die jeweiligen Bedingungen somit einzig aus dem betreffenden Erlass oder dem völkerrechtlichen Vertrag ergeben.

Im Gegensatz zu Buchstabe a gelangt bei Buchstabe b wie erwähnt nicht eine andere Warenbestimmung zur Anwendung, sondern die gleiche Warenbestimmung mehrmals nacheinander. Dies sei am nachfolgenden Beispiel einer Bedingungsänderung innerhalb der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung (Art. 24 Abs. 1 Bst. f und Art. 32) verdeutlicht.

Eine Bedingung in der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung stellt der Verwendungszweck dar, der zur vorübergehenden Einfuhr führt (z. B.

Ausstellung an einer Messe, Teilnahme an einer Sportveranstaltung, ungewisser Verkauf usw.). Die verschiedenen Verwendungszwecke sind wirtschaftlich nicht gleichbedeutend und beeinflussen die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Schweizer Binnenmarkt sehr unterschiedlich. Sie bedürfen daher jeweils anderer Voraussetzungen und sind verknüpft mit unterschiedlichen weiteren Bedingungen und Auflagen, die es einzuhalten gilt. Darüber hinaus sind gewisse Verwendungszwecke gänzlich von der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung ausgeschlossen (z. B.

Binnentransporte mit nicht im freien Verkehr stehenden Fahrzeugen). Andere Zwecke wiederum unterscheiden sich bei der Form der Warenanmeldung (z. B. elektronische Warenanmeldung oder Warenanmeldung durch konkludentes Verhalten), unterliegen einer Abgabebelastung (z. B. Besteuerung des Entgelts für den vorübergehenden Gebrauch) oder sind international liberalisiert (insbesondere gemäss Istanbuler Übereinkommen). Soll nun bei einer Ware, die zu einem bestimmten Zweck vorübergehend inner- oder ausserhalb des Zollgebiets
verwendet wird (z. B. Ausstellung an einer Messe), die Bedingung «Verwendungszweck» geändert werden beziehungsweise soll die Ware zu einem anderen Zweck eingesetzt werden (z. B. Verwendung der Ware zur Ausübung eines Berufes oder Gewerbes), ist eine erneute Warenanmeldung einzureichen. Die Warenbestimmung in der neuen Warenanmeldung bleibt gleich (Einfuhr bzw. Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung), jedoch werden mit der erneuten Anmeldung die neuen Bedingungen festgelegt. Als anderes Beispiel mit gleichbleibender Warenbestimmung aber geänderter Bedingung sei die (beabsichtigte) Änderung der Verwenderin oder des Verwenders der Ware im Rahmen der vorübergehenden Verwendung und damit die Abweichung von den personenbezogenen Bedingungen genannt.

Für die Warenbestimmungen nach Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe c­g ist die Entstehung einer erneuten Anmeldepflicht im Falle einer Absicht zur Bedingungsänderung

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unerlässlich, damit die neuen Bedingungen, die sich wiederum aus der entsprechenden Bewilligung, aus dem betreffenden Erlass oder aus völkerrechtlichen Verträgen ergeben, im Veranlagungsverfahren festgelegt werden können. Eine analoge Regelung zur Vornahme einer erneuten Warenanmeldung ist heute bereits in Artikel 162 Absatz 2 ZV verankert.

Bst. c­e Im Gegensatz zu den Buchstaben a und b betrifft die erneute Anmeldepflicht nach den Buchstaben c­e bestimmte im E-ZoG verankerte Zollbefreiungen, -erleichterungen oder -begünstigungen.

Während die Pflicht zur Vornahme einer erneuten Warenanmeldung für die in diesem Absatz aufgeführten Fälle als verfahrensrechtliche Bestimmungen im E-BAZG-VG geregelt wird, findet sich die abgaberechtliche Folge, die Begleichung der entstehenden Zollabgaben beziehungsweise der Zolldifferenzen, im E-ZoG (Art. 4 Abs. 3, Art. 5 Abs. 4, Art. 9 Abs. 5 sowie Art. 10 Abs. 1 E-ZoG). Die neue Zollschuld entsteht dabei jeweils im Zeitpunkt nach Artikel 38 E-BAZG-VG und damit grundsätzlich im Zeitpunkt, in dem die Warenanmeldung verbindlich wird (Art. 38 Abs. 1 E-BAZG-VG).

Buchstabe c betrifft Waren, die mit einer Zollbefreiung nach Artikel 4 oder 5 E-ZoG in den freien Verkehr eingeführt worden sind. Die erneute Anmeldepflicht entsteht hier, wenn die Zollbefreiung von einer Bewilligung nach Artikel 4 Absatz 2 beziehungsweise Artikel 5 Absatz 3 E-ZoG abhängt und wenn nach der Veranlagung von der mit der Bewilligung verbundenen Bedingung abgewichen werden soll. Diese Anmeldepflicht erfasst insbesondere Konstellationen, bei denen die Zollbefreiung an die Bedingung geknüpft ist, dass die Waren nicht veräussert beziehungsweise nicht an eine andere Person übergeben werden dürfen. Die Zollbefreiung hängt in diesen Fällen davon ab, dass die Waren von der Bewilligungsinhaberin beziehungsweise vom Bewilligungsinhaber selbst benutzt oder gehalten werden. Dem Gegenüber wird mit der erneuten Anmeldung die Möglichkeit geboten, sich rechtskonform zu verhalten, um Waren, die es ursprünglich zollfrei für sich eingeführt hat, nachträglich dennoch einer Drittperson zu übertragen.

Die erneute Anmeldung nach Buchstabe d betrifft Waren, die mit einer Zollerleichterung «je nach Verwendungszweck» gemäss Artikel 9 E-ZoG in den freien Verkehr eingeführt worden sind, nun aber anders als zu dem in der
Verwendungsverpflichtung genannten Zweck verwendet oder einer Drittperson abgegeben werden sollen (vgl.

Erläuterungen zu Art. 9 E-ZoG). Ein Beispiel dafür sind Waren, deren Einfuhr in den freien Verkehr zollerleichtert erfolgte, weil sie für technische Zwecke bestimmt waren. Nach der Veranlagung entscheidet sich das Gegenüber, die Waren nicht zu technischen Zwecken, sondern zur menschlichen Ernährung zu verwenden oder Dritten abzugeben. Da der neue Verwendungszweck einem höheren Zollansatz unterliegt, muss die Differenz zum bereits erhobenen Zollansatz entrichtet werden (Art. 9 Abs. 5 E-ZoG). Diese Anmeldepflicht ist im bestehenden Recht in Artikel 14 Absatz 4 ZG geregelt.

Buchstabe e regelt die erneute Anmeldung für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die einem Zollkontingent nach dem Zolltarifgesetz unterliegen und in der nicht bewirt-

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schafteten Periode zum Kontingentszollansatz in den freien Verkehr eingeführt worden sind, aber zu Beginn der Bewirtschaftungsperiode, wenn der Ausserkontingentszollansatz gilt, auf Handelsstufe noch vorhanden sind. Das bisherige Zollrecht kennt dafür ebenfalls bereits eine Anmeldepflicht (vgl. Art. 15 Abs. 1 ZG).

Abs. 3 Dieser Absatz sieht für bestimmte Verkehrsarten und Warenbestimmungen Ausnahmen von der Anmeldepflicht vor.

Namentlich wird die direkte Durchfuhr im Luft- und im Rohrleitungsverkehr von der Anmeldepflicht ausgenommen. Damit werden die bestehenden Bestimmungen (Art. 45 Abs. 1 ZG und Art. 143 Abs. 1 Bst. a ZV) vereinheitlicht und die unkomplizierte heutige Praxis wird weitergeführt.

Die Ausnahmen von der Anmeldepflicht werden auf Stufe Amtsverordnung geregelt.

Art. 14

Anmeldepflichtige Personen

Diese Bestimmung legt den Kreis der Anmeldepflichtigen fest. Dieser Kreis lässt sich direkt aus den Konstellationen, die zur Anmeldepflicht nach Artikel 13 führen, ableiten.

Absatz 1 Buchstabe a regelt den Kreis der Anmeldepflichtigen für Waren, die gemäss Artikel 13 Absatz 1 ein- oder ausgeführt werden oder einer Inlandabgabe unterliegen.

Buchstaben b­e ergänzen diese Regelung mit den Fällen, in denen eine erneute Anmeldepflicht nach Artikel 13 Absatz 2 entsteht. Hierbei gilt die anmeldepflichtige Person jeweils als Warenverantwortliche (Abs. 2). Absatz 3 regelt die Anmeldepflicht für den Fall, dass beim Verbringen der Ware über die Zollgrenze keine Warenanmeldung vorliegt, und Absatz 4 regelt schliesslich einen staatsvertraglichen Sonderfall im Sicherheitsbereich.

Abs. 1 Bst. a Anmeldepflichtig ist primär die Warenverantwortliche. Wenn eine andere Person als Datenverantwortliche die Warenanmeldung für die Warenverantwortliche vornimmt, trifft die Anmeldepflicht die Datenverantwortliche.

Anmeldepflichtig sind die konkret mit der Anmeldung betrauten Personen. Das betrifft unter anderem die Angestellten von juristischen Personen, die für diese die Warenanmeldung vornehmen, und hat vor allem Auswirkungen auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit.

Bst. b Anmeldepflichtig ist auch, wer Waren, die bereits einer Warenbestimmung zugeführt worden sind, einer anderen Warenbestimmung oder der gleichen Warenbestimmung mit anderen Bedingungen zuführt. Mit dieser Regelung werden zum Beispiel in der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung insbesondere diejenigen Personen erfasst, welche die Waren verwenden. Da die Verwenderin und der 62 / 436

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Verwender der Waren den eigentlichen Nutzen aus den Waren ziehen, ist es folgerichtig, dass sie in der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung zum Kreis der anmeldepflichtigen Personen gehören und nach Absatz 2 als Warenverantwortliche gelten.

Bst. c Anmeldepflichtig ist zudem, wer bei Waren, die mit einer Zollbefreiung nach Artikel 4 Absatz 1 oder Artikel 5 Absatz 1 E-ZoG und einer Bewilligung nach Artikel 4 Absatz 2 beziehungsweise Artikel 5 Absatz 3 E-ZoG in den freien Verkehr eingeführt wurden, von den mit der Bewilligung verbundenen Bedingungen abweicht.

Bst. d Anmeldepflichtig ist ferner, wer Waren, die mit einer Zollerleichterung nach Artikel 9 E-ZoG in den freien Verkehr eingeführt wurden, nicht gemäss dem in der Verwendungsverpflichtung genannten Zweck verwendet oder Dritten abgibt. Diese Regelung ist heute sinngemäss in Artikel 26 Buchstabe d ZG verankert.

Bst. e Anmeldepflichtig ist schliesslich, wer als Eigentümer oder Eigentümerin zu Beginn der Bewirtschaftungsperiode über landwirtschaftliche Erzeugnisse verfügt, die in der nicht bewirtschafteten Periode eingeführt wurden. Das entspricht der bisherigen Regelung (vgl. Art. 15 Abs. 2 ZG i. V. m. Art. 55 ZV).

Abs. 2 In den Fällen von Absatz 1 Buchstaben b­e gilt die anmeldepflichtige Person, das heisst die Person, die die Zuführung, die Abweichung oder die Zweckänderung vornimmt beziehungsweise Eigentümerin oder Eigentümer der verbleibenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse ist, als Warenverantwortliche (Art. 6 Bst. i Ziff. 1). Sie ist damit auch Abgabeschuldnerin gemäss Artikel 40 Absatz 1 Buchstabe a.

Abs. 3 Wenn eine Warenanmeldung unterbleibt, dann sanktionieren die abgaberechtlichen Erlasse ein Hinterziehen oder eine Gefährdung von Abgaben nur, wenn eine anmeldepflichtige Person die Anmeldung unterlassen hat. Da nach dem neuen Recht die Anmeldepflicht auf die in Absatz 1 genannten Personen beschränkt ist, könnte im Falle von Schmuggel eine Strafbarkeitslücke entstehen. Um dem entgegenzuwirken, wird in Absatz 3 eine gesetzliche Fiktion aufgestellt, wonach die natürliche Person, die die Ware transportiert, also die Warenführerin oder der Warenführer, als anmeldepflichtig gilt, wenn die Ware im Zeitpunkt des Verbringens über die Zollgrenze nicht angemeldet ist. Hingegen entsteht die besondere Anmeldepflicht der
Warenführerin beziehungsweise des Warenführers selbstverständlich nicht, wenn die Warenanmeldung aufgrund einer Sonderkonstellation gemäss Artikel 16 Absatz 2 Buchstabe a erst nach dem Verbringen über die Zollgrenze vorgenommen werden muss.

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Abs. 4 Soweit ein völkerrechtlicher Vertrag (insbesondere ZESA-Abkommen) vor dem Verbringen der Waren über die Zollgrenze eine summarische Ein- oder Ausgangsanmeldung zu Sicherheitszwecken vorsieht, regelt Absatz 4, wer zu dieser Anmeldung verpflichtet ist.

Aufgrund seiner allgemeinen Kompetenz zum Erlass von Ausführungsbestimmungen im Rahmen von völkerrechtlichen Verträgen, die den Regelungsbereich des E-BAZG-VG betreffen (Art. 3 Abs. 2), wird der Bundesrat für die summarische Ein- oder Ausgangsanmeldung zu Sicherheitszwecken die Anmeldeform, die Fristen und die weiteren notwendigen Vollzugsbestimmungen näher regeln.

Für die summarische Eingangsmeldung ist das elektronische Einfuhrkontrollsystem 2 (das sog. Import Control System 2 = ICS260) zu nutzen, wohingegen die summarische Ausgangsanmeldung unter Einhaltung der massgeblichen Fristen auch in der Warenanmeldung abgegeben werden kann. Massgebend sind Artikel 10 und Anhang I des ZESA-Abkommens.

Art. 15

Form der Warenanmeldung

Abs. 1 Grundsätzlich soll die Warenanmeldung elektronisch vorgenommen werden (Art. 75 Abs. 1). Der Bundesrat kann andere Formen der Warenanmeldung beziehungsweise der Willensäusserung zulassen, namentlich die mündliche Anmeldung und die Anmeldung durch konkludentes Verhalten. Zu denken ist etwa an die in Flughäfen und Bahnhöfen üblichen «Rot-Grün-Systeme». Selbstverständlich sind allfällige internationale Verpflichtungen zu berücksichtigen (insbesondere solche gemäss Revised Kyoto Convention oder solche aus dem Istanbuler Übereinkommen).

In der Regel enthält die Warenanmeldung mindestens Angaben über die Art und Beschaffenheit der Waren, die Warenverantwortliche und die im Warenverkehr gegebenenfalls eingesetzte Transportverantwortliche. Ebenfalls hat sie sämtliche Angaben zu enthalten, die zur Erhebung der Einfuhr-, Ausfuhr- und Inlandabgaben und zum Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse notwendig sind. Von der anmeldepflichtigen Person (Art. 14 Abs. 1) wird mithin eine vollständige und richtige Deklaration der Ware gefordert. Bei den Vernehmlassungsteilnehmenden entstand der Eindruck, dass zu jeder Warenanmeldung die Begleitdokumente übermittelt werden müssen.

Die notwendigen Begleitdokumente müssen aber nur bei Kontrollen vorgelegt werden.

Abs. 2 Für die anderen vom Bundesrat zugelassenen Formen der Warenanmeldung regelt das BAZG die verfahrensrechtlichen Einzelheiten einschliesslich der Anwendungsfälle.

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www.bazg.admin.ch > Aktuell > Magazin Forum Z. > ICS2: Die wichtigsten Fragen und Antworten aus Schweizer Sicht.

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Zudem kann es eine Bewilligungspflicht für diese Formen der Warenanmeldung vorsehen. Diese Bewilligungspflicht hat die Funktion einer alternativen Formalität, wenn das elektronische Standardveranlagungsverfahren nicht zweckmässig erscheint und nicht auf eine Förmlichkeit verzichtet beziehungsweise die Warenanmeldung durch konkludentes Verhalten (formlose Veranlagung) nicht ohne Weiteres zugestanden werden kann. Dieses Instrument ist insbesondere für Waren gedacht, die öfters die Zollgrenze überqueren und die ansonsten bei jedem Grenzübertritt im elektronischen Standardveranlagungsverfahren abgewickelt werden müssten. Mit dieser Regelung wird zudem die warenspezifische und nicht näher definierte Bewilligungspflicht von Artikel 35 Absatz 1 und Absatz 2 Buchstaben a und c ZV (eigener Gebrauch von ausländischen Beförderungsmitteln mit Formular 15.30/15.40) in eine allgemein gehaltene Form überführt.

Abs. 3 Zur Entlastung der Wirtschaft ist für bestimmte Waren die Einreichung einer vereinfachten elektronischen Warenanmeldung möglich. Im Gegensatz zu heute (Art. 105a ZV) soll die vereinfachte Warenanmeldung jedoch allen Personen offenstehen, deren Waren die vom Bundesrat geregelten Voraussetzungen erfüllen, nicht nur der zugelassenen Empfängerin oder dem zugelassenen Empfänger. Anders als bei den Erleichterungen nach Artikel 23 ist keine Bewilligungspflicht vorgesehen.

Der Bundesrat wird auf Verordnungsstufe festlegen, für welche Warenbestimmungen und unter welchen Bedingungen eine vereinfachte Warenanmeldung eingereicht werden kann. Der Sache nach wird es um Warenanmeldungen mit geringem Risiko gehen. Zu nennen sind beispielsweise Anmeldungen von Waren, die anders als bei den Erleichterungen nach Artikel 23 keinen nichtabgaberechtlichen Erlassen unterliegen und auch keine hohen Abgabebeträge generieren dürften. Für die Ablösung der im Post- und Kurierverkehr erlaubten vereinfachten Zollanmeldung nach Artikel 105a Absatz 2 ZV (Anbringen eines Stempels oder Klebers) wird eine entsprechende Übergangsbestimmung vorgesehen (vgl. dazu die Erläuterungen betreffend Art. 29 Abs. 2 E-ZoG).

Art. 16

Zeitpunkt der Warenanmeldung

Abs. 1 Die Bestimmung legt grundsätzlich fest, in welchem Zeitpunkt eine Warenanmeldung vorzunehmen ist.

Im grenzüberschreitenden Warenverkehr fällt dieser Zeitpunkt mit dem Entstehen der Anmeldepflicht nach Artikel 13 zusammen, das heisst die Warenanmeldung muss beim Verbringen der Waren über die Zollgrenze vorgenommen werden (Bst. a). Bei den Inlandabgaben sind die Waren periodisch anzumelden, wobei der Bundesrat die Periodizität regelt (Bst. b). So ist beispielsweise zu definieren, in welchen Zeitintervallen die einer Verbrauchssteuer oder Lenkungsabgabe unterliegenden Waren anzumelden sind (z. B. täglich, monatlich, quartalsweise oder jährlich).

Bei Waren, die gestützt auf Artikel 13 Absatz 2 Buchstaben a­d erneut anzumelden sind, ist die Warenanmeldung vor der Zuführung zu einer neuen Warenbestimmung, 65 / 436

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vor der Abweichung von den Bedingungen oder vor der Zweckänderung einzureichen (Bst. c­e). Unter Zweckänderung ist die Verwendung oder die Abgabe der Ware zu einem Zweck, der höheren Zollabgaben unterliegt als der in der Verwendungsverpflichtung genannte Zweck, zu verstehen (vgl. Art. 13 Abs. 1 Bst. d und Art. 14 Abs. 1 Bst. d).

Bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die nach Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe e erneut angemeldet werden müssen, wird die Anmeldefrist wie im heutigen Zollrecht (Art. 59 ZV) durch den Bundesrat festgelegt (Bst. f).

Abs. 2 Dieser Absatz gibt dem Bundesrat die Kompetenz, einen vom Grundsatz nach Absatz 1 abweichenden Zeitpunkt für die Warenanmeldung festzulegen. Um praxisorientierte Lösungen sicherzustellen und Freiraum für Innovationen zu schaffen, wird es bezüglich des Anmeldezeitpunkts auch im neuen Recht Sonderkonstellationen geben.

Bei der Ein- und Ausfuhr von Waren soll es möglich sein, dass die Warenanmeldung bereits vor oder erst nach dem Verbringen über die Zollgrenze vorgenommen wird (Bst. a). Damit wird beispielsweise Besonderheiten bei bestimmten Verkehrsarten Rechnung getragen. Die bestehende Praxis, zum Beispiel die Vorausanmeldung von Waren im Reiseverkehr, wird weitergeführt. Auch neuen Bedürfnissen wie dem Einreichen von Warenanmeldungen vor dem Grenzübertritt bei der Ausfuhr im Bahnverkehr kann damit entsprochen werden.

Der Bundesrat kann zudem vorsehen, dass bei Waren, die nach Artikel 13 Absatz 2 Buchstaben a­d erneut anzumelden sind, die Warenanmeldung nach der Zuführung zur neuen Warenbestimmung, nach der Abweichung von den Bedingungen oder nach der Zweckänderung und somit abweichend von Absatz 1 Buchstaben c­e eigereicht werden kann (Bst. b). Eine diesbezügliche Ausnahme ist zum Beispiel für Waren vorgesehen, die in der Warenbestimmung der Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung mit dem Verwendungszweck des ungewissen Verkaufs veranlagt wurden (vgl. heutige Regelung in Art. 55 der Zollverordnung des BAZG vom 4. April 200761 [ZV-BAZG]). Weiter werden die heute in Artikel 9 der Zollerleichterungsverordnung vom 4. April 200762 (ZEV) vorgesehenen Möglichkeiten für Personen, die regelmässig Warenanmeldungen für geänderte Verwendungszwecke einreichen müssen, bestehen bleiben.

Abs. 3 Der Bundesrat kann für die in Absatz 2 genannten Fälle eine
Bewilligungspflicht vorsehen. Er regelt die Bewilligungsvoraussetzungen auf Verordnungsstufe. Das BAZG kann die Bewilligung an Bedingungen knüpfen und mit Auflagen versehen, beispielsweise bezüglich der Art der zugelassenen Waren. Eine Bewilligung wird nicht erteilt, wenn die anmeldepflichtige Person wiederholt Widerhandlungen gegen Erlasse begangen hat, die das BAZG vollzieht.

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Im Weiteren versteht es sich von selbst, dass die Einhaltung der nichtabgaberechtlichen Erlasse auch dann gewährleistet sein muss, wenn die Warenanmeldung zu einem vom Grundsatz gemäss Absatz 1 abweichenden Zeitpunkt erfolgt.

Art. 17

Ort der Warenanmeldung im grenzüberschreitenden Warenverkehr

Das BAZG soll im grenzüberschreitenden Verkehr flexibel die Orte bezeichnen können, an denen die Aktivierung der elektronischen Warenanmeldungen durchzuführen ist (Bst. a) und die Warenanmeldungen anderer Formen abzugeben sind (Bst. b).

Bei den anderen vom Bundesrat zugelassenen Formen der Warenanmeldung (Bst. b) können sich örtliche Beschränkungen, etwa für das an Flughäfen und Bahnhöfen übliche «Rot-Grün-System», ergeben.

Art. 18

Referenzierung

Abs. 1 Durch die Angabe des Identifikationszeichens der Sendung (Flugverkehr / Schiffsverkehr / Bahnverkehr) oder des Transportmittels (Strassenverkehr) wird eine Verknüpfung zwischen der Sendung beziehungsweise dem Transportmittel und der betreffenden Warenanmeldung sichergestellt. Die Angabe erfolgt in der Warenanmeldung oder spätestens bei der Erfassung der notwendigen Transportdaten. Damit erhält das BAZG die Information, welche Waren mit welchem Transportmittel in das Zollgebiet eingeführt oder aus dem Zollgebiet ausgeführt werden sollen. Diese Angabe ist insbesondere für die Aktivierung der Warenanmeldung unabdingbar, aber auch für die Durchführung einer späteren Kontrolle.

Die Referenzierung stellt keine neue Anforderung im Veranlagungsverfahren dar.

Vielmehr löst sie die heutige summarische Anmeldung ab (z. B. Laufzettel und Warenausweise an Grenzzollstellen) und ermöglicht einen medienbruchfreien, unkomplizierten Grenzübertritt. Ohne Referenzierung wäre eine automatische Aktivierung nicht möglich.

Als Identifikationszeichen gilt eine eindeutige Kennzeichnung, mit der eine Sendung oder ein Transportmittel identifiziert und nachverfolgt werden kann. Dabei wird insbesondere auf Identifikationszeichen und Systeme gesetzt, die bereits bestehen, wie etwa die Nummer des CIM-Frachtbriefs63 im Bahnverkehr. Das BAZG regelt auf Verordnungsstufe, welche Identifikationszeichen in den jeweiligen Fällen zu nutzen sind.

Dies ist eine rein technische Angelegenheit.

Abs. 2 Dieser Absatz definiert den Kreis der Referenzierungspflichtigen. Referenzierungspflichtig sind primär die Transportverantwortliche sowie die Datenverantwortliche und zwar auf gleicher Stufe, denn die erwähnten Identifikationszeichen werden je-

63

Internationaler Frachtvertrag über den Transport von Waren oder Gütern nach Anhang B des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr COTIF; SR 0.742.403.1.

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weils von einer der beiden Verantwortlichen angegeben. Wenn weder eine Datenverantwortliche noch eine Transportverantwortliche eingesetzt wurde, ist die Warenverantwortliche selber referenzierungspflichtig.

Beim Erfassen der transportbezogenen Daten anlässlich des Referenzierungsvorgangs im Strassenverkehr ist kein Zugriff auf die Warenanmeldung notwendig, da diese inhaltlich unverändert bleibt. Beim Warenverkehr über den Luft-, Wasser- oder Schienenweg hingegen gibt die Waren- oder die Datenverantwortliche das Identifikationszeichen der Sendung an. Damit stellt sie sicher, dass die Daten aus dem für den jeweiligen Verkehrsträger angewendeten Fracht- oder Infrastruktursystem eine Aktivierung der Warenanmeldung ermöglichen.

Abs. 3 In zeitlicher Hinsicht ist die Referenzierung der Waren vor der Aktivierung der Warenanmeldung durchzuführen.

Abs. 4 Das BAZG kann Fälle bestimmen, in denen die Referenzierung von weiteren Personen als den in Absatz 2 genannten vorgenommen werden kann. Insbesondere bei den Erleichterungen im Veranlagungsverfahren (Art. 23) besteht die Möglichkeit, dass eine Bewilligungsinhaberin oder ein Bewilligungsinhaber die Referenzierung vornimmt, ohne gleichzeitig Waren-, Daten- oder Transportverantwortliche zu sein.

Abs. 5 Die Art und Weise der Referenzierung je Verkehrsart ist dynamisch dem aktuellen Stand der Technik und den Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechend anzupassen.

Deshalb muss das BAZG für deren Regelung zuständig sein.

Ebenso soll das BAZG Ausnahmen von der Referenzierungspflicht vorsehen können.

Denkbar ist dies etwa für den Lagerverkehr oder für Konstellationen, bei denen der Standort einer Ware ohne die genaue Bezeichnung des Transportmittels ermittelt werden kann.

Art. 19

Aktivierung der Warenanmeldung

Abs. 1 Die Aktivierung ist das Auslösen eines technischen Vorgangs, mit dem eine elektronische Eingabe eingereicht wird (Art. 6 Bst. l). Bei der elektronischen Warenanmeldung bewirkt die Aktivierung die Verbindlichkeit der Anmeldung (Art. 20 Abs. 1 Bst. a). Dasselbe gilt für die weiteren elektronischen Eingaben im Verfahren (Art. 77 Abs. 1), also namentlich für die elektronische Einsprache oder Beschwerde, die dem BAZG eingereicht wird.

Die Aktivierung kann automatisch oder manuell erfolgen. Die automatische Aktivierung erfolgt über die elektronischen Kanäle des BAZG. Die manuelle kann über einen

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anderen technischen Vorgang erfolgen, an dem beispielsweise Transportverantwortliche oder Dritte beteiligt sind.

Für den Warenverkehr über die Strasse bedeutet dies beispielsweise, dass die zuvor elektronisch übermittelten Daten durch die Aktivierung der Warenanmeldung im Zeitpunkt des Verbringens der Ware über die Zollgrenze verbindlich werden und folglich nicht mehr geändert werden können (Art. 20 Abs. 1 Bst. a und Umkehrschluss aus Art. 20 Abs. 3 i. V. m. Art. 77 Abs. 1).

Die Aktivierung ist ein wichtiger Zeitpunkt im elektronischen Verfahren. Sie bewirkt nicht nur die Verbindlichkeit einer Eingabe, sondern lässt über diese Verbindlichkeit im grenzüberschreitenden Warenverkehr auch die Abgabeschuld entstehen (vgl.

Art. 38 Abs. 1). Ferner ist die Aktivierung der massgebliche Zeitpunkt für die Bemessung und Festsetzung der konkreten Zollabgabe (vgl. Art. 15 Abs. 1 E-ZoG).

Die Übermittlung der Daten und der Eintritt der Verbindlichkeit der Warenanmeldung durch Aktivierung können zeitlich auseinanderfallen. Dies erlaubt es den Verfahrensbeteiligten, die warenbezogenen Daten bis zum spätmöglichsten Zeitpunkt zu ändern (Umkehrschluss aus Art. 20 Abs. 3) oder die Warenanmeldung zu löschen. Im grenzüberschreitenden Warenverkehr ist der letzte Zeitpunkt für solche Änderungen vor dem Verbringen der Ware über die Zollgrenze beziehungsweise vor der Aktivierung der Warenanmeldung (vgl. Art. 16 Abs. 1 Bst. a).

In örtlicher Hinsicht wird die Warenanmeldung beim Warenverkehr über die Strasse grundsätzlich an der Zollgrenze aktiviert (vgl. Art. 16 Abs. 1 Bst. a). Die konkreten Orte, an denen eine Aktivierung von Waren möglich ist, sind gemäss Artikel 17 Buchstabe a vom BAZG zu bezeichnen.

Abweichungen davon gibt es je nach Verkehrsart oder Besonderheit des Geschäftsfalls dort, wo die Warenanmeldung vor oder erst nach dem Verbringen der Waren über die Zollgrenze vorzunehmen ist.

Abs. 2 Absatz 2 definiert die aktivierungspflichtigen Personen. Aktivierungspflichtig sind der Reihe nach die Transportverantwortliche, die Datenverantwortliche und die Warenverantwortliche selber, wenn diese weder eine Transport- noch eine Datenverantwortliche eingesetzt hat.

Die aktivierungspflichtige Person hat alles Erforderliche zu tun und alles Hindernde zu unterlassen, um die Aktivierung der Warenanmeldung zu ermöglichen.
Abs. 3 Das BAZG soll bestimmen können, in welchen Fällen die Aktivierung von einer anderen Person als den in Absatz 2 erwähnten Personen vorgenommen werden kann.

Beim Warenverkehr über den Luftweg wird die Aktivierung voraussichtlich durch einen Handling Agent nach- oder vorgelagert zum eigentlichen Verbringen der Ware in das oder aus dem Zollgebiet erfolgen. Die Zollgrenze liegt auf internationalen Flughäfen in definierten Ladezonen, zu welchen weder die Warenverantwortliche noch die

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Transportverantwortliche Zugang haben. Analoges gilt für den Warenverkehr über den Wasserweg sowie über die Schiene (Zugang zu Schiffs- und Containerterminals).

Abs. 4 Namentlich beim Warenverkehr über die Strasse ist denkbar, dass Fälle auftreten, bei denen zwar Daten für die Warenanmeldung erfasst worden sind, diese jedoch zum Beispiel infolge technischer Probleme nicht aktiviert werden konnte. In derartigen Situationen kann es erforderlich sein, dass das BAZG die Aktivierung der Warenanmeldung von Amtes wegen vornimmt, um einen ordnungsgemässen Verfahrensablauf sicherzustellen.

Abs. 5 Die Art und Weise der Aktivierung, namentlich deren technische Ausgestaltung, wird je nach elektronischem Kanal und Abgabeart sowie im grenzüberschreitenden Verkehr je nach Verkehrsart unterschiedlich sein. Im grenzüberschreitenden Warenverkehr wird die Aktivierung, die grundsätzlich beim Verbringen der Ware über die Zollgrenze erfolgen muss (dazu: Art. 16 Abs. 1 Bst. a), anders erfolgen als bei den Inlandabgaben.

Die Art und Weise der Aktivierung ist dynamisch dem aktuellen Stand der Technik und den Bedürfnissen der Wirtschaft anzupassen. Deshalb muss das BAZG für den Erlass entsprechender Regelungen mit hohem technischem Bezug zuständig sein.

Art. 20

Verbindlichkeit der Warenanmeldung

Abs. 1 Zur Erfüllung der Anmeldepflicht müssen Waren verbindlich angemeldet werden. Die elektronische Warenanmeldung ist hierfür zu aktivieren (Art. 19 Abs. 1). Dementsprechend wird die elektronisch übermittelte Warenanmeldung mittels Aktivierung verbindlich (Bst. a).

Die Warenanmeldung, die in einer anderen vom Bundesrat zugelassenen Form eingereicht wird (siehe Erläuterungen zu Art. 15 Abs. 1), erlangt Verbindlichkeit zum Zeitpunkt ihrer Annahme durch das BAZG (Bst. b) wie nach bisherigem Zollrecht (vgl.

Art. 33 ZG).

Abs. 2 Wird die Warenanmeldung in einer anderen vom Bundesrat zugelassenen Form getätigt, dann legt das BAZG fest, wann und wie die Annahme erfolgt. Die genaue Definition der Annahme ist sowohl für das BAZG als auch für die Verfahrensbeteiligten von zentraler Bedeutung, da die Warenanmeldung damit Verbindlichkeit erlangt. Je nach Form der Warenanmeldung ist eine Annahme nicht überall möglich (vgl.

Art. 17).

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Abs. 3 Solange die Warenanmeldung nicht verbindlich ist, kann sie geändert werden. Mit Eintritt der Verbindlichkeit wird die Anmeldung hingegen unveränderlich. Verbindlich beziehungsweise unveränderlich wird die Warenanmeldung im elektronischen Verfahren mit der Aktivierung (Abs. 1 Bst. a) und sonst durch Annahme der Warenanmeldung (Abs. 1 Bst. b). Bis zur Aktivierung beziehungsweise Annahme kann die Warenanmeldung deshalb korrigiert oder gelöscht werden. Für den grenzüberschreitenden Verkehr wird damit einer wichtigen Forderung der Wirtschaft nach zeitlicher Flexibilität bei der Anmeldung von Waren vollumfänglich Rechnung getragen.

Abs. 4 Um Missverständnisse zu vermeiden, präzisiert dieser Absatz, dass eine Ware so lange nicht als angemeldet gilt, als die Warenanmeldung im elektronischen Verfahren nicht aktiviert beziehungsweise bei den anderen vom Bundesrat zugelassenen Formen noch nicht abgegeben worden ist.

Art. 21

Prüfung der Warenanmeldung, Feststellung des Sachverhalts und Kontrollen

Abs. 1 Das BAZG unterzieht die Warenanmeldungen vor Erlass der Veranlagungsverfügung einer Risikoanalyse. Dies gilt auch für Warenanmeldungen, die noch nicht Verbindlichkeit erlangt haben. Die Risikoanalyse erfolgt gemäss dem 3. Kapitel des 8. Titels.

Abs. 2 Das BAZG erhebt den abgaberelevanten Sachverhalt und führt bei Bedarf Kontrollen gemäss dem 6. Titel (Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln) durch.

Ob eine Kontrolle erforderlich ist, hängt namentlich vom Ergebnis der Risikoanalyse ab (vgl. dazu Art. 131).

Art. 22

Veranlagung der Abgaben

Abs. 1 Das BAZG veranlagt die Abgaben für die angemeldeten Waren auf Grundlage der Warenanmeldung und der Feststellungen aus Kontrollen. Die Warenanmeldung nimmt bei der Veranlagung von Waren im grenzüberschreitenden Verkehr seit jeher eine zentrale Stellung ein64.

Erkennt das BAZG die Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit der Warenanmeldung bei der Veranlagung nicht, so können die Betroffenen daraus keine Rechte und Ansprüche ableiten. Insbesondere bleiben Nachforderungen gemäss Artikel 60 möglich.

64

Stämpflis Handkommentar Zollgesetz, SCHMID BARBARA, Art. 18, N 1 ff.; statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-201/2015 vom 29. Juni 2015 E. 2.3.1.

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Bei der Veranlagung gelten die Ansätze und Bemessungsgrundlagen zum Zeitpunkt gemäss dem entsprechenden Abgabeerlass.

Abs. 2 Nicht angemeldete Waren sind vom BAZG von Amtes wegen zu veranlagen.

Abs. 3 Wenn keine oder nur unvollständige Angaben der anmeldepflichtigen Person vorliegen oder wenn Zweifel an der Richtigkeit der Warenanmeldung bestehen, schätzt das BAZG die Bemessungsgrundlage bei den von ihm zu erhebenden Abgaben nach pflichtgemässem Ermessen. Als Beispiel kann hier ein teurer Markenartikel erwähnt werden, der von einer tiefen Pro-Forma-Rechnung begleitet wird. Ein Verschulden der abgabepflichtigen Person am Fehlen oder an der Unvollständigkeit der Aufzeichnungen ist nicht Voraussetzung für die Ermessenseinschätzung. Das BAZG berücksichtigt bei der Schätzung namentlich die eingereichten Unterlagen und gewährt den Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldnern Abgabenermässigungen, die ihnen bei ordnungsgemässer Veranlagung offensichtlich zustehen. Wenn sie mit dieser Veranlagung nicht einverstanden sind oder weitere Ermässigungen geltend machen wollen, können die Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner gegen die Veranlagung Einsprache erheben.

Nicht um eine Veranlagung nach Ermessen handelt es sich beispielsweise, wenn beim EETS (Europäischer Elektronischer Mautdienst) zur Erhebung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe mit Hilfe des Informationssystems Lücken bei den gelieferten Datenpunkten zur Streckenberechnung geschlossen werden.

Abs. 4 Das BAZG ist die zuständige Behörde für den Erlass der Veranlagungsverfügung. Die Veranlagungsverfügung wird in der Regel elektronisch eröffnet über das Informationssystem des BAZG (vgl. dazu Art. 79 Abs. 1).

Art. 23

Erleichterungen betreffend das Veranlagungsverfahren

Abs. 1 Wie im bisherigen Recht (vgl. hierzu etwa den zugelassenen Versand und Empfang, Art. 100 ff. ZV) sollen Verfahrensbeteiligte auch künftig von Erleichterungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr profitieren können. Ziel dieser Erleichterungen ist es, den logistischen Bedürfnissen der Wirtschaft gerecht zu werden, den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu optimieren und dabei die Qualität der Warenanmeldungen zu steigern. Die Erleichterungen sollen modular aufgebaut werden und kombinierbar sein. Absatz 1 führt zwei mögliche Richtungen für Erleichterungen auf, ist aber nicht abschliessend.

Wichtige Erleichterungen, die bereits heute in ähnlicher Form existieren, sollen beibehalten werden. So bilden die Buchstaben a und b die Grundlage, damit die verbindliche Anmeldung von Waren am Domizil (heute zugelassener Versand und Empfang) 72 / 436

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und die periodische Sammelanmeldung für Massengüter (Art. 116 f. ZV) weitergeführt werden können.

Neu hinzukommen sollen die zweiteilige Ausfuhr, bei welcher auf ein Durchfuhrverfahren vom Domizil zur Grenze verzichtet wird, und die Möglichkeit, auch andere Waren als Massengüter des Regionalverkehrs beim Verbringen mittels reduzierter Warenanmeldung anzumelden. Die reduzierte Warenanmeldung soll sich auf einen minimalen Datensatz beschränken, der beispielsweise auf die Tarifnummer verzichtet. Die anfänglich fehlenden Angaben werden später durch eine Sammelanmeldung ergänzt, die sich auf mehrere reduzierte Warenanmeldungen beziehen kann. Damit liegen der Veranlagung schliesslich die vollständigen Angaben zugrunde, anders als bei der vereinfachten Warenanmeldung (Art. 15 Abs. 3).

Die reduzierte Warenanmeldung soll schnelle Warenbewegungen in der Lieferkette unterstützen, indem sie für detaillierte Abklärungen zur Art der Ware auch nach dem Verbringen noch Zeit lässt. Die Warenanmeldung als zeitliche Hürde im Logistikprozess soll somit möglichst gering gehalten werden. Ein Anliegen, das vor allem von Unternehmen kommt, welche dringliche Sendungen anmelden, etwa betreffend Ersatzteile oder Waren, die über Nacht geliefert werden. Aber auch Unternehmen, die den Verzollungsprozess soweit als möglich in ihrer Hand haben möchten, profitieren davon.

Abs. 2 Der Bundesrat regelt die Voraussetzungen, an welche die Erleichterungen im Veranlagungsverfahren geknüpft sind, und die verfahrensrechtlichen Einzelheiten. Er kann die Erleichterungen einer Bewilligungspflicht unterstellen.

Die Voraussetzungen, die auf Verordnungsstufe geregelt werden, erfordern unter anderem ein hohes Mass an Zuverlässigkeit für die Einhaltung der Erlasse. Sie sollen aber auch die ökonomisch sinnvolle Nutzung der Erleichterungen fördern, ohne künstliche Hürden für kleinere Unternehmen zu schaffen. Der AEO-Status ist keine Voraussetzung für die Erleichterungen. Wer über den Status verfügt, muss aber gewisse Voraussetzungen für Verfahrenserleichterungen nicht noch einmal nachweisen, sofern diese bereits bei der Erteilung des AEO-Status geprüft worden sind. Dies ist beispielsweise der Fall bei der «Bonität», die vom AEO-Kriterium «nachweisliche Zahlungsfähigkeit» gedeckt ist.

2. Kapitel: Warenbestimmungen Art. 24

Arten der Warenbestimmungen

Abs. 1 Mit den Warenbestimmungen wird im Wesentlichen der Gegenstand der in Artikel 47 Absatz 2 ZG genannten Zollverfahren ins neue Recht überführt. Hinzu kommt lediglich das Verbringen von verzollten und nach dem TStG, MinöstG oder AlkG unversteuerten Waren in ein Steuerlager.

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Neu stehen im grenzüberschreitenden Warenverkehr nunmehr folgende Warenbestimmungen zur Auswahl: ­

die Einfuhr in den freien Verkehr;

­

die Ausfuhr aus dem freien Verkehr;

­

die Durchfuhr;

­

die Einfuhr zur aktiven Veredelung;

­

die Ausfuhr zur passiven Veredelung;

­

die Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung;

­

das Verbringen in ein Zolllager;

­

das Verbringen in ein Steuerlager.

Die einzelnen Warenbestimmungen werden in den Artikeln 25­34 präzisiert.

Die Aufzählung der Warenbestimmungen nennt im Übrigen die gleichen Zwecke, denen Waren im internationalen Warenverkehr heute zugeführt werden können.

Für die verschiedenen Warenbestimmungen, die im grenzüberschreitenden Warenverkehr zur Verfügung stehen, gibt es ein einheitliches Verfahren.

Abs. 2 Zu Beginn des einheitlichen Verfahrens muss die anmeldepflichtige Person in der Warenanmeldung die Warenbestimmung festlegen.

Abs. 3 Der Bundesrat regelt die verfahrensrechtlichen Einzelheiten der Warenbestimmungen, namentlich die Formen, Fristen und Meldepflichten.

Die Aufzählung der Warenbestimmungen in Absatz 1 ist bewusst nicht abschliessend.

Es soll in diesem Bereich Spielraum bleiben für wirtschaftliche Innovationen. Der Bundesrat kann deshalb weitere Warenbestimmungen vorsehen. Für solche, die Auswirkungen auf die Entstehung der Abgabeschuld oder die Bemessung der Abgabe haben, ist jedoch aufgrund des Legalitätsprinzips aus Artikel 127 Absatz 1 BV in jedem Fall eine formell gesetzliche Grundlage zu schaffen.

Abs. 4 Die Warenbestimmungen nach Absatz 1 Buchstaben c­h bedürfen einer Bewilligung des BAZG. Diese Bewilligung dient in den betreffenden Warenbestimmungen als eine Art Ersatz für die bisher in Artikel 23 ZG verankerte Zollüberwachung. Sie wird nicht als separate Bewilligung erteilt, sondern implizit mit der Veranlagungsverfügung, sofern die vom Bundesrat festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

Das BAZG kann die Bewilligung für die betreffende Warenbestimmung mit Bedingungen und Auflagen versehen und befristen.

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Die Bedingungen beeinflussen die Abgabeschuld. In den bewilligungspflichtigen Warenbestimmungen entsteht die Abgabeschuld nämlich bedingt (Art. 39 Abs. 1 und 2).

Werden die Bedingungen der Bewilligung nach Artikel 24 Absatz 4 erfüllt, fällt die bedingt entstandene Abgabeschuld dahin (Art. 39 Abs. 3 Bst. a). Bei ordnungsgemässer Abwicklung resultiert für diese Warenbestimmungen somit grundsätzlich eine vollständige Befreiung von den Abgaben, die bei einer Einfuhr in den freien Verkehr oder bei einer Ausfuhr aus dem freien Verkehr üblicherweise zu bezahlen wären. Werden die Bedingungen der Bewilligung nach Artikel 24 Absatz 4 hingegen nicht eingehalten, wird die bedingt entstandene Abgabeschuld zur Bezahlung fällig (Art. 47 Abs. 2). Ausnahmen vom Grundsatz, dass die ordnungsgemässe Abwicklung bei der bedingten Abgabeschuld zur Abgabebefreiung führt, müssen gesetzlich vorgesehen sein (Art. 39 Abs. 3). Eine solche Ausnahme kann der Bundesrat gemäss Artikel 14 E-ZoG und Artikel 23 AStG vorsehen für die Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung.

Die Befristung der Bewilligung ist angezeigt für die Warenbestimmungen nach Absatz 1 Buchstaben c­f, aber entbehrlich für die Warenbestimmungen des Verbringens in ein Zolllager (Abs. 1 Bst. g) oder Steuerlager (Abs. 1 Bst. h). Die unbefristete Lagerung entspricht einer jahrzehntelangen Praxis und einem grossen Kundenbedürfnis.

Auch aus Gründen der Zollsicherheit kann auf die Befristung verzichtet werden, da über die eingelagerten Waren eine detaillierte Bestandesaufzeichnung geführt werden muss.

Art. 25

Einfuhr in den freien Verkehr

In Artikel 6 Buchstabe a wird der Begriff «Einfuhr» definiert als das Verbringen von Waren in das Zollgebiet, mithin als physische Verbringungshandlung über die Zollgrenze. Der Begriff sagt aber noch nichts aus darüber, ob es sich um unverzollte, unversteuerte, im Ausland hergestellte oder zuvor aus dem Zollinland zur vorübergehenden Verwendung oder Veredelung ausgeführte Waren handelt. Ebenso wenig wird mit dem Begriff «Einfuhr» im Sinne von Artikel 6 Buchstabe a festgelegt, ob die Ware lediglich temporär oder definitiv eingeführt wird.

Bei der Warenbestimmung der «Einfuhr in den freien Verkehr» ist dies hingegen eindeutig geregelt. Die Warenbestimmung dient der definitiven Einfuhr von Waren ins Zollinland und damit der Verbringung einer Ware in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr. Sie ist die bedeutendste unter den Warenbestimmungen und wird häufig verwendet. Mit dieser Warenbestimmung können Waren in den Wirtschaftskreislauf der Schweiz gelangen und als Wirtschaftsgut am Güterumsatz und an der Preisbildung teilnehmen. Ausländische Waren werden zu inländischen Waren, über welche im Zollinland frei verfügt werden kann.

Art. 26

Ausfuhr aus dem freien Verkehr

In Artikel 6 Buchstabe b wird der Begriff «Ausfuhr» definiert als Verbringen von Waren aus dem Zollgebiet, mithin als physische Verbringungshandlung über die Zollgrenze. Der Begriff sagt aber noch nichts aus darüber, ob es sich um verzollte, versteuerte, im Inland hergestellte oder vorher aus dem Zollausland zur vorübergehenden Verwendung, Veredelung, Durchfuhr oder Lagerung eingeführte Waren handelt.

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Ebenso wenig wird mit dem Begriff «Ausfuhr» festgelegt, ob die Ware lediglich temporär oder definitiv ausgeführt wird.

Bei der Warenbestimmung «Ausfuhr aus dem freien Verkehr» ist dies hingegen eindeutig geregelt. Es handelt sich somit um Waren, die im Zollgebiet hergestellt oder früher einmal in den freien Verkehr eingeführt worden sind und nun mit dieser Warenbestimmung definitiv aus dem Zollgebiet ausgeführt werden. Die Waren können dabei dem freien Verkehr entzogen oder einem Steuerlager entnommen werden. Bei den Waren aus einem Steuerlager handelt es sich um verzollte, aber nach dem TStG, MinöstG oder dem AlkG unversteuerte Waren sowie um solche inländischer Herkunft. Mit der Ausfuhr aus dem freien Verkehr verlassen die Waren den Wirtschaftskreislauf der Schweiz endgültig. Das eigentliche Verbringen der Waren aus dem Zollgebiet muss nicht in jedem Fall unmittelbar nach dem Zuführen in die Warenbestimmung Ausfuhr aus dem freien Verkehr erfolgen. Diese beiden Zeitpunkte fallen beispielsweise dann auseinander, wenn eine Ware aus dem freien Verkehr ausgeführt und anschliessend in ein Zolllager eingelagert wird.

Art. 27

Durchfuhr

Abs. 1 Die Warenbestimmung «Durchfuhr» soll inhaltlich dem bisherigen Artikel 49 Absatz 1 ZG entsprechen. Sie beinhaltet einerseits das Verbringen von Waren des nicht freien Verkehrs ins Zollgebiet mit anschliessendem Verbringen (Wiederausführen) der Ware aus dem Zollgebiet (Durchquerung des Zollgebietes von Zollgrenze zu Zollgrenze) oder zu einem bestimmten Ort im Zollgebiet. Andererseits umfasst sie auch das Befördern von Waren des nicht freien Verkehrs zwischen zwei Orten innerhalb des Zollgebietes.

Die Dauer der Beförderung ist befristet (vgl. zudem Art. 24 Abs. 4). Die Frist wird unter Berücksichtigung der Beförderungsroute und des Beförderungsmittels festgesetzt.

Abs. 2 Die Durchfuhr erfordert es zu überwachen, was mit diesen Waren innerhalb des Zollgebietes geschieht. Die Ware darf bei der Durchfuhr nämlich weder genutzt noch verändert, sondern nur allenfalls zum Zweck der Beförderung behandelt werden. Deshalb muss die Warenidentität gesichert werden. Dies kann mit einem von den Zollbehörden zugelassenen Verschluss am Beförderungsmittel, am Behälter oder am Packstück oder mit einer genauen Beschreibung der Warenpositionen erfolgen.

Abs. 3 Die Eröffnung und der Abschluss des Verfahrens betreffend die Warenbestimmung der Durchfuhr müssen je mit einer Warenanmeldung erfolgen beziehungsweise beantragt werden (vgl. auch das erläuternde Beispiel zu Art. 32 Abs. 4).

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Art. 28 und 30 ­ Einfuhr zur aktiven Veredelung und Ausfuhr zur passiven Veredelung: allgemeine Voraussetzungen Die Warenbestimmungen der Einfuhr zur aktiven Veredelung und der Ausfuhr zur passiven Veredelung nach Artikel 24 Absatz 1 Buchstaben d und e E-BAZG-VG haben auf Gesetzesstufe weitgehend den gleichen Regelungsgehalt wie im bisherigen Recht (vgl. dazu Art. 12, 13, 59 und 60 ZG).

Art. 28 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 1 ­ Begriff der Veredelung Unter Veredelung werden allgemein Arbeitsvorgänge mechanischer oder chemischer Art verstanden. Es handelt sich dabei um ein Bearbeiten oder Verarbeiten einer Ware.

Das Bearbeiten unterscheidet sich vom Verarbeiten dadurch, dass es weniger tiefgreifende Veränderungen der Ware hervorruft, sodass ihre wesentlichen Merkmale nicht verloren gehen, das heisst die Vorprodukte bleiben gegenständlich individuell mit ihren wesentlichen Merkmalen erhalten. Das Verarbeiten führt hingegen zur Veränderung dieser Merkmale, die Ware bleibt nicht individuell, sondern nur substanziell erhalten. Wie bisher soll ferner die Ausbesserung in den Warenbestimmungen der Einfuhr zur aktiven Veredelung und der Ausfuhr zur passiven Veredelung eingeschlossen bleiben.

Art. 28 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 1 ­ Zweck der Veredelung Die Warenbestimmungen der Einfuhr zur aktiven Veredelung und der Ausfuhr zur passiven Veredelung dienen dazu, ausländische beziehungsweise inländische Waren zum Bearbeiten, Verarbeiten oder Ausbessern vorübergehend ins Zollgebiet beziehungsweise vorübergehend aus dem Zollgebiet verbringen zu können. Grundbedingung der Warenbestimmungen ist somit die Wiederausfuhr beziehungsweise die Wiedereinfuhr der Waren. Davon wird während der gesamten Dauer der Warenbestimmung ausgegangen, beispielsweise bei der Anwendung der nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben, für die es von Bedeutung ist, ob eine Ware definitiv ins Zollgebiet verbracht oder nach der Veredelung wieder aus dem Zollgebiet verbracht wird.

Art. 28 Abs. 2 ­ Äquivalenzverkehr bei Einfuhr zur aktiven Veredelung Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten für die Einfuhr zur aktiven Veredelung: den Nämlichkeits- und den Äquivalenzverkehr.

Im Nämlichkeitsverkehr müssen die zur Veredelung ins Zollgebiet verbrachten Waren als Veredelungserzeugnisse wieder ausgeführt werden (vgl. den bisherigen Art. 42 Abs. 1 ZV). Das
wird wie bisher auf Stufe Verordnung geregelt.

Der so genannte Äquivalenzverkehr bietet demgegenüber die Möglichkeit, anstelle der zur aktiven Veredelung eingeführten Waren inländische Waren gleicher Menge, Beschaffenheit und Qualität als bearbeitete oder verarbeitete Erzeugnisse auszuführen (Art. 41 Abs. 1 ZV). Das wird wie bisher (Art. 12 Abs. 2 ZG) bereits auf Stufe Gesetz geregelt. Die materiellen Voraussetzungen für den Äquivalenzverkehr (Waren gleicher Menge, Beschaffenheit und Qualität) sind im Bewilligungsverfahren nach Artikel 29 Absatz 1 E-BAZG-VG zu prüfen.

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In der Warenanmeldung für die Eröffnung der Warenbestimmung der Einfuhr zur aktiven Veredelung ist sodann zu vermerken, ob der Nämlichkeits- oder der (bewilligte) Äquivalenzverkehr angewendet werden soll.

Der Bundesrat regelt den Äquivalenzverkehr sowie die Bewilligungsvoraussetzungen für die Warenbestimmung der Einfuhr zu aktiven Veredelung und das Verfahren (Art. 29 Abs. 1 E-BAZG-VG). Diese Kompetenzdelegationen ermöglichen es dem Bundesrat, den Äquivalenzverkehr für gewisse Waren generell vorzusehen oder für Kleinmengen die aktive Veredelung generell zulassen (Art. 29 Abs. 1 E-BAZG-VG).

Art. 28 Abs. 4 ­ Entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen, Bewilligungspflicht Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens wird unter anderem geprüft, ob der Erteilung der besonderen Bewilligung (vgl. Art. 29 Abs. 4 E-BAZG-VG) «überwiegende öffentliche Interessen» entgegenstehen. Entgegenstehende «überwiegende öffentliche Interessen» liegen unter anderem vor bei der Gefährdung staatlicher Interessen seuchenpolizeilicher Natur (z. B. Einfuhr von Schweinefleisch aus Ländern mit Schweinepest), gesundheitspolitischer Natur (z. B. Einfuhr von Käse aus Ländern mit Listerienverseuchung) oder ökologischer Natur (z. B. Einfuhr von Produkten, aus denen sich verbotene Rückstände ergeben können). Wirtschaftliche Interessen sind hingegen nur noch im Rahmen der Prüfung nach Artikel 29 Absatz 2 E-BAZG-VG zu berücksichtigen65.

Art. 29

Einfuhr zur aktiven Veredelung: besondere Bewilligung

Art. 29 Abs. 1 ­ Voraussetzungen Voraussetzung für die Eröffnung der Warenbestimmung ist stets eine «besondere Bewilligung». Mit «besonderer Bewilligung» ist eine Bewilligung gemeint, die zusätzlich zur allgemeinen Bewilligung der Warenbestimmung nach Artikel 24 Absatz 4 E-BAZG-VG erforderlich ist. Die besondere Bewilligung entspricht der bisherigen Bewilligung gemäss Artikel 59 Absatz 2 ZG. Grundsätzlich erteilt das BAZG diese besondere Bewilligung für die aktive Veredelung in Form einer warenbezogenen Einzelbewilligung.

Der Bundesrat regelt sowohl die Voraussetzungen für die allgemeine Bewilligung (Art. 24 Abs. 4 E-BAZG-VG) als auch diejenigen für die besondere Bewilligung. Die Bedingungen und Auflagen der besonderen Bewilligung, die vom BAZG festgelegt werden können, dienen beispielsweise der zeitlichen Einschränkung der Bewilligungsdauer oder Auflagen zum Abrechnungsverfahren. Bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen und landwirtschaftlichen Grundstoffen sind spezifische wirtschaftliche Voraussetzungen zu beachten (Art. 29 Abs. 2 E-BAZG-VG). Generell gilt zudem, dass der Einfuhr zur aktiven Veredelung keine öffentlichen Interessen entgegenstehen dürfen (Art. 28 Abs. 4 E-BAZG-VG).

Als allgemeine Bewilligungsvoraussetzungen sind zu erwähnen: die Veredelung der Waren im Zollinland, die Absicht, die veredelten Waren wiederauszuführen, und die 65

Stämpflis Handkommentar Zollgesetz, GUT IVO, Art. 12, N 7.

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Identitätssicherung der Waren. Zu den besonderen Bewilligungsvoraussetzungen zählen etwa der Veredelungszweck und die Veredelungsdauer.

Neu sollen aber bei Erfüllung gewisser Voraussetzungen auch unternehmensbezogene Generalbewilligungen erteilt werden (Status «Rafinador»). Unternehmen mit dem Status «Rafinador» werden im Wesentlichen von folgenden Erleichterungen profitieren: ­

Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber benötigen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Grundstoffe nicht für jede Veredelung beziehungsweise jede Ware eine Einzelbewilligung. Für Waren der Zolltarifkapitel 25­97, welche nichtabgaberechtlichen Erlassen oder anderen Abgaben als Zöllen oder der MWST unterliegen, ist in der Regel eine Einzelbewilligung erforderlich.

­

Die Generalbewilligung (Status «Rafinador») ist fünf Jahre gültig.

­

Die Abrechnungen erfolgen periodisch.

­

Auf die Sicherstellung der Zollabgaben wird der Bundesrat basierend auf Artikel 52 Absatz 4 E-BAZG-VG verzichten.

Für diesen Status sind unter anderem folgende Voraussetzungen denkbar: ­

Das antragstellende Unternehmen hat seinen Sitz im Zollgebiet und ist im Handelsregister eingetragen.

­

Das Gegenüber bietet ein hohes Mass an Zuverlässigkeit und Arbeitsqualität.

Sind sämtliche Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt, dann wird die Warenbestimmung der Einfuhr zur aktiven Veredelung bewilligt. Mit dieser besonderen Bewilligung und der Warenanmeldung werden die Waren der Warenbestimmung zugeführt.

Zollbefreiung beziehungsweise Zollermässigung wird gewährt in den Fällen gemäss Artikel 12 Absatz 1 und 2 E-ZoG.

Art. 29 Abs. 2 ­ Aktive Veredelung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlicher Grundstoffe ­ wirtschaftliche Bewilligungsvoraussetzungen Für die aktive Veredelung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und landwirtschaftlichen Grundstoffen gilt auch in Zukunft eine Bewilligungspflicht, wobei Vereinfachungen im Verfahren weiterhin möglich sein sollen. Die Details werden auf Verordnungsstufe geregelt.

Grundsätzlich gelten für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Grundstoffe die Bewilligungsvoraussetzungen nach Artikel 29 Absatz 1 E-BAZG-VG.

Darüber hinaus ist im Bewilligungsverfahren zu prüfen, ob gleichartige inländische Erzeugnisse und Grundstoffe nicht in genügender Menge im Inland verfügbar sind oder ob für die gleichartigen Erzeugnisse und Grundstoffe der Rohstoffpreisnachteil durch andere Massnahmen nicht ausgeglichen werden kann. Diese Bewilligungsvoraussetzungen lehnen sich an die Regelung im bisherigen Zollrecht an (Art. 12 Abs. 3 ZG).

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Art. 29 Abs. 3 ­ Konsultation und Information der interessierten Kreise Für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse und landwirtschaftliche Grundstoffe kann der Bundesrat festlegen, dass das BAZG die interessierten Kreise, das heisst die zuständigen Bundesämter (Staatssekretariat für Wirtschaft [SECO], Bundesamt für Landwirtschaft [BLW]) und die betroffenen Organisationen (Branchen- und Produzentenverbände), konsultiert oder informiert. Er kann ferner die Information beziehungsweise Konsultation für Kleinmengen ausschliessen.

Im Rahmen der Konsultation werden die wirtschaftlichen Voraussetzungen gemäss Artikel 29 Absatz 2 E-BAZG-VG geprüft. Bei der Information werden die interessierten Kreise lediglich über eingetroffene Bewilligungsanträge für die aktive Veredelung entsprechender landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlicher Grundstoffe informiert.

Die Information entspricht dem in Artikel 165a ZV verankerten und 2019 eingeführten vereinfachten Bewilligungsverfahren für die aktive Veredelung von Milch- und Getreidegrundstoffen, wie in der Botschaft vom 17. Mai 2017 zur Aufhebung der Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte66 festgehalten. Es ist vorgesehen, dass das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) das vereinfachte Bewilligungsverfahren 2023 evaluiert. Gegebenenfalls werden in der Folge Anpassungen vorgenommen.

Art. 29 Abs. 4 ­ Information interessierte Kreise Bisher wurden die interessierten Kreise nicht über Bewilligungsentscheide betreffend landwirtschaftliche Erzeugnisse und landwirtschaftliche Grundstoffe informiert. Mit der Motion Dettling vom 17. März 2021 (21.3237 «Transparenz beim Veredelungsverkehr»), die vom Bundesrat zur Annahme empfohlen wurde, aber im Parlament vom Zweitrat noch nicht behandelt worden ist, fordert der Motionär, die betroffenen Kreise automatisch über Entscheide zu Anträgen für die aktive Veredelung von Waren im Agrarbereich zu informieren. Die vorliegende Bestimmung schafft die gesetzliche Grundlage dafür, dass das BAZG die interessierten Kreise über Verfügungen und Entscheide betreffend Bewilligungsanträge nach Artikel 29 Absatz 2 E-BAZG-VG informieren kann. Das betrifft sowohl gutheissende als auch abweisende Verfügungen und Entscheide auf allen Stufen.

Art. 30 Abs. 2 ­ Äquivalenzverkehr
bei Ausfuhr zur passiven Veredelung Wie bei der Warenbestimmung der Einfuhr zur aktiven Veredelung muss der Äquivalenzverkehr auch bei der Ausfuhr zur passiven Veredelung in der Warenanmeldung beantragt werden. In der Warenanmeldung ist zu vermerken, ob der Nämlichkeitsoder der Äquivalenzverkehr angewendet werden soll.

Der Bundesrat regelt den Äquivalenzverkehr sowie die Bewilligungsvoraussetzungen für die Warenbestimmung der Ausfuhr zu passiven Veredelung und das Verfahren

66

BBl 2017 4351

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(Art. 31 E-BAZG-VG). Auch hier ermöglichen die Kompetenzdelegationen dem Bundesrat, den Äquivalenzverkehr für gewisse Waren generell vorzusehen oder für Kleinmengen die passive Veredelung generell zuzulassen (Art. 31 E-BAZG-VG).

Art. 30 Abs. 4 ­ Entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen, Bewilligungspflicht Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens wird unter anderem geprüft, ob der Erteilung der besonderen Bewilligung (vgl. Art. 31 E-BAZG-VG) überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Solche Interessen sind beispielsweise tangiert bei einer Täuschungsgefahr für Konsumentinnen und Konsumenten, die etwa entstehen kann, wenn im Äquivalenzverkehr qualitativ hochwertige Stoffe als Vorprodukt zur Veredelung aus dem Zollgebiet verbracht und im Ausland durch minderwertige Ersatzwaren substituiert werden oder falls im Ausland Behandlungen durchgeführt werden sollen, welche in der Schweiz nicht legal sind.

Art. 31

Ausfuhr zur passiven Veredelung: besondere Bewilligung

Voraussetzung für die Eröffnung der Warenbestimmung der Ausfuhr zur passiven Veredelung ist stets eine «besondere Bewilligung». Mit «besonderer Bewilligung» ist eine Bewilligung gemeint, die zusätzlich zur allgemeinen Bewilligung der Warenbestimmung nach Artikel 24 Absatz 4 E-BAZG-VG erforderlich ist. Die besondere Bewilligung entspricht der bisherigen Bewilligung gemäss Artikel 60 Absatz 2 ZG.

Grundsätzlich erteilt das BAZG diese besondere Bewilligung für die passive Veredelung in Form einer warenbezogenen Einzelbewilligung.

Der Bundesrat regelt sowohl die Voraussetzungen für die allgemeine Bewilligung (Art. 24 Abs. 4 E-BAZG-VG) als auch diejenigen für die besondere Bewilligung. Generell gilt zudem, dass der Ausfuhr zur passiven Veredelung keine öffentlichen Interessen entgegenstehen dürfen (vgl. Art. 30 Abs. 4 E-BAZG-VG).

Als allgemeine Bewilligungsvoraussetzungen sind zu erwähnen: die Veredelung der Waren im Zollausland, die Absicht, die veredelten Waren wiedereinzuführen, und die Identitätssicherung der Waren. Zu den besonderen Bewilligungsvoraussetzungen zählen etwa der Veredelungszweck und die Veredelungsdauer.

Neu sollen bei Erfüllung gewisser Voraussetzungen auch unternehmensbezogene Generalbewilligungen erteilt werden (Status «Rafinador»). Unternehmen mit dem Status «Rafinador» werden im Wesentlichen von folgenden Erleichterungen profitieren: ­

Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber benötigen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Grundstoffe nicht für jede Veredelung beziehungsweise jede Ware eine Einzelbewilligung. Für Waren der Zolltarifkapitel 25­97, welche nichtabgaberechtlichen Erlassen oder anderen Abgaben als Zöllen oder der MWST unterliegen, ist in der Regel eine Einzelbewilligung erforderlich.

­

Die Generalbewilligung (Status «Rafinador») ist fünf Jahre gültig.

­

Die Abrechnungen erfolgen periodisch.

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­

Auf die Sicherstellung der Zollabgaben wird der Bundesrat basierend auf Artikel 52 Absatz 4 E-BAZG-VG verzichten.

Für diesen Status sind unter anderem folgende Voraussetzungen denkbar: ­

Das antragstellende Unternehmen hat seinen Sitz im Zollgebiet und ist im Handelsregister eingetragen.

­

Das Gegenüber bietet ein hohes Mass an Zuverlässigkeit und Arbeitsqualität.

Sind sämtliche Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt, dann wird die Warenbestimmung der Ausfuhr zur passiven Veredelung bewilligt. Mit dieser besonderen Bewilligung und der Warenanmeldung werden die Waren der entsprechenden Warenbestimmung zugeführt. Zollbefreiung beziehungsweise Zollermässigung wird gewährt in den Fällen gemäss Artikel 13 E-ZoG.

Art. 32

Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung

Abs. 1 und 2 Artikel 32 überführt das bisher in Artikel 9 und 58 ZG geregelte Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung ins neue Zollrecht. Die Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung ist einerseits Waren vorbehalten, die nicht im freien Verkehr des Zollgebiets stehen, während einer begrenzten Zeit im Zollgebiet benutzt und anschliessend unverändert wiederausgeführt werden (Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung, Abs. 1). Andererseits ist die Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung auch für Waren zulässig, die im freien Verkehr des Zollgebiets stehen, für eine begrenzte Zeit im Zollausland benutzt und anschliessend unverändert wiedereingeführt werden (Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung, Abs. 2). Die Warenbestimmung der Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung erlaubt es, den Status (im freien Verkehr stehend oder nicht im freien Verkehr stehend; vgl. hierzu Begriff «Waren des freien Verkehrs» in Art. 6 Bst. d) der Waren beizubehalten.

Die Bezeichnung «vorübergehende Verwendung» impliziert eine zeitliche Beschränkung sowie eine Nutzung der betreffenden Waren. Von der Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung abzugrenzen sind die zeitliche Unbeschränktheit sowie die Veränderung oder die Nichtbenutzung (zum Beispiel Lagerung) der Waren.

Hierfür stehen jeweils eigene Warenbestimmungen zur Verfügung.

Die Wiederausfuhr oder die Wiedereinfuhr der Waren ist eine zentrale Grundbedingung in dieser Warenbestimmung67. Die Waren sollen nach ihrer zweckbestimmten Verwendung den inländischen Wirtschaftskreislauf wieder verlassen oder in diesen zurückkehren müssen. Hauptziel in dieser Warenbestimmung muss demnach die Durchsetzung der unveränderten Wiederausfuhr oder Wiedereinfuhr der nämlichen Waren sein. Hierzu dienen insbesondere die Wiederausfuhrfrist oder die Wiedereinfuhrfrist, die Beschränkung der maximalen Verwendungsdauer und das Festhalten der Identität nach Absatz 3. Selbstverständlich ist anstelle einer Wiederaus- beziehungsweise Wiedereinfuhr auch die ordnungsgemässe Vornahme einer Warenanmeldung mit einer anderen, für diese Waren zulässigen Warenbestimmung möglich (z. B. Einfuhr in den freien Verkehr oder Ausfuhr aus dem freien Verkehr).

67

Botschaft Zollgesetz, BBl 2004 567, hier 634.

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Beim bisherigen Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung fehlte bislang eine Möglichkeit zur elektronischen Abwicklung. Wie bei den anderen Warenbestimmungen sollen die bestehenden Zollanmeldungen in Papierform durch eine elektronische Warenanmeldung abgelöst werden. Dies gilt insbesondere für die Zollanmeldung für die vorübergehende Verwendung (ZAVV). Auch das internationale Zolldokument Carnet ATA soll künftig in den digitalen Prozess eingebunden werden (eATA).

Abs. 3 Um die Wiederausfuhr oder die Wiedereinfuhr der nämlichen Waren sicherzustellen, muss die Identität dieser Waren gesichert werden. Die Waren sollen während der Dauer der Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung nicht unerlaubterweise verändert oder ausgetauscht werden können.

Abs. 4 Die Eröffnung und der Abschluss des Verfahrens betreffend die Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung müssen je mit einer Warenanmeldung erfolgen beziehungsweise beantragt werden. Dieser Ablauf wird mit nachfolgendem Beispiel einer Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung verdeutlicht: Beim Verbringen der Waren ins Zollgebiet muss die anmeldepflichtige Person eine Warenanmeldung zur Eröffnung dieser Warenbestimmung einreichen. Mit der Eröffnung (Veranlagungsverfügung) wird gleichzeitig die Bewilligung nach Artikel 24 Absatz 4 erteilt und dem Antrag auf eine Veranlagung mit bedingter Abgabeschuld (Art. 39 Abs. 1) entsprochen. Anlässlich des Wiederverbringens der Waren ins Zollausland ist eine erneute Warenanmeldung zum Abschluss dieser Warenbestimmung erforderlich. Der Abschluss und das Dahinfallen der Abgabeschuld nach Artikel 39 Absatz 3 können nur verfügt werden, wenn die massgebenden Bedingungen eingehalten worden sind.

Abs. 5 Mit Absatz 5 wird die Regelung des bestehenden Artikels 9 Absatz 3 ZG fortgeführt.

Die Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung ist von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung68. Der Bundesrat soll die Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung weiterhin aus wirtschaftlichen oder handelspolitischen Gründen ausschliessen oder einschränken können. Damit wird zum Beispiel dem Risiko einer Konkurrenzierung von Waren des freien Verkehrs mit Waren in der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung begegnet. Ein Ausschluss oder eine Einschränkung der Warenbestimmung der
vorübergehenden Verwendung ist zum Beispiel denkbar bei Staaten, die nicht Gegenrecht halten oder beim Einsatz von nicht im freien Verkehr stehenden Fahrzeugen für gewerbliche Binnentransporte 68

ARPAGAUS REMO, Zollrecht unter Einschluss der völkerrechtlichen Grundlagen im Rahmen der WTO, der UNECE, der EFTA und der Abkommen mit der EU, in: Koller/Müller/Tanquerel/Zimmerli [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht (SBVR) (Band XII), 2. Auflage, Basel 2007, Rz. 822 und 835, nachfolgend: ARPAGAUS, Zollrecht, Rz.

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(zollrechtliches Binnentransportverbot). Der Bundesrat und schlussendlich auch die Verwaltung sind hierbei an das internationale Recht gebunden, wobei insbesondere das Istanbuler Übereinkommen zu nennen ist.

Der Bundesrat soll die vorübergehende Verwendung nicht nur beschränken oder ausschliessen, sondern weiterhin regeln können, in welchen Fällen das BAZG davon Ausnahmen bewilligen darf.

Zentrales Element der Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung bildet der Verwendungszweck, zu dem die Waren im Zollgebiet oder im Zollausland eingesetzt werden sollen. Aufgrund der Vielfalt an möglichen Verwendungen wird auf Gesetzesstufe auf verwendungszweckspezifische Regelungen verzichtet und es werden wie im bestehenden Zollrecht lediglich die Leitlinien aufgeführt. Bei der Festlegung der Verwendungszwecke, der zu erfüllenden Voraussetzungen und der einzuhaltenden Bedingungen und Auflagen nimmt das Istanbuler Übereinkommen eine richtungsgebende Rolle ein.

Art. 33

Verbringen in ein Zolllager

Abs. 1 und 2 In einem Zolllager (zum Begriff: Art. 64) dürfen Waren des nicht freien Verkehrs gelagert werden. Wer Waren in ein Zollager verbringen will, muss sie der Warenbestimmung des Verbringens in ein Zolllager (Art. 24 Abs. 1 Bst. g) zuführen. Die Abgabeschuld entsteht dabei bedingt (Art. 39). In Anlehnung an die gängige Praxis (Art. 51 Abs. 2 Bst. a und Art. 62 Abs. 3 ZG) wird der Bundesrat bei dieser Warenbestimmung auf eine Sicherstellung der Abgaben verzichten (vgl. Art. 52 Abs. 4).

Waren, die sich in der Warenbestimmung des Verbringens in ein Zolllager befinden, unterliegen wie heute (vgl. Art. 51 Abs. 2 Bst. a und auf Art. 62 Abs. 3 ZG) keinen handelspolitischen Massnahmen. Die Vollzugsaufgaben des BAZG nach nichtabgaberechtlichen Erlassen sind anwendbar, soweit diese es vorsehen.

Die bisherige Regelung gemäss Artikel 53 Absatz 3 und Artikel 65 Absatz 2 ZG, dass Waren in Zolllagern grundsätzlich beliebig lange gelagert werden dürfen, wird beibehalten (Abs. 2).

Die Zollfreilager und die Zolllager haben heute einen unterschiedlichen Status und unterschiedliche Prozesse. Waren in einem Zolllager befinden sich im Zolllagerverfahren (Art. 50­57 ZG). Waren im Zollfreilager unterliegen einer eigenständigen zollrechtlichen Bestimmung (Art. 62­67 ZG). Diese Unterscheidung und die damit verbundenen unterschiedlichen Prozesse sind aus Sicht der abgaberechtlichen Überwachung und der Lagerlogistik überholt. Die prozessuale Unterscheidung wird deshalb aufgehoben. Neu befinden sich alle Waren, die in ein Zolllager eingelagert werden, in der Warenbestimmung des Verbringens in ein Zolllager. Die bisherigen Lagertypen (offene Zolllager und Zollfreilager) werden aber im Grundsatz beibehalten (Art. 65 Abs. 2).

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Abs. 3 Der Bundesrat regelt, welche Arten der Bewirtschaftung während der Lagerung zulässig sind, die Voraussetzungen für die Arten der Bewirtschaftung sowie allfällige Einschränkungen. Dies entspricht der heutigen Regelung gemäss Artikel 56 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 3 ZG. Die Bewirtschaftung umfasst Tätigkeiten, die dem Unterhalt und dem Werterhalt der Ware dienen, sowie das Verpacken und Umpacken derselben. Von der Bewirtschaftung klar abzugrenzen ist die Veredelung, die einen wirtschaftlichen Mehrwert der Ware bezweckt, was weiterhin in einem Zolllager nicht zulässig sein soll.

Abs. 4 Die Warenbestimmung der Ausfuhr aus dem freien Verkehr (Art. 26) ist für Waren bestimmt, die dem freien Verkehr entzogen werden, um sie aus dem Zollgebiet zu verbringen. Der Bundesrat regelt, unter welchen Voraussetzungen zur Ausfuhr veranlagte Waren vor dem Verbringen aus dem Zollgebiet in einem Zolllager gelagert werden dürfen. So soll die Erwerberin oder der Erwerber der Waren wie nach bisherigem Recht (Art. 173a ZV) ihren oder seinen Sitz oder Wohnsitz ausserhalb des Zollgebiets haben müssen.

Nach der bisherigen Regelung müssen Waren, die zur Ausfuhr veranlagt und vor dem Verbringen ins Ausland in ein Zolllager verbracht werden, innerhalb von sechs Monaten ins Zollausland verbracht werden (Art. 53 Abs. 3 ZG und Art. 157 ZV sowie Art. 65 Abs. 2 ZG und Art. 179 ZV). Diese Bestimmung wurde ursprünglich eingeführt, um Missbräuchen vorzubeugen (Steuerbefreiung aufgrund Ausfuhrveranlagung erwirken, ohne dass die Ware für das Ausland bestimmt ist). Durch eine kurzzeitige Ausfuhr in ein Nachbarland kann diese Bestimmung jedoch leicht umgangen werden und verursacht dabei unnötigen Verkehr. Die Einhaltung kann zudem nur mit grossem administrativen Aufwand kontrolliert werden. Mit der 2016 eingeführten Bestimmung, dass in Zolllagern zur Ausfuhr veranlagte Waren gelagert werden dürfen, wenn die Erwerberin oder der Erwerber der Waren den Sitz oder Wohnsitz ausserhalb des Zollgebiets hat (Art. 173a ZV, siehe oben), können diese Missbräuche verhindert werden. Solche zur Ausfuhr veranlagte Waren können deshalb künftig ebenfalls unbeschränkt lange gelagert werden.

Abs. 5 Bei Waren, die der Warenbestimmung Zolllager zugeführt werden sollen, muss die Identität der Waren gesichert werden. Damit soll gewährleistet werden,
dass die Waren während der Dauer der Lagerung nicht unerlaubterweise verändert oder ausgetauscht werden können oder unveranlagt ins Zollgebiet gelangen.

Abs. 6 Die Eröffnung und der Abschluss der Warenbestimmung müssen zudem je mit einer Warenanmeldung erfolgen. Beim Verbringen der Waren ins Zolllager (bei der Einlagerung) muss die anmeldepflichtige Person eine Warenanmeldung zur Eröffnung der Warenbestimmung einreichen. Mit der Eröffnung wird gleichzeitig die Bewilligung 85 / 436

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nach Artikel 24 Absatz 4 erteilt. Anlässlich des Wiederverbringens der Waren aus dem Zolllager (bei der Auslagerung) ist eine erneute Warenanmeldung zum Abschluss der Warenbestimmung erforderlich. Mit dem verfügten Abschluss der Warenbestimmung fällt die bedingte Abgabenschuld dahin (Art. 39 Abs. 3). Der Abschluss und das Dahinfallen der Abgabeschuld können nur verfügt werden, wenn die massgebenden Bedingungen eingehalten wurden.

Art. 34

Verbringen in ein Steuerlager

Die Warenbestimmung «Verbringen in ein Steuerlager» ersetzt im grenzüberschreitenden Warenverkehr die aktuell geltenden Bestimmungen zur Beförderung von entsprechenden Waren von der Grenze in ein Steuerlager. In diesem Fall entsteht die Abgabeschuld bedingt und kann nach Artikel 51 ff. sichergestellt werden. Das Verfahren wird mit der Einlagerung in ein Steuerlager abgeschlossen. Das Steuerlager (vgl. Art. 69 Abs. 2) dient wie bis anhin der Lagerung, Herstellung, Gewinnung, Bewirtschaftung und Bearbeitung von verzollten, aber nach dem TStG, MinöstG oder dem AlkG unversteuerten Waren sowie von solchen Waren inländischer Herkunft.

Im Bereich der verschiedenen Steuerlager wurden die Begriffsbestimmungen angepasst, sie sollen künftig einheitlich verwendet werden. Anstelle von «zugelassenen Steuerlagern» im Tabaksteuergesetz oder «zugelassenen Lagern» im Mineralölsteuergesetz spricht man in allen Erlassen neu einheitlich von «Steuerlagern». Aus «den zugelassenen Lagerinhabern» oder «der Betreiberin oder dem Betreiber» werden «die Inhaberin oder der Inhaber einer Bewilligung zum Betrieb eines Steuerlagers». Rechte und Pflichten bleiben demgegenüber unverändert.

Der Bundesrat legt in den Ausführungsbestimmungen die Voraussetzungen für die Einrichtung und den Betrieb der Steuerlager fest (Abs. 3). Er regelt ausserdem die Beförderung unversteuerter Waren sowie die Einlagerung entsprechender inländischer Waren in ein Steuerlager.

3. Kapitel: Besondere Bestimmungen für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte und Personen, die gewerbsmässig Warenanmeldungen ausstellen Art. 35

Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte

Diese Bestimmung orientiert sich am bisherigen Artikel 42a ZG. Sie nennt weiterhin die für die Erteilung des AEO-Status zu erfüllenden vier Hauptkriterien. Inhaltlich basiert die Bestimmung auf Artikel 1 in Anhang II des ZESA-Abkommens, welches 2021 an den Zollkodex angepasst wurde.

Alle Kriterien, die für den AEO-Status erfüllt sein müssen, werden mit Blick auf die Rechtssicherheit präziser formuliert. Absatz 1 Buchstabe a erfährt eine materielle Änderung, die zwei neue Voraussetzungen aufführt: Die den Antrag stellende Person darf im Rahmen der Wirtschaftstätigkeit keine schweren Straftaten begangen haben (vgl. Art. 112g Bst. a ZV Angemessene Sicherheitsstandards), und sie muss die nati-

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onalen Steuergesetze einhalten. Die Einhaltung dieser steuerlichen Pflichten wird bereits heute von der Zollverwaltung in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung kontrolliert.

Sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind, erteilt das BAZG den Status «zugelassener Wirtschaftsbeteiligter» auch neuen Wirtschaftsteilnehmern oder solchen, die noch nicht während des gesamten Prüfzeitraums (heute sind es nach Art. 112d ZV drei Jahre) tätig sind. In diesem Fall wird der Antrag anhand der vorhandenen Ergebnisse geprüft.

Bestreitet eine Abgabeschuldnerin oder ein Abgabeschuldner in einem Konkursverfahren die Forderung des BAZG, so wird der Bestand der Forderung nicht im konkursrechtlichen Kollokationsverfahren, sondern im verwaltungsrechtlichen Verfahren festgelegt. Die Kollokation der Forderung unterbleibt daher bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Abgabeverfügung.

Art. 36

Anforderungen an Personen, die gewerbsmässig Warenanmeldungen ausstellen

Abs. 1 Die Qualität der Warenanmeldung ist entscheidend für einen möglichst reibungslosen Verfahrensablauf, der es dem BAZG erlaubt, seine Aufgaben zeitnah zu erfüllen.

Die Warenanmeldung ist Grundlage für die korrekte Veranlagung und Erhebung der Abgaben sowie für die Prüfung der Einhaltung der nichtabgaberechtlichen Erlasse.

Personen, die gewerbsmässig Warenanmeldungen ausstellen, müssen deshalb für die Ausübung ihrer Tätigkeit über die erforderliche Eignung verfügen. Mit dieser neutralen Formulierung des Personenkreises wird der Anwendungsbereich der Bestimmung im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage von den Datenverantwortlichen auf die Warenverantwortlichen ausgedehnt. Im Vergleich zum bisherigen Recht erfolgt keine Ausdehnung des personellen Anwendungsbereichs (vgl. den Wortlaut von Art. 109 Abs. 1 ZG).

Abs. 2 Der Bundesrat wird in diesem Absatz ermächtigt, die Eignungsvoraussetzungen für die gewerbsmässige Warenanmeldung zu regeln, namentlich die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen. Diese werden wie bisher (Art. 233 ZV) auf Verordnungsstufe präzisiert.

Im Unterschied zur Vernehmlassungsvorlage wird die Sitzpflicht in einem separaten Absatz geregelt (vgl. Abs. 3). Zudem wird mit Blick auf die Meistbegünstigungsklausel gemäss Artikel II Ziffer 1 in Anhang 1B des Abkommens vom 15. April 199469 zur Errichtung der Welthandelsorganisation (nachfolgend: GATS, Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) für die Ausnahme von der Sitzpflicht auf das Gegenrechtserfordernis verzichtet.

69

SR 0.632.20

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Abs. 3 Gemäss dieser Bestimmung soll der Bundesrat die Möglichkeit haben vorzuschreiben, dass Personen, die gewerbsmässig Warenanmeldungen ausstellen, ihren Sitz oder Wohnsitz im Zollgebiet haben müssen (Sitzpflicht). Hintergrund der Sitzpflicht ist das öffentliche Interesse an der Rechtsdurchsetzung, die im Zollgebiet leichter fällt als im Zollausland. Das betrifft etwa die Mitwirkung im Verfahren (Art. 82), den Zugriff auf Daten und Dokumente, die aufzubewahren sind (Art. 83), die Zustellung von Verfügungen im nicht-elektronischen Verfahren, die Vollstreckung der Abgabeschuld, für die es keine internationalen Verträge gibt, und die Verfolgung von Widerhandlungen.

Der vorliegende Absatz sieht indessen auch zwei Ausnahmen von der Sitzpflicht im Zollgebiet vor. Die beiden Ausnahmen betreffen einerseits Personen, die ihren Sitz oder Wohnsitz im grenznahen Raum ausserhalb des Zollgebiets haben und andererseits Personen, die aufgrund eines Staatsvertrages von der Sitzpflicht befreit sind. Was in diesen beiden Fällen anstelle des Sitzes oder Wohnsitzes vorausgesetzt wird, ist in Absatz 4 geregelt.

Die erste Ausnahme lehnt sich an den bisherigen Artikel 8 ZV-BAZG an. Dessen Absatz 2 ermöglicht einer anmeldepflichtigen Person, die zwar keinen Sitz oder Wohnsitz im Zollgebiet hat, wohl aber einen «im grenznahen Raum des Zollauslands», unter gewissen Voraussetzungen die Verwendung des Systems e-dec zur Einfuhrzollanmeldung. Die vorliegende Bestimmung ersetzt die Wendung «im grenznahen Raum des Zollauslands» durch «im grenznahen Raum ausserhalb des Zollgebiets». Mit der Bezugnahme auf das «Zollgebiet» wird lediglich ein Begriff verwendet, den das E-BAZG-VG definiert; eine materielle Änderung im Vergleich zur bisherigen Regelung auf Verordnungsstufe ist nicht beabsichtigt. Der grenznahe Raum ausserhalb des Zollgebiets, in dem die anmeldende Person Sitz oder Wohnsitz haben muss, wird anders als derjenige im Inland (Art. 11 Abs. 5) im Gesetz nicht definiert. Nach geltender Praxis wird darunter ein Geländestreifen von 15 Kilometern entlang der Zollgrenze unter Berücksichtigung der geografischen Situation verstanden.

Die zweite Ausnahme von der Sitzpflicht beruht auf einer Befreiung gemäss Staatsvertrag. Sieht ein Staatsvertrag vor, dass eine anmeldepflichtige Person keinen Sitz oder Wohnsitz im Zollgebiet
haben muss, dann hat diese Regelung Vorrang (vgl. auch Art. 3 Abs. 1).

Nicht übernommen wird in den vorliegenden Absatz 3 eine weitere Ausnahme von der Sitzpflicht, die der bisherige Artikel 8 Absatz 3 ZV-BAZG vorsieht. Diese Ausnahme betrifft Personen im Zollausland, die Büroräumlichkeiten auf dem Gelände nebeneinanderliegender Grenzabfertigungsstellen besitzen, ist aber in der Praxis nicht relevant.

Abs. 4 Die Bestimmung regelt, was für Personen, die gewerbsmässig Warenanmeldungen ausstellen wollen und nach Absatz 3 von der Sitzpflicht befreit sind, gilt. Beide Ausnahmen nach Absatz 3 werden gleichbehandelt. Sowohl die Personen, die ihren Sitz oder Wohnsitz im grenznahen Raum ausserhalb des Zollgebiets haben, als auch die Personen, die von der Sitzpflicht aufgrund eines Staatsvertrags befreit sind, müssen 88 / 436

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über ein Zustelldomizil im Zollgebiet verfügen und sicherstellen, dass das BAZG vom Zollgebiet aus Zugriff auf die nach Artikel 83 aufzubewahrenden Daten und Dokumente hat. Diese Regelung beruht auf den Voraussetzungen, die der bisherige Artikel 8 Absatz 2 ZV-BAZG für Personen mit Sitz oder Wohnsitz im grenznahen Raum des Zollauslands vorsieht. Sie wird nun ausgedehnt auf Personen, die nach einem Staatsvertrag von der Sitzpflicht befreit sind.

Im elektronischen Verfahren wird in der Regel kein Zustelldomizil nötig sein, weil die massgeblichen Akte im Informationssystem des BAZG eröffnet werden können.

Dort, wo ausnahmsweise kein elektronisches Verfahren geführt werden kann, ist ein Zustelldomizil jedoch weiterhin erforderlich. Auch der Zugriff auf Daten und Dokumente wird dem BAZG nicht immer in elektronischer Form möglich sein. Was als Zustelldomizil ausreicht, wird in den bundesrätlichen Ausführungsbestimmungen definiert. Diese werden sich nach den Verfahrensbestimmungen richten, die im Streitfall massgeblich sind (Art. 11 VwVG, Art. 34 VStR bzw. Art. 87 StPO). Die Pflicht, ein Zustelldomizil zu bezeichnen, trifft wie die Sitzpflicht Personen allgemein, also natürliche Personen, juristische Personen oder Personenvereinigungen (vgl. Art. 6 Bst. h). Für Personen, die im Anstellungsverhältnis Warenanmeldungen ausstellen, wird auf das Zustelldomizil verzichtet, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz hat. Wenn der Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat, wird auf Stufe Verordnung vorgesehen, dass diese Personen am gleichen Ort wie ihre Arbeitgeber ein Zustelldomizil haben und somit kein eigenes begründen müssen.

Die vorliegende Regelung ist vereinbar mit den Verpflichtungen der Schweiz, welche sich aus den Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Nachbarstaaten70 über die Errichtung nebeneinanderliegender Grenzabfertigungsstellen ergeben, sowie mit dem GATS, Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen.

Durch eine Erweiterung der Pflicht, ein Zustelldomizil zu begründen, auf Personen, die gemäss einem Staatsvertrag von der Sitzpflicht befreit sind, soll sichergestellt werden, dass die Rechtsdurchsetzung und Mitwirkung am Verfahren gewährleistet bleiben. Vorbehalten bleiben jedoch Sonderbestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen, die der
vorliegenden Bestimmung vorgehen, das heisst die Pflicht, ein Zustelldomizil zu bezeichnen, ausschliessen (vgl. auch Art. 3 Abs. 1).

Sonderbestimmungen finden sich etwa im gemeinsamen Versandverfahren für gewisse Vereinfachungen, die gewährt werden (vgl. etwa Art. 55 Ziff. 1 sowie Bst. a der Ziff. 1­5 von Art. 57 des Übereinkommens über ein gemeinsames Versandverfahren), namentlich für zugelassene Versender oder Empfänger.

Weitere Sonderbestimmungen ergeben sich allenfalls aus Verpflichtungen, welche die Schweiz im Rahmen von Freihandelsabkommen eingegangen ist. Diese können vorsehen, dass Anbieter aus dem jeweiligen Vertragsstaat ihre Verzollungsdienstleistungen («Customs Clearance Services») in der Schweiz anbieten dürfen (vgl. Appendix 4 zum Annex XII zum Freihandelsabkommen vom 25. Juni 2018 zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei71, Ziff. 11 H. (c) samt Fussnote 11).

70 71

SR 0.631.252.913.690; SR 0.631.252.945.460; SR 0.631.252.934.95 SR 0.632.317.631

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Art. 37

Gegenleistung für die Warenanmeldung

Diese Bestimmung hat erst nach Abschluss der Vernehmlassung Eingang in die Vorlage gefunden.

Hintergrund ist die Motion Leutenegger Oberholzer vom 10. Dezember 2009 (09.4209 «Handelshemmnisse im grenzüberschreitenden Online-Handel reduzieren»), die Massnahmen forderte, um die Kosten für die Verzollung im Online-Handel in Grenzen zu halten. Der Bundesrat wurde dabei beauftragt, private Spediteure anzuhalten, für Kleinwaren die vereinfachte Verzollung anzuwenden, wie es die Schweizerische Post tut. Er hatte damals im laufenden Verfahren zur Änderung der Zollverordnung darauf hingewirkt, dass die Zollanmelder angehalten werden können, ein vereinfachtes Warenanmeldeverfahren für Kleinsendungen anzuwenden, wenn die diesbezüglichen Rahmenbedingungen erfüllt sind (Art. 105b ZV). Die Nutzung der vereinfachten Warenanmeldung blieb grundsätzlich freiwillig. Eine Verpflichtung erfolgte erst dann, wenn ein Anbieter vergleichsweise hohe Preise von seinen Kunden verlangte.

Der Preisüberwacher hat in zwei Speditions-Fällen Artikel 105b ZV angerufen. Die entsprechenden Verfügungen der EZV wurden von den Spediteuren angefochten, und das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen A-1123/2019 und A-1070/2019 vom 14. August 2020 entschieden, dass Artikel 105b ZV keine ausreichende gesetzliche Grundlage aufweist. Mit der ungültig erklärten Regelung von Artikel 105b ZV harrte der parlamentarische Auftrag gemäss der Motion Leutenegger Oberholzer zum Abbau von Handelshemmnissen wieder der Umsetzung. Durch die Einführung des Artikels 37 E-BAZG-VG in Verbindung mit der neuen Bestimmung in Artikel 13 Absatz 2bis des Preisüberwachungsgesetzes vom 20. Dezember 198572 (PüG) erfolgt nun die Umsetzung auf Gesetzesstufe. Im E-BAZG-VG wird die Legalfiktion integriert, dass gewerbsmässig tätige Zollanmelder in den Fällen, in welchen die Voraussetzungen zur vereinfachten Warenanmeldung erfüllt sind, als marktmächtig gelten und damit dem Preisüberwachungsgesetz unterstellt sind. Der Kreis der Betroffenen umfasst somit alle diejenigen, welche Waren anmelden, die den Voraussetzungen für eine vereinfachte Warenanmeldung entsprechen, wie beispielsweise ein Maximalgewicht von 1000 kg und einen maximalen Warenwert von 1000 Franken (vgl. aktuelle Regelung Art. 105a ZV). Weil die Spediteure nur dem PüG unterstellt werden, aber
grundsätzlich darin frei bleiben, die vereinfachte Warenanmeldung anzuwenden oder nicht, ist der Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit deutlich geringer und die Verhältnismässigkeit in der Abwägung der Interessen der Empfängerinnen und Empfänger, welche vor missbräuchlichen Preisen geschützt werden sollen, und der Datenverantwortlichen gewahrt. Die Spediteure werden anders als im heutigen Artikel 105b ZV nicht dazu verpflichtet, ein zusätzliches Verzollungssystem einzuführen, sondern ausschliesslich dazu, einen verhältnismässigen Preis im Sinne der Motionärin zu erheben.

Der dabei entstehende Eingriff in ihre Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) ist folglich viel geringfügiger als der aktuell in Artikel 105b ZV stipulierte, und er ist somit hinzunehmen. Damit wird auch dem Bundesverwaltungsgericht Nachachtung geschenkt, welches in seinen Urteilen A-1123/2019 und A-1070/2019 vom 14. August 2020 Bedenken in Bezug auf die Verhältnismässigkeit äusserte, weil dem Spediteur durch 72

SR 942.20

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Einführung einer neuen Zollanmeldeprozedur unter Umständen hohe Kosten entstanden wären. Dies wird mit der vorgesehenen Regelung verhindert, weil der Spediteur kein zusätzliches System für die Warenanmeldung anschaffen muss. Die Festsetzung des Preises wird im neu geschaffenen Artikel 13 Absatz 2bis PüG beschrieben.

Die Norm ist nötig und effektiv, um die Empfängerinnen und Empfänger vor missbräuchlichen Preisen zu schützen, weil es sich vorliegend um Verträge zulasten Dritter handelt: Für die Empfängerinnen und Empfänger ist zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufgeschäftes nicht immer ersichtlich, wer die entsprechende Ware transportieren und dem Zoll anmelden wird und wieviel sie dies kosten wird. Der Wettbewerb kann damit, bezogen auf den Preis für die Warenanmeldung, nicht funktionieren, da die Empfängerin beziehungsweise der Empfänger in solchen Fällen keine Auswahlmöglichkeit hat. Trotzdem muss sie beziehungsweise er anschliessend diese Kosten übernehmen. Die Begrenzung auf Kosten, welche bei einer effizient durchgeführten Warenanmeldung entstehen würden, schützt die Empfängerinnen und Empfänger vor solch überhöhten Preisen.

3. Titel: Erhebung der Abgaben 1. Kapitel: Abgabeschuld Art. 38

Entstehung der Abgabeschuld

Abs. 1 Absatz 1 regelt den Zeitpunkt des Entstehens der Abgabeschuld.

Bei den Einfuhr- und Ausfuhrabgaben bildet das tatsächliche Verbringen von Waren über die Zollgrenze den für die Entstehung der Abgabeschuld massgebenden Vorgang. Diese Verbringungshandlung bildet damit das Steuerobjekt für diese Abgaben, insbesondere der Zölle und der Mehrwertsteuer auf der Wareneinfuhr.

Der Zeitpunkt der Entstehung der Abgabeschuld fällt hier zusammen mit dem Zeitpunkt, in dem die Warenanmeldung nach Artikel 20 Absatz 1 verbindlich wird, mithin, wenn die elektronisch vorgenommene Warenanmeldung aktiviert oder wenn die in einer anderen vom Bundesrat zugelassenen Form vorgenommene Warenanmeldung durch das BAZG angenommen wurde (bisher: Annahme der Zollanmeldung durch das BAZG, vgl. Art. 69 Bst. a ZG). Die Abgabeschuld entsteht dabei auch dann, wenn die Waren schlussendlich abgabefrei in den freien Verkehr im Zollgebiet überführt werden. So vermag zum Beispiel eine Veranlagung zum Präferenzzollansatz das Entstehen der Abgabeschuld nicht infrage zu stellen.

Die Abgabeschuld entsteht mit jeder verbindlichen Warenanmeldung neu. Das tritt beispielsweise ein, wenn eine ausländische Ware, die mit der ursprünglichen Warenanmeldung für die Durchfuhr, die Lagerung in einem Zoll- oder Steuerlager, die vorübergehende Verwendung oder die Veredelung bestimmt war, nachträglich in den freien Verkehr im Zollgebiet überführt wird. Dasselbe gilt, wenn die Ware für eine andere Warenbestimmung erneut angemeldet wird.

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Für alle Abgaben, die keinen Bezug zum grenzüberschreitenden Warenverkehr haben und infolge eines Vorgangs im Inland entstehen (Inlandabgaben), richtet sich der Zeitpunkt der Entstehung der Abgabeschuld nach dem betreffenden Abgabeerlass gemäss Artikel 8 Absatz 2 Buchstaben c­k.

Abs. 2 Die Regelung der Entstehung der Abgabeschuld wird für den Sonderfall der unterlassenen Warenanmeldung an den Bundesrat delegiert. An den bisherigen Rechten und Pflichten der Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner ändert diese Delegation nichts. Als Grundsatz soll gelten, dass die Abgabeschuld bei einer unterlassenen Warenanmeldung mit dem Verbringen der Waren über die Zollgrenze entsteht (Verbringungshandlung als Steuerobjekt).

Art. 39

Bedingte Abgabeschuld

Abs. 1 Im grenzüberschreitenden Verkehr soll auf einer Ware eine Abgabe nur dann geschuldet sein, wenn die ins Zollgebiet verbrachte Ware tatsächlich Teil des inländischen Binnenwettbewerbs wird und daran teilnimmt. Bei dieser Überführung der Ware in den freien Verkehr entsteht die Abgabeschuld definitiv. Dieser Hauptanwendungsfall gilt analog auch für das Ausfuhrverfahren73.

In anderen Fällen, bei denen eine Ware nur durch das Zollgebiet befördert oder vorübergehend in das oder aus dem Zollgebiet verbracht wird, entsteht zwar grundsätzlich ebenfalls eine Abgabeschuld, jedoch unter einer Resolutivbedingung. Dies gilt für die Warenbestimmungen der Durchfuhr (Art. 24 Abs. 1 Bst. c), der Einfuhr zur aktiven und der Ausfuhr zur passiven Veredelung (Art. 24 Abs. 1 Bst. d und e), der Ein- und Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung (Art. 24 Abs. 1 Bst. f) und des Verbringens in ein Zolllager (Art. 24 Abs. 1 Bst. g). Die Bedingung richtet sich grundsätzlich nach der jeweiligen Warenbestimmung (siehe Erläuterungen zu Art. 24 ff.)

oder es erfolgt eine Überführung in eine nachfolgende Warenbestimmung (Art. 39 Abs. 3 Bst. a und b).

Abs. 2 Die Warenbestimmung des Verbringens in ein Steuerlager ist für Waren, die einer Abgabe nach dem TStG, dem MinöStG und dem AlkG unterliegen, vorgesehen (vgl.

Art. 34). Bei der Verbringung in ein Steuerlager entsteht die jeweils betroffene Abgabeschuld (Tabaksteuer, Mineralölsteuer oder Steuer auf gebrannten Wassern) bedingt.

Die übrigen vom BAZG zu erhebenden Abgaben entstehen hingegen definitiv (Art. 38), sofern das entsprechende Steuerobjekt vorliegt. Dies gilt insbesondere für die auf den ins Steuerlager verbrachten Waren lastenden Zoll- und Mehrwertsteuerabgaben.

73

ARPAGAUS, Zollrecht, Rz. 490.

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Abs. 3 Absatz 3 sieht zwei Fälle vor, in denen die lediglich bedingt entstandene Abgabeschuld dahinfällt (Bst. a und b).

Einerseits soll die bedingte Abgabeschuld dahinfallen, wenn sämtliche Bedingungen für die ordnungsgemässe Durchführung des Verfahrens betreffend die jeweilige Warenbestimmung eingehalten wurden (Bst. a). Diese Bedingungen können in der Bewilligung zur Warenbestimmung gemäss Artikel 24 Absatz 4 und gegebenenfalls in weiteren notwendigen Bewilligungen (z. B. Art. 29 Abs. 2 bzw. Art. 31 für den aktiven bzw. passiven Veredelungsverkehr) festgehalten sein. Darüber hinaus gibt es aber auch Fälle, in denen die massgebenden Bedingungen in einem Erlass oder einem völkerrechtlichen Vertrag definiert sind und nicht noch zusätzlich in einer Bewilligung festgehalten werden (z. B. bei einer formlosen Einfuhr gestützt auf das Istanbuler Übereinkommen). Werden die Bedingungen eingehalten, fallen sämtliche bedingt entstandenen Ein- und/oder Ausfuhrabgaben, die mit der jeweiligen Warenbestimmung verknüpft sind, dahin. Als Gegenstück zu Buchstabe a legt Artikel 47 Absatz 2 (Fälligkeit und Vollstreckbarkeit) den Bedingungseintritt fest, der die zunächst lediglich bedingt entstandene Abgabeschuld fällig werden lässt, und nennt dabei das Nichteinhalten der in der entsprechenden Bewilligung, dem betreffenden Erlass oder einem völkerrechtlichen Vertrag enthaltenen Bedingungen für die ordnungsgemässe Durchführung des Verfahrens betreffend die jeweilige Warenbestimmung. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Ware, die nur zur Veredelung in das Zollgebiet eingeführt wurde, nach der Veredelung nicht wieder ausgeführt, sondern ohne neue Warenanmeldung im Zollgebiet dem freien Verkehr zugeführt wird.

Als zweiten Anwendungsfall, der die bedingt entstandene Abgabeschuld dahinfallen lässt, nennt Absatz 3 den Fall, dass die Waren nach der Veranlagung einer anderen Warenbestimmung oder der gleichen Warenbestimmung mit anderen Bedingungen zugeführt worden sind (Bst. b). Mit der Wendung «zugeführt worden sind» wird verdeutlicht, dass die bedingt entstandene Abgabeschuld erst dahinfällt, wenn der Zuführungsvorgang abgeschlossen ist. Bereits mit der Absicht, die Waren einer anderen Warenbestimmung oder derselben Warenbestimmung mit anderen Bedingungen zuzuführen, entsteht eine Pflicht zur Vornahme einer erneuten
Warenanmeldung (Art. 13 Abs. 2 Bst. a und b). In dieser neuen Warenanmeldung ist die nachfolgende Warenbestimmung festzulegen (Art. 24 Abs. 2). Mit der Verbindlichkeit der neuen Warenanmeldung entsteht eine neue, gegebenenfalls bedingte Abgabeschuld (vgl.

hierzu auch Erläuterungen zu Art. 38 Abs. 1), und der Zuführungsvorgang ist abgeschlossen. Im selben Zeitpunkt fällt die ursprüngliche bedingte Abgabeschuld dahin.

Auf diese Weise wird sichergestellt, dass einerseits jeweils nur eine Abgabeschuld zur selben Zeit besteht und andererseits zwischen der alten und der neuen Abgabeschuld keine Lücke entsteht.

Auch wenn eine Ware nur vorübergehend in das Zollgebiet verbracht und sie nicht tatsächlich Teil des inländischen Binnenwettbewerbs wird, kann ihre Anwesenheit im Zollgebiet unter Umständen dennoch Auswirkungen auf letzteren zeitigen. Einzelne Abgabeerlasse sehen deshalb als Sondernorm vor, dass die bedingt entstandenen Einfuhrabgaben auch ohne Bedingungseintritt (Art. 47 Abs. 2) anteilmässig fällig werden beziehungsweise die Abgaben nur teilweise dahinfallen, obwohl die Bedingungen aus

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der entsprechenden Bewilligung, dem betreffenden Erlass oder einem völkerrechtlichen Vertrag eingehalten wurden. Dies ist namentlich im E-ZoG und im AStG der Fall. Die anteilmässige Abgabeerhebung bezweckt, die Abgabebelastung einer Ware im Verhältnis zu ihrer Anwesenheit im Zollgebiet und der damit verbundenen wirtschaftlichen Nutzung im Binnenmarkt steigen zu lassen74. Sie ist damit begründet, dass ausländische Waren im Schweizer Binnenmarkt quasi zollfrei einer wirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden können, womit diese Waren mit gleichen oder ähnlichen Waren des freien Verkehrs in Wettbewerb treten. Die Möglichkeit einer teilweisen Abgabebefreiung kannte bereits das bisherige Zollrecht im Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung (Art. 30 ZV) und findet sich auch im Zollkodex (Art. 250 Abs. 1 und Art. 252 UZK). Wie heute soll jedoch die anteilmässige Abgabeerhebung trotz Bedingungseintritts den Ausnahmefall darstellen. Sie hängt insbesondere vom Zweck und von der Dauer der Anwesenheit der Ware im Zollgebiet ab.

Das Mehrwertsteuerrecht präzisiert in einer Sonderbestimmung (Art. 56 Abs. 3 E-MWSTG), dass die bedingt entstandene Abgabeschuld für die Einfuhrsteuer erst dahinfallen soll, wenn eine nach Artikel 54 Absatz 1 Buchstabe d MWSTG geschuldete Abgabe (Einfuhrsteuer auf dem Entgelt für den Gebrauch der Ware im Inland) bezahlt wurde.

Art. 40

Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner

Abs. 1 Im bisherigen Zollrecht wurde der Kreis der möglichen Zollschuldner bewusst weit gezogen, um die Einbringlichkeit der Zollforderung sicherzustellen75. Wer als Zollschuldner infrage kommt, wurde in einer offenen Formulierung umschrieben. Die Rechtsprechung schliesslich hat daraus den Kreis der Abgabepflichtigen definiert: den eigentlichen Warenführer, der die Ware über die Grenze bringt, den Auftraggeber, der rechtlich oder tatsächlich den Warentransport veranlasst, die zuführungspflichtigen Personen, die mit der Zollanmeldung beauftragt sind, insbesondere die Speditionen oder Zolldeklaranten, und schliesslich als Auffangtatbestand die Person, auf deren Rechnung die Waren ein- oder ausgeführt werden. In der Praxis hat dies, insbesondere bei der Nachforderung von Abgaben, teilweise zu stossenden Ergebnissen geführt, indem ein Zollschuldner ins Recht gefasst wurde, der nur ganz am Rande in den Import der fraglichen Waren involviert war. Entsprechend stiess die strenge Regelung auf Kritik.

Im vorliegenden Entwurf wird dieser Kritik Rechnung getragen. Der Kreis der Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner im grenzüberschreitenden Verkehr wird enger formuliert und auf die Waren-, Daten- und Transportverantwortliche eingegrenzt.

Dabei nimmt nur jeweils eine Person die Rechtsstellung einer Datenverantwortlichen oder einer Transportverantwortlichen ein. Die jeweiligen Definitionen finden sich in Artikel 6 Buchstaben i, j, und k. Es wird auf die entsprechenden Erläuterungen verwiesen.

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Vgl. insbesondere BGE 110 Ib 306.

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Nicht mehr zum Kreis der Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner gehört demnach die von einer Transportunternehmung angestellte natürliche Person, die die Ware physisch über die Zollgrenze bringt, also beispielsweise die oder der bei einer Transportunternehmung angestellte Lastwagenchauffeurin oder Lastwagenchauffeur. Diese Person soll nicht mehr für Abgabeschulden einstehen müssen. Hingegen bleibt die Transportunternehmung weiterhin Abgabeschuldnerin, sofern sie in der Warenanmeldung als Transportverantwortliche bezeichnet und mit dem Transport der Ware beauftragt ist. Selbiges gilt für die von einer juristischen Person angestellte natürliche Person, welche die Warenanmeldung ausstellt. Auch sie gehört nicht mehr zum Kreis der Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner, da sie nicht unter die Definition der Datenverantwortlichen fällt (siehe Erläuterungen zu Art. 6 Bst. i­k).

Gestützt auf die Versandhandelsregelung (Art. 7 Abs. 3 Bst. b MWSTG) werden Versandhändlern ab einem gewissen Umsatz mit importierten Kleinsendungen in der Schweiz steuerpflichtig. Durch die Verlagerung des Orts der Lieferung ins Inland wird der Versandhändler Abgabeschuldner für die Einfuhrsteuer. Mit der Botschaft vom 24. September 2021 zur Änderung des Mehrwertsteuergesetzes76 (Gleichbehandlung des Onlinehandels) soll diese Steuerpflicht auch für elektronische Plattformen zur Anwendung gelangen. Soweit die Versandhändler und künftig die elektronischen Plattformen nicht unter die Definition der Warenverantwortlichen, Datenverantwortlichen oder Transportverantwortlichen fallen, obliegen ihnen auch keine weiteren Pflichten des E-BAZG-VG.

Abs. 2 Die im grenzüberschreitenden Verkehr neu enger definierten Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner haften untereinander grundsätzlich solidarisch (Abs. 2). Dies bedeutet zum einen, dass der ganze geschuldete Betrag nur von einem Solidarverpflichteten verlangt werden kann. Zum anderen hat die Entrichtung der Abgabe befreiende Wirkung für sämtliche Schuldner und Schuldnerinnen. Soweit die Abgabe nicht direkt bei ihrer Entstehung beglichen wird, wählen die Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner im Rahmen der Warenanmeldung wie bisher selbst, wem das BAZG die Rechnung stellen soll (heute: Angabe des ZAZ-Konto) und ob beispielsweise die Datenverantwortliche für die Warenverantwortliche
in Vorleistung gehen will. Dabei gelten dieselben Haftungsausschlussgründe (Art. 42 und 43) wie im bisherigen ZG, bei deren Eintritt überdies neu auch keine Ausfallhaftung gelten soll (siehe Erläuterungen zu den Art. 42 und 43). Darüber hinaus wird im Sinne einer gerechteren Abgabehaftung verankert, dass im Falle von Nachforderungsverfahren (Art. 60 E-BAZG-VG und Art. 12 Abs. 1 VStrR) vorab die Warenverantwortlichen belangt werden (Art. 41).

Ob diejenigen Abgabeschuldnerinnen oder Abgabeschuldner, welche die Abgaben vollständig oder teilweise bezahlen, ein Rückgriffsrecht auf andere Mitverpflichtete haben, ist keine Frage des Zollrechts, sondern des Zivilrechts. In Absatz 2 wird deshalb wie bis anhin festgelegt, dass sich ein allfälliger Rückgriff unter den solidarisch

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haftenden Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldnern nach dem Obligationenrecht vom 30. März 191177 (OR) richtet.

Abs. 3 Für alle Abgaben, die keinen Bezug zu einem grenzüberschreitenden Verkehr haben und infolge eines Vorgangs im Zollgebiet entstehen (Inlandabgaben), richtet sich der Kreis der Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner nach dem betreffenden Abgabeerlass.

Art. 41

Haftung im Falle von Nachforderungsverfahren

Artikel 41 enthält eine gesetzlich verankerte Haftungsreihenfolge für die ansonsten solidarisch haftenden Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner, welche im Falle eines Nachforderungsverfahrens nach Artikel 60 des vorliegenden Gesetzes oder nach Artikel 12 Absatz 1 VStrR Anwendung findet. Hiernach macht das BAZG in Nachforderungsverfahren die Abgabeschuld zuerst bei der oder den Warenverantwortlichen geltend. Sind mehrere Warenverantwortliche als Partei an einem Veranlagungsverfahren beteiligt, haften diese untereinander solidarisch. Die weiteren Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner, das heisst die Daten- und die Transportverantwortliche, haften hingegen abgaberechtlich erst dann, wenn die Abgabeschuld nicht genügend sichergestellt wird oder sie von keiner der Warenverantwortlichen getilgt werden kann. Eine Sicherstellung verlangen kann das BAZG namentlich dann, wenn die Zahlung der Forderung als gefährdet erscheint (Art. 52 Abs. 1 Bst. b) oder eine Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung vorliegt (Art. 52 Abs. 1 Bst. c). Zu Letzterem zählen die Verfahren zur Geltendmachung der Ansprüche nach Artikel 12 Absatz 1 VStrR. Bezüglich der Sicherstellung lässt das Gesetz bewusst offen, von wem diese zu leisten ist. Die Sicherheit kann damit nicht nur von den Warenverantwortlichen selber, sondern auch von einer Drittperson zugunsten der Warenverantwortlichen geleistet werden. Daneben kann das BAZG auch auf eine Sicherstellung verzichten und die nachzufordernden Abgaben von den Warenverantwortlichen direkt einfordern. Diesfalls können die anderen Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner erst in die Pflicht genommen werden, wenn die Abgabeforderung bei den Warenverantwortlichen nicht eingebracht werden kann. Die weiteren Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner haften untereinander wiederum solidarisch. Allfällige gegenseitige Regressansprüche richten sich nach dem OR.

Vorbehalten zur Haftungskaskade in Artikel 41 bleibt die Solidarhaftung des Täters oder Teilnehmers nach Artikel 12 Absatz 3 VStrR. Wer eine Widerhandlung, infolge derer eine Abgabe zu Unrecht nicht erhoben oder zu viel rückerstattet wurde, vorsätzlich begangen oder daran teilgenommen hat (z. B. der klassische Schmuggler), kann weiterhin als leistungspflichtig erklärt werden, ohne dass vorab der Warenverantwortliche belangt werden muss.

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SR 220

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Art. 42

Haftungsausschluss der Datenverantwortlichen

Artikel 42 sieht dieselben zwei Gründe wie das bisherige Zollrecht vor, in denen die Datenverantwortliche von der Haftung ausgenommen wird. Die Norm geht jedoch in der Umsetzung weiter als die bisherigen Regelungen, indem einerseits ein grösserer Personenkreis vom Haftungsausschluss profitieren kann und andererseits die bisher geltende sogenannte Ausfallhaftung nicht mehr vorgesehen wird (siehe sogleich).

Die Haftung der Datenverantwortlichen fällt einerseits weg, wenn die Abgabe von einer Warenverantwortlichen bezahlt oder in entsprechender Höhe sichergestellt wird (Bst. a). Dieser Haftungsausschlussgrund wurde aufgenommen, um einem im Rahmen der Vernehmlassung geäusserten Anliegen zu entsprechen. Er löst die bisherige Regelung von Artikel 70 Absatz 4 Buchstabe a ZG (Abrechnung über das ZAZ-Konto des Importeurs) ab. Andererseits ist die Datenverantwortliche von der Haftung ausgenommen, wenn sich die Abgabeschulden auf Artikel 12 VStrR stützen und sie an der Widerhandlung kein Verschulden trifft (Bst. b). Diese Regelung entspricht dem bisherigen Artikel 70 Absatz 4 Buchstabe b ZG, wobei die Einschränkung auf Personen, die gewerbsmässig Warenanmeldungen ausstellen, nicht mehr gilt. Mithin profitiert jede Datenverantwortliche von dieser Haftungseinschränkung.

Liegt einer der Haftungsausschlussgründe vor, soll die Datenverantwortliche auch keine Ausfallhaftung treffen, falls die Forderung bei den anderen solidarisch haftenden Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldnern uneinbringlich ist oder im Rahmen eines Nachforderungsverfahrens der Kaskadenfall eintritt (Art. 41). Vielmehr soll sie gänzlich von der Haftung ausgeschlossen werden, das heisst, sie soll nicht mehr belangt werden können. Dies entgegen der heute geltenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil A-5996/2017 vom 5. September 2018).

Art. 43

Haftungsausschluss der Transportverantwortlichen

Auch Artikel 43 sieht zwei Gründe vor, in denen die Transportverantwortliche von der Haftung ausgenommen wird. Einerseits entfällt ihre Haftung wie bei der Datenverantwortlichen (Art. 42 Bst. a), wenn die Abgabe von einer Warenverantwortlichen bezahlt oder in entsprechender Höhe sichergestellt wird (Bst. a). Andererseits wurde die bisherige Regelung von Artikel 70 Absatz 4bis ZG inhaltlich übernommen. Die Formulierung wurde jedoch vereinfacht und an die Begriffsbestimmung der Transportverantwortlichen angepasst. Danach ist die Transportverantwortliche oder die Person, die von dieser mit dem Transport betraut ist, nicht haftbar, wenn sie nicht feststellen kann, ob die Ware richtig angemeldet worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Transportverantwortliche oder die mit dem Transport betraute Person keine Einsicht in die Begleitpapiere oder in die Ladung nehmen konnte sowie namentlich, wenn die Ware zu Unrecht zum Kontingentszollansatz veranlagt wurde oder auf der Ware zu Unrecht eine Zollpräferenz oder eine Zollbegünstigung gewährt wurde. Auch für die Transportverantwortliche gilt, dass sie unter diesen Umständen gänzlich von der Haftung ausgenommen ist und sie keine Ausfallhaftung trifft (siehe Erläuterungen zu Art. 42).

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Art. 44

Solidarhaftung bei Tod der Abgabeschuldnerin oder des Abgabeschuldners

Der Übergang der Abgabeschulden auf die Erbinnen und Erben der Abgabeschuldnerin oder des Abgabeschuldners entspricht der bisherigen Regelung von Artikel 70 Absatz 5 ZG.

Art. 45

Solidarhaftung bei Übernahme eines Unternehmens mit Aktiven und Passiven

Die Rechtsnachfolge bei Übernahme von Aktiven und Passiven eines Unternehmens beziehungsweise die Weiterhaftung der bisherigen Abgabeschuldnerin während zwei Jahren entspricht der bisherigen Regelung von Artikel 70 Absatz 6 ZG.

Art. 46

Verzicht auf die Erhebung von Abgaben

Das BAZG erhält die Kompetenz, die Fälle festzulegen, bei denen auf die Erhebung von Abgaben verzichtet werden kann. Der Verzicht bewirkt abgaberechtlich keine Befreiung, sondern eine Nichterhebung veranlagter Abgaben. Im Gegensatz zum geltenden Artikel 71 ZG ist für einen Verzicht nicht mehr massgebend, dass der Erhebungsaufwand den Abgabebetrag offensichtlich überschreitet, sondern es ist der Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu beachten. Ein Verzicht kann neu erfolgen, wenn der Erhebungsaufwand in Bezug auf den Abgabebetrag unverhältnismässig wäre. Mit Blick auf die neuen technischen Möglichkeiten scheint es sachgerecht, die am Verhältnismässigkeitsprinzip orientierte Verzichtsmöglichkeit zu schaffen. Die Digitalisierung der Abgabeprozesse und der Einsatz von elektronischen Zahlverfahren werden es ermöglichen, auch kleinere Beträge automatisiert einzuziehen. Der Einziehungsaufwand verliert an Bedeutung. Gerade weil die Digitalisierung das Verfahren im Sinne der Motion Noser vom 11. Juni 2015 (15.3551 «Bürokratieabbau. Anhebung des Mindestzolls») stark vereinfacht, soll auch auf die in dieser Motion geforderte Anhebung des Mindestzolls verzichtet werden. Neben der Anpassung des Verzichts sind Erleichterungen für die Wirtschaft bei der Warenanmeldung vorgesehen (vgl.

Art. 23 E-BAZG-VG), so namentlich die vereinfachte Warenanmeldung nach Artikel 15 Absatz 3 E-BAZG-VG.

Für die Mehrwertsteuer auf der Einfuhr gilt weiterhin Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe a MWSTG, der Gegenstände in kleinen Mengen, von unbedeutendem Wert oder mit geringfügigem Steuerbetrag von der Einfuhrsteuer befreit. Diese Sonderbestimmung geht Artikel 46 E-BAZG-VG vor.

Art. 47

Fälligkeit der Abgabeschuld und Vollstreckbarkeit

Abs. 1 Der Grundsatz, dass die Abgabeschuld mit ihrer Entstehung fällig wird, entspricht dem bisherigen Artikel 72 Absatz 1 ZG. Mit der Fälligkeit kann das BAZG die Tilgung der Abgabeschuld verlangen, und die Abgabeschuldnerin oder der Abgabeschuldner muss die verlangte Abgabe bezahlen. Die Entstehung der Abgabeschuld richtet sich nach Artikel 38.

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Abs. 2 Die bedingte Abgabeschuld gemäss Artikel 39 wird mit der Nichteinhaltung der in der Bewilligung, im Gesetz oder im völkerrechtlichen Vertrag festgelegten Bedingungen (Art. 24 Abs. 4) zur unbedingten Abgabeschuld und somit fällig. Vorbehalten hierzu bleiben Sondernormen in den einzelnen Abgabeerlassen, welche eine teilweise Fälligkeit trotz Bedingungseintritt vorsehen (siehe Erläuterungen zu Art. 39 Abs. 3).

Abs. 3 Die in Absatz 3 festgehaltene sofortige Vollstreckbarkeit von Verfügungen über die Abgabeschuld und der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von dagegen erhobenen Rechtsmitteln entspricht inhaltlich dem bisherigen Artikel 72 Absatz 2 ZG.

Art. 48

Zahlungsweise

Abs. 1 Absatz 1 sieht im elektronischen Verfahren als Grundregel die bargeldlose Begleichung der Abgabeschuld vor. Diese Abweichung von der allgemeinen Annahmepflicht von Münzen und Banknoten gemäss Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 199978 über die Währung und die Zahlungsmittel (WZG) rechtfertigt sich in einem rein digitalen Abgabeverfahren für gewerbsmässig handelnde Personen. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen, bei denen nach wie vor auch im elektronischen Verfahren die Barzahlung möglich wäre.

In den nicht elektronischen Verfahren, die vom Bundesrat zugelassen sind (Art. 15), gilt die Pflicht zur bargeldlosen Bezahlung nicht. Dies wird insbesondere im Reiseverkehr der Fall sein.

Abs. 2 Das EFD erhält die Kompetenz, die Einzelheiten der Zahlungsweise zu regeln, insbesondere die Zahlungsfristen einheitlich festzulegen. Ebenfalls hat es die Bedingungen für Zahlungserleichterungen, vor allem für Ratenzahlungen, zu definieren. Diese Rechtsetzungskompetenz wurde im Vernehmlassungsentwurf noch dem BAZG zugeteilt. Die Festsetzung der Zahlungsmodalitäten durch das BAZG wurde jedoch im Rahmen der Vernehmlassung vermehrt kritisiert. Um diesen Vorbringen Rechnung zu tragen, wurde die entsprechende Rechtsetzungskompetenz analog dem bisherigen Zollrecht (Art. 72 Abs. 2 ZG) auf die Departementsstufe angehoben.

Art. 49

Zinsen

Abs. 1 Der Grundsatz der Verzugszinspflicht ab Fälligkeit der Abgabeschuld, der heute in Artikel 74 Absatz 1 ZG festgehalten ist, bleibt bestehen.

78

SR 941.10

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Abs. 2 Das EFD legt einen Abgabebetrag fest, bis zu welchem vor allem aus Gründen des Verwaltungsaufwandes das BAZG auf die Erhebung eines Verzugszinses verzichtet (Bst. a). Es sei hier anzumerken, dass das EFD bereits heute diesen Abgabebetrag festlegt. Dies soll auch künftig so sein. Ferner hat das EFD die Kompetenz, weitere Fälle festzulegen, in denen auf die Erhebung eines Verzugszinses verzichtet wird (Bst. b). Die Regelung des bisherigen Artikels 187 Absatz 2 ZV, welcher der Behörde das Recht einräumt, bei erheblichen wirtschaftlichen oder sozialen Schwierigkeiten des Zollschuldners auf die Erhebung des Verzugszinses zu verzichten, soll dabei analog weitergeführt werden.

Abs. 3 Absatz 3 regelt die Leistung von Vergütungszinsen durch das BAZG: Abgabebeträge, die nach den Feststellungen im Rechtsmittelverfahren zu Unrecht erhoben oder zu Unrecht nicht zurückerstattet worden sind, sind zu verzinsen. Geleistete Sicherheiten sind jedoch unverzinslich. Beide Tatbestände sind bisher lediglich auf Stufe Verordnung geregelt (Art. 188 Abs. 1 bzw. 3 ZV). Neu soll dies, der Kritik in der Lehre Rechnung tragend, im Gesetz verankert werden.

Abs. 4 Die Festlegung der Zinssätze ist wie bis anhin (Art. 74 Abs. 4 ZG) Sache des EFD.

Art. 50

Verjährung der Abgabeschuld

Die bisherige Bestimmung von Artikel 75 ZG über die Verjährung hat sich in der Praxis bewährt und wird mit kleinen redaktionellen Anpassungen übernommen. Danach beträgt die relative Verjährungsfrist der Abgabeschuld fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden ist (Abs. 1). Durch Unterbrechung (Abs. 2) und Stillstand (Abs. 3), die gegenüber allen Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldnern wirken (Abs. 4), verlängert sich die Verjährungsfrist maximal bis 15 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabeschuld entstanden ist (Abs. 5). Bei bedingt entstandenen Abgabeschulden (Art. 39) beginnt diese Frist erst nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden ist (Art. 47), zu laufen.

Vorbehalten bleiben zudem längere Verjährungsfristen nach den Artikeln 11 und 12 VStrR.

Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens wurde teilweise gefordert, dass die Verjährung im E-BAZG-VG an jene des Mehrwertsteuerrechts anzugleichen sei. Das Mehrwertsteuergesetz kennt für die Inland- als auch für die Bezugssteuer eine absolute Festsetzungsverjährung von 10 Jahren nach Ablauf der Steuerperiode, in der die Steuerforderung entstanden ist (Art. 42 Abs. 6 i. V. m. Art. 48 Abs. 2 MWSTG). Für die durch das BAZG zu erhebende Einfuhrmehrwertsteuer verweist das Mehrwertsteuergesetz hingegen auf die bisherige Zollgesetzgebung (Art. 56 Abs. 4 MWSTG) und übernimmt damit deren absolute Verjährung von 15 Jahren. Ein Blick in andere Erlasse zeigt zudem, dass eine absolute Verjährungsfrist von 15 Jahren im Bereich der öffentlichen Abgaben üblich ist (so z. B. Art. 120 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 100 / 436

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14. Dezember 199079 über die direkte Bundessteuer, Art. 23 Abs. 5 TStG, Art. 25 Abs. 4 MinöStG, Art. 21 Abs. 4 BStG, Art. 20 Abs. 4 AStG, Art. 15 Abs. 4 SVAG).

Es rechtfertigt sich deshalb, die Verjährungspraxis einer absoluten Verjährung von 15 Jahren ins E-BAZG-VG zu übernehmen, anstatt auf 10 Jahre zu wechseln und in diversen durch das BAZG zu vollziehenden Abgabeerlassen (Art. 8 E-BAZG-VG) eine vorgehende Spezialbestimmung einzuführen.

2. Kapitel: Sicherstellung von Forderungen Die bisherige Sicherstellung von Zollforderungen (Art. 76­84 ZG) wird inhaltlich im Grundsatz beibehalten. Es sind punktuelle Anpassungen vorgesehen, die sich aufgrund von Praxiserfahrungen aufdrängen. Im Vordergrund steht das Interesse der Behörde, die dem Bund zustehenden Abgaben möglichst erhältlich zu machen.

1. Abschnitt: Gegenstand und Arten der Sicherstellung Art. 51

Gegenstand der Sicherstellung

Für welche Forderungen eine Sicherheit verlangt werden kann, wurde bisher auf Gesetzesstufe nicht festgehalten, sondern nur in Artikel 200 ZV im Zusammenhang mit der Bürgschaft. Aus Gründen der Rechtssicherheit erfolgt dies nun im Gesetz. Das BAZG kann demnach für alle Abgaben, die vom BAZG erhoben werden, für die darauf lastenden Verzugszinsen, für im Zusammenhang mit den Abgaben ausgesprochene oder voraussichtliche Bussen sowie für alle mit den Abgaben und Bussen zusammenhängenden Verfahrens- und anderen Kosten eine Sicherheit verlangen. Unter letztere fallen beispielsweise Lagerkosten für als Pfand beschlagnahmte Waren oder Expertisen zur Wertbestimmung von Waren.

Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Artikel 51 muss nicht zwingend in jedem Fall eine Sicherstellung verlangt werden. Das BAZG verlangt diese insbesondere in den Fällen von Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe a und b zwar regelmässig (vorbehalten Ausnahmen gestützt auf Art. 52 Abs. 4), kann aber bei Vorliegen einer Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung (Art. 52 Abs. 1 Bst. c), die sowohl zu Strafverfahren als auch zu Verfahren für die Geltendmachung der Ansprüche gemäss Artikel 12 Absatz 1 VStrR führen können, nach pflichtgemässem Ermessen darauf verzichten.

Art. 52

Voraussetzungen

Abs. 1 Gemäss Absatz 1 verlangt das BAZG die Sicherstellung, wenn eine Abgabeschuld nur bedingt entstanden ist (Bst. a), die Tilgung einer Forderung nach Artikel 51 als gefährdet erscheint (Bst. b) oder eine Forderung nach Artikel 51 infolge einer Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes entstanden ist (Bst. c). Die 79

SR 642.11

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Fälle gemäss Buchstaben a und b sieht bereits der bisherige Artikel 76 ZG vor. Neu ist der Fall gemäss Buchstabe c, in welchem die Forderung nach Artikel 51 infolge einer Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes entstanden ist, womit sowohl Strafverfahren als auch Fälle von Nachforderungsverfahren nach Artikel 12 VStrR gemeint sind. In der Praxis hat sich gezeigt, dass das Erfordernis der Gefährdung häufig eine zu hohe Schwelle darstellt, um das Zollpfand erheben zu können. Aus diesem Grund hat sich der Pfandbeschlag im Zollstrafverfahren als Sicherstellungsmittel oftmals als ungeeignet erwiesen. Damit die Sicherungsmittel des Pfandes und neu auch der Sicherstellungsverfügung effektiv eingesetzt werden können, müssen diese vielmehr bereits dann geltend gemacht werden können, wenn das BAZG eine Widerhandlung, die zu einer Abgabenhinterziehung führt, feststellt.

Nicht mehr vorgesehen wird, dass generell eine Sicherstellung zu verlangen ist, weil eine Zahlungserleichterung gewährt wird (vgl. Art. 76 Abs. 1 ZG). Dies hindert das BAZG jedoch nicht daran, in gewissen Fällen, auch wenn beziehungsweise unabhängig davon, ob eine Zahlungserleichterung gewährt wurde, eine Sicherstellung gestützt auf Absatz 1 Buchstabe b zu verlangen, wenn die Tilgung der Forderung als gefährdet erscheint. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Schuldner trotz gewährter Ratenzahlung oder Fristerstreckung in Verzug gelangt (vgl. Abs. 2 Bst. b) oder bei Änderungen im Ergebnis der Bonitätsprüfung (vgl. Abs. 2 Bst. a).

Abs. 2 In Absatz 2 werden die Voraussetzung für eine Sicherstellung nach Absatz 1 Buchstabe b aufgegriffen und die Gefährdung der Tilgung einer Forderung nach Artikel 51 näher umschrieben. Als zusätzliches Kriterium gegenüber dem geltenden ZG wird die Zahlungsfähigkeit einer Abgabeschuldnerin oder eines Abgabeschuldners aufgenommen. Eine Gefährdung liegt demnach bereits vor, wenn die Zahlungsfähigkeit aufgrund einer Bonitätsprüfung fraglich ist (Bst. a). Gerade bei der Sicherstellung bedingt entstandener Forderungen kann nicht abgewartet werden, bis ein Verzug eingetreten ist. Mit einer Bonitätsprüfung, die sich zum Beispiel auf Betreibungsregistereinträge oder vergleichbare Auskünfte Privater stützt, kann die Zahlungsfähigkeit überprüft werden.

Abs. 3 Die Sicherstellung ist nur dann
sinnvoll, wenn sie auch für Forderungen im Sinne von Artikel 51 erfolgen kann, die noch nicht rechtskräftig sind, weil ein Rechtsmittelverfahren hängig ist, oder die noch nicht fällig sind. Ohne diese Bestimmung könnte im Strafverfahren für Forderungen nach Artikel 12 VStrR, Bussen und Verfahrenskosten keine Sicherstellung verlangt werden, wodurch Artikel 51 ins Leere laufen würde.

Abs. 4 Die heutige Kompetenz des Bundesrates, Fälle festzulegen, in welchen das BAZG keine oder nur eine teilweise Sicherstellung verlangen kann, wird mit der Möglichkeit einer pauschalen Sicherstellung ergänzt. Die zusätzliche Bestimmung ermöglicht das

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Festsetzen einer Pauschale für die Sicherstellung und damit eine vereinfachte Berechnung. Die Pauschalen (pro Stück, Prozentsatz vom Warenwert usw.) können mehrere Arten von Abgaben (z. B. Zollabgaben und Mehrwertsteuer) umfassen. Die pauschale Berechnung wird bereits heute angewendet und hat sich bewährt. Wird eine bedingt entstandene Abgabeschuld fällig, dann sind die entsprechenden Abgaben nach den jeweiligen Abgabeerlassen geschuldet und einzufordern, unabhängig davon, ob die Abgabeschuld nur pauschal oder effektiv berechnet und sichergestellt wurde.

Beim Verbringen der Waren in ein Zolllager gemäss Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe g entsteht die Abgabeschuld bedingt (Art. 39 Abs. 2 E-BAZG-VG). Die bedingte Schuld wird erst mit dem Bedingungseintritt zur Zahlung fällig. Zwar könnte das BAZG gemäss Absatz 3 auch für diese nicht fällige Schuld eine Sicherstellung verlangen. Es ist jedoch geplant, dass der Bundesrat in der Verordnung, die er nach Absatz 4 erlässt, auf eine Sicherstellung der bedingten Abgabeschuld beim Verbringen ins Zolllager verzichtet. Zusätzliche Kosten für Zolllager, die einen Standortnachteil zur Folge hätten, sind zu vermeiden.

Es ist vorgesehen, dass Inhaber von generellen Bewilligungen (Unternehmen mit dem Status «Rafinador») gemäss Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe d und e von der Sicherstellung der Abgaben befreit sind. Die Einzelheiten werden auf Verordnungsstufe geregelt.

Art. 53

Sicherstellung in Steuerlagern

Abs. 1 Steuerlager sind vom BAZG zugelassene Orte im Zollgebiet, an denen nach dem TStG, dem MinöStG oder dem AlkG unversteuerte Waren hergestellt, gewonnen, bewirtschaftet und bearbeitet sowie gelagert werden dürfen (Art. 68). Auf diesen entstehen bei ihrer Auslagerung beziehungsweise Verwendung im Steuerlager regelmässig hohe Abgabeforderungen. Zur Deckung dieser noch nicht entstandenen Abgabeforderungen kann das BAZG wie bereits heute (vgl. Art. 30 MinöStG, Art. 34 Abs. 2 AlkG sowie Art. 26 Abs. 1 TStG) eine Sicherstellung verlangen. Die entsprechende Sicherheitsleistung richtet sich nach den Artikeln 54 ff.

Abs. 2 Dem Bundesrat wird die Kompetenz delegiert festzulegen, in welchen Fällen keine, eine teilweise oder eine pauschale Sicherstellung verlangt werden kann. Die Pauschalen können sich auf verschiedene Faktoren (z. B. Forderungen vergangener Abgabeperioden) beziehen.

Art. 54

Arten der Sicherstellung

Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die verschiedenen Arten, wie Forderungen nach Artikel 51 sichergestellt werden können, aufgeführt: die Sicherheitsleistung, die Sicherstellungsverfügung und das Pfandrecht. Die Bürgschaft wird nicht mehr wie im ZG separat geregelt. Sie gilt als Form der Sicherheitsleistung (siehe Erläuterungen zu Art. 55).

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Die Sicherstellung hat in erster Linie durch eine Sicherheitsleistung zu erfolgen.

Wenn dies nicht genügt, um die Forderung sicherzustellen, oder gar keine Sicherheitsleistung möglich ist, so ist alternativ eine Sicherstellungsverfügung zu erlassen oder das Pfandrecht geltend zu machen. Die Geltendmachung des Pfandrechts hat mithin nicht zur Voraussetzung, dass vorher eine Sicherstellungsverfügung erlassen wird, wie dies unter geltendem Recht teilweise in Lehre und Rechtsprechung mit der Begründung des Verhältnismässigkeitsgebots geltend gemacht wird. Ein solches Vorgehen macht denn auch keinen Sinn, weil die Besonderheiten des gesetzlichen Pfandrechts, nämlich eine rasche und privilegierte Sicherung der Forderung für das Gemeinwesen, mit einem vorangehenden Verfahren über die Sicherstellungsverfügung obsolet würden.

2. Abschnitt: Sicherheitsleistung Art. 55 Abs. 1 Die Sicherheitsleistung ist die am wenigsten einschneidende Massnahme zur Sicherung der Forderungen nach Artikel 51 und soll wie bisher aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips immer zuerst zur Anwendung gelangen.

Das E-BAZG-VG enthält grundsätzlich keine eigenen materiellen Bestimmungen zur Sicherheitsleistung, sondern es verweist auf die Vorgaben der Finanzhaushaltsgesetzgebung. Massgebend ist hier Artikel 39 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 200580 (FHG), der wiederum die Delegationsnorm ist für Artikel 49 der Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 200681 (FHV). Artikel 49 FHV sieht folgende Arten von Sicherheitsleistungen vor: Barhinterlagen, Solidarbürgschaften, Bankgarantien, Schuldbriefe und Grundpfandverschreibungen, Lebensversicherungen mit Rückkaufswert und kotierte Frankenobligationen von inländischen Schuldnern sowie Kassenobligationen von schweizerischen Banken.

Abs. 2 Besonders geregelt wird im vorliegenden Artikel aber die Sicherheitsleistung durch Geldhinterlage im elektronischen Verfahren. Diese wird als Geldhinterlage bezeichnet, weil im elektronischen Verfahren keine Bargeldzahlung mehr stattfindet. Vielmehr soll diese Sicherheitsleistung künftig bargeldlos erfolgen. Wie bei der Abgabeschuld (Art. 48 Abs. 1), kann der Bundesrat auch für die Geldhinterlage Ausnahmen von der bargeldlosen Bezahlung vorsehen.

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SR 611.0 SR 611.01

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3. Abschnitt: Sicherstellungsverfügung Art. 56 Wird keine genügende Sicherheitsleistung nach Artikel 55 erbracht, kann das BAZG eine Sicherstellungsverfügung erlassen und die Forderung anschliessend auf dem Arrest- beziehungsweise Betreibungsweg sichern lassen. Artikel 56 entspricht inhaltlich dem bisherigen Artikel 81 ZG. Rechtsmittel gegen die Sicherstellungsverfügung haben ihrem Sinn und Zweck entsprechend nach wie vor keine aufschiebende Wirkung.

Dies wird hier nicht mehr explizit geregelt, sondern ergibt sich aus Artikel 87 Absatz 2. Die Sicherstellungsverfügung hat auch weiterhin die Geltung eines Arrestbefehls im Sinne von Artikel 274 des Bundesgesetzes vom 11. April 188982 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG), gegen den eine Einsprache gestützt auf Artikel 278 SchKG ausgeschlossen ist.

4. Abschnitt: Pfandrecht Art. 57

Inhalt des Pfandes

Die Bestimmung über den Inhalt des Pfandes entspricht weitgehend dem geltenden Artikel 82 ZG zum Zollpfand. Die Formulierungen wurden an den Geltungsbereich des E-BAZG-VG angepasst. Gegenüber dem geltenden Artikel 82 ZG wurden im Entwurf nur kleine redaktionelle Anpassungen vorgenommen.

Abs. 1 Das gesetzliche Pfandrecht besteht einerseits an den Waren, für die Abgaben zu entrichten sind, die das BAZG nach Artikel 8 erhebt, und andererseits an Sachen, die bei der Begehung von Widerhandlungen gegen Erlasse, die vom BAZG zu vollziehen sind, gedient haben. Bei Letzteren handelt es sich auch um Gegenstände, für die selber keine Abgabe zu entrichten ist. So besteht an einem Fahrzeug, das nur für den Weitertransport von vorher über die Grenze geschmuggelten Waren im Zollinland verwendet wird, ebenfalls ein Pfandrecht.

Abs. 2 Absatz 2 legt die Reihenfolge fest, in welcher die verschiedenen Arten von Forderungen gemäss Artikel 51 getilgt werden sollen. Wenn die Forderungen durch den Erlös eines Pfandes nur teilweise getilgt werden, so kann dies für die Abgabeschuldnerin oder den Abgabeschuldner unterschiedliche Konsequenzen haben, auf die sie beziehungsweise er selber Einfluss nehmen kann. Deckt der Erlös nicht den ganzen Abgabebetrag, so läuft auf dem verbleibenden Teil der Verzugszins weiter. Bleibt eine Busse oder ein Anteil davon ungedeckt, so kann dies zu einer Umwandlung der Bussenrestanz in eine Ersatzfreiheitsstrafe führen. Für den Fall, dass die Abgabeschuldnerin oder der Abgabeschuldner die Wahl nicht selber trifft, legt der Bundesrat eine Reihenfolge fest.

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SR 281.1

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Abs. 3 Der Entstehungszeitpunkt der zu sichernden Forderung und des daran bestehenden Pfandrechts sind identisch. Als gesetzliches Pfandrecht geht es allen übrigen dinglichen Rechten vor.

Art. 58

Pfandrecht durch Beschlagnahme

Abs. 1 und 2 Das Pfandrecht wird mit einer Beschlagnahme der betreffenden Waren oder Sachen durch das BAZG geltend gemacht (Abs. 1). Dies erfolgt entweder durch eine physische Besitzergreifung oder ein Verfügungsverbot. Im zweiten Fall wird die Ware oder Sache bei der Besitzerin oder dem Besitzer belassen. Er oder sie darf darüber weder rechtlich noch physisch verfügen, also die Ware auch nicht ohne Zustimmung des BAZG an einen anderen Ort verbringen. Absatz 2 entspricht Artikel 83 Absatz 2 ZG.

Abs. 3 Absatz 3 entspricht inhaltlich dem bisherigen Artikel 83 Absatz 3 ZG, mit redaktionellen Anpassungen. Werden im Zollgebiet Waren aufgefunden oder festgestellt, die vermutlich widerrechtlich eingeführt wurden, so beschlagnahmt sie das BAZG als Zollpfand und versucht, die daran berechtigte Person ausfindig zu machen. Dies jedoch nur, wenn der Wert der Ware den für die Suche erforderlichen Aufwand rechtfertigt.

Art. 59

Freigabe beschlagnahmter Waren

Die Bestimmungen über die Freigabe der gepfändeten Waren und Sachen werden unverändert von Artikel 84 ZG übernommen. Sie haben sich in der Praxis bewährt.

Abs. 1 Die Freigabe der beschlagnahmten Waren oder Sachen kann jederzeit gegen eine entsprechende Sicherheitsleistung erfolgen. Vorbehalten bleiben Fälle, bei denen die Sachen gleichzeitig gestützt auf eine andere Rechtsgrundlage beschlagnahmt oder sichergestellt wurden, beispielsweise nach Artikel 46 VStrR als Beweismittel in einem Verwaltungsstrafverfahren. Es liegt im Interesse der Behörde, beschlagnahmte Waren möglichst rasch freigeben zu können, um allfällig anfallende Lager- und Unterhaltskosten sowie das Risiko eines Schadenfalles minimieren zu können.

Abs. 2 Absatz 2 regelt die Freigabe von Waren und Sachen an deren Eigentümerin oder Eigentümer, wenn diese oder dieser weder für die darauf lastenden Abgaben haftet (Bst. a) noch mit allfälligen damit begangenen Widerhandlungen etwas zu tun hat, beziehungsweise die Waren oder Sachen gutgläubig vor der Beschlagnahme erworben hat (Bst. b). Die Beweislast für letztere Voraussetzung liegt bei der Eigentümerin oder dem Eigentümer.

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3. Kapitel: Nachforderung und Erlass von Abgaben Art. 60

Nachforderung von Abgaben

Diese Bestimmung entspricht dem bisherigen Artikel 85 ZG. Das BAZG kann innert Jahresfrist auf eine Veranlagungsverfügung zurückkommen, wenn es feststellt, dass infolge eines Irrtums seitens der Behörde eine Abgabe gar nicht oder zu tief erhoben wurde oder ein zu hoher Abgabebetrag rückerstattet wurde. Die Jahresfrist ist eingehalten, wenn die Nachforderung dem Abgabepflichtigen innerhalb eines Jahres ab Ausstellung der Veranlagungsverfügung angekündigt wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Beweislast wird dies in schriftlicher Form zu erfolgen haben.

Als Gegenstück zu dieser Norm wird eine bewusst gleich lang angesetzte Rechtsmittelfrist von einem Jahr für erstinstanzliche Einsprachen zur Korrektur von Veranlagungsverfügungen vorgesehen (Art. 85 Abs. 1). Ferner wird es neu möglich sein, im Rahmen von Nachforderungsverfahren (Art. 60 E-BAZG-VG und Art. 12 VStrR) bei entsprechendem Nachweis allfällig vorhandene Abgabebefreiungen, -ermässigungen oder -erleichterungen geltend machen zu können. Durch diese Neuerungen werden zwei lange bestehende Bedürfnisse seitens der Wirtschaft und der Verfahrensbeteiligten umgesetzt.

Art. 61

Erlass von Abgaben

Abs. 1 Die im bisherigen Artikel 86 Absätze 1 und 2 ZG aufgeführten fünf Gründe für einen Zollerlass werden in der neuen Bestimmung neu formuliert und in vier Gründen zusammengefasst. Diese Erlassgründe gelten für alle Abgaben, für deren Erhebung das BAZG nach Artikel 8 zuständig ist, sofern das E-BAZG-VG anwendbar ist (Art. 4).

Die bisherigen Erlassbestimmungen in den einzelnen Abgabeerlassen werden aufgehoben, mit Ausnahme von Artikel 64 MWSTG, der für die Mehrwertsteuer weiterhin zusätzlich den bisherigen Erlassgrund bei Zahlungsunfähigkeit des Importeurs oder der Importeurin vorsieht.

Buchstabe a von Absatz 1 bezieht sich auf Waren, die im Rahmen des Veranlagungsverfahrens Gegenstand einer Kontrolle nach dem 6. Titel sind, auf Waren, für die die Abgabeschuld bedingt entstanden ist (Art. 39) sowie auf Waren, die im Gewahrsam des BAZG (z. B. unter Pfandbeschlagnahme) stehen. Ein Erlass kann gewährt werden, wenn diese Waren vernichtet werden beziehungsweise untergehen, sei es durch höhere Gewalt oder mit amtlicher Einwilligung.

Bei Buchstabe b geht es um Waren, die zwar in den freien Verkehr im Zollgebiet verbracht wurden, die aber aufgrund amtlicher Anweisung ganz oder teilweise vernichtet werden oder wieder ausgeführt werden müssen.

Buchstabe c regelt einerseits den Erlass von Nachforderungen, die sich auf Artikel 12 VStrR stützen und im Rahmen derer die oder der Abgabepflichtige an der objektiven Widerhandlung kein Verschulden trifft (bisheriger Art. 86 Abs. 2 ZG). Der Anwendungsbereich von Buchstabe c deckt aber auch Nachforderungen gemäss Artikel 60

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des vorliegenden Gesetzes ab, also solche, die auf einem Irrtum der Verwaltung beruhen. In diesen Fällen ist ohnehin kein Verschulden der oder des Abgabepflichtigen vorhanden.

Buchstabe d ist eine eigentliche Härtefallklausel und entspricht dem bisherigen Artikel 86 Absatz 1 Buchstabe d ZG. Dieser wird in der Praxis häufig angerufen. Entsprechend besteht dazu eine umfangreiche und konstante Rechtsprechung (unter anderem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-7798/2015 vom 19. Juli 2016), auf die verwiesen werden kann. Massgeblich ist, dass diese Erlassbestimmung nicht dazu dienen soll, die finanziellen Folgen früherer Versäumnisse beziehungsweise Pflichtverletzungen im Veranlagungsverfahren wiedergutzumachen.

Abs. 2 Die Frist für die Einreichung eines Erlassgesuches beträgt wie bisher (vgl. Art. 86 Abs. 3 ZG) ein Jahr ab Eintritt der formellen Rechtskraft der Veranlagungs- oder Nachforderungsverfügung. Für den Fristenverlauf sind die Bestimmungen von Artikel 20­22a VwVG anwendbar.

4. Kapitel: Vollstreckung von Forderungen Art. 62

Schuldbetreibung

Die vorliegende Bestimmung entspricht dem bisherigen Artikel 88 ZG.

Abs. 1 Unbezahlte und vollstreckbare Forderungen nach Artikel 51 sind vom BAZG auf dem Weg der Betreibung auf Pfändung nach Artikel 42 SchKG einzutreiben, sofern die Forderung nicht durch ein Pfand nach Artikel 57 gesichert ist oder die Pfandverwertung einen Ausfall ergeben hat und die vom BAZG den zahlungspflichtigen Personen gewährte Zahlungsfrist unbenützt abgelaufen ist. Dies bedeutet, dass der Betreibungsweg erst subsidiär zum Tragen kommt, wenn eine Pfandbeschlagnahme erfolgt ist.

Die Forderungen sind auch bei Schuldnern, die der Konkursbetreibung unterliegen, auf dem Weg der Pfändungsbetreibung zu vollziehen (Art. 43 SchKG).

Abs. 2 Ist über eine Abgabeschuldnerin oder einen Abgabeschuldner der Konkurs eröffnet worden, so nimmt das BAZG als Gläubiger der dritten Klasse gemäss Artikel 219 Absatz 4 SchKG am Konkursverfahren teil, auch wenn seine Forderung durch ein Pfand nach Artikel 57 gesichert ist. Die Pfandsache wird nicht zur Konkursmasse gezogen, sondern ist vom BAZG zu verwerten. Der Erlös ist von der im Konkursverfahren eingegebenen Forderung abzuziehen beziehungsweise es ist ein Mehrerlös an die Konkursverwaltung abzuliefern.

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Abs. 3 Rechtskräftige Verfügungen des BAZG stellen einen definitiven Rechtsöffnungstitel nach Artikel 80 SchKG dar.

Abs. 4 Bestreitet eine Abgabeschuldnerin oder ein Abgabeschuldner in einem Konkursverfahren die Forderung des BAZG, so wird der Bestand der Forderung nicht im konkursrechtlichen Kollokationsverfahren, sondern im verwaltungsrechtlichen Verfahren festgelegt. Die Kollokation der Forderung unterbleibt daher bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Abgabeverfügung.

Art. 63

Pfandverwertung

Abs. 1 Die Voraussetzungen für die Pfandverwertung entsprechen den bisherigen gemäss Artikel 87 Absatz 1 ZG. Erforderlich ist somit, dass die gesicherte Forderung vollstreckbar ist (Bst. a). Verfügungen des BAZG über die Abgabeschuld sind mit ihrer Ausstellung sofort vollstreckbar; einem dagegen erhobenen Rechtsmittel kommt keine aufschiebende Wirkung zu (Art. 47 Abs. 3). Dass die Verfügung in Rechtskraft erwächst, ist folglich für die Pfandverwertung nach Artikel 63 nicht erforderlich. Hingegen wird kumulativ zur Vollstreckbarkeit der gesicherten Forderung vorausgesetzt, dass die den zahlungspflichtigen Personen eingeräumte Zahlungsfrist unbenützt abgelaufen sein muss, ehe eine Pfandverwertung vorgenommen werden kann (Bst. b).

Abs. 2 Wie bisher Artikel 87 Absatz 2 ZG unterscheidet die vorliegende Bestimmung zwei Arten der Verwertung, nämlich die Versteigerung und den Freihandverkauf, wobei für letzteren im Grundsatz das Einverständnis des Pfandeigentümers erforderlich ist.

Abs. 3 Bei der Versteigerung kann das BAZG nicht nur wählen, ob es die Versteigerung selber durchführt oder ein kantonales Betreibungsamt damit beauftragt. Zusätzlich steht dem BAZG auch die Möglichkeiten offen, das Pfand durch Dritte zu verwerten. Im Vordergrund steht hier die Beauftragung eines Auktionshauses oder sogar einer Online-Verkaufsplattform.

In Fällen mit exquisiten, hochwertigen Gegenständen, die versilbert werden müssen, ist eine herkömmliche behördliche öffentliche Versteigerung nicht zielführend. Um beispielsweise bei teuren Kunstwerken einen Marktpreis erzielen zu können, der sowohl im Interesse des Fiskus als auch der Abgabeschuldnerin oder des Abgabeschuldners ist, muss ein entsprechender Kreis von Interessenten vorhanden sein. Dies ist nur möglich, wenn die Steigerung durch ein spezialisiertes Auktionshaus durchgeführt wird.

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Andererseits ist für die Verwertung von Gegenständen mit kleinem Wert eine herkömmliche Steigerung oder ein Freihandverkauf mit zu viel Aufwand verbunden.

Durch Beauftragung einer Online-Verkaufsplattform können solche Pfandgegenstände gleichwohl mit vernünftigem Kostenaufwand verwertet werden.

Erfolgt die Verwertung über ein kantonales Betreibungsamt, so richtet sich das Verfahren sinngemäss nach den Artikeln 122­130 SchKG. Daneben bleibt Raum für Ausführungsvorschriften (vgl. bisherige Art. 19 ff. der Zollverordnung des EFD vom 4. April 200783 [ZV-EFD]).

Abs. 4 Absatz 4 räumt dem BAZG weiterhin die Möglichkeit ein, Waren mit schneller Wertverminderung oder kostspieligem Unterhalt vorzeitig zu verwerten (bisher in Art. 87 Abs. 2 ZG geregelt).

Abs. 5 Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die Einzelheiten der verschiedenen Verwertungsarten zu regeln, aber auch festzulegen, wann auf eine Pfandverwertung verzichtet werden kann. Ferner wird er ermächtigt, zusätzliche Voraussetzungen festzulegen, bei denen Freihandverkäufe vorgenommen werden dürfen (Bst. a). Im Vordergrund stehen hier Fälle, bei denen das Einverständnis des Pfandeigentümers nicht eingeholt werden muss oder nicht eingeholt werden kann. Solche Fälle sind bereits im geltenden Artikel 221a ZV vorgesehen (z. B. nach erfolgloser Versteigerung oder für Waren und Sachen von geringerem Wert, deren Eigentümerin oder Eigentümer nicht feststeht).

5. Kapitel: Zolllager und Steuerlager sowie Zollfreiläden und Bordbuffetdienste 1. Abschnitt: Zolllager Art. 64

Begriff

Zolllager sind vom BAZG zugelassene Orte im Zollgebiet, in denen Waren, die nicht im freien Verkehr stehen, zeitlich unbefristet gelagert werden dürfen. Waren, die in Zolllagern gelagert werden sollen, müssen der Warenbestimmung des Verbringens in ein Zolllager (Art. 24 Abs. 1 Bst. g) zugeführt werden.

Art. 65

Bewilligung für den Betrieb eines Zolllagers

Abs. 1­3 Für den Betrieb eines Zolllagers ist eine Bewilligung des BAZG erforderlich. Neben der Sitz- oder Wohnsitzpflicht im Zollgebiet muss die Gesuchstellerin oder der

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SR 631.011

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Gesuchsteller für eine Betriebsbewilligung zusätzlich verschiedene Bewilligungsvoraussetzungen erfüllen, die sich teilweise an diejenigen für den zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten AEO gemäss Artikel 35 Absatz 1 anlehnen. Im Weiteren muss insbesondere das BAZG die Prüfung und Kontrolle mit verhältnismässigem Verwaltungsaufwand ausüben können. Dieser soll insbesondere verhältnismässig sein, wenn ein bestimmtes Mengengerüst bezüglich Ein- und Auslagerungen vorhanden ist.

Diese Voraussetzung ist Konsequenz aus den Empfehlungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) gemäss ihrem Bericht vom 28. Januar 2014 zur Evaluation «Zollfreilager und offene Zolllager: Bewilligungen und Kontrolltätigkeiten»84 (nachfolgend: Bericht «Zollfreilager und offene Zolllager»). Werden Massengüter wie Getreide sowie Treib- und Brennstoffe gelagert, die aufgrund ihrer Art wenig umgeschlagen werden, soll auf ein bestimmtes Mengengerüst verzichtet werden können. Bei hochwertigen Waren (private Vermögenswerte) wie Edelmetallen und Edelmetallplattierungen sowie Kunstgegenständen und Antiquitäten soll ebenfalls auf ein bestimmtes Mengengerüst verzichtet werden können, sofern das Geschäftsmodell des Betreibers die Lagerung als Dienstleistung für verschiedene Kunden vorsieht. Diese Zolllager entsprechen einem wirtschaftlichen Bedürfnis. Ohne diese Ausnahme könnten etliche Zolllager nach Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung nicht mehr weitergeführt werden. Daher wird hier dem Anliegen der EFK nicht nachgekommen.

Die Zolllager werden weiterhin in offene Zolllager und Zollfreilager unterteilt. Neu haben die beiden Zolllager eine einheitliche gesetzliche Grundlage und weitgehend gemeinsame Voraussetzungen. Dabei müssen ebenfalls neu für sämtliche Ein- und Auslagerungen elektronische Warenanmeldungen eingereicht werden, und in den Zollfreilagern muss für alle eingelagerten Waren eine Lagerbuchhaltung geführt werden.

Abs. 4 Ein Zollfreilager wird weiterhin nur bewilligt, wenn der zugelassene Ort vom übrigen Zollgebiet getrennt ist. Bei Zollfreilagern muss zusätzlich Gewähr geboten sein, dass sie grundsätzlich jedermann unter gleichen Voraussetzungen offen stehen. Diese Bestimmung ist wegen des öffentlichen Charakters der Zollfreilager notwendig; sie sichert die Gleichbehandlung der an der Lagerung Interessierten durch die
Lagerhalterin oder den Lagerhalter. Diese oder dieser kann im Rahmen von Lagerordnung und Lagerreglementen Einlagerinnen oder Einlagerer, die sich nicht korrekt verhalten, ausschliessen.

Art. 66

Betreiberin und Betreiber eines Zolllagers

Abs. 1 und 2 Betreiberin oder Betreiber ist die Person, die ein Zolllager betreibt. Deren Pflichten entsprechen den heutigen Pflichten einer Lagerhalterin oder eines Lagerhalters (Art. 53 Abs. 5 und Art. 66 Abs. 3 ZG). Sie oder er ist verantwortlich, dass die einge-

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Prüfauftrag 12490, zugänglich unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Öffentliche Finanzen und Steuern.

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lagerten Waren während ihres Verbleibs im Zolllager nicht der Überwachung entzogen werden (Abs. 2 Bst. a) und die Pflichten, die sich aus dem Verbringen in ein Zolllager ergeben, erfüllt werden (Abs. 2 Bst. b).

Abs. 3 Die Betreiberin oder der Betreiber darf nur Personen als Einlagerinnen oder Einlagerer aufnehmen, welche die vom Bundesrat festgelegten Voraussetzungen für Einlagerinnen oder Einlagerer erfüllen (Verweis auf Art. 67 Abs. 2).

Abs. 4 Die Pflichten der Lagerhalterin oder des Lagerhalters (neu: die Betreiberin oder der Betreiber, siehe hierzu Bemerkungen zu Art. 66) werden heute auf Verordnungsstufe geregelt (Art. 182 ZV). Neu soll dies auf Gesetzesstufe geschehen. So sieht Absatz 4 vor, dass die Betreiberin oder der Betreiber ein Verzeichnis der Einlagerinnen und Einlagerer führen muss.

Art. 67

Einlagerin und Einlagerer

Abs. 1 Der bisher geltende Begriff Einlagerin oder Einlagerer (Art. 63 Abs. 2 ZG) bietet viel Raum für Interpretationen. Um eine unterschiedliche Auslegung zu vermeiden, wird der Begriff neu definiert. Als Einlagerin oder Einlagerer gilt die Person, die in einem Zolllager über Lagerraum verfügt. Es ist diejenige Person, die entscheidet, was in ihren Lagerräumlichkeiten gelagert wird. Sie kann eigene oder fremde Waren lagern.

Da ihr die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Verbringen in ein Zolllager zukommen, soll nur sie Waren zur Einlagerung und Auslagerung in ihre beziehungsweise aus ihren Lagerräumlichkeiten vornehmen dürfen. Sie soll andere Personen dazu ermächtigen können.

Lagert die Betreiberin oder der Betreiber eines Zolllagers Waren auf eigene Rechnung, so gilt auch sie oder er als Einlagerin oder Einlagerer.

Abs. 2 Der Bundesrat erhält die Kompetenz, Voraussetzungen für Einlagerinnen und Einlagerer festzulegen. Diese sollen insbesondere über ein Zustelldomizil im Zollgebiet verfügen müssen. Vorausgesetzt wird auch die bisherige Einhaltung dieses Gesetzes, der Abgabeerlasse und der nichtabgaberechtlichen Erlasse. Ausserdem müssen sie über ein internes Kontrollsystem (IKS) verfügen, das ermöglicht, Fehler zu verhindern, zu erkennen und zu korrigieren. Sie müssen zudem sicherstellen, dass die verantwortlichen Personen über ausreichende Kenntnisse über die Warenbestimmung des Verbringens in ein Zolllager verfügen. Diese Voraussetzungen sind ebenfalls Konsequenzen aus den Empfehlungen der EFK gemäss ihrem Bericht «Zollfreilager und offene Zolllager».

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Abs. 3 und 5 Die Pflichten der Einlagerin und des Einlagerers entsprechen im Grundsatz den heutigen Pflichten (Art. 52 Abs. 3 und Art. 63 Abs. 3 ZG). Sie oder er muss die Pflichten, die sich aus dem Verbringen in ein Zolllager ergeben, erfüllen (Abs. 3 Bst. a), eine elektronische Lagerbuchhaltung führen (Abs. 3 Bst b) und die Identität der eingelagerten Waren sichern (Abs. 3 Bst. c).

Nach der aktuell geltenden Regelung muss in den Zollagern über alle Waren und in den Zollfreilagern über sensible Waren eine Bestandesaufzeichnung geführt werden (Art. 56 Abs. 1 und Art. 66 Abs. 1 ZG). Da in den Zollfreilagern grösstenteils sensible Waren gelagert werden (Kunst, Kulturgüter, Antiquitäten, Bijouterie, Diamanten, Tabakfabrikate), müssen bereits heute für die meisten Waren in Zollfreilagern Inventare geführt werden. Neu muss über alle gelagerten Waren eine den Anforderungen des BAZG entsprechende Lagerbuchhaltung geführt werden. Das BAZG kann so darauf verzichten, Personal vor Ort zu stationieren, was der zukünftigen Kontrollstrategie des BAZG entspricht.

Zollfreilager stehen national und international unter Beobachtung. Die Anforderungen an die Inventare und damit an die Zollsicherheit werden deshalb erhöht. Das Führen einer elektronischen Lagerbuchhaltung erlaubt zielgerichtete Risikoanalysen. Einfache Inventarlisten (z. B. Excel-Listen) sind nicht mehr zulässig.

Abs. 4 Die Einlagerin oder der Einlagerer kann die Erfüllung der Pflichten auch einer Drittperson (z. B. einer Person, die gewerbsmässig Waren anmeldet) übertragen, bleibt aber gegenüber dem BAZG für deren Einhaltung verantwortlich.

2. Abschnitt: Steuerlager Art. 68

Begriff

In Artikel 68 wird die grundsätzliche Funktion der Steuerlager allgemein beschrieben.

Dort sollen nach dem TStG, dem MinöStG oder dem AlkG unversteuerte Waren hergestellt, gewonnen, bewirtschaftet und bearbeitet sowie gelagert werden dürfen. Die Steuerlager dienen wie bisher einerseits dazu, die Entstehung der Steuerforderung möglichst nahe an die Abgabe zum Verbrauch zu legen, und andererseits, die Steuersicherheit zu gewährleisten.

Art. 69

Bewilligung für den Betrieb eines Steuerlagers

Abs. 1­3 Für den Betrieb eines Steuerlagers ist auch weiterhin eine Bewilligung des BAZG erforderlich. Neben der Sitz- oder Wohnsitzpflicht im Zollgebiet muss die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller für eine Betriebsbewilligung zusätzlich verschiedene Bewilligungsvoraussetzungen erfüllen. Die Steuerlager werden nur noch in Herstellungsbetriebe und Steuerfreilager unterteilt. Die Erdölraffinerien werden dementsprechend den Herstellungsbetrieben zugeordnet.

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Im Weiteren muss insbesondere das BAZG die Prüfung und Kontrolle mit verhältnismässigem Verwaltungsaufwand ausüben können (Abs. 3 Bst. g).

Abs. 4 Der Bundesrat kann die Einlagerung auf im Eigentum der Inhaberin oder des Inhabers der Bewilligung stehende Waren auch unter dem E-BAZG-VG beschränken (ist z. B.

beim Alkohol der Fall). Ausserdem kann die Einlagerung insbesondere im Bereich der Tabakwaren auf selbst hergestellte oder gewonnene Waren begrenzt werden.

Art. 70

Pflicht der Bewilligungsinhaberin oder des Bewilligungsinhabers

Verantwortlich für den ordnungsgemässen Betrieb und die Überwachung und somit für die Sicherheit des Steuerlagers ist die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung zum Betrieb eines Steuerlagers. Der effektive Betrieb des Lagers kann einem Dritten übergeben werden, nicht jedoch die Verantwortung gegenüber dem BAZG.

3. Abschnitt: Zollfreiläden und Bordbuffetdienste Art. 71

Bewilligung für den Betrieb von Zollfreiläden

Der Regelungsgehalt von Artikel 71 entspricht weitgehend dem geltenden Recht (Art. 17 Abs. 1 und 1bis ZG). In Zollfreiläden können auf Flugplätzen Waren des nicht freien Verkehrs an ins Ausland abfliegende oder aus dem Ausland ankommende Reisende verkauft werden (Abs. 1). Die Betreiberin oder der Betreiber eines Zollfreiladens benötigt dazu eine Bewilligung (Abs. 2). Der Bundesrat legt die Bewilligungsvoraussetzungen fest (Abs. 3). Dabei wird er sich an den Bewilligungsvoraussetzungen für den Betrieb eines Zolllagers (Art. 65) orientieren. Dies beinhaltet auch die bisherige Gewährleistung der nötigen Kontroll- und Sicherungsmassnahmen nach Artikel 17 Absatz 3 ZG. Bewilligungsbehörde ist, wie beim Zolllager, das BAZG. Neu, aber richtigerweise, ist vorliegend von Waren des nicht freien Verkehrs die Rede.

Reisende, die Waren im Zollfreiladen kaufen, müssen diese beim Überqueren der Zollgrenze folglich anmelden und die darauf lastenden Einfuhrabgaben bezahlen, soweit sie nicht innerhalb der Freimengen nach E-ZoG beziehungsweise MWSTG sind.

In Artikel 17 ZG ist irrtümlicherweise von «zollfreien» Waren die Rede.

Im bisherigen Recht ist der Betrieb von Zollfreiläden nur auf Flugplätzen mit ständig besetzter Zollstelle bewilligungsfähig. Neu legt der Bundesrat fest, auf welchen Flugplätzen Zollfreiläden bewilligt werden können (Abs. 3 Bst. a). Es muss sich dabei um Flugplätze handeln, bei denen die kaufberechtigten Personen anhand von Bordkarten oder Tickets identifiziert werden können. Wie heute legt er ferner fest, welche Waren verkauft werden dürfen (Abs. 3 Bst. b; im geltenden Recht geregelt in Art. 69 ZV).

Art. 72

Bewilligung für die Lagerung von Vorräten des nicht freien Verkehrs für Bordbuffetdienste

Artikel 72 regelt die Bordbuffetdienste. Die Bestimmung entspricht inhaltlich weitgehend Artikel 17 Absatz 2 ZG. Der Bundesrat legt die Bewilligungsvoraussetzungen 114 / 436

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fest, die eine Betreiberin oder ein Betreiber eines Bordbuffetdienstes erfüllen muss (Abs. 2). Dabei wird er sich an den Bewilligungsvoraussetzungen für den Betrieb eines Zolllagers (Art. 65) orientieren. Dies beinhaltet auch die bisherige Gewährleistung der nötigen Kontroll- und Sicherungsmassnahmen nach Artikel 17 Absatz 3 ZG.

Bordbuffetdienste sollen weiterhin nur an Flugplätzen mit einem gewissen Verkehrsaufkommen möglich sein. In der Bundesratsverordnung wird deshalb auszuführen sein, wo Vorräte für Bordbuffetdienste gelagert werden dürfen und, wie im bisherigen Recht (Art. 70 ZV), welche Waren als Vorräte für Bordbuffetdienste gelten.

4. Titel: Administrative Massnahmen Art. 73

Administrative Massnahmen

Abs. 1 Das Zoll- und Abgaberecht überträgt den am Veranlagungsverfahren beteiligten Personen sowie weiteren Personen Rechte und Pflichten. Erfüllen zum Beispiel Datenverantwortliche, Warenverantwortliche, Inhaberinnen oder Inhaber von Vereinbarungen nach Artikel 192 Absatz 1 oder von Bewilligungen, die das BAZG erteilt hat, ihre Pflichten nicht oder nicht in genügendem Masse, kann das BAZG administrative Massnahmen ergreifen. Das betrifft vor allem die zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO, Art. 35) und die Inhaber und Inhaberinnen von Bewilligungen für Erleichterungen (Art. 23), von Bewilligungen für den Betrieb eines Zolllagers oder Steuerlagers (Art. 65 und 69) sowie von Bewilligungen, die das BAZG gestützt auf die von ihm zu vollziehenden Abgabeerlasse oder nichtabgaberechtlichen Erlasse erteilt. Den Bewilligungen gleichgestellt sind die beim BAZG hinterlegten Revers gemäss Artikel 13 TStG. Mit dem Einbezug der Verfahrensbeteiligten wird auch einem im Rahmen der Vernehmlassung geäusserten Anliegen entsprochen, dass administrative Massnahmen nicht nur gegen Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber sowie Datenverantwortliche, sondern auch gegen Warenverantwortliche ergriffen werden können sollen.

Die administrativen Massnahmen bezwecken, dass die Pflichten (künftig) eingehalten beziehungsweise Pflichtverletzungen oder Widerhandlungen gegen Abgabeerlasse oder nichtabgaberechtliche Erlasse verhindert werden und dass die Gleichbehandlung der Wirtschaftsbeteiligten sichergestellt ist. Das Ziel der Massnahmen ist, dass die Betroffenen nachhaltige Schritte und Anstrengungen unternehmen, um die Qualität ihrer Tätigkeiten zu verbessern (z. B. Personal aufstocken oder schulen, Prozesse verbessern, Software anpassen).

Anlass zum Ergreifen von administrativen Massnahmen besteht nicht nur bei Widerhandlungen gegen Erlasse, die das BAZG vollzieht (Bst. c). So kann auch das Nichteinhalten von Verfahrensbestimmungen, verfügten Bedingungen oder Auflagen oder Vereinbarungen (Bst. b) oder das Nichtmehrerfüllen von Bewilligungs- oder Eignungsvoraussetzungen (Bst. a) administrative Massnahmen auslösen. Eignungsvoraussetzungen ergeben sich insbesondere aus Art. 36 Abs. 1 und 2.

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Abs. 2 Als administrative Massnahme kann das BAZG zunächst Anordnungen auferlegen, um den ordnungsgemässen Ablauf des Verfahrens sicherzustellen (Bst. a). Ferner kann es Bewilligungen mit Auflagen oder Bedingungen versehen oder bei gravierenden Verfehlungen die Bewilligung entziehen (Bst. b). Die Beschränkung oder Sistierung einer Bewilligung sind mögliche mildere Massnahmen im Verhältnis zum Entzug. Eine denkbare Beschränkung ist der Ausschluss von Erleichterungen, die mit einer Bewilligung verbunden sind, so etwa das Einreichen einer reduzierten Warenanmeldung mit nachträglicher Ergänzung nach Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe b. Gemäss Buchstabe c kann sodann einer Waren- oder Datenverantwortlichen verboten werden, Waren anzumelden. Wenn sie schwere oder wiederholte Widerhandlungen gegen Erlasse begangen hat, die das BAZG vollzieht, kann das Verbot sogar unbefristet ausgesprochen werden. Diese Massnahme konnte schon unter dem bisherigen Recht gestützt auf Artikel 109 Absatz 2 ZG angeordnet werden (vgl. Entscheid des Bundesgerichts 2A.139/2004 vom 26. März 2004, ergangen noch unter der Geltung des alten Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925). Da nur das Anmelden von Waren verboten wird, alle anderen Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Warenverkehr aber nicht betroffen sind, unterscheidet sich diese Massnahme von einem Berufsverbot, wie es zum Beispiel Artikel 33 des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 200785 (FINMAG) vorsieht.

5. Titel: Verfahrensrecht und Rechtsschutz 1. Kapitel: Verfahrensrecht Art. 74

Anwendbares Verfahrensrecht

Abs. 1 Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren nach dem VwVG. Dementsprechend werden in Anhang 2 zum E-BAZG-VG Artikel 2 E-VwVG (teilweise Anwendbarkeit des VwVG) ergänzt und Artikel 3 Buchstabe e E-VwVG aufgehoben (bisheriger Ausschluss der Anwendbarkeit des VwVG auf das Zollveranlagungsverfahren).

Ergehen Verfügungen gestützt auf andere Gesetze (z. B. gestützt auf die Datenschutzgesetzgebung oder auf das BGÖ), so kommt das VwVG beziehungsweise das im jeweiligen Erlass vorgesehene Verfahrensrecht zur Anwendung. Auch im Falle von Verfügungen über Realakte nach Artikel 25a VwVG, beispielswiese im Zusammenhang mit der Ausübung von Kontrollen und Befugnissen, kommt das VwVG zum Zug. Dies entspricht der bisherigen Praxis.

Abs. 2 Für das Veranlagungsverfahren findet die Regelung des VwVG über den Stillstand der Fristen (Art. 22a Abs. 1 VwVG) keine Anwendung. Diese Ausnahme ist darauf 85

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zurückzuführen, dass das Veranlagungsverfahren als Massenverfahren und mit teilweise zeitlichem Zusammenhang zu Grenzübertritten zügig abgewickelt werden können muss. Weiter finden sich im Veranlagungsverfahren Fristen, die zugleich eine Überwachungsfunktion innehaben (z. B. Frist zur Durchführung eines Transportes von Waren des freien Verkehrs durch die Schweiz, die der Sicherstellung/Überwachung dient, dass während der Durchfuhr keine Auslieferungen im Zollgebiet erfolgen). Aus diesen beiden Blickwinkeln ist es notwendig, dass die Fristen nicht beispielsweise über die Sommerferien stehen bleiben. Schon im bisherigen Zollrecht fand der Fristenstillstand des VwVG keine Anwendung auf Fristen des Zollveranlagungsverfahrens, dort aber wegen Artikel 3 Buchstabe e VwVG, der die Anwendung des VwVG auf das Zollveranlagungsverfahren generell ausschloss. Aufgrund des Wechsels zur teilweisen Anwendbarkeit des VwVG (vgl. dessen Art. 2 Abs. 1bis in Anhang 2) ist der Fristenstillstand nun explizit auszuschliessen, und zwar für alle Veranlagungsverfahren, die das BAZG führt, nicht nur für die Zollveranlagung.

Betroffen von dieser Regelung sind insbesondere die Fristen zum ordnungsgemässen Abschluss von Verfahren betreffend Warenbestimmungen mit bedingter Abgabeschuld (Art. 27 ff. i. V. m. Art. 39 Abs. 1; z. B. die erwähnte Transitfrist) und die Fristen zur Einreichung von periodischen oder nachträglichen Warenanmeldungen (Art. 16 Abs. 1 Bst. b und f sowie Abs. 2). Vom Fristenstillstand nach Artikel 22a VwVG ausgenommen sind ebenfalls Fristansetzungen betreffend die Prüfung der Einhaltung von nichtabgaberechtlichen Erlassen im Rahmen des Veranlagungsverfahrens (z. B. Frist zur Stellungnahme einer angekündigten Vernichtung von Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert, vgl. Art. 110 Abs. 1 Bst. c) sowie Fristen zur Konkretisierung der Mitwirkungspflicht im Veranlagungsverfahren (Art. 82 Abs. 1; z. B. Frist für die Einreichung weiterer Unterlagen).

Abs. 3 Da die Spezialbestimmungen des 1. Kapitels auf reine Verwaltungsverfahren ausgelegt sind, werden diese Bestimmungen für das Verwaltungsstrafverfahren nicht angewendet. Vielmehr richtet sich dabei das Verfahren nach den Bestimmungen von Artikel 193 ff. E-BAZG-VG und dem VStrR, was Raum schafft für die Einführung von Justitia 4.0. So wird sichergestellt,
dass im Rahmen von Strafverfahren für das BAZG die gleichen Regeln gelten wie für die übrigen Strafverfolgungsbehörden der Schweiz.

Für nationale und internationale Rechtshilfeverfahren gilt derselbe Ausschluss hinsichtlich des anwendbaren Verfahrensrechts. In diesen Fällen richtet sich das Verfahren nach dem jeweils anwendbaren Bundesgesetz.

Abs. 4 Für die Verfahren auf Amtshilfe nach den Artikeln 171­181 sowie für Ermittlungen nach Artikel 199 wird das Verfahrensrecht ebenfalls abweichend geregelt. Hierbei werden jedoch im Gegensatz zu Absatz 3 nur die nachfolgenden Bestimmungen des vorliegenden Kapitels (Art. 75­83) ausgenommen. Die nach Absatz 1 aufgeführte subsidiäre Anwendbarkeit des VwVG ist somit auch für das Amtshilfeverfahren vorgesehen.

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Art. 75

Elektronisches Verfahren

Abs. 1 Im Rahmen der e-Government-Strategie des Bundes wurde bereits am 1. März 2018 die elektronische Veranlagungsverfügung für den Import im Verzollungssystem e-dec verpflichtend eingeführt.

Mit der durchgehenden Digitalisierung aller schriftlichen Abgabeverfahren des BAZG lassen sich weitreichendere Effizienzgewinne inner- und ausserhalb der Verwaltung realisieren.

Voraussetzung hierfür ist, dass die elektronische Durchführung aller vor dem BAZG geführten schriftlichen Verfahren grundsätzlich für obligatorisch erklärt wird. Der Bundesrat kann indessen, wo notwendig, Ausnahmen vom elektronischen Verfahren vorsehen (vgl. Abs. 2). Die Durchführung des elektronischen Verfahrens erfolgt über das Informationssystem des BAZG nach Artikel 118.

Der Zugang zu den elektronischen Kanälen des BAZG soll erleichtert werden durch eine entsprechende Unterstützung der am Verfahren Beteiligten. Diese sollen in die Lage versetzt werden, das digitale Angebot des BAZG selbstständig zu nutzen (Self Care).

Abs. 2 Der Bundesrat soll Ausnahmen für bestimmte schriftliche Verfahren bestimmen können, für welche die elektronische Durchführung nicht angezeigt erscheint. Hierbei ist beispielsweise an gewisse Fälle des Reiseverkehrs zu denken (Bst. a). Im Reiseverkehr finden verschiedene Verfahrensformen Anwendung (mündlich, schriftlich, formlos). Die von dieser Norm erfassten schriftlichen Verfahren sollen auch im Reiseverkehr, soweit möglich und sinnvoll, elektronisch geführt werden. Es sollen jedoch Ausnahmen vorgesehen werden können, wie beispielsweise die heutige Anmeldebox.

Wird sodann ein erstinstanzliches schriftliches Verfahren nicht elektronisch, sondern in Papierform geführt, könnte ein späterer Wechsel zum elektronischen Verfahren Schwierigkeiten bereiten, weil die Parteien nicht registriert sind und ihnen somit der Zugriff auf die Plattform fehlt. Das könnte beispielsweise im Einsprache- oder im verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren (Art. 85 und 87) der Fall sein, aber auch bei der Akteneinsicht. Konsequenterweise muss der Bundesrat auch für die vorgenannten Verfahrensstadien Ausnahmen vom elektronischen Verfahren vorsehen können.

Der elektronische Zugang kann auch dort nicht verlangt werden, wo das BAZG ein Verfahren von Amtes wegen einleitet gegen Personen, die nicht auf der Plattform registriert sind. Dies
ist etwa beim klassischen Aufgriff eines Schmugglers der Fall (Bst. c).

Denkbar sind ferner vom elektronischen Verfahren abweichende Bestimmungen aufgrund von Staatsverträgen (z. B. Carnet ATA, Carnet TIR). Diese gehen gemäss Artikel 3 Absatz 1 E-BAZG-VG den Bestimmungen des E-BAZG-VG ohnehin vor.

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Abs. 3 Damit die Digitalisierung der Verfahrensführung die gewünschte Wirkung erzielt, müssen sich für alle Beteiligten Effizienzgewinne ergeben. Die Vermeidung von Medienbrüchen ist dabei ein wesentlicher Faktor: Was einmal elektronisch vorliegt, soll konsequent elektronisch verarbeitet werden können.

Absatz 3 verlangt die Sicherstellung der Authentizität und Integrität von übermittelten Daten durch das BAZG (vgl. auch Art. 5 Abs. 3 der Verordnung vom 18. Juni 2010 über die elektronische Übermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens86 [VeÜ-VwV]). Diese Formulierung entspricht derjenigen im Bundesgesetz vom 18. Juni 202187 über elektronische Verfahren im Steuerbereich (siehe auch Botschaft vom 20. Mai 2020 zum Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich88). Die Authentifizierung stellt den Nachweis dar, dass eine Person tatsächlich diejenige Person ist, die sie vorgibt zu sein. Mit Datenintegrität ist unter anderem der Nachweis gemeint, dass die Daten vom Absender bis zum Empfänger nicht verändert wurden.

Der rasch voranschreitende Technologiewandel erfordert eine hohe Adaptionsfähigkeit des BAZG. Aus diesem Grund sollen auch die Anforderungen an die Datenintegrität sowie die übrigen technischen Vorgaben an die Plattform durch das BAZG selbst definiert und dynamisch angepasst werden können. Der Fokus hierbei liegt auf den funktionalen Anforderungen an das eingesetzte System.

Die Masse an Verfahren, die künftig über die Plattform geführt werden, verleiht der Benutzerfreundlichkeit der eingesetzten Systeme und ihrem zweckmässigen Einsatz im Verfahren einen hohen Stellenwert. Daher soll in Verfahren, bei denen nur ein geringes Risiko für eine fehlerhafte Warenanmeldung und somit für die Hinterziehung von Abgaben besteht, oder bei denen nur ein geringfügiger Abgabebetrag auf dem Spiel steht, auf die Authentifizierung der Benutzerin oder des Benutzers verzichtet werden können. Der Verzicht schliesst dabei auch die Möglichkeit mit ein, lediglich reduzierte Anforderungen an die Authentifizierung der Benutzerin oder des Benutzers zu stellen. Im Vordergrund stehen hier Verfahren, die über eine Internet-Applikation mobil abgewickelt werden können, zum Beispiel die Erhebung der pauschalen Schwerverkehrsabgabe für ausländische Fahrzeuge mittels der Applikation «Via», die zukünftige
E-Vignette für die Nationalstrassenabgabe oder die Erhebung der Einfuhrabgaben im Reiseverkehr über die Applikation «QuickZoll». In all diesen Verfahren ist es nicht erforderlich, die Identität der Benutzerinnen und Benutzer im Zeitpunkt der Übermittlung der elektronischen Daten sicherzustellen.

Abs. 4 Für elektronische Eingaben ist keine qualifizierte elektronische Signatur gemäss dem Bundesgesetz vom 18. März 201689 über die elektronische Signatur (ZertES) erforderlich, da sich diese Lösung in der Praxis nie durchgesetzt hat. Die Zuordnung von 86 87 88 89

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Eingaben kann technisch auf andere Weise sichergestellt werden, nachdem die elektronischen Verfahren über ein bundeseigenes Informationssystem geführt werden. Anderweitige technische Möglichkeiten als die digitale Signatur sind schon heute vorgesehen (vgl. Art. 6 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 2 VeÜ-VwV).

Art. 76

Verfahrensrechtliche Modalitäten bei Ausfall oder Nichterreichbarkeit des Systems

Ist das BAZG bei Systemausfällen oder Nichterreichbarkeit des Systems ausnahmsweise nicht in der Lage, den ordnungsgemässen Betrieb wiederherzustellen, dann findet in betrieblicher Hinsicht sein Business Continuity Management (BCM) Anwendung.

In externer Hinsicht regelt der Bundesrat die verfahrensrechtlichen Modalitäten sowie technische Alternativen für den Fall, dass elektronische Systeme trotz technischer und rechtlicher Absicherung versagen (Bst. a).

Gleichermassen erlässt er Regelungen für den Fall, dass das Informationssystem des BAZG aus anderweitigen Gründen, die nicht bei den Benutzerinnen und Benutzern liegen, nicht erreichbar ist (Bst. b). Beim Internet kann eine Störung an einem beliebigen Punkt im Netzwerk auftreten. Diese Störung kann zur Folge haben, dass einzelne Betroffene nicht mehr auf das Informationssystem zugreifen können, während andere dazu weiterhin uneingeschränkt in der Lage sind.

Art. 77

Verbindlichkeit und Zurechnung von elektronischen Eingaben

Abs. 1 Die Verbindlichkeit der Inhalte von elektronischen Eingaben im Verfahren tritt zum Zeitpunkt der Aktivierung der Eingabe ein. Dieser Grundsatz gilt für jegliche Eingaben im elektronischen Verfahren, die auf dem Informationssystem des BAZG geführt werden, so beispielswiese auch für Rechtsmitteleingaben oder Bewilligungsanträge.

Abs. 2 Das Erfassen, Lesen, Ändern und Löschen einer elektronischen Eingabe werden der natürlichen Person zugerechnet, deren Zugangsdaten zum Informationssystem dazu verwendet wurden, und dadurch in einem zweiten Schritt gegebenenfalls der juristischen Person, für welche die natürliche Person gehandelt hat. Entsprechend dieser Regelung trägt jeder Inhaber von Zugangsdaten die Verantwortung für Handlungen, die im Rahmen seiner Benutzerberechtigungen vorgenommen werden, auch wenn diese durch Dritte erfolgten.

Art. 78

Automatisierte Verfügung

Neben der durchgängig elektronischen Abwicklung der Verfahren soll bei der Verfahrensführung ein möglichst hoher Automatisierungsgrad erreicht werden.

So sollen Verfahren oder einzelne Verfahrensaspekte, bei denen kein Beurteilungsund Ermessensspielraum bestehen, automatisiert erledigt werden, da sich derartige Entscheidungen auf eine einfache Wenn-Dann-Beziehung herunterbrechen lassen.

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Dies ist beispielswiese der Fall, wenn sich eine Sachverhaltsbeurteilung auf die Frage beschränkt, ob eine Person über eine benötigte Bewilligung verfügt. Die Antwort liefert hier bereits eine automatisierte Abfrage der einschlägigen Bewilligungsdatenbank. Es handelt sich dabei um einfache Ja-Nein-Entscheide ohne einen Ermessensspielraum. Die automatisierte Erledigung des Verfahrens bedingt die Möglichkeit, eine entsprechende Verfügung automatisiert erlassen zu können beziehungsweise entsprechende Entscheide automatisiert fällen zu können. Mit dieser Norm wird dem BAZG diese Möglichkeit zugesprochen, sofern der Sachverhalt klar ist und ihm der anzuwendende Erlass kein Ermessen einräumt.

Auch das Erlassen von Veranlagungsverfügungen kann automatisiert erfolgen, wenn sich die Beurteilung des Sachverhalts anhand der im Informationssystem eingegebenen Angaben durch einfache Ja-Nein-Entscheide vornehmen lässt. Solche Entscheide können mangels ausreichender Komplexität nicht als automatisierte Einzelentscheidung im Sinne von Artikel 21 nDSG gelten. Sobald es vertiefte Sachverhaltsabklärungen ober komplexere Beurteilungsvorgänge braucht (z. B. bei verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren nach Art. 87 oder beim Verfahren betreffend eine Leistungsund Rückleistungspflicht nach Art. 12 VStrR), werden automatisierte Verfügungen nicht mehr möglich sein.

Auch Entscheide im Einspracheverfahren können als automatisierte Verfügungen ergehen (Art. 86 Abs. 2). Spätestens im verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren nach Artikel 87 wird die Rechtsmitteleingabe jedoch von einer natürlichen Person überprüft und von einer solchen der entsprechende Entscheid gefällt.

Sollte die automatisierte Erledigung komplexer Fälle im Sinne des nDSG künftig möglich werden, sind entsprechende ergänzende Bestimmungen für den Erlass von Verfügungen zu prüfen.

Art. 79

Eröffnung von Verfügungen

Abs. 1 Diese Bestimmung hält fest, dass das BAZG den Parteien schriftliche Verfügungen über das Informationssystem des BAZG elektronisch eröffnet.

Vorbehalten bleiben diejenigen schriftlichen Verfahren, für welche entweder der Bundesrat gemäss Artikel 75 Absatz 2 oder eine abweichende Bestimmung eines Staatsvertrages gerade nicht die elektronische Form vorschreibt. Solche Verfügungen werden vom BAZG in der jeweils vorgeschriebenen Form, in der Regel ist dies die Papierform, eröffnet. Es gelten dabei die Bestimmungen des entsprechenden Verfahrensrechts.

Abs. 2 Das elektronische Verfahren bedarf einer besonderen Regelung des Zeitpunkts, in dem eine Verfügung als eröffnet gilt.

Demnach gilt die elektronisch eröffnete Verfügung im Zeitpunkt des erstmaligen Abrufs über einen elektronischen Kanal als eröffnet, spätestens jedoch am siebten Tag,

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nachdem die Verfügung auf dem Informationssystem des BAZG abrufbar ist. Gegenüber dem heutigen Verzollungssystem e-dec bedeutet dies eine Besserstellung um bis zu sieben Tage, da bei e-dec die Frist bereits im Zeitpunkt zu laufen beginnt, an dem die Verfügung im System abrufbar ist. Die Frist im vorliegenden Absatz wurde in Anlehnung an die Zustellfiktion nach Artikel 20 Absatz 2bis VwVG auf sieben Tage festgesetzt.

Abs. 3 Den Verfügungsadressatinnen und -adressaten obliegt es, während eines laufenden Verfahrens regelmässig von sich aus im Informationssystem des BAZG zu prüfen, ob neue Dokumente zum Abruf bereitstehen. Das erforderliche Prüfintervall richtet sich dabei nach den individuellen Anforderungen aus der jeweiligen Geschäftsbeziehung der betroffenen Personen mit dem BAZG. Diese Verpflichtung lässt sich vom Grundsatz ableiten, dass Parteien bei einem bestehenden Verfahrensverhältnis verpflichtet sind, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, das heisst unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen behördliche Dokumente zugestellt werden können. So ist die Inbox der Verfügungsadressatin beziehungsweise des -adressaten auf dem Informationssystem des BAZG im Grunde genommen nichts anderes als ein Briefkasten oder ein Postfach, einfach in elektronischer Form. Briefkasten oder Postfach werden von den Parteien auch in regelmässigen Abständen auf neue Post hin geprüft. Im elektronischen Verkehr kann dies von der Verfügungsadressatin beziehungsweise vom -adressaten ebenfalls verlangt werden. Im Rahmen der technischen und tatsächlichen Möglichkeiten wird das BAZG die am Verfahren Beteiligten mit geeigneten Mitteln (z. B.

E-Mail, Push-Nachricht) auf neue Dokumente aufmerksam machen. Diese Mitteilungen entfalten jedoch keine rechtliche Wirkung und entbinden die Betroffenen nicht von ihrer gesetzlichen Obliegenheit zur eigenständigen Prüfung des elektronischen Postfachs.

Von dieser Obliegenheit wird abgesehen, wenn die Adressatin oder der Adressat mit der Zustellung der Mitteilung überhaupt nicht oder nicht mehr hat rechnen müssen.

Dies trifft beispielsweise dann zu, wenn ein Verfahren von Amtes wegen eingeleitet wird. In solchen Fällen werden die Betroffenen vom BAZG benachrichtigt.

Art. 80

Fristwahrung bei Ausfall oder Nichterreichbarkeit des Systems

Abs. 1 und 2 Für den Fall, dass das Informationssystem des BAZG am Tag, an dem eine Frist abläuft, ausfällt oder es aus Gründen, die nicht bei den Benutzerinnen und Benutzern liegen, nicht erreichbar ist, wird die laufende Frist verlängert, und zwar bis auf den Tag, der dem Tag folgt, an dem der Systemausfall behoben wurde oder das System erstmals wieder erreichbar ist.

Fällt dieser Folgetag auf ein Wochenende oder einen bundes- oder kantonalrechtlich anerkannten Feiertag, dann verlängert sich die Frist bis zum nächsten Werktag. Massgebend zur Bestimmung der kantonalrechtlichen Feiertage ist das Recht desjenigen Kantons, in dem die Person, die sich auf die Verschiebung des Folgetags beruft, ihren Wohnsitz oder Sitz hat.

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Abs. 3 Die Person, die sich auf die Nichterreichbarkeit des Systems im Sinne dieser Norm beruft, muss die Nichterreichbarkeit glaubhaft machen, sobald das System wieder erreichbar ist. Der Zugriff auf das Informationssystem des BAZG erfolgt in der Regel via Internet. Dabei kann eine Störung an einem beliebigen Punkt im Netzwerk auftreten. Es können daher Fälle eintreten, bei denen das Informationssystem für bestimmte Personen erreichbar ist, für andere jedoch nicht. Aus diesem Grund wird für den Nachweis der Nichterreichbarkeit lediglich ein Glaubhaftmachen verlangt.

Art. 81

Akteneinsicht

Die Bestimmung hält fest, dass die Akteneinsicht in elektronischer Form zu gewähren ist. Dies entspricht dem Grundsatz nach Artikel 75 Absatz 1, wonach schriftliche Verfahren elektronisch geführt werden.

Wird das schriftliche Verfahren ausnahmsweise nicht in elektronischer Form geführt (vgl. Art. 75 Abs. 2), dann erfolgt die Akteneinsicht ebenfalls nicht elektronisch.

Art. 82

Mitwirkungspflicht im Verfahren

Abs. 1 Gemäss dieser Bestimmung haben die Parteien an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken. Der Anwendungsbereich der damit statuierten allgemeinen Mitwirkungspflicht ist sehr breit, wird allerdings vom Verhältnismässigkeitsgrundsatz begrenzt.

Im Ergebnis sind sämtliche Mitwirkungshandlungen zu erbringen, welche im Interesse einer vollständigen und richtigen Veranlagung sowie im grenzüberschreitenden Verkehr für die Prüfung der nichtabgaberechtlichen Erlasse geeignet, erforderlich und den Pflichtigen zumutbar sind. Die Entscheidung darüber, welche Art der Mitwirkung eingefordert werden muss, liegt dabei grundsätzlich im Ermessen des BAZG.

Abs. 2 Die Parteien müssen auf Verlangen des BAZG insbesondere mündlich oder schriftlich Auskunft erteilen, Daten übermitteln, Geschäftsbücher, Belege und weitere Bescheinigungen sowie Urkunden über den Geschäftsverkehr vorlegen.

Art. 83

Aufbewahrung von Daten und Dokumenten

Abs. 1 Das Zollrecht kennt Aufbewahrungspflichten für Zolldokumente erst seit dem Inkrafttreten des aktuellen Zollgesetzes (Art. 41 Abs. 1 ZG). Davor ergab sich die Pflicht zur Aufbewahrung von Daten und Dokumenten aus anderen Erlassen. Absatz 1 der vorliegenden Bestimmung nimmt den Grundsatz der Aufbewahrungspflicht auf und sieht vor, dass Daten und Dokumente, die für die Anwendung dieses Gesetzes, eines Abgabeerlasses oder eines nichtabgaberechtlichen Erlasses erforderlich sind, sorgfältig und systematisch aufzubewahren und vor schädlichen Einwirkungen zu schützen sind.

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Die aufbewahrungspflichtigen Personen haben dafür zu sorgen, dass die entsprechenden Daten und Dokumente während der gesamten Aufbewahrungsfrist bei Bedarf dem BAZG zugänglich gemacht werden können.

Abs. 2 Der bisherige Artikel 41 ZG überträgt die Kompetenz, die Einzelheiten und auch die Dauer der Aufbewahrung zu regeln, dem Bundesrat (Art. 41 Abs. 2 ZG). Für die Mehrzahl der Fälle beträgt die Aufbewahrungsfrist heute fünf Jahre (Art. 96 Bst. d ZV).

Diese Aufbewahrungsfrist wird nun auf Stufe Gesetz gehoben und im Grundsatz übernommen. Die Aufbewahrungsfrist beträgt somit weiterhin fünf Jahre und beginnt zu laufen mit dem Abschluss des jeweiligen Veranlagungs- oder Rückerstattungsverfahrens (z. B. erfolgte Wiederein- oder -ausfuhr, erfolgte Abrechnung im Veredelungsverkehr, erfolgte Auslagerung aus einem Zoll- oder Steuerlager oder erfolgte Rückerstattung; Bst. a). Die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Veranlagungs- oder Rückerstattungsverfügung hindert den Beginn der Aufbewahrungsfrist nicht. Der Bundesrat kann eine kürzere Dauer vorsehen, so beispielswiese im Zusammenhang mit Waren des Reiseverkehrs. In Fällen, die kein Veranlagungs- oder Rückerstattungsverfahren betreffen, regelt der Bundesrat den Beginn der (ebenfalls fünf Jahre dauernden) Aufbewahrungsfrist (Bst. b). Dies betrifft beispielsweise das Verfahren auf Erlass einer Bewilligung zum Betrieb eines Zoll- oder Steuerlagers oder Vereinbarungen nach Artikel 193.

Mit der Beibehaltung der Dauer der Aufbewahrung von fünf Jahren (anstelle der im Vorentwurf vorgesehenen Aufbewahrungsdauer bis zur absoluten Verjährung der Abgabeschuld) wird einem im Rahmen der Vernehmlassung geäusserten Anliegen entsprochen.

Abs. 3 Das dem E-BAZG-VG zugrundeliegende Selbstdeklarationsprinzip rechtfertigt es, den am jeweiligen Verfahren beteiligten Parteien Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufbewahrung von Daten und Dokumenten zu übertragen und die diesbezüglichen Verantwortlichkeiten klar zuzuweisen.

Der Personenkreis der Aufbewahrungspflichtigen, die aufzubewahrenden Daten und Dokumente sowie die weiteren Einzelheiten werden bereits heute auf Verordnungsstufe geregelt (Art. 94­99 ZV). Aufgrund der Vielzahl von Möglichkeiten und der Entwicklung der Technik soll diese Delegation im neuen Recht beibehalten werden.

Der Bundesrat beabsichtigt, sich beim
Personenkreis der Aufbewahrungspflichtigen am bisherigen Artikel 95 ZV zu orientieren. Der Personenkreis der Aufbewahrungspflichtigen wird insbesondere anmeldepflichtige Personen, Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner, Inhaberinnen und Inhaber von Bewilligungen, sowie Personen umfassen, die gestützt auf Artikel 192 E-BAZG-VG eine Vereinbarung mit dem BAZG getroffen haben oder die von Abgabeerleichterungen oder Rückerstattungen profitieren.

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Auf Verordnungsstufe geregelt wird auch, welche Daten und Dokumente aufbewahrungspflichtig sind. Die zukünftige Regelung wird sich am bisherigen Artikel 94 ZV orientieren. Weiter wird die Aufbewahrungsform festgelegt. Die Aufbewahrung soll, soweit sich aus einem Staatsvertrag oder einem anderen Erlass nicht etwas anderes ergibt (z. B. Aufbewahrung eines Originaldokuments), in digitaler Form erfolgen können. Der Bundesrat kann ferner vorsehen, dass Daten und Dokumente innert nützlicher Frist in der Schweiz und in den Zollanschlussgebieten lesbar gemacht werden oder zugänglich sein müssen (Zugriff des BAZG). Schliesslich werden die Voraussetzungen festgelegt, unter denen Abgaben nachgefordert werden können, wenn die Aufbewahrungspflicht nicht eingehalten wird (siehe heutiger Art. 99 ZV).

2. Kapitel: Rechtsschutz 1. Abschnitt: Anwendbares Recht Art. 84 Der Rechtsschutz weicht, wo erforderlich, vom Verfahren nach dem VwVG ab, um einerseits ein effizientes Massenverfahren zu gewährleisten und andererseits eine durchgängig elektronische Verfahrenserledigung sicherzustellen. Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren sowohl für die Einsprache gemäss Artikel 85 f. wie auch für das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren gemäss Artikel 87, ungeachtet der Form, nach dem VwVG. Dabei finden die Bestimmungen des VwVG über das Beschwerdeverfahren auch im Einspracheverfahren sinngemäss Anwendung.

In einzelnen vom Gesetz bezeichneten Fällen findet der in den Artikeln 85 ff.

E-BAZG-VG grundsätzlich vorgesehene Rechtsmittelweg keine Anwendung. Dies trifft zu bei Verfügungen, für die im 4. Abschnitt (Rechtsweg in Spezialfällen) ein eigener Rechtsweg vorgesehen wird: Verfügungen, die im Rahmen einer Ermittlung nach Artikel 199, eines Verwaltungsstrafverfahrens oder eines nationalen oder internationalen Rechtshilfeverfahrens erlassen werden oder Feststellungsverfügungen, die nach Artikel 25a VwVG ergehen (z. B. im Zusammenhang mit der Ausübung von Kontrollen und Befugnissen oder anderen grundrechtseinschränkenden Eingriffen, siehe auch Erläuterungen zu Art. 88). Ferner gelten für das Rechtsmittelverfahren bei einer Bestellung unter fiktivem Namen (Art. 112 Abs. 2) oder bei einer verdeckten Fahndung in virtuellen Räumen (Art. 206 Abs. 5) sowie bei Verfügungen im internationalen Amtshilfeverfahren (Art. 181 Abs. 3) die in diesen Artikeln jeweils eigenständig vorgesehenen Regelungen zum Rechtsschutz.

Schliesslich sei hier anzumerken, dass im Bereich von Verfügungen, die gestützt auf andere Gesetze (z. B. nach der Datenschutzgesetzgebung oder dem BGÖ) ergehen, sich der Rechtsschutz nach den entsprechenden Bestimmungen des VwVG beziehungsweise des jeweils vorgesehenen Verfahrensrechts richtet. Dies entspricht der bisherigen Praxis.

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2. Abschnitt: Einsprache gegen Veranlagungsverfügungen Art. 85 und 86 Auch der Rechtsschutz hinsichtlich Veranlagungsverfügungen wird vereinfacht und vereinheitlicht. So ist insbesondere nur noch ein einziges Rechtsmittelverfahren in Bezug auf Veranlagungsverfügungen vorgesehen. Als solche gelten namentlich die Verfügungen nach Artikel 22 Absatz 4. Die Bündelung auf die Einsprachemöglichkeit klärt das Verhältnis zwischen der bisherigen «Berichtigung» (Art. 34 ZG) und dem ersten verwaltungsinternen Rechtsmittel, ohne dabei die Korrekturmöglichkeiten zeitlich oder sachlich einzuschränken. Die Frist für die Einsprache ist mit einem Jahr bewusst lange angesetzt. Durch diese Neuerungen wird einerseits dem Postulat de Courten vom 31. Mai 2017 (17.3377 «Unnötige Behinderung der Wirtschaft durch formalistische Fristenanwendung»)90 vollumfänglich Rechnung getragen. Andererseits wird auf ein lange bestehendes und im Rahmen der Vernehmlassung erneut geäussertes Bedürfnis seitens der Wirtschaft nach mehr Zeit zur Vornahme von Korrekturen eingegangen (siehe hierzu und zur Prüfung der «Heilungsmöglichkeit» nach dem Vorbild des Zollkodexes Ziff. 2.1.5, S. 18). Die Frist wurde bewusst auf ein Jahr angesetzt, als Pendant zur einjährigen Korrekturmöglichkeit, die dem BAZG bei der Nachforderung zur Verfügung steht (Art. 60). Der Weg über das ordentliche Rechtsmittelverfahren bietet den Beteiligten ferner den Vorteil, dass hier alle im Verwaltungsverfahren üblichen Rügegründe (Art. 49 VwVG) vorgebracht und bei entsprechendem Nachweis korrigiert werden können. Zudem ist das erstinstanzliche Einspracheverfahren kostenlos (Art. 89).

Die Einsprache ist innerhalb eines Jahres ab Beginn der Rechtsmittelfrist elektronisch auf dem Informationssystem des BAZG zu erheben (Art. 85 Abs. 1 und 3).

Wird ein erstinstanzliches schriftliches Verfahren nicht elektronisch, sondern in Papierform geführt (gestützt auf internationales Recht oder Art. 75 Abs. 2; vgl. Ausführungen zu Art. 75 Abs. 2), so kann nicht verlangt werden, dass das Rechtsmittelverfahren vor dem BAZG ausschliesslich in elektronischer Form fortzuführen ist.

Rechtsuchende solcher Verfahren, beispielsweise Personen im Reiseverkehr, dürften in der Regel auf dem Informationssystem des BAZG gerade nicht registriert sein. Entsprechend muss ihnen die Möglichkeit offenstehen,
ihre Einsprache auch in Papierform einreichen zu können. Ein rein elektronisch geführtes Einspracheverfahren kann daher nicht als absolut obligatorisch vorgeschrieben werden. Dies wurde auch im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens bemängelt. Die vom Bundesrat gestützt auf Artikel 75 Absatz 2 zu bestimmenden Ausnahmen vom elektronischen Verfahren sollen deshalb auch für das Einspracheverfahren gelten.

Das BAZG nimmt sodann die Triage vor, ob die Einsprache automatisiert oder manuell erledigt werden kann (vgl. Art. 86 Abs. 2).

Einsprachen sollen grundsätzlich dann automatisiert erledigt werden, wenn sie Sachverhalte betreffen, die keine manuelle Bearbeitung erfordern. In der Regel dürfte es um Fragen mit geringem oder fehlendem Beurteilungs- und Ermessensspielraum gehen. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn die Folgen der beantragten Änderung gering 90

Vgl. dazu auch Anfrage De Courten 19.1042 «Wirtschaftsfeindliche Strafpraxis der Zollverwaltung. Wann gedenkt der Bundesrat zu handeln?».

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sind (z. B. kleine Abgabedifferenz, reine Stammdatenänderungen usw.) oder wenn sich der vorgebrachte Sachverhalt rein IT-basiert prüfen lässt.

Mit der automatisierten Erledigung von Einsprachen soll der Verwaltungsaufwand im Massengeschäft erheblich gesenkt werden. Das Ziel ist, möglichst viele Sachverhalte der bisherigen «Berichtigung» (Art. 34 ZG) auf unkomplizierte Weise automatisiert zu erledigen. Situationen, in denen eine Ware irrtümlich zum Normaltarif angemeldet wurde, obwohl die Voraussetzungen für eine Präferenzveranlagung gegeben waren, oder wenn als Warenbestimmung die Einfuhr in den freien Verkehr anstelle der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung der Waren angegeben wurde, lassen sich mit der Einsprache korrigieren. Die Rechtssuchenden profitieren durch die automatisierte Erledigung von einem unmittelbaren Entscheid und damit sofortiger Rechtssicherheit, ohne ein zeitraubendes Rechtsmittelverfahren durchlaufen zu müssen.

Im Einspracheverfahren sind neu auch jene Fälle zu behandeln, die bisher über das Verfahren der provisorischen Veranlagung nach Artikel 39 ZG beziehungsweise Artikel 93 ZV abgewickelt wurden. Fehlen Informationen oder Unterlagen, die von der Warenverantwortlichen oder Datenverantwortlichen nicht innert kurzer Frist beigebracht werden können (z. B. Ursprungsnachweise), so ist vom BAZG die Veranlagung wie bisher zum höchsten Tarifansatz, der nach der Art der Ware anwendbar ist, vorzunehmen und neu die abgabepflichtige Person auf den Einspracheweg zu verweisen. Auch im Hinblick auf diese Neuerung ist die Einsprachefrist bewusst lange gewählt. Sollten dennoch die erforderlichen Informationen oder Unterlagen einmal nicht rechtzeitig vorliegen, können im Rahmen des Einspracheverfahrens die erforderlichen weiteren Fristen gewährt werden.

Das «Nachmelden» eines abgaberelevanten Sachverhalts via Einsprache kann die Wirkung einer straflosen Selbstanzeige gemäss Artikel 197 haben, aber nur, solange der Sachverhalt dem BAZG noch nicht bekannt ist. Auch solche Selbstanzeigen können auf Einsprache hin automatisiert erledigt werden.

Als flankierende Massnahme zu den erwähnten Einsprachemöglichkeiten plausibilisiert das BAZG die Einsprache und unterzieht sie wie die Warenanmeldung einer Risikoanalyse, um eine Triage betreffend die automatisierte Behandlung der Einsprache vorzunehmen
(Art. 86). Damit soll dem systematischen Missbrauch der automatisierten Einspracheerledigung vorgebeugt werden.

Der Einsprache kommt keine aufschiebende Wirkung zu, soweit sie die Abgabeschuld zum Gegenstand hat (Art. 85 Abs. 2).

3. Abschnitt: Verwaltungsinterne Beschwerde Art. 87 Gegen Einspracheentscheide des BAZG und andere Verfügungen des BAZG als Veranlagungsverfügungen kann innert 60 Tagen Beschwerde beim BAZG erhoben werden (Abs. 1). Der Begriff «andere Verfügungen des BAZG als Veranlagungsverfügungen» beinhaltet dabei sämtliche durch das BAZG erlassenen Verfügungen, mit Ausnahme jener Verfügungen, die einem eigenständig geregelten Rechtsmittelweg nach den Artikeln 88, 112 Absatz 2, 181 Absatz 3 oder 206 Absatz 5 unterliegen (siehe 127 / 436

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auch Erläuterungen zu Art. 74 Abs. 1). Als andere Verfügungen des BAZG im Sinne dieses Artikels, welche direkt der verwaltungsinternen Beschwerde unterliegen, gelten namentlich Bewilligungen, Nachforderungsverfügungen (Art. 60 E-BAZG-VG oder Art. 12 VStrR) sowie Erlassverfügungen nach Artikel 61. Diesen Verfügungen liegt in der Regel ein einzelfallgeprüfter Sachverhalt zugrunde, weshalb die Vornahme eines auf Massenverfügungen ausgelegten automatisierten Einspracheverfahrens in diesen Fällen nur zu einer künstlichen Verlängerung des Rechtsmittelwegs führen würde. Es rechtfertigt sich hier deshalb, direkt das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren vorzusehen.

Um die Weiterentwicklung des BAZG zu ermöglichen, wurde im E-BAZG-VG bewusst auf Organisationsbestimmungen verzichtet. Dies hat zur Folge, dass die für die Behandlung der Beschwerde zuständige Stelle innerhalb des BAZG auf Stufe Gesetz nicht näher benannt wird. Wie es der Wortlaut von Absatz 1 jedoch vernehmen lässt, wird es zwingend eine Stelle sein, die nicht bereits mit dem vorinstanzlichen Verfahren auf Erlass der mit Beschwerde angefochtenen Verfügung beziehungsweise des Einspracheentscheids befasst war. Im Rahmen der Weiterentwicklung des BAZG ist daher innerhalb des BAZG eine Stelle zu definieren, welche analog der bisherigen verwaltungsinternen Beschwerdeinstanz unabhängig und objektiv über die Beschwerde befinden kann.

Diese Stelle innerhalb des BAZG nimmt die Beschwerden elektronisch entgegen und eröffnet ihren Beschwerdeentscheid ebenfalls elektronisch (Abs. 3). In diesem Zusammenhang kann auf die Ausführungen zu Artikel 75 Absatz 2 und Artikel 85 E-BAZG-VG verwiesen werden. Solange das erstinstanzliche und das Einspracheverfahren in Papierform geführt werden, ist ein Wechsel auf ein elektronisches Verfahren nicht in jeder Situation angezeigt. Aus diesem Grund legt der Bundesrat gestützt auf Artikel 75 Absatz 2 E-BAZG-VG fest, in welchen Fällen beim verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren auf die elektronische Form verzichtet werden kann.

Auch der Beschwerde kommt keine aufschiebende Wirkung zu, soweit sie die Abgabeschuld oder die Sicherstellung der Abgabeforderung zum Gegenstand hat (Abs. 2).

4. Abschnitt: Rechtsweg in Spezialfällen Art. 88 Artikel 88 sieht diverse Fälle vor, in denen der übliche Rechtsweg des E-BAZG-VG (Art. 85 ff.) keine Anwendung findet. Dies gilt zunächst für Feststellungsverfügungen über Realakte, die gestützt auf Artikel 25a VwVG erlassen werden (Abs. 1 Bst. a) sowie für Verfügungen, die das BAZG im Rahmen einer Ermittlung nach Artikel 199 erlässt (Abs. 1 Bst. b). In beiden Fällen gelangt der Rechtsweg nach dem dritten Abschnitt des VwVG zur Anwendung, weshalb solche Verfügungen direkt mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden können.

Ferner wird für im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens ergangene Verfügungen über die Leistungs- und Rückleistungspflichten nach Artikel 12 VStrR, Feststellungsverfügungen zu den Grundlagen der Abgabenberechnung oder der Tarifeinreihung und Sicherstellungsverfügungen nach Artikel 86 sowie Verfügungen über die 128 / 436

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Beschlagnahme als Pfand nach Artikel 58 aufgrund des im Strafrecht geltenden Beschleunigungsgebots eine zum internen Rechtsschutz abweichende Regelung vorgesehen. Auch diese Verfügungen können nach den allgemeinen Regeln des VwVG direkt mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Abs. 1 Bst. c). Dabei kommt der Beschwerde gegen eine Sicherstellungsverfügung und gegen eine Verfügung über die Beschlagnahme als Pfand keine aufschiebende Wirkung zu (Abs. 3), was bedeutet, dass die Verfügungen sofort vollzogen werden können.

Diese Regelung wurde unverändert aus dem Zollrecht übernommen (Art. 81 Abs. 2 ZG und Art. 215 ZV).

Für die übrigen Verfügungen, welche das BAZG im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens und gestützt auf das VStrR erlässt, richtet sich der Rechtsweg nach den Bestimmungen des VStrR (Abs. 2). Davon unberührt ist das Verfahren der Veranlagung, welches mit Eröffnung der Veranlagungsverfügung endet. Auf dieses gelangen weiterhin das Verfahrensrecht nach den Artikeln 74 ff. und der interne Rechtsweg nach den Artikeln 85 ff. zur Anwendung, auch wenn bereits vor Abschluss des Veranlagungsverfahrens ein Verwaltungsstrafverfahren eröffnet worden ist.

Verfügungen des BAZG, die im Rahmen eines nationalen oder internationalen Rechtshilfeverfahrens ergehen, unterliegen ebenfalls nicht dem üblichen Rechtsweg des E-BAZG-VG (Art. 85 ff.). Vielmehr richtet sich der Rechtsweg in diesen Fällen nach dem jeweils anwendbaren Bundesgesetz (Abs. 4).

Weitere von den Artikeln 85 ff. abweichende Rechtsmittelverfahren finden sich in einzelnen Artikeln dieses Gesetzes: Artikel 112 (Bestellung unter fiktivem Namen), Artikel 206 Absatz 5 (Verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen) sowie Artikel 181 Absatz 3 (Rechtsmittel im internationalen Amtshilfeverfahren). In diesen Fällen gelangen die in diesen Artikeln jeweils eigenständig vorgesehenen Regelungen zum Rechtsschutz zur Anwendung.

5. Abschnitt: Kosten und Entschädigungen Art. 89 Das Verfahren auf Erlass einer Veranlagungsverfügung, inklusive allfälliger Bewilligung nach Artikel 24 Absatz 4, die das BAZG im Rahmen seiner ordentlichen Tätigkeit erlässt, ist wie bisher (Art. 1 Abs. 1 der Verordnung vom 4. April 200791 über die Gebühren des Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit) gebührenfrei beziehungsweise kostenlos. Die Einspracheverfahren, welche die bisherigen Abgabeerlasse teilweise kannten, waren aufgrund unterschiedlicher Regelungen in denselben teilweise kostenpflichtig, teilweise kostenlos. Das neu vorgesehene automatisierte Einspracheverfahren ist einheitlich kostenlos.

In allen genannten Verfahren werden ferner keine Parteientschädigungen gesprochen.

91

SR 631.035

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6. Titel: Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln Die Bestimmungen im 6. Titel entsprechen weitgehend den heutigen Regelungen im Zollgesetz (Art. 36 Abs. 1­3, Art. 100 Abs. 1 ZG). Das BAZG stellt die umfassende Sicherheit an der Grenze für Wirtschaft, Bevölkerung und Staat sicher. Die damit einhergehende Filterfunktion erfüllt das BAZG, indem es neben Waren und Transportmitteln auch Personen kontrolliert, die die Wirtschaft, Bevölkerung oder den Staat gefährden könnten. Das betrifft beispielsweise Personen, die sich illegal oder mit der Absicht einer kriminellen Betätigung in das Zollgebiet begeben wollen. Die vorliegende Regelung zu Kontrollgebiet und Gegenstand der Kontrolle spiegelt den entsprechenden Auftrag des BAZG wider und respektiert die kantonale Polizeihoheit.

Art. 90

Kontrollgebiet

Abs. 1 Das BAZG kontrolliert zur Erfüllung seiner in Artikel 7 ff. definierten Aufgaben Waren, Personen und Transportmittel dem Grundsatz nach zunächst an der Zollgrenze und im Grenzraum. Der Grenz- beziehungsweise Einsatzraum wird wie bislang in der Verwaltungsvereinbarung im Einvernehmen mit dem jeweiligen Kanton definiert (vgl. Art. 11). Die Kontrolle kann zum Beispiel auf Strassen, im Zwischengelände, auf Bahnlinien, auf Gewässern oder auf dem Flughafen beziehungsweise Flugplatz stattfinden.

Betreffend die Kontrollen von natürlichen Personen bleibt wie bisher per se das Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 200592 (AIG) vorbehalten. Die Bestimmungen aus dem Schengen-Recht93 über den Wegfall der systematischen Grenzkontrollen an den Binnengrenzen führen dazu, dass die auf die Zollgesetzgebung gestützten Personenkontrollen an den Binnengrenzen beziehungsweise im Grenzraum nicht die gleichen Auswirkungen haben wie eine systematische Grenzkontrolle nach der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen94 (Verordnung [EU] 2016/399; nachfolgend: Schengener Grenzkodex).

Personenkontrollen, die das BAZG gestützt auf die ausländerrechtliche Gesetzgebung durchführt, werden hier nicht geregelt. Der Vollständigkeit halber ist aber auf die ausländerrechtlichen Grenzübertrittskontrollen hinzuweisen, welche das BAZG heute gestützt auf Vereinbarungen mit einzelnen Kantonen an einigen Aussengrenzen, darunter an zwei der drei grössten schweizerischen Flughäfen, wahrnimmt. Diese Kontrollen gehören zwar nicht zu den originären Aufgaben des BAZG im engeren Sinne, dennoch stellen sie in der heutigen Sicherheitslandschaft ein qualitativ wie quantitativ

92 93

94

SR 142.20 Siehe z. B. das Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, SR 0.362.31.

ABl. L 77 vom 23. März 2016, S. 1.

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wichtiges Element zur Sicherung der Schengen-Aussengrenze und der inneren Sicherheit der Schweiz dar. Gleichzeitig handelt es sich im Unterschied zu anderen polizeilichen Aufgaben, die das BAZG für gewisse Kantone übernimmt (vgl. Art. 10), um eine hochspezialisierte Tätigkeit, für deren Ausübung hinsichtlich Umfang und Professionalität nicht unbedeutende Ressourcen erforderlich sind.

Abs. 2 Absatz 2 unterstreicht die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen. Er ermöglicht dem BAZG ein Kontrollrecht im Zollgebiet bloss dort, wo es über eine entsprechende Zuständigkeit verfügt (z. B. findet eine Personenkontrolle gemäss Art. 91 Bst. b ausserhalb des Grenzraums dort statt, wo ein Erlass oder eine Kantonsvereinbarung dem BAZG entsprechende Kompetenzen zukommen lässt). Eine räumliche Ausdehnung der Kontrollkompetenz findet mit anderen Worten durch Artikel 90 E-BAZG-VG nicht statt.

Bst. a In Ergänzung zum Grundsatz nach Absatz 1 kann das BAZG im Zollgebiet Kontrollen über die Erfüllung der Pflicht zur verbindlichen Warenanmeldung durchführen und die Abgabeschuld überprüfen. Es handelt sich dabei um eine originäre und ausschliessliche Aufgabe des BAZG. Die Kontrolle des Warenverkehrs ist nicht auf die Zollgrenze oder den Grenzraum zu beschränken. Dieser Absatz entspricht vollumfänglich der heutigen Regelung in Artikel 30 Absatz 1 ZG.

Das Ziel von solchen nachgelagerten Kontrollen im Zollgebiet (vgl. heutiger Art. 30 ZG) besteht darin abzuklären, ob die Anmeldepflicht erfüllt worden ist. Wird der Nachweis nicht erbracht, so kann das BAZG ein Verwaltungsstrafverfahren einleiten.

Häufig nachgelagert kontrolliert wird die Erfüllung der Anmeldepflicht bei Beförderungsmitteln. Hier sind Versäumnisse anhand einer ausländischen Verkehrszulassung einfach erkennbar.

Bst. b Buchstabe b bildet die rechtliche Grundlage, um Kontrollen am Domizil bei natürlichen und juristischen Personen durchzuführen, die anmeldepflichtig sind oder waren oder die über eine Bewilligung oder Vereinbarung nach diesem Gesetz verfügen. Dies betrifft zum Beispiel Grenzspediteure, Betreiberinnen und Betreiber von Zolllagern oder Unternehmen, die periodisch abrechnen (etwa im Veredelungsverkehr) oder periodisch die reduzierte Warenanmeldung ergänzen (nach Art. 23 Abs. 1 Bst. b). Auch Kontrollen des Verwendungszwecks der Waren bei
der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung oder Kontrollen der Abrechnungen in den Warenbestimmungen der Einfuhr zur aktiven Veredelung und der Ausfuhr zur passiven Veredelung müssen am Domizil möglich sein. Kontrollen am Domizil werden auch bei im Zollgebiet rückerstattungsberechtigten Personen durchgeführt. Dieser Absatz entspricht der heutigen Regelung in Artikel 31 Absatz 1 ZG.

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Bst. c In Ergänzung zu Absatz 1 muss das BAZG ferner Personen, Waren und Transportmittel auch im Zollgebiet kontrollieren können, soweit die verbindliche Annahme der Warenanmeldung im Zollgebiet erfolgt.

Bst. d Andere Kontrollen führt das BAZG schliesslich im Zollgebiet durch, soweit es gestützt auf einen entsprechenden Erlass dafür selber zuständig ist oder die Kantone ihm die entsprechende Kompetenz auf der Grundlage der Vereinbarungen gemäss Artikel 10 E-BAZG-VG (bisher Art. 97 ZG) delegiert haben.

Bei den im Rahmen von Kantonsvereinbarungen übertragenen Kompetenzen nach Buchstabe d geht es beispielsweise um die Erledigung von Fahndungsausschreibungen oder die strafprozessuale Anzeige von Bagatelldelikten, namentlich in den Bereichen Migration, Betäubungsmittel, Waffen und Strassenverkehr.

Abs. 3 Kontrollen des BAZG ausserhalb des Zollgebiets (z. B. im Ausland) richten sich ausschliesslich nach internationalem Recht (z. B. gemischte Patrouillen mit den Nachbarstaaten).

Art. 91

Gegenstand der Kontrolle

Das BAZG kann grundsätzlich alle Waren, die über die Zollgrenze verbracht wurden oder verbracht werden sollen, in Bezug auf den Vollzug dieses Gesetzes kontrollieren.

Darunter fällt auch die Kontrolle der Veranlagung bei Beförderungsmitteln.

Die Kontrollen umfassen aber auch Waren, die einer Inlandabgabe unterliegen. So sind Fahrzeuge, die der Schwerverkehrsabgabe unterliegen, darauf zu kontrollieren, ob nicht technische Vorrichtungen angebracht worden sind, die die Abgabenberechnung beeinflussen (Umgehungssoftware, Manipulationen an Erfassungsgeräten für die zurückgelegte Strecke usw.).

Ferner kann das BAZG Personen, die im Verdacht stehen, ­

Waren, die der Anmeldepflicht unterliegen, und Waren, deren Ein- oder Ausfuhr verboten ist, mit sich zu führen,

­

illegal ins Zollgebiet einzureisen, oder

­

im Zollgebiet Straftaten begangen zu haben oder ins Zollgebiet einzureisen oder aus diesem auszureisen, um Straftaten zu begehen,

kontrollieren. Damit leistet das BAZG einen Beitrag zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität und illegaler Migration sowie einen Beitrag zur Wahrung der inneren Sicherheit des Landes und zum Schutz der Bevölkerung.

Ebenfalls muss die Einhaltung von Bewilligungen und Vereinbarungen nach diesem Gesetz überprüft werden können (z. B. Einhaltung der bewilligten Verwendung in der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung oder die Einhal-

132 / 436

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tung von verfügten Auflagen). Bei Bewilligungsinhaberinnen und -inhabern und Vereinbarungsnehmenden müssen Kontrollen möglich sein, auch wenn (noch) keine Waren angemeldet wurden (z. B. Prozesskontrollen bei der Zolllagerbetreiberin oder dem Zolllagerbetreiber).

Art. 92

Automatisierte Kontrolle

Die automatisierte Kontrolle soll die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG von administrativen Arbeiten entlasten. Diese können stattdessen für gezielte physische Kontrollen eingesetzt werden.

Im zulässigen Warenverkehr soll primär die automatisierte Kontrolle zur Anwendung kommen.

Im Personenverkehr kann die automatisierte Kontrolle beispielsweise mit Hilfe von sogenannten E-Gates (automatisierte Selbstbedienungsbarrieren) am Flughafen erfolgen oder mit Hilfe von mobilen Applikationslösungen, die unter anderem eine Identitätsprüfung oder einen Abgleich in nationalen und internationalen Datenbanken ermöglichen.

Die automatisierte Kontrolle enthält namentlich folgende Prüfungen: ­

Vorliegen erforderlicher Bewilligungen oder Berechtigungen beziehungsweise Überwachung des Nicht-Überschreitens von Mengenbeschränkungen (Kontingentskontrolle);

­

Sicherstellen vorgelagerter Kontrollen (z. B. grenztierärztliche Untersuchung bei der Einfuhr von Tierprodukten aus Drittstaaten);

­

Verkehrsfähigkeit von Waren (z. B. Prüfung von Einfuhrverboten oder Konformitätsanforderungen);

­

automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AFV);

­

Identitätsprüfung anhand von Reisedokumenten oder biometrischer Daten;

­

Dokumentenprüfungen nach deren Gültigkeit und Echtheit;

­

Kontrolle von Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen;

­

Kontrolle nach zur Fahndung ausgeschriebener Personen und Sachen.

Die automatisierte Kontrolle erfolgt durch Abgleich von gelieferten Daten mit anderen elektronisch verfügbaren Datenquellen. Der Abgleich kann auf dem System des BAZG (z. B. Stammdaten) oder vor allem im Bereich der nichtabgaberechtlichen Erlasse in den Informationssystemen der zuständigen Behörden erfolgen.

Besteht nach der automatisierten Kontrolle der Verdacht, dass dieses Gesetz, Abgabeerlasse oder nichtabgaberechtliche Erlasse nicht eingehalten werden, leitet das BAZG namentlich eine oder mehrere der in Absatz 2 genannten Massnahmen ein.

Eine Überwachung nach Absatz 2 Buchstabe a ist beispielsweise angezeigt, wenn die Waren einer Kontrollstelle eines anderen Bundesamtes (z. B. der Artenschutzkontrollstelle) zuzuführen sind.

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In den meisten Fällen wird eine automatisierte Kontrolle, bei der eine Unstimmigkeit oder ein Verdacht auf eine Unstimmigkeit festgestellt wird, zu einer physischen Kontrolle (rote Ampel) führen.

Da die automatisierte Kontrolle nach der Aktivierung und somit nach erlangter Verbindlichkeit der Warenanmeldung durchgeführt wird, kann eine Unstimmigkeit im Warenverkehr Konsequenzen haben für die Verfahrensbeteiligten.

In einigen Fällen, vor allem, wenn Dokumente für die abschliessende Veranlagung zum Zeitpunkt des Verbringens noch fehlen, kann das BAZG eine Warenfreigabe mit Auflagen (Ampel orange) verfügen und so die Möglichkeit für die formelle Verbesserung einer Warenanmeldung innert einer festgelegten Frist gewähren. Beispielsweise könnten bei zollfreien Waren nach Artikel 5 E-ZoG Nachweise, die die Voraussetzungen zur Zollbefreiung belegen, nachträglich vorgelegt werden.

Art. 93

Physische Kontrolle

Abs. 1 Physische Kontrollen erfordern ein menschliches Zutun. Neben materiellen Kontrollen fallen zum Beispiel auch Dokumentenkontrollen und Unternehmensprüfungen darunter.

Das BAZG kontrolliert nach seinem Ermessen stichprobenweise oder umfassend. Es erhält damit die nötige Kompetenz, um rasch auf sich verändernde Lagen an den nationalen Grenzen zu reagieren. Das BAZG kontrolliert zudem vorausschauend und zeitnah die Zollgrenze sowie den grenzüberschreitenden Verkehr von Personen, Waren und Transportmitteln. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG verfügen über technische Hilfs- und Einsatzmittel, welche eine effiziente und effektive Kontrolle ermöglichen. Mit der Kontrolle werden insbesondere die Bekämpfung von Schmuggel, illegaler Migration, Kriminalität und Terrorismus sowie die Gewährleistung der korrekten Veranlagung und der Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse sichergestellt.

Die vorliegend geregelte physische Kontrolle wird ausgelöst: ­

automatisiert aufgrund eines Zusammenspiels von Daten, Sensorik und Algorithmen;

­

basierend auf Erfahrungswerten (risiko- oder regelbasiert);

­

nach dem Zufallsprinzip;

­

gezielt im Einzelfall (aufgrund von Erfahrungswerten).

Automatisiert ausgelöst werden Kontrollen beispielsweise aufgrund des Einsatzes von technischen Hilfsmitteln wie AFV-Kameras oder nach Durchführung von Röntgenprüfungen oder Messungen (Strahlung, Masse usw.). Gleichzeitig haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG weiterhin die Möglichkeit, eine Kontrolle ohne vorgängige automatisierte Auslösung durchzuführen. Basierend auf Erfahrungswerten erfolgen Kontrollen, bei denen der Kontrollentscheid zum Beispiel nach dem Erkennen einer Abweichung ausgelöst wird.

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Kontrollentscheide nach dem Zufallsprinzip führen dazu, dass bisweilen auch die aufgrund der vorhandenen Daten als unkritisch eingestuften Waren, Personen oder Transportmittel kontrolliert werden. Solche Stichprobenkontrollen wirken detektivisch (Aufgriff illegaler Waren und Personen, Aufdecken von Fehlern und Unstimmigkeiten) und präventiv (Verhindern von Fehlern und Auslassungen).

Gezielt im Einzelfall kann die individuelle Kontrolle einer Person auch aufgrund einer polizeilichen Ausschreibung erfolgen.

Kantonale Zuständigkeiten, die das BAZG zu beachten hat, bestehen bei der ausländerrechtlichen Personenkontrolle im Grenzraum, die von Bund und Grenzkantonen einvernehmlich durchzuführen sind (vgl. Art. 9 Abs. 2 AIG) und bei der nachgelagerten Prüfung von Widerhandlungen im Strassenverkehrskontrollbereich (vgl. Art. 3 f.

der Strassenverkehrskontrollverordnung vom 28. März 200795 [SKV]).

Die Kantone können ihre kantonalen Kompetenzen (Kontrolle, Strafverfolgung) indessen mit einer Kantonsvereinbarung auf den Bund übertragen (gemäss Art. 10 E-BAZG-VG; bisher Art. 97 ZG). Damit wird das BAZG auch dort zuständig für die Kontrolle. Die Rapportierung der entsprechenden Kontrollergebnisse erfolgt im entsprechenden System des BAZG. Je nach Kontrollbefund erstattet das BAZG bei der zuständigen Behörde eine Anzeige.

Die Kontrollen gemäss Absatz 1 können zielgerichtet und wirksam durchgeführt werden. Unterstützt werden diese Kontrollverfahren mit einer modernen und zeitgemässen Informatikinfrastruktur. Die dadurch gesteigerte Informationsverfügbarkeit und Datenqualität ermöglichen effizientere und effektivere Kontrollen. Gleichzeitig werden dadurch personelle Ressourcen freigespielt, die ansonsten mit administrativen Arbeiten beschäftigt sind und nun für andere Aufgaben eingesetzt werden können. Diese Ressourcen werden beispielsweise benötigt, um die Kontrollquote dem zunehmenden Verkehr über die Grenze anpassen zu können. Ausserordentliche Lagen im Personenverkehr oder in der Migration werden effizienter und effektiver abgedeckt. Das BAZG verfügt somit über den optimalen Spielraum, um rasch und kompetent auf alle künftigen Herausforderungen im Kontrollbereich reagieren zu können.

Mit dem in der Zwischenzeit abgeschriebenen Postulat Romano vom 21. März 2019 (19.3290 «Bericht über künftige Szenarien
für die Kontrolle der Landesgrenzen und über allenfalls nötige Gesetzesänderungen») wurde der Bundesrat beauftragt, einen Bericht vorzulegen, in dem die laufenden Projekte und die mittelfristigen Szenarien betreffend die Kontrolle der Landesgrenzen dargelegt werden. Der Bundesrat beantragte damals die Ablehnung des Postulats mit der Begründung, dass dies mit der Nachfolgestrategie (Arbeitstitel «IBM 2027»; IBM = Integrated Border Management) zur nationalen Strategie der integrierten Grenzverwaltung (IBM Strategie 2012) und der entsprechend abgestimmten Botschaft zur Revision des Zollrechts bereits erfüllt wird. Mit der nun vorliegenden Gesetzesrevision wird den Begehren des Postulanten Rechnung getragen. Auf eine zusätzliche Berichterstattung zur Kontrolltätigkeit des BAZG wird deshalb verzichtet.

Der Bundesrat wird die Einzelheiten wie Kontrollverfahren und -umfang regeln. Beim Vollzug nichtabgaberechtlicher Erlasse führt das BAZG Kontrollen an der Grenze 95

SR 741.013

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und im Grenzraum durch, wobei es beispielsweise bei zeitlich befristeten schwerpunktmässigen Kontrollen von Spezialistinnen und Spezialisten anderer zuständiger Behörden unterstützt werden kann. Spezialisierte Dienste anderer Verwaltungseinheiten werden dann eingesetzt, wenn die Kontrollen über den üblichen stichprobenweisen und risikobasierten Umfang hinausgehen und Fachwissen erforderlich ist (z. B.

im Vollzug veterinärrechtlicher Bestimmungen [grenztierärztlicher Untersuchungsdienst] oder beim Vollzug ISPM 1596 [spezialisierte Untersuchungsteams des Bundesamtes für Umwelt [BAFU]).

Abs. 2 Absatz 2 grenzt sich von den Möglichkeiten nach dem VStrR insoweit ab, als nach diesem blosse Routine- oder Präventionskontrollen möglich sind.

Kontrollen am Domizil erfolgen risikobasiert und ganzheitlich; sie gewährleisten die Richtigkeit der Erhebungs- und Rückerstattungsveranlagungen sowie die Einhaltung von Verpflichtungen (Vereinbarungen, Bewilligungen usw.). Sie können, wie bereits heute, jederzeit und ohne Vorankündigung erfolgen.

Art. 94

Feststellung des Sachverhalts bei Warenkontrollen

Die Waren können umfassend kontrolliert werden. Im Rahmen der Kontrolle darf das BAZG alle Handlungen vornehmen, die zur Feststellung des Sachverhalts notwendig sind. Es ist insbesondere befugt, Proben oder Muster zu entnehmen und chemischtechnische Analysen durchzuführen. Soweit das BAZG die besondere Fachkenntnis hierfür nicht selber besitzt, kann es andere Stellen beiziehen. Das gilt beispielsweise für die Analyse der Proben und Muster sowie für die Tarifeinreihung von Produkten, die den Beizug des Eidgenössischen Instituts für Metrologie (METAS) erfordern. Der Beizug des METAS wird hier besonders erwähnt, weil die entsprechende Datenübermittlung ans METAS, soweit sie Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse beinhaltet, bei der Datenbearbeitung ebenfalls auf Stufe Gesetz geregelt ist (vgl. Art. 143 Abs. 1, der auf die vorliegende Bestimmung verweist).

Allgemein hat das BAZG bei der Sachverhaltsfeststellung das Verhältnismässigkeitsprinzip sowie die branchenüblichen Standards zu berücksichtigen.

Art. 95

Teilkontrolle bei Warenkontrollen

Das Ergebnis einer Teilkontrolle gilt für alle in der Anmeldung bezeichneten Waren der gleichen Art. Wenn eine Person, die von einer Kontrolle betroffen ist, damit nicht einverstanden ist, kann sie eine umfassende Kontrolle verlangen. Dies entspricht der heutigen Regelung (Art. 37 Abs. 1 ZG).

96

ISPM 15 = International Standard for Phytosanitary Measures Nr. 15; mehr Informationen hierzu unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Wald und Holz > Fachinformationen > Strategien und Massnahmen Bund > Holzverpackungen - ISPM 15.

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Art. 96

Kosten und Entschädigungen bei physischen Warenkontrollen

Abs. 1 Korrekte Kontrollen, die auf das Notwendige beschränkt und mit aller Sorgfalt vorgenommen werden, dürfen zu keiner Entschädigungspflicht des Bundes führen. Das entspricht dem Grundsatz, den der National- und der Ständerat am 22. September 2016 beziehungsweise 28. Februar 2017 mit der Annahme der geänderten Motion Ettlin vom 17. Dezember 2015 (15.4153 «Ungerechtfertigte Kostenüberwälzung auf den Kunden im Zollwesen») bestätigt haben: Die anmeldepflichtige Person hat die Kosten der Beschau (neu: Kontrolle) selber zu tragen.

Abs. 2 Die geänderte Motion Ettlin (siehe Abs. 1, oben) sieht die Möglichkeit vor, dass die «anmeldepflichtige Person» die ihr aus der Kontrolle entstandenen Kosten der Kundin oder dem Kunden nicht gesondert in Rechnung stellen muss, sondern auf die allgemeinen Verzollungskosten aufrechnen kann. Nach den Ausführungen in den Räten sollen die Kosten solcher Kontrollen im Ergebnis mit den allgemeinen Transport- und Verzollungskosten erfasst und auf alle Kunden überwälzt werden, also Teil der Gesamtkalkulation werden. Mit «anmeldepflichtige Person» sind hier die Spediteure gemeint, die im vorliegenden Gesetz als Datenverantwortliche definiert werden (Art. 6 Bst. j). Die Räte wollen damit erreichen, dass die Post das geltende System mit der Kostenüberwälzung der einzelnen Kontrolle an den betroffenen Kunden, das vor allem bei Kleinsendungen als unfair empfunden wird, ändern kann.

Mit Absatz 2 wird die geänderte Motion Ettlin umgesetzt. Datenverantwortliche (namentlich die Post) können für die Kosten, die ihnen durch eine physische Kontrolle entstehen, einen Pauschalbetrag zu den Transportkosten und den übrigen Speditionskosten aufrechnen.

Art. 97

Mitwirkungspflicht bei Kontrollen

Neben der Mitwirkungspflicht im Verfahren gemäss Artikel 82 E-BAZG-VG gibt es eine Mitwirkungspflicht im Bereich der Kontrollen.

Personen, die von einer Kontrolle betroffen sind, haben die Verpflichtung, bei der Kontrolle in der vom BAZG verlangten Art und Weise mitzuwirken. Nur so kann die Kontrolle effizient und zielführend durchgeführt werden. Die Mitwirkungspflicht ist umfassend zu verstehen. Sie betrifft unter anderem die Pflicht, alle Angaben zu Personen, Waren und Transportmitteln zu machen. Es müssen ferner alle notwendigen Begleitdokumente vorgelegt oder übermittelt werden. Begleitdokumente zur Warenanmeldung haben Angaben über die Zulässigkeit der Warenbestimmung oder über die Beschaffenheit und Herkunft der Waren zu enthalten, wenn dies für die Veranlagung erforderlich ist (Rechnung, Ursprungszeugnisse, Ladelisten, Frachtbriefe, Gewichtsausweise und dergleichen). Der Bundesrat wird die notwendigen Begleitdokumente wie bisher auf Verordnungsstufe präzisieren (vgl. bisher Art. 25 ZG und Art. 80 ZV).

Verlangt wird nur, was für die Veranlagung von Bedeutung ist. In Bezug auf die Verpflichtung, Behältnisse, Waren und Transportmittel zu öffnen, verlangt die Mitwirkungspflicht, dass die bezeichneten Waren und Gepäckstücke auf eigene Kosten und 137 / 436

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Gefahr abzuladen, an den Kontrollort zu bringen, auszupacken und abzuwiegen sind und alles vorzukehren ist, was nach Anordnung des BAZG zur Prüfung notwendig ist (vgl. zur heutigen Rechtslage Art. 36 ZG und Art. 91 ZV). Nach der Kontrolle sind die Behältnisse, Waren und Transportmittel gegebenenfalls wieder einzupacken beziehungsweise zu schliessen und wegzuschaffen. Zudem müssen auf Verlangen Daten übermittelt, Geschäftsbücher, Belege und weitere Bescheinigungen sowie Urkunden über den Geschäftsverkehr vorgelegt werden. Schliesslich beinhaltet die Mitwirkungspflicht eben auch die Gewährleistung des Zugangs zu Räumen und Anlagen, Waren, Transportmitteln, Dokumenten, Geräten, Daten und Systemen. Die Mitwirkung betrifft lediglich die Kontrolle. Die Rechte einer beschuldigten Person im Strafverfahren bleiben davon unberührt.

Art. 98

Gewichtung der nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben

Wo die automatisierte Kontrolle nicht möglich ist, führt das BAZG risikobasiert physische Kontrollen durch. Der Umfang der Leistungserbringung bei nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben ist dabei abhängig von den verfügbaren personellen Ressourcen des BAZG.

Ist die Kontrollquote nicht in einem nichtabgaberechtlichen Erlass oder in völkerrechtlichen Bestimmungen vorgegeben, liegt der Entscheid, ob und, wenn ja, wann eine Kontrolle durchgeführt wird, im Sinne der risikobasierten Gewichtung beim BAZG. Die Kontrolle des Personen- und Warenverkehrs über die Zollgrenze ist seit jeher Kerngeschäft des BAZG. Es kann am besten entscheiden, wann und wie Rechtserlasse zu vollziehen sind.

Hierfür gewichtet das BAZG die nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben (Abs. 1).

Der Rahmen der Gewichtung wird dabei durch den Bundesrat festgelegt (Abs. 2).

Gestützt auf die gemeinsam mit den zuständigen Behörden definierte jährliche Gewichtung nimmt das BAZG jede einzelne Kontrolle im Rahmen nichtabgaberechtlicher Vollzugsaufgaben risikobasiert vor.

Abs. 1 Gemäss Absatz 1 gewichtet das BAZG die nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben.

Der Entscheid, welche nichtabgaberechtliche Vollzugaufgabe die höchste beziehungsweise eine höhere Gewichtung geniesst, ist mitunter politischer Natur. Als mögliche Kriterien der risikobasierten Gewichtung kommen unterschiedlichste Aspekte in Betracht, so namentlich: die Gefährdung (u. a. das Gefährdungspotential für Mensch und Umwelt, die Reputation der Schweiz bzw. internationale Verpflichtungen, der Schutz des Eigentums, politische und öffentliche Sensibilität), die Verletzlichkeit beziehungsweise Auswirkungen sowie die Einflussnahmemöglichkeiten des BAZG.

Abs. 2 Absatz 2 bestimmt, dass der Bundesrat den Rahmen der Gewichtung festlegt.

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Dabei sollen die Vollzugsbereiche, die sich aus den nichtabgaberechtlichen Erlassen ergeben, in drei Stufen gewichtet werden. Neben den obgenannten Kriterien «Gefährdung», «Verletzlichkeit» beziehungsweise «Auswirkungen möglicher Ereignisse» sowie «Einflussnahmemöglichkeiten des BAZG» sind für die Einstufung auch bereits vorgegebene Kontrollquoten, Erfahrungswerte und die aktuelle Risikoanalyse massgebend. Die vom BAZG erarbeitete und begründete Gewichtung wird mit den zuständigen Behörden abgestimmt.

Für die Gewichtung gilt: ­

Das BAZG erfüllt primär Vollzugsaufgaben mit der Gewichtung «Priorität 1», die in nichtabgaberechtlichen Erlassen explizit vorgesehen sind oder durch ein sensibles Ereignis oder eine heikle Lage ausgelöst werden, eines politischen Auftrags bedürfen und zeitlich begrenzt zur Anwendung kommen.

­

Sekundär erfüllt es Vollzugsaufgaben mit der Gewichtung «Priorität 2», wobei sich die Umsetzung an der aktuellen Lage, der Risikoeinschätzung und den verfügbaren Ressourcen des BAZG ausrichtet.

­

«Vollzugsaufgaben mit der Gewichtung «nicht prioritär» werden im Rahmen anderer Kontrollen risikoorientiert wahrgenommen. Zur Erkenntnisgewinnung können in Absprache mit der zuständigen Behörde sogenannte «Schwerpunktkontrollen» vorgenommen werden.

Nicht der Gewichtung unterliegen die Vollzugsbereiche der automatisierten Kontrolle. Dort sind die vollständige elektronische Überwachung und Auswertung jederzeit sichergestellt.

Abs. 3 Das BAZG wird die Gewichtung gemeinsam mit den zuständigen Behörden längerfristig definieren, in der Regel auf ein Jahr und im Zusammenhang mit dem Leistungsauftrag. Gestützt darauf nimmt es jede einzelne Kontrolle im Rahmen der nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben risikobasiert vor. Die risikobasierte Gewichtung ermöglicht dem BAZG den Entscheid über die Durchführung der Kontrolle (Intervention ja oder nein) und über die Reihenfolge der Kontrollen. Im Einsatz entstehen häufig Situationen, in denen mehrere Kontrollen gleichzeitig durchgeführt werden müssten. Die operativen Kräfte des BAZG (Einsatzzentrale oder eingesetztes Personal) müssen dann entscheiden, welche Kontrolle zuerst durchgeführt wird (z. B. Identitätskontrolle bei ausgeschriebener Person, die auf der Flucht sein könnte, versus Prüfung der Gewichtsüberschreitung im Strassenverkehr).

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7. Titel: Befugnisse und Personal des BAZG 1. Kapitel: Befugnisse des BAZG Art. 99

Grundsatz

Dem BAZG stehen zur Erfüllung seiner in Artikel 7­10 geregelten Aufgaben unterschiedliche Befugnisse zur Verfügung. Das E-BAZG-VG grenzt hierbei klar verwaltungs- beziehungsweise polizeirechtliche Befugnisse von strafprozessualen Zwangsmassnahmen ab. Letztere sind nicht in Artikel 99 ff. beziehungsweise im E-BAZG-VG geregelt, sondern in strafprozessualen Erlassen (vgl. hierzu auch unten Art. 100 Abs. 2), und sie werden von den Strafverfolgungsbehörden ergriffen. Diese Abgrenzung wird in Artikel 100 Absatz 2 und Artikel 7 ff. verdeutlicht. Auf verwaltungsrechtliche Befugnisse können selbstredend je nach Verdacht strafprozessuale Zwangsmassnahmen folgen. Insofern zeigt sich eine vergleichbare Abgrenzung wie bei den in Polizeigesetzen verankerten verwaltungsrechtlichen Polizeimassnahmen im Verhältnis zu den in Verfahrensgesetzen geregelten strafprozessualen Zwangsmassnahmen.

In materieller Hinsicht wird der bisherige Regelungsumfang der in den Artikeln 100 ff. ZG und den Artikeln 222 ff. ZV aufgeführten Befugnisse zur Erfüllung der Aufgaben des BAZG vollumfänglich beibehalten, womit das BAZG im Vergleich zum geltenden Zollrecht grundsätzlich keine weiteren Befugnisse erhält. Um diese fehlende Kompetenzerweiterung zu verdeutlichen, wurden die Bestimmungen zu den Befugnissen aus dem Zollgesetz und der Zollverordnung weitgehend eins zu eins übernommen. Ebenso wenig stehen dem BAZG künftig Befugnisse zur Verfügung, welche in materieller Hinsicht weitergehen als jene der Kantone gemäss ihren jeweiligen Polizeigesetzen und der Strafprozessordnung. Eine Ausdehnung der Befugnisse findet nicht statt. Vielmehr wurden die Befugnisse soweit notwendig lediglich redaktionell und an die Rechtsentwicklung angepasst beziehungsweise angesichts des Grundrechtseingriffs von der Verordnungsstufe auf die Gesetzesstufe gehoben.

Materiell neu sind einzig die Bestimmungen zur Fesselung (Art. 105), zur vereinfachten Vernichtung von Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert (Art. 110) und zur Bestellung unter fiktivem Namen (Art. 112). Diese Befugnisse sind unabdingbar für die Erfüllung der Aufgaben des BAZG und im ZAG unzureichend oder gar nicht geregelt.

Artikel 99 übernimmt die Regelung aus Artikel 100 ZG und legt die Grundsätze in Bezug auf die Befugnisse fest. Um die ihm übertragenen Aufgaben erfüllen zu können
(z. B. Gewährleistung von Kontrollen nach Art. 91 oder des ordnungsgemässen Verkehrs von Personen und Waren über die Zollgrenze oder Leisten eines Beitrags zur inneren Sicherheit des Landes und zum Schutz der Bevölkerung), ist das BAZG namentlich befugt: a.

den Verkehr von Personen zu kontrollieren, namentlich: 1. deren Identität, 2. deren Berechtigung zum Grenzübertritt, 3. deren Berechtigung zum Aufenthalt in der Schweiz;

b.

die Identität von Personen festzuhalten;

140 / 436

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c.

den Verkehr von Waren zu kontrollieren;

d.

im Grenzraum nach Personen und Sachen zu fahnden;

e.

den Grenzraum zu überwachen.

Sämtliche nachfolgenden Befugnisse richten sich nach dieser allgemeinen Regelung.

Darüber hinausgehende Zwecke zur Anwendung von Befugnissen sind nicht vorgesehen.

Art. 100

Anwendbares Recht

Abs. 1 Hier findet sich die gleiche Regelung wie im bisherigen Artikel 100 Absatz 1bis ZG wieder. Das Zwangsanwendungsgesetz regelt die Art und Weise der Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen für Bundesbehörden. Wie bereits in der Botschaft vom 18. Januar 2006 zu einem Bundesgesetz über die Anwendung von polizeilichem Zwang und polizeilichen Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes97 festgehalten, sollen die Regelungen des ZAG für die Art und Weise der Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG soweit gelten, als nicht das Zollgesetz besondere Regelungen enthält. Als besondere Regelungen werden die bisherigen Artikel 101­ 108 ZG aufgeführt. Der materielle Inhalt dieser Artikel wird in der neuen Gesetzgebung deshalb beibehalten und findet sich in den nachfolgenden Artikeln wieder. Diese Regelungen sind nötig, da diese spezifisch auf die weitergehenden Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zielen. Mit anderen Worten wird, wo immer möglich, einerseits vollständig auf das ZAG zurückgegriffen. In Artikel 101 ff. werden andererseits dessen Voraussetzungen ergänzt, abweichende Regelungen getroffen oder komplett neue Bestimmungen erlassen, sofern das ZAG Sachverhalte unzureichend oder gar nicht regelt. Im Gegensatz zu den aktuellen Bestimmungen in Artikel 101 ff. ZG wird dieses Verhältnis zum ZAG in den einzelnen Bestimmungen nach Artikel 101 ff. E-BAZG-VG der Verständlichkeit halber jeweils explizit verdeutlicht.

Abs. 2 Absatz 2 verdeutlicht in Konkretisierung von Artikel 7 die Abgrenzung der in Artikel 101 ff. aufgeführten Verwaltungsmassnahmen zu den strafprozessualen Massnahmen, die von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden ergriffen werden können.

Wo das BAZG originäre (z. B. Zollwiderhandlungen) oder gestützt auf Artikel 10 delegierte Strafverfolgungsaufgaben wahrnimmt, beachtet es die anwendbaren, strafprozessualen Verfahrensbestimmungen (StPO, Jugendstrafprozessordnung vom 20. März 200998 [JStPO], VStrR usw.). Da im Rahmen von Verwaltungsmassnahmen ein Verdacht auf strafbare Handlungen entstehen kann, regelt Absatz 2 zudem die Zuständigkeit für die Anordnung strafprozessualer Massnahmen. Dem BAZG kom-

97 98

BBI 2006 2489, hier 2513.

SR 312.1

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men hierbei delegierte Strafverfolgungskompetenzen gestützt auf Artikel 10 beziehungsweise die entsprechende mit dem betroffenen Kanton geschlossene Verwaltungsvereinbarung in Verbindung mit der StPO sowie originäre Strafverfolgungskompetenzen gestützt auf Artikel 19 ff. E-ZoG und übrige Bundesgesetze in Verbindung mit dem VStrR zu. Wo dem BAZG keine Strafverfolgungskompetenzen zustehen, übergibt es die Sache und Person der zuständigen Behörde (Art. 106 Abs. 4). Das BAZG informiert hierzu umgehend die zuständige Strafverfolgungsbehörde, soweit in Anwendung von Artikel 10 keine abweichenden Regelungen getroffen worden sind. Die Strafverfolgungsbehörde entscheidet über die weiteren Massnahmen.

Art. 101

Berechtigung zur Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen

Neu soll eine allgemeine Grundlage für die Anwendung von polizeilichem Zwang und polizeilichen Massnahmen ins Gesetz aufgenommen werden. Ersterer wurde bislang als unmittelbarer Zwang bezeichnet und fand seine Grundlage in Artikel 231 ZV. Um im Verhältnis zum ZAG keine Diskrepanz zu schaffen, wird anstelle von unmittelbarem Zwang einheitlich der Begriff des polizeilichen Zwangs verwendet.

Abs. 1 Absatz 1 verkörpert die von Artikel 7 ZAG geforderte spezialgesetzliche Bezeichnung, wonach das BAZG polizeilichen Zwang und polizeiliche Massnahmen anwenden kann. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG können zur Erfüllung ihrer Aufgaben polizeilichen Zwang und polizeiliche Massnahmen gegen Personen sowie deren Sachen anwenden. Sie sind beispielsweise befugt, Hilfsmittel nach Artikel 14 ZAG und Waffen nach Artikel 15 ZAG einzusetzen.

Abs. 2 Absatz 2 überführt angesichts der Schwere des Grundrechtseingriffs die Bestimmung von Artikel 231 ZV eins zu eins auf die Gesetzesstufe und regelt, zu welchen Zwecken das BAZG polizeilichen Zwang anwenden darf. Diese Zwecke sind zwar nicht neu, weichen aber wie bisher minimal von jenen gemäss Artikel 9 ZAG ab, der die Aufgaben des BAZG bloss unzureichend berücksichtigt. Die Voraussetzungen ergänzen beziehungsweise erweitern daher jene in Artikel 9 ZAG und gelten zusätzlich zu diesen.

Abs. 3 Schliesslich kommt dem Bundesrat die Kompetenz zu, diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der Organisation zu bezeichnen, die polizeilichen Zwang anwenden und polizeiliche Massnahmen ergreifen dürfen. Damit wird den Anforderungen aus der organisatorischen Weiterentwicklung der EZV zum BAZG Rechnung getragen. Auch künftig werden nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter polizeilichen Zwang anwenden oder polizeiliche Massnahmen ergreifen können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche polizeilichen Zwang anwenden dürfen, sind selbstverständlich geeignet und entsprechend ausgebildet (vgl. Art. 8 ZAG).

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Zudem gilt es zu beachten, dass sich in Erfüllung des Bundesratsbeschlusses vom 10. April 2019 der Kreis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Waffen nach Artikel 15 ZAG tragen und einsetzen dürfen, ein Anwendungsfall des polizeilichen Zwangs (vgl. Art. 5 Bst. c ZAG) abschliessend nach Artikel 113 richtet. Obwohl Artikel 115 Absatz 2 Buchstabe a ZG die Regelungskompetenz für das Tragen und Einsetzen von Waffen und Hilfsmitteln generell an den Bundesrat delegiert, rechtfertigt es sich angesichts des potenziellen schweren Eingriffs in Grundrechte, das Tragen und Einsetzen von Waffen und Hilfsmitteln in Artikel 113 abschliessend auf Gesetzesstufe zu regeln.

Art. 102

Anhalten und Abtasten

Erste Massnahmen und Abklärungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG erfolgen gestützt auf einen noch unbestimmten Anfangsverdacht auf einen Verstoss gegen das Zollrecht, Empfehlungen von Lagezentren oder Erfahrungswerten oder aufgrund einer unklaren Situation (z. B. Klärung der Identität). Aus Gründen der Verhältnismässigkeit wäre es nicht angezeigt, eine Person stets gestützt auf Artikel 106 kurzfristig festzuhalten und sie bis zu 24 Stunden der Freiheit zu entziehen. Um eine Person kurz kontrollieren oder befragen zu können, muss sie daher angehalten werden dürfen. Diese Anhaltesituation ist im Gegensatz zum Abtasten (vgl. Art. 20 ZAG) im Zwangsanwendungsgesetz nicht abgebildet, weshalb es einer spezialgesetzlichen Regelung bedarf.

Die Fixierung einer maximalen Dauer der Anhaltung ist im Lichte der Rechtsprechung zu Artikel 215 StPO oder kantonalen Polizeierlassen nicht angezeigt99. Eine zeitlich unbefristete Anhaltung ist aber ebenso nicht zulässig. Dies ergibt sich bereits aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip. Die Anhaltung darf deshalb nur, aber immerhin so lange dauern, bis über die weiteren allenfalls erforderlichen Massnahmen befunden werden kann. Nach Meinung des Bundesgerichts darf die Dauer der Anhaltung nur wenige Stunden betragen. In der polizeilichen Praxis dauert denn auch die Anhaltung und Verbringung auf den Polizeiposten in den wenigsten Fällen länger als drei Stunden.

Abs. 1 In sachlicher Hinsicht ist die Bestimmung deckungsgleich mit Artikel 101 Absatz 1 ZG. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG müssen weiterhin über die Möglichkeit verfügen, auch ausserhalb eines Strafverfahrens Personen unter Angabe des Grundes anzuhalten und kurz zu befragen, um ihre Kontrollaufgaben wahrnehmen zu können. Sobald ein Verdacht auf eine strafbare Handlung vorliegt, erfolgt hingegen die weiterführende Fallbearbeitung durch das BAZG nach den jeweils anwendbaren strafprozessualen Vorschriften des VStrR oder der StPO, sofern und soweit das BAZG hierfür zuständig ist. Nach dem VStrR richten sich die Ermittlungen, wenn das BAZG in der Sache selber zuständig ist, nach der StPO hingegen, wenn die Kantone in der Sache zuständig sind. Hat das BAZG keine originären oder delegierten Kompetenzen, richtet sich das Vorgehen nach Artikel 100 Absatz 2.

99

Vgl. hierzu z. B. BGE 109 Ia 146 E. 5.b S. 154, BGE 107 Ia 138 E. 4.h S. 144 f.

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Abs. 2 Hier werden die Voraussetzungen festgehalten, welche vorliegen müssen, um eine Person im Sinne von Artikel 20 ZAG abtasten zu dürfen. Es handelt sich dabei um dieselben wie in Artikel 101 Absatz 2 ZG. Buchstabe b spricht dabei nicht mehr von vorläufiger Festnahme, sondern in Übereinstimmung mit Artikel 19 ZAG und Artikel 106 E-BAZG-VG von kurzfristigem Festhalten, das wie die vorläufige Festnahme maximal 24 Stunden andauern darf.

Abs. 3 Absatz 3 übernimmt eins zu eins die Regelung aus Artikel 224 Absatz 1 ZV, welcher angesichts des Eingriffs in persönliche Freiheiten auf Gesetzesstufe gehoben wird. Es handelt sich dabei um minimale Mitwirkungspflichten der zu kontrollierenden Person.

Abs. 4 Aus denselben Überlegungen übernimmt Absatz 4 die Regelung aus Artikel 224 Absatz 2 ZV, ergänzt durch Buchstabe c. Buchstabe d ist aktuell in Artikel 105 Absatz 1 ZG verankert und rechtfertigt bereits heute das Verbringen einer Person an einen anderen Ort. Die Voraussetzungen für das Verbringen einer Person auf eine Kontrollinfrastruktur sind somit grundsätzlich erfüllt, wenn die Abklärungen gemäss Absatz 1 vor Ort nicht eindeutig oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten vorgenommen werden können, wenn zweifelhaft ist, ob die Angaben richtig oder die Ausweis- und Bewilligungspapiere echt sind oder wenn im Zusammenhang mit eigenen Aufgaben (z. B. bei Widerhandlungen gegen Artikel 19 ff. E-ZoG) oder Aufgaben zugunsten weiterer Behörden, namentlich der Anzeigeerstattung gestützt auf Artikel 10, Arbeiten auszuführen sind (z. B. Einvernahmen, Erstellung von Schriftlichkeiten).

Art. 103

Durchsuchung und Untersuchung

In materieller Hinsicht ist die vorgeschlagene Bestimmung deckungsgleich mit dem bestehenden Artikel 102 ZG. In Angleichung an Artikel 20 ZAG wird allerdings lediglich noch von «Durchsuchung und Untersuchung» gesprochen und auf den Zusatz «körperlich» verzichtet, da die Durchsuchung und Untersuchung stets einen Körperbezug haben.

Aus Gründen der Systematik wird die Möglichkeit der Durchsuchung und Untersuchung nach dem Abtasten geregelt. Denn im Regelfall wird im Rahmen der Kontrolle und unter Beachtung der Verhältnismässigkeit eine Person zuerst abgetastet, bevor sie durchsucht oder gar eine Untersuchung angeordnet wird.

Abs. 1 Die Regelung in Absatz 1 wurde vollumfänglich aus dem bisherigen Artikel 102 Absatz 1 ZG übernommen. Es handelt sich dabei um über Artikel 9 ZAG hinausgehende Gründe, die eine Durchsuchung oder Untersuchung rechtfertigen. Eine Person kann demnach durchsucht oder untersucht werden, wenn diese im Verdacht steht, Waren auf sich zu tragen, die einer Abgabe, einem Verbot oder einer Bewilligungs- oder 144 / 436

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Kontrollpflicht unterliegen oder sicherzustellen sind (Bst. a), oder wenn die Voraussetzungen für ein kurzfristiges Festhalten erfüllt sind (Bst. b). Buchstabe b orientiert sich wiederum an der Begrifflichkeit des ZAG.

Als Durchsuchung gilt das Suchen nach Sachen, Beweismitteln oder Spuren an der gesamten Körperoberfläche und in Körperöffnungen ausserhalb des Intimbereichs; als Intimbereich gelten namentlich der Vaginal- und der Analbereich.

Als Untersuchung gilt jede weitergehende Untersuchung, namentlich die Untersuchung des Intimbereichs oder durch Röntgenaufnahmen.

Abs. 2 Diese Bestimmung enthält keine neuen Kompetenzen gegenüber der heutigen Regelung. Auch in Zukunft sollen Durchsuchungen grundsätzlich nur von einer Person gleichen Geschlechts vorgenommen werden können. Wie bereits nach Artikel 102 Absatz 2 ZG sind Ausnahmen nur bei Gefahr im Verzug möglich, was von Artikel 20 Absatz 3 ZAG unzureichend berücksichtigt wird, weshalb eine Spezialregelung vorzusehen ist.

Abs. 3 Ferner soll künftig eine Untersuchung nicht nur von einer Ärztin oder einem Arzt, sondern auch von anderem qualifizierten medizinischen Personal vorgenommen werden können. Dies gilt in Abweichung zu Artikel 20 Absatz 4 ZAG auch für Untersuchungen im Intimbereich. Das ist zeitgemäss und entspricht sowohl der Regelung in der Strafprozessordnung (Art. 252 StPO) als auch der gängigen Praxis. Es entscheidet stets das medizinische Fachpersonal über die Art der Untersuchung. Liegt beispielsweise bei einer Person der Verdacht vor, dass sie anmeldepflichtige oder verbotene Ware in ihrem Körper schmuggelt (sog. Bodypacking), dann entscheidet das medizinische Fachpersonal über die einzuleitenden medizinischen Massnahmen für die Untersuchung. Diese Massnahmen können beispielsweise eine Computertomographie, eine Röntgenaufnahme oder die Verabreichung von Medikamenten sein100.

Abs. 4 Im heutigen Artikel 102 ZG nicht geregelt ist die Frage, wo eine Durchsuchung oder Untersuchung stattzufinden hat. Die Antwort auf diese Frage liefert Artikel 225 Absatz 3 ZV. Im Sinne eines schonenden Umgangs hat die Durchsuchung und Untersuchung auch künftig unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu erfolgen. Diese Regelung wird daher eins zu eins in das E-BAZG-VG überführt. Im Gegensatz zum Artikel 20 Absatz 2 ZAG müssen auch hier Ausnahmen bei Gefahr im Verzug möglich sein. In 100

Bericht vom 8. Mai 2018 an die Eidgenössische Zollverwaltung betreffend den Besuch der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter im Zentrum Rancate und den Umgang mit mutmasslichen Bodypackern, zugänglich unter www.nkvf.admin.ch > Publikationen > Informationen; Stellungnahme vom 9. Juli 2018 der Eidgenössischen Zollverwaltung zum Bericht vom 8. Mai 2018 der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter betreffend den Besuch um Zentrum Rancate und den Umgang mit mutmasslichen BodypackerInnen, zugänglich unter: www.nkvf.admin.ch > Publikationen > Informationen.

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Abweichung von Artikel 20 Absatz 2 ZAG dürfen daher Durchsuchungen oder Untersuchungen in diesem Fall als Ultima Ratio in der Öffentlichkeit erfolgen.

Art. 104

Identifikation einer Person

Bereits heute identifizieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG gestützt auf Artikel 103 ZG oder einen anderen Erlass, welcher sie dazu ermächtigt (z. B. AIG), Personen im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit. Es handelt sich hierbei um eine Kernkompetenz im Bereich der Kontrolle. Die Identifizierung bleibt auch in Zukunft eine wichtige Befugnis, die insbesondere den Zweck hat, den ordnungsgemässen Verkehr von Personen und Waren über die Zollgrenze zu gewährleisten und zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität sowie zur Wahrung der inneren Sicherheit des Landes und zum Schutz der Bevölkerung gemäss Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b E-BAZG-VG beizutragen.

Bei der Identifikation handelt es sich um einen Eingriff in die verfassungsmässig geschützte Persönlichkeit. Davon betroffen ist das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) sowie jenes der informationellen Selbstbestimmung (Art. 13 Abs. 2 BV). Einschränkungen von Grundrechten bedürfen nicht nur einer gesetzlichen Grundlage, sondern müssen gemäss Artikel 36 BV auch durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt sowie verhältnismässig sein.

Vorliegend wird die Identifikation auf formell-gesetzlicher Ebene geregelt. Ebenso liegt ein öffentliches Interesse vor: Die Identifikation einer Person anhand ihrer Personalien, Ausweisdokumente sowie bei Bedarf anhand der biometrischen erkennungsdienstlichen Daten101 nach Artikel 354 StGB in Verbindung mit der Verordnung vom 6. Dezember 2013102 über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten hat zum Zweck, die Identität des Gegenübers im Rahmen der Aufgaben des BAZG zweifelsfrei festzustellen. Damit leistet es einen Beitrag zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Gerade weil das BAZG kontrollierend an der Landesgrenze tätig ist, bildet es einen ersten Filter bei der Ein- und einen letzten Filter bei der Ausreise. Um eine umfassende Sicherheit an der Grenze für Wirtschaft, Bevölkerung und Staat sicherzustellen, müssen Personen, welche die Schweiz ins Visier ihrer kriminellen Machenschaften nehmen, zweifelsfrei identifiziert werden können. Nur so können diese bei Bedarf auch dem Recht zugeführt werden.

Schliesslich wird die Verhältnismässigkeit gewahrt, indem der vorliegende Artikel wie bereits heute die Artikel 103 ZG und 226 ZV ein mehrstufiges
Verfahren zum Feststellen und Festhalten der Identität von Personen vorsieht. Nach diesem Kaskadensystem sind Personen zunächst anhand der in einem Ausweis oder anderen anerkannten Dokumenten beschriebenen oder gespeicherten Merkmale zu identifizieren (Abs. 1). Dies stellt den Regelfall dar. Kann sich eine Person nicht eindeutig ausweisen oder bestehen begründete Zweifel an ihrer Identität, so können gemäss Absatz 2 bei Bedarf biometrische erkennungsdienstliche Daten im Rahmen von Artikel 354 StGB nach der Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten erhoben, weiterbearbeitet und verifiziert werden.

101

Zu den biometrischen erkennungsdienstlichen Daten zählt man z. B. Fingerabdrücke, Fotografien sowie Signalemente.

102 SR 361.3

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Unabhängig von Artikel 104 Absatz 2 E-BAZG-VG kann das BAZG biometrische erkennungsdienstliche Daten erheben, wo dies ein entsprechender Spezialerlass vorsieht (z. B. Art. 102 AIG). Das BAZG beachtet diesfalls die Vorgaben des entsprechenden Erlasses für die Verhältnismässigkeit der Datenerhebung. Andere Erlasse, welche das BAZG zur Erhebung und Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten ermächtigen oder Vorgaben an die Datenbearbeitung machen, bleiben also stets vorbehalten. Artikel 104 Absatz 2 E-BAZG-VG kann zum Beispiel die Gründe zur Erhebung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten nach Artikel 102 AIG im Ausländerverfahren nicht erweitern. Ist das BAZG auch in anderen Verfahren (z. B.

ausländerrechtliches Verfahren) mit Aufgaben betraut, richten sich dessen Kompetenzen zur Erhebung und Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten abschliessend nach den entsprechenden Spezialerlassen (z. B. Artikel 102 AIG). So nimmt im Bereich des Vollzugs des Ausländerrechts auch das AIG die Verhältnismässigkeitsprüfung abschliessend vor, indem es detaillierte Voraussetzungen für eine erkennungsdienstliche Erfassung von Ausländerinnen und Ausländern vorgibt (Art. 102 AIG in Verbindung mit Art. 87 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE103]). Das BAZG kann eine solche Erfassung grundsätzlich nur in bestimmten Einzelfällen und nur zur Identifizierung im Rahmen der Prüfung der Einreisevoraussetzungen oder von ausländerrechtlichen Verfahren vornehmen (Art. 87 Abs. 1 und 1bis VZAE).

Da es sich um einen Grundrechtseingriff handelt, rechtfertigt es sich zudem, die Identifikation als Befugnis auf einen bestimmten Kreis von Mitarbeitenden zu beschränken. Gemäss Absatz 1 dürfen daher nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Artikel 101 Absatz 3 die Identifikation vornehmen, die im Rahmen einer Kontrolle auch polizeiliche Massnahmen ergreifen oder polizeilichen Zwang anwenden dürfen und mit Kontrollaufgaben betraut sind.

Aus dem soeben Gesagten folgt, dass das BAZG im Rahmen der Identifikation die Verhältnismässigkeit wahrt.

Schliesslich sei an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Erhebung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten gestützt auf das Schengen-Recht104 nicht durch Artikel 104 geregelt wird.

Abs. 1 Die Feststellung
der Identität erfolgt zunächst anhand eines Ausweises (z. B. Pass, Identitätskarte, Führerausweis) oder anderer hierfür anerkannter Dokumente (z. B.

Aufenthaltstitel). Dies sah auch bereits Artikel 226 Absatz 1 ZV vor. Die auf solchen Identitätsdokumenten vorhanden Informationen können auch in Systemen elektronisch gespeichert und zu Identitätsabklärungen abgeglichen werden.

103 104

SR 142.201 Siehe z. B. das Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, SR 0.362.31.

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Abs. 2 Absatz 2 orientiert sich inhaltlich am aktuell geltenden Recht (Art. 103 Absatz 1 ZG sowie Artikel 226 Absatz 2 und 3 ZV). Die Bestimmung von Absatz 2 gelangt dann zur Anwendung, wenn die Identifizierung mittels mitgeführten Identitätsdokumenten oder anderen anerkannten Dokumenten nicht vollzogen werden kann beziehungsweise begründete Zweifel an der Identität bestehen.

Absatz 2 bildet analog zu Artikel 103 Absatz 1 ZG sowie Artikel 226 Absatz 2 und 3 ZV die gesetzliche Grundlage für die Durchführung erkennungsdienstlicher Massnahmen im Rahmen von Kontrollen gemäss Artikel 90 ff. Einer solchen Grundlage im Gesetz bedarf es auch weiterhin, da Artikel 102 AIG ausschliesslich die Durchführung erkennungsdienstlicher Massnahmen in ausländerrechtlichen Verfahren regelt. Artikel 354 StGB dient zudem lediglich der nationalen und internationalen Amtshilfe im Zusammenhang mit der Identifizierung gesuchter oder unbekannter Personen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe speichert und vergleicht das fedpol erkennungsdienstliche Daten, die ihm übermittelt werden. Artikel 354 StGB bildet mit anderen Worten die gesetzliche Grundlage für den Umgang mit erkennungsdienstlichen Daten. So sieht er vor, dass «Grenzstellen» erkennungsdienstliche Daten vergleichen und bearbeiten dürfen. Artikel 354 StGB ist hingegen keine Gesetzesgrundlage für die Ermächtigung und für die Voraussetzungen zur Erhebung erkennungsdienstlicher Daten einer Person. Hierfür erfordert es stets spezifischer Rechtsgrundlagen, zum Beispiel im Strafprozess, Ausländerverfahren, Asylverfahren, kantonalen Polizeirecht oder eben im Zollrecht105.

Kann sich gemäss Artikel 104 Absatz 1 eine Person nicht ausweisen oder besteht Unsicherheit über die Gültigkeit oder Echtheit der vorgelegten Ausweispapiere, das heisst scheitert eine Identifikation nach Absatz 1, wird im Rahmen einer Personenkontrolle gemäss Artikel 91 Buchstabe b der Identifizierungsvorgang intensiviert, indem erkennungsdienstliche biometrische Daten nach Artikel 354 StGB in Verbindung mit der Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten zu den eingangs beschriebenen Zwecken erhoben werden. Das BAZG speichert dabei die Daten via fedpol in den Informationssystemen nach Artikel 354 StGB ab. Die explizite Ermächtigung des BAZG hierzu ist im Hinblick auf die Bearbeitung
biometrischer erkennungsdienstlicher Daten im automatisierten Fingerabdruck-System (AFIS) in Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten geregelt.

Es besteht somit mit Absatz 2 eine formell-gesetzliche Grundlage, um biometrische erkennungsdienstlichen Daten von der zu kontrollierenden Personen abnehmen, in Informationssysteme überführen und speichern und mit sich bereits darin befindlichen Daten via fedpol abgleichen zu können. Es gilt dabei zu beachten, dass nicht in jedem Fall eine Speicherung von Daten erfolgt.

Die Bearbeitung von biometrischen erkennungsdienstlichen Daten richtet sich nach der vorliegenden Bestimmung sowie im Übrigen nach Artikel 354 StGB in Verbindung mit der Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher 105

Basler Kommentar Strafrecht II, 4. Auflage, Basel 2018, GAMMA MARCO, Art. 354 N 5 f.

nachfolgend: Basler Kommentar Strafrecht II, Autor, Art, N.

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Daten. Erhoben werden können nach Artikel 2 der genannten Verordnung daktyloskopische Daten (inkl. Zwei-Finger-Abdrücke), Fotografien und Signalemente (z. B.

Augenfarbe, Haarfarbe, Körpergrösse). Da die Daten ausserhalb eines Strafverfahrens erhoben werden, richtet sich deren Löschung nach Artikel 21 der erwähnten Verordnung. Das Verhältnismässigkeitsprinzip verlangt allgemein, dass die Erfassung von biometrischen Daten nur dann erfolgt, wenn sie zur Identifizierung der Person geeignet, erforderlich und zumutbar ist. Die Erfassung solcher Daten ist zweifellos geeignet, die Kontrollaufgaben des BAZG zu ermöglichen. Erforderlich ist sie nach der oben erwähnten Kaskade, wenn die Identifikation durch einen Ausweis oder andere anerkannte Dokumente nach Absatz 1 scheitert und daher keine mildere Alternative besteht. Die Erfassung der Daten ist ebenfalls zumutbar, denn der damit erzielte Nutzen steht in einem vernünftigen Verhältnis zum Eingriff in die Persönlichkeit der Betroffenen.

Die Speicherung von Fingerabdruck-Daten (inkl. Zwei-Finger-Abdrücken) ist unerlässlich, um die Identifizierung nicht bloss einmalig zu ermöglichen, sondern über einen längeren Zeitraum sicherzustellen. Das ist wichtig, weil Personen, die ohne Aufenthaltsrecht in die Schweiz einreisen, deren innere Sicherheit bedrohen und daher weggewiesen werden müssen, regelmässig trotz der Wegweisung untertauchen und/ oder andere Identitäten annehmen (Mehrfachidentitäten). Ebenso besteht zum Beispiel in zahlreichen Staaten die legale Möglichkeit, beim Wechsel des Reisepasses seine Identität zu wechseln. Dadurch kann bei der erneuten Einreise auf legale Weise eine bei der Ersteinreise angegebene Identität, unter der man deliktisch tätig war, verschleiert werden. Kriminelle unternehmen mit anderen Worten alles, um sich ohne Aufenthaltsrecht in der Schweiz aufhalten beziehungsweise illegal ein- oder ausreisen zu können. Ohne Speicherung der Fingerabdruck-Daten ist bei einem erneuten Einreiseversuch, der regelmässig zeitnah und wiederholt erfolgt, eine erfolgreiche Identifizierung unmöglich. Der Abgleich von Fingerabdruck-Daten ist folglich die einzig sichere Methode, um Personen, welche wiederholt illegal mit unterschiedlichen Reisedokumenten beziehungsweise Identitäten in die Schweiz einreisen, zu identifizieren. Dementsprechend ist es unabdingbar, die Daten für einen gewissen Zeitraum speichern zu dürfen106.

Art. 105

Fesselung

Die Fesselung ist als Einsatz eines Hilfsmittels beziehungsweise als polizeilicher Zwang zu verstehen und ist sowohl im heutigen Zollrecht als auch im ZAG ungenügend geregelt. Es drängt sich daher eine spezialgesetzliche Neuregelung auf, welche den Anforderungen an eine gesetzliche Grundlage standhält.

Die Fesselung einer Person mit entsprechenden Fesselungsmitteln setzt zunächst den begründeten Verdacht voraus, dass diese Person Menschen oder Objekte gefährdet oder sich töten oder verletzen will. Während diese Sachverhalte bereits von Artikel 9 ZAG erfasst sind, bedarf es in Artikel 105 einer zusätzlichen Regelung für den Fall, dass eine Person Widerstand gegen Anordnungen leistet oder flieht oder andere

106

Vgl. Artikel 21 der Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten.

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befreien will. Diese Voraussetzungen ergänzen beziehungsweise erweitern jene in Artikel 9 ZAG und gelten zusätzlich zu diesen.

Die Fesselung ist unabhängig von der Örtlichkeit möglich. Sie kann namentlich im Rahmen einer Kontrolle, Anhaltung, eines kurzfristigen Festhaltens oder Transports notwendig sein. Bei Transporten von Personen im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c ZAG muss eine Fesselung aus Sicherheitsgründen grundsätzlich zulässig sein, und zwar sowohl bei Sammeltransporten wie auch bei Transporten einzelner Personen.

Art. 106

Kurzfristiges Festhalten

Artikel 106 nimmt eine Angleichung an die Begrifflichkeit des ZAG vor und verwendet anstelle des Terminus «vorläufige Festnahme» nach Artikel 105 ZG jenen des «kurzfristigen Festhaltens». Materiell entspricht diese Bestimmung weitgehend dem heutigen Artikel 105 ZG, welcher allerdings das kurzfristige Festhalten beziehungsweise die vorläufige Festnahme bloss kursorisch regelt.

Beim kurzfristigen Festhalten einer Person durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG handelt es sich um eine polizeiliche Massnahme, die im Nachgang zu einer Anhaltung erfolgen kann. Im Vergleich zur Anhaltung, in der die Bewegungsfreiheit bloss kurzzeitig eingeschränkt wird, kann ein kurzfristiges Festhalten gemäss Artikel 19 Absatz 2 ZAG bis zu 24 Stunden aufrechterhalten werden. Um einer Durchmischung beziehungsweise Verwechslung von verwaltungsrechtlichen und strafprozessualen Befugnissen entgegenzuwirken, wurde der bisherige Begriff «vorläufige Festnahme» ersetzt. Damit ergibt sich eine klare Abgrenzung zur strafprozessualen vorläufigen Festnahme im VStrR und in der StPO.

Beim kurzfristigen Festhalten handelt es sich letztlich um ein Pendant zum polizeilichen Gewahrsam beziehungsweise zur Polizeihaft in der kantonalen Polizeigesetzgebung. Schliesslich wird auf die bisherige Regelung des Abführens (Art. 105 Abs. 1 ZG) verzichtet, denn diese Massnahme ergibt sich bereits aus der Anhaltung.

Das kurzfristige Festhalten dauert wie erwähnt höchstens 24 Stunden. Danach beziehungsweise beim Wegfall der Festhaltegründe ist die Person entweder freizulassen oder, wenn Gründe für eine vorläufige Festnahme oder Untersuchungshaft bestehen, der zuständigen Behörde zuzuführen (vgl. Abs. 4).

Abs. 1 Die Voraussetzungen, eine Person während längstens 24 Stunden festhalten zu können, sollen anders als in Artikel 105 ZG klar im Gesetz verankert werden. Diese Voraussetzungen orientieren sich an der Polizeihaft und ergänzen Artikel 9 Absatz 1 ZAG, der die Festhaltegründe unzureichend regelt. Die Voraussetzungen in Absatz 1 ergänzen beziehungsweise erweitern also jene in Artikel 9 ZAG und gelten zusätzlich zu diesen.

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Abs. 2 und 3 Die Verpflichtung des BAZG, den Kontakt zu Vertrauenspersonen zu ermöglichen und bei urteilsunfähigen Personen (z. B. Kindern) oder Personen, die unter umfassender Beistandschaft stehen, ohne Verzug die für die elterliche Sorge, Obhut oder Vormundschaft oder für die Beistandschaft verantwortliche Person oder Stelle zu benachrichtigen, erhält hier ihre gesetzliche Verankerung. Artikel 19 ZAG kennt keine solche Verpflichtung. Das E-BAZG-VG geht in diesem Punkt also weiter als das ZAG und schützt die Rechte der betroffenen Person umfassender. Dies drängt sich aufgrund der Fürsorgepflicht des BAZG gegenüber besonders schutzwürdigen Personen auf. Zudem können urteilsunfähige Personen ihre Rechte nur durch urteilsfähige Vertreter rechtswirksam wahrnehmen.

Abs. 4 Ist ein anderes Verfahren (z. B. Strafverfahren, Migrationsverfahren) gegen die kurzfristig festgehaltene Person von der zuständigen Behörde (z. B. Staatsanwaltschaft, Migrationsbehörde) einzuleiten, führt das BAZG die festgehaltene Person unverzüglich der zuständigen Behörde zu, wenn diese eine Zuführung begehrt. Diese Bestimmung ist Ausfluss von Artikel 100 Absatz 2 und sorgt dafür, dass allfällige Fristen anderer Verfahren (z. B. Haftfristen im Strafverfahren) beachtet werden. Die Zuführung war bislang in Artikel 105 Absatz 3 ZG geregelt.

Art. 107

Durchsuchung von Gegenständen

Abs. 1 Dieser Artikel legt die Voraussetzungen fest, damit das BAZG in Ergänzung zu Artikel 6 Buchstabe c ZAG Fahrzeuge beziehungsweise Transportmittel, Behältnisse und andere Gegenstände öffnen und durchsuchen kann, auch wenn solche Gegenstände einer kontrollierten oder anmeldepflichtigen Person nicht zugeordnet werden können.

Die entsprechende Grundlage ist heute in Artikel 222 ZV zu finden und soll künftig genauer und auf formell-gesetzlicher Stufe geregelt werden. Im ZAG ist die Durchsuchung dieser Durchsuchungsobjekte nicht umfassend geregelt.

Abs. 2 Dieser Absatz gibt die Voraussetzungen für eine Durchsuchung von Gegenständen wieder. Sie ergänzen beziehungsweise erweitern jene in Artikel 9 ZAG und gelten zusätzlich zu diesen. Dadurch wird ermöglicht, anmeldepflichtige oder verbotene Waren oder zu kontrollierende Personen ausfindig zu machen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG oder andere Personen zu schützen (z. B. im Rahmen einer Kontrolle) oder nach sicherzustellenden Tieren oder Gegenständen zu suchen.

Art. 108

Durchsuchen von Grundstücken und darauf befindlichen Bauten

Abs. 1 Dieser Artikel beinhaltet in materieller Hinsicht die bisherige Regelung in Artikel 107 ZG. Wie bislang ist die Durchsuchung von Grundstücken und darauf befindlichen 151 / 436

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Bauten auf den Grenzraum beschränkt, auch wenn eine Kontrolle im Zollgebiet möglich sein sollte (vgl. Art. 90 Abs. 2). Das ZAG gibt keine Antwort darauf, wie mit der Durchsuchung von Grundstücken und Bauten zu verfahren ist. Diese Durchsuchungsobjekte werden daher in Absatz 1 in Ergänzung zu Artikel 6 Buchstabe c ZAG geregelt.

Abs. 2 Für die Durchsuchung von Grundstücken und darauf befindlichen Bauten gelten die Voraussetzungen von Artikel 48 VStrR.

Art. 109

Vorläufige Sicherstellung, Rückgabe, Vernichtung und Einziehung

Dieser Artikel entspricht der bisherigen Regelung in Artikel 104 ZG. Da das ZAG keine Regelung zur Sicherstellung kennt, drängt sich auch hier weiterhin eine spezialgesetzliche Regelung auf.

Abs. 1 Betroffen sind Gegenstände und Vermögenswerte. Hierzu zählen auch Waren und Transportmittel.

Abs. 2 Vor allem beim Vollzug nichtabgaberechtlicher Erlasse werden Waren häufig sichergestellt, bis die zuständige Behörde über abschliessende Massnahmen entscheidet.

Das BAZG hat, Sonderbestimmungen vorbehalten, auch künftig keine Kompetenz, Beschlagnahmungen anzuordnen, weshalb in aller Regel eine Übergabe an die zuständige Behörde zu erfolgen hat. Eine Sonderbestimmung, die dem BAZG eine eigene Kompetenz zur Beschlagnahme gewährt, findet sich etwa im neuen Artikel 22b des Edelmetallkontrollgesetzes vom 20. Juni 1933107 (EMKG; vgl. die Erläuterungen dazu unter Ziff. 5.3, unten).

Sicherzustellende Vermögenswerte können beispielsweise mit Betäubungsmitteln kontaminierte Geldnoten sein. Sicherzustellende Transportmittel können beispielsweise Fahrzeuge mit eingebauten Schmuggelverstecken sein.

Abs. 3 Dieser Absatz regelt den Umgang mit Gegenständen, Transportmitteln, Waren und Vermögenswerten, die nicht beschlagnahmt worden sind. Diese sind grundsätzlich der zu kontrollierenden Person zurückzugeben. Bei unbekannter Identität gelangt Artikel 92 VStR analog zur Anwendung.

107

SR 941.31

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Abs. 4 Dieser Absatz regelt, unter welchen Umständen die sichergestellten Gegenstände, Vermögenswerte, Transportmittel und Waren durch das BAZG vernichtet werden können, falls sie nicht gemäss Absatz 3 zurückgegeben oder verwertet werden können. Absatz 4 ist somit als Ausnahme von Absatz 3 zu verstehen.

Abs. 5 Dieser Absatz erhält neu den präzisierenden Einschub «sofern die zuständige Behörde auf eine Übernahme des Sichergestellten verzichtet». Mit dem Einschub wird die aktuelle Rechtsprechung abgebildet108. Es wird klargestellt, dass das BAZG selbst dann für die selbstständige Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten zuständig ist, wenn es in der Sache selbst über keine Strafkompetenzen verfügt, namentlich gilt dies auch bei Offizialdelikten. Diese Klarstellung ist notwendig, da der Wortlaut von Absatz 3 der Bestimmung an sich die Rückgabe der Sache vorsehen würde, weshalb die Bestimmung insgesamt als unklar beziehungsweise widersprüchlich erscheint. Mit der Ergänzung von Absatz 5 werden diese Unklarheiten nun beseitigt. Diese Kompetenz zur selbstständigen Einziehung kommt dem BAZG vor allem deshalb zu, weil es damit einen Beitrag leistet für die innere Sicherheit des Landes und die Bekämpfung der Geldwäscherei (vgl. Art. 7 Abs. 2 Bst. d und e). Das anwendbare Verfahren betreffend Untersuchung, Einziehung und Rechtsmittel richtet sich nach dem Verwaltungsstrafrecht, was bedeutet, dass die Verfahrensbestimmungen des dritten Titels des VStrR zur Anwendung gelangen.

Art. 110

Vereinfachte Vernichtung von Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert

Das BAZG benötigt für die Bewältigung des Massengeschäfts und insbesondere für die illegalen Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert, die als Kleinsendungen im Online-Handel eingeführt werden, eine Bestimmung über die vereinfachte Vernichtung. Artikel 110 stellt daher eine neue Befugnis dar.

Die vorliegende Bestimmung orientiert sich an der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates109, welche für Waren, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen, eine vereinfachte Vernichtungsregelung vorsieht. In der Schweiz besteht der Regelungsbedarf indessen auch in anderen Rechtsbereichen (z. B. nicht konforme Fernmeldeanlagen und elektronische Geräte sowie gewisse dem EMKG unterliegende Waren).

Nicht anwendbar ist die vereinfachte Vernichtung nach Absatz 1, wenn der betreffende nichtabgaberechtliche Erlass diese Massnahme nicht vorsieht. Enthält ein nichtabgaberechtlicher Erlass Sonderbestimmungen, gelangt dessen Verfahren der vereinfachten Vernichtung zur Anwendung (vgl. Abs. 4). Das gilt namentlich für das 108

Vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4351/2016 vom 26. Januar 2017 E. 6.4 S. 9 mit weiteren Hinweisen und Urteil 1C 332/2018 vom 22. August 2018 E. 2.3.

109 ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 15.

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Immaterialgüterrecht. Dort kommt es zum Nebeneinander von sachenrechtlichen Berechtigten und Rechteinhaberinnen und -inhabern (Inhaberinnen und Inhaber von Immaterialgüterrechten), und es gibt gebührenpflichtige Hilfeleistungen für die Rechteinhaber. Diese Sondersituation rechtfertigt eine besondere Regelung der vereinfachten Vernichtung im Immaterialgüterrecht. Das Vernehmlassungsverfahren zur entsprechenden Änderung der Immaterialgüterrechte (die Federführung liegt beim Institut für geistiges Eigentum [IGE]) wurde im 2020 durchgeführt und fand mehrheitlich Zuspruch.

Der Bundesrat regelt, in welchen Fällen eine Ware in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert vorliegt und wann diese mengen- und wertmässig derart gering ist, dass keine Anhörung der berechtigten Person erfolgen muss (Abs. 3 i. V. m. Abs. 2).

Der Bundesrat regelt ferner das Verfahren der vereinfachten Vernichtung (Abs. 4), welches grob wie folgt ablaufen soll: ­

Stellt das BAZG eine widerrechtliche Kleinsendung fest, so teilt es dies der berechtigten Person mit und behält die Ware zurück.

­

Es weist die berechtigte Person innerhalb von fünf Arbeitstagen seit der Zurückhaltung darauf hin, dass die Ware vernichtet wird, wenn sie die Vernichtung nicht innerhalb von zehn Arbeitstagen vom Zeitpunkt der Mitteilung an ausdrücklich ablehnt.

­

Lehnt die berechtigte Person die Vernichtung fristgerecht ausdrücklich ab, so erfolgt der weitere Vollzug nach den Bestimmungen des massgebenden nichtabgaberechtlichen Erlasses. Stimmt die berechtigte Person der Vernichtung zu oder lässt sie sich innerhalb der gesetzten Frist nicht vernehmen, dann vernichtet das BAZG die Waren.

Werden Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert, die gegen einen nichtabgaberechtlichen Erlass verstossen, vereinfacht vernichtet, wird in Anwendung von Artikel 196 Buchstabe a E-BAZG-VG auf eine Strafverfolgung verzichtet.

Die Vernichtungskosten gehen zulasten des Bundes. Um den Prozess zur Bewältigung des Massengeschäfts einfach und effizient zu behalten, wird auf die Verrechnung und das Inkasso von Vernichtungskosten bei den Beteiligten verzichtet. Eine Kostenverrechnung gegenüber den zuständigen Bundesstellen (z. B. bei Waren mit seuchenpolizeilichen Auflagen) bleibt vorbehalten.

Art. 111

Einsatz von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten

Diese Bestimmung entspricht in materieller Hinsicht weitgehend der bisherigen Regelung in Artikel 108 ZG und bildet die rechtliche Grundlage beispielsweise für den Einsatz von Kameras für die automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AFV-Kameras) zur Überwachung des Grenzraums. Die entsprechende Regelung der Datenbearbeitung der gewonnenen Daten befindet sich in den Artikeln 117 ff. E-BAZG-VG, soweit Artikel 111 diese nicht bereits regelt.

Artikel 111 regelt die Anwendung von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten weiterhin nach Zwecken. Allen Zwecken ist gemein, dass das BAZG Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräte ausschliesslich an öffentlichen oder allgemein 154 / 436

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zugänglichen Orten oder in Räumlichkeiten des BAZG einsetzen darf. Somit werden Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräte nicht geheim beziehungsweise heimlich eingesetzt. Mittels vertraglicher Regelungen wird es künftig zudem weiterhin möglich sein, dass das BAZG im Rahmen seiner Aufgaben bei Bedarf auf anderweitig gesetzlich verankerte Drittkameras (z. B. von Polizeikorps) zugreifen kann, die je nach gesetzlicher Grundlage auch an nicht allgemein zugänglichen Orten oder in Räumlichkeiten des BAZG eingesetzt werden können (z. B. in nicht öffentlich zugänglichen Räumen in Flughäfen).

Der Einsatz von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten erfolgt: a.

um unerlaubte Grenzübertritte oder Gefahren für die Sicherheit im grenzüberschreitenden Verkehr frühzeitig zu erkennen.

b.

um den ordnungsgemässen Verkehr von Personen und Waren über die Grenze zu überwachen. Dank Buchstabe b können abgaberechtlich relevante Sachverhalte an unbemannten Grenzübergängen (wie beispielsweise das Befördern von Paketen zu Fuss über die Grenze) beobachtet werden.

c.

zur Fahndung nach Personen, Waren und Transportmitteln. Buchstabe c umfasst ausschliesslich die nichtautomatisierte Fahndung und grenzt sich dadurch von Buchstabe e ab. Er umfasst die klassische Fahndung nach Personen, Waren und Transportmitteln beziehungsweise Fahrzeugen. Das BAZG leistet dadurch einen Beitrag zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität im Sinne von Artikel 1. Soweit es sich nicht um originäre Zollwiderhandlungen handelt, finden Fahndungen primär an der Grenze und im Grenzraum statt.

Gerade im Bereich der grenzüberschreitenden Kriminalität ist es entscheidend, dass Personen- oder Fahrzeugbewegungen erfasst und ausgewertet werden können. So kann im Falle gewerbsmässigen Schmuggels das Ausmass der verübten Widerhandlungen oft nur auf diese Weise festgestellt oder aufgeklärt werden. Als weiteres Beispiel sei hier an die aktuellen Kriminalfälle gedacht, wo Personen aus dem benachbarten Ausland in den Schweizer Grenzraum einreisen und Bankomaten aufbrechen, um dann rasch wieder ins Ausland zu fliehen. Mithilfe von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten können gestützt auf Ausschreibungen, Fahndungsaufträge, Fahndungshinweise oder eigene Erkenntnisse gesuchte Personen oder Fahrzeuge erkannt werden.

d.

zur Überwachung von Räumen, in denen sich Gegenstände und Vermögenswerte oder zu kontrollierende Personen befinden. Bereits im Einleitungssatz wird festgehalten, dass es sich hierbei um Räumlichkeiten des BAZG handelt.

Zu denken ist hierbei zum Beispiel an Festhalte- oder Asservatenräumlichkeiten.

e.

zur automatisierten Fahrzeugfahndung mittels Erfassung von Fahrzeugen und Kontrollschildern im Zollgebiet und deren Abgleich mit polizeilichen Personen- und Sachfahndungsregistern, Fahndungsaufträgen und Fahndungshinweisen. Im Gegensatz zu Buchstabe c ermöglicht Buchstabe e die automatisierte Fahrzeugfahndung. Hierbei werden an der Grenze und im Zollgebiet Fahrzeuge und deren Kontrollschilder (mittels sogenannten AFV-Kameras)

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erfasst und automatisch mit polizeilichen Personen- und Sachfahndungsregistern, Fahndungsaufträgen und Fahndungshinweisen abgeglichen. Wie bei Buchstabe c leistet das BAZG dadurch einen Beitrag zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität im Sinne von Artikel 1.

f.

zur Kontrolle der Abgabenerhebung im grenzüberschreitenden Verkehr mittels Erfassung von Fahrzeugen und Kontrollschildern an der Grenze und deren Abgleich mit Waren- und Transportmittelanmeldungen. Im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung werden in Zukunft beispielsweise Lastwagen, die Waren in oder durch die Schweiz transportieren, ihre Abgaben online mittels einer Informatikapplikation erledigen können. In Zukunft will das BAZG auch hier die vorgenommene Abgabenerhebung mit Hilfe von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten kontrollieren. Diese Regelung gilt allerdings nur für den grenzüberschreitenden Verkehr.

Abs. 2 Wie bisher werden die Einzelheiten des Einsatzes von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten auf Verordnungsstufe geregelt110.

Art. 112

Bestellung unter fiktivem Namen

Abs. 1 Um Kontrollen effektiver durchführen zu können, soll das BAZG ermächtigt werden, Waren unter fiktivem Namen zu bestellen. Mit solchen Bestellungen kann das BAZG einfacher feststellen, ob eine in der Schweiz angebotene ausländische Ware in Umgehung von Einfuhrvorschriften (bei abgabepflichtigen Waren), Verboten (z. B. im Bereich des Artenschutzes) oder Bewilligungsvorschriften (z. B. im Heilmittelbereich) geliefert wird. Ebenso können durch solche Bestellungen Informationen über die Lieferwege generiert beziehungsweise eventuell kann sogar der Lieferant identifiziert werden. Auch die Herkunft eines illegal gelieferten Produktes kann unter Umständen nur mithilfe solcher Bestellungen festgestellt werden. Schliesslich bietet die Bestellung unter fiktivem Namen die einzige Möglichkeit festzustellen, ob eine Ware lediglich angeboten oder tatsächlich in Umgehung der gesetzlichen Vorschriften eingeführt wird beziehungsweise worden ist.

Im Heilmittelbereich existiert bereits eine analoge Bestimmung (Art. 66 Abs. 3 des Heilmittelgesetzes vom 15. Dezember 2000111 [HMG]). Die vorliegende neue Befugnis im E-BAZG-VG lehnt sich in der Formulierung eng an diese Bestimmung an. Wie im Heilmittelbereich handelt es sich um eine Kontrollmassnahme, weshalb kein Anfangsverdacht vorausgesetzt wird, sondern Hinweise genügen, dass im Zusammenhang mit der Anmeldung von Waren Vorschriften des E-BAZG-VG, der Abgabeerlasse oder nichtabgaberechtlichen Erlasse verletzt werden. Somit werden hiervon

110

Verordnung vom 4. April 2007 über den Einsatz von Bildaufnahme-, Bildaufzeichnungsund anderen Überwachungsgeräten durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (SR 631.053).

111 SR 812.21

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nicht nur grenzüberschreitende Sachverhalte, sondern auch Anmeldungen im Zusammenhang mit Inlandproduktionen erfasst (beispielsweise im TStG).

Das BAZG kann sowohl in abgaberechtlichen als auch in nichtabgaberechtlichen Erlassen Bestellungen unter fiktivem Namen tätigen, sofern und soweit ihm die Strafverfolgung in diesem Bereich obliegt. Die Kompetenz ist somit auf Fälle beschränkt, in denen das jeweilige Sachgesetz das BAZG für die Strafverfolgung als zuständig erklärt. Es geht mithin um Bereiche, in denen das BAZG originär und ausschliesslich für die Strafverfolgung zuständig ist. In diesem Bereich verfügen die Kantone oder andere Bundesbehörden über keinerlei Strafverfolgungskompetenzen, und es sind keine parallelen Zuständigkeiten gegeben.

Die Bestellung unter fiktivem Namen unterscheidet sich zudem klar von den Testkäufen im Bereich des Alkoholgesetzes. Während letztere den Verkauf von legalen Waren an Jugendliche verhindern sollen und in erster Linie dem Jugendschutz beziehungsweise der Prävention dienen, handelt es sich bei der Bestellung unter fiktivem Namen um ein Kontrollinstrument, mit dem illegale Einfuhren und insbesondere die Urheberschaft und deren Methoden identifiziert werden sollen, um dem BAZG effektive Kontrollen und in der Folge Aufgriffe zu ermöglichen. Insbesondere im Bereich von gefälschten Heilmitteln leisten solche Aufgriffe einen grossen Beitrag an die Sicherheit der Bevölkerung.

Ähnliche Kompetenzen für solche Bestellungen unter fiktivem Namen haben auch bestimmte andere Behörden, mit denen das BAZG eng zusammenarbeitet (BLV, BAKOM und Bundesamt für Energie [BFE], vgl. Anhang 2).

Abs. 2 In Anlehnung an Artikel 66 Absatz 6 HMG ist die betroffene Person spätestens nach Abschluss des Verfahrens über die Bestellung unter fiktivem Namen zu informieren.

Es steht ihr damit die Möglichkeit offen, mittels Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht die Rechtsmässigkeit der Untersuchungshandlung überprüfen zu lassen.

Art. 113

Tragen und Einsatz von Waffen und Hilfsmitteln

Dieser Artikel entspricht in materieller Hinsicht der Regelung von Artikel 106 Absatz 1 ZG sowie Artikel 232 Absatz 1 ZV, sieht aber wie oben bei Artikel 101 Absatz 3 erwähnt hinsichtlich des Tragens und Einsetzens von Waffen eine abschliessende Regelung auf Gesetzesstufe vor.

Abs. 1 Die Begriffe «Waffen» und «Hilfsmittel» wurden dem ZAG angeglichen. Dementsprechend wird auf den bisher in Artikel 106 ZG verwendeten Begriff «Selbstverteidigungs- und Zwangsmittel» verzichtet. Weil das E-BAZG-VG das Grenzwachtkorps (GWK) als Organisationseinheit nicht mehr explizit nennt, ist der Kreis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Waffen und Hilfsmittel tragen dürfen, anders zu regeln.

Waffen und Hilfsmittel dürfen nach Absatz 1 einerseits ausschliesslich jene Teile des Personals des BAZG einsetzen, welche hierfür speziell ausgebildet sind. Andererseits dürfen bloss jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Waffen und Hilfsmittel tragen, die 157 / 436

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im Bereich der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln sowie der Ermittlung und Strafuntersuchung Aufgaben ausüben und dabei besonderen Bedrohungen beziehungsweise Gefahren ausgesetzt sein können. Massgebend ist also die dauernde oder vorübergehende Erfüllung einer Aufgabe einer Mitarbeiterin beziehungsweise eines Mitarbeiters, bei der sie beziehungsweise er sich einer potenziellen Bedrohung aussetzt und nicht ihre beziehungsweise seine organisatorische Angliederung. Somit können nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG bewaffnet oder mit Hilfsmitteln ausgerüstet werden.

Die heutigen Regelungen zur Bewaffnung sehen vor, dass das Personal des GWK immer bewaffnet ist und das übrige Personal, sofern es einer dem GWK vergleichbaren Bedrohung ausgesetzt ist, bewaffnet werden kann (vgl. Art. 228 ZV). Das übrige Personal umfasst im geltenden Recht das Personal der Hauptabteilung Zollfahndung, das im Reiseverkehr eingesetzte Personal und das Personal der mobilen Teams für Kontrollen im Zollgebiet oder am Domizil.

Wie im bisherigen Zollrecht, besteht auch künftig kein Bedarf, sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG flächendeckend mit Waffen und Hilfsmitteln auszustatten. Vielmehr erfolgt die Bewaffnung oder Ausrüstung mit Hilfsmitteln stets aufgabenbezogen.

Mit Absatz 1 kommt das BAZG dem Auftrag des Bundesrats nach, das Tragen und Einsetzen von Waffen abschliessend auf Gesetzesstufe zu regeln (vgl. BRB 10. April 2019).

Abs. 2 Hinsichtlich Waffen wird der Anwenderkreis von Absatz 1 weiter eingeschränkt. Nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, welche entweder die liechtensteinische oder die schweizerische Staatsbürgerschaft besitzen, dürfen Waffen nach Artikel 15 Buchstaben a, c und d ZAG tragen und einsetzen. Diese Einschränkung gilt allerdings nicht für den Einsatz von Reizstoffen nach Artikel 15 Buchstabe b ZAG. Das Erfordernis der schweizerischen oder liechtensteinischen Staatsbürgerschaft ist auf das hoheitliche Handeln und die Schwere des möglichen Grundrechtseingriffs beim Gebrauch der Waffen gemäss Artikel 15 Buchstaben a, c und d ZAG zurückzuführen.

Die Gleichstellung von schweizerischen und liechtensteinischen Staatsangehörigen ist gerechtfertigt, da das BAZG im Fürstentum Liechtenstein gleich wie in der Schweiz tätig ist.

Abs. 3 Absatz 3 regelt,
dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Absatz 1 und 2 zur Erfüllung ihres Auftrags Waffen und Hilfsmittel ausschliesslich bei besonderen Bedrohungen beziehungsweise Gefahren einsetzen dürfen. Diese Bestimmung lehnt sich an Artikel 106 Absatz 1 ZG an. Absatz 3 knüpft also einerseits wie Absatz 1 an den Auftrag beziehungsweise die Aufgabe an. Wie bei Absatz 1 erwähnt, ist es somit nicht möglich, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG Waffen und Hilfsmittel einsetzen können. Der Einsatz von Waffen und Hilfsmitteln erfordert andererseits eine

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besondere Bedrohung beziehungsweise Gefährdung, welche in Ergänzung zu den Artikeln 9 und 11 ZAG namentlich bei Notwehr beziehungsweise Notwehrhilfe oder Notstand vorliegt. Ebenso darf der Waffen- und Hilfsmitteleinsatz als letztes Mittel zur Erfüllung des Auftrags eingesetzt werden, soweit die zu schützenden Rechtsgüter dies rechtfertigen. Artikel 11 Absatz 3 und 4 ZAG bleiben unberührt.

Abs. 4 Dieser Absatz regelt in Ergänzung zu Absatz 3 die Anforderungen an den Einsatz einer konkreten Waffenart, nämlich der Feuerwaffen, näher und entspricht materiell vollumfänglich der Regelung in Artikel 232 Absatz 1 ZV, welche auf formell-gesetzliche Stufe gehoben und an die Begrifflichkeit des ZAG angepasst wird. Die bisherigen Absätze 2 und 3 des Artikel 232 ZV sind bereits in Artikel 11 Absätze 3 und 4 ZAG ausreichend geregelt und somit obsolet.

Abs. 5 Diese Delegationsnorm hievt den bisherigen Artikel 227 Absatz 3 ZV auf Gesetzesstufe. Die Kompetenz zur ausführenden Regelung obliegt künftig allerdings ausschliesslich dem Bundesrat und nicht mehr wie im geltenden Recht dem EFD. Analog Artikel 227 Absatz 3 ZV sind weiterhin die über Artikel 14 ZAG hinausgehenden Hilfsmittel auf Verordnungsstufe zu regeln. Andererseits können angesichts der sich wandelnden Bedürfnisse und der Entwicklung auf Verordnungsstufe weitere Anforderungen an den Einsatz von Waffen und Hilfsmitteln gestellt werden.

Art. 114

Anordnungen

Abs. 1 und 2 Diese Bestimmung schafft keine neuen Kompetenzen oder Befugnisse. Dem BAZG ist es bereits heute möglich, Widerhandlungen gegen getroffene Massnahmen, die innerhalb seiner Befugnisse liegen sowie schriftlich mit Verfügung, mündlich oder durch Signale oder Tafeln individuell oder generell mitgeteilt wurden, gestützt auf Artikel 127 Absatz 1 Buchstabe b oder Absatz 2 ZG zu ahnden. Das bisherige Zollrecht führte allerdings nicht durchgängig aus, welche Anordnungen konkret vom BAZG getroffen werden können. Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) empfahl daher, diesbezüglich eine Klärung anzustreben112.

In Erfüllung der Empfehlung der GPK-S wird vorgeschlagen, eine explizite Anordnungskompetenz in das E-BAZG-VG aufzunehmen. Diese Anordnungskompetenz findet in Artikel 114 ihre Grundlage. Widerhandlungen gegen Anordnungen, die gestützt darauf ergehen, sollen anschliessend gemäss Artikel 208 Absatz 1 Buchstabe b oder Absatz 2 geahndet werden (Strafkompetenz). Für ausserordentliche Lagen, die ein Einkaufstourismusverbot notwendig machen (wie beispielsweise die Covid-19-

112

Vgl. Ziffer 6.2. des Berichts der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) vom 22. Juni 2021 betreffend die Umsetzung der Covid-19-Massnahmen an der Grenze, auch zugänglich unter: www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Aufsichtskommissionen > GPK > Berichte.

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Pandemie), bietet Artikel 114 in Verbindung mit Artikel 208 E-BAZG-VG keine Rechtsgrundlage für Bussen wegen Verstössen gegen ein solches Verbot.

Anordnungen haben stets verhältnismässig zu erfolgen und bezwecken namentlich, den geordneten Aufgabenvollzug (z. B. mündliche Anweisungen zwecks reibungsloser Kontrolle am Grenzübergang) sicherzustellen, die Mitwirkungspflichten bei Kontrollen nach Artikel 97 durchzusetzen (z. B. Aufforderung Angaben zur Person oder zu mitgeführten Waren zu machen oder Ausweispapiere vorzulegen) oder Gefahren für Personen und Sachen abzuwenden (z. B. Beschilderung zu Verhaltensweisen am Grenzübergang). Die Bestimmung ist allerdings nicht in der Lage, sämtliche denkbaren Sachverhalte, in denen Anordnungen getroffen werden müssen, abschliessend abzubilden. Deshalb werden lediglich die Zwecke möglicher Anordnungen festgehalten.

Dies, in Verbindung mit der konkreten Anordnung und Artikel 208 Absatz 1 Buchstabe b oder Absatz 2, genügt dem Bestimmtheitsgebot.

Die gewählte Methodik ist vergleichbar mit dem System zur Gewährleistung der Disziplin in einem Gerichtsverfahren, mit dem System, das gewisse kantonale Übertretungsstrafgesetze beim Tatbestand der Diensterschwerung oder ähnlichen Tatbeständen kennen (vgl. z. B. § 4 Übertretungsstrafgesetz Basel-Stadt), oder mit dem Mechanismus von Artikel 292 StGB. Bei Artikel 292 StGB geht aus einer separaten Bestimmung hervor, was verfügt werden kann, und er regelt die individuell-konkrete Verfügung anschliessend, was der Verfügungsadressat zu tun oder zu unterlassen hat.

Anstelle einer Verfügung definieren vorliegend die Anordnungen, was zu tun oder zu unterlassen ist. Diese Anordnungen erfolgen mündlich, durch Signale oder Tafeln (Abs. 2). Im bisherigen Zollrecht fehlte eine explizite Bestimmung zum Treffen von individuell-konkreten Anordnungen. Das E-BAZG-VG wurde nun entsprechend ergänzt.

2. Kapitel: Personal des BAZG Art. 115

Vereidigung

Abs. 1 Wie bisher wird nur das Personal mit bestimmten Befugnissen (vgl. Art. 91a Abs. 1 ZG) vereidigt oder angelobt. Das BAZG vereidigt somit alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die polizeilichen Zwang und polizeiliche Massnahmen anwenden dürfen und denen die Befugnisse nach Artikel 101­109 und 113 zustehen, auf die gewissenhafte Pflichterfüllung hin. Bei den Befugnissen gemäss Artikel 101­109 handelt es sich um besonders einschneidende.

Abs. 2 Wie nach bisherigem Recht (Art. 91 Abs. 3 ZG), kann die Verweigerung des Eides oder Gelübdes zur ordentlichen Kündigung führen.

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Art. 116

Nachweis der Berechtigung zur Vornahme von Amtshandlungen

Abs. 1 Neu soll die Legitimation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG gegenüber Dritten bei Vornahme von Amtshandlungen im Gesetz verpflichtend festgehalten werden.

Vollziehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG Amtshandlungen (Aufgaben), legitimieren sie sich grundsätzlich einerseits durch das Tragen der Uniform oder andererseits durch das Vorweisen des Dienstausweises. Nach Möglichkeit geben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG ihren Namen oder ihre Dienstnummer und ihre Dienststelle bekannt. Durch das Tragen der Uniform ist dies grundsätzlich bereits erfüllt. Diese Regelung schafft Rechtssicherheit, denn nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, die sich gegenüber Dritten legitimieren, können Befugnisse ausüben.

Abs. 2 Zusätzlich zur Verpflichtung des BAZG, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vereidigen oder anzugeloben, und jener der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich gegenüber Dritten auszuweisen, erhält das BAZG die gesetzliche Verpflichtung, die Identifikation seiner eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherzustellen.

Damit wird der Verantwortung des BAZG gegenüber berechtigten Dritten, die von einer Amtshandlung betroffen sind und/oder wissen wollen, wer diese Amtshandlung vollzieht beziehungsweise vollzogen hat, nachgekommen. Dritte (z. B. auch Strafverfolgungsbehörden oder Gerichte) erhalten die rechtliche Absicherung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG identifiziert werden können.

8. Titel: Datenbearbeitung 1. Kapitel: Grundsätze Art. 117

Bearbeitung von Personendaten und Daten juristischer Personen

Abs. 1 Diese Bestimmung schafft die gesetzliche Grundlage, mit der das BAZG ermächtigt wird, Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, und Daten von juristischen Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Daten, nach den Artikeln 120129 E-BAZG-VG zu bearbeiten, sofern dies notwendig ist für den Vollzug des E-BAZG-VG, der Abgabeerlasse, der nichtabgaberechtlichen Erlasse oder für die Erfüllung von Aufgaben, die dem BAZG gestützt auf völkerrechtliche Verträge übertragen worden sind.

Abs. 2 Diese Bestimmung schafft die gesetzliche Grundlage zur Durchführung von Risikoanalysen nach Artikel 6 Buchstabe m E-BAZG-VG und Profilings und Profilings mit hohem Risiko nach Artikel 5 Buchstaben f und g nDSG. Die Risikoanalyse ist eine 161 / 436

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spezielle Art der Datenbearbeitung im Informationssystem des BAZG, welche die Kombination von verschiedenen Daten aus verschiedenen Quellen umfasst. Deswegen wird die Befugnis für die Durchführung von Risikoanalysen explizit festgehalten.

Ähnliches gilt für das Profiling und das Profiling mit hohem Risiko. Für diese Datenbearbeitungen braucht es nach Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b nDSG eine Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn. Mit dem neuen Datenschutzrecht wurden das Profiling und das Profiling mit hohem Risiko anstelle des Persönlichkeitsprofils nach Artikel 3 Buchstabe d DSG eingeführt. Das Zollrecht wurde im Rahmen des nDSG diesbezüglich bereits angepasst. Nach Artikel 110 Absatz 2 nZG ist das BAZG zum Profiling, einschliesslich zum Profiling mit hohem Risiko, befugt. Die Befugnis zur Durchführung von Profilings und Profilings mit hohem Risiko wird ins E-BAZG-VG überführt. Entsprechend schafft diese Bestimmung auch die gesetzliche Grundlage zur Durchführung von Profilings und Profilings mit hohem Risiko.

Das BAZG kann Risikoanalysen, Profilings und Profilings mit hohem Risiko durchführen, sofern dies notwendig ist für den Vollzug des E-BAZG-VG, der Abgabeerlasse, der nichtabgaberechtlichen Erlasse oder für die Erfüllung von Aufgaben, die dem BAZG gestützt auf völkerrechtliche Verträge übertragen worden sind. Die Zwecke beziehungsweise Arten der Risikoanalyse werden in Artikel 131 E-BAZG-VG abschliessend geregelt. Die verwendeten Daten für die Risikoanalyse werden in Artikel 132 E-BAZG-VG dargestellt. Beim Profiling und Profiling mit hohem Risiko werden die Zwecke beziehungsweise Arten in Artikel 133 E-BAZG-VG abschliessend geregelt und die verwendeten Daten in Artikel 134 E-BAZG-VG dargestellt.

Art. 118

Informationssystem

Mit dieser Bestimmung wird das BAZG ermächtigt, zur Erfüllung seiner Aufgaben ein Informationssystem zu betreiben. Infolge des technischen Wandels hin zu vernetzten Diensten beim BAZG ist das Abbilden einzelner Informationssysteme auf Stufe Gesetz und Verordnung nicht mehr sachgerecht und in vielen Fällen nicht mehr möglich. Erforderlich ist eine technologieneutrale Regelung, die künftige technische Änderungen miterfassen und auffangen können. Im E-BAZG-VG ist aus vorgenannten Gründen ungeachtet seiner Ausgestaltung nur noch von einem Informationssystem des BAZG die Rede.

Die bisherige IKT-Landschaft des BAZG ist eine über mehrere Jahrzehnte hinweg gewachsene Anwendungslandschaft und umfasst unter anderem ca. 80 eigenständige Fachanwendungen. Die heute im BAZG eingesetzten Anwendungen sind als Monolithen ausgestaltet. Damit sind selbstständige Softwareanwendungen gemeint, welche untereinander häufig viele redundante Funktionalitäten sowie Daten aufweisen und in der Regel ungenügend miteinander integriert sind. Deren Benutzung bringt erfahrungsgemäss Medienbrüche (unterbrochene Geschäftsprozesse) und gezwungenermassen Mehrfacherfassungen von Daten mit sich. Dabei werden Daten kopiert und von einer Anwendung in die andere übertragen, wo sie ebenso abgelegt werden. Die Gefahr von Dateninkonsistenzen und weiteren Datenschutzproblemen ist latent vorhanden.

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DaziT transformiert diese heterogene Anwendungslandschaft bestehend aus Monolithen in eine Microservice-Architektur, welche im Informationssystem des BAZG umgesetzt wird. Microservices entsprechen dem aktuellen Stand der Technik, sind erprobt und stellen eine nachhaltige Investition dar. Die gebotene Flexibilität und die Möglichkeiten der Nutzung (u. a. mit Web-Oberfläche, aus Apps oder Drittsoftware heraus) werden heute von der Wirtschaft aber auch von den privaten Zollbeteiligten erwartet. Die einzelnen zurzeit eingesetzten monolithischen Fachanwendungen werden im Rahmen der Transformation in mehrere fachliche «Kern»-Microservices zerlegt. Jeder dieser Microservices hat dabei eine präzis beschriebene Aufgabe. Diese Aufteilung bringt mit sich und hat den Vorteil, dass eine Fachanwendung jetzt nur noch ein Name ist für ein Bündel von einzelnen Microservices, die im Lauf der Zeit anforderungsbasiert weiterentwickelt werden können. So ein Bündel deckt die frühere Funktionalität eines Monolithen ab, bietet aber gleichzeitig die Möglichkeit, weitere zusätzliche Funktionen zu nutzen, welche über Standardschnittstellen sicher angebunden werden können. Jede der Funktionalitäten wird genau einmal entwickelt und dann innerhalb des Informationssystems wiederverwendet. Basis-Microservices werden dabei vielfach genutzt und sind Bestandteil vieler solcher virtueller Bündel.

Für die Abbildung der Datenbearbeitung im E-BAZG-VG hat dies zur Konsequenz, dass sie nicht wie bisher entlang verschiedener Informationssysteme (siehe Art. 110a ff. ZG, Datenbearbeitungsverordnung für das BAZG vom 23. August 2017113 DBZV und Verordnung vom 20. September 2013114 über das Informationssystem für Strafsachen des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit IStrV-BAZG) erfolgen kann, sondern nach den Aufgaben und Prozessen des BAZG zu ordnen ist.

Auf Stufe Gesetz werden dafür sogenannte Datenkategorien gebildet (siehe Art. 119 E-BAZG-VG). Anschliessend wird dargelegt, welche besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen im Zusammenhang mit diesen Datenkategorien bearbeitet werden dürfen (siehe Art. 120129 E-BAZG-VG). Im Rahmen der Revision der DBZV und der IStrVBAZG werden den Datenkategorien auf der Stufe Verordnung Anhänge zugewiesen, welche die Bearbeitung von nicht besonders
schützenswerten Personendaten und nicht besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen im Zusammenhang mit den jeweiligen Datenkategorien abbilden.

2. Kapitel: Datenkategorien und Bearbeitungsrechte 1. Abschnitt: Datenkategorien Art. 119 Die gesetzliche Abbildung von Datenkategorien in Artikel 119 E-BAZG-VG ersetzt die Abbildung einer IKT-Landschaft mit verschiedenen monolithischen Systemen.

Mit den Datenkategorien werden auf gesetzlicher Ebene voneinander abgrenzbare Gruppen von Datenbearbeitungen gebildet, die zur Erfüllung von bestimmten (Teil-) Aufgaben des BAZG notwendig sind. Eine Datenkategorie umfasst diejenigen Daten, 113 114

SR 631.061 SR 313.041

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deren Bearbeitung zur Erfüllung der jeweiligen (Teil-)Aufgabe des BAZG notwendig ist. Die Datenkategorien werden als gesetzgebungstechnisches Ordnungselement für die Darstellung der Datenbearbeitung genutzt. So werden neben der Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen und deren Zweck auch die Zugriffe, die Datenbekanntgabe und die Aufbewahrung im Rahmen der Datenkategorien dargestellt. In der Folge werden die 14 Datenkategorien im Informationssystem des BAZG beschrieben: Bst. a Die Datenkategorie «grenzüberschreitender Warenverkehr» umfasst die Daten des grenzüberschreitenden Warenverkehrs, die im Zusammenhang mit der Erhebung und Rückerstattung der Ein- und Ausfuhrabgaben und dem Vollzug nichtabgaberechtlicher Erlasse erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. In diese Datenkategorie fallen zum Beispiel auch die Daten, die für die Tarifdokumentation, die Ausstellung von verschiedenen Bewilligungen und deren Prüfung oder die Verwaltung von Ursprungsnachweisen erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. Die gesetzliche Grundlage für diese Aufgaben des BAZG ist Artikel 7 Absatz 2 Buchstaben a und c E-BAZG-VG.

Bst. b Die Datenkategorie «Inlandabgaben» umfasst die Daten, welche vom BAZG betreffend die Inlandabgaben erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. In diese Datenkategorie fallen die Daten sämtlicher Inlandabgaben, welche in Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben c­k E-BAZG-VG genannt werden. Die gesetzliche Grundlage für diese Aufgaben des BAZG ist Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a E-BAZG-VG.

Bst. c Die Datenkategorie «Kontrollen» umfasst die Daten der Kontrolle des Waren- und Personenverkehrs und der hierfür verwendeten Transportmittel, welche vom BAZG erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. Die Daten der Datenkategorie «Kontrollen» werden insbesondere mit Rapporten zur Dokumentation von Vorfällen bei der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln ins Informationssystem des BAZG aufgenommen. In solche Rapporte können auch Daten aus Informationssystemen von Drittbehörden einfliessen, auf die die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG im Rahmen ihrer Funktion Zugriff haben, wenn diese Daten relevant für die Dokumentation von Vorfällen bei der Kontrolle sind. In diese Datenkategorie
fallen zum Beispiel aber auch die Daten, die für die Beschlagnahmung und Vernichtung von Waren, die Veranlagungskontrolle oder die Suchverfahren erhoben, bezogen und weiterbearbeitet werden. Die gesetzliche Grundlage für diese Aufgabe des BAZG ist Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b E-BAZG-VG.

Bst. d Die Datenkategorie «Unternehmensprüfung» umfasst die Daten der Kontrollen im Rahmen von Unternehmensprüfungen, welche vom BAZG erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. Die gesetzliche Grundlage für diese Aufgabe des BAZG ist Artikel 7 Absatz 2 Buchstaben a und b E-BAZG-VG. Die Unternehmensprüfung ist

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ein Teil der Kontrollen nach Artikel 90 ff. E-BAZG-VG und wird auf der Stufe Verordnung weiter ausgeführt.

Bst. e Die Datenkategorie «Edelmetallkontrolle» umfasst die Daten des Vollzugs der Edelmetallkontrolle nach dem EMKG und dem Geldwäschereigesetz vom 10. Oktober 1997115 (GwG), welche vom BAZG erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. Das EMKG ist die gesetzliche Grundlage für diese Aufgaben des BAZG. Insbesondere beaufsichtigt das Zentralamt laut Artikel 36 Absatz 1 EMKG den Verkehr mit Edelmetallen und Edelmetallwaren einerseits nach EMKG und andererseits nach GwG. Bei der Edelmetallkontrolle nach EMKG geht es darum, ob die Vorschriften des EMKG eingehalten werden. Bei der Edelmetallkontrolle nach GwG geht es um die Aufsicht über den Handel mit Bankedelmetallen nach Artikel 42ter EMKG, welche gemäss Artikel 12 Buchstabe bter GwG in die Zuständigkeit des Zentralamts fällt. Die Einzelheiten der Aufsicht sowie die Sorgfaltspflichten, die die Inhaberinnen und Inhaber einer Bewilligung für den Handel mit Bankedelmetallen einhalten müssen, werden entsprechend Artikel 42ter Absatz 4 EMKG beziehungsweise Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe d GwG in der Geldwäschereiverordnung-BAZG geregelt.116 Bst. f Die Datenkategorie «Administrativmassnahmen» umfasst die Daten des Vollzugs von administrativen Massnahmen nach Artikel 73 E-BAZG-VG, welche vom BAZG erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden.

Bst. g Die Datenkategorie «Strafverfolgung» umfasst die Daten der Strafverfolgung, welche vom BAZG erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. Dazu gehören insbesondere auch die Daten, die im Rahmen der Ermittlung nach Artikel 199 E-BAZG-VG und der Strafuntersuchung nach Artikel 200 ff. E-BAZG-VG erfasst oder bezogen werden. Ebenso kommen die Daten der Datenkategorie «Strafverfolgung» einzelfallweise aus Rapporten der Datenkategorie «Kontrollen» oder stammen aus den Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr», «Inlandabgaben» oder «Unternehmensprüfung», wenn sie für die Strafverfolgung des BAZG relevant sind. Auch aus anderen Datenkategorien können diejenigen Daten genutzt werden, die im Rahmen der Fallbearbeitung der Strafverfolgung notwendig sind. Die gesetzliche Grundlage für diese Aufgabe des BAZG ist Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe f E-BAZGVG.

Bst. h Die Datenkategorie «Vollzug von
Strafen und Massnahmen» umfasst die Daten des Vollzugs von Strafen und Massnahmen, welche vom BAZG erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. Diese Daten stammen unter anderem von Verfügungen über die Leistungspflicht, Strafbescheiden, Strafverfügungen oder Gerichtsurteilen.

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SR 955.0 Vernehmlassung und Ämterkonsultationen sind abgeschlossen. Das Inkrafttreten ist auf 1. Januar 2023 geplant.

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Bst. i Die Datenkategorie «Finanzen» umfasst die Daten des Finanzmanagements des BAZG, welche vom BAZG erhoben, bezogen und weiterbearbeitet werden. Das betrifft auch Daten aus dem Inkasso, den Betreibungs- und Konkursverfahren und der Verlustscheinsbewirtschaftung.

Bst. j Die Datenkategorie «Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräte» umfasst die Daten von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten, deren Einsatz in Artikel 111 E-BAZG-VG geregelt ist.

Bst. k Die Datenkategorie «Risikoanalyse und Profiling» umfasst die Daten der Risikoanalysen nach Artikel 131 E-BAZG-VG und des Profilings sowie des Profilings mit hohem Risiko nach Artikel 133 E-BAZG-VG. Dazu gehören einerseits die Daten, die das BAZG für die Risikoanalysen und Profilings nutzt, und andererseits die Daten, die auf Risikoanalysen und Profilings des BAZG beruhen. Erstere können aus verschiedenen anderen Datenkategorien stammen, welche für die verschiedenen Zwecke beziehungsweise Arten der Risikoanalysen und Profilings erlaubt und notwendig sind.

Zweitere werden durch die Risikoanalysen und Profilings selbst erstellt.

Bst. l Die Datenkategorie «Einsatzplanung und Einsatzleitung» umfasst die Daten der Einsatzplanung und Einsatzleitung von Kontrollen nach Artikel 90 ff. E-BAZG-VG, welche vom BAZG erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. Das sind insbesondere auch Daten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG, welche für die Kontrollen eingesetzt werden.

Bst. m Die Datenkategorie «administrative Tätigkeiten» umfasst die Daten betreffend administrative Tätigkeiten des BAZG, welche vom BAZG erhoben oder bezogen und weiterbearbeitet werden. Zu den administrativen Tätigkeiten des BAZG gehört zum Beispiel der Betrieb des Campus des BAZG, die Wohlfahrtskasse, die Bewirtschaftung der Flotte, der Güter und Ausrüstung und der Immobilien, User-Experience-Testing und -Forschung oder die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG.

Bst. n In der Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben» werden die Daten betreffend die Erfüllung kantonaler polizeilicher Aufgaben, welche dem BAZG nach Artikel 10 Absatz 1 E-BAZG-VG übertragen worden sind, zusammengefasst. Diese Daten werden wie bei der Datenkategorie «Kontrollen» (vgl. Art. 119 Bst. c E-BAZG-VG) meist mit Rapporten zur Dokumentation von Fällen bei Kontrollen des BAZG ins Informationssystem des BAZG aufgenommen.

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2. Abschnitt: Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen Die neue Regelung der Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen orientiert sich an den Datenkategorien von Artikel 119 E-BAZG-VG. Die Artikel 120130 E-BAZG-VG bilden im Rahmen der Datenkategorien ab, welche besonders schützenswerten Personendaten nach Artikel 5 Buchstabe c nDSG und welche besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen nach Artikel 57r nRVOG117 für welche Zwecke bearbeitet werden dürfen. Dies erlaubt eine aufgabenorientierte Darstellung der Datenbearbeitung. Bei der Bearbeitung der besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen gilt die in Artikel 117 Absatz 1 E-BAZG-VG genannte Anforderung der Notwendigkeit der Datenbearbeitung. Damit wird dem datenschutzrechtlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung getragen.

Besonders schützenswerte Personendaten Aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung wurde die Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten umfassend überarbeitet. Teilweise fielen ganze Bearbeitungszwecke und die damit verbundenen besonders schützenswerten Personendaten weg (z. B. der Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse, die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration oder die Dokumentierung der Kontrolltätigkeit und der Fallbearbeitung des BAZG als separater Bearbeitungszweck), einige gingen in bestehenden Bestimmungen auf (z. B.

die internationale und nationale Amts- und Rechtshilfe), und bei gewissen wurden Einschränkungen vorgenommen (z. B. dürfen bei der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln keine Daten über die Intimsphäre oder die Zugehörigkeit zu einer Ethnie mehr bearbeitet werden, und Daten über religiöse, weltanschauliche oder politische Ansichten oder Tätigkeiten sowie Daten über die Gesundheit dürfen nur noch in engen Grenzen bearbeitet werden, und bei der Risikoanalyse dürfen nur noch Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgung oder Sanktionen bearbeitet werden).

Allgemein wird die Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten im E-BAZG-VG genauer und transparenter geregelt als im bisherigen Recht.

Die folgende Liste gibt unabhängig von den einzelnen Artikeln einen Überblick, welche besonders schützenswerten Personendaten das BAZG bearbeitet:

117

­

Bei der Erfüllung seiner Aufgaben bearbeitet das BAZG mit wenigen Ausnahmen nur Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen (Art. 120129 E-BAZG-VG).

­

Wird anlässlich der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln Material festgestellt, das zu Propagandazwecken dienen kann und dessen Inhalt konkret und ernsthaft zur Gewalttätigkeit gegen Menschen oder Sachen BBl 2020 7639

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aufruft, so dürfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG im Rahmen von Artikel 13e BWIS zusätzlich Daten über religiöse, weltanschauliche oder politische Ansichten oder Tätigkeiten bearbeiten (Art. 122 Bst. a Ziff. 2 E-BAZG-VG).

­

Sollte sich anlässlich der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln ein Sachverhalt ergeben, bei dem die Gesundheit einer involvierten Person relevant ist, dann dürfen Daten zur Gesundheit dieser Person bearbeitet werden, soweit dies für die Dokumentierung der Kontrolle und die weitere Bearbeitung des betreffenden Falls unerlässlich ist (Art. 122 Bst. a Ziff. 3 E-BAZG-VG).

­

Wenn es für die Feststellung, Verfolgung und Beurteilung von Straffällen notwendig ist, müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG neben Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen noch weitere besonders schützenswerte Personendaten bearbeiten können. Es handelt sich dabei um Daten über religiöse, weltanschauliche oder politische Ansichten oder Tätigkeiten, Daten über die Intimsphäre oder die Zugehörigkeit zu einer Ethnie sowie Daten zur Gesundheit (Art. 126 Bst. a E-BAZG-VG).

Zu den Daten, die das BAZG bearbeitet, gehören nicht nur solche, die das BAZG selber erhebt, sondern auch Daten von Drittbehörden und Unternehmen, welche dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt werden. Ebenfalls gehören Daten aus öffentlichen Quellen dazu, wenn dies zur Erfüllung der Aufgaben notwendig ist.

Der Vollständigkeit halber soll hier angemerkt werden, dass das BAZG nach Artikel 104 E-BAZG-VG zudem biometrische erkennungsdienstliche Daten bearbeiten kann.

Besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen In der Vernehmlassung wurde Sorge über das fehlende datenschutzrechtliche Einsichts- und Berichtigungsrecht für Daten von juristischen Personen ausgedrückt. Doch kann diesbezüglich auf den im Zuge der Datenschutzrevision erlassenen Artikel 57t nRVOG verwiesen werden, wonach das anwendbare Verfahrensrecht die Rechte der betroffenen Personen regelt. Wie der Bundesrat in seiner Botschaft zum neuen Datenschutzgesetz vom 15. September 2017118 zu Artikel 57t nRVOG festgehalten hat, sind die Rechte der juristischen Personen, die sich aus Artikel 13 Absatz 2 BV ergeben, durch das anwendbare Verfahrensrecht hinreichend gewährleistet. Daher müssen keine typisch datenschutzrechtliche Auskunfts- oder Berichtigungsrechte in Spezialgesetzen eingeführt werden. So stehen im Rahmen von erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren zum Beispiel das Akteneinsichtsrecht nach den Artikeln 26 ff. VwVG oder das rechtliche Gehör nach Artikel 29 ff. VwVG zur Verfügung. Zudem können sich die betroffenen Personen, sofern sie ein schutzwürdiges Interesse haben und in ihren Rechten oder Pflichten durch einen Realakt berührt sind, auf Artikel 25a VwVG berufen. Sie können von der für den Realakt zuständigen Behörde verlangen, dass sie 118

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eine beschwerdefähige Verfügung erlässt. Auf diese Weise ist es den betroffenen Personen möglich, ein Recht auf Berichtigung beziehungsweise Vernichtung ihrer Daten zu erlangen119.

Allgemein wird die Bearbeitung besonders schützenswerter Daten von juristischen Personen im E-BAZG-VG genauer und transparenter geregelt als im bisherigen Recht.

Mit der Totalrevision des Datenschutzrechts wurde der Schutz für Daten von juristischen Personen vom Geltungsbereich des nDSG ausgenommen. Deshalb wurde im Zuge der Totalrevision des Datenschutzrechts auch das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997120 (RVOG) angepasst. Das nRVOG verlangt eine gesetzliche Grundlage zur Bearbeitung von besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen. Als besonders schützenswert gelten gemäss Artikel 57r nRVOG Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen sowie Daten über Berufs-, Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse.

Das BAZG bearbeitet insbesondere Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse. Solche sind oft in den Warenanmeldungen enthalten. Sowohl eine Warenanmeldung alleine als auch die Gesamtheit von Warenanmeldungen kann, wenn sie ein Bild der Warenströme eines Unternehmens ergeben, Geschäfts- und/oder Fabrikationsgeheimnisse darstellen. Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse werden dem BAZG auch im Rahmen von Anfragen für Zolltarifauskünfte nach Artikel 16 E-ZoG mitgeteilt, etwa in der Form von geheimen Rezepturen. Zudem muss das BAZG im Einzelfall bei der Veranlagung beziehungsweise der Erhebung der Abgaben (z. B. Tarifeinreihung) sowie bei Kontrollen anlässlich des Grenzübertritts, bei nachgelagerten Kontrollen oder bei Unternehmensprüfungen auf solche Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse zurückgreifen können. So werden zum Beispiel Daten aus Fabrikationsrezepten anlässlich der Überprüfung verwendet um zu prüfen, ob gewisse Lebensmittel bei der Einfuhr den Anforderungen des Lebensmittelgesetzes entsprechen. Weiter wird im Rahmen von Pilotversuchen nach Artikel 192 E-BAZG-VG mit realen Geschäftsdaten von Unternehmen gearbeitet.

Nicht besonders schützenswerte Daten Die Bearbeitung von nicht besonders schützenswerten Daten im BAZG wird vom Bundesrat gemäss dem datenschutzrechtlichen Legalitätsprinzip auf der Stufe Verordnung geregelt.

Art. 120

Datenkategorie «grenzüberschreitender Warenverkehr»

Im Rahmen der Datenkategorie «grenzüberschreitender Warenverkehr» gibt es zwei Zwecke, für die das BAZG besonders schützenswerte Personendaten und/oder besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen bearbeiten kann.

119 120

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SR 172.010

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Abs. 1 Der erste Zweck, für den das BAZG im Rahmen der Datenkategorie «grenzüberschreitender Warenverkehr» besonders schützenswerte Personendaten (Bst. a) und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen (Bst. b) bearbeiten kann, ist die Verwaltung von Bewilligungen und Vereinbarungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr.

Von den besonders schützenswerten Personendaten kann das BAZG zu diesem Zweck Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen bearbeiten (Bst. a). Solche Daten sind zum Beispiel bei zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO) nach Artikel 35 E-BAZG-VG notwendig. Es gehört zu den Zulassungskriterien der AEO, dass die den Antrag stellenden Personen auf die Einhaltung von zollund steuerrechtlichen Vorschriften sowie auf schwere Straftaten im Rahmen der Wirtschaftstätigkeit überprüft werden. Die damit gemeinten Straftaten sind in der Auslegung sehr weit gefasst und reichen in nicht abschliessender Aufzählung von Betrug, Korruption, Bestechung, Cyberkriminalität, Geldwäscherei, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung oder an terroristischen Aktivitäten, Schmuggel bis hin zu Steuerhinterziehung. Liegen entsprechende Entscheidungen von Verwaltungs- oder Justizbehörden vor, so kann der Antrag auf Bewilligungserteilung abgelehnt werden.

Auch andere Bewilligungen setzen die Zuverlässigkeit der Bewilligungsinhaberin oder des Bewilligungsinhabers voraus. Ob die Voraussetzungen für die Bewilligungen erfüllt sind, prüft das BAZG bei der Erteilung oder Erneuerung von Bewilligungen auch, indem es eigene Aufzeichnungen auf verwaltungs- oder strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen hin untersucht. Das konsequente Einhalten von Vorschriften ist insbesondere von grosser Bedeutung, wenn mit der Bewilligung weitreichende Kompetenzen eingeräumt werden, was zum Beispiel der Fall ist, wenn das BAZG Erleichterungen für das Veranlagungsverfahren gewährt oder den Betrieb eines Zolllagers erlaubt.

Weiter kann das BAZG zum erwähnten Zweck folgende besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen bearbeiten (Bst. b): 1.

Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen: Solche Daten werden aus demselben Grund wie die gleichartigen Daten von natürlichen Personen nach Artikel 120 Absatz 1 Buchstabe a E-BAZG-VG bearbeitet.

2.

Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse: Auch solche Daten werden zum Beispiel im Zusammenhang mit dem AEO-Status benötigt. Das BAZG kann von Unternehmen alle Auskünfte verlangen und Daten und Dokumente sowie Systeme und Informationen überprüfen, die für den Vollzug der Vorschriften von Bedeutung sein können. Dazu gehören auch vertrauliche Unterlagen und Informationen, die Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse darstellen können. Diese Einsicht in Unterlagen und Informationen von Unternehmen betrifft auch andere Bewilligungen.

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Abs. 2 Der zweite Zweck, für den das BAZG im Rahmen der Datenkategorie «grenzüberschreitender Warenverkehr» besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse bearbeiten kann, ist die Erhebung und Rückerstattung der Ein- und Ausfuhrabgaben. Dies betrifft ganz unterschiedliche Bereiche. Zwei Beispiele werden hier erwähnt: ­

Im aktiven und passiven Veredelungsverkehr dienen Fabrikationsrapporte und Rezepturen als Nachweise für die Korrektheit der Angaben in der Warenanmeldung und zum Abgleich bei laboranalytischen Qualitätskontrollen.

­

Für die Tarifdokumentation braucht das BAZG Angaben über die Zusammensetzung und den Herstellungsprozess sowie weitere Angaben über die Beschaffenheit eines Produktes. Erst diese Daten ermöglich das Erteilen von verbindlichen Zolltarifauskünften an die gesuchstellenden Personen oder die Überprüfung der Tarifeinreihung von Proben und Mustern aus konkreten Einfuhrsendungen.

Art. 121

Datenkategorie «Inlandabgaben»

Im Rahmen der Datenkategorie «Inlandabgaben» kann das BAZG besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse für den Zweck der Erhebung und Rückerstattung der Inlandabgaben bearbeiten.

Dies betrifft die verschiedenen Inlandabgaben auf unterschiedliche Weise. Vier Beispiele werden hier erwähnt: ­

Zur Umsetzung der Alkoholgesetzgebung sind Angaben zu Rohstoffen, Art und Menge der Herstellung, der Lagerung bis zur Abfüllung und Verarbeitung des fertigen Produkts notwendig. Um mögliche Unregelmässigkeiten zu erkennen und damit dem gesetzlichen Auftrag gerecht zu werden, ist zudem der Zugriff auf die komplette Alkoholbuchhaltung notwendig. Weiter ist in den Bereichen Rückerstattungen und Einstufungsanfragen das Vorlegen der Rezeptur und Herstellungsprozesse zu den jeweiligen Produkten zwingend.

­

Im Rahmen der Kontrolle der Erhebung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) überprüft das BAZG, ob die Durchfahrten der LSVApflichtigen Fahrzeuge festgehalten und die erfassten Durchfahrten gegenüber der Anmeldung der Fahrleistung stimmen. Dabei nimmt das BAZG Einsicht in Geräte, Geschäftsbücher, Belege und weitere Urkunden über den Geschäftsverkehr.

­

Zur Beurteilung, ob Ethanol rechtmässig steuerfrei bezogen werden darf, können Unterlagen zur Verwendung und zu den Produkten eingefordert werden, einschliesslich Prozessbeschreibungen, Produktdatenblätter und Rezepturen.

Diese Unterlagen dienen auch zur Festlegung der allfällig zu entrichtenden Spirituosensteuer oder zur Beurteilung, ob ein Produkt als denaturiert oder anderweitig als nicht zum Konsum geeignet eingestuft werden kann.

­

Die korrekte Erhebung der Biersteuer im Inland basiert auf der Menge des hergestellten Bieres nach den einzelnen Steuertarifen. Zur zweifelsfreien Fest-

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stellung dieser Mengen sind im Rahmen von Kontrollen Angaben zu den gebrauten Suden, zur Bierwürze, zur abgefüllten Menge, zu den Verlusten und zu den Bierrezepturen notwendig. Zudem ist ein Einblick in die Verkaufsbuchhaltung und in die Buchhaltung betreffend die unentgeltlich gelieferten Mengen an interne und externe Kunden der Brauerei unabdingbar.

Art. 122

Datenkategorie «Kontrollen»

Im Rahmen der Datenkategorie «Kontrollen» kann das BAZG besonders schützenswerten Personendaten (Bst. a) und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen (Bst. b) für den Zweck der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln bearbeiten. Die besonders schützenswerten Daten fliessen insbesondere über die Rapportierung der Kontrollen in das Informationssystem des BAZG ein. Die Rapportierung dient einerseits der Nachvollziehbarkeit der Handlungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG im Rahmen der Kontrollen und andererseits der (gerichtsverwertbaren) Information von BAZG-internen und BAZG-externen Stellen für die Erfüllung ihrer Aufgaben beziehungsweise für den Vollzug der jeweils anzuwendenden Erlasse.

Folgende besonders schützenswerte Personendaten kann das BAZG bearbeiten (Bst. a): 1.

Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen: Solche Daten entstehen regelmässig, wenn anlässlich von Kontrollen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG Widerhandlungen im Aufgabenbereich des BAZG festgestellt werden. Solche Daten sind auch Inhalt von Fahndungshinweisen zu ausgeschriebenen Personen. Sie sind relevant für die Bestimmung des Kontrollumfangs, für die Sicherheitsvorbereitungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG und allenfalls auch für die Aushändigung von bislang nicht zustellbaren Unterlagen (z. B. Strafverfügungen).

2.

Daten über religiöse, weltanschauliche oder politische Ansichten oder Tätigkeiten im Rahmen von Artikel 13e BWIS: Das BAZG ist nach Artikel 13e BWIS verpflichtet Material sicherzustellen, das zu Propagandazwecken dienen kann und dessen Inhalt konkret und ernsthaft zur Gewalttätigkeit gegen Menschen oder Sachen aufruft. Steht das sicherzustellende Propagandamaterial in Zusammenhang mit religiösen, weltanschaulichen oder politischen Ansichten, sind solche Daten notwendigerweise zu bearbeiten. Auch können abgerufene Informationen hierzu allfällige Verdachtsgründe erhärten und den Kontrollumfang im Rahmen von Artikel 13e BWIS beeinflussen. Diese Daten dürfen auch rapportiert werden. Hingegen sind selbst offen kommunizierte Angaben zu religiösen, weltanschaulichen oder politischen Ansichten oder Tätigkeiten ausserhalb des Rahmens von Artikel 13e BWIS nicht zu rapportieren.

3.

Daten über die Gesundheit, soweit dies für die Dokumentierung einer Kontrolle und die weitere Bearbeitung des betreffenden Falls unerlässlich ist: Diese Einschränkung macht deutlich, dass im Rahmen der Kontrollen von Waren, Personen und Transportmitteln keine systematische Erfassung von

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Daten über die Gesundheit vorgesehen ist. Im Gegenteil geht es um die Dokumentation von Daten über die Gesundheit in spezifischen Situationen wie zum Beispiel bei der Abklärung der Hafttauglichkeit einer Person oder bei der Einfuhr bestimmter Medikamente zur Selbstbehandlung, wenn diese Medikamente nur für die Behandlung spezifisch erkrankter Personen erlaubt sind.

Weiter kann die Dokumentierung unerlässlich sein, wenn durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG im Rahmen ihrer Kontrollen (vermisste) Personen mit psychischen Problemen betreut werden müssen oder bei der Risikoabschätzung im Rahmen von Kontrollen bei Personen mit ansteckenden Krankheiten. Hingegen sind wiederum selbst offen kommunizierte Daten über die Gesundheit einer Person nicht zu rapportieren, wenn sie keinen relevanten Zusammenhang mit der Kontrolle haben. Die Formulierung der Bestimmung ist so gewählt, dass Daten über die Gesundheit aufgrund spezifischer Situationen (z. B. Pandemie) bearbeitet werden können, wenn das BAZG in solchen Situationen (zusätzliche) Aufgaben wahrzunehmen hat.

Weiter kann das BAZG folgende besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen bearbeiten (Bst. b): 1.

Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen: Anhand dieser Daten können Kontrollen risikobasiert und situationsgerecht vorbereitet und durchgeführt werden.

2.

Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse: Warenkontrollen könnten ohne diese Daten teilweise gar nicht durchgeführt werden. Auch mit den Kontrollen verbundene Massnahmen im Bereich der nichtabgaberechtlichen Erlasse bedingen die Bearbeitung dieser Daten. Zum Beispiel muss die antragstellende Person bei einem Antrag auf Hilfeleistung nach Artikel 71 des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992121 (MSchG) alle zur Verfügung stehenden Angaben machen, damit das BAZG mögliche Markenrechtsverletzungen prüfen kann. Davon sind auch Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse betroffen.

Art. 123

Datenkategorie «Unternehmensprüfung»

Im Rahmen der Datenkategorie «Unternehmensprüfung» kann das BAZG besonders schützenswerten Personendaten (Bst. a) und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen (Bst. b) für den Zweck der Planung, Durchführung und Auswertung von Unternehmensprüfungen bearbeiten.

Von den besonders schützenswerten Personendaten kann das BAZG Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen bearbeiten (Bst. a). Solche Daten können Bestandteil einer Unternehmensbeurteilung bilden, weil bei der Unternehmensprüfung in Zukunft vermehrt ein risikobasierter Prüfansatz angewendet werden soll. Dabei spielt das Compliance-Verhalten beteiligter Personen eine erhebliche Rolle. Deswegen ist es zentral zu wissen, wer in der Vergangenheit warum und wie sanktioniert wurde.

121

SR 232.11

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Weiter kann das BAZG folgende besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen bearbeiten (Bst. b): 1.

Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen: Solche Daten werden aus demselben Grund wie die gleichartigen Daten von natürlichen Personen nach Artikel 123 Buchstabe a E-BAZG-VG bearbeitet.

2.

Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse: Solche Daten werden zur Verifizierung der im Hinblick auf eine Veranlagung gemachten Angaben, zum Abgleich mit vorhandenen Erfahrungswerten und als Grundlage der Vertiefung der Kontrolle oder allfälliger Folgekontrollen verwendet.

Art. 124

Datenkategorie «Edelmetallkontrolle»

Im Rahmen der Datenkategorie «Edelmetallkontrolle» kann das BAZG besonders schützenswerte Personendaten (Bst. a) und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen (Bst. b) für den Zweck des Vollzugs der Edelmetallkontrolle bearbeiten.

Von den besonders schützenswerten Personendaten kann das BAZG Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen bearbeiten (Bst. a). Solche Daten werden benötigt im Zusammenhang mit dem Vollzug des EMKG und der dazugehörenden Tätigkeiten wie etwa der Erteilung, der Verwaltung und dem Entzug von Verantwortlichkeitsmarken und Bewilligungen (Schmelzbewilligung nach Art. 24 EMKG, Ankaufsbewilligung nach Art. 31a Abs. 3 nEMKG122, Handelsprüferbewilligung nach Art. 41 EMKG und zusätzliche Bewilligung für den Handel mit Bankedelmetall nach Art. 42bis nEMKG123), der entsprechenden Aufsichtstätigkeit nach Artikel 42ter nEMKG124 sowie der Ausbildung und Diplomierung von Edelmetallprüferinnen und Edelmetallprüfern. Sie können beziehungsweise müssen dem Zentralamt vorgelegt werden, insbesondere um zu beweisen, dass die betroffenen Personen Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten.

Weiter kann das BAZG folgende besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen bearbeiten (Bst. b):

122 123 124

1.

Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen: Solche Daten werden aus demselben Grund wie die gleichartigen Daten von natürlichen Personen nach Artikel 124 Buchstabe a E-BAZG-VG bearbeitet.

2.

Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse: Solche Daten werden im Zusammenhang mit der amtlichen Punzierung unter anderem in der Form von Daten über die Aktivitäten der Schmuck- und Uhrenindustrie der Edelmetallkontrolle zur Verfügung gestellt (z. B. Volumen der Edelmetallwarenproduktion oder technische Zeichen und Spezifikationen der Produktmodelle und konzeptionen).

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Art. 125

Datenkategorie «Administrativmassnahmen»

Im Rahmen der Datenkategorie «Administrativmassnahmen» kann das BAZG besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen über verwaltungsrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen für den Zweck des Vollzugs von administrativen Massnahmen bearbeiten. Administrative Massnahmen, die nach Artikel 73 E-BAZG-VG ergriffen worden sind, stellen selbst solche Daten dar, und die entsprechenden Daten müssen im Rahmen dieser Bestimmung bearbeitet werden können.

Art. 126

Datenkategorie «Strafverfolgung»

Im Rahmen der Datenkategorie «Strafverfolgung» kann das BAZG besonders schützenswerte Personendaten (Bst. a) und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen (Bst. b) für den Zweck der Strafverfolgung bearbeiten.

Artikel 2 Absatz 3 nDSG bestimmt, dass das anwendbare Verfahrensrecht die Bearbeitung von Personendaten und die Rechte der betroffenen Personen in Verfahren nach bundesrechtlichen Verfahrensordnungen regelt. Für die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen kommt deswegen das VStrR zur Anwendung. Mit dem nDSG wurden die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des VStrR angepasst. So regelt das nVStrR125 in datenschutzrechtlicher Hinsicht nun unter anderem die Art der Beschaffung von Personendaten im Verwaltungsstrafverfahren (Art. 18a nVStrR), aber nach wie vor nicht die verwendbaren Kategorien und Arten von Personendaten. Bereits in Artikel 110a ZG und in der IStrV-BAZG wurde ergänzend zum Verfahrensrecht und zur Gewährleistung der Transparenz die Datenbearbeitung der Strafverfolgung des BAZG dargestellt. Auch im E-BAZG-VG wird nun die Datenbearbeitung der Strafverfolgung des BAZG abgebildet.

Folgende besonders schützenswerte Personendaten darf das BAZG bearbeiten (Bst. a):

125

1.

Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen: Der Bearbeitungszweck der Strafverfolgung führt dazu, dass viele der erhobenen und weiterbearbeiteten Daten solche besonders schützenswerten Personendaten darstellen. Zudem werden bereits bestehende Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen bearbeitet, weil sie den Verlauf der Untersuchung und insbesondere auch die Höhe der Strafe beeinflussen können.

2.

Daten über religiöse, weltanschauliche oder politische Ansichten oder Tätigkeiten: Bestimmte Delikte können einen Zusammenhang mit solchen Daten haben, zum Beispiel der Schmuggel von Halal-Fleisch. Dabei wird nicht aufgrund der religiösen Ausrichtung ermittelt. Sie kann jedoch im Rahmen der Ermittlung eine Rolle spielen, weshalb das BAZG als untersuchende Behörde diese Daten erfassen, abrufen und verwenden können muss, soweit dies für die Untersuchung notwendig ist.

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3.

Daten über die Gesundheit, die Intimsphäre oder die Zugehörigkeit zu einer Ethnie: Die Daten über die Gesundheit können für den Zweck der Strafverfolgung unter anderem dann von Relevanz sein, wenn die Handlungsfähigkeit einer Person abgeklärt werden muss. Zudem hat eine begrenzte Lebenserwartung aufgrund gesundheitlicher Umstände möglicherweise einen Einfluss auf ein Strafverfahren. Weiter wird zu Beginn einer Einvernahme etwa die Frage nach dem Gesundheitszustand der vernommenen Person gestellt und die Antwort der betroffenen Person protokolliert. Sie kann für die weitere Bearbeitung eines Falles relevant sein. Die Daten über die Intimsphäre oder die Zugehörigkeit zu einer Ethnie werden für den Zweck der Strafverfolgung bearbeitet, wenn sie im Rahmen der Strafverfolgung entscheidende Hinweise geben können. So werden im Rahmen von Zwangsmassnahmen (z. B. bei einer Observation, bei Hausdurchsuchungen oder bei Einvernahmen) manchmal Daten dokumentiert und ermittelt, welche unter die Intimsphäre fallen.

Weiter werden dem BAZG bisweilen von den betroffenen Personen selbst oder von Dritten Daten über die Intimsphäre geliefert, zum Beispiel, um ein Alibi zu festigen. Für den Verlauf von Untersuchungen müssen diese Daten bearbeitet werden können. Gleichzeitig können Daten über die Zugehörigkeit einer Ethnie Hinweise auf Zusammenhänge bei bestimmten Delikten liefern, zum Beispiel der Schmuggel mit Shisha-Tabak. Wenn bei einer Schmuggelbande eine Mehrzahl der Mitglieder der gleichen Ethnie entstammt, ist diese Information zu erfassen. Sie hilft Zusammenhänge von Gruppierungen zu durchschauen, die organisiert und gewerblich Schmuggel betreiben. Auch wenn die Information bezüglich der Ethnie eine nebensächliche Rolle einnimmt, ist sie für das Gesamtbild relevant.

Weiter kann das BAZG folgende besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen bearbeiten (Bst. b): 1.

Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen: Solche Daten werden aus demselben Grund wie die gleichartigen Daten von natürlichen Personen nach Artikel 126 Buchstabe a Ziffer 1 E-BAZG-VG bearbeitet.

2.

Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse: Solche Daten sind im Zusammenhang mit der Strafverfolgung des BAZG oft Ausgangspunkt für die Einholung zusätzlicher Informationen für eine korrekte Tarifierung eines Produktes. Basierend auf diesen Informationen können Ermittlungen zur Gefährdung oder Hinterziehung von Abgaben aufgenommen werden. Es kann zudem sein, dass im Rahmen der Feststellung einer Täterin oder eines Täters (z. B.

durch eine Einvernahme) die genauen Geschäftsprozesse und -abläufe im Detail überprüft werden müssen, was eine Bearbeitung solcher Daten darstellen kann.

Art. 127

Datenkategorie «Vollzug von Strafen und Massnahmen»

Im Rahmen der Datenkategorie «Vollzug von Strafen und Massnahmen» kann das BAZG besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder 176 / 436

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Sanktionen für den Zweck des Vollzugs von Strafen und Massnahmen bearbeiten. Für die Durchsetzung einer Sanktion müssen solche Daten einer beschuldigten Person bearbeitet werden können. Demnach sind für den Vollzug von Strafen und Massnahmen die erhobenen Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgung und Sanktionen für die Umwandlung einer Busse in eine Haftstrafe beziehungsweise die Einforderung einer rechtskräftigen Forderung nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889126 (SchKG) notwendig.

Art. 128

Datenkategorie «Finanzen»

Im Rahmen der Datenkategorie «Finanzen» kann das BAZG besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen für den Zweck des Inkassos, des Betreibungs- und Konkursverfahrens und der Verlustscheinbewirtschaftung bearbeiten. Im Rahmen dieses Zwecks werden auch Forderungen aus Strafverfahren bewirtschaftet. Entsprechend werden für das Inkasso, das Betreibungs- und Konkursverfahren und die Verlustscheinbewirtschaftung Informationen und Beweismittel beziehungsweise Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen benötigt.

Art. 129

Datenkategorie «Risikoanalyse und Profiling»

Im Rahmen der Datenkategorie «Risikoanalyse und Profiling» kann das BAZG besonders schützenswerte Personendaten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen (Bst. a) und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sowie Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse (Bst. b) für den Zweck der Durchführung von Risikoanalysen und von Profilings und Profilings mit hohem Risiko bearbeiten.

Die verschiedenen Zwecke beziehungsweise Arten der Risikoanalyse selbst sind in Artikel 131 E-BAZG-VG und die verschiedenen Zwecke beziehungsweise Arten von Profilings und Profilings mit hohem Risiko sind in Artikel 133 E-BAZG-VG geregelt.

Für die verschiedenen Arten der Risikoanalyse regelt Artikel 132 E-BAZG-VG die Verwendung der besonders schützenswerten Daten. Für die verschiedenen Arten von Profilings und Profilings mit hohem Risiko regelt Artikel 134 E-BAZG-VG die Verwendung der besonders schützenswerten Daten.

Art. 130

Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben»

Im Rahmen der Datenkategorie «kantonale polizeiliche Massnahmen» kann das BAZG besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen bearbeiten, wenn dies notwendig ist für die Erfüllung der Aufgaben, die ihm nach Artikel 10 Absatz 1 E-BAZG-VG von den Kantonen übertragen worden sind.

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Teilweise haben die übertragenen Aufgaben mit verwaltungs- und strafrechtlicher Verfolgung zu tun. Entsprechend stellen die hierzu rapportierten Daten automatisch besonders schützenswerte Daten dar. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn das BAZG den kantonalen Strafverfolgungsbehörden in den Bereichen Ausländer-, Betäubungsmittel-, Waffen-, Sprengstoff- und Strassenverkehrsrecht Widerhandlungen gerichtsverwertbar rapportiert oder kantonalen Migrationsämtern in Zusammenhang mit ausländerrechtlichen Massnahmen (z. B. Wegweisungen, Eröffnung von Einreiseverboten) Mitteilung erstattet.

3. Abschnitt: Risikoanalyse Die Risikoanalyse ist eine spezielle Art der Datenbearbeitung im Informationssystem des BAZG (siehe Art. 6 Bst. m E-BAZG-VG für die Definition der Risikoanalyse).

Im Rahmen einer Risikoanalyse werden mittels Kombination von Daten Risiken hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit und des Ausmasses von nicht rechtskonformen Handlungen identifiziert, um daraus Empfehlungen, Prioritäten und Massnahmen abzuleiten. Die Risikoanalyse ermöglicht eine generelle Darstellung von Herausforderungen wie auch die Erstellung von spezifischen Risikobewertungen, die mögliche Risiken beschreiben, Informationen über die Sachlage bieten und Massnahmen zur Risikominderung beziehungsweise Kontrollhinweise geben. Risikoanalysen werden immer dann angewandt, wenn dem BAZG Erkenntnisse und Informationen vorliegen, die auf mögliche nicht rechtskonforme Handlungen hindeuten. Dies können Erkenntnisse aus eigenen Kontrollen sein oder Informationen von Partnerbehörden oder anderen Dritten. Risikoanalysen werden demnach nicht ohne Anlass durchgeführt, sondern beruhen auf vorhandenen Erkenntnissen und Informationen.

Die Risikoanalyse ist eine wichtige Grundlage für effiziente, zielgerichtete und umfassende Kontrollen des BAZG. Die Risikoanalyse wird deswegen vom BAZG als zentrales Hilfsmittel für die Erfüllung seiner Aufgaben eingesetzt, namentlich für den Entscheid, ob, wo und wie eine Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln durchgeführt werden soll. Die aktuelle und zeitnahe verfügbare Risikoanalyse ist für das BAZG unabdingbar, um den wirksamen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG zu steuern und zu unterstützen. Die Risikoanalyse ermöglich den gezielten Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG und erhöht die Trefferquote für Widerhandlungen. Dies bedeutet im Resultat auch, dass dank der Risikoanalyse unnötige Kontrollen vermieden und somit Ressourcen effektiver eingesetzt werden können. Die jeweils relevanten Daten, die auf einer Risikoanalyse beruhen, werden den zuständigen Stellen im BAZG zur Verfügung gestellt, wenn dies zur Wahrnehmung der Aufgaben des BAZG notwendig ist. Dabei sind als Daten, die auf einer Risikoanalyse beruhen, unter anderem konkrete und detaillierte Kontrollvorschläge oder Kontrollempfehlungen gemeint.

Die Risikoanalyse ist als Datenbearbeitung
zu unterscheiden vom Profiling und dem Profiling mit hohem Risiko nach Artikel 5 Buchstaben f und g nDSG und seiner Umsetzung für das BAZG in den Artikeln 133 und 134 E-BAZG-VG. Die Risikoanalyse soll im Wesentlichen aus der Vielzahl von grenzüberschreitenden Waren-, Personenund Transportmittelbewegungen jene erkennen, die aufgrund vorbestehender Informationen möglicherweise ein Risiko darstellen können. Durch gezielte Kontrollen 178 / 436

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wird das Risiko bestätigt oder entkräftet. Dabei handelt es sich in der Regel nicht um individualisierte Analysen von Personen und ihren Daten. Vielmehr werden aufgrund eines Musters von gewohnten Waren-, Personen- und Transportmittelbewegungen Abweichungen analysiert. Demgegenüber wird mit dem Profiling und dem Profiling mit hohem Risiko beim BAZG ein konkreter qualifizierter Tatverdacht bearbeitet, indem persönliche Aspekte wie die Zuverlässigkeit, Mobilität oder das Verhalten vertieft analysiert werden. Hier ist das Ziel nicht eine Kontrolle, um ein Risiko zu überprüfen, vielmehr wird mit dem Profiling ein wesentlicher Beitrag zur Erhebung von Sachverhaltsinformationen im Rahmen von Verfahren geleistet, um wesentliche Rechtsgüterbeeinträchtigungen zu beseitigen. Dabei handelt es sich um eine individualisierte Analyse von Personen und ihren Daten.

Artikel 131 E-BAZG-VG stellt die einzelnen Zwecke der Risikoanalyse beziehungsweise die verschiedenen Arten der Risikoanalyse abschliessend und mit hohem Detaillierungsgrad in den Buchstaben am dar. Risikoanalysen enthalten in der Regel immer Personendaten, da die beurteilten Informationen in Verbindung zu einer natürlichen oder juristischen Person stehen. Artikel 132 E-BAZG-VG ordnet den Arten der Risikoanalyse die jeweils benötigten Daten zu: ­

Besonders schützenswerte Personendaten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen (Abs. 1 Bst. a).

­

Besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen über verwaltungsund strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen (Abs. 1 Bst. b Ziff. 1) sowie Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse (Abs. 1 Bst. b Ziff. 2).

­

Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden (Abs. 2).

­

Daten, die auf einem Profiling oder einem Profiling mit hohem Risiko beruhen (Abs. 3).

­

Daten, die auf einer Risikoanalyse beruhen (Abs. 4).

Hinsichtlich der Verwendung von Ergebnissen von (anderen) Risikoanalysen ist allgemein auszuführen, dass das BAZG bereits gewonnene Analyseergebnisse künftigen Analysen zugrunde legt. Dies entspricht einer wichtigen Anforderung an eine wirksame Risikoanalyse. So werden zum Beispiel Ergebnisse aus der Risikoanalyse im Bereich der Warenanmeldung (Art. 131 Bst. a und b E-BAZG-VG) verwendet, um vertiefte Ergebnisse zu gewinnen für die Risikoanalyse im Bereich der Widerhandlungen gegen Abgabeerlasse (Art. 131 Bst. e E-BAZG-VG). Bereits gewonnene Analyseergebnisse helfen auch zu erkennen, welche Personen sich rechtmässig verhalten und somit von Kontrollaktivitäten entlastet werden können. Risiken sollen regelmässig evaluiert werden. Um Tendenzen erkennen oder prüfen zu können, werden Daten aus vorgängigen Analysen als Vergleichsgrösse genutzt.

Auf der Stufe Verordnung werden den Arten der Risikoanalyse die benötigten nicht besonders schützenswerten Personendaten zugeordnet (Art. 132 Abs. 5 E-BAZG-VG).

Die Bearbeitung von nicht besonders schützenswerten Personendaten für nicht perso-

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nenbezogene Zwecke, insbesondere für Forschung, Planung oder Statistik, im Rahmen von Risikoanalysen, erfolgt nach den Regeln von Artikel 39 nDSG. Statistische Auswertungen im Rahmen von Risikoanalysen haben keinen Bezug zu Personendaten und werden im E-BAZG-VG nicht abgebildet.

Die zugelassenen Zwecke beziehungsweise Arten der Risikoanalyse in Artikel 131 E-BAZG-VG und die für die Verwendung in diesen Risikoanalysen zugelassenen Daten nach Artikel 132 E-BAZG-VG werden zusammen erläutert.

Art. 131 Bst. a und b in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalysen, die durchgeführt werden, um die Plausibilität und Richtigkeit von Warenanmeldungen zu prüfen und Personen, die bei der Warenanmeldung falsche Angaben machen, zu identifizieren, dienen dazu, Risiken zu erkennen, die im Rahmen der Warenanmeldung entstehen. Die Warenanmeldung beruht auf dem Prinzip der Selbstdeklaration und ist für jede Abgabe und Massnahme die wesentliche Grundlage der Veranlagung. Der anmeldepflichtigen Person obliegt dabei die umfassende Verantwortung, und an ihre Sorgfaltspflicht werden hohe Anforderungen gestellt.127 Die Risikoanalysen der Warenanmeldung bezwecken die Identifikation von Fehlern, indem zum Beispiel Vergleiche zwischen angewandtem Zolltarif, Gewicht und Warenwert vorgenommen werden. Der Begriff der Warenanmeldung und somit auch die vorliegenden Risikoanalysen beziehen sich dabei sowohl auf Warenanmeldungen im grenzüberschreitenden Verkehr als auch auf die Anmeldungen zu Verbrauchssteuern im Inland.

Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen unterstützen die Prüfung der Korrektheit einer Warenanmeldung, indem bei Bedarf eine Validierung der Warenanmeldung auf bisher gemachte Falschangaben durch die Person durchgeführt wird. Damit können Personen risikoorientiert einer Kontrolle zugeführt werden, die in der Vergangenheit bereits verwaltungs- oder strafrechtlich verzeichnet worden sind. Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse dienen dazu, die Plausibilität und die Richtigkeit der Warenanmeldung besser einzuschätzen und namentlich die angemeldete Tarifierung zu prüfen. Unstimmige Angaben können einen Kontrollbedarf auslösen. Die Analyse von Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach
Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden, unterstützt diese Risikoanalysen, indem zusätzliche Informationen in die Beurteilung einfliessen, um Waren und Transportmittel effizienter zu untersuchen, zum Beispiel durch die Analyse von Scanner-Bildern. Bei summarischen Warenanmeldungen können zudem Aufzeichnungen von Durchfahrten Auskunft darüber geben, ob die angemeldeten Mengen plausibel sind. Daten, die auf einer bereits durchgeführten Risikoanalyse, einem Profiling oder einem Profiling mit

127

Vgl. für viele Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1479/2019 vom 5. Januar 2021 E. 2.3.2, mit weiteren Hinweisen; SCHMID BARBARA, Zollkommentar, Art. 18 N 3 f.; Botschaft Zollgesetz, BBl 2004 567, hier 601.

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hohem Risiko basieren, wie zum Beispiel bei Verstössen im Bereich Schwerverkehrsabgabe (falsche Deklaration des Gesamtgewichtes des Fahrzeuges), unterstützen die Plausibilisierung des Waren- und Transportmittelgewichtes.

Art. 131 Bst. c in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um nicht angemeldete Waren oder Waren, für die nicht die erforderliche Bewilligung vorliegt, zu erkennen, dient dazu Risiken im Bereich Schmuggel aufzuzeigen oder Hinweise darauf zu geben, welche Personen möglicherweise Schmuggel betreiben. Personen, die Waren unangemeldet oder ohne erforderliche Bewilligungen in die Schweiz einführen, umgehen die geltende Rechtsordnung.

Diese Risikoanalyse kann durch eine Analyse bereits erkannter Widerhandlungen oder Unregelmässigkeiten oder auch durch auffällige Warenanmeldungen unterstützt werden. Meist ist es eine Kombination von Informationen, vorbestehenden Analysen, Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sowie Erkenntnissen aus Unternehmensprüfungen mit Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse, die das Risiko von Schmuggel ergeben und einen Kontrollbedarf auslösen.

Durch den Einsatz von Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden, können auffällige Bewegungen erkannt werden.

Art. 131 Bst. d in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um Personen, die unrechtmässig von Erleichterungen oder Abgabenbefreiungen Gebrauch machen, zu identifizieren, dient dazu, bei privilegierten Verfahrensbeteiligten Risiken zu erkennen. Die Zoll- und Abgabeverfahren kennen verschiedene Erleichterungsmöglichkeiten beziehungsweise Abgabenbefreiungsgründe. Diese werden Personen gewährt, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Entsprechend muss risikobasiert geprüft werden, ob die Voraussetzungen hierfür eingehalten werden.

Zum Beispiel wird bei zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten vorausgesetzt, dass keine schwerwiegenden oder wiederholten Verstösse gegen die zoll- oder steuerrechtlichen Vorschriften und keine schweren Straftaten im Rahmen ihrer
Wirtschaftstätigkeit begangen wurden. Dies verlangt, dass Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen bearbeitet werden, um das bisherige Verhalten der Unternehmen und damit die Einhaltung der Voraussetzung zu prüfen. Zudem werden erhöhte Anforderungen an die Transparenz bezüglich der Führung der Geschäftsbücher und Beförderungsunterlagen vorausgesetzt, welche als Daten von juristischen Personen über Geschäftsgeheimnisse in die Beurteilung einbezogen werden. Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden, werden verwendet, um die Einhaltung von

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Auflagen zu verifizieren und Bewegungen, die auf einen Missbrauch hindeuten, zu erkennen.

Art. 131 Bst. e in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um Widerhandlungen gegen Abgabeerlasse festzustellen, dient dazu, Risiken zu erkennen, welche die ordentliche Abgabeerhebung beeinträchtigen. Dies kann zum Beispiel so funktionieren: Eine wegen Zollhinterziehung mehrfach verurteilte Person verzollt regelmässig Kartoffeln. Das Informationssystem des BAZG registriert automatisch jeweils den Zeitpunkt der Zollanmeldung sowie des Grenzübertritts, die Art des Transportmittels und die angemeldete Ware. Auf der Basis der automatisch erhobenen Personendaten analysiert das System die Anmeldungen. Meldet nun diese Person abweichend von der üblichen Warenanmeldung nicht Kartoffeln, sondern Bier an und verwendet sie dabei als Transportmittel neu einen Kleintransporter, so erkennt das System das atypische Verhalten. Dieses Indiz, zusammen mit weiteren Risikoindikatoren, kann genutzt werden, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG konkrete Kontrollempfehlungen zu machen.

Für diese Art von Analysen sind Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen, Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse sowie Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden, erforderlich, um die teilweise komplexen Beziehungen zwischen Unternehmen und Warenflüssen sowie möglichen Unregelmässigkeiten zu erkennen.

Art. 131 Bst. f in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um unerlaubte Grenzübertritte oder Gefahren für die Sicherheit im grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehr zu erkennen, zielt auf Risiken, die nichtabgaberechtlicher Natur sind und im Rahmen der Kontrollen an der Grenze abgewendet werden sollen. Dazu gehören zum Beispiel versuchte Reisen trotz Einreiseverbots, Widerhandlungen gegen die Waffen-, Tierschutzoder Umweltschutzgesetzgebung, Verstösse gegen die Gesetzgebung rund um Medikamente und Drogen oder auch nicht verkehrstaugliche Fahrzeuge.

Personendaten und Daten
von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sind für die Analyse erforderlich, um entsprechendes Verhalten zu identifizieren. Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden, können Hinweise liefern, wo und wie Personen versuchen, die Grenze unerlaubt zu passieren, indem zum Beispiel Daten der Kontrollschilderkennung oder einer Videoüberwachungskamera ausgewertet werden.

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Art. 131 Bst. g in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um nach Personen, Waren und Transportmitteln zu fahnden, liefert Hinweise für den Entscheid, wann und wo allenfalls Personen, Waren und Transportmittel kontrolliert werden sollen, die zur Fahndung ausgeschrieben sind. Darunter fallen zum Beispiel Fahndungen nach gesuchten Personen, nach gestohlenen Waren oder Transportmitteln, die nicht mehr für den Verkehr zugelassen sind.

Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sind für die Analyse erforderlich, wonach und wie gefahndet werden soll. Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden, helfen mit, die Personen, Waren und Transportmittel einer zielgerichteten Kontrolle zuzuführen.

Art. 131 Bst. h in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um rechtswidrige Ein- und Ausreisen sowie Aufenthalte zu erkennen, dient der Aufdeckung von Risiken im ausländerrechtlichen Bereich. Dazu gehört zum Beispiel die Erkennung von Fahrzeugen, die Migrierende in oder durch die Schweiz schleusen.

Für diese Risikoanalyse sind Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sowie Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden, erforderlich. Diese Daten erlauben es, verdächtige Bewegungen überhaupt zu erkennen.

Oftmals treten Personen oder Unternehmen, die Migrierende über die Grenze bringen, mehrfach in Erscheinung und werden bereits verwaltungs- und strafrechtlich verfolgt oder es werden Schleichwege genutzt, die nach Entdeckung solcher Verschiebungen speziell überwacht werden müssen.

Art. 131 Bst. i in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um grenzüberschreitende illegale Handlungen zu erkennen, dient der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Analysen in diesem Bereich basieren sehr oft auf einer
intensiven Zusammenarbeit verschiedener Behörden. Die grenzüberschreitenden Bewegungen und Warentransporte stellen meist wesentliche Hinweise in solchen Verfahren dar. So werden zum Beispiel bei Delikten, die mutmasslich grenzüberschreitend agierenden Personen zuzuordnen sind, die dem BAZG zur Verfügung stehenden Daten auf mögliche Muster und Auffälligkeiten etwa in der Buchhaltung oder in den Unternehmensbeziehungen untersucht, welche zu den Bewegungen einer möglichen Täterschaft passen. Erkannte Muster werden in Form von Risikobewertungen den operativen Kräften zur Verfügung gestellt. So können sie ihre Kontrolltätigkeit entsprechend ausrichten.

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Falls kriminelle Tätigkeiten mit handelsüblichen Vorgehensweisen verbunden sind, zum Beispiel im Bereich der Proliferation, erfordern die Analysen Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen, um einen Bezug zu vorbestehenden deliktischen Tätigkeiten zu erkennen. Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse sind erforderlich, um zum Beispiel zu erkennen, ob Unternehmen einer Scheinaktivität nachgehen und den effektiven Zweck verschleiern. Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden, sind erforderlich, um auffällige Bewegungen von Personen in zeitlicher, örtlicher oder auch quantitativer Hinsicht zu erkennen.

Art. 131 Bst. j in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um die Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln zu planen und die entsprechenden Einsätze vorzubereiten, dient dazu, konkrete geeignete Kontrollmassnahmen zu evaluieren und deren Umsetzung zum Beispiel in geographischer und zeitlicher Hinsicht zu planen. Als Grundlage dazu dienen Daten, die auf anderen Risikoanalysen oder auf Profilings und Profilings mit hohem Risiko beruhen. Die Planung der Kontrolle ist wichtig, um die Kontrollaktivitäten zielgerichtet und möglichst effizient zu gestalten. Damit werden auch die sich rechtmässig verhaltenden Personen von Kontrolltätigkeiten entlastet und unnötige Mehrfachkontrollen vermieden. Umgekehrt können vermehrte Falschangaben bei der Warenanmeldung zu vermehrten, aber gezielten Kontrollen führen. Anhand der Analyse der Warenanmeldungen können das benötigte Personal und die Kontrollorte festgelegt werden (Kontrolldispositiv).

Art. 131 Bst. k in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, um die Bearbeitung von Einsprachen nach Artikel 86 E-BAZG-VG zu unterstützen, dient dazu, eine elektronisch eingereichte Einsprache automatisiert zu bearbeiten beziehungsweise eine Empfehlung für die zuständige Sachbearbeiterin oder den zuständigen Sachbearbeiter des BAZG vorzubereiten. In klaren und einfachen Fällen kann die Einsprache somit unmittelbar einem Ergebnis zugeführt
werden.

Zum Beispiel beantragt die einsprechende Person eine Gewichtskorrektur von 10 Tonnen auf 1 Tonne basierend auf einem Eingabefehler. Die Risikoanalyse bestätigt regelmässige Einfuhren von Sendungen mit einem Gewicht von 1 Tonne. Wenn keine anderen Hinweise vorliegen, kann die Einsprache gutgeheissen werden. Um die Einsprache mit vorbestehenden Erkenntnissen abzugleichen, sind Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sowie Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse erforderlich.

Art. 131 Bst. l in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um die Wirksamkeit von Empfehlungen und Massnahmen zu beurteilen, dient dazu, die Daten, die auf Risikoanalysen sowie 184 / 436

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Profilings und Profilings mit hohem Risiko beruhen, im Abgleich mit Kontrollerfolgen und anderen Resultaten zu verbessern. Die kontinuierliche Evaluation der Wirksamkeit der Empfehlungen und Massnahmen ist notwendige Voraussetzung, um auf ein sich änderndes Verhalten der Täterschaft reagieren zu können und um die sich rechtmässig verhaltenden Personen von Kontrollen zu entlasten.

Art. 131 Bst. m in Verbindung mit Art. 132 Die Risikoanalyse, die durchgeführt wird, um die dem BAZG zugewiesenen Aufsichtspflichten wahrzunehmen, dient dazu, die Ausübung der Aufsichtspflichten mit entsprechenden Analysen zu unterstützen. Solche Aufsichtspflichten bestehen derzeit im Bereich der Edelmetalle und Edelmetallwaren (Art. 40 und 43ter EMKG) und im Bereich Alkohol betreffend die Werbung (Art. 42b AlkGfür die Regelung der Werbung und Art. 57 Abs. 5 AlkG e contrario für die Zuständigkeit des BAZG). Die Aufsichtspflichten können also grenzüberschreitender Natur sein oder das Inland betreffen. Werden dem BAZG in Zukunft weitere Aufsichtspflichten auferlegt, so können in diesen Bereichen ebenfalls solche Risikoanalysen vorgenommen werden.

­

Bereich Edelmetalle und Edelmetallwaren: Für die Überwachung der ordentlichen Geschäftsführung der Kontrollämter und der Handelsprüfer im Bereich der Edelmetalle und Edelmetallwaren sind Analysen erforderlich. Unter anderem ist das BAZG zuständig, um die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung nach Artikel 25 EMKG der Inhaberinnen und Inhaber einer Schmelzbewilligung zu prüfen. Schmelzbetriebe nehmen regelmässig Waren entgegen, deren Herkunft nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden kann. Um die Rechtmässigkeit der Schmelzvorgänge bei Bedarf zu überwachen, müssen Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sowie Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse ausgewertet werden.

Damit lassen sich mögliche deliktische Tätigkeiten erkennen.

­

Bereich Alkohol: Auch hier sind aufgrund der Widerrechtlichkeit bestimmter Werbungen Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sowie Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse für die Auswertungen erforderlich.

4. Abschnitt: Profiling Das Profiling und das Profiling mit hohem Risiko helfen dem BAZG, seine Kontrollen gezielter anzusetzen, und sie unterstützen es bei der Feststellung und Verfolgung von Straffällen. Nebst der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und der Zuverlässigkeit kommt vor allem auch der Beurteilung der Mobilität und des Verhaltens eine wichtige Bedeutung zu, wenn wesentliche Rechtsgüter gefährdet sind. Die jeweils relevanten Daten, die auf Profilings beruhen, können den zuständigen Stellen im BAZG zur Verfügung gestellt werden, wenn dies zur Wahrnehmung der Aufgaben des BAZG notwendig ist. Profilings liefern somit primär Hintergründe für weitere Verfahrenshandlungen oder allenfalls auch konkrete vertiefte Kontrollen. Im Gegensatz zur 185 / 436

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Risikoanalyse handelt es sich beim Profiling im BAZG um eine individualisierte Analyse von Personen und ihren Daten. Das BAZG wird Profilings nicht systematisch, sondern nur fallweise, basierend auf begründetem Verdacht und auf der Basis der jeweiligen Eintrittsschwellen, einsetzen, was die Verhältnismässigkeit des Einsatzes von Profilings unterstützt. Die Anforderungen an die interne Qualitätssicherung ist bei Datenbearbeitungen im Rahmen des Profilings hoch angesetzt (vgl. Art. 170 Abs. 2 Bst. d E-BAZG-VG).

Die gesetzliche Abbildung des Profilings und des Profilings mit hohem Risiko im E-BAZG-VG umfasst die folgenden Punkte: ­

Eine Beschreibung des persönlichen Aspekts einer Person, der von den Profilings analysiert und beurteilt wird: Die wirtschaftliche Lage und die Wahrnehmung der Pflichten im Aufgabenbereich des BAZG (Art. 133 Abs. 1 E-BAZG-VG) und die Mobilität oder das Verhalten (Art. 133 Abs. 2 EBAZG-VG).

­

Personenkreis, der von den Profilings betroffen sein kann: Waren- und Datenverantwortliche (Art. 133 Abs. 1 E-BAZG-VG) sowie Personen, die unter Verdacht stehen, eine rechtliche Widerhandlung zu begehen (Art. 133 Abs. 2 E-BAZG-VG).

­

Eintrittsschwelle für die Profilings: Nicht vorschriftsgemässe Warenanmeldungen oder Nichteinhaltung von Bewilligungen und Vereinbarungen (Art. Art. 133 Abs. 1 E-BAZG-VG), der begründete Verdacht auf Begehung einer Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr betroffen ist (Art. 133 Abs. 2 Bst. a E-BAZG-VG), der begründete Verdacht auf den Transport von Waren, deren Ein- oder Ausfuhr verboten ist (Art. 133 Abs. 2 Bst. b E-BAZG-VG), und der begründete Verdacht, Beschränkungen oder Auflagen dieses Gesetzes, der Abgabeerlasse oder der nichtabgaberechtlichen Erlasse im Zuständigkeitsbereich des BAZG nicht einzuhalten (Art. 133 Abs. 2 Bst. c E-BAZG-VG).

­

Grund für die Profilings: Massnahmen zur Abgabensicherung oder zur Einhaltung von Bewilligungen und Vereinbarungen zu treffen (Art. 133 Abs. 1 E-BAZG-VG), das Erkennen der Wahrscheinlichkeit der Begehung schwerer Straftaten (Art. 133 Abs. 2 Bst. a E-BAZG-VG), das Erkennen der Wahrscheinlichkeit des Transportes von Waren, deren Ein- oder Ausfuhr verboten ist (Art. 133 Abs. 2 Bst. b E-BAZG-VG), und die Sicherstellung der Einhaltung von gesetzlichen oder behördlichen Beschränkungen oder Auflagen (Art. 133 Abs. 2 Bst. c E-BAZG-VG).

Artikel 133 E-BAZG-VG stellt in den Absätzen 1 und 2 abschliessend die einzelnen Zwecke des Profilings und des Profilings mit hohem Risiko beziehungsweise die verschiedenen Arten des Profilings beim BAZG dar. Artikel 134 E-BAZG-VG ordnet den Arten des Profilings beim BAZG die jeweils benötigten Daten zu: ­

Besonders schützenswerte Personendaten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen (Art. 134 Abs. 1 Bst. a E-BAZG-VG).

­

Besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen (Art. 134 Abs. 1

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Bst. b Ziff. 1 E-BAZG-VG) sowie Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse (Art. 134 Abs. 1 Bst. b Ziff. 2 E-BAZG-VG).

­

Daten, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden (Art. 134 Abs. 2 E-BAZG-VG).

­

Daten, die auf einem Profiling oder einem Profiling mit hohem Risiko beruhen (Art. 134 Abs. 3 E-BAZG-VG).

­

Daten, die auf einer Risikoanalyse beruhen (Art. 134 Abs. 4 E-BAZG-VG).

Auf der Stufe Verordnung werden den verschiedenen Arten des Profilings beim BAZG die benötigten nicht besonders schützenswerten Daten zugeordnet (Art. 134 Abs. 5 E-BAZG-VG).

Die zugelassenen Zwecke beziehungsweise Arten des Profilings beim BAZG in Artikel 133 E-BAZG-VG und die für die Verwendung in diesen Profilings zugelassenen Daten nach Artikel 134 E-BAZG-VG werden zusammen erläutert.

Art. 133 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 134 Das Profiling zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und der Wahrnehmung der Pflichten im Aufgabenbereich des BAZG betrifft Waren- und Datenverantwortliche, wenn Waren nicht vorschriftgemäss angemeldet oder Bewilligungen und Vereinbarungen nicht eingehalten worden sind. Der Grund für dieses Profiling ist das Treffen von Massnahmen zur Abgabensicherung oder zur Einhaltung von Bewilligungen und Vereinbarungen.

Personen, die gewerbsmässig Warenanmeldungen erstellen oder zugelassene Wirtschaftsbeteiligte sind, haben spezifische Eignungskriterien zu erfüllen beziehungsweise Auflagen einzuhalten. Wenn im Rahmen von Risikoanalysen mehrfach Unregelmässigkeiten festgestellt werden und somit begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit oder auch der wirtschaftlichen Lage einer daten- oder warenverantwortlichen Person bestehen, ist die Eintrittsschwelle für eine systematischere Prüfung im Rahmen eines Profilings erreicht.

Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen und auch Daten von juristischen Personen über Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse unterstützen die Prüfung der Verlässlichkeit der Personen, die an den Warenanmeldungen beteiligt sind. Dieses vertiefte Rating dient dazu, Kontrollen auf Personen zu fokussieren, die gesetzliche Regeln oder auch Auflagen zum Beispiel als AEO regelmässig umgehen und sich damit unzulässige Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Art. 133 Abs. 2 Bst. a in Verbindung mit Art. 134 Das Profiling zur Beurteilung der Mobilität und des Verhaltens betrifft Personen, die unter begründetem Verdacht stehen, schwere Straftaten zu begehen, die mit einer maximalen Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind. Der Grund für dieses

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Profiling ist, dass die Wahrscheinlichkeit der Begehung solcher Straftaten erkannt werden soll.

Dieses Profiling hilft, Personen zu überführen, die gewerbsmässig schwere Straftaten begehen und nicht selten auch einer Form der organisierten Kriminalität zuzurechnen sind. Die Eintrittsschwelle für das Profiling ist mit der Anforderung eines begründeten Verdachtes auf Begehung schwerer Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind, hoch angesetzt. Im Bereich der Abgabeerlasse sind davon insbesondere qualifizierte Taten umfasst (z. B. durch Gewerbs- oder Gewohnheitsmässigkeit wie in Art. 38 Abs. 2 MinöStG128 bzw. in Art. 38a Abs. 2 und Art. 38b Abs. 2, je i. V. m. Art. 39c Bst. b MinöStG [Anhang 2]). Im Bereich der nichtabgaberechtlichen Erlasse sind Verbrechen und Vergehen umfasst, die teilweise ein qualifizierendes Merkmal haben (z. B. Art. 47 Abs. 2 des Tierseuchengesetzes vom 1. Juli 1966129, Art. 26 Abs. 2 BGCITES130, Art. 63 Abs. 2 des Lebensmittelgesetzes vom 20. Juni 2014[LMG]131, Art. 33 Abs. 2 des Kriegsmaterialgesetzes vom 13 Dezember 1996[KMG]132 oder Art. 116 Abs. 3 AIG133).

Die Beurteilung der Mobilität und des Verhaltens ist für die Erkennung von atypischen Bewegungsmustern, die auf deliktische Tätigkeiten schliessen lassen, und für die zielgerichtete Kontrolle entscheidend. Insbesondere die Analyse von verdächtigen Konstellationen bei grenzüberschreitenden Bewegungen oder unwirtschaftlichen Fahrten helfen dabei, deliktisches Verhalten zu erkennen. Dazu werden jene Daten des BAZG analysiert, die sowohl Hinweise über die Bewegung der Person beinhalten als auch Hinweise über deren Verhalten, zum Beispiel bei Warenanmeldungen oder im Bereich der Inland- und Verkehrsabgaben. Erst die Verbindung verschiedener Aktivitäten zeigt oftmals die Professionalität der agierenden Gruppierungen und in welchen verschiedenen Bereichen sie tätig sind. Dabei sind insbesondere die Daten relevant, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden. Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sind insofern relevant, als der
Verdacht auf deliktisches Handeln ein Profiling überhaupt erst erlaubt. Daten von juristischen Personen über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse werden benötigt, weil damit Scheinaktivitäten oder verdeckte deliktische Geschäfte von Unternehmen erkannt werden können.

Art. 133 Abs. 2 Bst. b in Verbindung mit Art. 134 Das Profiling zur Beurteilung der Mobilität und des Verhaltens betrifft Personen, die unter begründetem Verdacht stehen, Waren zu transportieren, deren Ein- oder Ausfuhr verboten ist. Der Grund für dieses Profiling ist, dass die Wahrscheinlichkeit des Transports von solchen Waren erkannt werden soll. Personen sollen einer Kontrolle 128 129 130 131 132 133

SR 641.61 SR 916.40 SR 453 SR 817.0 SR 514.51 SR 142.20

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zugeführt werden, die mit Warentransporten erhebliche Gefahren verursachen. Seien es Gefahren für die Gesundheit, die Umwelt aber auch für die Sicherung der rechtstaatlichen Ordnung.

Personen, die mit Waren handeln, deren Ein- oder Ausfuhr verboten ist, begehen diese Delikte oft gewerbsmässig oder im Kreise der organisierten Kriminalität. Beispiele für solche Waren sind Waffen, Tierprodukte, Medikamente oder auch Drogen. Als Erweiterung der Risikoanalyse zur Erkennung von nicht angemeldeten oder nicht bewilligten Waren wird in diesem Profiling die Mobilität und das Verhalten von Personen vertieft analysiert, die durch vorgängige Analysen dringend verdächtigt werden, solche illegalen Transporte durchzuführen. Durch die Analyse der Mobilität und des Verhaltens können diese Personen zielgerichtet einer Kontrolle zugeführt werden, und der Verdacht kann bestätigt oder entkräftet werden. Die Beurteilung der Mobilität und des Verhaltens ist für die Erkennung von Transporten von Waren, deren Ein- oder Ausfuhr verboten ist, unabdingbar. Die Eintrittsschwelle für das Profiling liegt beim grenzüberschreitenden Transport und dem begründeten Verdacht, dass eine Person solche Waren ein- oder ausführt. Dazu werden jene Daten des BAZG analysiert, die sowohl Hinweise über die Bewegung der Person beinhalten als auch Hinweise über deren Verhalten, zum Beispiel bei Warenanmeldungen oder im Bereich der Inlandund Verkehrsabgaben. Dabei sind insbesondere die Daten relevant, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden. Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sind insofern relevant, als damit wesentliche Hinweise aus früheren deliktischen Tätigkeiten gewonnen werden können. Daten von juristischen Personen über Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse werden benötigt, weil damit Hinweise auf Scheinaktivitäten oder verdeckte deliktische Geschäfte gewonnen können.

Art. 133 Abs. 2 Bst. c in Verbindung mit Art. 134 Das Profiling zur Beurteilung der Mobilität und des Verhaltens betrifft Personen, die unter begründetem Verdacht stehen, gesetzliche oder behördliche
Beschränkungen oder Auflagen dieses Gesetzes, der Abgabeerlasse und der nichtabgaberechtlichen Erlasse nicht einzuhalten. Der Grund für dieses Profiling ist die Sicherstellung der Einhaltung solcher Beschränkungen oder Auflagen. Personen, die solche Beschränkungen oder Auflagen nicht einhalten, sollen einer Kontrolle zugeführt werden. Die Beurteilung der Mobilität und des Verhaltens hilft dabei, Handlungen zu erkennen, die Beschränkungen und Auflagen systematisch zuwiderlaufen.

Das Profiling kann zum Beispiel diejenigen Personen betreffen, die im Zusammenhang mit dem ZESA-Abkommen vom 25. Juni 2009134 vermehrt durch die Schweiz oder auch das Ausland mit Auflagen belegt werden, oder auch Personen, deren Warenanmeldungen Beanstandungen verursachen, weil die von ihnen eingeführte Ware nicht der ausgeführten entspricht oder weil sie mit Beschränkungen belegte Waren

134

SR 0.631.242.05

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nach dem Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 (USG)135 (u. a. Abfälle) ohne entsprechende Bewilligung ausführen. Das Profiling kann aber auch Personen betreffen, die mit Reisebeschränkungen zum Beispiel nach BWIS oder AIG belegt sind.

Dazu werden jene Daten des BAZG analysiert, die sowohl Hinweise über die Bewegung der Person beinhalten als auch Hinweise über deren Verhalten, zum Beispiel bei Warenanmeldungen. Dabei sind insbesondere die Daten relevant, die mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG beschafft oder mit solchen Geräten von anderen Behörden oder Unternehmen erfasst und dem BAZG zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden. Personendaten und Daten von juristischen Personen über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen sind insofern relevant, als sie die Hintergründe einer Reisebeschränkung beinhalten. Daten von juristischen Personen über Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse werden benötigt, um das Nichteinhalten von behördlichen Beschränkungen oder Auflagen zu erkennen.

3. Kapitel: Zugriffsrechte Art. 135

Zugriff durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG

Abs. 1 Die Zugriffe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG auf die Daten im Informationssystem des BAZG werden generell auf das beschränkt, was zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erforderlich ist. Damit werden die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und Informationssicherheit bei der Datenbearbeitung gewahrt.

Abs. 2 und 3 Auf Stufe Gesetz (Art. 135 Abs. 2 i. V. m. Anhang 1 Ziffer 1 E-BAZG-VG) und auf Stufe Verordnung (Art. 135 Abs. 3 E-BAZG-VG) werden sogenannte Funktionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG für die rechtliche Abbildung der Zugriffe auf das Informationssystem des BAZG verwendet. Die Funktionen fassen die Aufgaben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG zusammen, deren Erfüllung die gleichen oder ähnlichen Zugriffe auf das Informationssystem des BAZG bedingen. Die einzelnen Funktionen, die Zugriff auf Datenkategorien mit besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen im Informationssystem des BAZG haben, werden bei den Erläuterungen zu Anhang 1 Ziffer 1 E-BAZG-VG ausgeführt.

Die Zugriffe auf besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen der verschiedenen Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG sind in Anhang 1 Ziffer 1 E-BAZG-VG anhand der Datenkategorien von Artikel 119 E-BAZG-VG festgelegt. In Anhang 1 Ziffer 1 E-BAZG-VG ist zudem der Umfang der jeweiligen Zugriffe definiert, wobei zwischen der Erlaubnis zur Ansicht (A) und zur Mutation (M) unterschieden wird. Die 135

SR 814.01

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Zugriffe auf nicht besonders schützenswerte Personendaten und nicht besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen werden auf Stufe Verordnung festgelegt.

Die jeweils erlaubten Zugriffe der einzelnen Funktionen entsprechen dem maximal erforderlichen Ausmass, welches zur Erfüllung aller Aufgaben in einer Funktion notwendig ist. Wenn Gruppen von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern des BAZG in einer Funktion weniger als die gesetzlich maximal erlaubten Zugriffe benötigen, so werden diese im Berechtigungskonzept des BAZG entsprechend eingeschränkt, um die Verhältnismässigkeit zu wahren und die Informationssicherheit zu gewährleisten. Diese Grundsätze gelten sowohl auf Stufe Gesetz als auch auf Stufe Verordnung.

Art. 136

Zugriff durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausländischer Behörden und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache

Diese Bestimmung übernimmt im Wesentlichen die Regelung von Artikel 25 der Verordnung vom 26. August 2009136 über die operative Zusammenarbeit mit den anderen Schengen-Staaten zum Schutz der Aussengrenzen des Schengen-Raums (VZAG).

Weil die Zugriffe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausländischer Behörden und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) auch besonders schützenswerte Personendaten betreffen können, sollen sie einem Gesetz im formellen Sinn geregelt werden (vgl. Ziff. 5.1 der Botschaft zur Übernahme und Umsetzung der EU-Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache vom 26. August 2020137).

Abs. 1 Bei Einsätzen an den Aussengrenzen der Schweiz haben ausländische Expertinnen und Experten (Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausländischer Polizei- und Grenzschutzbehörden und von Frontex, die gestützt auf Artikel 36 und 38 der Verordnung (EU) 2019/1896138 Einsätze an den Aussengrenzen des Schengen-Raums in der Schweiz leisten) grundsätzlich den gleichen Dienst zu verrichten wie die Angehörigen des BAZG. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass die ausländischen Expertinnen und Experten über die gleichen Zugriffsrechte auf das Informationssystem des BAZG verfügen wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, mit denen sie eingesetzt werden. Das dürfte in den meisten Fällen die Funktion «Kontrolle von Waren,

136

Artikel 25 VZAG soll seinerseits voraussichtlich im Juni 2022 durch Artikel 23 der Verordnung über die internationale Zusammenarbeit zur Grenzsicherheit (ViZG; SR 631.062) ersetzt werden.

137 Botschaft vom 26. August 2020 zur Übernahme und Umsetzung der Verordnung (EU) 2019/1896 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624 (Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands) und zu einer Änderung des Asylgesetzes; BBl 2020 7105.

138 Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. November 2019 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624, ABl. L 295 vom 14. November 2019, S. 1

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Personen und Transportmitteln» sein (vgl. Anhang 1 Ziffer 1 E-BAZG-VG). Die Zugriffsrechte sollen jedoch nur soweit gehen, wie es die Aufgabenerfüllung bedingt.

Dies wird mit dem Berechtigungskonzept des BAZG sichergestellt (vgl. Erläuterungen zu Art. 135 E-BAZG-VG).

Abs. 2 Um ein konstantes Bearbeitungsniveau von Personendaten zu erreichen, darf der Zugriff nach Absatz 1 nur unter Leitung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG erfolgen (vgl. auch Art. 82 Abs. 4 Verordnung (EU) 2019/1896). Zudem hat das BAZG sicherzustellen, dass die ausländischen Expertinnen und Experten die Bestimmungen zum schweizerischen Datenschutz und zur Informationssicherheit einhalten.

Abs. 3 Da die ausländischen Expertinnen und Experten grundsätzlich den gleichen Dienst verrichten wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, ist es notwendig, dass sie auch über die gleichen Zugriffsrechte auf Informationssysteme von Drittbehörden verfügen wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, die für die entsprechenden Aufgaben eingesetzt werden.

Der Begriff «Drittbehörde» wurde bewusst nicht nur auf inländische Behörden beschränkt, da mittels schweizerischer Informationssysteme zum Teil auch auf ausländische Informationssysteme zugegriffen werden kann. So erfolgt zum Beispiel im Rahmen einer Prüfung der Aufenthaltsvoraussetzungen (Visum) nicht nur eine Abfrage im nationalen Visumsystem (ORBIS), sondern auch ein Abgleich im internationalen zentralen Visa-Informationssystem (C-VIS). Ähnlich verhält es sich auch bei einer Abfrage im automatisierten Polizeifahndungssystem (RIPOL) anlässlich einer Einreisekontrolle im Zusammenhang mit der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Mittels RIPOL-Anfrage werden sowohl das nationale (N-SIS) wie auch indirekt das internationale Schengener Informationssystem (C-SIS) durchsucht.

4. Kapitel: Datenbekanntgabe Das Legalitätsprinzip in Artikel 36 nDSG und Artikel 57s nRVOG verlangt eine gesetzliche Grundlage für die Bekanntgabe von Daten. Im E-BAZG-VG werden drei verschiedene Arten der Datenbekanntgabe geregelt: 1.

Das Abrufverfahren für andere Behörden im Informationssystem des BAZG, wenn es auch besonders schützenswerte Personendaten oder besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen betrifft (Art. 137144 E-BAZG-VG).

2.

Die systematische und regelmässige Übermittlung von Daten an andere Behörden, wenn sie besonders schützenswerte Personendaten oder besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen betreffen (Art. 145150 E-BAZG-VG).

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3.

Die einzelfallweise Übermittlung von Daten auf begründetes Ersuchen oder von Amtes wegen im Rahmen der nationalen Amtshilfe (Art. 171 E-BAZG-VG).

1. Abschnitt: Datenbekanntgabe an andere Behörden im Abrufverfahren In den Artikeln 137144 E-BAZG-VG wird das Abrufverfahren für andere Behörden im Informationssystem des BAZG geregelt, wenn es auch besonders schützenswerte Personendaten oder besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen betrifft. Bereits das bisherige ZG kennt das Abrufverfahren für andere Behörden bei einzelnen Informationssystemen des BAZG (z. B. in Art. 110e Abs. 3 und 4 ZG). Weil das BAZG künftig über ein einziges Informationssystem verfügt (vgl.

Art. 118 E-BAZG-VG), werden die heute bereits bestehenden und die hinzukommenden Abrufverfahren für andere Behörden in diesem Informationssystem gesetzgebungstechnisch neu beschrieben.

Die Beschreibungen der Abrufverfahren in den Artikeln 137144 E-BAZG-VG folgen alle einem ähnlichen Muster und enthalten die folgenden Punkte: ­

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der betreffenden Behörde oder Organisation, denen Daten im Abrufverfahren bekannt gegeben werden.

­

Die Datenkategorien im Informationssystem des BAZG, die von der Datenbekanntgabe im Abrufverfahren betroffen sind, und, wo nötig, zusätzliche Informationen zu den betroffenen Daten.

­

Die Zwecke, für welche die Daten im Abrufverfahren bekanntgegeben werden dürfen.

Das Abrufverfahren wird jeweils auf den Umfang beschränkt, der zur Erfüllung der angegebenen Zwecke notwendig ist.

Art. 137

Abrufverfahren für das fedpol

Das Abrufverfahren für das fedpol im Informationssystem des BAZG basiert auf der bisherigen Regelung des Abrufverfahrens für das fedpol im Informationssystem für die Dokumentation der Tätigkeit des Grenzwachtkorps nach Artikel 110e Absatz 3 Buchstabe a ZG.

Abs. 1 Zum Abruf im Informationssystem des BAZG sind diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des fedpol berechtigt, die Aufgaben im Bereich der Bekämpfung der Kriminalität wahrnehmen, insbesondere wenn es sich um Straftaten handelt, die der Bundesgerichtbarkeit unterstehen (Bst. a), oder um Geldwäscherei einschliesslich der entsprechenden Vortaten, organisierte Kriminalität oder Terrorismusfinanzierung (Bst.

b). Bereits in der bisherigen Regelung wurden die Kategorien der abrufberechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des fedpol ähnlich beschrieben (Art. 110e Abs. 3 Bst. a ZG).

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Abs. 2 Der Abruf der berechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des fedpol im Informationssystem des BAZG ist beschränkt auf Daten in der Datenkategorie «Kontrollen» (Bst. a) und in der Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben» (Bst. b). Abgerufen werden die Daten als Bestandteil und in der Form von Kontrollrapporten. Es können sowohl bei der Datenkategorie «Kontrollen» als auch bei der Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben» Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten (Art. 122 Bst. a und Art. 130 E-BAZG-VG), und Daten von juristischen Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Daten (Art. 122 Bst. b und Art. 130 E-BAZG-VG), abgerufen werden. Auf der Stufe Verordnung wird ausgeführt, welche Arten von Rapporten abgerufen werden können. Nicht alle Arten von Rapporten werden vollständig zur Verfügung stehen. Bei bestimmten Arten von Rapporten werden nur eingeschränkte Daten abrufbar sein (z. B. Vor- und Nachname).

Abs. 3 Die Zwecke des Abrufs in den Buchstaben a­g sind abschliessend und ergeben sich aus den gesetzlichen Aufgaben des fedpol. Die Informationen, welche das BAZG im Rahmen von Kontrollen von Personen, Waren und Transportmitteln erhebt und rapportiert, sind für das fedpol von besonderer Wichtigkeit, da sie Feststellungen, Hinweise und Beobachtungen darstellen, die das fedpol für die in den Buchstaben a­g genannten Aufgaben konkret benötigt.

Art. 138

Abrufverfahren für Polizeiverbindungsleute des fedpol

Das Abrufverfahren für die Polizeiverbindungsleute des fedpol, die im Ausland Aufgaben von Verbindungsleuten des BAZG wahrnehmen, basiert auf der bisherigen Regelung in Artikel 6 Absatz 2 IStrV-BAZG. Neu wird dieses Abrufverfahren jedoch auf Stufe Gesetz abgebildet, weil davon auch besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen betroffen sein können.

Abs. 1 Zum Abruf im Informationssystem des BAZG sind die Polizeiverbindungsleute des fedpol berechtigt, die im Ausland Aufgaben von Verbindungsleuten des BAZG wahrnehmen. Die Modalitäten der gegenseitigen Wahrnehmung von Aufgaben durch Polizeiverbindungsleute des fedpol und Verbindungsleute des BAZG an den schweizerischen Vertretungen oder bei internationalen Organisationen im Ausland sind in der Vereinbarung zwischen fedpol und BAZG geregelt (Vereinbarung zwischen fedpol und EZV betreffend die Modalitäten der gegenseitigen Wahrnehmung von Aufgaben durch Polizeiverbindungsleute des fedpol und Verbindungsleute der EZV an den schweizerischen Vertretungen oder bei internationalen Organisationen im Ausland vom Dezember 2016). Im Rahmen der Zusammenarbeit können die beiden Behörden die von ihnen ins Ausland entsandten Verbindungsleute jeweils gegenseitig mit Anfragen und besonderen Aufträgen betrauen. So werden Doppelspurigkeiten vermieden

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und Synergien gestärkt. Die Ressourcen lassen sich flexibler einsetzen, und das Netz aus Verbindungspersonen wird erweitert.

Abs. 2 Der Abruf der Polizeiverbindungsleute des fedpol ist beschränkt auf Daten in der Datenkategorie «Kontrollen» (Bst. a) und in der Datenkategorie «Strafverfolgung» (Bst. b). Damit die Polizeiverbindungsleute des fedpol im Ausland die übertragenen Aufgaben von Verbindungsleuten des BAZG wahrnehmen können, brauchen sie die Daten aus diesen beiden Datenkategorien. Es können sowohl bei der Datenkategorie «Kontrollen» als auch bei der Datenkategorie «Strafverfolgung Personendaten», einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten (Art. 122 Bst. a und Art. 126 Bst. a E-BAZG-VG), und Daten von juristischen Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Daten (Art. 122 Bst. b und Art. 126 Bst. b E-BAZG-VG), abgerufen werden. Dabei ist das Abrufverfahren so ausgestaltet wie die Zugriffe der Verbindungsleute des BAZG.

Abs. 3 Der Zweck des Abrufs ist die Unterstützung der Untersuchung von Straffällen. Die betreffenden Polizeiverbindungsleute des fedpol beschaffen und tauschen Informationen zur Unterstützung der Untersuchung von Straffällen im Zuständigkeitsbereich des BAZG aus und nehmen so die Interessen des BAZG wahr. Die Vereinbarung von Dezember 2016 stellt Polizeiverbindungsleute des fedpol den Verbindungspersonen des BAZG gleich. Mit dem Zweck der Unterstützung der Untersuchung von Straffällen ist nicht die Strafverfolgung im engeren Sinne gemeint, da die Polizeiverbindungsleute keine Verfolgung von Straftaten im Ausland vornehmen. Vielmehr sind sie Ansprechpersonen, treffen Abklärungen, knüpfen Verbindungen zwischen ausländischen Strafverfolgungsbehörden und dem BAZG, koordinieren und vermitteln bei zolltechnischen Fragen. Es ist zum Beispiel ihre Aufgabe, dass die ausländische Behörde an die richtige Stelle beim BAZG verwiesen wird und schneller mit der zuständigen internen Ansprechperson in Kontakt treten kann, um ihre Fragen und ihr Gesuch betreffend Amts- und Rechtshilfe zu stellen. Den Polizeiverbindungsleuten ist es möglich, mithilfe des Abrufverfahrens zu überprüfen, ob ein laufendes oder hängiges Verfahren gegen eine Person besteht. Aufgrund dieser Information können sie sicherstellen, dass Ersuchen von ausländischen Behörden rasch und am richtigen Ort
bearbeitet werden. Die Polizeiverbindungsleute des fedpol sind dabei unterstützend tätig und beschleunigen das Verfahren. Sie selbst machen keine Amts- und Rechthilfe.

Diese wird im Rahmen von ordentlichen Amts- und Rechtshilfeverfahren bei der zuständigen Behörde gewährt.

Art. 139

Abrufverfahren für den NDB

Der Zugriff des NDB auf das Informationssystem des BAZG ist neu. Das BAZG bearbeitet Daten, die für die Aufgabenerfüllung des NDB von grosser Wichtigkeit sind.

Der NDB ist darauf angewiesen, im Rahmen seiner Aufgaben nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a Ziffern 1­3 und 5 des Nachrichtendienstgesetzes vom 25. September

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2015139 (NDG) schnell und umfassend klären zu können, welche Waren, Personen und Transportmittel durch das BAZG im Rahmen seiner Kontrollen erfasst werden mussten. Das Abrufverfahren für den NDB entspricht inhaltlich dem Abrufverfahren für das fedpol (Art. 137 E-BAZG-VG), für das SEM (Art. 140 E-BAZG-VG) und für kantonale Polizeibehörden (Art. 141 E-BAZG-VG), wobei das Abrufverfahren für das SEM zusätzlich auf Daten über Ausländerinnen und Ausländer beschränkt ist.

Abs. 1 Zum Abruf im Informationssystem des BAZG sind diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB berechtigt, die mit der Erfassung, Beschaffung und Auswertung relevanter Daten (Bst. a) oder der Identifikation von Personen (Bst. b) zur Erfüllung der Aufgaben nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a Ziffern 1­3 und 5 NDG betraut sind.

Abs. 2 Der Abruf der berechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB im Informationssystem des BAZG ist beschränkt auf Daten in der Datenkategorie «Kontrollen» (Bst. a) und in der Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben» (Bst. b). Hierzu kann auf die Ausführungen zum Abrufverfahren für das fedpol verwiesen werden (Art. 137 Abs. 2 E-BAZG-VG).

Abs. 3 Die Zwecke des Abrufs sind abschliessend und ergeben sich aus den gesetzlichen Aufgaben des NDB. Im Bereich des verbotenen Nachrichtendienstes ist es wichtig, Netzwerke und Bewegungsmuster zu erkennen. Es muss also möglich sein abzuklären, ob Informationen zu Zielpersonen im Informationssystem des BAZG enthalten sind (z. B. mit welchen Personen und Fahrzeugen Zielpersonen unterwegs sind und welche Grenzübergänge wann passiert wurden). Im Bereich der Nonproliferation können im Informationssystem des BAZG Angaben zu Zielpersonen enthalten sein, welche Abklärungen von Importen und Exporten von relevanten Gütern unterstützen. Zudem sind dem NDB die Zentralstellen zum Vollzug des Güterkontrollgesetzes vom 13. Dezember 1996140 (GKG; vgl. Art. 21), des KMG141 (vgl. Art. 30) und des Kernenergiegesetzes vom 21. März 2003142 (KEG; vgl. Art. 101) zugewiesen; deren Aufgaben werden mit Angaben zu Zielpersonen aus dem Informationssystem des BAZG unterstützt. Weiter ist insbesondere bei Exponentinnen und Exponenten aus dem terroristischen Umfeld bekannt, dass oftmals enge Kontakte ins Ausland bestehen. In diesem Zusammenhang werden immer wieder entsprechende
Reisebewegungen festgestellt, zu denen die Angaben aus dem Informationssystem des BAZG ein umfassenderes Bild liefern können. Das gleiche gilt auch für die gewaltextremistische Szene.

139 140 141 142

SR 121 SR 946.202 SR 514.51 SR 732.1

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Art. 140

Abrufverfahren für das SEM

Das Abrufverfahren für das SEM im Informationssystem des BAZG basiert auf der bisherigen Regelung des Abrufverfahrens für das SEM im Informationssystem für die Dokumentation der Tätigkeit des Grenzwachtkorps nach Artikel 110e Absatz 3 Buchstabe b ZG.

Abs. 1 Zum Abruf im Informationssystem des BAZG sind diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SEM berechtigt, die für den Vollzug der im dritten Absatz genannten Gesetze und Abkommen zuständig sind. Bereits in der bisherigen Regelung wurden die Kategorien der abrufberechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SEM ähnlich beschrieben, wobei jedoch die zu vollziehenden Abkommen noch nicht explizit erwähnt worden sind (Art. 110e Abs. 3 Bst. b ZG).

Abs. 2 Der Abruf der berechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SEM im Informationssystem des BAZG ist beschränkt auf Daten in der Datenkategorie «Kontrollen» (Bst. a) und in der Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben» (Bst. b). Hierzu kann auf die Ausführungen zum Abrufverfahren für das fedpol verwiesen werden (Art. 137 Abs. 2 E-BAZG-VG). Jedoch wird der Zugriff des SEM auf das Informationssystem des BAZG zusätzlich auf Daten zu Ausländerinnen und Ausländern eingeschränkt.

Abs. 3 Die Zwecke des Abrufs in den Buchstaben a­g sind abschliessend. Das SEM bearbeitet pro Jahr ca. 20 000 Rapporte des BAZG und verfügt gestützt auf diese Rapporte pro Jahr ca. 8 000 Einreiseverbote. Der Zugriff auf das Informationssystem des BAZG ist auch ein wichtiges Instrument, um Identitätsabklärungen für interne und externe Amtsstellen vorzunehmen.

Art. 141

Abrufverfahren für kantonale Polizeibehörden zur Aufklärung begangener Straftaten

Das Abrufverfahren für die kantonalen Polizeibehörden zur Bekämpfung der Kriminalität und der polizeilichen Ermittlung im Informationssystem des BAZG basiert auf der bisherigen Regelung des Abrufverfahrens für das fedpol im Informationssystem für die Dokumentation der Tätigkeit des Grenzwachtkorps nach Artikel 110e Absatz 4 ZG. Im Unterschied zur Bestimmung im ZG wurde in Artikel 141 E-BAZG-VG auf das Erfordernis der separaten Vereinbarung mit den Kantonen verzichtet.

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Abs. 1 Zum Abruf im Informationssystem des BAZG sind diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Polizeibehörden berechtigt, die für die Aufklärung begangener Straftaten zuständig sind. Dies ist eine genauere Bezeichnung als bisher in Artikel 110e Absatz 4 ZG.

Abs. 2 Der Abruf der berechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Polizeibehörden im Informationssystem des BAZG ist beschränkt auf Daten in der Datenkategorie «Kontrollen» (Bst. a) und in der Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben» (Bst. b). Hierzu kann auf die Ausführungen zum Abrufverfahren für das fedpol verwiesen werden (Art. 137 Abs. 2 E-BAZG-VG).

Abs. 3 Der Zweck des Abrufs ist die Aufklärung begangener Straftaten. Ausgeschlossen ist damit der Abruf für rein präventive Zwecke.

Art. 142

Abrufverfahren für kantonale Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie für Organisationen im Bereich Nationalstrassenabgabe

Das Abrufverfahren für die kantonalen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie weiterer Organisationen, die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Bundes betraut sind, entspricht der Regelung in Artikel 12e des Nationalstrassenabgabegesetzes vom 19. März 2010143 (NSAG) nach der Revision vom 18. Dezember 2020144. Die Bestimmung wird neu im E-BAZG-VG aufgenommen und im NSAG gestrichen (siehe Anhang 2), weil das E-BAZG-VG als Rahmengesetz die gesamte Datenbearbeitung des BAZG abbildet.

Abs. 1 Gegenüber der Regelung in Artikel 12e NSAG führt die Bestimmung in Artikel 142 E-BAZG-VG klar aus, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden abrufberechtigt sind. Bei den kantonalen Polizeibehörden und den kantonalen Strafverfolgungsbehörden sind dies die mit der Durchführung von Kontrollen sowie mit der Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen das NSAG betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie bisher sind auch weitere Organisationen, die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Bundes betraut sind, berechtigt, Daten im Informationssystem des BAZG abzurufen. Damit sind Dritte gemeint, die im Auftrag des BAZG oder der kantonalen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden Kontrollen nach dem NSAG durchführen und deshalb auf den Abruf im Informationssystem des BAZG angewiesen sind. Beauftragte Dritte sind nicht befugt, Bussen zu verhängen.

143 144

SR 741.71 BBl 2020 10019

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Abs. 2 Der Abruf der berechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Informationssystem des BAZG ist beschränkt. Gegenüber der Regelung in Artikel 12e NSAG zeigt die Bestimmung in Artikel 142 E-BAZG-VG klar auf, dass der Abruf limitiert ist auf Daten in der Datenkategorie «Inlandabgaben» über die Entrichtung der Nationalstrassenabgabe. Damit sind Informationen gemeint, welche Auskunft darüber geben, ob für ein bestimmtes Fahrzeug die Nationalstrassenabgabe entrichtet worden ist oder nicht.

Art. 143

Abrufverfahren für das METAS

Das Abrufverfahren für das Eidgenössische Institut für Metrologie (METAS) im Informationssystem des BAZG wird im E-BAZG-VG neu geregelt, weil das Zolllabor ans METAS überführt worden ist. Neben dem Abrufverfahren für das METAS gemäss der vorliegenden Bestimmung ist in Artikel 149 E-BAZG-VG auch eine Datenübermittlung an das METAS vorgesehen. Beide Arten der Datenbekanntgabe vom BAZG an das METAS sind notwendig. Die Datenübermittlung braucht es für die physische Zustellung der zu analysierenden Proben und Muster vom BAZG an das METAS einerseits und für die digitale Zustellung der Begleitdokumente zu den Proben und Mustern andererseits. Den Abruf braucht es für Informationen zu früheren Analysen (Referenz), welche für eine aktuelle Probe oder ein aktuelles Muster relevant sein können. Weil bei diesen Datenbekanntgaben Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse im Zusammenhang mit Proben und Mustern betroffen sind, wird eine Grundlage für die Datenbekanntgabe in einem Gesetz im formellen Sinn nach Artikel 57s nRVOG benötigt.

Abs. 1 Zum Abruf im Informationssystem des BAZG sind diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des METAS berechtigt, die mit der chemischen, physikalischen und sensorischen Prüfung von Proben und Mustern betraut sind.

Abs. 2 Der Abruf der berechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des METAS im Informationssystem des BAZG ist beschränkt auf Personendaten, Daten von juristischen Personen und Proben und Muster betreffende Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse in den Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr», «Inlandabgaben», «Kontrollen» und «Unternehmensprüfungen». Es handelt sich dabei jeweils um Daten mit Bezug zu einer Probe oder einem Muster, welche in der Regel anlässlich einer Kontrolle im grenzüberschreitenden Warenverkehr oder im Zollgebiet entnommen wurden. In bestimmten Fällen können Proben oder Muster auch im Zusammenhang mit einer Anfrage an das BAZG oder einem Beschwerdeverfahren stehen.

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Abs. 3 Die Zwecke des Abrufs sind in den Buchstaben a und b geregelt. Im Auftrag des BAZG analysiert das METAS Proben und Mustern im Hinblick auf ihre Zusammensetzung (Bst. a) Bei chemischen Produkten der Zolltarifkapitel 28 und 29 von Anhang 1 ZTG werden im Auftrag des BAZG auch Tarifeinreihungen anhand von Proben und Mustern vorgenommen (Bst. b). Das METAS muss für seine Analysen und Tarifeinreihungen Zugang zu Ergebnissen von früheren Analysen im Informationssystem des BAZG haben (Referenz), um eine einheitliche Behandlung gleichartiger Proben und Mustern zu gewährleisten.

Art. 144

Abrufverfahren für das BAFU und die kantonalen Ämter

Das Abrufverfahren für das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und die kantonalen Ämter im Informationssystem des BAZG wird im E-BAZG-VG neu geregelt. Die abrufbaren Daten können Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse darstellen, weswegen nach Artikel 57s nRVOG eine Grundlage für die Datenbekanntgabe in einem Gesetz im formellen Sinn benötigt wird.

Abs. 1 Zum Abruf im Informationssystem des BAZG sind diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAFU und der Kantone berechtigt, welche die Vollzugsbehörden des Bundes bei der Erhebung der VOC-Abgabe unterstützen.

Abs. 2 Der Abruf der berechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAFU und der Kantone im Informationssystem des BAZG ist beschränkt auf Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, Daten von juristischen Personen sowie Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse im Bereich VOC-Abgabe in den Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr», «Inlandabgaben», «Kontrollen» und «Unternehmensprüfungen». Dies betrifft jeweils die einschlägigen Daten der Veranlagung sowie der Warenanmeldung und der entsprechenden Kontrollen. Bei den Inlandabgaben betrifft es insbesondere die VOC-Bilanzen nach Artikel 10 der Verordnung vom 12. November 1997145 über die Lenkungsabgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen [VOCV]). Bei den Unternehmensprüfungen betrifft es Daten über Prozesse, Rezepturen und Geschäftsbeziehungen, die in Zusammenhang mit der VOC-Lenkungsabgabe stehen. Das können auch Massnahmenpläne nach Artikel 9d VOCV, Daten über die VOC-Bilanzen nach Artikel 10 VOCV und Daten über die Rückerstattungsanträge nach Artikel 8 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a VOCV sein. Nur mit genauer Kenntnis der Prozesse, Rezepturen und vorhandenen Geschäftsbeziehungen kann festgestellt werden, ob bei einer Lenkungsabgabe allenfalls zu viel zurückerstattet oder zu wenig erhoben wurde.

145

SR 814.018

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Abs. 3 Die Zwecke des Abrufs sind in den Buchstaben a und b geregelt. Der Abruf dient der Erhebung der VOC-Abgabe, insbesondere der Prüfung von VOC-Bilanzen (Bst. a) und der Feststellung und Aufdeckung von Straffällen (Bst. b). Mit dem Abrufverfahren im Informationssystem des BAZG werden der Vollzug der Lenkungsabgabe auf VOC unterstützt und der Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden sichergestellt. So können aufgrund der geteilten Informationslage Redundanzen zwischen den beteiligten Behörden vermieden und frühzeitig Unstimmigkeiten erkannt werden.

2. Abschnitt: Datenbekanntgabe an andere Behörden mittels Datenübermittlung In den Artikeln 145150 E-BAZG-VG werden die Datenübermittlungen vom BAZG an andere Behörden geregelt, wenn sie auch besonders schützenswerte Personendaten oder besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen betreffen. Im Gegensatz zum Abrufverfahren für andere Behörden zeichnen sich die Datenübermittlungen dadurch aus, dass die berechtigten Behörden Daten zugestellt bekommen («Push») und diese nicht direkt im Informationssystem des BAZG holen können («Pull»). Im Unterschied zur Datenbekanntgabe im Rahmen der Amtshilfe nach Artikel 171 Absatz 3 E-BAZG-VG beschränken sich die Datenübermittlungen nicht auf den Einzelfall, sondern finden systematisch und regelmässig statt. Deswegen werden sie mit einer separaten, spezifischen gesetzlichen Grundlage geregelt.

Die Beschreibungen der Datenübermittlungen in den Artikeln 145150 E-BAZG-VG folgen alle einem ähnlichen Muster und enthalten die folgenden Punkte: ­

Die Stelle, welche die Daten empfängt.

­

Die Datenkategorien im Informationssystem des BAZG, die von der Datenbekanntgabe mittels Datenübermittlung betroffen sind, und, wo nötig, zusätzliche Informationen zu den betroffenen Daten.

­

Die Zwecke, für welche die Daten mittels Datenübermittlung bekanntgegeben werden dürfen.

Die Datenübermittlungen werden jeweils auf den Umfang beschränkt, der zur Erfüllung der angegebenen Zwecke notwendig ist.

Art. 145

Datenübermittlung an das BLV und die kantonalen Lebensmittelinspektorate

Die Datenübermittlungen des BAZG an das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV) und die kantonalen Lebensmittelinspektorate aus der Datenkategorie «Unternehmensprüfung» enthalten Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse aus Unternehmensprüfungen im Zusammenhang mit Hormonfleisch, soweit dies für den Vollzug der Lebensmittelgesetzgebung in diesem Bereich notwendig ist. Das sind Daten, welche die Einfuhr, Verarbeitung und Weitergabe von Hormonfleisch sowie die

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Prozesse und Geschäftsbeziehungen betreffen. Diese Daten können Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse darstellen, weswegen nach Artikel 57s nRVOG eine Grundlage für die Datenbekanntgabe in einem Gesetz im formellen Sinn benötigt wird. Nur mit genauer Kenntnis der Prozesse und der vorhandenen Geschäftsbeziehungen im Handel mit Hormonfleisch kann sichergestellt werden, dass das Exportverbot für Hormonfleisch in die EU eingehalten wird. Die Datenübermittlungen stellen den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden sicher und dienen dem effizienten Vollzug der Gesetzgebung. So können aufgrund der geteilten Informationslage Redundanzen zwischen den beteiligten Behörden vermieden und frühzeitig Unstimmigkeiten erkannt werden.

Art. 146

Datenübermittlung an das BAFU

Die Datenübermittlungen des BAZG an das BAFU aus den Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr» und «Inlandabgaben» enthalten Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse im Zusammenhang mit der Veranlagung und der Warenanmeldung, welche den Vollzug der CO2-Gesetzgebung betreffen, soweit dies für den Vollzug der CO2-Gesetzgebung notwendig ist (Abs. 1).

Die Datenübermittlungen an das BAFU aus der Datenkategorie «Unternehmensprüfung» enthalten Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse aus Unternehmensprüfungen im Zusammenhang mit der CO2-Gesetzgebung, soweit dies für den Vollzug der CO2-Gesetzgebung notwendig ist (Abs. 2). Zum Beispiel sind das Daten über die Brennstoffeinkäufe und -verkäufe, über den Verwendungszweck eingekaufter Brennstoffe, über die energetische Nutzung eingekaufter Brennstoffe sowie allfälliger biogener Anteile, über die Beurteilung des Verbrauchs an fossilen Brennstoffen für nicht energetische Nutzung und über die Weitergabe von eingekauften Brennstoffen oder Daten über das Inverkehrbringen von fossilen und biogenen Treibstoffen.

Diese Daten können Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse darstellen, weswegen nach Artikel 57s nRVOG eine Grundlage für die Datenbekanntgabe in einem Gesetz im formellen Sinn benötigt wird. Nur mit genauer Kenntnis der Prozesse, insbesondere der Verwendung, und der vorhandenen Geschäftsbeziehungen, namentlich des Handels, kann der korrekte Vollzug der CO2-Gesetzgebung sichergestellt werden. Die Datenübermittlungen für den Vollzug der CO2-Gesetzgebung stellen den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden sicher und dienen dem effizienten Vollzug der Gesetzgebung. So können aufgrund der geteilten Informationslage Redundanzen zwischen den beteiligten Behörden vermieden und frühzeitig Unstimmigkeiten erkannt werden.

Art. 147

Datenübermittlung an das BWL und private Trägerschaften

Die Datenübermittlungen des BAZG an das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) und an die privaten Trägerschaften nach Artikel 16 des Landversorgungsgesetzes vom 17. Juni 2016146 (LVG) aus den Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr» und «Inlandabgaben» enthalten Daten über Geschäfts-

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SR 531

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und Fabrikationsgeheimnisse im Zusammenhang mit der Einfuhr, Ausfuhr und Lagerhaltung, soweit dies für die Umsetzung und Überwachung der Pflichtlagerhaltung notwendig ist. Mit den privaten Trägerschaften nach Artikel 16 LVG ist aktuell die Pflichtlagerorganisation der schweizerischen Mineralölwirtschaft CARBURA gemeint. Die übermittelten Daten können Daten über Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, weswegen nach Artikel 57s nRVOG eine Grundlage für die Datenbekanntgabe in einem Gesetz im formellen Sinn benötigt wird. Die betreffenden Daten werden vom Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) und den privaten Trägerschaften nach Artikel 16 LVG zur Umsetzung und Überwachung der Pflichtlagerhaltung verwendet.

Art. 148

Datenübermittlung an die Organisationen, die für den Vollzug der Bestimmungen über die Kompensation der CO2-Emissionen von Treibstoffen verantwortlich sind

Die Datenübermittlungen des BAZG an die Inkassostellen von Kompensationsgemeinschaften nach Artikel 27 des CO2-Gesetzes vom 23. Dezember 2011147 aus den Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr» und «Inlandabgaben» enthalten Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse im Zusammenhang mit der Mineralölsteuer, soweit dies für die Erhebung der Gebühren der Kompensationsgemeinschaften notwendig ist. Dabei geht es um Daten der Mineralölsteuererhebungen zur Einfuhr und zur Versteuerung von kompensationspflichtigen Produkten. Weil solche Daten Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse darstellen können, wird nach Artikel 57s nRVOG eine Grundlage für die Datenbekanntgabe in einem Gesetz im formellen Sinn benötigt. Die betreffenden Daten werden für die Erhebung der Gebühren der Kompensationsgemeinschaften verwendet.

Art. 149

Datenübermittlung an das METAS

Die Datenübermittlung an das METAS wird im E-BAZG-VG neu geregelt, weil das Zolllabor ans METAS überführt worden ist. Neben der Datenübermittlung an das METAS in der vorliegenden Bestimmung ist in Artikel 143 E-BAZG-VG auch ein Abrufverfahren für das METAS im Informationssystem des BAZG vorgesehen. Beide Arten der Datenbekanntgabe vom BAZG an das METAS sind notwendig. Die Datenübermittlung braucht es für die physische Zustellung der zu analysierenden Proben und Muster vom BAZG an das METAS einerseits und für die digitale Zustellung der Begleitdokumente zu den Proben und Mustern andererseits. Den Abruf braucht es für Informationen zu früheren Analysen (Referenz), welche für eine aktuelle Probe oder ein aktuelles Muster relevant sein können. Weil bei diesen Datenbekanntgaben Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse im Zusammenhang mit Proben und Mustern betroffen sind, wird eine Grundlage für die Datenbekanntgabe in einem Gesetz im formellen Sinn nach Artikel 57s nRVOG benötigt.

147

SR 641.71

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Abs. 1 Die Datenübermittlungen des BAZG an das METAS aus den Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr», «Inlandabgaben», «Kontrollen» und «Unternehmensprüfung» enthalten Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse im Zusammenhang mit nach Artikel 94 E-BAZG-VG entnommenen Proben und Mustern oder mit Rezepturen, soweit dies für die Analyse der Proben und Muster (Bst. a) oder für die Tarifeinreihung von chemischen Produkten der Zolltarifkapitel 28 und 29 von Anhang 1 ZTG notwendig ist. Solche Proben und Muster werden in der Regel anlässlich einer Kontrolle im grenzüberschreitenden Warenverkehr oder im Zollgebiet entnommenen. In bestimmten Fällen können Proben oder Muster auch im Zusammenhang mit einer Anfrage an das BAZG oder einem Beschwerdeverfahren stehen. Für die Analysen des METAS ist die Datenübermittlung notwendig. Einerseits müssen die zu analysierenden Warenproben physisch zugestellt und andererseits sollen die Begleitdokumente zu den Warenproben wie zum Beispiel Warenanmeldung, Rechnungen, Lieferscheine, Produktespezifikationen digital geschickt werden. Diese Dokumente und Angaben braucht das METAS, um die Analysen der Warenproben in voller Sachkenntnis durchführen zu können.

Abs. 2 Das METAS informiert das Bundesamt für Gesundheit (BAG), wenn es bei der Analyse der zugesandten Proben und Mustern Produkte feststellt, die in den Geltungsbereich der Chemikalienverordnung vom 5. Juni 2015148, der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung vom 18. Mai 2005149 oder der Biozidprodukteverordnung vom 18. Mai 2005150 fallen.

Abs. 3 Das METAS leitet vom BAZG empfangene Daten zudem an das BAG zur Vervollständigung des Produkteregisters Chemikalien nach Artikel 72 der Chemikalienverordnung weiter, wenn bei den Proben oder Mustern Mängel festgestellt werden oder es weitere Abklärungen zur korrekten Anmeldung in diesem Register braucht.

Art. 150

Datenübermittlung an Dritte zur Überprüfung der Bonität

Diese Bestimmung übernimmt inhaltlich weitgehend die bisherige Regelung von Artikel 112 Absatz 2 und 3 ZG. Das BAZG wird auch in Zukunft die Möglichkeit haben, Dritte zur Bonitätsprüfung beizuziehen.

148 149 150

SR 813.11 SR 814.81 SR 813.12

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3. Abschnitt: Bekanntgabe ins Ausland Art. 151

Bekanntgabe an Behörden anderer Staaten sowie supranationale und internationale Organisationen

Diese Bestimmung entspricht inhaltlich weitgehend der bisherigen Regelung in Artikel 113 ZG. Sie stellt keine Lex specialis zu Artikel 16 ff. nDSG und den entsprechenden Ausführungsbestimmungen auf Stufe Verordnung dar, welche parallel zu Artikel 151 E-BAZG-VG zu beachten sind. Die Bekanntgabe von Daten ins Ausland ist nach Artikel 151 E-BAZG-VG an eine Grundlage in einem völkerrechtlichen Vertrag gebunden. Bekannt gegeben werden dürfen Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, und Daten von juristischen Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Daten von juristischen Personen (Bst. a), Daten, die auf einer Risikoanalyse beruhen (Bst. b), und Daten, die auf einem Profiling oder einem Profiling mit hohem Risiko beruhen (Bst. c). Die bisherige Unterscheidung zwischen den Arten der Datenbekanntgabe (im Einzelfall oder auf Abruf) wurde nicht übernommen. Auch ohne explizite Nennung im Gesetz können in einem völkerrechtlichen Vertrag verschiedene Arten der Datenbekanntgabe geregelt werden.

Art. 152

Bekanntgabe an die für die Überwachung der SchengenAussengrenzen zuständige Europäische Agentur

Im Rahmen der Übernahme und Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 2019/1896151 gibt das BAZG auf Ersuchen oder von Amtes wegen der Agentur Frontex Daten bekannt. Betroffene Daten sind Personendaten nach den Artikeln 88 Absatz 1, 89 Absatz 2 und 90 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 2019/1896 (Abs. 1 Bst. a), Daten von Personen, die die Aussengrenzen unbefugt überschritten haben (Abs. 1 Bst. b), Fahrzeugkennzeichen und Fahrzeugidentifizierungsnummern (Abs. 1 Bst. c) und Schiffs- und Luftfahrzeugskennungen (Abs. 1 Bst. d). Diese Daten dürfen nach Artikel 87 der Verordnung (EU) Nr. 2019/1896 allerdings nur bekannt gegeben werden, wenn Frontex sie zu einem der folgenden Zwecke benötigt: Identitäts- und Staatsangehörigkeitsabklärungen (Abs. 2 Bst. a), Organisation und Koordinierung von gemeinsamen Aktionen (Abs. 2 Bst. b), Durchführung von Pilotprojekten (Abs. 2 Bst. c), Organisation von Soforteinsätzen zu Grenzsicherungszwecken (Abs. 2 Bst. d), Aufbau und Betrieb des nationalen Koordinierungszentrums (Abs. 2 Bst. e), Durchführung von Risikoanalysen (Abs. 2 Bst. f), Überprüfung von Identitätsdokumenten (Abs. 2 Bst. g) und Wahrnehmung administrativer Aufgaben (Abs. 2 Bst. h). Die Bearbeitung von Personendaten durch die Agentur zu einem anderen als dem ursprünglichen Zweck bedarf der Zustimmung der Schweiz (vgl. Art. 87 Abs. 2 Verordnung [EU] Nr. 2019/1896).

151

Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2019 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624, ABl. L 295 vom 14. November 2019, S. 1.

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4. Abschnitt: Wahrung von Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnissen Art. 153 Das BAZG erhält im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung von den Verfahrensbeteiligten Informationen, welche als Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse zu qualifizieren sind. In der Vernehmlassung wurde daher Sorge über den Schutz solcher Daten ausgedrückt. Es wurde unter anderem gefordert, dass Informationen nur weitergegeben werden dürfen, nachdem die betroffenen Unternehmen konsultiert worden sind, und dass eine restriktive Amts- und Rechtshilfepraxis in diesem Bereich angewandt werden müsse.

Für die Bekanntgabe von Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse an Dritte ist der im Zuge der Datenschutzrevision erlassene Artikel 57s Absatz 2 nRVOG relevant. Danach dürfen Bundesorgane besonders schützenswerte Daten juristischer Personen und somit auch Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse nur dann bekannt geben, wenn ein Gesetz im formellen Sinn dies so vorsieht. Die Bekanntgabe von Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse im Rahmen des E-BAZG-VG dient dabei dem Aufgabenvollzug der empfangenden Behörden oder des BAZG.

Die Amts- und Rechtshilfepraxis des BAZG ist in Artikel 171 E-BAZG-VG geregelt und bedingt ein begründetes Gesuch oder eine Initiative von Amtes wegen, wobei in beiden Fällen die betreffenden Daten wiederum für den Vollzug der von den empfangenden Behörden anzuwendenden Erlasse notwendig sein müssen. Eine Konsultation der betroffenen Personen ist im Rahmen dieser gesetzlich geregelten Datenbekanntgaben nicht vorgesehen. Im Bereich des Öffentlichkeitsprinzips ist hingegen Artikel 7 Buchstabe g BGÖ zu beachten, wonach der Zugang zu amtlichen Dokumenten eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert wird, wenn durch seine Gewährung Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse offenbart werden können. In diesem Zusammenhang werden Unternehmen regelmässig zum Vorliegen eines Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisses konsultiert.

Die Bekanntgabe von Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse ist mit den vorgesehenen und bereits heute bestehenden Bestimmungen und Einschränkungen umfassend reguliert. Die vorliegende Bestimmung soll zusätzlich zum Ausdruck bringen, dass die empfangenden Behörden und Organisationen verpflichtet sind, bekanntgegebene Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse zu wahren. Die
Bestimmung ist deklaratorischer Natur und ruft in Erinnerung, dass vom BAZG bekanntgegebene Daten regelmässig Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse darstellen und entsprechend zu behandeln sind.

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5. Abschnitt: Bekanntgabe von nicht besonders schützenswerten Personendaten und nicht besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen Art. 154 Der Bundesrat regelt auf Stufe Verordnung die Bekanntgabe von nicht besonders schützenswerten Personendaten und nicht besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen, soweit dies nicht bereits auf Stufe Gesetz getan wurde. Diese Delegationsbestimmung gilt sowohl für die Datenbekanntgabe im Abrufverfahren als auch für die Datenbekanntgabe mittels Datenübermittlungen.

5. Kapitel: Aufbewahrung, Archivierung und Vernichtung 1. Abschnitt: Aufbewahrung Art. 155

Grundsatz

Personendaten sollen nur so lange aufbewahrt werden, wie es der Bearbeitungszweck erfordert. Dies entspricht dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz in Artikel 6 Absatz 2 nDSG und wird explizit in Artikel 155 E-BAZG-VG festgehalten. Zusätzlich werden in den Artikeln 156­167 E-BAZG-VG maximale Aufbewahrungszeiträume definiert.

Bis anhin waren die allgemeinen Aufbewahrungszeiträume von Personendaten gestützt auf eine Delegationsnorm (Art. 110 Abs. 3 Bst. e ZG) in der DBZV geregelt.

Neu werden die Aufbewahrungszeiträume von besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen auf Gesetzesstufe verankert.

Inhaltlich wurden die Aufbewahrungszeiträume mehrheitlich aus dem geltenden Recht übernommen (vgl. Art. 10 Abs. 1 DBZV). So können auch künftig die im Informationssystem des BAZG enthaltenen besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen mit einigen Ausnahmen längstens während 5 Jahren ab deren Beschaffung aufbewahrt werden.

Die Berechnung der Fristen basiert normalerweise auf den Zeitpunkt der Beschaffung der Daten, was in der Regel auch sinnvoll ist. Es gibt in gewissen Bereichen der Strafverfolgung sowie der Bewilligungs- und Vereinbarungsverwaltung aber Konstellationen, bei denen diese Berechnungsmethode nicht zielführend ist. Dies trifft unter anderem dann zu, wenn das Verfahren oder die Bewilligung beziehungsweise die Vereinbarung länger dauern als die eigentlich ab Erfassung oder Entstehung berechnete Aufbewahrungsfrist. In solchen Fällen wird die Frist sinnvollerweise erst ab Ende des Verfahrens oder der Gültigkeitsfrist einer Bewilligung beziehungsweise der Vereinbarung berechnet.

Art. 156

Datenkategorie «grenzüberschreitender Warenverkehr»

Abs. 1 Besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen der Datenkategorie «grenzüberschreitender Warenverkehr» 207 / 436

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(Art. 120 E-BAZG-VG) dürfen im Grundsatz längstens während 5 Jahren ab deren Beschaffung aufbewahrt werden. In den Absätzen 2 und 3 werden die Ausnahmen geregelt.

Abs. 2 Für Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen der Datenkategorie «grenzüberschreitender Warenverkehr» gelten abweichend von Absatz 1 folgende Aufbewahrungszeiträume, sofern sie zu den jeweils genannten Zwecken bearbeitet werden: Bst. a Zur Bearbeitung von Verwaltung von Bewilligungen und Vereinbarungen: 5 Jahre nach Ablauf der Gültigkeit der Bewilligung oder Vereinbarung. Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen können für die Erteilung oder den Fortbestand einer Bewilligung entscheidend sein und müssen dokumentiert werden.

Bst. b Zur Verwaltung des Status des AEO nach Artikel 35 E-BAZG-VG: 5 Jahre nach Ablauf der Gültigkeit des Status. Alle Daten und Unterlagen, welche zur Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzungen und Zulassung des AEO-Status notwendig sind, müssen aufbewahrt und dokumentiert werden. Darunter fallen ebenfalls Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen. Die Daten dienen der weiteren Überwachung und Bewirtschaftung des unbefristeten Status und der Beurteilung, ob der AEO die erforderlichen Kriterien weiterhin erfüllt. Bei einem allfälligen Widerruf des Status kann ein erneuter Antrag frühestens 3 Jahre später wieder gemacht werden. Aus diesen Gründen müssen Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen in diesem Bereich auch nach der Gültigkeit des Status aufbewahrt werden können.

Bst. c Bei Ausnahmebewilligungen in der Warenbestimmung der Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung: 10 Jahre nach Ablauf der Ausnahmebewilligung. Bei den Ausnahmebewilligungen in der Warenbestimmung der Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung ist es möglich, dass der endgültige Abschluss des Verfahrens erst fünf oder mehr Jahre nach der Eröffnung erfolgt. Entsprechend müssen Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen, die im Zusammenhang mit einer Ausnahmebewilligung stehen, für den ordnungsgemässen Vollzug des Zollrechts analog der Daten der Veranlagungsverfügung während 10 Jahren verfügbar sein.

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Abs. 3 Für Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse der Datenkategorie grenzüberschreitender Warenverkehr gelten abweichend von Absatz 1 nachfolgende Aufbewahrungszeiträume, sofern sie zu den jeweils genannten Zwecken bearbeitet werden: Bst. a Zur Abgabenerhebung im grenzüberschreitenden Warenverkehr: 10 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Veranlagungsverfügung rechtskräftig geworden ist. Dies entspricht dem allgemeinen Aufbewahrungszeitraum für Veranlagungsdaten, der bereits im heutigen Recht vorgesehen ist (vgl. Anhänge 23 und 24 DBZV) und auch für Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse gelten muss, die sich im Zusammenhang mit verbindlichen Warenanmeldungen im Informationssystem des BAZG befinden. Die 10-jährige Aufbewahrungsfrist dieser Veranlagungsdaten entstammt der jahrzehntelangen Praxis der EZV beziehungsweise des BAZG und entspricht ebenfalls der Aufbewahrungsfrist in Art. 958 f. OR und Art. 70 MWSTG.

Bst. b Zur Tarifdokumentation: 20 Jahre nach Eingang der Daten. Die lange Aufbewahrungsfrist von Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse, welche für Tarifauskünfte und Kontrollen herangezogen werden, rechtfertigt sich in zweierlei Hinsicht: Zum einen müssen über eine lange Zeit eine gleichbleibende Tarifeinreihungspraxis, Rechtssicherheit sowie die Gleichbehandlung des Gegenübers sichergestellt werden können. Zum anderen wird dadurch der Aufwand für die Wirtschaft und Verwaltung verringert, da auf diese Weise wiederholte Rückfragen betreffend Zusammensetzung, Beschaffenheit der Waren und die kostenintensiven Laboruntersuchungen vermieden werden.

Bst. c Zur Verwaltung von Bewilligungen und Vereinbarungen: 5 Jahre nach Ablauf der Gültigkeit der Bewilligung oder Vereinbarung. Bewilligungen und Vereinbarungen weisen häufig unterschiedlich lange Gültigkeitsfristen auf. Würde bei der Berechnung der Aufbewahrungsfrist auf die Beschaffung der Daten abgestützt, so könnte die Situation eintreten, dass die Gültigkeitsdauer einer Bewilligung (z. B. für ein Zolllager) oder einer Vereinbarung zwar noch nicht abgelaufen ist, die zugrundeliegenden Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse jedoch gelöscht werden müssten. Es ist deswegen angebracht, bei der Berechnung der Aufbewahrungsfrist auf das Ende der Bewilligungs- beziehungsweise Vereinbarungsdauer abzustützen.
Bst. d Zur Verwaltung des Status des AEO nach Artikel 35 E-BAZG-VG: 5 Jahre nach Ablauf des Status. Alle notwendigen Daten und Unterlagen, welche zur Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzungen und der Zulassung des AEO-Status vorhanden sind, müssen aufbewahrt und dokumentiert werden. Darunter fallen ebenfalls Daten über Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse. Die Daten dienen in der Folge hauptsächlich

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der weiteren Überwachung und Bewirtschaftung des unbefristeten Status sowie zur Beurteilung, ob der AEO die erforderlichen Kriterien weiterhin erfüllt.

Art. 157

Datenkategorie «Inlandabgaben»

Besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen der Datenkategorie «Inlandgaben» (Art. 121 E-BAZG-VG) dürfen nach der Beschaffung höchstens 5 Jahre aufbewahrt werden.

Art. 158

Datenkategorie «Kontrollen»

Besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen der Datenkategorie «Kontrollen» (Art. 122 E-BAZG-VG) dürfen nach der Beschaffung höchstens 5 Jahre aufbewahrt werden. Dieser Zeitraum entspricht dem heutigen Recht (vgl. Art. 10 Abs. 1 i. V. m. Anhang 4 DBZV).

Art. 159

Datenkategorie «Strafverfolgung»

Die Bestimmung wurde inhaltlich weitgehend aus dem bisherigen Recht übernommen (Art. 16 IStrV-BAZG).

Art. 160

Datenkategorie «Vollzug von Strafen und Massnahmen»

Besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen der Datenkategorie «Vollzug von Strafen und Massnahmen» (Art. 127 E-BAZG-VG) dürfen nach Verfahrensabschluss höchstens während 5 Jahren aufbewahrt werden.

Art. 161

Datenkategorie «Risikoanalyse und Profiling»

Daten, die auf einer Risikoanalyse beruhen, und Daten, die auf einem Profiling oder einem Profiling mit hohem Risiko beruhen, dürfen nach der Durchführung der Analyse höchstens 5 Jahre aufbewahrt werden.

Art. 162

Datenkategorie «Finanzen»

Abs. 1 Im Bereich Finanzen richtet sich der Aufbewahrungszeitraum nach den Bestimmungen des Obligationenrechts betreffend Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern (Art. 958f OR). Geschäftsbücher und die Buchungsbelege sowie der Geschäftsund der Revisionsbericht sind während 10 Jahren aufzubewahren. In der Datenkategorie «Finanzen» werden auch Forderungen aus Strafverfahren bewirtschaftet. Somit müssen Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen, die im Zusammenhang mit dem Inkasso stehen, ebenfalls während 10 Jahren aufbewahrt werden.

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Abs. 2 Eine durch Verlustschein verurkundete Forderung verjährt 20 Jahre nach der Ausstellung des Verlustscheins (Art. 149a Abs. 1 SchKG). Die den Verlustscheinen zugrundeliegenden Forderungen des BAZG, auch solche aus Strafverfahren, beruhen gemäss Artikel 80 SchKG auf definitiven Rechtsöffnungstiteln. In einem Betreibungs- beziehungsweise in einem Vollstreckungsverfahren mit Verlustscheinen gelten dieselben Erfordernisse und Beweispflichten wie bei einem Verfahren ohne Verlustscheine. Die umfassende Auskunftspflicht des Schuldners oder der Schuldnerin bleibt beim Vollstreckungsverfahren unverändert bestehen. Entsprechend müssen die im Zusammenhang mit einem Betreibungs- und Konkursverfahren oder mit der Verlustscheinbewirtschaftung bearbeiteten Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen der Datenkategorie «Finanzen» je nach Vorliegen eines Verlustscheines 10 Jahre oder 20 Jahre aufbewahrt werden.

Art. 163

Datenkategorie «Unternehmensprüfung»

Unternehmensprüfungen werden bei den einzelnen Unternehmen nur alle 3­ 5 Jahre durchgeführt. Dabei spielen Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen der Datenkategorie «Unternehmensprüfung» (Art. 123 E-BAZG-VG) eine wichtige Rolle. Daten vergangener Prüfungen bilden oft die Basis für eine fokussierte nächste Unternehmensprüfung. Um einen zuverlässigen Trend feststellen zu können, ist ein 10-jähriger Aufbewahrungszeitraum für die erwähnten Daten unumgänglich.

Art. 164

Datenkategorie «Edelmetallkontrolle»

Für besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen der Datenkategorie «Edelmetallkontrolle» (Art. 124 E-BAZG-VG) ist ein Aufbewahrungszeitraum von 5 Jahren vorgesehen. Dieser Aufbewahrungszeitraum entspricht dem heutigen Recht (Art. 10 Abs. 1 i. V. m. Anhang 42­44 DBZV).

Art. 165

Datenkategorie «Administrativmassnahmen»

Der Aufbewahrungszeitraum für Daten über verwaltungsrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen der Datenkategorie «Administrativmassnahmen» (Art. 125 E-BAZGVG) beträgt 5 Jahre nach Abschluss einer Massnahme.

Art. 166

Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben»

Besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen der Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben» (Art. 130 E-BAZG-VG) werden im Zusammenhang mit kantonalen polizeilichen Aufgaben bearbeitet, die dem BAZG nach Artikel 10 Absatz 1 E-BAZG-VG zur Erfüllung übertragen worden sind. Da der Auslöser der Bearbeitung in der Regel eine vom BAZG durchgeführte Kontrolle ist, soll der Aufbewahrungszeitraum von Daten der Datenkategorie «kantonale polizeiliche Aufgaben» gleich lang sein wie derjenige

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der Datenkategorie «Kontrollen» (Art. 158 E-BAZG-VG): nach der Beschaffung höchstens 5 Jahre.

Art. 167

Schulungsunterlagen

Das BAZG bildet seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selber im Rahmen einer Grundausbildung und mit Weiterbildungen aus. Dazu müssen entsprechende Unterlagen aus der Praxis in Form von Muster-, Fall- sowie Übungsbeispielen zur Verfügung stehen. Das umfasst auch gefälschte Dokumente oder fehlerhafte Ursprungsnachweise. Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass solche Unterlagen auch besonders schützenswerte Personendaten oder besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen aus den einzelnen Datenkategorien enthalten.

Abs. 1 Um den datenschutzrechtlichen Prinzipien Rechnung zu tragen, sind diejenigen Schulungsunterlagen, die Personendaten enthalten, grundsätzlich zu anonymisieren, sofern dies für die Schulung nicht hinderlich ist.

Abs. 2 Die in Absatz 1 erwähnte Anonymisierung ist nicht immer zielführend. Zum Beispiel, wenn mit den anonymisierten Unterlagen gerade keine Eins-zu-eins-Situation nachgestellt werden kann, wie sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG bei ihrer täglichen Arbeit antreffen. So ist für eine erfolgreiche Ausbildung in der Erkennung gefälschter Dokumente die Verwendung von aktuell im Umlauf befindlichen «Original-Fälschungen» unerlässlich. Mit dem Abdecken oder Unkenntlichmachen beziehungsweise mit der Anonymisierung der Dokumente würde das Spurenbild, das die Erkennung des Falsifikats erst ermöglicht, für die Schulung unbrauchbar. Manipulieren etwa Fälscherinnen und Fälscher bei einem Ausweis die Augenbereiche mittels Überdrucken, dann kann das Gesicht der abgebildeten Person und das Spurenbild nicht mit einem schwarzen Aufkleber abgedeckt beziehungsweise anonymisiert werden.

Die für Schulungszwecke verwendeten nicht anonymisierten Unterlagen dürfen so lange aufbewahrt werden, wie sie für Schulungen notwendig sind, also hierzu verwendet werden. Für eine erfolgreiche Ausbildung müssen die Schulungsunterlagen auf dem neusten Stand sein. «Antiquitäten», die längst nicht mehr existieren oder nicht mehr eingesetzt werden, sind für die Ausbildung nicht mehr von grosser Bedeutung.

Entsprechend dürfen veraltete, sich nicht mehr im Schulungsgebrauch befindende Unterlagen mit Personendaten nicht länger aufbewahrt werden. Der Aufbewahrungszeitraum wird daher beschränkt auf längstens 20 Jahre seit der Beschaffung.

Abs. 3 Sofern eine Anonymisierung der Schulungsunterlagen nicht möglich ist, dürfen diese Unterlagen ausschliesslich zu Ausbildungszwecken verwendet und aufbewahrt werden.

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Art. 168

Nicht besonders schützenswerte Personendaten und nicht besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen

Der Bundesrat regelt auf Stufe Verordnung die Aufbewahrung von nicht besonders schützenswerten Personendaten.

2. Abschnitt: Archivierung und Vernichtung Art. 169 Abs. 1 Das E-BAZG-VG enthält keine eigenständigen Archivierungsvorschriften. Diesbezüglich gelten die Bestimmungen des Archivierungsgesetzes vom 26. Juni 1998152 (BGA) und der Archivierungsverordnung vom 8. September 1999153 (VBGA). Für die Personendaten bestätigt dies auch Artikel 38 Absatz 1 nDSG, wonach die Bundesorgane in Übereinstimmung mit dem BGA dem Bundesarchiv alle Personendaten anbieten, die nicht mehr ständig benötigt werden. Aufgrund von Artikel 6 BGA ist das BAZG verpflichtet, dem Bundesarchiv alle nicht mehr benötigten Unterlagen und somit auch die im Informationssystem des BAZG gespeicherten Daten zur Übernahme anzubieten. Gemäss Artikel 4 Absatz 1 VBGA gelten Unterlagen als nicht mehr ständig benötigt und müssen deshalb dem Bundesarchiv angeboten werden, wenn die anbietepflichtige Stelle keinen häufigen, regelmässigen Gebrauch mehr von ihnen macht, jedoch spätestens fünf Jahre nach dem letzten Aktenzuwachs. Diese Frist kann nach Artikel 4 Absatz 2 VBGA verlängert werden, wenn die anbietepflichtige Stelle begründet darlegen kann, dass sie die Unterlagen weiterhin benötigt. Diese Bestimmung kann beim BAZG bei Aufbewahrungszeiträumen von Daten zur Anwendung kommen, die länger als 5 Jahre betragen. Gemäss Artikel 7 Absatz 1 BGA wird festgelegt, ob die angebotenen Unterlagen archivwürdig sind, und nach Artikel 7 Absatz 2 BGA sind diejenigen Unterlagen, die als archivwürdig bezeichnet werden, dem Bundesarchiv abzuliefern.

Abs. 2 Artikel 169 Absatz 2 E-BAZG-VG beschreibt die Vernichtung von Personendaten im Informationssystem des BAZG. Die Bestimmung ist deklaratorisch. Personendaten, die das Bundesarchiv archiviert, sind vom BAZG zu vernichten. Nach der Archivierung beim Bundearchiv sollen Daten beim BAZG nicht mehr länger aufbewahrt werden. Bewertet das Bundesarchiv die angebotenen Daten als nicht archivwürdig, so ist Artikel 38 Absatz 2 nDSG anwendbar. Danach sind die vom Bundesarchiv als nicht archivwürdig bezeichneten Personendaten zu vernichten, es sei denn, sie werden anonymisiert (Bst. a) oder sie müssen zu Beweis- oder Sicherheitszwecken oder zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen aufbewahrt werden (Bst. b). Bei letzterer Möglichkeit müssen die maximalen Aufbewahrungszeiträume in den Artikeln 155167 E-BAZG-VG beachtet werden.

152 153

SR 152.1 SR 152.11

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6. Kapitel: Qualitätssicherung Art. 170 Abs. 1 Die Bestimmung verpflichtet das BAZG eine interne Qualitätssicherung zur Datenbearbeitung zu unterhalten. Sie begründet keine Ansprüche Dritter.

Das BAZG hat laufend zu überprüfen, ob bei der Bearbeitung von Personendaten und Daten von juristischen Personen die Bestimmungen des E-BAZG-VG und des nDSG sowie die Grundrechte der Bundesverfassung154 eingehalten werden. Werden Verstösse festgestellt, sind die notwendigen Massnahmen zu ergreifen. Mit der proaktiven Wahrnehmung dieser Aufgabe sorgt das BAZG für einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten entsprechend den jeweiligen Anforderungen und nach dem aktuellen Stand der Technik. Die Umsetzung der Qualitätssicherung ist Sache des BAZG, kann aber mit dem EDÖB inhaltlich abgesprochen werden. Es ist keine laufende externe Qualitätssicherung spezifisch für das BAZG vorgesehen.

Abs. 2 Die Aufzählung in Absatz 2 enthält eine nicht abschliessende Liste von Schwerpunkten für die Qualitätssicherung.

Bst. a Der erste Schwerpunkt der Qualitätssicherung bezieht sich auf die Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten. Dabei soll überprüft werden, ob die besonders schützenswerten Personendaten unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Grundsätze der Zweckgebundenheit und Verhältnismässigkeit in Artikel 6 Absätze 13 nDSG bearbeitet werden.

Bst. b Der zweite Schwerpunkt der Qualitätssicherung betrifft die Zugriffe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG auf Daten im Informationssystem des BAZG. Dabei soll überprüft werden, ob die Zugriffe vorschriftsgemäss und verhältnismässig umgesetzt werden. Grundlage der Prüfung ist die gesetzliche Regelung der Zugriffe in Anhang 1 Ziffer 1 E-BAZG-VG und den entsprechenden Bestimmungen auf Stufe Verordnung (vgl. Art. 135 Abs. 3 E-BAZG-VG). Die maximal möglichen Zugriffe aus der Gesetzgebung müssen im Berechtigungskonzept verhältnismässig umgesetzt werden. Insbesondere gilt es zu beachten, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG auch innerhalb ihrer Funktion nur auf diejenigen Daten Zugriff haben, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Die laufende Überprüfung der internen Zugriffe dient auch der Informationssicherheit nach Artikel 8 nDSG.

154

SR 101

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Bst. c Der dritte Schwerpunkt der Qualitätssicherung bezieht sich auf die Aufbewahrung, Archivierung und Vernichtung der Daten im Informationssystem des BAZG. Dabei soll überprüft werden, dass die entsprechenden Bestimmungen im BGA, nDSG und E-BAZG-VG eingehalten werden. Insbesondere muss das BAZG sicherstellen, dass Daten nicht unzulässig lange aufbewahrt werden.

Bst. d Der vierte Schwerpunkt der Qualitätssicherung bezieht sich auf die Risikoanalyse in den Artikeln 131 und 132 E-BAZG-VG und das Profiling und das Profiling mit hohem Risiko in den Artikeln 133 und 134 E-BAZG-VG. Diese Datenbearbeitungen können aufgrund ihrer Natur einen starken Einfluss auf die Rechte von Personen haben, deren Daten ausgewertet werden. Deswegen richtet sich die Überprüfung insbesondere auf die Einhaltung des Willkürverbots in Artikel 9 BV und des Diskriminierungsverbots in Artikel 8 BV. So wird die grundrechtskonforme Ausgestaltung dieser Datenbearbeitungen sichergestellt.

Bst. e Der fünfte Schwerpunkt der Qualitätssicherung bezieht sich auf den Einsatz von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten nach Artikel 111 E-BAZG-VG. Solche Geräte können aufgrund ihrer Natur einen starken Einfluss auf die Rechte von Personen haben, deren Bild übertragen oder aufgezeichnet wird. Deswegen richtet sich die Überprüfung insbesondere auf die Zweckgebundenheit und Verhältnismässigkeit des Einsatzes solcher Geräte. Damit wird sichergestellt, dass die Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräte nur für die gesetzlich ausgewiesenen Zwecke verwendet werden und dass sie nur zum Einsatz kommen, wenn es keine zweckmässige Alternative für deren Einsatz gibt, die weniger in die Rechte der Personen eingreift. Es wird auch sichergestellt, dass der Eingriffszweck aufgrund des öffentlichen Interesses nicht im Missverhältnis zur Eingriffswirkung in die Rechte der Personen steht.

Bst. f Der sechste Schwerpunkt der Qualitätssicherung bezieht sich auf den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) beim BAZG während der gesamten Anwendungsdauer der Algorithmen. Die Art und der Fokus der Überprüfung können mit Ausführungsbestimmungen auf Stufe Verordnung weiter beschrieben werden, solange der Gesetzgeber keine allgemeingültigen Vorgaben im Bereich KI erlassen hat.

Abs. 3 Das BAZG führt eine Dokumentationspflicht für die Qualitätssicherung
ein. Gesetzlich beauftragt mit der Dokumentation der Qualitätssicherung wird die Datenschutzberaterin oder der Datenschutzberater des BAZG (vgl. Art. 10 Abs. 4 nDSG und Ausführungsbestimmungen zur Rolle der Datenschutzberaterin oder des Datenschutzberaters für Bundesorgane). Die Datenschutzberaterin oder der Datenschutzberater des BAZG erstellt jährlich einen Bericht zuhanden der Direktorin oder des Direktors des BAZG über die Einhaltung der Bestimmungen nach Artikel 170 E-BAZG-VG,

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was einerseits die Schwerpunkte der Qualitätssicherung in Absatz 2 umfasst und andererseits die weiteren Überprüfungen nach Absatz 1. Dieser Bericht ermöglicht eine jährliche Bestandsaufnahme und erlaubt eine konstante Optimierung des Datenschutzes im BAZG.

9. Titel: Amtshilfe und Zusammenarbeit 1. Kapitel: Amtshilfe 1. Abschnitt: Nationale Amtshilfe Art. 171 Im Nachgang der Vernehmlassung wurden die nationale Amtshilfe (Art. 108 VE-BAZG-VG) und die spontane Amtshilfe (Art. 109 VE-BAZG-VG) zur besseren Darstellung in einem einzigen Artikel zusammengefasst. Neu ist in Absatz 1 der Grundsatz der gegenseitigen Unterstützung festgehalten. Absatz 2 regelt die amtshilfeweise Datenbekanntgabe inländischer Behörden an das BAZG und Absatz 3 regelt (umgekehrt) die amtshilfeweise Datenbekanntgabe des BAZG an andere inländische Behörden. Neu wird zudem in Absatz 4 die Wahrung von Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnissen bei der Datenbekanntgabe im Rahmen der Amtshilfe geregelt.

Abs. 1 Dieser Absatz wurde materiell unverändert aus dem bisherigen Recht übernommen (vgl. Art. 114 Abs. 1 ZG).

Abs. 2 Dieser Absatz wurde auf der Basis des bisherigen Rechts angepasst (vgl. Art. 114 Abs. 2 ZG beziehungsweise Art. 114 Abs. 2 nZG155). Neu wird im E-BAZG-VG geregelt, welche Daten im Rahmen der amtshilfemässigen Datenbekanntgabe an das BAZG betroffen sein können: Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten (Bst. a), Daten von juristischen Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Daten von juristischen Personen (Bst. b), und Daten, die auf einem Profiling oder einem Profiling mit hohem Risiko beruhen (Bst. c), soweit die Daten für den Vollzug des E-BAZG-VG, der Abgabeerlasse und der nichtabgaberechtlichen Erlasse notwendig sind.

Zudem wird neu spezifiziert, dass die Bekanntgabe an das BAZG von Amtes wegen oder auf begründetes Ersuchen vorgenommen werden kann. Entsprechend sind die zuständigen Behörden neben dem Ersuchen durch das BAZG auch ermächtigt, die zur Einhaltung der vom BAZG zu vollziehenden Erlasse erforderlichen Daten von sich aus zu teilen. Wie bisher kommt dem Fürstentum Liechtenstein in dieser Hinsicht die gleiche Rechtstellung zu wie den schweizerischen Kantonen, gestützt auf Artikel 6

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BBl 2020 7639, vgl. Art. 114 Abs. 2 nZG.

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Vertrag vom 29. März 1923156 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet.

Abs. 3 Dieser Absatz wurde klar als Datenbekanntgabe im Rahmen der Amtshilfe dargestellt (vgl. Art. 112 ZG). Neu wird im E-BAZG-VG beschrieben, welche Daten im Rahmen der amtshilfemässigen Datenbekanntgabe vom BAZG an andere inländische Behörden betroffen sein können: Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, und Daten von juristischen Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Daten von juristischen Personen, nach den Artikeln 120130 E-BAZG-VG (Bst. a), Daten, die auf einer Risikoanalyse beruhen (Bst. b), und Daten, die auf einem Profiling oder einem Profiling mit hohem Risiko beruhen (Bst. c), soweit die Daten für den Vollzug der von der empfangenden inländischen Behörde anzuwendenden Erlasse notwendig sind.

Zudem wird auch bei der Amtshilfe durch das BAZG neu spezifiziert, dass die Datenbekanntgabe von Amtes wegen oder auf begründetes Ersuchen vorgenommen werden kann. Entsprechend ist das BAZG neben der Anfrage durch eine andere inländische Behörde auch ermächtigt, die zur Einhaltung der von anderen Behörden zu vollziehenden Erlasse erforderlichen Daten von sich aus zu teilen. Hinsichtlich der Amtshilfe auf Ersuchen kann von einem begründeten Ersuchen ausgegangen werden, wenn das Gesuch dem BAZG aufgrund einer präzisen gesetzlichen Grundlage überstellt wird.

Abs. 4 Für diesen Absatz ist primär auf die Erläuterungen zur parallelen Bestimmung betreffend die Datenbekanntgabe in Artikel 153 E-BAZG-VG zu verweisen. Auch bei der Bekanntgabe von Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnissen im Rahmen der Amtshilfe durch das BAZG ist keine Konsultation der betroffenen juristischen Personen vorgesehen. Die vorliegende Bestimmung soll zum Ausdruck bringen, dass die empfangenden Behörden verpflichtet sind, bekannt gegebene Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse zu wahren. Die Bestimmung ist deklaratorischer Natur und ruft in Erinnerung, dass vom BAZG bekannt gegebene Daten regelmässig Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse darstellen und entsprechend zu behandeln sind.

2. Abschnitt: Internationale Amtshilfe Art. 172

Grundsatz

Das BAZG kann Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, und Daten juristischer Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Daten, nach den Artikeln 120­130, Daten, die auf einem Profiling nach Artikel 134 beruhen, Daten, die auf einer Risikoanalyse nach Artikel 132 beruhen, sowie Feststellungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG bei der Ausübung ihrer 156

SR 0.631.112.514

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Tätigkeit gemacht haben, an zuständige Behörden bekannt geben, sofern die Daten für den Vollzug der von diesen Behörden anzuwendenden Erlasse notwendig sind.

Art. 173­181 Die geltenden Bestimmungen über die internationale Amtshilfe gemäss Artikel 115­ 115i ZG wurden mit dem Steueramtshilfegesetz vom 28. September 2012157 (StAhiG) in das Zollgesetz eingefügt. Die neuen Bestimmungen waren insbesondere erforderlich für die Umsetzung des Abkommens vom 26. Oktober 2004158 über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen (Betrugsbekämpfungsabkommens, BBA). Eine Integration in das StAhiG erwies sich aber als nicht sinnvoll, weil der Geltungsbereich des BBA über die primär im StAhiG zu regelnden Abkommen über den Informationsaustausch in Steuersachen hinausgeht.

Die Bestimmungen von Artikel 115­115i ZG, die aufgrund des Verweises in Artikel 75a MWSTG auch für von der ESTV zu vollziehende Amtshilfeersuchen im Bereich der Mehrwertsteuer gelten, haben sich in der Praxis bewährt. Sie werden deshalb inhaltlich übernommen und lediglich redaktionell leicht angepasst.

2. Kapitel: Zusammenarbeit 1. Abschnitt: Massnahmen und Leistungen bei nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben Art. 182 Das BAZG ist das Aufgriffsorgan im grenzüberschreitenden Personen- und Warenverkehr. Es übergibt nachgelagerte Arbeiten an die zuständige Behörde. Daraus ergibt sich, dass vor- und nachgelagerte Arbeiten sowie Massnahmen und Leistungen, die über den «Massnahmen- und Leistungskatalog» des BAZG hinausgehen, grundsätzlich von der zuständigen Behörde zu erbringen sind. Vorgelagerte Arbeiten sind die Gesetzesredaktion oder das Führen politischer Diskussionen. Nachgelagerte Arbeiten sind die Fallnachbearbeitung, wenn Leistungen ausserhalb des Massnahmen- und Leistungskatalogs nach Artikel 182 Absatz 1 erforderlich sind, und das Beurteilen von Einsprachen gegen eingeleitete Massnahmen nach den nichtabgaberechtlichen Erlassen.

Die aufgeführten Massnahmen und Leistungen entsprechen dem heutigen Vollzugsumfang. Die erforderlichen Befugnisse ergeben sich aus dem 7. Titel und die Vollzugsaufgaben an sich aus den jeweiligen Rechtserlassen (z. B. Immaterialgüterrecht oder Heilmittelrecht, vgl. auch Abs. 3).

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SR 651.1 SR 0.351.926.81

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Die deklaratorische Auflistung des Massnahmen- und Leistungskatalogs dient der Transparenz sowohl gegenüber den zuständigen Behörden als auch gegenüber den Rechtsunterworfenen. Weiter sollen eine Standardisierung durch Anwenden der gleichen Massnahmen in vergleichbaren Fällen und die einheitliche Verwendung von Begriffen erreicht werden. Die Rechtswirkung einer Zurückbehaltung oder vorläufigen Sicherstellung von Waren weicht schon heute von jener einer Beschlagnahme von Waren ab. Die Verwendung der Begriffe erfolgt heute nicht einheitlich und führt immer wieder zu Unklarheiten.

Absätze 1 und 2 zeigen die Massnahmen auf, die das BAZG für die zuständigen Behörden ergreift, wenn eine Widerhandlung erwiesen ist oder ein Verdacht besteht. Der jeweilige nichtabgaberechtliche Erlass nennt die zutreffenden und untereinander kombinierbaren Massnahmen (Abs. 3).

Abs. 1 Bst. a Waren zurückbehalten: Das Zurückbehalten der Waren erfolgt, währendem das BAZG anlässlich einer Kontrolle zusätzliche kurze Abklärungen trifft, um Festzustellen, ob sich der Verdacht einer Widerhandlung bestätigt.

Bst. b Waren vorläufig sicherstellen: An dieser Stelle kann auf die Erläuterungen zu Artikel 109 E-BAZG-VG verwiesen werden. In Abweichung zum Zurückbehalten ist hier erwiesen beziehungsweise hat sich der Verdacht erhärtet, dass eine Widerhandlung vorliegt. Die vorläufige Sicherstellung steht in engem Zusammenhang mit der Weiterleitung beziehungsweise Übergabe der Waren an die zuständige Behörde zur weiteren Veranlassung.

Bst. c Proben und Muster entnehmen: Das BAZG entnimmt in den folgenden Fällen Proben und Muster: ­

Gestützt auf einen konkreten Auftrag der zuständigen Stelle, in der Regel im Rahmen von sog. «Schwerpunktkontrollen» nach Absatz 2 Buchstabe d;

­

wenn sich im Rahmen einer Kontrolle der Verdacht auf eine Widerhandlung ergibt, aber eine Analyse oder Prüfung der Waren erforderlich ist. In vielen Fällen sind die Waren hierfür an die zuständige Behörde oder einen beauftragten Dritten (Prüflabor) zu übergeben;

­

als Beweismittel (Zeugenmuster), wenn die Widerhandlung erwiesen ist.

Bst. d Waren der zuständigen Behörde übergeben: Für die Übergabe von Waren an die zuständige Behörde bestehen verschiedene Möglichkeiten. Die Art der Übergabe kann sich je nach Warenart oder Widerhandlung unterscheiden. Bei Verstössen gegen das Strassenverkehrsrecht erfolgt die Übergabe an die Kantonspolizei in der Regel am Ort

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der Feststellung der Widerhandlung. Illegale Medikamentensendungen, die mehrheitlich als Kleinsendungen festgestellt werden, werden der zuständigen Behörde zugestellt. Unterschiede gibt es auch in Bezug auf die Förmlichkeit der Übergabe. In Einzelfällen erfolgt diese mit Verfügung samt Rechtsmittel (vgl. Art. 30 Abs. 1 Bst. a der Verordnung vom 27. Mai 2020 über den Vollzug der Lebensmittelgesetzgebung159 [LMVV]).

Bst. e Waren der zuständigen Behörde melden: Das BAZG meldet der zuständigen Behörde relevante Erkenntnisse im Rahmen der Kontrolle. Diese Massnahme kann ergänzend zur Amtshilfe zur Anwendung gelangen. Denkbar ist ein Vollzugsbereich, der für regulierte Waren anstelle einer Bewilligungspflicht und somit der restriktiven Vorgabe der Bewilligungsprüfung anlässlich des Grenzübertritts eine Meldung vorsieht, die es der zuständigen Behörde erlaubt, die notwendigen Massnahmen beziehungsweise Regulierungen nachgelagert einzuleiten.

Bst. f und g Widerrechtliche Waren zurückweisen oder vernichten: Das BAZG weist widerrechtliche Waren zurück oder vernichtet diese, wenn ein nichtabgaberechtlicher Erlass dies vorsieht. Widerrechtlich sind einerseits verbotene oder nicht konforme Waren, aber auch solche, für welche erforderliche Bewilligungen oder Zeugnisse fehlen. Vor allem im Bereich des Lebensmittelrechts (Art. 34 LMG), aber auch bei der Pflanzengesundheit kommt diese Massnahme häufig zur Anwendung.

Bst. h Waren überwachen: Das BAZG überwacht Waren, die nach einer automatisierten oder physischen Kontrolle noch nicht in den freien Verkehr gelangen können. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Waren einer Kontrollstelle eines anderen Bundesamtes (z. B. der Artenschutzkontrollstelle) zuzuführen sind oder Analyse- beziehungsweise Prüfergebnisse einer zuständigen Behörde abzuwarten sind.

Bst. i Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert vereinfacht vernichten: Betreffend die vereinfachte Vernichtung von sogenannten «Kleinsendungen» kann auf die Erläuterungen zu Artikel 110 E-BAZG-VG verwiesen werden.

Abs. 2 Im Gegensatz zu Absatz 1 werden bei Absatz 2 nicht Massnahmen an den Waren selber (z. B. Waren zurückbehalten oder vorläufig sicherstellen), sondern wegen den Waren eingeleitet (z. B. Strafanzeige erstatten). Aufgrund dieses kleinen Unterschieds erfolgt die Regelung der möglichen Massnahmen in einem separaten Absatz.

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SR 817.042

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Bst. a Gemäss Buchstabe a kann das BAZG die von der zuständigen Behörde erlassenen Verfügungen betreffend eine Ware, die gegen einen nichtabgaberechtlichen Erlass verstösst, eröffnen. Es eröffnet derartige Verfügungen, wenn eine andere Behörde fachlich zuständig und kompetent ist, darüber zu entscheiden, ob Waren nicht konform sind und mit welchen Massnahmen sie deshalb zu belegen sind.

Bst. b Nach Buchstabe b kann das BAZG Strafanzeige erstatten, sofern es nicht über eigene Strafverfolgungskompetenzen verfügt. Es erstattet Strafanzeige in der Regel an die kantonalen Strafverfolgungsbehörden, in gewissen Bereichen aber auch an andere Bundesämter oder die Bundesanwaltschaft.

Bst. c Im Zusammenhang mit Massnahmen und Leistungen bei nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben kann das BAZG anderen Ämtern regelmässig oder im Rahmen der Amtshilfe Personendaten bekanntgeben. Da keine besonders schützenswerten Personendaten betroffen sind, werden diesbezüglich auf Stufe Gesetz keine spezifischen Bestimmungen für die regelmässige Bekanntgabe verankert. Die Bestimmungen über die regelmässige Bekanntgabe von normalen Personendaten werden vom Bundesrat gestützt auf Artikel 154 E-BAZG-VG im Rahmen der Totalrevision der Datenbearbeitungsverordnung für das BAZG auf Stufe Verordnung erlassen.

Betreffend die Bekanntgabe von Personendaten im Rahmen der Amtshilfe kann auf die Erläuterungen zu Artikel 171 verwiesen werden.

Bst. d Schliesslich kann das BAZG auch zeitlich befristet die Durchführung bestimmter physischer Kontrollen intensivieren. Es kontrolliert in der Regel risikobasiert und stichprobeweise. Zur Erkenntnisgewinnung, Risikoermittlung oder wenn ein konkreter Verdacht oder eine besondere Lage dies rechtfertigen, kann im Rahmen einer sogenannten «Schwerpunktaktion» während eines definierten Zeitraums ein konkreter Sachverhalt verstärkt kontrolliert werden.

Dafür gelangt die zuständige Behörde mit ihrem Anliegen an das BAZG. Dieses stimmt einer Schwerpunktaktion zu, wenn Einigkeit über den Vollzug (klarer Auftrag, Erkennbarkeit des Kontrollobjekts, angemessene Zeitdauer, Sicherstellung von allenfalls erforderlichen Expertisen seitens der zuständigen Behörde, Klarheit über einzuleitende Massnahmen u. Ä.) herrscht und die erforderlichen Ressourcen verfügbar sind.

Abs. 3 Das BAZG kann für die zuständigen Behörden unabhängig von der physischen Kontrolle weitere Leistungen erbringen.

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Bst. a Für die automatisierte Kontrolle reglementierter Waren sind sogenannte Bewilligungen (Verbringungsbewilligungen, Mengenbeschränkungen, Zertifikate und Nachweise) zu digitalisieren und via Schnittstelle mit dem Informationssystem des BAZG zu verbinden. Bewilligungen sind grundsätzlich durch die zuständige Behörde zu verwalten und zu prüfen. Aus Performance- und Sicherheitsgründen sowie bei kleinen Mengengerüsten ist denkbar, dass das BAZG kostenpflichtige Möglichkeiten der Bewilligungsverwaltung anbietet (z. B. Hosting oder Replikation).

Bst. b Gemäss Buchstabe b kann das BAZG für die zuständigen Behörden auch logistische Unterstützung gewähren. Vor allem im Zusammenhang mit Schwerpunktaktionen im Beisein der zuständigen Behörden oder wenn diese selbstständig, gestützt auf einen eigenen Vollzugsauftrag Aufgaben am Rande von Zollkontrollen oder an Kontrollorten des BAZG wahrnehmen, kann es erforderlich sein, dass das BAZG logistische Unterstützung gewährt. Denkbar ist die Zuweisung eines Kontrollstandorts oder das Zuführen von zu kontrollierenden Waren, Personen oder Transportmitteln.

Bst. c Schliesslich kann das BAZG auch Gebühren erheben. So erhebt es z. B. Gebühren für andere Grenzkontrollstellen (Grenztierarzt oder Artenschutzkontrollstelle).

2. Abschnitt: Zusammenarbeit mit dem Ausland Art. 183

Zusammenarbeit mit anderen Staaten und internationalen Organisationen

Das BAZG arbeitet für die Erfüllung seiner Aufgaben mit den Behörden und Organen ausländischer Staaten und internationalen Organisationen zusammen. Das betrifft namentlich die Bereiche Zoll und Grenzsicherheit. Im Bereich Zoll stehen die Koordination und Abwicklung des Zollverfahrens im Vordergrund (zur Koordination vgl.

Art. 14 Abs. 2 Bst. f der Organisationsverordnung vom 17. Februar 2010 für das Eidgenössische Finanzdepartement [OV-EFD]160). Von Bedeutung sind ferner die Zusammenarbeit mit der EU, so beispielsweise mit der EU-Kommission, mit Frontex und mit Europol oder der Europäischen Agentur für IT-Großsysteme (EU-LISA) sowie die Zusammenarbeit mit den Nachbar- oder Drittstaaten im Bereich der Rückführungsabkommen. Schliesslich arbeitet das BAZG gestützt auf internationale Polizeiverträge im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit eng mit dem Ausland zusammen.

Das BAZG vertritt die Schweiz ferner in internationalen Organisationen und Gremien, soweit es um zolltechnische Fragen oder Fragen der Grenzsicherheit geht (vgl. Art. 15 Bst. b und c OV-EFD). Eine Vertretung besteht beispielsweise in den Gremien der WZO oder der Railpol, der «Groupe d'action financière» (GAFI), der Organisation

160

SR 172.215.1

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für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des Weltpostvereins (UPU).

Art. 184

Einsätze im Ausland und Einsatz von Verbindungsleuten im Ausland

Diese Bestimmung entspricht weitgehend dem bisherigen Artikel 92 ZG und ermöglicht dem BAZG Einsätze im Ausland. Das Inkrafttreten des E-BAZG-VG führt nicht zur einer Erweiterung von Einsätzen im Ausland.

Seit der Assoziation der Schweiz an den Schengen-Raum hat die Mitwirkung an Einsätzen der Frontex an Bedeutung gewonnen. Die Grundlage für solche Einsätze bilden völkerrechtliche Verträge (vgl. hierzu Art. 186). Die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge obliegt grundsätzlich der Bundesversammlung (Art. 166 Abs. 2 BV). Der Bundesrat kann völkerrechtliche Verträge selbstständig abschliessen, wenn er durch ein Bundesgesetz oder durch einen von der Bundesversammlung genehmigten völkerrechtlichen Vertrag dazu ermächtigt ist oder wenn es sich um einen Vertrag von beschränkter Tragweite handelt (Art. 166 Abs. 2 BV, Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002161 [ParlG] und Art. 7a RVOG). Der Entscheid über den Einsatz zugunsten von Frontex obliegt somit nicht einzig dem BAZG.

Einsätze im Ausland sind bereits heute mannigfaltig. Zu einem Einsatz könnte es ebenfalls kommen im Bereich der Friedensförderungseinsätze des EDA oder beim Entsenden von Verbindungsoffizieren. Ferner engagieren sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG als Airline Liaison Officers (ALO). Das sind Spezialisten, die Fluggesellschaften bei der Dokumentenkontrolle in Drittstaaten beraten und schulen.

Schliesslich kommt es auch zu Sicherungseinsätzen im Luftverkehr (Tiger, Fox).

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG sind solche Auslandseinsätze weiterhin freiwillig (vgl. Art. 92 Abs. 2 ZG).

Art. 185

Zuständigkeiten für Einsätze in der Schweiz

Der vorliegende Artikel 185 entspricht vollständig Artikel 92a ZG. Jener wurde auf Antrag des Parlaments im Zusammenhang mit der Beratung zur Übernahme und Umsetzung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2019/1896 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624162 in das Zollgesetz übernommen. Da gegen die soeben erwähnte Vorlage das Referendum zustande gekommen ist, wurde diese am 15. Mai 2022 dem Volk zur Abstimmung unterbreitet. Das Volk hat sich an der Urne für die Annahme der Vorlage ausgesprochen.

Das BAZG wirkt mit bei der Erarbeitung der Einsatzpläne und übernimmt die Einsatzführung in Zusammenarbeit mit der Agentur. Dies gilt aber nur für Einsätze, bei 161 162

SR 171.10 Bundesbeschluss vom 1. Oktober 2021 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2019/1896 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624 (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands; BBl 2021 2333.

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welchen das BAZG selbst involviert ist, beziehungsweise für Einsätze an jenen Aussengrenzen, wo das BAZG auf Grundlage von Verwaltungsvereinbarungen für die Grenzkontrollen zuständig ist.

Abs. 1 Im Zusammenhang mit dem Aufbau von Frontex und parallel zu den zunehmenden Einsätzen von schweizerischem Personal im Ausland werden auch mehr Einsätze von ausländischen Grenzschutzexpertinnen und -experten an den Schengen-Aussengrenzen der Schweiz, sprich an den internationalen Flughäfen Basel, Genf und Zürich stattfinden. Diese Einsätze werden von der Agentur gestützt auf ihre Risikobeurteilung vorgeschlagen. Gestützt auf die Erfahrungen und Gespräche mit Frontex geht das BAZG davon aus, dass an den genannten Flughäfen jährlich maximal zwei ausländische Grenzschutzexperten einen Einsatz leisten. Ein Einsatz dauert bis zu sechs Monate. Ziel ist, dass die von der Agentur entsandten Expertinnen und Experten im regulären Schichtbetrieb mitarbeiten und diverse Aufgaben (wie z. B. Datenbankabfragen und Dokumentenprüfungen) vornehmen. Diese Einsätze erfolgen ohne Schusswaffen. Die Hostings an den Schweizer Flughäfen werden jährlich zwischen dem BAZG und der Agentur verhandelt, unter Einbezug der Flughafenpolizei der Kantonspolizei Zürich. Anschliessend werden die Verhandlungsergebnisse dem Bundesrat zur Genehmigung unterbreitet.

Abs. 2 Sollte die Situation an den Aussengrenzen der Schweiz sich so entwickeln, dass voraussichtlich der gesamte Schengen-Raum gefährdet werden könnte und damit eine Unterstützung durch die Agentur erforderlich würde, erarbeitet das BAZG in Zusammenarbeit mit den allfällig betroffenen Behörden das entsprechende Gesuch an die Agentur. Handelt es sich dabei um bewaffnete Einsätze oder Einsätze, die länger als sechs Monate dauern, werden diese anschliessend dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet. In dringenden Fällen kann diese Genehmigung nachträglich eingeholt werden.

Art. 186

Völkerrechtliche Verträge

Diese Bestimmung fasst die bereits im heutigen Zollgesetz geregelten Delegationen an den Bundesrat zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen zusammen.

In Absatz 1 findet sich die heutige Delegation gemäss Artikel 42a Absatz 2bis ZG, und in den Absätzen 2 und 3 finden sich die Delegationen gemäss Artikel 92 Absatz 6 Buchstaben a und b ZG.

Inhaltlich erfasst die Regelung auch die Kompetenzen des Bundesrats nach dem bisherigen Artikel 92 Absatz 5 Buchstaben a und b ZG. Der Bundesrat bleibt somit ermächtigt, völkerrechtliche Zusammenarbeitsverträge mit Frontex abzuschliessen sowie mit den zuständigen ausländischen Behörden den Einsatz von Verbindungsleuten des BAZG zu vereinbaren.

Der Begriff «andere Staaten» in Absatz 1 erfasst auch Staatengemeinschaften. Mit diesen sollen ebenfalls völkerrechtliche Verträge abgeschlossen werden können. Im 224 / 436

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Bereich der internationalen Organisationen sind Verträge mit der Europäischen Union im Vordergrund.

3. Abschnitt: Infrastruktur, Personal und Mitwirkungspflichten Dritter Art. 187

Infrastruktur Dritter

Wie bisher (vgl. Art. 5 Abs. 1 ZG) errichtet das BAZG die Grundinfrastruktur für die Erfüllung seiner Aufgaben selber. Das bedarf keiner Erwähnung im Gesetz.

Erfüllt das BAZG seine Aufgaben aber auf Begehren bestimmter Dritter vor Ort, dann haben diese die nötige Infrastruktur unentgeltlich zur Verfügung zu stellen und die Betriebskosten angemessen zu tragen (Abs. 1). Dies entspricht der heutigen Regelung (Art. 5 Abs. 2 ZG). Vorbehalten bleiben besondere Bestimmungen des Bundesrechts (Abs. 2). Dazu zählt etwa Artikel 105 Absatz 2 des Luftfahrgesetzes vom 21. Dezember 1948163 (LFG), der die Flugplatzhalter zur Bereitstellung der für die Zollabfertigung notwendigen Räume verpflichtet.

Art. 188

Mitwirkungspflicht des Personals von Transportunternehmen und Infrastrukturbetreiberinnen

Diese Bestimmung ist teilweise neu.

Das BAZG ist darauf angewiesen, dass es bei der Erfüllung seiner Aufgaben von spezialisiertem Personal der Transportunternehmen unterstützt wird, namentlich wenn es um Kontrollen im Bereich des Bahn-, Schiffs- und Luftverkehrs geht. Dasselbe gilt für das Personal von Infrastrukturbetreiberinnen wie etwa der Betreiberin eines Flughafens oder Flugplatzes, eines Bahnhofs oder eines Hafens. Ein Zusammenwirken mit den erwähnten Beteiligten ist beispielsweise erforderlich, um Migranten zu entdecken, die illegal auf Güterzügen einreisen wollen.

Bisher ist die Unterstützung nur teilweise vorgeschrieben für das Personal von Eisenbahnverkehrsunternehmen (Art. 124 ZV), auf Schiffen und Zollflugplätzen (Art. 134 bzw. 141 ZV). Nun soll die Pflicht zur personellen Unterstützung auf alle Transportunternehmen und Infrastrukturbetreiberinnen ausgedehnt werden.

Im Zusammenhang mit dem Personaleinsatz von Eisenbahnverkehrsunternehmen (Art. 124 ZV) kam es zu Diskussionen betreffend die Entschädigung. Um dies künftig zu vermeiden, ist es angebracht, die Unentgeltlichkeit der Personaleinsätze zur Unterstützung des BAZG im Gesetz vorzusehen. Diese Unterstützung des Personals ist nicht dauerhaft, sondern punktuell und zeitlich beschränkt. Unentgeltlichkeit ist daher zumutbar und Teil des Geschäftsmodells. Ein allfälliger Abrechnungsaufwand stünde in keinem Verhältnis zu einer Entschädigung.

163

SR 748.0

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Art. 189

Pflicht von Transportunternehmen und Infrastrukturbetreiberinnen zur Übermittlung von Daten und Dokumenten

Soweit die Transportunternehmen und Infrastrukturbetreiberinnen am Veranlagungsverfahren Beteiligte sind, gehen deren Pflichten zur Lieferung von Daten und Dokumenten vor. Artikel 189 kommt nur zur Anwendung, sofern und soweit die erwähnten Wirtschaftsbeteiligten nicht selber am Veranlagungsverfahren Beteiligte sind.

Die in diesem Artikel genannten Mitwirkungspflichten von Transportunternehmen und Infrastrukturbetreiberinnen lehnen sich an das bisherige Recht an und werden neu in dieser Bestimmung vereint (vgl. Art. 44 Abs. 2 sowie Art. 45 Abs. 3 ZG).

Beim Waren- und Personenverkehr über den Luft-, Wasser- oder Schienenweg spielen die erwähnten Wirtschaftsbeteiligten schon heute eine wichtige Rolle. Dementsprechend bestehen aktuell diverse Pflichten zur Lieferung von Daten und Dokumenten (vgl. die Art. 125, 136 und 151 der ZV). Die erwähnten Wirtschaftsbeteiligten helfen mit, das tatsächliche Verbringen von Waren und Personen über die Zollgrenze festzustellen, indem sie dem BAZG Daten und Dokumente übermitteln. Dabei werden in der Regel nicht neue, sondern bereits vorhandene Daten nutzbar gemacht. Eine Datenlieferung im elektronischen Verfahren beispielsweise ist nötig für die Aktivierung (vgl. Art. 19 Abs. 3) oder für künftige neue Transportformen wie Drohnen.

Die in Artikel 189 erwähnten Pflichten betreffen nicht nur den Flugplatzhalter (wie in Art. 151 Abs. 1 Bst. b ZV), sondern auch den Handling Agent, der bei der Aktivierung im Flugverkehr von Bedeutung ist (siehe die Erläuterungen zu Art. 19 Abs. 3).

Die Unentgeltlichkeit der Übermittlung ist heute schon vorgesehen für Bahnunternehmen (Art. 125 Abs. 2 ZV). Die elektronische Übermittlung ist sowohl im Interesse des BAZG als auch der Verpflichteten, weil sie einmal eingerichtet weniger Aufwand generiert.

Art. 190

Beizug Dritter

Abs. 1 Diese Bestimmung über den Beizug von Dritten ist neu. Sie lehnt sich an Artikel 18 Absatz 3 NSAG an, der die Übertragung der Vignettenkontrolle an Dritte erlaubt. Die vorliegende Regelung beschränkt sich jedoch auf den Beizug von Dritten für die Prüfung der Einhaltung nichtabgaberechtlicher Erlasse.

Die Prüfung der Einhaltung der nichtabgaberechtlichen Erlasse hat erheblich an Bedeutung gewonnen. Um sie effizient erledigen zu können, soll das BAZG in diesem Bereich für gewisse Kontrollschritte Personal von Dritten beiziehen können. Die politische Steuerung der Ressourcen des BAZG bleibt vorbehalten.

In der Sache geht es beispielsweise um den Beizug von Sicherheitspersonal an den Flughäfen oder von Personal für Kontrollen, die aufgrund ausserordentlicher Lagen im Bereich der nichtabgaberechtlichen Erlasse notwendig werden können, etwa für eine verstärkte Kontrolle von Lebensmitteln oder den Nachweis ihrer Unbedenklichkeit.

Das Personal wird zwar dem BAZG unterstellt, aber nicht dafür eingesetzt, polizeilichen Zwang auszuüben.

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Dritte können dem BAZG ihr Personal auch unentgeltlich zur Verfügung stellen.

Denkbar sind Fälle, wo ein Verband, eine Branchenorganisation oder eine dezentrale Verwaltungseinheit dem BAZG Hilfspersonal für die Kontrolle von nichtabgaberechtlichen Erlassen zur Verfügung stellt.

Abs. 2 Das beigezogene Personal ist wie erwähnt nicht befugt, polizeilichen Zwang anzuwenden. Es ist befugt, polizeiliche Massnahmen nach Artikel 107­111 anzuwenden.

Abs. 3 Der Beizug des Personals von Dritten ist im Einzelfall zu regeln. Der öffentlich-rechtliche Vertrag ist dafür das geeignete Mittel.

4. Abschnitt: Zusammenarbeit mit Privaten Art. 191

Erhöhung der Effizienz im grenzüberschreitenden Warenverkehr

Das BAZG arbeitet mit der Wirtschaft zusammen, um einen grenzüberschreitenden Warenverkehr zu ermöglichen, der sowohl effizient ist als auch die nichtabgaberechtlichen Erlasse einhält.

Art. 192

Vereinfachung des Veranlagungsverfahrens sowie Pilotversuche und Parallelbetriebe

Abs. 1 Das BAZG hat die Möglichkeit, Vereinbarungen mit den am Veranlagungsverfahren Beteiligten abzuschliessen. Hierbei handelt es sich um öffentlich-rechtliche Verträge zwischen dem BAZG und bestimmten natürlichen oder juristischen Personen. Für den angestrebten Zweck ist die Rechtsform des Vertrags auch weiterhin notwendig, weshalb die bisher in Artikel 42 Absatz 2 ZG genannte Regelung im neuen Recht fortgeführt wird.

Bei diesen Vereinbarungen geht es unter anderem um die Vereinfachung des Veranlagungsverfahrens. Mit dieser Art von Vereinbarung soll das BAZG Sachverhalte weiterhin bedarfsgerecht regeln können, die mit den grundsätzlich anzuwendeten Basisinstrumenten nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand abgewickelt werden könnten. Es handelt sich demnach um ein Spezialinstrument, das nur in ausgewählten Situationen zur Anwendung gelangt, wie zum Beispiel bei zeitlich beschränkten Grossveranstaltungen, speziellen örtlichen Gegebenheiten oder bei Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses. Neben dem grenzüberschreitenden Warenverkehr erfasst diese Art von Vereinbarung auch andere dem BAZG obliegende Veranlagungen (z. B. die Erhebung von Inlandabgaben).

Desweitern kann das BAZG im Zusammenhang mit Pilotversuchen oder im Rahmen eines Parallelbetriebs entsprechende Vereinbarungen mit den betroffenen Personen abschliessen (siehe Abs. 2 und 3).

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Abs. 2 Aufgrund der fortwährenden technischen Entwicklung müssen Prozesse künftig laufend angepasst werden können. Solchen Anpassungen gehen meist Pilotversuche voran. Mittels Vereinbarung können zum Beispiel sachlich und zeitlich begrenzte Innovationsräume geschaffen werden. Die entsprechenden Innovationen sollen auf diese Weise rasch geprüft und umgesetzt werden können. Zu präzisieren ist, dass die in diesem Artikel genannten Pilotversuche in einem allgemeinen Sinne zu verstehen sind und nicht mit den im DSG genannten Pilotversuchen verwechselt werden dürfen.

Pilotversuche nach Artikel 192 E-BAZG-VG werden mit wenigen Beteiligten durchgeführt. Sie sind freiwillig für diese Beteiligten. Der Pilotversuch bezweckt, die technische Machbarkeit eines Vorhabens zu testen, die Technik gegebenenfalls anzupassen und Erkenntnisse im Hinblick auf die Umsetzung zu sammeln. Für Beteiligte kann dies bedeuten, dass ihnen gewisse Mehraufwände und Umtriebe entstehen. Umgekehrt ist es auch möglich, dass mit dem Pilotversuch eingeführte Vereinfachungen zu Einsparungen oder Effizienzgewinnen führen. Aufgrund der Freiwilligkeit kann ein angefragter Beteiligter abschätzen, ob er bei einem Pilotversuch mitmachen will oder nicht. Die Auswirkungen auf den Wettbewerb müssen sich in den durch Absatz 4 gesteckten Grenzen bewegen (siehe Abs. 4).

In Pilotversuchen kann von Bestimmungen des 2. (Veranlagungsverfahren) und 3. Titels (Erhebung der Abgaben) und von Bestimmungen in Kapitel 1 des 5. Titels (Verfahrensrecht) abgewichen werden, wenn die Voraussetzungen gemäss den Buchstaben a­d kumulativ erfüllt sind.

Gemäss Buchstabe a können Pilotbetriebe mit wenigen Beteiligten auf freiwilliger Basis in den genannten Bereichen vom Gesetz abweichen, wenn für Beteiligte Erleichterungen des Veranlagungsverfahrens eingeführt werden sollen oder wenn die Erfüllung der Aufgaben des BAZG effizienter oder effektiver gestaltet werden soll.

Effizienter ist die Aufgabenerfüllung, wenn sie weniger kostet, und effektiver beziehungsweise wirksamer beispielsweise dann, wenn bei gleichem Aufwand mehr Verstösse festgestellt und sanktioniert werden. Steigerung der Effizienz und Effektivität können auch kumulativ erfüllt sein.

Gemäss Buchstabe c muss ein Pilotversuch zudem erforderlich sein, um Erkenntnisse im Hinblick auf die Umsetzung des
Vorhabens zu gewinnen.

Gemäss Buchstabe b müssen der Kreis der Abgabepflichtigen, der Gegenstand der Abgaben und deren Bemessung unberührt bleiben.

Schliesslich ist der Pilotversuch gemäss Buchstabe d zeitlich beschränkt auf die Dauer, die zur Gewinnung der angestrebten Erkenntnisse erforderlich ist, und maximal auf 4 Jahre. Dadurch wird verhindert, dass vorübergehende Abweichungen im Verfahren zu Dauerlösungen werden. Sollte der Pilotversuch zur Erkenntnis führen, dass man auf das neue, abweichende Verfahren wechseln möchte, dann sind die gesetzlichen Grundlagen vor dem Start eines Parallelbetriebs zu schaffen. Im Parallelbetrieb, der im Unterschied zum Pilotversuch allen Beteiligten offensteht, kann nicht vom Gesetz abgewichen werden. Der Parallelbetrieb dient dem breiteren Ausrollen einer technischen Lösung, das die gestaffelte Einführung in einem immer grösser werdenden Benutzerkreis zum Ziel hat (siehe Abs. 3).

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Die vorliegende Regelung wählt als Grundlage für die erwähnten Abweichungen bewusst die Vereinbarung, denn diese passt besser zum Pilotversuch, um den es hier geht, als eine bundesrätliche Verordnung. Im Unterschied zu flächendeckenden Pilotversuchen wie etwa im Asylverfahren164 kommt der vorliegende Pilotversuch nur bei ausgewählten Freiwilligen zur Anwendung, und er benötigt inhaltliche Flexibilität, passend zur technischen Weiterentwicklung. Die Rechte des Gesetzgebers bleiben gewahrt durch die klare inhaltliche und zeitliche Begrenzung der zulässigen Abweichungen im Gesetz selber. Vom Kern der Abgabeerhebung (Abgabepflicht, Gegenstand der Abgabe und Bemessung) kann nicht abgewichen werden. Zeitlich beschränkt sich die Vereinbarung abweichenden Rechts auf die Testphase im Pilotversuch. Für einen späteren Parallelbetrieb, der flächendeckend ist, kann abweichendes Recht nicht vereinbart, sondern nur erlassen werden (Gesetz, Verordnung).

Abs. 3 Im Zuge der Einführung neuer Informationssysteme besteht meist auch die Anforderung, diese in zeitlich beschränktem Rahmen parallel zu bestehenden Systemen mit dem gleichen Zweck zu betreiben. Dadurch wird eine neue technische Lösung nicht als «Big Bang» auf einen Schlag für alle am Veranlagungsverfahren Beteiligten eingeführt, sondern es besteht die Möglichkeit eines sanfteren Übergangs. Im Parallelbetrieb hat das BAZG beispielsweise die Möglichkeit, mit Vereinbarungen technische Neuerungen aus einem Pilotversuch einem breiteren Nutzerkreis zur Verfügung zu stellen. Die am Veranlagungsverfahren Beteiligten bekommen dadurch die Gestaltungsfreiheit, den Zeitpunkt des Umstiegs auf die neue technische Lösung innerhalb des Parallelbetriebs selbst zu wählen («Opt-in»). Dieses Vorgehen ist für beide Seiten vorteilhaft. Auf der einen Seite ergibt sich für das BAZG infolge des von den Beteiligten sukzessiv vorgenommenen Wechsels eine schrittweise Erhöhung der Last auf das neue Informationssystem. Im Bedarfsfall kann dessen Kapazität schrittweise erhöht werden, um die Last bewältigen zu können. Auf der anderen Seite erhalten die am Veranlagungsverfahren Beteiligten mehr Flexibilität und Freiraum bei der Anpassung ihrer Prozesse und IT-Systeme. Zudem steht der Schritt zurück auf die alten Informationssysteme für beide Seiten offen, falls grössere Probleme auftreten
sollten.

Die Digitalisierung der Prozesse und Abläufe sowie deren kontinuierliche Weiterentwicklung erfordert zur Risikominimierung diese technische Option des Parallelbetriebs.

Abs. 4 Die Vereinbarungen nach Absatz 1 dürfen weder den Wettbewerb unter den Betroffenen wesentlich beeinträchtigen noch die Abgabesicherheit oder den Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse gefährden. Diese Einschränkungen entsprechen im Wesentlichen dem bisherigen Recht (vgl. Art. 42 Abs. 2 und 3 ZG). Im Ergebnis müssen die Vereinfachung und die Innovation mindestens die gleiche Wirkung erzielen wie das üblicherweise vorgesehene Verfahren.

164

Vgl. etwa Art. 112b des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (SR 142.31).

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Aus Effizienzgründen können Vereinbarungen auch in elektronischer Form (z. B.

Nutzungsbestimmungen) abgeschlossen werden. Insbesondere kann eine Anwendung, die der Abgabeerhebung dient, die Annahme von Nutzungsbestimmungen voraussetzen. Mit dem Akzept der Nutzungsbestimmungen durch die am Veranlagungsverfahren beteiligte Person gilt die Vereinbarung als abgeschlossen (Vertragsabschluss), und die entsprechende Anwendung kann verwendet werden.

Sollten sich im Zusammenhang mit einer Vereinbarung Streitigkeiten ergeben, so erlässt das BAZG eine anfechtbare Verfügung.

10. Titel: Strafverfolgung 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Das BAZG ist originär und ausschliesslich zuständig für die Verfolgung und Beurteilung einer Vielzahl von Widerhandlungen. So wird dem BAZG in über zwanzig Bundesgesetzen die Kompetenz zur Strafverfolgung eingeräumt. Zu nennen sind insbesondere die Hinterziehung von indirekten Steuern und Abgaben (Mehrwertsteuer auf die Einfuhr von Gegenständen, Mineralölsteuer, Tabaksteuer, Biersteuer, Schwerverkehrsabgaben und weitere), Bannbruch (Nichteinhaltung von Ein-, Aus- und Durchfuhrverboten und -beschränkungen) oder Widerhandlungen im Bereich der Heilmittelgesetzgebung, der geschützten Pflanzen und Tierarten oder gegen die Tierschutzoder die Tierseuchengesetzgebung. Im Rahmen dieser Strafverfolgungskompetenz führt das BAZG jährlich über 40 000 abgekürzte und über 1700 ordentliche Strafverfahren durch und ist damit ein wichtiger Pfeiler der schweizerischen Strafverfolgung.

Art. 193

Anwendbares Recht

In Anlehnung an den bisherigen Artikel 128 ZG soll diese Bestimmung sicherstellen, dass möglichst in sämtlichen durch das BAZG durchgeführten Strafverfahren dieselben Regeln angewendet werden. Aus diesem Grund finden die Regeln des 10. Titels immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass die entsprechenden Erlasse für die Strafverfolgung auf das VStrR und das E-BAZG-VG verweisen, ist aufgrund dieser Bestimmung und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Im Verhältnis zum VStrR gehen die Bestimmungen des 10. Titels des E-BAZG-VG den entsprechenden Bestimmungen des VStrR vor (Lex-specialis-Regel). Daneben kann der jeweilig anwendbare Erlass Spezialregeln vorsehen (z. B. in Art. 101 ff.

MWSTG). Diese gehen den allgemeinen Regeln und damit auch den Artikeln 178 ff.

E-BAZG-VG vor (für das Verhältnis zu den Spezialerlassen vgl. Art. 4 und 5 E-BAZG-VG).

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Art. 194

Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben

Artikel 194 wurde unverändert aus dem aktuellen Zollgesetz übernommen (Art. 125 ZG). Als Ausfluss des Verhältnismässigkeitsprinzips erlaubt es die Bestimmung, in komplexen Fällen auf eine aufwendige Strafuntersuchung zu verzichten und damit den Eingriff in die Rechte der betroffenen Personen möglichst gering zu halten.

Art. 195

Konkurrenz

Im bisherigen Recht war die Frage der Konkurrenzen sowohl in Artikel 126 ZG als auch in den einzelnen Strafbestimmungen geregelt. Im Hinblick auf eine Vereinfachung wurden die bestehenden Regeln in einer Bestimmung zusammengefasst. Regelungen in den einzelnen Strafbestimmungen, welche lediglich deklaratorischer Natur waren, wurden gestrichen (z. B. Art. 118 Abs. 2 sowie 120 Abs. 2 ZG).

Art. 196

Verzicht auf Strafverfolgung

Vorbemerkung: Im Rahmen der Motion de Courten vom 31. Mai 2017 (17.3376 «Die Wirtschaftsfeindliche Strafpraxis der Zollverwaltung umgehend korrigieren») wurde der Bundesrat beauftragt, das Zollgesetz dahingehend anzupassen, dass die von der Zollverwaltung von 2009 bis 2016 gehandhabte Deklarantenstrafpraxis auf ausreichender rechtlicher Grundlage sinnvoll wieder fortgeführt werden kann. Diese Praxis hatte es erlaubt, dass berufsmässige Zolldeklaranten wie Zolldienstleister oder Logistikabteilungen der grossen Importeure im Falle von Widerhandlungen gegen Deklarationspflichten unter gewissen Umständen strafrechtlich nicht oder erst nach einer bestimmten Anzahl von Vorfällen verfolgt wurden. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, der Bundesversammlung eine Änderung des Zollgesetzes zu unterbreiten, die dem Anliegen des Motionärs nach einer sinnvollen Fortführung der Deklarantenstrafpraxis unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen so weit wie möglich gerecht wird.

Der Bundesrat schickte zwei Varianten in die Vernehmlassung. In einem separaten Fragebogen wurden die Vernehmlassungsteilnehmenden explizit danach gefragt, welche Variante sie bevorzugen.

Beide Varianten hatten das Ziel, in Bagatellfällen auf Strafe verzichten zu können.

Variante 1 führte (Artikel 196 Buchstabe b E-BAZG-VG) eine gesonderte Rechtsgrundlage ein, damit in Fällen, in welchen besondere Umstände eine Deklaration erschweren, auf die Bestrafung verzichtet werden kann. Es blieb aber beim Prinzip, dass für Zollanmeldungen ein hohes Mass an Sorgfalt gelten soll.

Davon unterschied sich Variante 2 dahingehend, dass anstelle der Einführung einer Spezialnorm für besondere Fälle in diversen Gesetzen die fahrlässige Abgabengefährdung und die bewusst fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeiten als straflos erklärt wurden.

Im Vernehmlassungsverfahren sprachen sich 31 Vernehmlassungsteilnehmende für die Variante 1 aus. Konkret wurde diese Variante von 6 Kantonen, einer Partei und 24 Verbänden bevorzugt. Dagegen sprachen sich zwei Kantone, eine Partei und 231 / 436

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12 Verbände, total somit 15 Vernehmlassungsteilnehmende, für die Variante 2 aus.

72 Vernehmlassungsteilnehmende gaben keine Stellungnahme ab. Variante 1 beinhaltet in Buchstabe a von Artikel 196 einen allgemeinen Strafverzicht für Bagatellfälle. Der Strafverzicht in Buchstabe b knüpft an die Deklarantenstrafpraxis, welche zwischen 2009 bis 2016 galt, an und erweitert diese auch gegenüber Personen, welche sich in einer ähnlichen Situation befinden wie berufsmässige Deklaranten. Die Bestimmung von Artikel 197 E-BAZG-VG geht als Lex specialis der Bestimmung in Artikel 52 StGB vor.

Bst. a Das hier gesetzlich verankerte Opportunitätsprinzip existiert bereits in anderen Verwaltungsgesetzen (Art. 87 Abs. 6 HMG oder Art. 38 Abs. 2 AStG). Es geht Artikel 52 StGB vor und erlaubt dem BAZG, in Bagatellfällen auf Strafverfahren zu verzichten und schützt die betroffenen Personen vor übertriebener Härte. Gerade im Bereich der Massendelikte, in denen zum Teil sehr tiefe Abgabenbeträge betroffen sind, ist diese Bestimmung unerlässlich, um die vorhandenen Ressourcen sinnvoll einsetzen zu können. Im Unterschied zu Buchstabe b bedarf es für die Anwendung der Bestimmung keiner Sondersituation. Erfasst werden sämtliche Fälle, die als besonders leicht erscheinen (Bagatellfälle). Dies betrifft in erster Linie Fälle, in welchen die gefährdeten oder hinterzogenen Abgabenbeträge sehr tief sind. Ein anderer Anwendungsfall besteht dann, wenn Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert, die gegen einen nichtabgaberechtlichen Erlass verstossen, nach Artikel 110 E-BAZG-VG vereinfacht vernichtet werden.

Bst. b Der Gesetzestext von Artikel 196 Buchstabe b, durch welchen die Deklarantenstrafpraxis von 2009 bis Ende 2016 mittels formal-gesetzlicher Grundlage wiedereingeführt werden soll, knüpft bewusst nicht an das Kriterium der Warenanmeldung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit an, um Personen, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden (z. B. Vielzahl von Zollanmeldungen pro Tag, kein Eigeninteresse, komplizierte Aufgaben, Vornahme rechtlicher Beurteilungen), gleich behandeln zu können. Ebenfalls verzichtet wurde auf die Nennung der genauen Kriterien, welche zu einem Strafverzicht führen können. Die Entwicklung dieser Kriterien soll der Rechtsprechung überlassen werden. Dies ermöglicht der Rechtsprechung eine
Anpassung an veränderte Umstände und eine Beschränkung der Strafbefreiung auf das absolut Notwendige.

Gleichwohl soll die ehemalige Deklarantenstrafpraxis von 2009 bis Ende 2016 den Ausgangspunkt bilden. Als Leitlinie werden in Buchstabe b diejenigen zwei Situationen genannt, unter denen auf eine Strafverfolgung verzichtet werden kann. Dabei müssen Schuld oder Tatfolgen (alternativ) geringfügig sein. Bei geringfügigen Tatfolgen darf zudem kein Vorsatzdelikt vorliegen, weshalb im Gesetzestext explizit die Fahrlässigkeit erwähnt wird. Im Einzelnen: 1.

Besonders geringfügiges Verschulden Unter das Kriterium des besonders geringfügigen Verschuldens werden Fälle von einfacher Fahrlässigkeit subsumiert, welche auf klassische Arbeitsfehler zurückzuführen sind. Solche Fehler können auch bei einer gewissenhaften

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Person im Rahmen ihrer alltäglichen Arbeit vorkommen, sofern ein gewisser Arbeitsdruck vorhanden ist. Hierbei handelt es sich insbesondere um Schreibund Rechenfehler.

Kein geringfügiges Verschulden liegt hingegen bei typischen Überlegungsfehlern vor, wenn beispielsweise für die Berechnung von einer erkennbar unzutreffenden Währung ausgegangen worden ist oder, wenn vorhandene Rechnungen nicht beachtet worden sind.

2.

Besonders geringfügige Tatfolgen in den übrigen Fällen von Fahrlässigkeit Sofern kein Fall von besonders geringfügigem Verschulden beziehungsweise höchstens grobe Fahrlässigkeit vorliegt, soll gleichwohl auf eine Strafverfolgung verzichtet werden können, wenn die Tatfolgen als besonders geringfügig anzusehen sind. Dies ist der Fall, wenn dem Staat kein oder ein nur verhältnismässig kleiner Schaden entstanden ist. Davon kann gesprochen werden, wenn lediglich eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist und somit überhaupt keine Abgabenhinterziehung vorliegt, wenn ein Vorsteuerabzug gemacht werden kann, die Ware nachträglich zum Kontingentszollansatz verzollt oder präferenzberechtigt abgefertigt werden kann.

Die besondere Behandlung von berufsmässigen Warenanmeldern (Deklaranten) gründet auf der Tatsache, dass sich deren Ausgangslage wesentlich von derjenigen der übrigen Warenanmelder unterscheidet. Denn im Gegensatz zu letzteren müssen die Deklaranten die oft heikle rechtliche Zuordnung der Handelswaren zu vorgegebenen Warengruppen vornehmen (Angabe der sogenannten «Tarifnummer»). In dieser Tiefe müssen die übrigen Warenanmelder kaum je deklarieren. Wählt der Deklarant eine falsche Tarifnummer, können Abgaben gefährdet oder sogar hinterzogen werden; dies wiederum kann zur Bestrafung der Deklarantinnen oder Deklaranten führen. Diese zum Teil schwierige Beurteilung nehmen die Deklaranten in der Regel nicht in eigener Sache, dafür aber selbstständig und in eigener Verantwortung vor. Damit ist es für sie oft schwierig zu beurteilen, ob sie über alle relevanten Unterlagen verfügen und ob diese korrekt sind. Darüber hinaus haben die Deklaranten ihre Arbeit unter grossem Zeitdruck zu erledigen, weshalb trotz ihrer Erfahrung und Ausbildung Fehler leichter passieren können als etwa bei Personen, die ihre eigenen Waren anmelden oder überhaupt wenige Warenanmeldungen an einem Tag vornehmen müssen.

Soweit bei Deklaranten eine solche Sondersituation vorliegt, unterscheidet sich deren Ausgangslage somit wesentlich von derjenigen der übrigen Warenanmelder, weshalb eine unterschiedliche Anwendung von Strafbefreiungsgründen als notwendig erscheint. Ansonsten würden sich die strengen Sorgfaltsmassstäbe bei berufsmässigen Warenanmeldern stärker auswirken. Anknüpfungspunkt von Artikel 196 Buchstabe b ist somit nicht die berufliche Qualifikation, sondern die Sondersituation, welche in der Regel nur bei Deklaranten vorkommt.

Die Situation von Deklaranten unterscheidet sich aber auch von der Ausgangslage bei anderen Berufsgruppen ausserhalb des Zollrechts. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Berufsgruppen laufen die Deklaranten Gefahr, selbst für kleinere Arbeitsfehler (z. B. Tipp- oder Rechenfehler) bestraft zu werden. Dies, obwohl sie komplizierte Entscheide unter grossem Zeitdruck zu fällen haben. Hinzu kommt, dass diese Fehler

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im System gespeichert und auch Jahre später noch festgestellt und geahndet werden können.

Dass die Ausgangslage bei den Deklaranten wesentlich anders ist als bei den übrigen Warenanmeldern und anderen Berufsgruppen, darf und muss berücksichtigt werden können. Aufgrund der offenen Ausgestaltung der Norm kann eine solche Sondersituation aber auch bei anderen Warenanmeldern berücksichtigt werden, sofern sie dort auftritt.

Art. 197

Selbstanzeige

Da die Möglichkeit der Selbstanzeige in Artikel 13 VStrR auf eine einmalige Widerhandlung begrenzt ist, wurde das Institut der Selbstanzeige in Anlehnung an Artikel 102 MWSTG neu formuliert. Dass eine Person, die bereits Widerhandlungen im Zusammenhang mit Abgaben begangen hat, eine Selbstanzeige einreichen und dadurch straffrei ausgehen kann, fördert die Abgabenerhebung des Bundes. Mit Artikel 197 ist somit sichergestellt, dass für sämtliche Selbstanzeigen, welche durch das BAZG beurteilt werden, die gleichen Regeln gelten.

Eine Selbstanzeige ist aber weiterhin nur in Bezug auf die Hinterziehung und die Gefährdung von Abgaben möglich. Für andere Delikte im Zuständigkeitsbereich des BAZG, z. B. Delikte in den Bereichen Tierschutz, Tierseuchen, Artenschutz oder Heilmittel, ist eine Selbstanzeige nicht möglich. Der Grund liegt darin, dass nur bei Abgabendelikten der verursachte Schaden wieder komplett rückgängig gemacht werden kann.

Art. 198

Strafbescheid

Abs. 1 Aufgrund der weitgehenden Ausrichtung auf elektronische Systeme soll sichergestellt werden, dass auch Strafbescheide nach Artikel 64 und 65 VStrR auf diesem Weg eröffnet werden können.

Abs. 2 Absatz 2 trägt der Massenverwaltung Rechnung und soll unnötigen Aufwand im Bagatellbereich vermeiden. Gerade in klaren Fällen besteht oft auf beiden Seiten das Bedürfnis, den Vorfall möglichst schnell und einfach zu erledigen. Diese Möglichkeit wird nun für Bussen bis 300 Franken beziehungsweise bei Kumulation bis 600 Franken eingeführt. Mit dem Einverständnis der betroffenen Person und der sofortigen Bezahlung der Busse durch diese erwächst der Strafbescheid in Rechtskraft, ohne dass vor Ort Dokumente ausgedruckt und unterschrieben werden müssen. Damit wird dieser Bereich dem System des Ordnungsbussengesetzes angeglichen. Ist die betroffene Person nicht einverstanden, kann sie eine direkte Zahlung vor Ort verweigern, wodurch das ordentliche Verfahren eingeleitet wird.

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2. Kapitel: Ermittlung Eine Strafuntersuchung darf erst eingeleitet werden, wenn ein mindestens hinreichender Anfangsverdacht bezüglich eines konkreten Deliktes vorliegt. Solange dies nicht der Fall ist, stehen dem BAZG lediglich die Instrumente des 1. Kapitels des 7. Titels (Befugnisse des BAZG) zur Verfügung, um auftretenden Verdachtsmomenten nachzugehen. Da diese Instrumente oft nicht ausreichen, um Straftaten frühzeitig zu erkennen und zu verhindern, wurde im alten Recht mit Artikel 128a ZG die Möglichkeit geschaffen, Personen oder Sachen an allgemein zugänglichen Orten zu observieren.

Mit dieser Bestimmung ist es dem BAZG möglich, im Rahmen einer Voruntersuchung (Ermittlungsverfahren) zu klären, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt.

Da sich dies in der Praxis als wertvolles Mittel erwiesen hat, wurde die Möglichkeit zur Observation aus dem alten Zollgesetz übernommen.

Gerade im Bereich bandenmässig organisierten Schmuggels hat dies dem BAZG ermöglicht, vor der Eröffnung eines Strafverfahrens erste Erkenntnisse über das Vorhandensein und das Ausmass der vermuteten Widerhandlungen zu gewinnen. Im neuen Recht soll diese Art der Ermittlung im Bereich zwischen der Kontrolle und von Strafverfahren nun eigenständig als Ermittlungsverfahren geregelt werden. Durch die Darstellung dieses Vorganges im Gesetz wird zum einen mehr Transparenz geschaffen. Zum anderen ermöglicht es, die speziellen Erfordernisse dieser Ermittlungstätigkeit konkret zu regeln.

Art. 199 Für das Handeln an der Schnittstelle zwischen den verwaltungsrechtlichen Kontrollund Überwachungstätigkeiten und der strafprozessualen Untersuchungstätigkeit fehlen bisher klare Regelungen. Mit den neuen Bestimmungen soll dem nun entgegengewirkt, und das Handeln des BAZG soll in diesem Bereich klarer definiert werden.

Aufgrund der thematischen Nähe zur Strafuntersuchung wird die Ermittlung im 10. Titel (Strafverfolgung) geregelt und der Strafuntersuchung vorangestellt. Diese Systematik ist auch deshalb sinnvoll, weil die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens erlangten Daten gleich schützenswert wie diejenigen eines Strafverfahrens sind. Dies mit dem Unterschied, dass die Daten aus dem Ermittlungsverfahren oft rein taktischer Natur sind und vielfach nicht zu Beweiszwecken verwendet werden. Sofern Erkenntnisse als Beweismittel verwendet
werden sollen, werden diese ­ wie sogleich erläutert ­ mittels Anzeige an die Untersuchungsbehörde übermittelt.

Abs. 1 Auslöser eines Ermittlungsverfahrens sind entweder eigene Feststellungen oder Hinweise (Meldungen) von Dritten (Behörden oder Privatpersonen). Da solche Feststellungen oder Hinweise oft entweder zu wenig konkret sind oder auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden müssen, wird in solchen Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. So können unrichtige oder sogar missbräuchlich eingereichte Anzeigen von Drittpersonen früh erkannt werden, ohne dass eine Strafuntersuchung eröffnet werden muss. Das Ermittlungsverfahren ist aber oft auch die einzige Möglichkeit,

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komplexe oder schwerwiegende Widerhandlungen überhaupt zu erkennen, da im Bereich von Wirtschaftskriminalität wenig bis keine Spuren vorhanden sind und deshalb Informationsfragmente zuerst richtig gedeutet und zusammengesetzt werden müssen.

Sofern sich aus der Ermittlung ein hinreichender Tatverdacht ergibt, werden diese Erkenntnisse in Form einer Anzeige an die Strafuntersuchung übermittelt, welche in der Folge ein Strafverfahren eröffnet.

Abs. 2 In dieser Bestimmung werden die Ermittlungsmittel geregelt. Dass die Ermittlung zu sämtlichen Handlungen berechtigt ist, die das BAZG im Rahmen seiner Kontrolltätigkeit vornehmen kann, ergibt sich bereits aus der Systematik und ist an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber aufgeführt. Zusätzlich kann die Ermittlung die Massnahmen nach Artikel 201 ff. E-BAZG-VG einsetzen. Dazu gehört wie unter der Geltung des ZG die Observation (Art. 202). Hinzu kommen neu der Einsatz von Ortungsgeräten (Art. 203), die Möglichkeit eine verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen nach Artikel 206 E-BAZG-VG durchzuführen sowie der Schutz von Verfahrensbeteiligten (Art. 201). Ein funktionierender Schutz in diesem Bereich ist auch im Rahmen von Ermittlungsverfahren notwendig, da protokollierte Aussagen oder Anzeigen gegenüber der Ermittlung des BAZG im Rahmen der Anzeige an die Untersuchungsbehörden übermittelt werden können und so dem Akteneinsichtsrecht der beschuldigten Person unterliegen. In solchen Fällen müssen Zeugen von Beginn an geschützt werden können.

Abs. 3 Im Unterschied zum Einsatz von Ortungsgeräten im Rahmen einer Strafuntersuchung ist im Ermittlungsverfahren noch kein Strafverfahren eröffnet worden, weshalb das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist, über den Genehmigungsantrag des BAZG zu entscheiden. In Bezug auf die Voraussetzungen gilt Artikel 203 Absatz 1 sinngemäss. So besteht insbesondere im Ermittlungsverfahren noch kein Verdacht auf eine nach Artikel 203 Absatz 2 genannte Straftat, sondern es bestehen lediglich Hinweise auf eine solche.

3. Kapitel: Strafuntersuchung 1. Abschnitt: Allgemeine Untersuchungshandlungen Art. 200

Untersuchungsverfahren

Abs. 1 Absatz 1 folgt den gleichen Grundsätzen wie Artikel 309 Absatz 1 StPO, mit der Ausnahme, dass das Verfahren immer durch das BAZG eröffnet wird. Ansonsten kann auf die Lehre und Rechtsprechung zu Artikel 309 Absatz 1 StPO verwiesen werden.

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Abs. 2 Absatz 2 gibt dem BAZG die Möglichkeit, Berichte und Anzeigen von Behörden zur Durchführung ergänzender Ermittlungen zurückzuweisen. Dies bietet sich gerade in Fällen an, in welchen kein hinreichender Anfangsverdacht besteht und ergänzende Ermittlungen angezeigt sind. Selbstredend können auch private Strafanzeigen an die Ermittlung überwiesen werden, um Angaben auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen oder das Ausmass der angezeigten Widerhandlungen zu erkennen.

Art. 201

Massnahmen zum Schutz von Verfahrensbeteiligten

Abs. 1 Bis anhin bestand keine gesetzliche Möglichkeit, Verfahrensbeteiligte angemessen zu schützen. Insbesondere bei Anzeigen aus dem Umfeld der Täterschaft war eine Zusicherung der Anonymität nicht möglich, wenn die Aussagen im Verfahren verwendet werden sollten. Dies führte zu ernsthaften Beweisproblemen, da der Schutz der Zeugen in der Regel höher eingestuft wurde als das Interesse des Staates an der Aufklärung der Straftaten und die Behörde deshalb auf die Aussagen verzichtete. Aktuelle Erfahrungen zeigen zudem, dass im professionellen Schmugglermilieu häufig die Androhung und Ausübung von Gewalt gegenüber aussagewilligen Personen stattfindet.

Gerade im Bereich des Schmuggels von Wasserpfeifentabak ist bekannt, dass sich kriminelle Banden, welche früher mit Betäubungsmitteln handelten, heute damit finanzieren. Es erscheint daher angezeigt, den Schutz von Beteiligten auszubauen. Mit dem Verweis auf die Artikel 149 und 150 StPO sollen diese Problematik nun entschärft und ein bewährtes System eingeführt werden.

Abs. 2 Absatz 2 regelt die Zuständigkeit und das Rechtsmittel. Beim Verweis auf Artikel 26 VStrR handelt es sich um einen Rechtsfolgeverweis, da es sich beim Schutz von Verfahrensbeteiligten nicht um eine Zwangsmassnahme handelt.

2. Abschnitt: Besondere Untersuchungsmassnahmen Art. 202

Observation

Abs. 1 Die Observation war bisher in Artikel 128a ZG geregelt. Die Regelung hat sich bewährt und soll möglichst unverändert ins neue Recht überführt werden. Der Begriff «Transportmittel» ist deklaratorischer Natur. Er wurde aufgenommen, um die Kontrollstrategie (360-Grad-Kontrollspektrum; Personen, Waren und Transportmittel) zu betonen. Die sprachliche Anpassung in Buchstabe a (Verdacht statt konkrete Anhaltspunkte) bedeutet keine inhaltliche Änderung. Damit wurde einzig eine konsistente Regelung angestrebt, da der Einsatz von Ortungsgeräten auch im Rahmen einer Observation angeordnet werden kann und dieser in Anlehnung an die strafprozessuale Regelung einen Verdacht erfordert (Art. 203). Insbesondere ist die Eröffnung eines

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Strafverfahrens für eine Observation keine notwendige Voraussetzung (vgl. Art. 199 Abs. 2).

In der Beantwortung der Interpellation Rytz vom 5. Mai 2021 (21.3544 «Mobiles Einsatzkommando Helvetia. Was ist die Rechtsgrundlage?») wurde angekündigt, dass im Rahmen der vorliegenden Botschaft die Aufgaben und Tätigkeiten des Mobilen Einsatzkommandos Helvetia (MEK Helvetia) und deren rechtliche Grundlagen dargelegt werden.

Das BAZG hat seit 2006 eine Observationsgruppe mit Zugriffskompetenz, ein sogenanntes mobiles Einsatzkommando, welches Observationen und Interventionen zugunsten der Strafverfolgung professionell durchführen kann. Die rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen des MEK Helvetia finden sich in Artikel 43 Absatz 5 RVOG und nicht im vorliegenden Gesetz. Die Aufgaben des MEK Helvetia sind hauptsächlich die Durchführungen von Observationen im Kompetenzbereich des BAZG. Im Vordergrund stehen hier Ermittlungen gegen gewerblich vorgehende und organisierte Schmuggler. Zusätzlich können auch Sicherungen während der Durchführung von Zwangsmassnahmen wie zum Beispiel Hausdurchsuchungen durch Inspektoren der Strafverfolgung und die Durchführung von Zugriffen mit erhöhtem Gefährdungspotential erfolgen, alles Aufgaben zur Unterstützung der Strafverfolgung.

Das MEK Helvetia hat nach wie vor keine eigenständigen Ermittlungskompetenzen.

Die Observationskompetenzen des MEK Helvetia stützen sich auf den vorliegenden Artikel, die Interventionskompetenzen auf Artikel 99 ff. E-BAZG-VG. Die Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MEK Helvetia gehen nicht über diejenigen der Fachspezialisten Zoll und Grenzsicherheit des BAZG hinaus.

Weiter leistet das MEK Helvetia auf Antrag der verschiedenen Partnerbehörden des Bundes und der Kantone in Einzelfällen Unterstützungseinsätze im Rahmen der Amtshilfe gestützt auf Artikel 171 ff. E-BAZG-VG.

Abs. 2 Auch das Erfordernis der Genehmigung nach Absatz 2 wird beibehalten. Anstelle der «Oberzolldirektion» ist neu die Direktorin oder der Direktor des BAZG zuständig.

Abs. 3 und 4 Die Absätze 3 und 4 sind wörtlich aus Artikel 128a ZG übernommen worden und haben keine Änderungen erfahren.

Art. 203

Einsatz von Ortungsgeräten

Abs. 1 und 2 Der Einsatz von Geräten, welche Fahrzeuge und Gegenstände lokalisieren und den jeweiligen Standort aufzeichnen können, fand im alten Zollrecht seine Rechtsgrundlage in Artikel 108 ZG und der Verordnung über den Einsatz von Bildaufnahme-, Bildaufzeichnungs- und anderen Überwachungsgeräten durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit. Mithilfe solcher Ortungsgeräte, worunter beispielsweise der

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GPS-Tracker fällt, wurde der Standort eines Fahrzeugs oder eines Gegenstands festgestellt, ohne dass Daten aufgezeichnet oder im Strafverfahren als Beweismittel verwendet worden sind. Im April 2020 befasste sich das Bundesgericht mit der neuen Rechtsgrundlage im Polizeigesetz des Kantons Bern für den Einsatz von Ortungsgeräten und stufte die Überwachung durch ein an einem Fahrzeug befestigten GPSTracker als einen nicht leichten Eingriff in die Privatsphäre ein165. Dieser Entscheid und der Vergleich mit der gesetzlichen Regelung in der StPO gaben Anlass dazu, den Einsatz von Ortungsgeräten sowohl hinsichtlich der Normstufe als auch der Normdichte grundlegend zu überarbeiten und in Anlehnung an die strafprozessualen Regelungen auszugestalten. Dies auch mit dem Hintergrund, dass eine Observation ohne Lokalisierung eines Zielfahrzeugs heute äusserst schwierig und ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer kaum mehr möglich ist. Neu wird mit dieser Formulierung auch die Verwendung der aufgezeichneten Daten im Strafverfahren möglich sein, was im Bereich von gewerbsmässigen Widerhandlungen die Aufklärung der begangenen Straftaten fördern wird.

In Bezug auf den Wortlaut wurde bewusst die offene Formulierung der Ortungsgeräte gewählt, um künftige technische Entwicklungen nicht auszuschliessen. Was den übrigen Wortlaut anbelangt, wurde dieser in Anlehnung an Artikel 269 Absatz 1 StPO formuliert, weshalb die Bestimmung analog ausgelegt werden kann.

Abs. 3 Absatz 3 enthält eine Regelung, unter welchen Voraussetzungen eine Überwachung von Transportmitteln von Drittpersonen ausnahmsweise zulässig ist. Diese Regelung ist die Ausnahme vom Grundsatz, wonach der Einsatz von Ortungsgeräten grundsätzlich nur gegenüber der Person angeordnet werden darf, gegen die sich der Verdacht richtet.

Art. 204

Genehmigungsverfahren für den Einsatz von Ortungsgeräten

Abs. 1 und 2 Artikel 204 übernimmt inhaltlich die Vorschriften über das Genehmigungsverfahren von Artikel 274 StPO beziehungsweise verweist darauf. Innert 24 Stunden (Ordnungsvorschrift) seit Übermittlung der Anordnung des Einsatzes eines Ortungsgeräts ist ein Antrag an das Zwangsmassnahmengericht zu stellen. Diesem Antrag werden die ursprüngliche Anordnung, die Begründung und, falls vorhanden, die wesentlichen Akten beigelegt. Insbesondere im Ermittlungsverfahren kann es vorkommen, dass noch keine Dokumente vorliegen, weshalb ein begründeter Antrag ausreicht.

Abs. 3 Den Genehmigungsantrag prüft das nach Artikel 22 VStrR zuständige kantonale Zwangsmassnahmengericht. Einen allfällig ablehnenden Entscheid kann das BAZG mit Beschwerde nach Artikel 26 VStrR innert drei Tagen nach Eröffnung des Be-

165

Urteil des Bundesgerichts 1C_181/2019 vom 29. April 2020.

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schwerdeentscheids anfechten. Die von der Massnahme betroffene Person hat in diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis, weshalb ihr die Beschwerdemöglichkeit nach Beendigung und nach Erhalt der Mitteilung des Einsatzes zukommt (Art. 205 Abs. 4).

Art. 205

Beendigung des Einsatzes eines Ortungsgeräts und Mitteilung

Die Regelung über die Beendigung des Einsatzes eines Ortungsgeräts und die entsprechende Mitteilung an die betroffene Person entspricht der Regelung in den Artikeln 275 und 279 StPO. Gegen den vom Zwangsmassnahmengericht genehmigten Entscheid über den Einsatz eines Ortungsgeräts kann die betroffene Person, nachdem die gesetzlich vorgesehene Mitteilung erfolgt ist, innert drei Tagen Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts führen (Art. 26 VStrR).

Art. 206

Verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen

Abs. 1 Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung werden Waren vermehrt nicht mehr physisch, sondern in virtuellen Räumen angeboten und verkauft. Dies hat zur Folge, dass sich die Abwicklung illegaler Warenimporte oder sogar die Anbahnung von Schmuggel zunehmend in das Internet verlagern beziehungsweise unter Zuhilfenahme des Internets stattfinden. Im Gegensatz zur realen Welt bietet das Internet allerdings die Möglichkeit, illegal eingeführte Waren mit einem geringeren Risiko anzubieten. Beispielsweise können in geschlossenen Chatrooms illegal eingeführte Nahrungsmittel, Medikamente oder auch Bestandteile geschützter Tierarten und Pflanzen angeboten und verkauft werden, ohne dass die Kontrollorgane dies bemerken und verhindern könnten. Damit rechtsfreie Räume dieser Art verhindert beziehungsweise zumindest überhaupt erkannt werden können, braucht es die Kompetenz, in virtuellen Räumen verdeckt fahnden zu können. Nur so ist es dem BAZG möglich, sich unter Angabe einer fiktiven Identität Zugang zu verdächtigen virtuellen Räumen zu verschaffen und unrechtmässiges Handeln aufzudecken.

Die verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen war im Vorentwurf zunächst bei den Befugnissen als «Aufklärung in virtuellen Räumen» in Artikel 107 E-BAZG-VG vorgesehen. In den Vernehmlassungen wurde teilweise vorgebracht, dass die Aufklärung in virtuellen Räumen die gleiche Eingriffstiefe habe wie die verdeckte Ermittlung nach Artikel 285a ff. StPO und als neue Befugnis des BAZG in direkter Konkurrenz zu den Aufgaben der kantonalen Strafverfolgungsbehörden stehe. Dieser im Rahmen des Vorentwurfs geäusserten Kritik wird durch die Umformulierung und Verschiebung der Bestimmung in das 3. Kapitel nun Rechnung getragen. Bereits die neue Bezeichnung der Bestimmung als «verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen» soll deren Parallelität zu Artikel 298a ff. StPO aufzeigen und klarstellen, dass es sich gerade nicht um eine verdeckte Ermittlung handelt. Zudem wird auf eine eigene Formulierung verzichtet, und der Wortlaut wird der Bestimmung an Artikel 298b StPO angelehnt. Durch diese sprachliche Anlehnung an die Formulierung der StPO wird die Interpretation von Artikel 206 E-BAZG-VG durch die Rechtsanwendung erleichtert und sauber von der verdeckten Ermittlung abgrenzt. Die Formulierung enthält allerdings dahingehend eine Einschränkung, dass die verdeckte Fahndung auf den virtuellen

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Raum begrenzt ist. Die Bestimmung geht damit weniger weit als die verdeckte Fahndung nach Artikel 298a ff. StPO. Mit anderen Worten ist die verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen mit der verdeckten Fahndung nach Artikel 298a ff. StPO vergleichbar und nicht mit der verdeckten Ermittlung nach Artikel 285a ff. StPO. Gegenüber der verdeckten Fahndung nach Artikel 298a ff. StPO hat sie aber eine geringere Eingriffstiefe, weil sie auf den virtuellen Raum beschränkt ist und keine persönlichen Kontakte stattfinden. Die Massnahme ermöglicht dem BAZG zukünftig, dass speziell ausgebildete Mitarbeiter ermächtigt sind, sich im virtuellen Raum nicht als solche zu erkennen geben müssen. Ein Aufbauen eines Vertrauensverhältnisses oder das Absichern der Täuschung durch Verwenden von durch Urkunden abgesicherten Legenden ist, wie es bei einer verdeckten Ermittlung der Fall wäre, weiterhin nicht vorgesehen.

Als besondere Untersuchungsmassnahme kommt die verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen ausschliesslich in Kriminalitätsbereichen zur Anwendung, in denen das BAZG originär für die Strafverfolgung zuständig ist. Strafverfolgungskompetenzen können dem BAZG nicht durch eine Kantonsvereinbarung übertragen werden, sondern werden durch das jeweilige Sachgesetz des Bundes originär zugeordnet. In diesen Bereichen ist ausschliesslich das BAZG für die Strafverfolgung zuständig. Es besteht keine parallele Zuständigkeit des BAZG und der kantonalen Staatsanwaltschaften, und es liegt kein Eingriff in die kantonale Polizeihoheit vor.

Die vorgeschlagene Regelung enthält analog der Strafprozessordnung das Erfordernis einer Bewilligung durch eine kompetente Stelle, welche im Verwaltungsstrafverfahren auch andere Zwangsmassnahmen prüft und bewilligt. Analog zur Bestimmung in Artikel 298b StPO ist die Massnahme einzig zur Aufklärung von Verbrechen und Vergehen, nicht aber von Übertretungen zulässig (Bst. a). Weiter kann die verdeckte Fahndung auch nur angeordnet werden, wenn die bisherigen Untersuchungshandlungen erfolglos geblieben sind oder sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden (Bst. b).

Abs. 2 Die verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen wird längstens für einen Monat angeordnet. Überschreitet sie diese Dauer, bedarf ihre Fortsetzung analog der Regelung zur Observation der Genehmigung durch die
Direktorin oder den Direktor des BAZG.

Damit ist die Genehmigungsstufe auch bei der verdeckten Fahndung in virtuellen Räumen äusserst hoch angesetzt.

Abs. 3 und 4 Die betroffene Person ist spätestens nach Abschluss des Verfahrens über die getroffenen Massnahmen zu informieren (Abs. 3). Sofern die Erkenntnisse allerdings nicht als Beweismittel verwendet werden sollen und es für den Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Interessen als notwendig erscheint, kann wie bei der Observation nach Artikel 202 die Information aufgeschoben oder es kann darauf verzichtet werden. Dieser Ausschluss hat vor allem im Ermittlungsverfahren nach Artikel 199 E-BAZG-VG Bedeutung und soll in Fällen, in welchen die Ermittlung nicht zu einem Strafverfahren führt, verhindern, dass durch eine Informationspflicht das taktische

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Vorgehen der Behörde offengelegt werden müsste, was zukünftige Ermittlungen gefährden könnte.

Abs. 5 Soweit das E-BAZG-VG keine eigenen Regelungen enthält, gelangen die Bestimmungen gemäss Artikel 298a bis 298d StPO sinngemäss zur Anwendung. Dies soll die Nähe zum entsprechenden Institut der StPO verdeutlichen und die Rechtsanwendung vereinfachen. Der Beschwerdeweg richtet sich, wie im Verwaltungsstrafrecht üblich, nach Artikel 26 VStrR, womit die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts für die Beurteilung zuständig ist.

11. Titel: Ordnungswidrigkeiten Art. 207 Die Bestimmung über die Ordnungswidrigkeiten lehnt sich an den aktuellen Artikel 127 ZG, wird aber sprachlich konziser formuliert. Gestrichen, da nicht notwendig, wird die Subsidiarität in Absatz 1. Diese ergibt sich bereits aus den allgemeinen Konkurrenzregeln. In Bezug auf die Fahrlässigkeit wird zugunsten der bewussten Fahrlässigkeit auf das Kriterium der Grobfahrlässigkeit verzichtet. Das Kriterium der bewussten Fahrlässigkeit erscheint in diesem Zusammenhang präziser, da es an die Wissensseite anknüpft.

Absatz 2 nimmt Bezug auf Artikel 114 E-BAZG-VG und wird bei Bedarf auf Verordnungsstufe näher ausgeführt. Im Unterschied zum Vernehmlassungsentwurf wird auf den Hinweis der Strafandrohung verzichtet, da ein solcher Hinweis nicht erforderlich ist.

Nicht übernommen wird Absatz 3 des aktuellen Artikel 127 ZG, da sich dieser Vorbehalt ebenfalls aus den allgemeinen Konkurrenzregeln ergibt.

12. Titel: Gebühren Art. 208 Das BAZG erhebt Gebühren für Verfügungen, Dienstleistungen und besondere amtliche Verrichtungen. Dieser Grundsatz ergibt sich bereits aus Artikel 46a RVOG. Beispielhaft aufgeführt werden hier Bewilligungen nach Artikel 65 und 69 (Betrieb von Zoll- oder Steuerlagern) und Artikel 71 E-BAZG-VG (Betrieb von Zollfreiläden oder Bordbuffetdiensten), die Anordnung von Sicherheitsleistungen (Art. 55 E-BAZG-VG) und Betriebsprüfungen, die zu Beanstandungen führen. Ferner wird festgehalten, dass das BAZG Gebühren erheben kann, wenn ihm durch die Nichteinhaltung einer Anmeldepflicht aus einem völkerrechtlichen Vertrag ein Mehraufwand bei seiner Kontrolltätigkeit entsteht. Zu nennen ist hierbei insbesondere die summarische Ein- oder Ausgangsanmeldung zu Sicherheitszwecken nach dem ZESA-Abkommen.

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Die Aufzählung in Absatz 1 ist nicht abschliessend. Vorbehalten bleibt die Gebührenregelung nach Artikel 89 für Verfügungen im Veranlagungsverfahren.

Im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens wurde die Einführung einer Gebührenpflicht für Tarifauskünfte geprüft. Der Grund bestand darin, dass alle Informationen, auch diejenigen für die Tarifierung, in Zukunft einfacher auffindbar sein und kostenlos zur Verfügung stehen sollen. So sollen beispielsweise Tarifentscheide in Zukunft anonymisiert publiziert und so zugänglich gemacht werden. Aufgrund der schwierigen Wirtschaftssituation wurde die Einführung der neuen Gebührenpflicht aber wieder verworfen.

Weiterhin gebührenfrei bleiben soll die Bewilligung des AEO-Status.

Die Einzelheiten der Gebührenerhebung regelt der Bundesrat unter Berücksichtigung der Grundsätze von Artikel 46a RVOG. Dabei wird er auch die Ausnahmen von der Gebührenerhebung festlegen.

Der Ersatz der Kosten für die Übernahme von Aufgaben der Kantone wird in der jeweiligen Kantonsvereinbarung geregelt (Art. 10 Abs. 2 E-BAZG-VG).

13. Titel: Schlussbestimmungen 1. Kapitel: Konsultativgremium für den grenzüberschreitenden Warenverkehr Art. 209 Abs. 1 Etliche Vernehmlassungsteilnehmende haben ein neues Konsultativgremium analog demjenigen gemäss Artikel 109 MWSTG für die Mehrwertsteuer angeregt. Mit Artikel 209 wird die Möglichkeit geschaffen, dass der Bundesrat ein Konsultativgremium für den grenzüberschreitenden Warenverkehr einsetzt. Gemäss Absatz 1 setzt es sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern der zollrechtlichen Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner, der Wirtschaft und der Zollrechtspraxis.

Das Konsultativgremium erfüllt eine wichtige Funktion, indem es eine Aussensicht in die Tätigkeit der Verwaltung einbringt und so dazu beiträgt, dass die Veranlagung von Waren in der Praxis möglichst reibungslos funktioniert.

Abs. 2 und 3 Das neue Konsultativgremium kann zu Anpassungen des E-BAZG-VG und des E-ZoG sowie des zugehörigen Verordnungsrechts schon vor der allgemeinen Vernehmlassung Stellung nehmen, sofern und soweit diese Erlasse das Veranlagungsverfahren oder die Abgabenerhebung im grenzüberschreitenden Warenverkehr betreffen und Auswirkungen auf die zollrechtlichen Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldner oder auf die Volkswirtschaft haben (Abs. 2 und 3). Zu den Abgabeschuldnerinnen und Abgabeschuldnern zählen auch Personen, die gewerbsmässig Warenanmeldungen vornehmen.

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Ferner kann das Gremium selbstständig Empfehlungen für Anpassungen abgeben (Abs. 3).

Nicht zuständig ist das neue Konsultativgremium hingegen für Belange der Einfuhrsteuer nach dem MWSTG. Die Systematik der Schweizer Mehrwertsteuer beruht auf den drei Elementen Einfuhr-, Bezug- und Inlandsteuer. Diese Elemente greifen ineinander. Anpassungen bei einzelnen Elementen erfordern Kenntnisse des Zusammenspiels aller Elemente. Auch wenn das BAZG die Einfuhrsteuer erhebt und für die Erhebung teilweise das E-BAZG-VG anwendbar ist, dürfte das Konsultativgremium MWST besser in der Lage sein, Änderungen bezüglich der Einfuhrsteuer zu beraten, als das Konsultativgremium grenzüberschreitender Warenverkehr.

2. Kapitel: Änderung anderer Erlasse Art. 210 Die Änderung anderer Erlasse ergibt sich aus Anhang 2.

3. Kapitel: Übergangsbestimmungen betreffend die Datenbearbeitung in Informationssystemen nach der bisherigen Zollgesetzgebung Art. 211 Das BAZG wird gestützt auf Artikel 118 E-BAZG-VG im Gegensatz zu heute ein einziges Informationssystem zur Erfüllung seiner Aufgaben betreiben. Die Bestimmungen der Datenbearbeitung im 8. Titel sind deshalb entsprechend nur auf dieses neue Informationssystem ausgerichtet.

Das neue Informationssystem des BAZG wird schrittweise entwickelt. Fertiggestellte Teile werden, sofern sinnvoll und möglich, sukzessive in Betrieb genommen und den Benutzerinnen und Benutzern zur Verfügung gestellt. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des E-BAZG-VG werden noch nicht alle bisherigen Informationssysteme, die das BAZG heute gestützt auf das aktuelle Zollgesetz und dessen Ausführungsbestimmungen betreibt, vom neuen Informationssystem abgelöst sein. Damit das BAZG seine Aufgaben weiterhin wahrnehmen kann, müssen die Informationssysteme, die sich auf das heutige Zollgesetz und dessen Ausführungsbestimmungen (nachfolgend: bisherige Informationssysteme) abstützen, während einer Übergangsphase weiter betrieben werden, bis die Ablösung durch das neue Informationssystem erfolgt ist.

«Betreiben» bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein bisheriges Informationssystem vom BAZG aktiv für seine Aufgabenerfüllung weiter eingesetzt werden muss und darin neue und bestehende Daten fortlaufend und umfassend bearbeitet werden. Ab dem Zeitpunkt der Ablösung (= Einstellung des aktiven Betriebs) des jeweiligen Informationssystems durch das neue Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG werden die betroffenen Aufgaben nur noch mit dem neuen Informationssystem erledigt. In ein abgelöstes Informationssystem werden keine neuen Daten aufgenommen oder abgespeichert (vgl. Abs. 3). Abgelöste Informationssysteme werden jedoch nicht sofort abgeschaltet, sondern, sofern notwendig, vom BAZG passiv 244 / 436

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weitergeführt. Die sich darin befindenden Daten müssen dem BAZG während einer bestimmten Zeit passiv zugänglich bleiben (vgl. Abs. 2 und 3), damit es seine Aufgaben erfüllen kann. So benötigt das BAZG beispielsweise für die Durchführung von nachgelagerten Kontrollen usw. weiterhin diejenigen Veranlagungsdaten, die mit dem Verzollungssystem e-dec erhoben wurden, auch wenn der aktive Betrieb von e-dec bereits eingestellt wurde. Aus diesem Grund werden die Daten, die sich in den abgelösten Informationssystemen befinden, in der Regel nicht umgehend gelöscht und vernichtet. Vielmehr werden sie so lange in diesen weiter aufbewahrt, bis deren Aufbewahrungsdauer gemäss den datenschutzrechtlichen Bestimmungen des heutigen Zollgesetzes und dessen Ausführungsbestimmungen abgelaufen ist (vgl. Abs. 2). Danach werden sie vernichtet, es sei denn, sie werden archiviert.

Die Übergangsbestimmungen dieses Kapitels regeln daher die Grundsätze, die für die Datenbearbeitung in den bisherigen Informationssystemen nach dem aktuellen Zollgesetz und dessen Ausführungsbestimmungen gelten.

Abs. 1 Absatz 1 erlaubt es dem BAZG, seine bisherigen Informationssysteme auch nach dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG weiter zu betreiben und die darin vorhandenen Daten im vollen Umfang zu bearbeiten. Dies ist möglich, solange die notwendigen technischen Grundlagen für die Erfüllung der betreffenden Aufgaben des BAZG im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind und bis das jeweilige bisherige Informationssystem vom neuen Informationssystem abgelöst wird. Die Dauer der Weiterverwendung ist somit klar begrenzt. Es liegt generell im Interesse des Bundes, die Digitalisierung mit neuen Informationssystemen möglichst rasch voranzutreiben und alte Informationssysteme, die erfahrungsgemäss mit der Zeit wartungsintensiver und somit im Unterhalt teurer werden, nur so lange weiter zu betreiben, wie dies absolut notwendig ist.

Absatz 1 hält weiter fest, dass der Einsatz bisheriger Informationssysteme nur im Rahmen der Zwecke nach dem bisherigen Zollgesetz und nach seinen Ausführungsbestimmungen erfolgen darf. Die Verwendung dieser Systeme für neue beziehungsweise weitergefasste Zwecke ist somit nicht möglich.

Abs. 2 Absatz 2 regelt, dass sich die Bearbeitung von Daten in den bisherigen Informationssystemen
weiterhin nach dem 1. Kapitel des 6. Titels des bisherigen Zollgesetzes und seinen Ausführungsbestimmungen (nachfolgend: bisherige Datenschutzbestimmungen) richtet. Dies gilt insbesondere auch für die Aufbewahrungsdauer derjenigen Daten, die weiterhin in bisherigen Informationssystemen aufbewahrt werden, auch wenn der Betrieb des jeweiligen Systems zwischenzeitlich eingestellt wurde. Diese Daten werden nicht sofort gelöscht und vernichtet, sondern müssen vom BAZG für die Aufgabenerfüllung weiterverwendet werden können, wenn auch nur noch in passiver Weise (z. B. Veranlagungsdaten von e-dec für nachgelagerte Kontrollen). Nach Ablauf der jeweiligen Aufbewahrungsdauer werden die Daten sukzessive aus den betroffenen Informationssystemen gelöscht und vernichtet, es sei denn, sie werden archiviert.

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Abs. 3 Sobald der Betrieb eines bisherigen Informationssystems eingestellt wird (vgl. einführende Bemerkungen zu diesem Artikel), dürfen in diesem weder neue Daten beschafft oder gespeichert noch bestehende Daten verändert werden. Der Datenbestand des ausser Betrieb genommenen Informationssystems wird sozusagen eingefroren.

Von dieser Einschränkung ausgenommen ist die Bearbeitung derjenigen Daten, die im Zusammenhang mit Verfahren stehen, die im Zeitpunkt der Einstellung des Betriebs noch hängig sind. In solchen Fällen müssen neue Daten im ausser Betrieb genommenen Informationssystem weiterhin beschafft, gespeichert und verändert werden können.

Nicht unter obgenannte Einschränkung fallen weitere, über die Beschaffung, Speicherung oder Veränderung hinausgehende Bearbeitungsarten, wie beispielsweise die Aufbewahrung oder Verwendung von Daten. Die in den ausser Betrieb genommenen Informationssystemen enthaltenen Daten benötigt das BAZG, wie mehrfach erwähnt, weiterhin für seine Aufgabenerfüllung (z. B. nachgelagerte Kontrollen usw.).

Abs. 4 und Anhang 1 Ziffer 2 Die organisatorische Weiterentwicklung des BAZG führt unter anderem zum Wechsel von organisations- zu funktionsbasierten Zugriffen. Hinzu kommt, dass sich diese funktionsbasierten Zugriffe auf das neue, einheitliche Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG beziehen und nicht auf die verschiedenen bisherigen Informationssysteme. Die in Ziffer 1 von Anhang 1 geregelten funktionsbasierten Zugriffe für das neue System können daher nicht massgebend sein für den Zugriff auf die weiter betriebenen oder eingestellten Informationssysteme nach bisherigem Recht.

Daher werden die Berechtigungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG zur Bearbeitung von Daten in den bisherigen Informationssystemen terminologisch angepasst. Dabei werden keine neuen Berechtigungen geschaffen.

Die heute in der Datenbearbeitungsverordnung für das BAZG aufgeführten Zugriffe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG müssen den entsprechenden neuen Funktionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG zugeordnet werden. So entspricht beispielsweise die heutige Bezeichnung «die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Betriebsdienste des BAZG, die Zollkontrollen durchführen» (siehe Ziff. 4.1 Anhang 1 der heutigen DBZV) den neuen Funktionen «Kontrolle
von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise» und «Einsatzkoordination». Da in Anhang 1 Ziffer 2 die gleichen Funktionen wie in Anhang 1 Ziffer 1 verwendet werden, kann für die Beschreibung der einzelnen Funktionen auf die ausführlichen Erläuterungen zur Ziffer 1 Anhang 1 (siehe nachfolgend Ziff. 5.2) verwiesen werden.

Anhang 1 Ziffer 2 regelt für die bisherigen Informationssysteme nach Artikel 110a­ 110f des aktuellen Zollgesetzes abschliessend, welche neuen Funktionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG zur Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen berechtigt sind.

Demgegenüber wird dem Bundesrat die Kompetenz übertragen, auf Stufe Verordnung festzulegen, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mit welchen Funktionen zur Bearbeitung von nicht besonders schützenswerten Personendaten und nicht 246 / 436

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besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen in den bisherigen Informationssystemen berechtigt sind. Auf der Stufe Verordnung können im Verhältnis zu Anhang 1 Ziffer 2 weitere Funktionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG hinzukommen, die nur auf nicht besonders schützenswerte Personendaten und nicht besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen Zugriff haben.

Abs. 5 Eine weitere Folge der organisatorischen Weiterentwicklung ist, dass mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG die Bezeichnung «Grenzwachtkorps» wegfällt. Das hat Auswirkungen auf das «Informationssystem für die Dokumentation der Tätigkeit des Grenzwachtkorps» nach Artikel 110e des bisherigen Zollgesetzes. Absatz 5 führt erklärend aus, welche neuen Funktionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG der wegfallenden Bezeichnung des GWK entsprechen (siehe auch Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1).

Abs. 6 Sobald ein bisheriges Informationssystem durch das neue Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG abgelöst wird, dürfen neue Daten nur noch im neuen Informationssystem bearbeitet werden (vgl. Abs. 3). Im Datenschutz ist Transparenz wichtig. Aus diesem Grund ist mittels Verordnung festzulegen, ab welchem Zeitpunkt neue besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen nicht mehr in einem bisherigen Informationssystem nach den Artikeln 110a­110f des aktuellen Zollgesetzes, sondern nur noch im Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG beschafft, gespeichert und verändert werden dürfen. Nachdem es bei der Umstellung auf das neue Informationssystem um eine technische Angelegenheit geht und sich die Rechtsfolgen der Umstellung (anwendbares Recht für die Datenbearbeitung) bereits aus dem Gesetz ergeben, kann die Kompetenz zum Erlass der Verordnung dem BAZG delegiert werden (vgl. auch die parallele Delegation an das BAZG nach Art. 75 Abs. 3 E-BAZG-VG).

4. Kapitel: Anwendbares Recht für die Abgabenerhebung bis zum Vorhandensein der technischen Grundlagen im Informationssystem nach Artikel 118 Die Verfahren für die Erhebung der einzelnen Abgaben nach Artikel 8 E-BAZG-VG werden mit der vorliegenden Vorlage vereinheitlicht. Das vereinheitlichte Verfahren soll elektronisch über das neue Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 EBAZG-VG geführt werden.

Wie bei der Datenbearbeitung erwähnt (vgl. Art. 211, oben), muss dieses neue Informationssystem schrittweise entwickelt werden. Fertiggestellte Teile sollen sukzessive in Betrieb genommen und den Benutzerinnen und Benutzern zur Verfügung gestellt werden. Ein Verzicht auf die Nutzung bereits fertiggestellter IT-Anwendungen wäre

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ineffizient. Eine gleichzeitige Inbetriebnahme aller IT-Anwendungen für die Erhebung sämtlicher Abgaben wäre mit erheblichen Risiken behaftet (Big Bang). Zudem wäre die Inkraftsetzung dieser Vorlage und die Inbetriebnahme aller IT-Anwendungen auf einen einzigen Zeitpunkt hin kaum planbar. Die Umsetzung des neuen Verfahrens für die Erhebung aller Abgaben im neuen Informationssystem des BAZG auf den einen Zeitpunkt der Inkraftsetzung des E-BAZG-VG hin ist daher kein realistischer Weg. Für die Erhebung gewisser Abgaben müssen somit weiterhin Informationssysteme des bisherigen Zollgesetzes und seiner Ausführungsbestimmungen (nachfolgend: bisherige Informationssysteme) gestützt auf Artikel 211 E-BAZG-VG eingesetzt werden. In rechtlicher Hinsicht stellt sich daher die Frage, wie sich die Weiterverwendung bisheriger Informationssysteme zum neuen Verfahrensrecht verhält.

Die bisherigen Informationssysteme können das neue vereinheitlichte Abgabeverfahren nach dem E-BAZG-VG technisch nicht umsetzen. Vielmehr bilden sie die unterschiedlichen Verfahren nach dem bisherigen Zollgesetz und den betroffenen Abgabeerlassen ab.

Die Vornahme von Anpassungen an den bisherigen Informationssystemen beziehungsweise deren Adaption an das neue Verfahren wäre ineffizient. Zum einen müssten die diesbezüglich notwendigen Arbeiten hoch priorisiert werden, damit die bisherigen Informationssysteme im Zeitpunkt der Einführung des E-BAZG-VG im erforderlichen Umfang zur Verfügung stünden. In dieser Zeit könnten jedoch die Arbeiten am neuen Informationssystem nicht oder nur sehr eingeschränkt vorangetrieben werden. Das Rollout des neuen Informationssystems würde sich aus heutiger Sicht unweigerlich verzögern. Zum anderen würden finanzielle Mittel in Lösungen investiert, die bereits nach kurzer Übergangszeit nicht mehr benötigt würden. Das wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Ebenfalls nicht sinnvoll wäre der Bau eines neuen Informationssystems, das für die Übergangsphase sowohl altes wie auch neues Verfahrensrecht abdecken würde. Das wäre überaus zeit- und ressourcenintensiv. Auch dieses Vorgehen ist somit aus ökonomischer Sicht abzulehnen.

Der Bundesrat schlägt daher vor, für die Erhebung von Abgaben so lange die bisherigen Informationssysteme einzusetzen, bis die notwendigen technischen Grundlagen für die Erhebung der jeweiligen
Abgabe über das neue Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG geschaffen sind.

Weiter schlägt er vor, auf die Erhebung einer Abgabe in dieser Übergangsphase weiterhin die Bestimmungen des alten Rechts (namentlich Verfahrensbestimmungen) anzuwenden, da die bisherigen Informationssysteme wie auch die bis anhin angewendeten unterschiedlichen Verfahrensprozesse (z. B. Anmeldung mit Papierformular) wie oben erläutert nicht die neuen Bestimmungen des E-BAZG-VG umsetzen.

Das neue vereinheitlichte und die alten Verfahren für die Erhebung der Abgaben unterscheiden sich stark. Aus diesem Grund kann nicht für einen Teil des Verfahrens das alte System und für einen anderen Teil das neue System zum Einsatz kommen.

Der Begriff «System» beinhaltet vorliegend sowohl die Art und Weise der Erhebung als auch die rechtlichen Grundlagen.

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Das Verfahren im neuen System soll ausschliesslich über das neue Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG in elektronischer Form abgewickelt werden. Solange dies nicht möglich ist und insbesondere Registrierung, Warenanmeldung, Verfügung bis hin zum verwaltungsinternen Rechtsmittelverfahren noch nicht im neuen Informationssystem möglich sind oder gar noch in Papierform (z. B. Formular für die Anmeldung zur vorübergehenden Verwendung) erfolgen, gelten die notwendigen Grundlagen für die Erhebung einer Abgabe nach dem E-BAZG-VG als noch nicht geschaffen.

Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelungen im 4. Kapitel sollen gezielt Flexibilität für die Übergangszeit schaffen, indem sie einerseits der Dynamik in der Entwicklung des neuen Informationssystems in geeigneter Art und Weise Rechnung tragen und andererseits die möglichst rasche Anwendbarkeit der neuen Verfahrensbestimmungen des E-BAZG-VG ab Fertigstellung der jeweiligen technischen Lösung ermöglichen. Dazu kann der Bundesrat nach den Bestimmungen in Artikel 213 und 214 E-BAZG-VG neue Bestimmungen für noch nicht anwendbar und an deren Stelle Bestimmungen des bisherigen Rechts für weiterhin anwendbar erklären.

Zusammenfassend beruhen die Regelungen im 4. Kapitel auf dem folgenden Konzept: 1.

Altes System = altes Recht neues System = neues Recht.

2.

Flexibilität während der Übergangszeit: Der Bundesrat kann Bestimmungen des neuen Rechts für noch nicht anwendbar erklären und stattdessen Bestimmungen des bisherigen Rechts für weiterhin anwendbar erklären (Art. 212­ 214 E-BAZG-VG).

3.

Möglichkeit, im Pilotversuch und im Parallelbetrieb auf der Basis von Vereinbarungen neues Verfahrensrecht zur Anwendung zu bringen (Art. 217 E-BAZG-VG).

4.

Entsprechungen von Ausdrücken des vorliegenden Gesetzes und der Abgabeerlasse mit solchen des alten Rechts (Art. 215 E-BAZG-VG).

5.

Bestimmungen betreffend den Rechtsschutz (Art. 216 E-BAZG-VG).

Zentral ist der Grundsatz «Altes System = altes Recht neues System = neues Recht» gemäss Ziffer 1, der nachstehend in Abbildung 1 dargestellt ist. Dieser Grundsatz hat insbesondere den Vorteil, dass er für die am Verfahren Beteiligten einfach verständlich ist und dass er die Rechtssicherheit gewährleistet.

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Abbildung 1 Mechanismus «Altes System = altes Recht neues System = neues Recht»

Art. 212

Grundsatz

Abs. 1 Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden das bisherige Zollgesetz aufgehoben und die Abgabeerlasse im Bereich Verfahren grundlegend angepasst. Wie bereits einleitend zu diesem Kapitel ausgeführt, passen jedoch die neuen Bestimmungen des E-BAZG-VG nicht für die alten Systeme. Ebenfalls können die bisherigen Systeme das neue vereinheitlichte Verfahren nach dem E-BAZG-VG nicht umsetzen. Vielmehr bilden sie die unterschiedlichen Verfahren nach dem bisherigen Zollgesetz und den betroffenen Abgabeerlassen ab.

Sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts die technischen Grundlagen für die Erhebung einer Abgabe nach Artikel 8 Buchstaben a­j E-BAZG-VG im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht geschaffen, dann kann das BAZG, in Übereinstimmung mit Artikel 211 E-BAZG-VG, die bisherigen Informationssysteme weiterhin einsetzen für die Bearbeitung der Daten im Rahmen der Abgabeerhebung.

Aufgrund dieser Konstellation soll der Bundesrat während der Übergangsphase für die Erhebung der betroffenen Abgabe abweichendes Recht festlegen können. Dazu schlägt er den einleitend erläuterten Mechanismus vor: Altes System = altes Recht neues System = neues Recht Dies bedeutet: Bei der Verwendung eines alten Systems muss das bisherige Recht wieder zur Anwendung gelangen können. Spiegelbildlich dazu dürfen die entsprechenden, für das alte System nicht passenden neuen Bestimmungen des E-BAZG-VG und des E-ZoG sowie gewisse Änderungen in den Abgabeerlassen und im VwVG nach Anhang 2 noch nicht angewendet werden.

Bei der Gestaltung des abweichenden Rechts nach diesem Kapitel sind dem Bundesrat enge Grenzen gesetzt. Er kann nicht komplett neues Recht schaffen. Sowohl der 250 / 436

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Grund für die Festlegung des abweichenden Rechts, dessen Dauer als auch der Regelungsumfang werden auf Stufe Gesetz in den Artikeln 212­217 E-BAZG-VG abschliessend festgelegt. Der Bundesrat kann sich nur innerhalb dieser Leitplanken bewegen: 1.

Dass der Bundesrat überhaupt abweichendes Recht in Erwägung ziehen kann, setzt eine bestimmte Situation voraus. Die notwendigen technischen Grundlagen für die Erhebung einer Abgabe über das neue Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG müssen im Zeitpunkt der Inkraftsetzung des E-BAZG-VG noch fehlen. Diese Grundlagen gelten dann als geschaffen, wenn sie aus technischer Sicht umgesetzt und allfällige Pilotversuche und/ oder Parallelbetriebe abgeschlossen sind. Mit anderen Worten: Sobald die Abgabe mit dem neuen Informationssystem erhoben werden kann, besteht kein Raum für abweichendes Recht. In diesem Fall müssen alle am Verfahren Beteiligten das neue Informationssystem einsetzen. Entsprechend kommt das Verfahren nach dem E-BAZG-VG uneingeschränkt zur Anwendung.

2.

Der Bundesrat erhält die Befugnis, für die Erhebung einer Abgabe aus einer klar definierten Auswahl von Bestimmungen des bisherigen Rechts (ehemaliges Zollgesetz sowie weitere Abgabeerlasse, VwVG usw. [in den Fassungen vor dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG]) diejenigen Bestimmungen für weiterhin anwendbar zu erklären, die für das alte System notwendig sind (Art. 214 E-BAZG-VG). Es handelt sich dabei in erster Linie um Bestimmungen, die das (Zoll-)veranlagungsverfahren, die Erhebung der (Zoll-)abgaben im engeren Sinne, das Verfahrensrecht sowie den Rechtsschutz regeln, da diese Bestimmungen exakt auf das alte System der jeweiligen Abgabe abgestimmt sind (z. B. Vorschriften betreffend Anmeldeart, -zeitpunkt, -form [z. B. elektronische Anmeldung oder per Papierformular], Art und Form der Berichtigung, der Einsprache oder der verwaltungsinternen Beschwerde usw.).

Gleichzeitig hat der Bundesrat aus einer ebenso klar definierten Auswahl von Bestimmungen des neuen Rechts (E-BAZG-VG, E-ZoG sowie andere Abgabeerlasse und VwVG nach Anhang 2 [in den Fassungen nach dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG]) diejenigen Bestimmungen für noch nicht anwendbar zu erklären (Art. 213 E-BAZG-VG), die für das alte System nicht passen.

Abweichendes Recht wird grundsätzlich für einzelne Abgaben oder für Bereiche innerhalb einer Abgabe (vgl. Abs. 2) separat festgelegt. Daher ist es möglich, dass für die Erhebung einer Abgabe eine Bestimmung des E-BAZG-VG noch nicht anwendbar ist, währenddessen dieselbe Bestimmung für die Erhebung einer anderen Abgabe bereits gilt, weil für letztere die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem bereits geschaffen worden sind (vgl. dazu Art. 213 und 214 E-BAZG-VG).

Ungeachtet des abweichenden Rechts sind diejenigen Bestimmungen des neuen Rechts, die nicht in Artikel 213 E-BAZG-VG aufgeführt sind und über die der Bundesrat somit nicht verfügen kann, sofort ab Inkrafttreten des E-BAZG-VG uneingeschränkt für die Erhebung der Abgaben anwendbar (siehe auch Erläuterungen zu Art. 213 Abs. 1). Ebenfalls werden diejenigen in Artikel 213 E-BAZG-VG genannten 251 / 436

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Bestimmungen des neuen Rechts, die der Bundesrat für die Erhebung einer bestimmten Abgabe nicht «als noch nicht anwendbar» erklärt, sofort anwendbar für die betroffene Abgabe.

Abs. 2 Technische Gründe sowie internationale Abhängigkeiten und Vorgaben können dazu führen, dass das abweichende Recht innerhalb einer Abgabe aufgeteilt werden muss.

Der Bundesrat kann für solche «Teilbereiche» je separates abweichendes Recht festlegen, unter Berücksichtigung der Vorgaben dieses Kapitels.

Aus heutiger Sicht wird es beispielsweise im grenzüberschreitenden Warenverkehr mehrere Bereiche geben, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Betrieb gehen sollen. Die Schweiz ist verpflichtet, das Informationssystem NCTS (Neues Computerisiertes Transitsystem) bis im Jahr 2023 zu ersetzen. Dies wird dazu führen, dass für die Durchfuhr durch die Schweiz bereits das neue Informationssystem des BAZG eingesetzt wird, während zumindest für die Einfuhr, allenfalls auch für die Ausfuhr, noch die bisherigen Informationssysteme verwendet werden.

Umgekehrt steht es dem Bundesrat ebenfalls frei, verschiedene Abgaben zusammenzufassen und für diese ein einheitliches abweichendes Recht festzulegen.

Abs. 3 Der Bundesrat wird mit Absatz 3 beauftragt sicherzustellen, dass die Erhebung einer Abgabe auch während der Zeit, in der abweichendes Recht anwendbar ist, weiterhin gewährleistet ist. Dabei hat er insbesondere die Sicherstellung, die Nachforderung und Vollstreckung sowie die Durchführung der Steuer- und Zolllagerverfahren zu gewährleisten.

Abs. 4 Der Bundesrat bestimmt, bis wann für die Erhebung einer Abgabe abweichendes Recht anwendbar ist. Bei der Festlegung der Dauer ist er nicht frei. Vielmehr darf die maximale Dauer, die sich aus Absatz 1 ergibt, nicht überschritten werden. Sobald die technischen Grundlagen umgesetzt sowie allfällige Pilotversuche und/oder Parallelbetriebe abgeschlossen sind, muss das bis dahin anwendbare abweichende Recht enden, weil die Abgabe mit dem neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG erhoben werden kann.

Indem auch ein allfälliger Parallelbetrieb bei der Festsetzung dieser Dauer berücksichtigt werden muss, wird den Bedürfnissen der am Verfahren Beteiligten, insbesondere der Wirtschaft und den Partnerbehörden, Rechnung getragen. So erhalten sie die notwendige Zeit, um vom
bisherigen System auf das neue Informationssystem umzustellen sowie an ihren eigenen Systemen oder ihren betrieblichen und technischen Abläufen die notwendigen Anpassungen vornehmen zu können (siehe auch Erläuterungen zu Art. 217 E-BAZG-VG).

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Abs. 5 Die Regelungen im vorliegenden Kapitel führen dazu, dass in den betroffenen Abgabeerlassen (E-ZoG, MWSTG, TStG, BStG, AStG, MinöStG, CO2-Gesetz, SVAG, AlkG und USG) ebenfalls spezielle Bestimmungen betreffend die Anwendbarkeit des E-BAZG-VG für die Übergangszeit erlassen werden müssen (nachfolgend: Scharnierbestimmungen). Diese Scharnierbestimmungen halten fest, dass sich die massgebenden Bestimmungen während der Zeit, in der der Bundesrat für die Erhebung der jeweiligen Abgabe gestützt auf Artikel 212 E-BAZG-VG abweichendes Recht als anwendbar erklärt, nach den Artikeln 212­217 E-BAZG-VG richten.

Sobald für die Erhebung der jeweiligen Abgabe in allen Bereichen ausschliesslich nur noch das neue Recht anwendbar ist, wird die betroffene Scharnierbestimmung obsolet. Deshalb wird der Bundesrat mit Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG verpflichtet, nicht mehr verwendete Scharnierbestimmungen aufzuheben.

Art. 213

Noch nicht anwendbare Bestimmungen des neuen Rechts

Der Bundesrat ist bei der Festlegung, welche neuen Bestimmungen auf die Erhebung einer Abgabe während der Übergangsphase noch nicht anwendbar sind, stark eingeschränkt.

Artikel 213 E-BAZG-VG definiert abschliessend, welche Bestimmungen des neuen Rechts (E-BAZG-VG und E-ZoG [Abs. 1] sowie Abgabeerlasse und VwVG nach Anhang 2 [Abs. 2]) dem Bundesrat zur Auswahl stehen. Es handelt sich dabei um solche, die im Zusammenhang mit dem Veranlagungsverfahren, der Erhebung der Abgaben im engeren Sinne, dem dazugehörenden Verfahren, dem Rechtsschutz oder dem neuen Informationssystem des BAZG stehen.

Abs. 1 Die dem Bundesrat zur Auswahl stehenden Bestimmungen des E-BAZG-VG und des E-ZoG werden in den Buchstaben a und b explizit aufgeführt. Der Bundesrat kann je nach Abgabe entscheiden, ob er eine Bestimmung ganz oder nur in Teilen als nicht anwendbar erklärt.

Diese Einschränkung auf vordefinierte Bestimmungen hat zur Folge, dass beispielsweise im E-BAZG-VG sämtliche anderen Bestimmungen, die davon nicht erfasst werden, mit der Inkraftsetzung des E-BAZG-VG sofort und für alle Bereiche uneingeschränkt anwendbar sind. Das betrifft die administrativen Massnahmen (4. Titel), die Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln (6. Titel), die Befugnisse und das Personal des BAZG (7. Titel), die Datenbearbeitung im Zusammenhang mit dem neuen Informationssystem (8. Titel), die Amtshilfe und Zusammenarbeit (9. Titel), die Strafverfolgung (10. Titel) und die Schlussbestimmungen (13. Titel). Über diese Bestimmungen kann der Bundesrat somit im Rahmen der Festlegung des abweichenden Rechts nicht verfügen.

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Abs. 2 Der gleiche Mechanismus wird bei den geänderten, aufgehobenen oder neuen Bestimmungen in den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 angewendet. Aufgeführt sind in Absatz 2 deshalb nur diejenigen Bestimmungen aus Anhang 2, über die der Bundesrat während der Übergangsphase verfügen kann. Einschränkend kommt hinzu, dass der Bundesrat nicht generell ganze Artikel, sondern nur deren Änderungen für noch nicht anwendbar erklären kann.

Anwendungsbeispiel: In Absatz 2 Buchstabe c von Artikel 213 E-BAZG-VG wird der Artikel 9 des Tabaksteuergesetzes erwähnt. Mit der vorliegenden Vorlage werden in Artikel 9 des Tabaksteuergesetzes jedoch nur die Buchstaben b und c von Absatz 1 geändert. Daher kann der Bundesrat auch nur die Änderungen dieser zwei Buchstaben während der Übergangsphase als noch nicht anwendbar erklären. Die restlichen Bestimmungen des Artikels 9 (Abs. 1 Bst. a und Abs. 2) bleiben davon unberührt.

Art. 214

Weiterhin anwendbare Bestimmungen des bisherigen Rechts

Artikel 214 E-BAZG-VG ist das notwendige Pendant zu Artikel 213 E-BAZG-VG.

In der Regel muss anstelle einer Bestimmung des neuen Rechts, die der Bundesrat während der Übergangsphase für die Erhebung einer Abgabe gestützt auf Artikel 213 E-BAZG-VG als noch nicht anwendbar erklärt hat, eine Bestimmung des bisherigen Rechts zur Anwendung gelangen. Ansonsten würde eine Regelungslücke entstehen.

Abs. 1 Analog zu Artikel 213 Absatz 1 E-BAZG-VG werden hier in Absatz 1 nur diejenigen Bestimmungen des bisherigen Zollgesetzes abschliessend aufgeführt, die der Bundesrat während der Übergangsphase als weiterhin anwendbar erklären kann.

Abs. 2 Werden vom Bundesrat gestützt auf Artikel 213 Absatz 2 E-BAZG-VG Änderungen der Erlasse in der Fassung von Anhang 2 während der Übergangsphase als noch nicht anwendbar erklärt, so hat er festzulegen, ob und, wenn ja, welche Bestimmungen beziehungsweise welche Teile davon anstelle der ausgesetzten Normen des neuen Rechts weiterhin anwendbar bleiben. Für diese weiterhin anwendbaren Normen ist die Fassung nach bisherigem Recht massgebend.

Im Gegensatz zum bisherigen Zollgesetz, das komplett ausser Kraft tritt, werden mit Inkrafttreten des E-BAZG-VG die Änderungen der Erlasse in der Fassung von Anhang 2 in Kraft gesetzt. Der Bundesrat kann daher bei der Festlegung von Bestimmungen nach Absatz 2 nicht einfach auf die Fassung eines ausser Kraft gesetzten Erlasses zurückgreifen. Vielmehr muss er die ältere Fassung eines sich noch immer in Kraft befindenden Erlasses berücksichtigen.

Auf die erneute Nennung der geänderten oder aufgehobenen Bestimmungen wurde verzichtet, da es sich um die gleichen handelt, die bereits in Artikel 213 Absatz 2 E-BAZG-VG aufgeführt sind.

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Zur Verdeutlichung dieses Mechanismus wird nochmals Artikel 9 des Tabaksteuergesetzes herangezogen (vgl. Erläuterungen zu Art. 213 Abs. 2). Legt der Bundesrat fest, dass die mit dieser Vorlage vorgenommenen Änderungen in den Buchstaben b und c von Artikel 9 Absatz 1 während der Übergangsphase noch nicht anwendbar sind, so muss er, will er eine Regelungslücke vermeiden, die entsprechende alte Regelung des bisherigen Rechts reaktivieren beziehungsweise festlegen. Und diese alte Regelung befindet sich ebenfalls in den Buchstaben b und c von Absatz 1, jedoch in der Vorgängerfassung.

Art. 215

Entsprechung von Ausdrücken

Abs. 1 Werden im Rahmen des anwendbaren Rechts neben Bestimmungen des E-BAZG-VG oder der Abgabeerlasse in Anhang 2 auch Bestimmungen der bisherigen Zollgesetzgebung weiterverwendet, so besteht die Gefahr, dass Ausdrücke darin nicht einheitlich angewendet werden, oder es stellt sich die Frage, was ein mit dem E-BAZG-VG neu eingeführter Begriff im Kontext von Bestimmungen der bisherigen Zollgesetzgebung bedeutet. Die Tabelle in Artikel 215 schafft diesbezüglich Klarheit in den wichtigsten, zurzeit bekannten Punkten.

Mit dem E-BAZG-VG wird die Erhebung verschiedener Abgaben in einem einheitlichen Verfahren zusammengefasst. Dies führt dazu, dass eine Erklärung von Ausdrücken meist nicht eins zu eins erfolgen kann; einem neuen Begriff im E-BAZG-VG werden daher meistens mehrere Begriffe aus den bisherigen unterschiedlichen Abgabeverfahren gegenübergestellt.

Abs. 2 Der Begriff «Einfuhr» wird im bisherigen ZG und im E-BAZG-VG beziehungsweise im E-ZoG unterschiedlich definiert. Absatz 2 stellt klar, dass dort, wo das E-BAZG-VG oder ein Abgabeerlass (E-ZoG oder Bestimmung in Anhang 2) den Begriff «Einfuhr» verwenden, die Bedeutung gemäss neuem Recht massgebend ist.

Abs. 3 Für den Fall, dass die Absätze 1 und 2 nicht vollständig sein sollten, gibt Absatz 3 dem Bundesrat die Kompetenz, weitere Begriffsentsprechungen festzulegen oder für weitere Begriffe festzulegen, dass die Bedeutung gemäss neuem Recht massgebend ist. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn er anwendbares Recht festlegt und bei der Kombination von neuem und bisherigem Recht auf Konstellationen von Begrifflichkeiten stösst, die er für erklärungsbedürftig hält.

Art. 216

Bestimmungen betreffend den Rechtsschutz

Das dem 4. Kapitel zugrundeliegende Konzept sieht vor, dass bei Weiterverwendung eines alten Systems anlässlich des Übergangsrechts weiterhin das alte Recht zur Anwendung gelangt.

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Das verwaltungsinterne Rechtsmittelverfahren nach dem E-BAZG-VG soll mit wenigen Ausnahmen wie der gesamte Veranlagungs- und Abgabeerhebungsprozess ausschliesslich über das neue Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG in elektronischer Form abgewickelt werden. Solange dies nicht möglich ist und entsprechend Einsprachen oder verwaltungsinterne Beschwerden dem BAZG weiterhin in Papierform eingereicht werden müssen, sind die notwendigen Grundlagen für die Erhebung einer Abgabe noch nicht vorhanden (vgl. Art. 85 und 87 sowie 212 Abs. 1 E-BAZG-VG).

Daher kann der Bundesrat auch im Bereich des Rechtsschutzes Bestimmungen des neuen Rechts gestützt auf Artikel 213 E-BAZG-VG als noch nicht beziehungsweise Bestimmungen des bisherigen Rechts gestützt auf Artikel 214 E-BAZG-VG als weiterhin anwendbar erklären.

Artikel 216 regelt die ersatzweise Zuständigkeit von Stellen während der Übergangsphase für den Rechtsschutz, wenn eine nach Artikel 214 E-BAZG-VG weiterhin anwendbare Bestimmung des bisherigen Rechts eine Stelle vorsieht, die es nach dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG und des E-ZoG nicht mehr gibt.

Art. 217

Pilotversuche und Parallelbetrieb

Im Zeitpunkt der Inkraftsetzung dieses Gesetzes können noch nicht alle Abgaben über das neue Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG erhoben werden, denn die technischen Grundlagen hierfür werden erst nach und nach erstellt und eingeführt. Grundsätzlich wird bei der Erstellung der Grundlagen nach Abgabebereichen vorgegangen. So wechselt eine Abgabeerhebung nach der anderen von einem alten technischen System oder von einem Papierprozess (dazu gehört auch der Austausch von Dokumenten per E-Mail) auf das neue Informationssystem.

Nach dem Grundsatz «altes System = altes Recht neues System = neues Recht» (siehe Ausführungen zu Art. 211 E-BAZG-VG sowie zum 4. Kapitel des 13. Titels) gelangt für bestehende Systeme und Prozesse altes Recht zur Anwendung und für die Abgabeerhebung im neuen Informationssystem neues Recht. Dieser Grundsatz muss konsequenterweise auch für Pilotversuche im neuen Informationssystem und für Parallelbetriebe zum Wechsel auf das neue Informationssystem gelten. Artikel 217 E-BAZG-VG regelt Pilotversuche und Parallelbetriebe im Hinblick auf den Übergang der Abgabeerhebung auf die technische Umsetzung im neuen Informationssystem.

Nach Inkrafttreten des E-BAZG-VG sind technische Pilotversuche nach Artikel 192 E-BAZG-VG auf dem neuen Informationssystem weiterhin möglich. Artikel 217 E-BAZG-VG betrifft nur diejenigen Pilotversuche und Parallelbetriebe, bei denen übergangsrechtlich ein Wechsel auf das neue Informationssystem stattfindet.

Es geht mit anderen Worten um Abgabebereiche, bei denen vom neuen Recht abweichendes Recht auf ein bestehendes System oder einen bestehenden Prozess anwendbar ist und neues Recht auf das neue Informationssystem angewendet werden soll.

Öffentlich-rechtliche Vereinbarungen nach Artikel 192 Absatz 1 E-BAZG-VG sind auch bei Pilotversuchen und Parallelbetrieben nach Artikel 217 E-BAZG-VG abzuschliessen. Dies dient der Klarheit, wer an Pilotversuchen teilnimmt und wer im Rahmen von Parallelbetrieben wann auf die neue technische Lösung und das neue Recht wechselt.

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Abs. 1 Absatz 1 stellt klar, dass das BAZG dort, wo der Bundesrat in Anwendung von Artikel 212­214 E-BAZG-VG für die Erhebung einer Abgabe vom neuen Recht vorübergehend abweichendes Recht anwendbar erklärt, für die Einführung von technischen Grundlagen im neuen Informationssystem ebenfalls Pilotbetriebe durchführen kann.

Diese richten sich grundsätzlich nach Artikel 192 E-BAZG-VG.

Abs. 2 Ebenfalls ist es dem BAZG erlaubt, während der in Absatz 1 erwähnten Übergangszeit für diese Abgabeerhebung sowohl ein bisheriges Informationssystem wie auch das neue Informationssystem des BAZG im Parallelbetrieb zu betreiben und allen am Verfahren Beteiligten zur Verfügung zu stellen. Die Voraussetzungen nach Artikel 192 E-BAZG-VG sind zu beachten.

Den am Verfahren Beteiligten, insbesondere der Wirtschaft und den Partnerbehörden, ist für die Anpassung ihrer betrieblichen und technischen Abläufe sowie ihrer eigenen Systeme und für die Umstellung auf das neue Informationssystem des BAZG generell eine angemessene Zeit zur Verfügung zu stellen. Daher hat der Parallelbetrieb für die Abgabeerhebung im grenzüberschreitenden Warenverkehr mindestens 6 Monate zu dauern. Die am Veranlagungsverfahren Beteiligten können den Zeitpunkt, ab dem sie das Informationssystem nach Artikel 118 E-BAZG-VG im Parallelbetrieb nutzen wollen, selber wählen.

Abs. 3 Für Personen, die an einem Pilotversuch teilnehmen, und für Personen, die sich im Rahmen eines Parallelbetriebs für die Nutzung des Informationssystems nach Artikel 118 E-BAZG-VG entscheiden, gilt das abweichende Recht nach Artikel 212 E-BAZG-VG nicht mehr. Mit Abschluss der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung gelangt ausschliesslich neues Recht zur Anwendung. Dies entspricht dem erwähnten Grundsatz, dass auf das neue Informationssystem neues Recht anwendbar ist.

Die Notwendigkeit einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung entspricht der Voraussetzung von Artikel 192 Absatz 1 E-BAZG-VG für den Pilotversuch und den Parallelbetrieb ausserhalb der Regelungen des vorliegenden 4. Kapitels. Da Absatz 3 auf Artikel 192 Absatz 4 E-BAZG-VG verweist, können die Vereinbarungen gemäss Artikel 217 E-BAZG-VG genauso wie die Vereinbarungen nach Artikel 192 E-BAZG-VG in elektronischer Form abgeschlossen werden. Sie dürfen ebenfalls weder die Wettbewerbsverhältnisse wesentlich beeinträchtigen
noch die Erhebung der Abgaben oder den Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse gefährden.

Abs. 4 Die maximale Dauer eines Parallelbetriebs wird mit der Festsetzung der Dauer der Anwendbarkeit von abweichendem Recht nach Artikel 212 Absatz 4 E-BAZG-VG bestimmt. Vom neuen Recht abweichendes Recht ist somit dann nicht mehr anwendbar, wenn in einem Abgabebereich sämtliche Abgabepflichtigen bereits auf das neue

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Informationssystem gewechselt haben oder wenn die Dauer für diesen Wechsel abgelaufen ist.

6. Kapitel: Referendum und Inkrafttreten Art. 219 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum (Abs. 1).

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten (Abs. 2).

5.2

Ziffer 1

E-BAZG-VG Anhang 1: Zugriff auf besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG Zugriff auf besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen im Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 (Art. 135 Abs. 2)

In Anhang 1 Ziffer 1 werden die Zugriffe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG auf die besonders schützenswerten Personendaten und die besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen im Informationssystem des BAZG nach Artikel 135 E-BAZG-VG festgelegt. Dafür werden Funktionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG und die Datenkategorien verwendet. Zehn Funktionen haben Zugriff auf Datenkategorien mit besonders schützenswerten Personendaten und besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen. Diese zehn Funktionen werden in der Folge erläutert. In Anhang 1 Ziffer 1 E-BAZG-VG ist zudem der Umfang der jeweiligen Zugriffe definiert, wobei zwischen der Erlaubnis zur Ansicht (A) und zur Mutation (M) unterschieden wird.

Die Zugriffe auf nicht besonders schützenswerte Personendaten und nicht besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen werden auf Stufe Verordnung festgelegt. Auf der Stufe Verordnung können weitere Funktionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG hinzukommen, die nur auf nicht besonders schützenswerte Personendaten und nicht besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen Zugriff haben.

Die tabellarisch dargestellten und erlaubten Zugriffe der Funktionen entsprechen dem maximal notwendigen Ausmass der Zugriffe. Im Berechtigungskonzept des BAZG können die Zugriffe von Gruppen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der Funktionen weiter eingeschränkt werden, wenn sie nicht das maximale Ausmass der Zugriffe ihrer Funktion benötigen (vgl. die Erläuterungen zu Art. 135 E-BAZG-VG).

Funktion

Beschreibung und Inhalt

Kontrolle von Waren, Das BAZG überwacht und kontrolliert den grenzüberschreiPersonen und Trans- tenden Waren- und Personenverkehr und die hierfür verwenportmitteln deten Transportmittel im Sinne einer 360-Grad-Kontrolle.

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Funktion

Beschreibung und Inhalt

Dies umfasst Aufgaben in den Bereichen Zoll und Grenzsicherheit. Als Folge der organisatorischen Weiterentwicklung des BAZG können Aufgaben, die bisher nur von Angehörigen des GWK oder nur vom zivilen Zoll wahrgenommen wurden, künftig grundsätzlich von allen entsprechend ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG wahrgenommen werden, sei es dauernd oder nur vorübergehend.

Deswegen wird für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, die zur Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln ausgebildet sind, eine zusammengelegte Funktion für die Zugriffe auf das Informationssystem des BAZG (und für die Zugriffe auf Drittsysteme) geschaffen: Es ist die Funktion «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln». Sie umfasst eine Vielzahl von Tätigkeiten, die mit der Waren-, Personen- und Transportmittelkontrolle zusammenhängen. Dazu gehören z. B.: ­ Die automatisierte und/oder physische Kontrolle von Waren oder die Entnahme von Proben und Mustern im Handelswaren- und Reiseverkehr und deren Dokumentation.

Dabei handelt es sich um Waren, die der Anmeldepflicht unterliegen, sowie um Waren, deren Ein- oder Ausfuhr verboten ist.

­ Die automatisierte und/oder physische Kontrolle von Personen entsprechend den zugewiesenen Kontrollbefugnissen gemäss den jeweiligen Erlassen. Dabei kann es sich beispielsweise um Kontrollen der Ausweispapiere, das Überprüfen der Einreisebedingungen, das Feststellen und Festhalten der Identität einer Person bis hin zum Abtasten und Durchsuchen derselben sowie um Kontrollen aufgrund von Fahndungsersuchen handeln. Denkbar sind auch Kontrollen betreffend die Prüfung der Fahrerlaubnis, die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeit sowie die Fahrtüchtigkeit (Alkohol und Drogen) bei Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern im Strassenverkehr.

­ Die automatisierte und/oder physische Kontrolle von für den Transport von Waren und/oder Personen eingesetzten Beförderungsmitteln entsprechend den zugewiesenen Kontrollbefugnissen gemäss den jeweiligen Erlassen. Darunter fallen auch Kontrollen betreffend die korrekte Verwendung von Beförderungsmitteln (Kabotageverbot), die Kontrollen der Daten von Referenzierungen der Transportmittel mit der Ware in der Warenanmeldung oder die Kontrollen der Zulassung von Fahrzeugen und Behältern

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Funktion

Beschreibung und Inhalt

im Zusammenhang mit Carnet TIR oder aufgrund von Fahndungsersuchen.

Für diese Funktion sind auf Stufe Gesetz Zugriffe auf die Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr», «Kontrollen», «kantonale polizeiliche Aufgaben» und «Administrativmassnahmen» (Mutation) sowie «Vollzug von Strafen und Massnahmen», «Finanzen» und «Unternehmensprüfungen» (Ansicht) erlaubt. Zudem hat diese Funktion Zugriff auf die Datenkategorie «Strafverfolgung» zur Bearbeitung von Dossiers im abgekürzten Verfahren (gemäss Art. 65 Abs. 1 VStrR). Dieser Zugriff umfasst keine weiteren Daten in der Datenkategorie «Strafverfolgung».

Kontrollexpertise

Die Funktion «Kontrollexpertise» umfasst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, die bei der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln in komplexen Fällen fachliche Entscheidungen fällen, teilweise bereits während der Kontrolle, ferner die Aufsicht hinsichtlich der Qualität und der Rechtmässigkeit der Kontrollen und hinsichtlich der Sicherheit anlässlich der Kontrollen ausüben oder in Bezug auf die Fallerledigung unterstützende Aufgaben wahrnehmen. Diese Funktion ist teilweise dezentral und teilweise an der Zentrale angesiedelt.

Für diese Funktion sind auf Stufe Gesetz die gleichen Zugriffe wie diejenigen der Funktion «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln» erlaubt, wobei zusätzlich ein Mutationszugriff auf die Datenkategorie «Inlandabgaben» erlaubt ist.

Einsatzkoordination

Die Funktion «Einsatzkoordination» umfasst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, die koordinierende Aufgaben im Zusammenhang mit der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln wahrnehmen. Dies umfasst z. B.

die Zuteilung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG für die Kontrolleinsätze.

Für diese Funktion sind auf Stufe Gesetz die gleichen Zugriffe wie diejenigen der Funktion «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln» erlaubt, wobei in Anhang 2 des E-BAZG-VG zusätzliche Zugriffe auf den Polizeiindex und auf der Stufe Verordnung zusätzliche Zugriffe auf Personaldaten hinzukommen.

Unternehmensprüfung

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Die Funktion «Unternehmensprüfung» umfasst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, welche die Kontrollen im Rahmen der Unternehmensprüfungen durchführen. Die

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Funktion

Beschreibung und Inhalt

Unternehmensprüfungen beinhalten Kontrollen der verfügten Erhebungs- und/oder Rückerstattungsveranlagungen sowie Vereinbarungen, Bewilligungen usw. (z. B. durch die Kontrolle der Waren- oder Finanzbuchhaltung). Die Unternehmensprüfungen finden an den Standorten der Gegenüber im Inland statt.

Für diese Funktion sind auf der Stufe Gesetz Zugriffe auf die Datenkategorien «Unternehmensprüfung» und «Administrativmassnahmen» (Mutation) sowie «grenzüberschreitender Warenverkehr» und «Inlandabgaben» (Ansicht) erlaubt. Zudem hat diese Funktion Zugriff auf die Datenkategorie «Strafverfolgung» zur Bearbeitung von Dossiers im abgekürzten Verfahren (gemäss Art. 65 Abs. 1 VStrR). Dieser Zugriff umfasst keine weiteren Daten in der Datenkategorie «Strafverfolgung».

Strafverfolgung

Die Funktion «Strafverfolgung» umfasst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, welche die Aufgaben des BAZG im Bereich der Strafverfolgung wahrnehmen. Dies betrifft diejenigen Fälle, in denen das BAZG für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat selber zuständig ist, sei es im Bereich der Abgaben, die es erhebt, oder im Rahmen der Prüfung der Einhaltung nichtabgaberechtlicher Erlasse.

Für diese Funktion sind auf der Stufe Gesetz Zugriffe auf die Datenkategorien «Strafverfolgung», «Vollzug von Strafen und Massnahmen», «Risikoanalyse und Profiling» und «Administrativmassnahmen» (Mutation) sowie «grenzüberschreitender Warenverkehr», «Inlandabgaben», «Kontrollen», «Finanzen», «Unternehmensprüfung», «Edelmetallkontrolle» und «kantonale polizeiliche Aufgaben» (Ansicht) erlaubt.

Risikoanalyse

Die Funktion «Risikoanalyse» umfasst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, welche die Risiken im Warenund Personenverkehr und bei den dafür verwendeten Transportmitteln identifizieren und daraus Empfehlungen für Kontrollen, Prioritäten und Massnahmen erstellen.

Für diese Funktion sind auf der Stufe Gesetz Zugriffe auf die Datenkategorie «Risikoanalyse und Profiling» (Mutation) sowie die Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr», «Inlandabgaben», «Kontrollen», «Strafverfolgung», «Vollzug von Strafen und Massnahmen», «Finanzen», «Unternehmensprüfung», «Edelmetallkontrolle», «Administrativmassnahmen» und «kantonale polizeiliche Aufgaben» (Ansicht) erlaubt.

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Funktion

Beschreibung und Inhalt

Edelmetallkontrolle

Die Funktion «Edelmetallkontrolle» umfasst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mit der Aufgabe des Vollzuges des EMKG. Dazu zählen z. B. die Erteilung von Bewilligungen für den Ankauf oder das Schmelzen und Prüfen von Edelmetallen, die Aufsicht über die Bewilligungsinhaberinnen und -inhaber, die Registrierung von Verantwortlichkeitsmarken für Herstellerinnen und Hersteller oder Händlerinnen und Händler von Edelmetallwaren (Waren aus Gold, Silber, Platin, Palladium), die risikogerechten Kontrollen der dem EMKG unterstellten Waren im grenzüberschreitenden Warenverkehr, die Kontrollen aller Edelmetallwaren, die in der Schweiz in den Handel kommen, sowie die Überwachung des Inlandmarktes.

Für diese Funktion sind auf der Stufe Gesetz Zugriffe auf die Datenkategorie «Edelmetallkontrolle» (Mutation) sowie auf die Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr» und «Kontrollen» (Ansicht) erlaubt.

Abgaben

Die Funktion «Abgaben» umfasst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, die Aufgaben im Zusammenhang mit der Abgabenerhebung übernehmen.

Für diese Funktion sind auf der Stufe Gesetz Zugriffe auf die Datenkategorien «Inlandabgaben», «Unternehmensprüfung» und «Administrativmassnahmen» (Mutation) sowie auf die Datenkategorien «grenzüberschreitender Warenverkehr» und «Kontrollen» (Ansicht) erlaubt. Zudem hat diese Funktion Zugriff auf die Datenkategorie «Strafverfolgung» zur Bearbeitung von Dossiers im abgekürzten Verfahren (gemäss Art. 65 Abs. 1 VStrR). Dieser Zugriff umfasst keine weiteren Daten in der Datenkategorie «Strafverfolgung».

Finanzverwaltung

Die Funktion «Finanzverwaltung» umfasst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, die Aufgaben in den Bereichen Inkasso, Debitoren- und Kreditorenmanagement, Bewirtschaftung der Ratenzahlungen, des Mahnwesens oder der Bonitätsprüfungen, die Verwaltung von Zollpfändern und die Entgegennahme von Geldhinterlagen und Bürgschaften usw. übernehmen.

Für diese Funktion sind auf der Stufe Gesetz Zugriffe auf die Datenkategorie «Finanzen» (Mutation) sowie auf die Datenkategorien «Vollzug von Strafen und Massnahmen» und «Administrativmassnahmen» (Ansicht) erlaubt.

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Funktion

Beschreibung und Inhalt

Systemadministration

Die Funktion «Systemadministration» umfasst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, die für die fachliche und technische Betreuung von fachlich zusammengehörenden Microservices notwendig sind.

Dafür sind auf der Stufe Gesetz Zugriffe auf sämtliche Datenkategorien notwendig. Die gesetzlich abgebildeten Zugriffe dieser Funktion entsprechen jedoch im Gegensatz zu den anderen Funktionen nicht dem maximalen Ausmass.

Keine Mitarbeiterin und kein Mitarbeiter des BAZG mit der Funktion «Systemadministration» hat Zugriff auf alle Datenkategorien gleichzeitig. Vielmehr zeigt die gesetzliche Abbildung der Zugriffe dieser Funktion auf, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Funktion «Systemadministration» zusammengenommen auf sämtliche Datenkategorien Zugriff haben. Das Berechtigungskonzept legt schliesslich fest, welche Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit der Funktion «Systemadministration» welchen Teil der möglichen Zugriffe erhält.

Ziffer 2:

Zugriff auf besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen in den weiter betriebenen und eingestellten Informationssystemen des bisherigen Zollgesetzes und seinen Ausführungsbestimmungen (Art. 211 Abs. 4 und 6)

Grundsätzlich kann auf die Erläuterungen zu Artikel 211 Absatz 4 E-BAZG-VG verwiesen werden. Für die Beschreibungen der Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG sind die Erläuterungen zu Ziffer 1 in Anhang 1 massgebend.

5.3

E-BAZG-VG Anhang 2: Änderung anderer Erlasse

5.3.1

Allgemeine Erläuterungen

Erlasse, die geändert werden In Anhang 2 werden Gesetze geändert, die im Zusammenhang mit dem Erlass des neuen E-BAZG-VG oder mit der Totalrevision des ZG zum E-ZoG stehen.

Nicht aufgeführt werden Gesetze oder einzelne Bestimmungen, bei denen es um reine Bezeichnungsänderungen geht, etwa um den Ersatz der Bezeichnung «EZV» durch «BAZG» oder um den Ersatz der Abkürzung «ZG» (Zollgesetz) durch «ZoG» (Zollabgabengesetz). Reine Bezeichnungsänderungen von «EZV» auf «BAZG» und Änderungen betreffend Abkürzungen wurden von der Bundeskanzlei (BK) nach entsprechender Vorarbeit in der amtlichen Sammlung (AS) formlos angepasst (Art. 12 Abs. 2 263 / 436

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des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004166 [PublG]). Ferner wurde der Wechsel der Amtsbezeichnung im Rahmen der separaten, in Ziffer 1.1 erwähnten Revision der organisationsrechtlichen Bestimmungen (RVOV und OV-EFD) vorgenommen.

In Anhang 2 aufgeführt werden die Bezeichnungsänderungen nur, wenn sie selber materiellen Charakter haben. Dies ist etwa zum einen der Fall, wo die bisherigen Bezeichnungen «Zollorgane», «Zollbehörden» oder «Grenzwacht und Zollbehörden», durch das «BAZG» als Obereinheit ersetzt werden. Zum andern geht es um die Anpassung von Formulierungen betreffend die Zugriffsrechte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG auf Informationssysteme anderer Behörden. Diesbezüglich werden die bisherigen Formulierungen, die an eine bestimmte Organisationseinheit anknüpfen, im Zuge der organisatorischen Weiterentwicklung der EZV ersetzt durch Formulierungen, die sich an den Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter orientiert.

Änderung nichtabgaberechtlicher Erlasse Die Vollzugsbehörden und deren konkrete Aufgaben werden in der Mehrheit der nichtabgaberechtlichen Erlasse erst auf Stufe Verordnung genannt und präzisiert. Das Verordnungsrecht wird zu einem späteren Zeitpunkt angepasst.

Materiell führt die Totalrevision des Zollgesetzes daher nur zu geringfügigen Änderungen an nichtabgaberechtlichen Erlassen. Insbesondere handelt es sich um folgende Anpassungen: ­

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Terminologie ­ Bezeichnungsänderungen Es handelt sich um vereinzelte materielle Änderungen, die im Zusammenhang mit der organisatorischen Weiterentwicklung der EZV stehen (siehe die Erläuterungen hiervor).

­ «Zolllager» ersetzt «Zollfreilager» und «offene Zolllager», gilt also für beide Lagertypen (siehe Erläuterungen zu Artikel 33 E-BAZG-VG).

­ «Einfuhr» umfasst auch das Verbringen in Zolllager Als «Einfuhr» wird das physische Verbringen von Waren ins Zollgebiet verstanden. Der Einfuhrbegriff umfasst somit auch das Verbringen von unverzollten Waren ins Zolllager.

Die rein deklaratorischen Bestimmungen, dass es sich bei der Einlagerung in ein Zolllager um eine Einfuhr handelt, sind hinfällig.

Nicht aufgehoben wird in diesem Zusammenhang Artikel 19 Absatz 3 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003167 (KGTG). Die Pflicht zur Warenanmeldung für Kulturgüter gilt bei der Einlagerung in ein Zolllager ebenso wie bei der Ein-, Aus- oder Durchfuhr. Artikel 19 Absatz 3 KGTG trug bisher wesentlich zur Klärung der Anmeldepflicht bezüglich der Einlagerung von Kulturgut in Zolllagern bei. Mit seiner Beibehaltung können in der Praxis auch zukünftig Rechtsunsicherheiten SR 170.512 SR 444.1

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­

­

bei den Anmeldepflichtigen betreffend die Einlagerung von Kulturgut in Zolllagern vermieden werden, indem die Rechtslage eindeutig aus dem KGTG hervorgeht.

«anlässlich von Kontrollen» ersetzt «an der Grenze» beziehungsweise in «Zolllagern» Der Ort, an welchem Kontrollen durchgeführt werden, ergibt sich aus den Befugnissen und dem in Artikel 90 E-BAZG-VG definierten Kontrollgebiet. Bereits nach geltendem Recht wurde nicht ausschliesslich an der Grenze und in Zolllagern, sondern nach den Artikeln 30 und 31 ZG auch im Inland und am Domizil kontrolliert.

Es handelt sich um eine sprachliche Präzisierung. Daraus ergeben sich keine materiellen Änderungen.

Standardisierter Massnahmen- und Leistungskatalog nach Artikel 182 E-BAZG-VG Das BAZG digitalisiert den Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse und standardisiert diejenigen Massnahmen, welche es im Rahmen seiner Kontrolltätigkeit ergreift. Die automatisierte Kontrolle richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen der Zollgesetzgebung und wird grundsätzlich im einheitlichen elektronischen Verfahren abgewickelt. Die Leistungserbringung im Rahmen der Kontrolltätigkeit ergibt sich aus Artikel 182 E-BAZG-VG.

Die erforderliche Standardisierung wird durch die Anwendung gleicher Massnahmen in vergleichbaren Fällen und die einheitliche Verwendung von Begriffen erreicht, ohne dass sich die Vollzugsaufgaben nach geltendem Recht grundsätzlich verändern.

5.3.2

Erläuterungen zur Änderung der einzelnen Erlasse

1. Bundesgesetz vom 21. März 1997168 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit Art. 13e Abs. 1 Bezeichnungsänderung «Zollbehörden» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Art. 23n Abs. 6 Ersatz von «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» durch «BAZG».

168

SR 120

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Art. 24a Abs. 7 erster Satz Artikel 24a BWIS regelt das vom fedpol betriebene elektronische Informationssystem, in welchem Daten über Personen aufgenommen werden, die sich anlässlich von Sportveranstaltungen im In und Ausland gewalttätig verhalten haben.

Der bestehende Zugriff des BAZG auf das Informationssystem mittels Abrufverfahren wird in Artikel 24a Absatz 7 erster Satz BWIS präzisiert, indem die neu geschaffenen, entsprechenden Funktionen der berechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG ergänzt werden. Zugriff mittels Abrufverfahrens erhalten beim BAZG folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Mit der vorliegenden Anpassung wird zudem die Gelegenheit genutzt, Artikel 24a Absatz 7 erster Satz BWIS mit dem bis anhin nicht ausgewiesenen Zweck für den Zugriff im Abrufverfahren auf das Informationssystem zu ergänzen. So steht den für den Vollzug des BWIS zuständigen Stellen des fedpol, den Polizeibehörden der Kantone und dem BAZG das Informationssystem über ein Abrufverfahren dann zur Verfügung, wenn es um die Verhinderung gewalttätigen Verhaltens anlässlich von Sportveranstaltungen geht.

2. Nachrichtendienstgesetz vom 25. September 2015169 Art. 20 Abs. 1 Bst. b Bezeichnungsänderung «Grenzwacht und Zollbehörden» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Art. 51 Abs. 4 Bst. e Das BAZG soll neu einen Zugriff im Abrufverfahren auf den IASA-Index nach Artikel 51 Absatz 3 Buchstabe a des NDG erhalten.

Zugriffsberechtigt sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mit den Funktionen «Strafverfolgung» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Art. 135 E-BAZG-VG und Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mit der Funktion «Strafverfolgung» benötigen den Zugriff zur Wahrnehmung von Aufgaben des BAZG im Bereich der Strafverfolgung, soweit dies das Bundesrecht vorsieht. Damit können eine Effizienzsteigerung erreicht und das Beschleunigungsgebot im Strafverfahren unterstützt werden. Die Informationen ermöglichen es dem BAZG im Rahmen seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde, umfassendere Einschätzungen von Beschuldigten vorzunehmen, woraus sich allenfalls neue Ermittlungsansätze insbesondere betreffend das Umfeld von Beschuldigten ergeben können. Weiter wird eine bessere Beurteilung hinsichtlich einer Meldung von Personen mit Gefährdungspotential im Zuständigkeitsbereich des NDB ermöglicht, welche in ein Strafverfahren des BAZG involviert sind.

169

SR 121

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Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mit der Funktion «Risikoanalyse» benötigen den Zugriff für die Überwachung und Kontrolle des Waren- und Personenverkehrs über die Zollgrenze. Die Nutzung der Daten hilft der Risikoanalyse des BAZG, Analyseergebnisse zielgerichtet mit dem NDB abzustimmen und mögliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Vorgängen zu erkennen. Dadurch kann die Formulierung konkreter Kontrollanweisungen zuhanden der mit Überwachung und Kontrolle betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG unterstützt werden.

Weiter kann mit dem Zugriff die Aufgabenerfüllung im Zusammenhang mit dem ZESA-Abkommen (künftiges ICS 2) gewährleistet werden.

Da das NDG zurzeit ebenfalls in Revision steht, wird eine Koordination nötig. Es ist sicherzustellen, dass in den entsprechenden Bestimmungen die korrekten Funktionsbezeichnungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG («Strafverfolgung» und «Risikoanalyse») verwendet werden, die mit dem E-BAZG-VG eingeführt werden.

3. Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 2005170 Vorbemerkung: Ersatz der Bezeichnung «Grenzwachtkorps (GWK)» Die organisatorische Weiterentwicklung des BAZG hat zur Folge, dass die Einheiten «Zoll» und «Grenzwachtkorps» zusammengeführt werden. Entsprechend wird das GWK als Organisationseinheit im E-BAZG-VG nicht mehr genannt. Aufgaben, welche nach heutigem Recht von Angehörigen des Grenzwachtkorps wahrgenommen werden, werden künftig von entsprechend ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG ausgeführt. Als Konsequenz muss im Zusammenhang mit den Zugriffsregelungen auf externe Informationssysteme auch die im geltenden Recht verwendete Bezeichnung «Grenzwachtkorps (GWK)» durch eine neue Terminologie ersetzt werden.

Für die rechtliche Abbildung der Zugriffe auf externe Informationssysteme sollen künftig die gleichen Funktionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG verwendet werden wie bei den internen Zugriffen auf das Informationssystem des BAZG (siehe Art. 135 E-BAZG-VG sowie Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Die Funktionen und die dazugehörenden Zugriffe stützen sich dabei auf ein gesamtheitliches Berechtigungskonzept des BAZG. Mit dieser Gleichschaltung können die Transparenz gesteigert und die Kontinuität bei den Zugriffen sichergestellt werden.

Die Verwendung unterschiedlicher Zugriffsstrukturen bei internen und externen Informationssystemen würde zu Unstimmigkeiten und Unklarheiten führen, was mit der hier vorgeschlagenen Lösung verhindert werden kann.

Wie den Erläuterungen zu Artikel 135 E-BAZG-VG und Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG detailliert zu entnehmen ist, fasst eine BAZG-Funktion diejenigen Aufgaben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG zusammen, deren Erfüllung die gleichen oder ähnlichen Zugriffe auf ein Informationssystem erfordern. Die im Gesetz abgebildeten Zugriffe der einzelnen BAZG-Funktionen entsprechen dabei dem maximal notwendigen Umfang, der zur Erfüllung aller Aufgaben innerhalb der 170

SR 142.20

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jeweiligen Funktion notwendig wäre. Wenn einzelne Gruppen von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern des BAZG hingegen innerhalb einer bestimmten Funktion weniger als die gesetzlich maximal möglichen Zugriffe benötigen, sind die Zugriffe dieser Gruppen entsprechend einzuschränken, was mittels Berechtigungskonzept ausgewiesen wird. Dadurch können die Verhältnismässigkeit gewahrt und die Informationssicherheit gewährleistet werden.

Die nachfolgend genannten Funktionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG gelangen in der Regel anstelle der im geltenden Recht verwendeten Bezeichnung «Grenzwachtkorps (GWK)» für die Umschreibungen der Zugriffe zur Anwendung. Diese Funktionen übernehmen die Mehrheit der GWK-Aufgaben. Es sind dies: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» sowie «Risikoanalyse». Details zu den einzelnen Funktionen können den Erläuterungen betreffend Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG entnommen werden.

Art. 68b Abs. 2171 Artikel 68b des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) wurde im Rahmen der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands172 am 18. Dezember 2020 vom Parlament neu ins AIG aufgenommen. Vorliegend erfolgen in Artikel 68b Absatz 2 E-AIG in der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020 eine Bezeichnungsänderung «Eidgenössische Zollverwaltung (EZV)» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» sowie eine rein redaktionelle Anpassung.

Art. 102b Abs. 1 Bst. a In Absatz 1 Buchstabe a wird eine Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZGVG vorgenommen. Die Bezeichnung «Grenzwachtkorps» wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Art. 103c Abs. 1 Bst a und c, Abs. 2 und Abs. 4 Bst. e Artikel 103c AIG regelt die verschiedenen Zugangsarten zum Entry/Exit System (EES).

171 172

In der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020, BBl 2020 10033.

Bundesbeschluss vom 18. Dezember 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS), BBl 2020 10033.

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Abs. 1 und 2 Die Absätze 1 und 2 wurden im Rahmen der Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands173 vom Parlament am 21. Juni 2019 geändert und sind am 1. Mai 2022 in Kraft getreten174. Vorliegend erfolgen in den Absätzen 1 Buchstaben a und c sowie 2 Buchstaben a­c nur Anpassungen an die neue Terminologie des E-BAZG-VG.

Die Bezeichnung «Grenzwachtkorps» wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Abs. 4 In Artikel 103c Absatz 4 AIG sind die Strafverfolgungsbehörden aufgeführt, welche zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der Einsatz- und Alarmzentrale fedpol (EAZ fedpol) Daten aus dem EES beantragen können. Aktuell berät das Parlament die Vorlage «Bundesbeschluss über die Genehmigung und Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) 2021/1133 und (EU) 2021/1134 zur Reform des Visa-Informationssystems und der damit verbundenen Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für VIS-Zwecke (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands) sowie zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (Zugriff auf den CIR und Zugang zu den Daten von drei EU-Informationssystemen)» 175 (nachfolgend: VIS-Recast). Die Vorlage 2 von VISRecast (Änderung des AIG)176 sieht vor, dass das BAZG neu im Rahmen seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde und seiner Kompetenzen zur Aufdeckung und Ermittlung sonstiger schwerer Straftaten mittels Antrag an die EAZ fedpol Zugriff auf die Daten aus dem EES erhalten soll. Die detaillierten Begründungen für den Zugriff sind der Botschaft zu VIS-Recast177 zu entnehmen. Die Vorlage 2 von VIS-Recast sieht vor, Artikel 103c Absatz 4 AIG wie folgt mit einem neuen Buchstaben e zu erweitern: VIS-Recast, Vorlage 2: Art. 103c Abs. 4 Bst. e E-AIG Folgende Behörden können zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der zentralen Zugangsstelle nach Absatz 5 Daten des EES beantragen: e. die für die Strafverfolgung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG).

4

173

174 175 176 177

Bundesbeschluss vom 21. Juni 2019 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen zur Errichtung und Nutzung des Einreise- und Ausreisesystems (EES) (Verordnungen [EU] 2017/2226 und 2017/2225), BBl 2019 4573.

AS 2021 732 BBl 2022 1421 Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (Zugriff auf den CIR und Zugang zu den Daten von drei EU-Informationssystemen).

BBl 2022 1425

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Diese Formulierung berücksichtigt noch nicht die neue Funktion «Strafverfolgung», welche erst mit dem E-BAZG-VG eingeführt wird. Aus diesem Grund wird im Anhang 2 zum E-BAZG-VG Artikel 103c Absatz 4 Buchstabe e E-AIG ebenfalls aufgenommen und mit der neuen Funktion ergänzt: E-BAZG-VG, Anhang 2: Art. 103c Abs. 4 Bst. e E-AIG Folgende Behörden können zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der zentralen Zugangsstelle nach Absatz 5 Daten des EES beantragen: e. das BAZG für die Funktion «Strafverfolgung».

4

Zwischen VIS-Recast und dem E-BAZG-VG ist eine entsprechende Koordination für Artikel 103c Absatz 4 Buchstabe e E-AIG notwendig. Folgende Konstellationen sind möglich: a.

VIS-Recast tritt vor dem E-BAZG-VG in Kraft: In diesem Fall wird Artikel 103c Absatz 4 Buchstabe e E-AIG in der Fassung der VIS-RecastVorlage 2 bei Inkrafttreten des E-BAZG-VG durch die Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG ersetzt.

b.

Das E-BAZG-VG tritt vor VIS-Recast in Kraft: In diesem Fall muss sichergestellt werden, dass in der VIS-Recast-Vorlage 2 die Formulierung von Artikel 103c Absatz 4 Buchstabe e E-AIG durch die Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG inkl. die neue Funktion «Strafverfolgung» ersetzt wird. Zudem ist im Anhang 2 zum E-BAZG-VG Artikel 103c Absatz 4 Buchstabe e E-AIG zu streichen, da der Zugriff erst mit der VIS-Recast-Vorlage 2 eingeführt werden kann.

c.

Die VIS-Recast-Vorlage 2 wird vom Parlament abgelehnt und die beantragten Zugriffe des BAZG im Rahmen seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde werden nicht gutgeheissen: In diesem Fall ist Artikel 103c Absatz 4 Buchstabe e E-AIG im Anhang 2 zum E-BAZG-VG zu streichen.

Art. 108e Abs. 2 Einleitungssatz, Bst. a und b178 sowie Abs. 3 Bst. e Artikel 108e AIG regelt die verschiedenen Zugangsarten zum Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS).

Abs. 2 Artikel 108e Absatz 2 AIG wurde im Rahmen der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands179 vom Parlament am 25. September 2020 geändert. Vorliegend erfolgen in Absatz 2 Buchstaben a und b in der Fassung der Änderung vom 25. September 2020 Anpassungen an die neue Terminologie des E-BAZG-VG. Die Bezeichnung 178 179

In der Fassung der Änderung vom 25. September 2020, BBl 2020 7911.

Bundesbeschluss vom 25. September 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) 2018/1240 über das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS), BBl 2020 7911.

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«die für die Personenkontrolle eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EZV» (Aufgabe des ehemaligen GWK) wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Abs. 3 In Artikel 108e Absatz 3 AIG sind die Strafverfolgungsbehörden aufgeführt, welche zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der EAZ fedpol Daten aus dem ETIAS beantragen können. Die Vorlage 2 von VIS-Recast (Änderung AIG)180 sieht vor, dass das BAZG neu im Rahmen seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde und seiner Kompetenzen zur Aufdeckung und Ermittlung sonstiger schwerer Straftaten mittels Antrag an die EAZ fedpol Zugriff auf die Daten aus dem ETIAS erhalten soll. Die detaillierten Begründungen für den Zugriff können der Botschaft zu VIS-Recast181 entnommen werden. Mit der Vorlage 2 von VIS-Recast soll Artikel 108e Absatz 3 AIG mit einem neuen Buchstaben e wie folgt erweitert werden: VIS-Recast, Vorlage 2: Art. 108e Abs. 3 Bst. e E-AIG Folgende Behörden können zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der zentralen Zugangsstelle nach Absatz 5 Daten des ETIAS beantragen: e. die für die Strafverfolgung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG.

3

Diese Formulierung berücksichtigt noch nicht die neue Funktion «Strafverfolgung». Deshalb wird im Anhang 2 zum E-BAZG-VG Artikel 108e Absatz 3 Buchstabe e E-AIG aufgenommen und mit der neuen Funktion ergänzt: E-BAZG-VG, Anhang 2: Art. 108e Abs. 3 Bst. e E-AIG Folgende Behörden können zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der zentralen Zugangsstelle nach Absatz 5 Daten des ETIAS beantragen: e. das BAZG für die Funktion «Strafverfolgung».

3

Für Artikel 108e Absatz 3 Buchstabe e E-AIG ist ebenfalls zwischen VIS-Recast und dem E-BAZG-VG eine entsprechende Koordination notwendig. Folgende Konstellationen sind möglich: a.

VIS-Recast tritt vor dem E-BAZG-VG in Kraft: In diesem Fall wird Artikel 108e Absatz 3 Buchstabe e E-AIG in der Fassung der VIS-Recast-

180

Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (Zugriff auf den CIR und Zugang zu den Daten von drei EU-Informationssystemen).

181 BBl 2022 1421

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Vorlage 2 bei Inkrafttreten des E-BAZG-VG durch die Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG ersetzt.

b.

Das E-BAZG-VG tritt vor VIS-Recast in Kraft: In diesem Fall muss sichergestellt werden, dass in der VIS-Recast-Vorlage 2 die Formulierung von Artikel 108e Absatz 3 Buchstabe e E-AIG durch die Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG inkl. die neue Funktion «Strafverfolgung» ersetzt wird. Zudem ist im Anhang 2 zum E-BAZG-VG Artikel 108e Absatz 3 Buchstabe e E-AIG zu streichen, da der Zugriff erst mit der VIS-Recast-Vorlage 2 eingeführt werden kann.

c.

Die VIS-Recast-Vorlage 2 wird vom Parlament abgelehnt und die beantragten Zugriffe des BAZG im Rahmen seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde werden nicht gutgeheissen: In diesem Fall ist Artikel 108e Absatz 3 Buchstabe e E-AIG im Anhang 2 zum E-BAZG-VG zu streichen.

Art. 109a Abs. 2 Bst. a, c und d sowie Abs. 3 Einleitungssatz und Bst. e Artikel 109a AIG regelt die Abfrage der Daten aus dem zentralen Visa-Informationssystem (C-VIS).

Abs. 2 In Artikel 109a Absatz 2 Buchstaben a, c und d E-AIG werden Anpassungen an die neue Terminologie des E-BAZG-VG vorgenommen. Die Bezeichnung «das Grenzwachtkorps» wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Dabei handelt es sich um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Abs. 3 Artikel 109a Absatz 3 AIG nennt die Strafverfolgungsbehörden, welche zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der EAZ fedpol Daten aus dem C-VIS beantragen können. Die Vorlage 2 von VIS-Recast (Änderung des AIG)182 sieht vor, dass das BAZG neu im Rahmen seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde und seiner Kompetenzen zur Aufdeckung und Ermittlung sonstiger schwerer Straftaten mittels Antrag an die EAZ fedpol Zugriff auf die Daten aus dem C-VIS erhalten soll. Die detaillierten Begründungen für den Zugriff können der Botschaft zu VIS-Recast183 entnommen werden. Mit der Vorlage 2 von VIS-Recast soll Artikel 109a Absatz 3 AIG wie folgt mit einem neuen Buchstaben e erweitert werden:

182

Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (Zugriff auf den CIR und Zugang zu den Daten von drei EU-Informationssystemen).

183 BBl 2022 1421

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VIS-Recast, Vorlage 2: Art. 109a Abs. 3 Bst. e E-AIG Die folgenden Behörden können im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der zentralen Zugangsstelle nach Absatz 4 bestimmte Daten des C-VIS beantragen: e. die für die Strafverfolgung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG.

3

Diese Formulierung berücksichtigt noch nicht die neue Funktion «Strafverfolgung».

Daher wird im Anhang 2 zum E-BAZG-VG Artikel 109a Absatz 3 Buchstabe e E AIG erneut aufgenommen und mit der neuen Funktion ergänzt: E-BAZG-VG, Anhang 2: Art. 109a Abs. 3 Bst. e E-AIG Die folgenden Behörden können im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der zentralen Zugangsstelle nach Absatz 4 bestimmte Daten des C-VIS beantragen: 3

e.

das BAZG für die Funktion «Strafverfolgung».

Zwischen VIS-Recast und dem E-BAZG-VG ist für Artikel 109a Absatz 3 Buchstabe e E-AIG eine entsprechende Koordination erforderlich. Folgende Konstellationen sind möglich: a.

VIS-Recast tritt vor dem E-BAZG-VG in Kraft: In diesem Fall wird Artikel 109a Absatz 3 Buchstabe e E-AIG in der Fassung der VIS-RecastVorlage 2 bei Inkrafttreten des E-BAZG-VG durch die Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG ersetzt.

b.

Das E-BAZG-VG tritt vor VIS-Recast in Kraft: In diesem Fall muss sichergestellt werden, dass in der VIS-Recast-Vorlage 2 die Formulierung von Artikel 109a Absatz 3 Buchstabe e E-AIG durch die Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG inkl. die neue Funktion «Strafverfolgung» ersetzt wird. Zudem ist im Anhang 2 zum E-BAZG-VG Artikel 109a Absatz 3 Buchstabe e E-AIG zu streichen, da der Zugriff erst mit der VIS-Recast-Vorlage 2 eingeführt werden kann.

c.

Die VIS-Recast-Vorlage 2 wird vom Parlament abgelehnt und die beantragten Zugriffe des BAZG im Rahmen seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde werden nicht gutgeheissen: In diesem Fall ist Artikel 109a Absatz 3 Buchstabe e E-AIG im Anhang 2 zum E-BAZG-VG zu streichen.

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Art. 109b Abs. 3 Bst. e184 Artikel 109b Absatz 3 AIG wurde anlässlich der Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands185 vom Parlament am 19. März 2021 geändert. Im Rahmen der Vorlage 1 von VIS-Recast186 wird Artikel 109b Absatz 3 Buchstabe e E-AIG erneut formell angepasst. Die Bezeichnung «Eidgenössische Zollverwaltung (EZV)» wird ersetzt durch «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Da die VIS-Recast-Vorlage 1 jedoch die neuen Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG noch nicht berücksichtigt, erfolgt im Rahmen der hier vorliegenden Vorlage die entsprechende Anpassung von Artikel 109b Absatz 3 Buchstabe e E-AIG an die neue Terminologie des E-BAZG-VG. Die Bezeichnung «das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» wird präzisiert und ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Zwischen VIS-Recast und dem E-BAZG-VG ist diesbezüglich eine entsprechende Koordination für Artikel 109b Absatz 3 Buchstabe e E-AIG notwendig: a.

VIS-Recast tritt vor dem E-BAZG-VG in Kraft: In diesem Fall wird Artikel 109b Absatz 3 Buchstabe e E-AIG in der Fassung der VIS-RecastVorlage 1 bei Inkrafttreten des E-BAZG-VG durch die Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG ersetzt.

b.

Das E-BAZG-VG tritt vor VIS-Recast in Kraft: In diesem Fall muss sichergestellt werden, dass in der VIS-Recast-Vorlage 1 Artikel 109b Absatz 3 Buchstabe e E-AIG mit den neuen Funktionen «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» ergänzt wird.

Art. 109c Bst. a187 Dieser Artikel regelt den Zugang zum System ORBIS (nationale Visa-Datenbank). In Artikel 109c Buchstabe a E-AIG erfolgt eine Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG. Die Bezeichnung «dem Grenzwachtkorps» wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

184 185

In der Fassung der Änderung vom 19. März 2021, BBl 2021 674.

Bundesbeschluss vom 19. März 2021 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) 2019/817 und (EU) 2019/818 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen, BBl 2021 674.

186 BBl 2022 1422 187 In der Fassung der Änderung vom 19. März 2021, BBl 2021 674.

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Art. 109h Bst. abis und f In Analogie zur vorgeschlagenen Regelung in Artikel 136 E-BAZG-VG sollen neu in Artikel 109h Buchstabe abis E-AIG die Zugriffsrechte des ausländischen Personals in der Schweiz im Rückkehrbereich auf das Informationssystem eRetour geregelt werden. Dieses Informationssystem soll im Bereich Rückkehr auch als nationale Schnittstelle zu den Datenbanken der EU fungieren (vgl. Art. 109f Abs. 2 Bst. d AIG188).

Gemäss der EU-Verordnung ermächtigt der Einsatzmitgliedstaat das ausländische Personal, die Datenbanken der EU über die nationalen Schnittstellen oder eine andere Art des Zugangs abzufragen, wenn dies für die Erfüllung der im Einsatzplan für die Rückkehr festgelegten Ziele erforderlich ist (vgl. Art. 82 Abs. 10 der Verordnung [EU] 2019/1896189). Der Einsatzmitgliedstaat kann das ausländische Personal ermächtigen, auch seine nationalen Datenbanken abzufragen, sofern dies für den gleichen Zweck ebenfalls erforderlich ist.

Mit der vorgeschlagenen Änderung in Buchstabe abis wird die Zugriffsregelung für das ausländische Personal auf eRetour auf Stufe Gesetz festgehalten. Es sind dieselben Zugriffsrechte auf eRetour vorgesehen wie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SEM (vgl. Art. 109h Bst. a AIG). Dabei sollen die Teammitglieder nur Daten abfragen, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse notwendig sind. Zudem soll aus Gründen des Datenschutzes der Zugriff auf das Informationssystem nur unter der Leitung von schweizerischen Behörden erfolgen (vgl. auch Art. 82 Abs. 4 der Verordnung [EU] 2019/1896190).

In Artikel 109h Buchstabe f E-AIG wird eine Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG vorgenommen. Die Bezeichnung «dem Grenzwachtkorps» wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Art. 110b Abs. 3 Bst. c191 Artikel 110b AIG wurde im Rahmen der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands192 am 19. März 2021 vom Parlament verabschiedet und ins AIG aufgenommen.

Vorliegend erfolgt in Artikel 110b Absatz 3 Buchstabe c E-AIG in der Fassung der Änderung vom 19. März 2021 eine Bezeichnungsanpassung «EZV» auf «BAZG».

188 189

BBl 2021 2333 Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2019 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624, Fassung gemäss ABl. L 295 vom 14. November 2019, S. 1.

190 Siehe Fn 195.

191 In der Fassung der Änderung vom 19. März 2021, BBl 2021 674.

192 Bundesbeschluss vom 19. März 2021 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) 2019/817 und (EU) 2019/818 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen, BBl 2021 674.

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Art. 110c Abs. 1 Bst. b und c193 Artikel 110c AIG wurde ebenfalls vom Parlament im Rahmen der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands194 am 19. März 2021 geändert. In Artikel 110c Absatz 3 Buchstaben b und c E-AIG in der Fassung der Änderung vom 19. März 2021 erfolgt vorliegend eine Bezeichnungsanpassung «EZV» auf «BAZG».

Art. 110d Abs. 2 Bst. e195 Artikel 110d AIG behandelt den Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf das Common Identity Repository (CIR, Informationssystem für Grenz- und Sicherheitsbehörden der Schengen-Länder) zwecks Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten.

In Artikel 110d Absatz 2 sind die zugriffsberechtigten Strafverfolgungsbehörden aufgeführt. Die Vorlage 2 von VIS-Recast196 sieht vor, dass das BAZG neu im Rahmen seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde und seiner Kompetenzen zur Aufdeckung und Ermittlung sonstiger schwerer Straftaten Zugriff auf den CIR erhalten soll.

Die detaillierten Begründungen für den Zugriff können der Botschaft zu VISRecast197 entnommen werden. Mit der Vorlage 2 von VIS-Recast soll Artikel 110d Absatz 2 AIG wie folgt mit einem neuen Buchstaben e erweitert werden: VIS-Recast, Vorlage 2: Art. 110d Abs. 2 Bst. e E-AIG 2

Die folgenden Behörden können solche Abfragen durchführen: e. die für die Strafverfolgung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG.

Diese Formulierung berücksichtigt noch nicht die neue Funktion «Strafverfolgung».

Aus diesem Grund wird Artikel 110d Absatz 2 Buchstabe e E-AIG ebenfalls im Anhang 2 zum E-BAZG-VG aufgeführt und mit der neuen Funktion ergänzt: E-BAZG-VG, Anhang 2: Art. 110d Abs. 2 Bst. e E-AIG 2

Die folgenden Behörden können solche Abfragen durchführen: e. das BAZG für die Funktion «Strafverfolgung».

Für Artikel 110d Absatz 2 Buchstabe e E-AIG ist zwischen VIS-Recast und dem E-BAZG-VG eine entsprechende Koordination notwendig. Folgende Konstellationen sind möglich: a.

VIS-Recast tritt vor dem E-BAZG-VG in Kraft: In diesem Fall wird Artikel 110d Absatz 2 Buchstabe e E-AIG in der Fassung der VIS-Recast-

193 194

In der Fassung der Änderung vom 19. Mrz. 2021, BBl 2021 674.

Bundesbeschluss vom 19. März 2021 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) 2019/817 und (EU) 2019/818 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen, BBl 2021 674.

195 In der Fassung der Änderung vom 19. März 2021, BBl 2021 674.

196 Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (Zugriff auf den CIR und Zugang zu den Daten von drei EU-Informationssystemen).

197 BBl 2022 1421

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Vorlage 2 bei Inkrafttreten des E-BAZG-VG durch die Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG ersetzt.

b.

Das E-BAZG-VG tritt vor VIS-Recast in Kraft: In diesem Fall muss sichergestellt werden, dass in der VIS-Recast-Vorlage 2 die Formulierung von Artikel 110d Absatz 2 Buchstabe e E-AIG durch die Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG inkl. die neue Funktion «Strafverfolgung» ersetzt wird. Zudem ist im Anhang 2 zum E-BAZG-VG Artikel 110d Absatz 2 Buchstabe e E-AIG zu streichen, da der Zugriff erst mit der VIS-Recast-Vorlage 2 eingeführt werden kann.

c.

Die VIS-Recast-Vorlage 2 wird vom Parlament abgelehnt und die beantragten Zugriffe des BAZG im Rahmen seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde werden nicht gutgeheissen: In diesem Fall ist Artikel 110d Absatz 2 Buchstabe e E-AIG im Anhang 2 zum E-BAZG-VG zu streichen.

4. Asylgesetz vom 26. Juni 1998198 Art. 99 Abs. 2, 3 und 4 erster Satz In Absatz 2 wird für das Bundesamt für Polizei zusätzlich noch die Abkürzung «fedpol» eingefügt, welche in den nachfolgenden Absätzen 3 und 4 verwendet wird.

Absatz 4 muss ebenfalls aufgrund der neuen Terminologie des E-BAZG-VG angepasst werden. Die Bezeichnung «Grenzwachtkorps» wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG (siehe Vorbemerkung zum AIG). Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

5. Bundesgesetz vom 20. Juni 2003199 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich Art. 7a Abs. 3 Bst. e In Buchstabe e erfolgt eine Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG.

Die Bezeichnung «Grenzwachtkorps» wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG (siehe Vorbemerkung zum AIG). Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

198 199

SR 142.31 SR 142.51

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Art. 9 Abs. 1 Bst. e und Abs. 2 Bst. e In Buchstabe e der Absätze 1 und 2 erfolgt je die gleiche Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG. Die Bezeichnung «Grenzwachtkorps» wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

6. Ausweisgesetz vom 22. Juni 2001200 Art. 12 Abs. 2 Bst. c Es erfolgt in Buchstabe c eine Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZGVG. Dabei wird die Bezeichnung «das Grenzwachtkorps» ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG (siehe Vorbemerkung zum AIG). Es handelt sich um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

7. Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968201 Art. 2 Abs. 1bis und Art. 3 Bst. e Nach dem bisherigen Artikel 3 Buchstabe e VwVG findet das VwVG keine Anwendung auf das Verfahren der Zollveranlagung. Diese Ausnahmebestimmung ist in zweierlei Hinsicht überholt.

Zum einen wird das Verfahren für die Erhebung der Abgaben und zur Prüfung der Einhaltung der nichtabgaberechtlichen Erlasse vereinheitlicht, deshalb braucht es für alle Verfahren eine einheitliche Bestimmung über das Verhältnis zwischen dem E-BAZG-VG und dem VwVG. Zum andern werden diese Verfahren elektronisch geführt, was einheitliche Sonderbestimmungen zum geltenden VwVG erfordert.

Diese Sonderbestimmungen tragen dem elektronischen Massenverfahren Rechnung.

Grundsätzlich soll auf die Verfahren nach dem E-BAZG-VG das VwVG anwendbar sein. Das VwVG gilt, soweit das E-BAZG-VG nicht davon abweicht. Diese teilweise Anwendbarkeit des VwVG führt dazu, das Verhältnis zwischen dem E-BAZG-VG und dem VwVG neu in Artikel 2 Absatz 1bis E-VwVG zu regeln statt wie bis anhin in Artikel 3 Buchstabe e.

Die teilweise Anwendbarkeit des VwVG gilt folglich auch für das verwaltungsinterne Rechtsmittelverfahren nach dem E-BAZG-VG.

200 201

SR 143.1 SR 172.021

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Das BAZG erhebt nicht nur Zölle, sondern teilweise auch Steuern (vgl. Art. 8 E-BAZG-VG). Soweit es Steuern erhebt, geht der neue Absatz 1 bis von Artikel 2 E-VwVG als Spezialbestimmung dem bereits vorhandenen Absatz 1 vor. Demzufolge finden die Artikel 12-19 und 30-33 VwVG in Steuerverfahren, die das BAZG führt, nach Absatz 1bis grundsätzlich Anwendung, in den Steuerverfahren anderer Bundesbehörden nach Absatz 1 hingegen nicht. So wird für Zölle und Steuern, die das BAZG erhebt, verfahrensrechtlich eine einheitliche Lösung erzielt.

Schlussbestimmung zur vorliegenden Änderung des VwVG Der Bundesrat kann gestützt auf Artikel 212 E-BAZG-VG vorsehen, dass für eine Abgabe, die das BAZG erhebt, vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist, solange für die Erhebung der Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind. Dazu wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Für Details wird diesbezüglich auf die Erläuterungen zu den Artikeln 212­217 E-BAZG-VG (4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG) verwiesen.

Der aufzuhebende Artikel 3 Buchstabe e VwVG und die Erhebung der Abgaben beziehungsweise die Verfahren nach dem bisherigen Zollrecht (insbesondere das Verfahren der Zollveranlagung) bilden eine Einheit und sind aufeinander abgestimmt. Demgegenüber passt der neue Artikel 2 Absatz 1bis E-VwVG nur für die neuen Verfahren nach dem E-BAZG-VG. Die erwähnte Regelung von Artikel 212 ff.

E-BAZG-VG kommt daher auch für die Änderungen des VwVG im Anhang 2 zur Anwendung. Der Bundesrat hat im Zusammenhang mit der Erhebung einer Abgabe festzulegen, ob Artikel 3 Buchstabe e VwVG anstelle von Artikel 2 Absatz 1bis E-VwVG übergangsweise anwendbar bleibt (Art. 212 Abs. 1 und 213 Abs. 2 E-BAZG-VG).

Um dies im VwVG selber zu verdeutlichen, wird eine Schlussbestimmung eingefügt.

Diese verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212 und 213 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Die Schlussbestimmung ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im VwVG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Nach
dieser Scharnierbestimmung bleibt der bisherige Artikel 3 Buchstabe e VwVG anwendbar, solange der Bundesrat für eine Abgabe Artikel 2 Absatz 1bis E-VwVG als noch nicht anwendbar erklärt.

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8. Strafgesetzbuch202 Art. 246 erster Absatz In der geltenden Fassung von Artikel 246 StGB wird als eines der Beispiele von amtlichen Zeichen der «Stempel der Gold- und Silberkontrolle» aufgeführt. Die Bezeichnung «Stempel der Gold- und Silberkontrolle» wird im EMKG nicht mehr verwendet.

In Artikel 45 EMKG ist die Fälschung und Verfälschung von Stempeln (das sogenannte Punzen) als eigener Straftatbestand unter Strafe gestellt. Der Geltungsbereich wurde mit der Revision des EMKG vom 17. Juni 1994203 auf ausländische Stempel erweitert. Obwohl die Bestimmung von Artikel 45 EMKG als Lex-specialis-Artikel 246 StGB vorgeht, ist die Anpassung dieser Bestimmung im StGB bisher unterblieben, was jetzt nachgeholt wird (Streichung des Beispiels «Stempel der Gold- und Silberkontrolle»). Neben einer rein redaktionellen Änderung wurde das zusätzlich erwähnte Beispiel «Marken der Zollverwaltung» an die neue Amtsbezeichnung des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit angepasst.

Art. 354 Abs. 2 Bst. c In Buchstabe c erfolgt eine Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG.

Die Bezeichnung «Grenzstellen» wird ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Es handelt sich um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise» und «Einsatzkoordination» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

9. Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927204 Art. 3 Abs. 1 Ziff. 6 In Zukunft unterstehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG einheitlich dem zivilen Strafrecht. Es ist nicht vorgesehen, dass ein Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Militärstrafrecht unterstellt wird, wie das bisher für die Angehörigen des GWK der Fall war. Dadurch können alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG flexibel eingesetzt werden.

Art. 183 Abs. 2 Da keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mehr dem Militärstrafrecht unterstehen, ist dieser Absatz zu streichen.

Art. 235 Ziff. 2 Da keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mehr dem Militärstrafrecht unterstehen, ist diese Ziffer zu streichen.

202 203 204

SR 311.0 AS 1995 3102 SR 321.0

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Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ...

Aus Gründen der Rechtssicherheit wird eine klare Übergangsregelung für bei Inkrafttreten des E-BAZG-VG bereits eröffnete Verfahren nach bisherigem Recht statuiert.

10. Militärstrafprozess vom 23. März 1979205 Art. 7 Abs. 2 In Zukunft sollen als Richter und Ersatzrichter nur Angehörige der Armee gewählt werden dürfen. Da keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mehr dem Militärstrafrecht unterstehen, ist auch nicht mehr vorgesehen, dass sie als Richter eingesetzt werden können.

Art. 11 Abs. 2 erster Satz In Zukunft sollen als Richter und Ersatzrichter nur Angehörige der Armee gewählt werden dürfen. Da keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mehr dem Militärstrafrecht unterstehen, ist auch nicht mehr vorgesehen, dass sie als Richter eingesetzt werden können.

Art. 14 Abs. 2 erster Satz In Zukunft sollen als Richter und Ersatzrichter nur Angehörige der Armee gewählt werden dürfen. Da keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mehr dem Militärstrafrecht unterstehen, ist auch nicht mehr vorgesehen, dass sie als Richter eingesetzt werden können.

Art. 116 Abs. 3 zweiter Satz Da keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mehr dem Militärstrafrecht unterstehen, ist es nicht mehr nötig, diesen gesetzlichen Vorbehalt zu regeln. Dieser Satz ist deshalb aufzuheben.

Art. 149 Abs. 2 zweiter Satz Da keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG mehr dem Militärstrafrecht unterstehen, ist es nicht mehr nötig, diesen gesetzlichen Vorbehalt zu regeln. Dieser Satz ist deshalb aufzuheben.

Art. 220b Aus Gründen der Rechtssicherheit wird eine klare Übergangsregelung für bei Inkrafttreten des E-BAZG-VG hängige Verfahren der Militärjustiz festgelegt.

205

SR 322.1

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11. Bundesgesetz vom 7. Oktober 1994 über die kriminalpolizeilichen Zentralstellen des Bundes und gemeinsame Zentren für Polizei- und Zollzusammenarbeit mit anderen Staaten206 Art. 4 Abs. 1 Bst. a Buchstabe a wird an die neue Terminologie des E-BAZG-VG angepasst. Die Bezeichnung «Grenzwacht- und Zollorgane» wird durch «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit» ersetzt.

Art. 5 Abs. 1bis erster Satz Ersatz von «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» durch «BAZG».

12. Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes207 Art. 10 Abs. 4 Bst. e Im Rahmen des Bundesgesetzes vom 25. September 2020208 über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus wurde Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe e ins Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI) aufgenommen. Dadurch erhält das BAZG mittels Abrufverfahrens Zugriff auf das System zur Unterstützung gerichtspolizeilicher Ermittlungen des Bundes209. Mit dem Inkrafttreten des Vorläuferstoffgesetzes vom 25. September 2020210 (VSG) wird der Buchstabe e zu Buchstabe f.

Die Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG verlangt, dass Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe e BPI erneut geändert wird. Der Zugriff des BAZG als solcher wird detaillierter ausgewiesen, indem neu geschaffene Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG verwendet und die Zwecke des Zugriffs präzisiert werden.

Der Zugriff mittels Abrufverfahren ist für folgende Funktionen vorgesehen: «Einsatzkoordination», «Strafverfolgung», «Risikoanalyse» und «Kontrollexpertise» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG). Innerhalb dieser Funktionen wird der Zugriff nur einem eingeschränkten Personenkreis gewährt, wenn dieser den Zugriff zwingend zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt.

206 207 208 209

SR 360 SR 361 AS 2021 565; 2022 300 Botschaft vom 22. Mai 2019 zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, BBl 2019 4751, hier 4830.

210 BBl 2020 7773

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Art. 11 Abs. 5 Bst. e Auch Artikel 11 Absatz 5 Buchstabe e BPI211 wurde im Rahmen des Bundesgesetzes vom 25. September 2020 über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus212 neu ins BPI aufgenommen. Das BAZG erhält dadurch einen Zugriff mittels Abrufverfahren auf das System Bundesdelikte213. Mit dem Inkrafttreten des Vorläuferstoffgesetzes vom 25. September 2020214 wird der Buchstabe e zu Buchstabe f.

Vorliegend erfolgen in Artikel 11 Absatz 5 Buchstabe e BPI eine Präzisierung des Zugriffs mit neu geschaffenen Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG sowie eine detailliertere Beschreibung der Zwecke.

Der Zugriff mittels Abrufverfahren ist für folgende Funktionen vorgesehen: «Einsatzkoordination», «Strafverfolgung», «Risikoanalyse» und «Kontrollexpertise» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG). Der Zugriff wird innerhalb dieser Funktionen nur einem eingeschränkten Personenkreis gewährt, wenn dieser den Zugriff zwingend zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt.

Art. 12 Abs. 6 Bst. d Artikel 12 Absatz 6 Buchstabe d BPI215 wurde ebenfalls im Rahmen des Bundesgesetzes vom 25. September 2020216 über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus neu ins BPI aufgenommen. Das BAZG erhält dadurch einen Zugriff mittels Abrufverfahren auf das System internationale und interkantonale Polizeikooperation217. Mit dem Inkrafttreten des Vorläuferstoffgesetzes vom 25. September 2020218 wird der Buchstabe d zu Buchstabe e.

Wie in den Artikeln 10 und 11 BPI werden auch in Artikel 12 Absatz 6 Buchstabe d BPI eine Präzisierung des Zugriffs mit neu geschaffenen Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG sowie eine detailliertere Beschreibung der Zwecke vorgenommen.

Der Zugriff mittels Abrufverfahren ist für folgende Funktionen vorgesehen: «Einsatzkoordination», «Strafverfolgung», «Risikoanalyse» und «Kontrollexpertise» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG). Innerhalb dieser Funktionen wird der Zugriff nur einem eingeschränkten Personenkreis gewährt, wenn dieser den Zugriff zwingend zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt.

211 212 213 214 215 216 217 218

Mit Inkrafttreten des Vorläuferstoffgesetzes vom 25. September 2020 (BBl 2020 7773) wird Buchstabe e zu Buchstabe f.

AS 2021 565; 2022 300 Botschaft vom 22. Mai 2019 zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, BBl 2019 4751, hier 4831.

BBl 2020 7773 Mit Inkrafttreten des Vorläuferstoffgesetzes vom 25. September 2020 (BBl 2020 7773) wird Buchstabe d zu Buchstabe e.

AS 2021 565; 2022 300 Botschaft vom 22. Mai 2019 zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, BBl 2019 4751, hier 4831.

BBl 2020 7773

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Art. 15 Abs. 3 Bst. h und Abs. 4 Bst. b219 Artikel 15 BPI wurde im Rahmen der Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands220 überarbeitet, neu strukturiert und vom Parlament am 18. Dezember 2020 angenommen. Vorliegend erfolgen nun Anpassungen an die neue Terminologie des E-BAZG-VG.

In Absatz 3 Buchstabe h in der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020 wird die Bezeichnung «Oberzolldirektion» durch die neu geschaffene Funktionsbezeichnung «Strafverfolgung» ersetzt (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

In Absatz 4 Buchstabe b in der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020 werden die Bezeichnungen «das Grenzwachtkorps und die Zollbüros» ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG (siehe Vorbemerkung zum AIG). Dabei handelt es sich um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination», «Unternehmensprüfung», «Strafverfolgung» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

Art. 17 Abs. 4 Bst. i In Buchstabe i erfolgt eine Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG.

Die Bezeichnungen «das Grenzwachtkorps und die Zollfahndung» werden ersetzt durch neu geschaffene, entsprechende Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG. Es handelt sich dabei um folgende Funktionen: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Kontrollexpertise», «Einsatzkoordination», «Strafverfolgung» und «Risikoanalyse» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 Ziffer 1 zum E-BAZG-VG).

13. Zwangsanwendungsgesetz vom 20. März 2008221 Art. 2 Abs. 2 Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG. Änderung «das Grenzwachtkorps» auf «das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

219 220

In der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020, BBl 2020 10033.

Bundesbeschluss vom 18. Dezember 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS), BBl 2020 10033.

221 SR 364

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14. Sportförderungsgesetz vom 17. Juni 2011222 Art. 20 Abs. 3 erster Satz «Das BAZG» wird ersetzt durch ein Pronomen, das auf das «BAZG» (definiert in Abs. 2) verweist.

Das BAZG behält anlässlich von Zollkontrollen Dopingmittel zurück, wenn der Verdacht auf eine Zuwiderhandlung besteht. «Anlässlich von Zollkontrollen» ersetzt «an der Grenze oder in Zolllagern». Fragliche Dopingmittel werden nach Artikel 182 Absatz 1 Buchstabe a E-BAZG-VG zurückbehalten.

15. Kulturgütertransfergesetz vom 20. Juni 2003223 Art. 4a Mit der Botschaft vom 26. Februar 2020224 zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021­2024 (Kulturbotschaft 2021­2024) wurde Artikel 4a KGTG eingefügt. Gemäss Botschaft verunmöglicht die fehlende oder unrichtige Deklaration von Kulturgut dem BAZG die risikogerechte Kontrolle an der Grenze. Ein Urteil des Bundesgerichts hat gezeigt, dass der Begriff der unrichtigen Deklaration im KGTG fehlt und somit klärungsbedürftig ist. Um die notwendige Rechtssicherheit herzustellen, wird die Pflicht, Kulturgut als solches gegenüber dem BAZG anzumelden, mit Artikel 4a auf Gesetzesstufe festgehalten.

Die für eine im Rahmen des KGTG korrekte Warenanmeldung benötigten Angaben werden wie bisher in den Artikeln 25 und 26 der Kulturgütertransferverordnung vom 13. April 2005225 (KGTV) konkretisiert.

Der vorliegende Entwurf basiert auf den Formulierungen der erwähnten Botschaft.

Der Rechtstext «Wer Kulturgut nach Artikel 2 Absatz 1 ein-, durch- oder ausführt, hat dies beim Zoll anzumelden» ist aufgrund der terminologischen Anpassungen in Artikel 19 und den Begrifflichkeiten im E-BAZG-VG anzupassen. Weiter wird präzisiert, dass in der Warenanmeldung neben den allgemeinen Angaben, die der Abgabenerhebung dienen, im Fall von Kulturgütern weitere spezifische Attribute anzugeben sind, die den Vollzug dieses nichtabgaberechtlichen Erlasses an der Grenze ermöglichen.

Diese spezifischen Angaben werden in der bundesrätlichen Verordnung definiert (Art. 25 KGTV).

Art. 19 Sachüberschrift sowie Abs. 1 und 2 Sachüberschrift: «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit» anstelle von «Zoll».

Absatz 1: Bezeichnungsänderung «Zollbehörden» auf «BAZG».

222 223 224 225

SR 415.0 SR 444.1 BBl 2020 3131 SR 444.11

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Absatz 2 wird in Anlehnung an den Massnahmenkatalog nach Artikel 182 Absatz 1 Buchstaben a und b E-BAZG-VG mit der Massnahme «vorläufige Sicherstellung» ergänzt, welche das BAZG anwendet, wenn die verdächtigen Kulturgüter nach einer ersten Sachverhaltsabklärung nicht freigegeben werden können, sondern den Strafverfolgungsbehörden Anzeige zu erstatten ist. Die vorläufige Sicherstellung des BAZG endet mit der Freigabe oder Beschlagnahme durch die Strafverfolgungsbehörden.

Absatz 3 betreffend die Einlagerung von Kulturgut wird beibehalten (vgl. dazu die einleitenden Erläuterungen für Anhang 2, oben).

Art. 29 Bezeichnungsänderung «Zollbehörden» auf «BAZG».

16. Bundesgesetz über den Verkehr mit Tieren und Pflanzen geschützter Arten vom 16. März 2012226 Art. 6 Abs. 1 Bezeichnungsänderung «Zollstellen» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Weiter wird präzisiert, dass in der Warenanmeldung neben den allgemeinen Angaben, die der Abgabenerhebung dienen, im Fall von Exemplaren geschützter Arten weitere spezifische Attribute anzugeben sind, die den Vollzug dieses nichtabgaberechtlichen Erlasses an der Grenze ermöglichen. Diese spezifischen Angaben werden in der bundesrätlichen Verordnung (Verordnung vom 4. September 2013 über den Verkehr mit Tieren und Pflanzen geschützter Arten227 [VCITES; Art. 5]) definiert.

Art. 13a Artikel 112 E-BAZG-VG räumt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG neu die Möglichkeit ein, Bestellung unter fiktivem Namen zu tätigen. Mit solchen Scheingeschäften sollen Umgehungen der Schweizer Gesetzgebung aufgedeckt werden können, beispielsweise soll eruiert werden können, ob eine in der Schweiz angebotene ausländische Ware in Umgehung von Verboten (z. B. im Bereich des Artenschutzes) geliefert wird. Die Kontrolle des Verkehrs mit Tieren und Pflanzen geschützter Arten wird an der Grenze durch das BLV in enger Zusammenarbeit mit dem BAZG vorgenommen. Es wäre somit nicht sachdienlich, wenn die Kompetenz zum Tätigen von Bestellungen unter fiktivem Namen in diesem Bereich ausschliesslich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG zustehen würde. Sollen die Ziele des BGCITES erreicht werden, ist es unabdingbar, dass erforderlichenfalls auch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des BLV eine Bestellung unter fiktivem Namen tätigen können. Dies umso mehr, als das BLV auch für den Vollzug des BGCITES im Landesinnern zuständig ist. Die neue Bestimmung ermöglicht es dem BLV, sowohl 226 227

SR 453 SR 453.0

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an der Grenze wie auch im Inland die Herkunft und den Ursprung von Exemplaren geschützter Arten und die Rechtmässigkeit des Verkehrs zu überprüfen (Art. 12 Abs. 1 BGCITES).

Verschiedentlich lassen Verkaufsangebote von Exemplaren geschützter Arten, insbesondere im Internet, Zweifel daran aufkommen, dass sie sich rechtmässig im Verkehr befinden, beziehungsweise sie wecken den Verdacht, dass sie Gegenstand einer Widerhandlung gegen das BGCITES waren. Für die Überprüfung der Rechtmässigkeit von Ursprung und Verkehr solcher Exemplare muss sich das BLV gegenüber der das Exemplar anbietenden Person als Behörde ausweisen. Dadurch werden die Anbieterinnen und Anbieter gewarnt und können allfällige verwaltungs- und strafrechtliche Sanktionen verhindern. Im Interesse des Artenschutzes ist es jedoch zentral, geschützte Exemplare, die sich rechtswidrig im Verkehr befinden, insbesondere solche, die in Anhang I des CITES-Übereinkommens aufgeführt sind, aus dem Verkehr zu ziehen, um allfälligen Handel damit zu verhindern und die dafür verantwortlichen Personen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des BLV sollen künftig bei Verkaufsangeboten von Exemplaren geschützter Arten deshalb eine Bestellung unter fiktivem Namen abschliessen können.

Das Bestellen von Exemplaren geschützter Arten unter fiktivem Namen durch staatliche Kontrollorgane ist unter dem Blickwinkel des in den Artikeln 5 und 9 BV verankerten Grundsatzes von Treu und Glauben jedoch heikel. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und entsprechend Artikel 66 Absatz 3 HMG soll die Bestellung unter fiktivem Namen deshalb nur dann zulässig sein, wenn die bisherigen Abklärungen erfolglos geblieben sind oder der Vollzug des Gesetzes sonst aussichtslos wäre oder unverhältnismässig erschwert würde (Abs. 1).

Absatz 2 stellt sicher, dass die betroffene Person über die Bestellung unter fiktivem Namen informiert wird, sobald die Kontrollorgane im Besitz der Exemplare sind.

Diese Information ermöglicht es der betroffenen Person, sich gegebenenfalls dagegen zu wehren. Dies gebietet der in Artikel 29 Absatz 2 BV verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör, welcher unter anderem auch gewährleistet, dass die betroffene Person Beweismassnahmen beantragen oder ihr Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen kann.

Art. 27 Abs. 1bis Mit Absatz
1bis BGCITES wurde ein neuer Absatz geschaffen, in welchem die Zuständigkeit des BAZG zur Strafverfolgung separat geregelt wird. Zudem finden nach Artikel 193 E-BAZG-VG die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird.

Dass dieser Absatz für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG und das VStrR verweist, ist aufgrund Artikel 193 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) rein deklaratorisch.

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17. Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005228 Art. 31 Abs. 2 und 3 Da die Strafbestimmungen der Ordnungswidrigkeiten in das E-BAZG-VG überführt wurden und die Zuständigkeit des BAZG bereits gegeben ist, wenn eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, wurde an dieser Stelle das E-BAZG-VG ergänzt.

18. Militärgesetz vom 3. Februar 1995229 Art. 18 Abs. 1 Bst. g Gemäss dem aktuell geltenden Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe g MG werden die Angehörigen des Grenzwachtkorps für die Dauer ihres Amtes oder ihrer Anstellung von der Militärdienstpflicht befreit.

Die organisatorische Weiterentwicklung des BAZG hat zur Folge, dass die Einheiten «Zoll» und «GWK» zusammengeführt werden und dementsprechend als eigenständige Organisationseinheit im E-BAZG-VG nicht mehr genannt werden. Die bisherigen Berufsprofile des Zolls und des Grenzwachtkorps werden in einem neuen Berufsbild «Fachspezialist/in Zoll und Grenzsicherheit» vereinigt. Da Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe g MG den Begriff «Angehörige des Grenzwachtkorps» verwendet, bedarf es somit einer terminologischen Anpassung230.

Es soll nur dasjenige Personal von der Militärdienstpflicht befreit werden, welches auch tatsächlich Aufgaben im Bereich der Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln wahrnimmt und damit der Wahrung der inneren Sicherheit des Landes sowie dem Schutz der Bevölkerung dient. Es geht darum, dass bei einer Grenzschliessung bis hin zur Teil- und/oder Mobilmachung keine ausgebildeten Grenzschützer eingezogen werden, um gleichzeitig Angehörige der Armee, welche nicht für den Grenzschutz ausgebildet sind, an die Grenze zu verlegen. Aufgrund der gewählten Formulierung werden nicht alle Fachspezialisten für Zoll und Grenzsicherheit vom Militärdienst befreit, sondern es kann entsprechend der effektiven Aufgaben eingegrenzt werden. Die Anzahl der von der Militärdienstpflicht befreiten Personen wird sich mittelfristig erhöhen, da neu eben gerade für besondere und ausserordentliche Lagen schneller mehr eigenes Personal zur Verfügung stehen soll.

Das Militärgesetz wird zurzeit einer Teilrevision unterzogen. Aktuell befassen sich damit die eidgenössischen Räte231. Gegenstand dieser Teilrevision ist auch Artikel 18

228 229 230

SR 455 SR 510.10 Siehe hierzu auch BBl 2021 2198 ff: «Hauptberuflichkeit liegt vor, wenn die militärdienstpflichtige Person in einem mindestens auf ein Jahr abgeschlossenen befristeten oder in einem unbefristeten Arbeitsvertragsverhältnis steht und die unentbehrliche Tätigkeit durchschnittlich 80 Prozent eines Vollpensums ausmacht (vgl. auch Botschaft vom 8. Sept. 1993 betreffend das Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung sowie den Bundesbeschluss über die Organisation der Armee)».

231 21.061 Militärgesetz und Armeeorganisation. Änderung. Siehe hierzu auch BBl 2021 2198.

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MG. Die Dienstbefreiung für unentbehrliche Tätigkeiten ist gegenwärtig je nach beruflicher Funktion unterschiedlich geregelt. Bei gewissen Funktionen wird auf eine hauptberufliche Tätigkeit abgestellt, bei anderen nicht. Das teilrevidierte Militärgesetz sieht nun neu in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer 5 vor, dass künftig nur GWK-Angehörige (die Gesetzesvorlage verwendet immer noch den Begriff «GWK»), die hauptberuflich tätig sind, von der Militärdienstpflicht befreit sind232.

Da im Rahmen der Zollrechtsrevision auf das heute geltende Militärgesetz abgestellt wird und dieses das Kriterium der «Hauptberuflichkeit» für von der Militärdienstpflicht befreite Angehörige des BAZG noch nicht kennt, bedarf es eines entsprechenden Koordinationsbedarfs zwischen der vorliegenden Gesetzesvorlage und dem teilrevidierten Militärgesetz.

Art. 100 Abs. 2 und 3 Bst. d Absatz 2 wird neu gegliedert. Ferner wird der Begriff «Grenzwachtkorps» ersetzt durch «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit». Die Spontanhilfe, welche die für die militärische Sicherheit zuständigen Stellen dem BAZG leisten, beschränkt sich auf die Aufgaben, die das BAZG zur Wahrung der inneren Sicherheit des Landes und zum Schutz der Bevölkerung wahrnimmt.

Absatz 3 Buchstabe d wird redaktionell angepasst. So nennt Absatz 3 Buchstabe d die Adressaten der Spontanhilfe der für die militärische Sicherheit zuständigen Stellen nicht mehr, sondern verweist direkt auf Absatz 2. In materieller Hinsicht hat sich nichts geändert.

Art. 110 Abs. 4 Da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG dem Militärstrafrecht nicht mehr unterstehen, ist diese Regelung zur persönlichen Ausrüstung obsolet. Dieser Absatz ist deshalb zu streichen.

19. Kriegsmaterialgesetz vom 13. Dezember 1996233 Art. 3 Diese Bestimmung klärt das Verhältnis des Kriegsmaterialgesetzes zum E-BAZG-VG und zum E-ZoG. Massgebend sind aufgrund des Vorbehalts das E-BAZG-VG und das E-ZoG.

Art. 17 Abs. 2 Terminologische Anpassung.

Das Zolllager nach Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe g E-BAZG-VG umfasst Zollfreilager und offene Zolllager.

232 233

Siehe hierzu BBl 2021 2199.

SR 514.51

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Art. 28 Abs. 2 Änderung von «Untersuchungsorgane des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit» auf «die für die Strafverfolgung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» im Zuge der organisatorischen Weiterentwicklung des BAZG.

Art. 29 Abs. 1 zweiter Satz Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «BAZG».

Art. 40 Abs. 2 Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «BAZG».

20. Waffengesetz vom 20. Juni 1997234 Art. 2 Abs. 1 erster Satz Bezeichnungsänderung «Zollbehörden» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Art. 22c Bezeichnungsänderung von «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit» auf «BAZG» in Sachüberschrift und Text.

Art. 23 Abs. 1 Verweis auf das E-BAZG-VG anstatt auf das ZG.

Art. 27 Abs. 1 zweiter Satz Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «BAZG».

Art. 32c Abs. 7 Bezeichnungsänderung «Zollbehörden» auf «BAZG».

Art. 36 Abs. 2 Zusätzlich wird eine inhaltliche Korrektur vorgenommen. Das BAZG untersucht und beurteilt nicht nur Übertretungen beim Verbringen von Waffen ins Staatsgebiet, sondern auch Übertretungen bei der Durchfuhr im Reiseverkehr und beim Verbringen von Waffenbestandteilen, Waffenzubehör, Munition oder Munitionsbestandteilen ins Staatsgebiet.

234

SR 514.54

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Art. 36 Abs. 3 Die Strafverfolgung bei einer Übertretung nach Absatz 2 und gleichzeitiger Widerhandlung gegen die Zoll- oder die Mehrwertsteuergesetzgebung wird neu in Artikel 193 E-BAZG-VG geregelt und deshalb im Waffengesetz aufgehoben.

21. Landesversorgungsgesetz vom 17. Juni 2016235 Art. 55 Abs. 3 Das Zusammentreffen mehrerer Handlungen wird neu in Artikel 195 E-BAZG-VG geregelt; der Artikel im LVG wird deshalb aufgehoben.

22. Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009236 Vorbemerkungen Der 4. Titel des MWSTG enthält die Bestimmungen über die Erhebung der Einfuhrsteuer. Für diesen Teilbereich der Mehrwertsteuer ist das BAZG zuständig. Ihm obliegt die Aufgabe, die erforderlichen Anordnungen und Verfügungen über die Einfuhrsteuer zu treffen (Art. 62 Abs. 1 MWSTG). Soweit das MWSTG selbst oder staatsvertragliche Regelungen nichts anderes anordnen, gilt für die Erhebung der Einfuhrsteuer die Zollgesetzgebung (Art. 50 MWSTG). Das geltende MWSTG enthält deshalb bezüglich Einfuhrsteuer zahlreiche Verweise auf das Zollgesetz. Dies hat zur Folge, dass im Rahmen der Totalrevision des Zollrechts die Verweise des MWSTG auf das E-BAZG-VG entsprechend angepasst werden müssen. Des Weiteren bedurfte es auch redaktioneller Änderungen.

In Abstimmung mit der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (vgl. Ziff. 2.2.4) und der damit einhergehenden Steuerpflicht von Online-Versandhandelsplattformen (vgl.

künftiger Art. 20a MWSTG) ist es neu erforderlich, die Rolle der Warenverantwortlichen (Art. 6 Bst. i E-BAZG-VG) von jener des Importeurs nach dem MWSTG abzugrenzen. Die Forderung nach einer eindeutigen Bezeichnung der einfuhrsteuerpflichtigen Person und nach der Klärung ihrer Rolle wurde von verschiedenen Vernehmlassungsteilnehmenden geäussert. Das Auseinanderfallen von Einfuhrsteuerpflicht und Abgabepflicht für die Zollabgaben führt beispielsweise dazu, dass Online-Versandhandelsplattformen zwar einfuhrsteuerpflichtig sind, aber keine Zollabgaben schulden. Mit der abschliessenden Bezeichnung der einfuhrsteuerpflichtigen Person (Art. 51 MWSTG) wird neu im MWSTG selbst geregelt, was nach langjähriger Verwaltungspraxis bereits heute gilt. Dies führt deshalb zu keinen Änderungen hinsichtlich der Steuererhebung und der Pflichten der steuerpflichtigen Personen.

235 236

SR 531 SR 641.20

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Übersicht über die wesentlichsten Änderungen des MWSTG: Art der Anpassungen

Beispiele und Erläuterungen

Verweisänderungen

Die Verweise auf das Zollgesetz müssen durch Verweise auf das E-BAZG-VG und das E-ZoG ersetzt werden.

Terminologische Anpassungen

Die Warenbestimmungen nach Artikel 24 E-BAZG-VG ersetzen die Zollverfahren nach Artikel 47 ZG. In diesem Zusammenhang ist u. a. der Ausdruck «unter Zollüberwachung» zu ersetzen.

«Freier Verkehr» nach Artikel 6 Buchstabe d E-BAZGVG ersetzt «zollrechtlich freier Verkehr».

Bestimmungen, die im MWSTG durch ihre Regelung im E-BAZGVG hinfällig werden.

Schätzen nach pflichtgemässem Ermessen (Art. 54 Abs. 4 MWSTG).

Bestimmungen, die Anpassungen erfahren, weil zollrechtliche Verfahrensdetails zu den Warenbestimmungen künftig auf Stufe Verordnung geregelt werden.

Die Warenbestimmungen des aktiven und des passiven Veredelungsverkehrs nach Artikel 24 Absatz 1 Buchstaben d und e E-BAZG-VG werden auf Gesetzesstufe nur in den Grundzügen geregelt; der Bundesrat regelt die verfahrensrechtlichen Einzelheiten (Art. 24 Abs. 3 E-BAZG-VG). Die bisherigen Verweise in Artikel 53 und 54 MWSTG auf verfahrensrechtliche Details im Zollrecht sind deshalb zu streichen. An der Steuerbefreiung des Veredelungsverkehrs soll jedoch nichts geändert werden, weshalb insbesondere in Artikel 53 MWSTG umfangreiche Anpassungen erforderlich sind.

Begriff «einfuhrsteuerpflichtige Person» wird eingeführt.

Die Warenverantwortliche, die nach Zollrecht eigentliche Abgabeschuldnerin ist, deckt sich nicht bei allen Einfuhrsteuersachverhalten mit dem bisherigen Begriff des Importeurs oder der Importeurin im MWSTG. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird neu abschliessend geregelt, wer bei welchen Einfuhrsteuersachverhalten einfuhrsteuerpflichtig wird.

Die Begriffe «Importeur» und «Importeurin» werden folglich im MWSTG durch den Begriff «einfuhrsteuerpflichtige Person» ersetzt. Zur besseren Abgrenzung von Inlandsteuersachverhalten ist zudem durchgängig von «im Inland als steuerpflichtige Person eingetragen» und im 4. Titel des MWSTG von «der Einfuhrsteuer» anstelle «der Steuer» die Rede.

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Art der Anpassungen

Beispiele und Erläuterungen

Präzisierung der Sachverhalte, die zur Einfuhrsteuerpflicht führen.

Anwendung der «Unterstellungerklärung Ausland» (Art. 7 Abs. 3 Bst. a MWSTG).

Stufenbereinigung (Anhebung von der Verordnungsauf die Gesetzesstufe) der Regelung zu den Lagern im Inland (Art. 7 Abs. 4 MWSTG).

Hinfall der Steuerbefreiung bei Anwendung der «Unterstellungserklärung Inland» (Art. 23 Abs. 2 Ziff. 3 MWSTG).

Materielle Anpassungen ohne Einfluss auf die Wirtschaftsbeteiligten oder verbunden mit einer Reduktion der administrativen Belastung.

Steuerbefreiung für Studien und Werke von Künstlern und Künstlerinnen (Art. 53 Abs. 1 Bst. d MWSTG).

Betriebsmittel, die zur Erstellung eines Werkes oder zur Ausführung eines Auftrags vorübergehend eingeführt werden (Art. 53 Abs. 1bis MWSTG).

Artikel 49 E-BAZG-VG über den Verzugs- und Vergütungszins ist auch bei der Einfuhr anwendbar, sodass die Artikel 57, 58 und 61 MWSTG aufgehoben werden können.

Mit der neuen Zinsregelung soll ein Verzugszins nur noch erhoben werden, wenn die Abgaben nicht fristgerecht bezahlt werden. Da für die Zeit von der Einfuhr mit bedingter Abgabeschuld bis zu deren unbedingten Fälligkeit kein Verzugszins mehr erhoben wird, erübrigt sich eine Sonderregelung für die im Inland als steuerpflichtige Personen eingetragenen Personen.

Ein Vergütungszins wird nur noch dann ausgerichtet, wenn eine Abgabe zu Unrecht erhoben oder nicht erstattet worden ist.

Aufnahme von Artikel 80 MWSTG in die Aufzählung in Artikel 62 Absatz 2 MWSTG

Mit dem Einbezug von Artikel 80 MWSTG in die Aufzählung wird in Verbindung mit Artikel 191 E-BAZG-VG mehr Rechtssicherheit geschaffen, und die Vereinfachungen bei der Erhebung der Einfuhrsteuer stützen sich neu richtigerweise auf das MWSTG.

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Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln Art. 3 Bst. a Die Zollanschlussgebiete werden neu in Artikel 11 Absatz 2 E-BAZG-VG definiert.

Art. 7 Abs. 3 Bst. a und Abs. 4 Absatz 3 Buchstabe a: Die Bestimmung bleibt materiell unverändert. Sie wird jedoch terminologisch an das E-BAZG-VG angepasst. Zudem wird neu deutlicher zum Ausdruck gebracht, dass die ESTV mit der «Unterstellungserklärung Ausland» die Zuführung im eigenen Namen zur Warenbestimmung der Einfuhr in den freien Verkehr und somit das Auftreten als einfuhrsteuerpflichtige Person bewilligt und nicht die Einfuhr der Gegenstände an sich. Ein Inhaber oder eine Inhaberin einer solchen Bewilligung kann im Einzelfall auf deren Anwendung verzichten. Er oder sie muss diesen Verzicht jedoch in der Rechnung an den Abnehmer oder die Abnehmerin der Lieferung rechtzeitig, das heisst spätestens im Zeitpunkt, in dem die Warenanmeldung verbindlich wird, zum Ausdruck bringen.

Absatz 4: Diese neue Bestimmung führt zu keiner Änderung der Rechtslage. Die bisher in Artikel 4 der MWSTV enthaltene Regelung betreffend Konsignationslager oder Auslieferungslager wird materiell unverändert ins Gesetz übernommen. Die dabei vorgenommenen redaktionellen Anpassungen haben zum Ziel, die Bestimmung verständlicher zu machen. Zudem kann so in Artikel 51 Absatz 2 Buchstabe c Ziffer 1 MWSTG auf diese Bestimmung Bezug genommen werden.

Art. 23 Abs. 2 Ziff. 3, 3bis, 5, 6, 7 Bst. b, 11 sowie Abs. 3 erster Satz Absatz 2 Ziffer 3: Die bisherige Bestimmung regelt die Steuerbefreiung für die Lieferung von Gegenständen, die im Rahmen besonderer Zollverfahren unter Zollüberwachung stehen. Das E-BAZG-VG kennt keine solchen besonderen Verfahren mehr, sondern sieht ein Verfahren mit verschiedenen Warenbestimmungen (Art. 24 E-BAZG-VG) vor. Die Lieferung von Gegenständen, die sich nicht im freien Verkehr befinden, bleibt weiterhin von der Inlandsteuer befreit. Dies sind Gegenstände mit einer der folgenden Warenbestimmungen: Durchfuhr, Einfuhr zur aktiven Veredelung, Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung oder Verbringen in ein Zolllager.

Ziffer 3 wird daher neu so formuliert, dass die Steuerbefreiung Bezug auf die Lieferung von Gegenständen nimmt, die sich mit einer bewilligten Warenbestimmung nach Artikel 24 Absatz 1 Buchstaben c, d, f oder g E-BAZG-VG zwar im Inland, aber nicht im freien
Verkehr befinden. Die Formulierung «nicht im freien Verkehr» ersetzt dabei den Begriff «unter Zollüberwachung». Es handelt sich um Gegenstände, bei denen die Abgabeschuld wegen ihrer Warenbestimmung nur bedingt entstanden ist. Wenn die Bedingungen der Bewilligung eingehalten sind, fällt sie entweder dahin oder sie entsteht neu, wenn die Gegenstände mit einer anderen Warenanmeldung neu angemeldet werden (Art. 39 E-BAZG-VG). Die Abgabeschuld kann auch anteilmässig fällig werden beziehungsweise nur teilweise dahinfallen. Bei der Mehrwertsteuer ist dies beispielsweise dann der Fall, wenn gemäss Artikel 54 Absatz 1 Buchstabe d MWSTG die Einfuhrsteuer auf dem Entgelt für den Gebrauch der Ware im Inland geschuldet ist.

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Gleich behandelt wurden bisher in der Verwaltungspraxis auch die Lieferungen von Gegenständen, die im Inland gestützt auf ein internationales Transitverfahren (Übereinkommen über ein gemeinsames Versandverfahren und TIR-Abkommen vom 14. November 1975237) oder ein internationales Verfahren der vorübergehenden Verwendung (Istanbuler Übereinkommen, Carnet ATA) unter Zollüberwachung standen.

Mit der Nennung der Gegenstände, die sich in direkter Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrags nicht im freien Verkehr befinden, wird diese Praxis im Gesetz festgehalten, was mehr Rechtssicherheit schafft.

Neu wird zudem die Ausnahme von der Steuerbefreiung explizit aufgeführt, die sich aus der Anwendung der «Unterstellungserklärung Inland» ergibt. Mit der «Unterstellungserklärung Inland» erteilt die ESTV einem Leistungserbringer oder einer Leistungserbringerin die Bewilligung, Gegenstände, die sich im Inland, aber nicht im freien Verkehr befanden, im eigenen Namen der Warenbestimmung der Einfuhr in den freien Verkehr zuzuführen. Er oder sie tritt damit anstelle des Leistungsempfängers oder der Leistungsempfängerin als einfuhrsteuerpflichtige Person auf und unterstellt sich der Steuerpflicht im Inland. Die Lieferung, die er oder sie unter Anwendung der «Unterstellungserklärung Inland» bewirkt, unterliegt der Inlandsteuer.

Absatz 2 Ziffer 3bis: Diese Bestimmung kann aufgehoben werden, weil neu bei Gegenständen mit der Warenbestimmung «Verbringen in ein Zolllager» nicht mehr unterschieden wird zwischen Zollfreilagern und offenen Zolllagern.

Absatz 2 Ziffer 5: Diese Bestimmung erfordert primär eine Anpassung des Verweises, da sich die Entstehung der Einfuhrsteuerschuld nach dem Zollrecht richtet und sie somit gleichzeitig wie die Abgabeschuld nach Artikel 38 Absatz 1 E-BAZG-VG entsteht (bisher Art. 69 ZG). Nach Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe a E-BAZGVG entsteht die Abgabeschuld im grenzüberschreitenden Warenverkehr im Zeitpunkt, in dem die Warenanmeldung verbindlich wird, weshalb direkt auf Artikel 20 E-BAZG-VG verwiesen wird.

Absatz 2 Ziffer 6: Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG. Der freie Verkehr entspricht dem zollrechtlich freien Verkehr gemäss bisherigem Recht.

Absatz 2 Ziffer 7 Buchstabe b: Auch hier ist ein Begriff zu ersetzen, den es neu im E-BAZG-VG nicht mehr gibt.

Absatz 2 Ziffer 11:
Die Gegenstände aus Zollfreiläden sind neu in Artikel 71 Absatz 1 E-BAZG-VG geregelt.

Absatz 3 erster Satz: Die Ausfuhr in offene Zolllager und Zollfreilager fällt neu unter die Warenbestimmung «Verbringen in ein Zolllager».

Art. 28 Abs. 1 Bst. c Das E-BAZG-VG spricht nicht mehr von einer «unbedingten Forderung», sondern von einer «unbedingten Abgabeschuld». Dasselbe gilt auch für den Begriff der «bedingten Forderung». Neu spricht man von der «bedingten Abgabeschuld». Infolgedessen bedarf es einer entsprechenden redaktionellen Anpassung von Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe c.

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SR 0.631.252.512

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Art. 50 Absatz 1: Nach dem bisherigen Artikel 50 MWSTG gilt für die Einfuhrsteuer die Zollgesetzgebung, soweit die nachfolgenden Bestimmungen des MWSTG nichts anderes anordnen. Dieser Verweis ist aufgrund der Neuordnung im Zollrecht anzupassen. Für die Einfuhrsteuer werden künftig das BAZG-VG und das ZoG anwendbar sein, soweit das MWSTG selber nicht abweichende Bestimmungen enthält. Das BAZG-VG ist vor allem für das Verfahren der Abgabenerhebung massgebend und das ZoG für materiellrechtliche Belange. Mit dem Verweis auf das BAZG-VG und das ZoG wird die Harmonisierung der Abgabenerhebung durch das BAZG sichergestellt. Der Verweis gilt auch für die Übergangsbestimmung von Artikel 29 Absatz 1 ZoG betreffend die Verfahren, die beim Inkrafttreten des ZoG und des BAZG-VG hängig sind. Artikel 113 Absatz 3 MWSTG ist nicht anwendbar auf die Einfuhrsteuer.

Absatz 2: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden auch die im Anhang 2 aufgeführten Änderungen des MWSTG in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG). Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für die Änderungen betreffend die Einfuhrsteuer im Anhang 2 zur Anwendung kommen. Um dies im MWSTG selber zu verdeutlichen, wird in Artikel 50 ein zweiter Absatz eingefügt. Dieser neue Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 2 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im MWSTG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung der Einfuhrsteuer nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212
Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 2, nicht aber für Absatz 1, der auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten soll.

Art. 51 Abs. 1­2 Absatz 1: Einfuhrsteuerpflichtige Person ist grundsätzlich, wer unmittelbar nach dem Verbringen ins Zollgebiet (Bst. a), nach der Ablösung einer Warenbestimmung durch die gleiche oder durch eine andere Warenbestimmung (Bst. b) oder bei Fälligkeit einer bedingt entstandenen Einfuhrsteuerschuld (Bst. c) die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Gegenstände innehat. Wirtschaftliche Verfügungsmacht hat nach diesem Gesetz, wer wie ein Eigentümer über einen Gegenstand verfügen kann, indem er ihn selber verbraucht oder gebraucht oder aber im eigenen Namen weiter in den Verkehr bringt. Wirtschaftliche Verfügungsmacht ist indes nicht zwingend deckungsgleich mit dem zivilrechtlichen Eigentum. So verfügt beispielsweise über die wirt-

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schaftliche Verfügungsmacht, wer eine Lieferung unter Eigentumsvorbehalt empfängt, nicht hingegen, wer einen Gegenstand im Rahmen einer Sicherungsübereignung übertragen erhält.

Absatz 2: Abweichend vom Grundsatz nach Absatz 1 wird in Absatz 2 für eine Reihe von Vorgängen eine andere Person als einfuhrsteuerpflichtig definiert: Buchstabe a Ziffer 1: Wird der Ort der Lieferung vom Ausland ins Inland verlagert, weil der Lieferant oder die Lieferantin eine bewilligte «Unterstellungserklärung Ausland» anwendet oder aufgrund des Umsatzes mit einfuhrsteuerbefreiten Kleinsendungen (Versandhandelsregelung) im Inland steuerpflichtig wurde, dann ist diese Person einfuhrsteuerpflichtig.

Buchstabe a Ziffer 2: Befanden sich Gegenstände in der Warenbestimmung der Durchfuhr, der Einfuhr zur aktiven Veredelung oder der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung oder in einem Zolllager und werden sie vom Lieferant oder der Lieferantin gestützt auf eine bewilligte «Unterstellungserklärung Inland» dem freien Verkehr zugeführt, ist diese Person einfuhrsteuerpflichtig.

Buchstabe b: Der eigenständige Regelungsbedarf ergibt sich aus dem Umstand, dass es beim Reihengeschäft zwei oder mehr Personen gibt, die unmittelbar nach der Einfuhr wirtschaftlich über den Gegenstand verfügen (Zwischenhändler und letzter Empfänger).

Buchstabe c Ziffer 1: Werden Gegenstände nach erfolgter Einfuhr zunächst zur Zwischenlagerung in ein Konsignationslager oder in ein Auslieferungslager verbracht, ist der spätere Empfänger oder die spätere Empfängerin der Lieferung einfuhrsteuerpflichtig. Voraussetzung ist, dass sowohl der Empfänger oder die Empfängerin als auch das Entgelt im Zeitpunkt der Einfuhr bereits feststehen (vgl. Erläuterungen zu Art. 7 Abs. 4).

Buchstabe c Ziffer 2: Bei der Überlassung von Gegenständen zum Gebrauch oder zur Nutzung handelt es sich in der Regel um Miet- oder Leasinggeschäfte. Die Überlassung gilt als im Ausland erbracht, wenn sich die Gegenstände im Zeitpunkt der Überlassung im Ausland befinden (Art. 7 Abs. 1 Bst. a MWSTG) oder die Beförderung oder Versendung der Gegenstände zum Verwender oder zur Verwenderin oder in dessen oder deren Auftrag zu einer Drittperson im Ausland beginnt (Art. 7 Abs. 1 Bst. b MWSTG).

Buchstabe c Ziffer 3: Werden Gegenstände, die sich zuvor in der Warenbestimmung der Durchfuhr, der
Einfuhr zur aktiven Veredelung oder der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung oder in einem Zolllager befanden, zum Gebrauch oder zur Nutzung übergeben (z. B. im Rahmen eines Mietgeschäfts), erfolgt anlässlich der Übergabe eine Einfuhr in den freien Verkehr, eine Zuführung zur gleichen Warenbestimmung mit anderen Bedingungen oder eine Zuführung zu einer anderen der vorgenannten Warenbestimmungen. In der Regel dürfte dabei die Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung zur Anwendung gelangen.

Buchstabe d: Der Lohnveredler oder die Lohnveredlerin wird dann zur einfuhrsteuerpflichtigen Person, wenn er oder sie die zu veredelnden Gegenstände von einer nicht im Register der Steuerpflichtigen eingetragenen Person aus dem Ausland beigestellt erhält und die Gegenstände nach der Veredelung direkt ausführt.

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Art. 51a Hierbei handelt es sich um eine Anpassung im Zusammenhang mit der Präzisierung der «einfuhrsteuerpflichtigen Person». Für die Datenverantwortlichen soll es wie bisher für die Personen, die gewerbsmässig Zollanmeldungen ausstellen, möglich sein, in Vorleistung zu treten und die Einfuhrsteuer für die einfuhrsteuerpflichtige Person an das BAZG zu entrichten. Entsprechend muss es möglich sein, die Einfuhrsteuerforderung bei den Datenverantwortlichen geltend zu machen. Die bisher in Artikel 51 Absatz 2 vorgesehene Solidarhaftung soll daher beibehalten werden. Um Artikel 51 nicht zu überladen, wird die solidarische Mithaftung der Datenverantwortlichen neu in einem eigenen Artikel geregelt.

Wie bisher sind Ausnahmen von der solidarischen Mithaftung vorgesehen. Die Voraussetzungen nach den Buchstaben a­c, die kumulativ erfüllt sein müssen, bleiben materiell gleich, werden aber neu formuliert.

Eine weiterführende Anpassung erforderte Buchstabe b, weil das bisherige ZAZ auf Gesetzesstufe nicht mehr vorgesehen ist. Neu sieht die Bestimmung daher vor, dass das BAZG die Einfuhrsteuerschuld direkt bei der einfuhrsteuerpflichtigen Person einfordert, was gestützt auf Artikel 40 Absatz 2 E-BAZG-VG der Regelfall sein wird.

Art. 52 Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. b Die Bestimmung erfordert im Einleitungssatz eine terminologische Anpassung und in Buchstabe b eine Verweisänderung im Zusammenhang mit den Zollfreiläden, bleibt materiell aber unverändert.

Art. 53 Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. d, f und i­l sowie Abs. 1bis, 1ter und 2 Die Bestimmung erfordert verschiedene terminologische Anpassungen und Verweisänderungen. In den Buchstaben j, k und l wird auf die im übrigen Mehrwertsteuerrecht nicht verwendete Umschreibung «im Rahmen eines Werkvertrags» verzichtet.

Absatz 1 Buchstabe d: Die Zollbefreiung für Studien und Werke von Künstlerinnen und Künstlern mit ständigem Wohnsitz in der Schweiz (Art. 5 Abs. 1 Bst. h E-ZoG) ist neu nicht mehr von einem studienbezweckten vorübergehenden Auslandaufenthalt abhängig. Dies führt entsprechend auch zu einer Ausdehnung der Steuerbefreiung gemäss Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe d MWSTG. Da für Kunstwerke aber in der Regel bereits Buchstabe c einschlägig sein dürfte, kommt dieser Ausweitung keine grosse praktische Bedeutung zu.

Absatz 1 Buchstabe f: Die Terminologie
wurde derjenigen des E-BAZG-VG angepasst. Materiell entspricht die Regelung dem geltenden Recht.

Absatz 1 Buchstabe i: Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit wird unter Buchstabe i nur noch die Steuerbefreiung von Gegenständen zur Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung geregelt. Die Bestimmungen über die aktive Veredelung werden zukünftig im neuen Absatz 1ter geregelt.

Die durch einen Vorbehalt eingeschränkte Steuerbefreiung von zur vorübergehenden Verwendung eingeführten Gegenständen erfährt gleichzeitig eine zeitgemässe Anpas-

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sung: Inhaltlich entspricht die Steuerbefreiung der Einfuhr von Gegenständen zur vorübergehenden Verwendung dem bisherigen Recht und erfolgt unter dem Vorbehalt einer auf dem Entgelt für den Gebrauch dieser Gegenstände zu entrichtenden Einfuhrsteuer gemäss Artikel 54 Absatz 1 Buchstabe d. Der Vorbehalt bedeutet beispielsweise, dass ein im Ausland angemietetes Festzelt einfuhrsteuerfrei vorübergehend eingeführt werden kann, dass jedoch das Entgelt für die Miete des Festzelts der Einfuhrsteuer unterliegt.

Absatz 1bis: Das Entgelt für den Gebrauch von vorübergehend eingeführten Betriebsmitteln wird nicht erhoben, wenn eine im Ausland domizilierte einfuhrsteuerpflichtige Person im Inland als steuerpflichtige Person eingetragen ist und Betriebsmittel zur Erstellung eines Werks oder zur Ausführung eines Auftrags vorübergehend einführt.

Bis anhin wurde für die vorübergehende Verwendung solcher Betriebsmittel von Amtes wegen eine fiktive Miete besteuert. Diese Einfuhrsteuer konnte von der steuerpflichtigen Person in aller Regel wieder als Vorsteuer in Abzug gebracht werden. Für die Verwaltung entfällt mit der neuen Regelung eine komplexe und zeitaufwändige Veranlagung von Amtes wegen, welche die angestrebte Automatisierung der Prozesse erschweren würde.

Absatz 1ter: Die bisherige Steuerbefreiung für den aktiven Veredelungsverkehr von Absatz 1 Buchstabe i wird neu in Absatz 1ter geregelt. Materiell ändert sich an der Regelung nichts. Sie wird aber zur besseren Verständlichkeit im Gesetz detaillierter ausgeführt. Die Steuerbefreiung erfolgt wie bis anhin durch Rückerstattung der Einfuhrsteuer, nachdem die Gegenstände wieder ordnungsgemäss ausgeführt worden sind. Eine Rückerstattung der Einfuhrsteuer durch das BAZG erfolgt nur, wenn die einfuhrsteuerpflichtige Person sich die Steuer nicht bei der zuständigen Steuerverwaltung (ESTV oder Steuerverwaltung des Fürstentums Liechtenstein) anrechnen lassen kann.

Absatz 2: Materiell entspricht Absatz 2 dem geltenden Recht. Aufgrund der Totalrevision des Zollrechts musste aber der Verweis entsprechend angepasst werden.

Art. 54 Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. b, d, e, f und g, Abs. 3 Bst. a sowie Absatz 4 Absatz 1 Einleitungssatz: Dieser erfährt eine Präzisierung. Neu heisst es nicht mehr «die Steuer wird berechnet», sondern «die Einfuhrsteuer wird berechnet».
Absatz 1 Buchstabe b, e und f: Buchstabe b wird zur besseren Lesbarkeit neu gegliedert. In den Buchstaben e und f wird auf die im übrigen Mehrwertsteuerrecht nicht verwendete Umschreibung «im Rahmen eines Werkvertrags» verzichtet.

Absatz 3 Buchstabe a: Dieser erfährt eine Präzisierung. Neu spricht man nicht mehr von der «zu erhebenden Mehrwertsteuer», sondern von der «zu erhebenden Einfuhrsteuer».

Absatz 4: Mit dem Ziel der Harmonisierung der durch das BAZG erhobenen Abgaben wurde in Artikel 22 Absatz 3 E-BAZG-VG eine Bestimmung über das Schätzen der Steuerbemessungsgrundlage nach pflichtgemässem Ermessen eingefügt. Damit kann Artikel 54 Absatz 4 MWSTG aufgehoben werden.

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Art. 55 Sowohl in Absatz 1 als auch in Absatz 2 wird der Begriff «Steuer» durch «Einfuhrsteuer» ersetzt. Materiell bleibt die Bestimmung gleich.

Art. 56 Dieser Artikel wird aufgrund des erheblichen Anpassungsbedarfs totalrevidiert. Die bisherigen Absätze 2 und 3 enthalten Bestimmungen über die Einfuhrsteuererhebung, die aufzuheben sind, da neu das E-BAZG-VG zur Anwendung gelangt.

Absatz 1: Die Verweise wurden an die neuen Bestimmungen des E-BAZG-VG angepasst.

Absatz 2: Dieser ist erforderlich, weil bei der Zuführung zur Warenbestimmung der Einfuhr zur aktiven Veredelung (Art. 24 Abs. 1 Bst. d E-BAZG-VG) die Abgabeschuld für die Einfuhrsteuer im Unterschied zu den Zollabgaben unbedingt entsteht, wenn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe j nicht erfüllt sind. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das inländische Veredelungsunternehmen die zu veredelnden Gegenstände im Ausland gekauft hat.

Damit wird die heutige Praxis weitergeführt.

Absatz 3: Dieser ist erforderlich, weil bei der Zuführung zur Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung (Art. 24 Abs. 1 Bst. f E-BAZG-VG) die bedingt entstandene Abgabeschuld für die Einfuhrsteuer erst dahinfallen soll, wenn die Einfuhrsteuer auf dem Entgelt für den Gebrauch bezahlt ist. Die Einfuhrsteuer auf dem Entgelt für den Gebrauch nach Artikel 54 Absatz 1 Buchstabe d wird in der Regel erst nach der Wiederausfuhr des vorübergehend eingeführten Gegenstands in einem nachgelagerten Prozess veranlagt. Damit wird die heutige Praxis weitergeführt.

Absatz 4: Die Verweise wurden an die neuen Bestimmungen des E-BAZG-VG angepasst.

Absatz 5: Der Begriff «Steuer» wird durch «Einfuhrsteuer» ersetzt.

Art. 57 und 58 Die Bestimmungen über den Verzugszins und die Ausnahmen von der Verzugszinspflicht werden aufgehoben, da der Verzugszins ausschliesslich in Artikel 49 E-BAZG-VG geregelt ist.

Art. 59 Abs. 1, 2 und 6 Es handelt sich um redaktionelle und begriffliche Anpassungen, die der Vereinfachung dienen, materiell jedoch nichts ändern, sowie um die Ersetzung der Begriffe «Steuer» durch «Einfuhrsteuer» und «Importeur oder Importeurin» durch «einfuhrsteuerpflichtige Person».

Art. 60 Abs. 1, 2 Einleitungssatz und Bst. a sowie 4 Redaktionelle und begriffliche Anpassungen sowie Ersetzung des Begriffs «Steuer» durch «Einfuhrsteuer».

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Art. 61 Die Bestimmung über den Vergütungszins ist aufzuheben, da Artikel 49 E-BAZGVG zur Anwendung gelangt.

Art. 62 Die Zuständigkeit des BAZG für die Erhebung der Einfuhrsteuer wird weiterhin im MWSTG geregelt. Die Erhebung richtet sich aber nach dem E-BAZG-VG, weshalb der zweite Satz von Absatz 1 aufgehoben werden kann.

Der Begriff «Organe des BAZG» wird ersetzt durch «BAZG». Der Vollständigkeit halber wird neu Artikel 75a in die Aufzählung im zweiten Satz aufgenommen, was bisher irrtümlich unterblieben ist.

Ebenso in die Aufzählung in Absatz 2 aufgenommen wird Artikel 80 MWSTG. Altrechtlich gilt Artikel 80 MWSTG nur für die Inland- und die Bezugssteuer. Das BAZG gewährte bisher Vereinfachungen bei der Erhebung der Einfuhrsteuer gestützt auf Artikel 42 ZG. Mit dem Einbezug von Artikel 80 MWSTG in die Aufzählung wird in Verbindung mit Artikel 191 E-BAZG-VG mehr Rechtssicherheit geschaffen, und die Vereinfachungen bei der Erhebung der Einfuhrsteuer werden richtigerweise im MWSTG verankert.

Als Beispiel ist die vereinfachte Erhebung der Einfuhrsteuer auf dem Entgelt für den Gebrauch von Gegenständen nach Artikel 54 Absatz 1 Buchstabe d MWSTG zu nennen. Gestützt auf eine Vereinbarung erfolgt die Einfuhrsteuererhebung für Personen, die regelmässig derartige Geschäftsfälle haben, auf einem vereinbarten Prozentsatz oder Durchschnittsentgelt, wobei die angewendete Steuerbemessungsgrundlage regelmässig überprüft wird.

Art. 63 Abs. 1 Artikel 63 Absatz 1 spricht neu nicht mehr von der «steuerpflichtigen Importeurin» beziehungsweise dem «steuerpflichtigen Importeur», sondern von der «einfuhrsteuerpflichtigen Person».

Art. 64 Bisher kennt das MWSTG eigenständige Regelungen für den Erlass der Einfuhrsteuerschuld. Mit der Harmonisierung aller Abgabeerlasse im E-BAZG-VG wird neu auch der Erlass für sämtliche Abgaben nach Artikel 8 E-BAZG-VG in Artikel 61 E-BAZG-VG geregelt.

Der bisherige Erlassgrund der Zahlungsunfähigkeit des Importeurs oder der Importeurin nach Artikel 64 Absatz 1 Buchstabe d MWSTG wird aber ergänzend beibehalten. Diese Erlassbestimmung wurde schon mit der Verordnung vom 22. Juni 1994238 über die Mehrwertsteuer als Zugeständnis an die Speditionsbranche eingeführt. Mit der Einführung der MWST musste die Speditionsbranche ein viel höheres Delkredere-

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AS 1994 1464; 1995 4669; 1996 2378; 1997 2779; 1998 1801; 2000 1300

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Risiko übernehmen, als dies noch unter dem Warenumsatzsteuer-Regime der Fall war.

Weiter wird der Begriff «oder Importeurin» durch «einfuhrsteuerpflichtige Person» ersetzt.

Art. 75a Abs. 2 Die bisherigen Bestimmungen über die internationale Amtshilfe gemäss Artikel 115­ 115i ZG sind inhaltlich unverändert in Artikel 172­181 E-BAZG-VG übernommen worden. Die durch die ESTV zu vollziehende Amtshilfe richtet sich folglich nach diesen Bestimmungen.

Art. 76b Abs. 2 Der Begriff «Steuer» wird durch «Einfuhrsteuer» ersetzt.

Art. 101 Abs. 4 Wie bisher im MWSTG gilt auch weiterhin eine je nach zuständiger Behörde (ESTV oder BAZG) unterschiedliche Konkurrenzregel. Da in Artikel 195 E-BAZG-VG die Konkurrenzen einheitlich formuliert worden sind, wird im MWSTG auf eine eigene Bestimmung verzichtet und auf die entsprechende Regelung des E-BAZG-VG verwiesen. Inhaltlich wird die Regelung von Artikel 101 Absatz 4 nicht geändert. Damit ist sichergestellt, dass in dieser Frage für sämtliche Gesetze beziehungsweise Strafbestimmungen, welche durch das BAZG angewendet werden, dieselben Regeln gelten.

Art. 103 Abs. 1 und 4 Absatz 1: Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass Artikel 103 Absatz 1 MWSTG für die Strafverfolgung bei der Einfuhrsteuer auf das E-BAZG-VG verweist, ist aufgrund Artikel 193 E-BAZG-VG somit rein deklaratorisch.

Mit Absatz 4 ist sichergestellt, dass Artikel 196 E-BAZG-VG auch im Bereich der Einfuhrsteuer gilt. Die im ersten Satz enthaltene Regelung (Opportunitätsprinzip) entspricht in Bezug auf die Voraussetzungen nicht mehr wie bisher im geltenden Recht Artikel 52 StGB, sondern beurteilt sich im Bereich der Inland- und der Bezugsteuer neu nach dem MWSTG.

Art. 105 Abs. 2 und 3 Gemäss Artikel 105 Absatz 2 wird der rechtskräftige Strafbescheid einem erstinstanzlichen Urteil gleichgestellt. Durch die gesetzliche Verankerung dieses Grundsatzes wird mehr Klarheit geschaffen. Gleichzeitig wird festgehalten, dass der Strafbescheid an sich kein erstinstanzliches Urteil darstellt.

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Die Verjährung der Leistungs- und Rückleistungspflicht gemäss Artikel 12 VStrR richtet sich im geltenden Recht nach den Absätzen 1 und 2 von Artikel 105 MWSTG.

Da diese Absätze lediglich die Einleitungsverjährung regeln und ein Verweis auf die Durchführungsverjährung in Absatz 4 fehlt, kann die Leistungs- oder Rückleistungspflicht verjähren, bevor die Strafverfolgung verjährt ist. Dies hat die etwas merkwürdige Konsequenz, dass in gewissen Konstellationen aus verjährungsrechtlichen Gründen die Verfügung über die Leistungspflicht erlassen werden müsste, bevor die Strafuntersuchung abgeschlossen worden ist. Dieses Versehen soll möglichst einfach korrigiert werden, weshalb sich ein ergänzender Verweis auf Artikel 105 Absatz 4 MWSTG aufdrängt. Mit dieser Ergänzung kann die Strafuntersuchung zu Ende geführt und damit der Sachverhalt genügend abgeklärt werden kann, bevor die Verfügung über die Leistungspflicht erlassen wird.

23. Tabaksteuergesetz vom 21. März 1969239 Ersatz von Ausdrücken Im gesamten Erlass wird infolge der neuen Amtsbezeichnung der Begriff «Oberzolldirektion» durch «BAZG» ersetzt. Mit der Anpassung des Begriffs «zugelassenes Steuerlager» durch «Steuerlager» sowie «Inland» durch «Zollgebiet» wird die Terminologie des E-BAZG-VG übernommen.

Art. 1a und 3 Artikel 1a Absatz 1 und Artikel 3: Absatz 1 von Artikel 1a regelt die Anwendbarkeit des E-BAZG-VG und ersetzt den bisherigen Artikel 3. Somit wird festgelegt, dass das E-BAZG-VG anwendbar ist, sofern das TStG keine eigenen, abweichenden oder ergänzenden Bestimmungen enthält.

Artikel 1a Absatz 2: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden auch die im Anhang 2 aufgeführten Änderungen des TStG in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG).

Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für die Änderungen betreffend die Erhebung der Tabaksteuer im Anhang 2 zur Anwendung kommen. Mit Absatz 2 soll dies im TStG selber verdeutlicht werden. Dieser Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 2 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im TStG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung der Tabaksteuer nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen 239

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Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 2, nicht aber für die Absätze 1 und 3, die auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten sollen.

Artikel 1a Absatz 3: Das Gesetz verwendet den Begriff des Importeurs. Dieser wurde im Sinne der Zollgesetzgebung verstanden. Mit der neuen Konzeption greift dieser Verweis nicht mehr. Das TStG definiert deshalb den Importeur unter Verweis auf das E-BAZG-VG selber.

Art. 2 Das BAZG vollzieht dieses Gesetz und figuriert damit auch als Steuerbehörde.

Die Entschädigung für den Vollzugaufwand war bisher in der Verordnung vom 14. Oktober 2009 über die Tabakbesteuerung240 verankert. Neu soll einheitlich der Begriff «Vollzugsentschädigung» verwendet werden. Die Höhe dieser Entschädigung soll in allen Fällen vom Bundesrat festgelegt werden. Der neue Absatz 2 schafft die gesetzliche Grundlage dafür.

Art. 4 Abs. 4 Das Steuerobjekt wird weiterhin im TStG geregelt. Aufgrund der terminologischen Anpassung der Begriffe und des Ersatzes von «Inland» mit «Zollgebiet» kann Absatz 4 gestrichen werden.

Art. 5 Bst. a Aufgrund der Totalrevision des Zollgesetzes muss der Verweis auf die Zollbefreiung angepasst werden. Die Befreiungen bleiben die gleichen.

Art. 6 Das Steuersubjekt wird weiterhin im TStG geregelt. Bis anhin fehlten indessen in der Liste der Steuerpflichtigen die Inhaberinnen und Inhaber von Bewilligungen zum Betrieb von Steuerlagern. Das TStG trug dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass Hersteller oder Zollschuldner einerseits und Steuerlagerbetreiber andererseits auseinanderfallen könnten. Diese Lücke soll anlässlich der vorliegenden Revision geschlossen werden. Da der Begriff des Zollschuldners im E-BAZG-VG nicht mehr verwendet wird, wird neu bei den eingeführten Tabakfabrikaten die Abgabeschuldnerin beziehungsweise der Abgabeschuldner nach Artikel 40 Absatz 1 E-BAZG-VG als steuerpflichtige Person definiert.

240

SR 641.311

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Art. 7 Die Steuernachfolge richtet sich nach der Solidarhaftung in den Artikeln 42 ff.

E-BAZG-VG, weshalb der Artikel aufgehoben wird.

Art. 8 Auf die Mithaftung des Liquidators wie auch der Organe einer juristischen Person wird in Zukunft verzichtet, weshalb der Artikel aufgehoben wird.

Art. 9 Abs. 1 Bst. b Da die Entstehung der Steuerschuld bei der Einfuhr in Artikel 38 E-BAZG-VG geregelt wird, kann dieser Buchstabe aufgehoben werden.

Art. 11 Abs. 1bis Dieser neue Absatz schafft die Grundlage zur Festlegung von Pauschalansätzen im Reiseverkehr und für Einfuhrsendungen an Privatpersonen. In Bezug auf den Reiseverkehr lehnt er sich an Artikel 16 Absatz 1 ZG an.

Die Ausdehnung des Pauschalansatzes auf die Einfuhrsendung an Private wird im Vollzug bereits seit Jahren so angewendet und soll neu nun auch im Gesetz verankert werden. Diese Massnahme erleichtert wie im Reiseverkehr die Abfertigung und beschleunigt damit die Einfuhr. Für den Anteil der Tabaksteuer in den Pauschalansätzen sind die Durchschnittspreise im Inland massgebend. Damit kann eine Gleichbehandlung zwischen Einfuhren an Private und der gewerbsmässigen Einfuhr sichergestellt werden.

Die Möglichkeit zur Festlegung von Pauschalansätzen und Mengenbegrenzungen entspricht derjenigen in Artikel 8 E-ZoG. Ein Querverweis auf diese E-ZoG-Bestimmung ist indes nicht angezeigt. Nach der Totalrevision des ZG stehen die Abgabeerlasse gleichrangig neben dem Rahmengesetz (E-BAZG-VG). Dies gebietet die Schaffung einer entsprechenden Grundlage im jeweiligen Abgabeerlass, hier dem TStG.

Art. 13 Abs. 3 Bst. a Für eine Eintragung ins Register als Hersteller oder Importeure von Tabakfabrikaten ist künftig nicht mehr zwingend eine Sicherheitsleistung notwendig. Falls dennoch eine solche angezeigt wäre, richtet sich diese nach den allgemeinen Bestimmungen der Artikel 43 ff. Der Buchstabe a wurde entsprechend angepasst.

Art. 15 Abs. 1 Die Kontrollmassnahmen, welche in Absatz 1 vorgesehen sind, werden neu unter dem Begriff der besonderen Verfahrenspflichten in Artikel 82 und 83 E-BAZG-VG geregelt, weshalb der zweite und dritte Satz aufzuheben ist. Die Kontrollen durch das BAZG werden im 6. Titel E-BAZG-VG geregelt.

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Art. 16 Abs. 1bis und Art. 24 Abs. 1 Bst. a Der Begriff «unter Zollüberwachung» wird im E-BAZG-VG nicht mehr verwendet.

Stattdessen wird auf die Anmeldung der betreffenden Waren zur Ausfuhr aus dem freien Verkehr abgestellt. Die Ausfuhr ist zu belegen.

Art. 17 Abs. 1 Der Begriff «Anmeldung» wird durch den Begriff «Produktanmeldung» konkretisiert.

Art. 18 Artikel 18 ist aufzuheben.

Der Veranlagungsprozess für die Tabaksteuer wird durchgängig digitalisiert. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich neu im 2. Titel des E-BAZG-VG.

Im einheitlichen Abgabeverfahren gibt es drei Verfahrensbeteiligte: die Warenverantwortliche, die Datenverantwortliche und die Transportverantwortliche. Die Herstellerin oder der Hersteller und die Betreiberin oder der Betreiber eines Steuerlagers sind Steuerpflichtige im Sinne des TStG und damit auch Warenverantwortliche (vgl. Art. 6 Bst. i E-BAZG-VG). Delegieren sie ihre Deklarationspflichten an Dritte wie im grenzüberschreitenden Warenverkehr üblich, ist die Drittperson als Datenverantwortliche für die Korrektheit der Anmeldung verantwortlich.

Steueranmeldungen und Anmeldungen für Rückerstattungen müssen auf der dafür vorgesehenen Plattform eingereicht werden.

Art. 19 Die Fälligkeit wird in Artikel 47 E-BAZG-VG beziehungsweise den entsprechenden Ausführungsbestimmungen geregelt, weshalb der Artikel im TStG aufgehoben wird.

Heute gilt für Steuerpflichtige mit Sicherheit in der Regel eine maximale Zahlungsfrist von 60 Tagen. Das neue einheitliche Verfahren unter dem E-BAZG-VG wird eine Veranlagungsverfügung mit Zahlungsfrist beinhalten. Die Zahlungsfristen werden aufgrund von Artikel 48 Absatz 2 E-BAZG-VG vom EFD festgelegt. Als allgemeine Zahlungsfrist werden 30 Tage angestrebt. Die Zahlungsfristen sollen innerhalb der Abgabeerlasse angemessen verkürzt oder verlängert werden können.

Art. 20 Artikel 20 wird aufgehoben.

Neu soll ein einheitlicher Verzugs- und Vergütungszinssatz gelten. Der Bundesrat legt diesen gestützt auf Artikel 49 E-BAZG-VG fest.

Art. 21 Die Regelung über die Sicherheitsleistung und über das Steuerpfandrecht ist im 3. Titel im E-BAZG-VG vorgesehen, weshalb der Artikel aufgehoben wird.

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Art. 22 Die Nachforderung richtet sich nach dem 3. Kapitel im 3. Titel des E-BAZG-VG, weshalb der Artikel aufgehoben wird.

Die Bestimmung, wonach eine Steuer, die gemäss den Feststellungen bei einer Nachkontrolle oder einer Betriebsprüfung zu Unrecht erhoben wurde, von Amtes wegen zurückzuerstatten ist, wird aufgehoben. Eine Korrektur der Veranlagung muss neu innerhalb der Einsprachefrist von einem Jahr geltend gemacht werden.

Art. 23 Die Verjährung richtet sich nach Artikel 50 E-BAZG-VG, weshalb der Artikel aufgehoben wird.

Art. 24 Abs. 1 Bst. a, b sowie Abs. 3 Im Artikel 24 wurde die Terminologie entsprechend dem E-BAZG-VG angepasst, und der Absatz 3 wurde aufgehoben, da sich die Steuerpflicht bei der Einfuhr aus dem TStG ergibt.

Art. 25 Der Erlass richtet sich nach dem 3. Kapitel im 3. Titel des E-BAZG-VG, weshalb der Artikel aufgehoben wird. Für Waren, welche das Steuerlager verlassen haben und auf dem Weg zum Kunden oder zur Kundin durch Zufall oder höhere Gewalt untergehen, wird künftig kein Erlass mehr gewährt. Diese Waren sind zu versteuern, wie wenn sie gestohlen worden wären. Solche Fälle waren in den vergangenen Jahren keine zu verzeichnen.

5. Abschnitt (Art. 26­26e) Der 5. Abschnitt (Art. 26­26e) ist aufzuheben.

Im Rahmen der Vereinheitlichung der Abgabeerlasse richten sich die grundlegenden Bestimmungen zum Steuerlager neu nach Artikel 68 E-BAZG-VG. Die Spezialbestimmungen werden in Zukunft in der Ausführungsverordnung des E-BAZG-VG geregelt sein.

Art. 28 Abs. 4 Im Rahmen der Totalrevision der Verordnung über den Tabakpräventionsfonds (TPFV) konnte die Empfehlung der EFK gemäss Prüfauftrag 17542, die Aufsicht des Tabakpräventionsfonds in Gesetz und Verordnung zu harmonisieren, nicht umgesetzt werden. Aufgrund der institutionellen Anbindung des Fonds an das BAG ist eine Aufsicht durch das BAG aus Gouvernanzgründen nicht möglich und wird deshalb beim Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) belassen.

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7. Abschnitt (Art. 30) Der 7. Abschnitt (Art. 30) wird aufgehoben.

Neu kann das BAZG gestützt auf Artikel 60 E-BAZG-VG nur noch binnen Jahresfrist Nachforderungen gegenüber dem Steuerpflichtigen geltend machen. Die Frist gemäss Artikel 12 VStrR gilt unverändert.

8. Abschnitt (Art. 31 und 32) Der 8. Abschnitt (Art. 31 und 32) wird aufgehoben.

Der Rechtsschutz richtet sich neu nach dem 2. Kapitel des 5. Titels des E-BAZG-VG.

Neu beträgt die Einsprachefrist gegen Veranlagungsverfügungen des BAZG ein Jahr (Art. 85 E-BAZG-VG). Gegen Einspracheentscheide und Verfügungen des BAZG kann innert 60 Tagen Beschwerde beim BAZG erhoben werden (Art. 87 E-BAZG-VG). Die unterschiedlichen Fristen je nach verfügender Instanz innerhalb des BAZG werden aufgegeben.

Art. 34­37a Im Rahmen der Vereinheitlichung der Abgabeerlasse werden die Strafbestimmungen entsprechend angepasst. Der Bussenrahmen bei der Steuerhinterziehung wird neu an den auf dem Spiel stehenden Steuerbetrag geknüpft und beträgt maximal das Fünffache dieses Betrages (Ausnahme: qualifizierte Fälle, z. B. Art. 35 Abs. 2 und 3). Die besonderen Gefährdungstatbestände bleiben erhalten. Des Weiteren gelten die Ausführungen zu den Strafbestimmungen des E-ZoG sinngemäss.

Art. 39 Randtitel Ersatz von «6. Ordnungswidrigkeiten» durch «6. Nichteinhaltung von Vorschriften und Weisungen» Die Ordnungswidrigkeiten wurden im Zuge der Vereinheitlichung der Strafbestimmungen einheitlich im E-BAZG-VG geregelt. Artikel 39 enthält in Bezug auf die Tabaksteuer spezifische Vorschriften, weshalb diese Bestimmung im TStG belassen und nur der Titel angepasst wurde. Inhaltlich ändert sich nichts. Als Lex specialis geht diese Bestimmung der allgemeinen Regelung in Artikel 207 E-BAZG-VG vor.

Art. 40 Die Strafbestimmung der Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb wird neu in Artikel 194 E-BAZG-VG geregelt und deshalb im TStG aufgehoben.

Art. 42 Das Zusammentreffen mehrerer Handlungen wird neu in Artikel 195 E-BAZG-VG geregelt; der Artikel im TStG wird deshalb aufgehoben.

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Art. 43 Abs. 1 und 3 und Art. 43a Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass Artikel 43 TStG für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG und das VStrR verweist, ist aufgrund Artikel 193 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Im Rahmen der Vereinheitlichung der Strafbestimmungen wird Artikel 43a TStG in Artikel 43 Absatz 3 TStG integriert. Inhaltlich ändert sich nichts. Artikel 43a TStG ist deshalb aufzuheben.

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Aus Gründen der Rechtssicherheit werden Verfahren, die bei Inkrafttreten der Änderung dieses Gesetzes hängig sind, formell und materiell nach bisherigem Recht abgeschlossen.

24. Biersteuergesetz vom 6. Oktober 2006241 Ersatz eines Ausdrucks Im gesamten Erlass wird infolge der neuen Amtsbezeichnung der Begriff «Oberzolldirektion» durch «BAZG» ersetzt.

Art. 1 Abs. 1 Das geltende Recht verwendet den Begriff «schweizerisches Zollgebiet». Aufgrund der neuen Terminologie im E-BAZG-VG wird der Begriff nun angepasst.

Art. 2a und 6 Artikel 2a Absatz 1 BStG regelt die Anwendbarkeit des E-BAZG-VG und ersetzt den bisherigen Artikel 6 BStG. Somit wird festgelegt, dass das E-BAZG-VG anwendbar ist, sofern das BStG keine eigenen, ausdrücklich abweichenden oder ergänzenden Bestimmungen enthält.

Absatz 2 von Artikel 2a: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden auch die in Anhang 2 aufgeführten Änderungen des BStG in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG).

Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche

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des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für die Änderungen betreffend die Erhebung der Biersteuer im Anhang 2 zur Anwendung kommen. Mit Absatz 2 soll dies im BStG selber verdeutlicht werden. Dieser Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 2 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im BStG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung der Biersteuer nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 2, nicht aber für den Absatz 1, der auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten soll.

Art. 4 Im Rahmen der Anpassung der Terminologie im E-BAZG-VG wird hier die Entstehung der Steuerforderung entsprechend angepasst. Da die Entstehung der Steuerschuld bei der Einfuhr in Artikel 38 E-BAZG-VG geregelt ist, wird Buchstabe b entbehrlich. Die Gliederung des Artikels in Buchstaben für den verbleibenden Regelungsgegenstand (heutiger Bst. a) entfällt.

Art. 5 und 43 Abs. 2 Das BAZG vollzieht dieses Gesetz und figuriert damit auch als Steuerbehörde. Dieser Artikel ersetzt Artikel 43 Absatz 2.

Art. 7 Bst. b Da der Begriff des Zollschuldners im E-BAZG-VG nicht mehr verwendet wird, wird nun beim eingeführten Bier die Abgabeschuldnerin beziehungsweise der Abgabeschuldner nach Artikel 40 Absatz 1 E-BAZG-VG als steuerpflichtige Person definiert.

Art. 8 Artikel 8 wird aufgehoben.

Die Steuernachfolge richtet sich nach der Solidarhaftung in den Artikeln 41 ff.

E-BAZG-VG.

Art. 9 Auf die Mithaftung des Liquidators und der Organe einer juristischen Person wird in Zukunft verzichtet, der entsprechende Artikel wird daher aufgehoben.

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Art. 11 Abs. 1bis Dieser neue Absatz schafft die Grundlage zur Festlegung von Pauschalansätzen im Reiseverkehr und für Einfuhrsendungen an Privatpersonen. In Bezug auf den Reiseverkehr lehnt er sich an Artikel 16 Absatz 1 ZG an.

Die Möglichkeit zur Festlegung von Pauschalansätzen und Mengenbegrenzungen entspricht derjenigen in Artikel 8 E-ZoG. Ein Querverweis auf diese E-ZoG-Bestimmung ist indes nicht angezeigt. Nach der Totalrevision des ZG stehen die Abgabeerlasse gleichrangig neben dem Rahmengesetz (E-BAZG-VG). Dies gebietet die Schaffung einer entsprechenden Grundlage im jeweiligen Abgabeerlass, hier dem BStG. Die Ausdehnung des Pauschalansatzes auf die Einfuhrsendung an Private erleichtert wie im Reiseverkehr die Abfertigung und beschleunigt damit die Einfuhr.

Art. 13 Abs. 2 Bst. c Aufgrund der Totalrevision des Zollgesetzes musste der Verweis auf die Zollbefreiung angepasst werden. Die Befreiungen bleiben die gleichen.

Art. 16 Artikel 16 wird aufgehoben.

Die Abrechnungsperioden werden im Rahmen der Vereinheitlichung der Abgabeerlasse durch das E-BAZG-VG in Zukunft einheitlich auf Verordnungsstufe geregelt.

Art. 17 Artikel 17 wird aufgehoben.

Der Veranlagungsprozess für die Biersteuer wird durchgängig digitalisiert. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich neu im 2. und 3. Titel des E-BAZG-VG.

Im einheitlichen Abgabeverfahren gibt es drei Verfahrensbeteiligte: die Warenverantwortliche, die Datenverantwortliche und die Transportverantwortliche. Die Bierherstellerin oder der Bierhersteller ist steuerpflichtig im Sinne des BStG und damit auch die Warenverantwortliche (vgl. Art. 6 Bst. i E-BAZG-VG). Delegiert sie ihre Deklarationspflichten an Dritte wie im grenzüberschreitenden Warenverkehr üblich, ist die Drittperson als Datenverantwortliche für die Korrektheit der Anmeldung verantwortlich. Steueranmeldungen und Anmeldungen für Rückerstattungen müssen auf der dafür vorgesehenen Plattform eingereicht werden.

Es gilt das Prinzip der Selbstanmeldung. Die Selbstveranlagung, die bei der Bier- und Mineralölsteuer üblich war, wird abgeschafft. Für die Biersteuerpflichtigen kommt es somit insoweit zu einer Änderung, als dass sie inskünftig eine Verfügung in elektronischer Form erhalten.

Art. 18 Die Fälligkeit wird in Artikel 47 E-BAZG-VG geregelt, weshalb der Artikel im BStG aufgehoben wird.

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Heute gilt, dass die Steuer am 20. Tag nach Ablauf eines Quartals zu deklarieren und am 30. Tag nach Ablauf eines Quartals zu entrichten ist. Damit beträgt die Zahlungsfrist 10 Tage. Das neue einheitliche Verfahren unter dem E-BAZG-VG wird eine Veranlagungsverfügung mit Zahlungsfrist mit sich bringen. Die Zahlungsfristen werden aufgrund von Artikel 48 Absatz 2 E-BAZG-VG vom EFD festgelegt. Als allgemeine Zahlungsfrist werden 30 Tage angestrebt, sodass sich die Zahlungsfrist gegenüber heute um etwa 20 Tage verlängern dürfte.

Art. 19 Von den in den Artikeln 20 und 30 BStG geregelten Rückerstattungen sind Rückforderungen oder Rückvergütungen von zu Unrecht oder zu viel bezahlten Abgabebeträgen abzugrenzen. Künftig ist im Falle eines zu Unrecht geleisteten Steuerbetrags im Rahmen des Einspracheverfahrens gemäss der Artikel 85 f. E-BAZG-VG eine Korrektur zu verlangen. Nachträgliche Rückvergütungen nach Artikel 19 BStG wird es somit nicht mehr geben. Diese Bestimmung ist aufzuheben.

Art. 20 Abs. 1 Bst. a Der Begriff «unter Zollüberwachung» wird im E-BAZG-VG nicht mehr verwendet.

Stattdessen wird auf die Anmeldung der betreffenden Waren zur Ausfuhr aus dem freien Verkehr abgestellt. Die Ausfuhr ist zu belegen.

Art. 21 und 23 Die Verjährung richtet sich nach Artikel 50 E-BAZG-VG, weshalb diese Artikel aufgehoben werden.

Art. 22 und 24 Die Artikel können aufgehoben werden, da sich die Steuernachforderung nach dem 3. Kapitel im 3. Titel des E-BAZG-VG richtet.

Art. 25 und 31 Neu soll zur Vereinfachung der Finanzprozesse des BAZG ein einheitlicher Verzugs- und Vergütungszinssatz gelten. Der Bundesrat legt diesen gestützt auf Artikel 49 E-BAZG-VG fest. Die Artikel werden aufgehoben.

Art. 26 Das Steuerpfandrecht richtet sich nach den Artikeln 57­59 E-BAZG-VG, weshalb dieser Artikel aufgehoben wird.

Art. 27 Die Sicherstellung von Steuerforderungen richtet sich nach den Artikeln 51 ff.

E-BAZG-VG, weshalb dieser Artikel aufgehoben wird.

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Art. 28 Der Artikel wird totalrevidiert. Die in den heutigen Absätzen 2, 3 und 4 vorgesehenen Kontrollmassnahmen werden neu unter dem Begriff der besonderen Verfahrenspflichten in Artikel 82 und 83 E-BAZG-VG geregelt. Die Kontrollen durch das BAZG werden im 6. Titel E-BAZG-VG geregelt. Somit werden die Absätze 2­4 aufgehoben.

Beim verbleibenden Regelungsgegenstand entfällt die Absatznummerierung.

Art. 29 Bei der Einfuhr von Bier ergeben sich aus dem Biersteuergesetz zukünftig keine Besonderheiten mehr. Daher kann der Artikel aufgehoben werden.

Art. 30 Sachüberschrift sowie Abs. 1 und 2 Die speziellen Rückerstattungstatbestände, wie etwa die Rückerstattung bei Wiederausfuhr oder Vernichtung, werden weiterhin durch den jeweiligen Abgabeerlass geregelt. Im Bereich der Inlandabgaben kann die Rückerstattung nicht auf die seltenen vorgesehenen Fälle in Artikel 61 Absatz 1 Buchstaben a­b E-BAZG-VG beschränkt werden. Vielmehr ist die Vernichtung bereits besteuerten Biers ein häufiges Ereignis.

Wird etwa beim Mindesthaltbarkeitsdatum ein gewisser Wert überschritten, retourniert der Einzelhandel das Bier an den Abgabepflichtigen, der dieses vernichtet. Die Vernichtung wird dem BAZG vorgängig angekündigt. Es entscheidet, ob es die Vernichtung kontrollieren will. Für das Verfahren bei der Rückerstattung gelten die allgemeinen Verfahrensgrundsätze nach dem 1. Kapitel des 5. Titels des E-BAZG-VG.

Absatz 2 ist daher aufzuheben. Die Fristen zur Geltendmachung der Rückerstattungen werden einheitlich auf Verordnungsstufe geregelt.

6. Abschnitt (Art. 32 und 33) Der Rechtsschutz richtet sich nach dem 2. Kapitel des 5. Titels des E-BAZG-VG, weshalb diese beiden Artikel aufgehoben werden. Neu beträgt die Einsprachefrist gegen Veranlagungsverfügungen des BAZG ein Jahr (Art. 85 E-BAZG-VG). Gegen Einspracheentscheide und Verfügungen des BAZG kann innert 60 Tagen Beschwerde beim BAZG erhoben werden (Art. 87 E-BAZG-VG). Die unterschiedlichen Fristen je nach verfügender Instanz innerhalb des BAZG werden aufgegeben.

Art. 34­38a und Art. 41 Im Rahmen der Vereinheitlichung der Abgabeerlasse werden die Strafbestimmungen entsprechend angepasst. Daher werden die Steuerhinterziehung und die Steuergefährdung neu in zwei separaten Artikeln geregelt. Der Bussenbetrag bei der fahrlässigen Hinterziehung und Gefährdung beträgt neu
das Dreifache der betroffenen Biersteuer.

Des Weiteren gelten die Ausführungen zu den Strafbestimmungen des E-ZoG sinngemäss. Artikel 38 Absatz 2 wird aufgehoben.

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Art. 39 Die Strafbestimmung der Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb wird neu in Artikel 194 E-BAZG-VG geregelt und deshalb im BStG aufgehoben.

Art. 40 Das Zusammentreffen mehrerer Handlungen wird neu in Artikel 195 E-BAZG-VG geregelt; der Artikel im BStG wird deshalb aufgehoben.

Art. 41 Im Rahmen der Harmonisierung der Strafbestimmungen wurde die Bestimmung über die Ordnungswidrigkeiten von Artikel 41 BStG ins E-BAZG-VG (Art. 207) verschoben und sprachlich angepasst. Der Grund dafür liegt darin, dass die Verletzung von Verfahrenspflichten sich auf das Verfahren bezieht und dieses nicht mehr in den jeweiligen Abgabengesetzen geregelt ist, sondern im E-BAZG-VG. Deshalb kann Artikel 41 aufgehoben werden.

Art. 42 Abs. 1 Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass Artikel 42 BStG für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG und das VStrR verweist, ist aufgrund Artikel 195 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ...

Aus Gründen der Rechtssicherheit werden Verfahren, die bei Inkrafttreten der Änderung dieses Gesetzes hängig sind, formell und materiell nach bisherigem Recht abgeschlossen.

25. Automobilsteuergesetz vom 21. Juni 1996242 Ersatz von Ausdrücken Im gesamten Erlass wird infolge der neuen Amtsbezeichnung der Begriff «Oberzolldirektion» durch «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» ersetzt. Der Ersatz des Begriffs «Inland» durch «Zollgebiet» steht im Zusammenhang mit der Aufhebung der Steuerpflicht im Zollausschlussgebiet (siehe Erläuterungen zu Art. 22) und dient der Harmonisierung der Abgabeerlasse.

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SR 641.51

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Art. 1a Absatz 1 legt fest, dass für den Vollzug der Gesetzgebung über die Automobilsteuer das E-BAZG-VG anwendbar ist, sofern das AStG keine eigenen, ausdrücklich abweichenden Bestimmungen enthält. Er ersetzt den bisherigen Artikel 7.

Absatz 2: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden auch die in Anhang 2 aufgeführten Änderungen des AStG in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG). Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für die Änderungen betreffend die Erhebung der Automobilsteuer in Anhang 2 zur Anwendung kommen. Mit Absatz 2 soll dies im AStG selber verdeutlicht werden. Dieser Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 2 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im AStG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung der Automobilsteuer nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 2, nicht aber für den Absatz 1, der auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten soll.

Art. 3 Der Wortlaut wird mit demjenigen der übrigen vom BAZG vollzogenen Abgabeerlasse harmonisiert (Abs. 1). In Analogie zu den übrigen zweckgebundenen besonderen Verbrauchssteuern soll das BAZG für seinen Aufwand für den Vollzug der Automobilsteuer inskünftig entschädigt werden. Der neue Absatz 2 schafft die gesetzliche Grundlage dafür. Festgelegt wird die Höhe der Entschädigung für den Vollzugsaufwand vom Bundesrat.
Art. 4 Artikel 4 wird aufgehoben, da die darin enthaltenen Themen im 6. Titel, insbesondere in den Artikeln 93 und 97 E-BAZG-VG sowie in Artikel 82 E-BAZG-VG geregelt werden.

Art. 5 Artikel 5 wird aufgehoben, weil die Amtshilfe in Artikel 171 E-BAZG-VG geregelt wird. Dabei ist zu beachten, dass Artikel 171 E-BAZG-VG die Amtshilfe auf

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«Schweizer Behörden» beschränkt. Die bisher in Artikel 5 AStG genannten «mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen» fallen demnach weg.

Art. 6 Infolge der Aufhebung von Artikel 5 ist Artikel 6 nicht mehr notwendig und wird aufgehoben.

Art. 7 Artikel 7 wird durch den neuen Artikel 1a ersetzt und kann somit aufgehoben werden.

Art. 8 Artikel 8 wird aufgehoben, da die Erhebung von Gebühren in Artikel 208 E-BAZG-VG geregelt wird.

Art. 9 In Absatz 1 Buchstabe a AStG werden die Abgabeschuldnerin beziehungsweise der Abgabeschuldner nach Artikel 40 E-BAZG-VG als steuerpflichtige Personen für eingeführte Automobile definiert.

Im neuen Absatz 2 wird definiert, wer als Hersteller und Herstellerin gilt und somit steuerpflichtig ist. Dabei wird die Praxis gemäss der vom BAZG publizierten Richtlinie R-68 Automobilsteuer übernommen. Als Hersteller und Herstellerin gilt demzufolge immer die Person, welche im Zeitpunkt der als Herstellung geltenden Arbeiten Eigentümerin oder Eigentümer des Automobils ist).

Der bisherige Absatz 2 wird aufgehoben, da die Steuerpflicht im Zollausschlussgebiet entfällt (siehe Erläuterungen zu Art. 22).

Art. 10 und 11 Artikel 10 und 11 werden aufgehoben, weil sich die Steuernachfolge und die Mithaftung nach den Artikeln 44 und 45 E-BAZG-VG richten.

Art. 12 Abs. 3 Absatz 3 wird aufgehoben, da es nicht notwendig ist, die Kompetenz des Bundesrates zur Regelung von Einzelheiten explizit zu erwähnen.

Art. 14 und 15 Artikel 14 und 15 werden aufgehoben, weil sich die Steueranmeldung im Zollgebiet nach den Artikeln 13 ff. E-BAZG-VG richtet. Die bisherige Bestimmung von Artikel 14 Absatz 3 über Vereinbarungen zur Vereinfachung der Steuererhebung bei der Herstellung im Inland entfällt dadurch. Sie hat in der Praxis ohnehin keine Bedeutung.

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Art. 16 Artikel 16 wird aufgehoben, da sich die Veranlagung der Steuer bei der Herstellung im Inland nach Artikel 22 E-BAZG-VG richtet.

Art. 17 Artikel 17 wird aufgehoben, weil sich die Fälligkeit der Steuer und die Zahlungsfristen bei der Herstellung im Inland nach den Artikeln 47 und 48 E-BAZG-VG richten.

Um einen einheitlichen Finanzprozess zu garantieren, sollen die Zahlungsfristen vereinheitlicht werden. Die Zahlungsfristen werden aufgrund von Artikel 48 Absatz 2 E-BAZG-VG vom EFD festgelegt. Angestrebt wird eine einheitliche Zahlungsfrist von 30 Tagen. Diese entspricht der bereits heute geltenden, in der Automobilsteuerverordnung vom 20. November 1996 (AStV)243 festgelegten Zahlungsfrist.

Art. 18 Artikel 18 wird aufgehoben, da sich die Sicherstellung der Steuer bei der Herstellung im Inland nach Artikel 52 E-BAZG-VG richtet.

Art. 19 Artikel 19 wird aufgehoben, weil sich die Nachforderung der Steuer (Abs. 1) nach Artikel 60 E-BAZG-VG richtet. Neu reicht es, wenn das BAZG innerhalb eines Jahres nach Ausstellung der Veranlagungsverfügung die Absicht einer Nachforderung mitteilt. Bezüglich der Rückerstattung (Abs. 2) ist hervorzuheben, dass die bisher vorgesehene Möglichkeit, eine bei einer nachträglichen amtlichen Prüfung entdeckte, zu Unrecht erhobene Steuer innerhalb eines Jahres zurückzuerstatten, wegfällt. Im Gegenzug erhält das Gegenüber jedoch das Recht, innerhalb eines Jahres Einsprache gegen Veranlagungsverfügungen des BAZG zu erheben (Art. 85 Abs. 1 E-BAZG-VG).

Art. 20 Artikel 20 wird aufgehoben, da sich die Verjährung der Steuerforderung nach Artikel 50 E-BAZG-VG richtet. Dadurch gilt neu eine relative Verjährungsfrist von 5 statt wie bisher von 10 Jahren. Die absolute Verjährung nach 15 Jahren bleibt bestehen.

Art. 21 Artikel 21 wird aufgehoben, weil sich der Erlass der Steuer nach Artikel 61 E-BAZG-VG richtet. Gegenüber dem geltenden Recht ergeben sich erweiterte Gründe für einen Erlass der Steuer: Waren unter bedingter Abgabeschuld oder im Gewahrsam des BAZG, die durch Zufall oder höhere Gewalt vernichtet werden sowie in das Zollgebiet verbrachte Waren, die auf amtliche Verfügung hin vernichtet oder wieder ausgeführt werden müssen, fallen infolge der Regelung im E-BAZG-VG neu unter die Erlassgründe.

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SR 641.511

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Art. 22 Abs. 2 Absatz 2 wird aufgehoben, da zukünftig auf die Erhebung der Automobilsteuer im Zollausschlussgebiet verzichtet werden soll. Die Automobilsteuer ist heute die einzige besondere Verbrauchssteuer, die im Zollausschlussgebiet erhoben wird. Die Aufhebung stellt somit eine Angleichung an die übrigen besonderen Verbrauchssteuern dar.

Der Vollzug der Besteuerung im Zollausschlussgebiet ist sehr aufwändig. Demgegenüber ist der Steuerertrag sehr bescheiden (Durchschnitt der Jahre 2012­2020: 23 700 Franken pro Jahr). Der Aufwand beim Vollzug der Steuerpflicht im Zollausschlussgebiet steht in keinem Verhältnis zum geringen Steuerbetrag, weshalb sich die Aufhebung der Steuerpflicht rechtfertigen lässt.

Art. 23 Die bisher in Artikel 23 geregelten Bestimmungen werden aufgehoben, weil sich die Entstehung der Steuerforderung nach Artikel 38 E-BAZG-VG und ihre Fälligkeit nach Artikel 46 E-BAZG-VG richten.

Neu bestimmt Artikel 23, dass der Bundesrat für der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung nach Artikel 32 E-BAZG-VG zugeführte Automobile eine teilweise Fälligkeit der bedingt entstandenen Steuer vorsehen kann. Für den anderen Teil der Steuer fällt die Abgabeschuld dahin.

Die auf Automobilen erhobene Steuer kann die Wettbewerbsverhältnisse auf dem inländischen Binnenmarkt beeinflussen. Es gilt daher zu verhindern, dass Personen, die versteuerte Automobile einsetzen, eine wesentliche Benachteiligung gegenüber Personen erfahren, die vergleichbare Automobile im Rahmen der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung benutzen. Aus diesem Grund wird die bereits im geltenden Zollrecht bestehende Möglichkeit, in der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung in bestimmten Fällen die Zollabgaben anteilmässig zu erheben, auf die Automobilsteuer ausgedehnt. Der Bundesrat regelt die genauen Modalitäten auf Verordnungsstufe und berücksichtigt dabei den Verwendungszweck und die Verwendungsdauer der Waren.

Die vollständige Befreiung von der Automobilsteuer in der Warenbestimmung der Einfuhr zur vorübergehenden Verwendung soll den Normalfall darstellen und so oft wie möglich zur Anwendung gelangen. Ein möglicher Anwendungsfall der teilweisen Fälligkeit der Steuer kann die vorübergehende Verwendung ausländisch immatrikulierter Personenautomobile zur Erbringung
von Dienstleistungen im Zollgebiet durch im Ausland wohnhafte Personen sein.

Die teilweise zu bezahlende Steuer berechnet sich aufgrund der tatsächlichen Verwendungsdauer des Automobils (Abs. 2). Sie ist durch die bei einer definitiven Einfuhr in den freien Verkehr zu bezahlende Steuer beschränkt, beziehungsweise darf diese nicht übersteigen.

Im Übrigen gelten die Erläuterungen zu Artikel 14 E-ZoG sinngemäss.

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Art. 24 Abs. 1, 3 und 5 Mit dem Ersatz des Begriffs «Importeur» durch «Warenverantwortliche nach Artikel 6 Buchstabe i Ziffer 1 E-BAZG-VG» in Absatz 1 wird die Terminologie des E-BAZG-VG übernommen. Absatz 3 wird aufgehoben, weil die Schätzung der Bemessungsgrundlage nach pflichtgemässem Ermessen in Artikel 22 Absatz 3 E-BAZGVG geregelt wird. Die Bestimmung von Absatz 5 bezüglich der Erhöhung des steuerbaren Betrages bei der Einfuhr von unvollständigen oder unfertigen Automobilen wird präzisiert und an die geltende Praxis angepasst.

Art. 24a

Nachträgliche Änderung des Entgelts

Artikel 2 AStV sieht vor, dass zu niedrig festgesetzte Steuerbeträge nachgefordert beziehungsweise zu hoch angesetzte Steuerbeträge rückerstattet werden, wenn das Entgelt für die Festsetzung der Automobilsteuer und damit die Steuerbemessungsgrundlage innerhalb eines Jahres ändert. Für diese vom Bundesrat festgelegte Regelung besteht im AStG bisher keine explizite Delegationsnorm. In der Vernehmlassungsvorlage wurde der Verzicht auf die Bestimmungen über die nachträgliche Änderung des Entgelts vorgeschlagen. Aufgrund des Ergebnisses der Vernehmlassung wird darauf verzichtet und stattdessen mit dem neuen Artikel 24a die gesetzliche Grundlage für die nachträgliche Änderung des Entgelts geschaffen. Artikel 24a legt die Grundsätze für die Nachforderung und Rückerstattung der Steuer sowie die Fristen fest. Die Regelung von Verfahrensfragen wie beispielsweise die Warenanmeldung, die Berechnungsart der Nachforderung oder der Rückerstattung sowie die notwendigen Nachweise liegt in der Kompetenz des Bundesrates.

Die Verletzung der Anmeldepflicht nach Absatz 2 führt zu einer Steuerhinterziehung oder Steuergefährdung nach Artikel 36 beziehungsweise 36a.

Bezüglich der Fristen ergibt sich eine grundlegende Änderung gegenüber der Regelung von Artikel 2 AStV. Bisher musste die Änderung des Entgelts innerhalb eines Jahres seit der Steuerfestsetzung erfolgen, damit die Steuer nachgefordert oder rückerstattet wird. Eine Frist zur Einreichung einer entsprechenden Meldung oder eines Rückerstattungsgesuchs war nicht vorgesehen. Neu gilt ein Bezug zum Geschäftsjahr.

Für Entgeltsänderungen während eines Geschäftsjahres muss die steuerpflichtige Person der Steuerbehörde eine Warenanmeldung einreichen oder kann ein Rückerstattungsgesuch stellen, beides bis spätestens 6 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres.

Berücksichtigt werden dabei nur Entgeltsänderungen von Automobilen, die während des Geschäftsjahres von der Warenverantwortlichen veräussert oder in Eigengebrauch genommen werden. Damit wird verhindert, dass ein- und dasselbe Automobil über Jahre in den Genuss von Entgeltsänderungen kommt, obwohl die Einfuhrveranlagung längst stattgefunden hat (z. B. im Jahr X für einen Flottenrabatt, im Jahr Y für eine Sonderaktion und im Jahr Z für einen Lagerverkauf = 3 Geschäftsjahre mit 3 Entgeltsänderungen für dasselbe Automobil).
Mit dem Bezug zum Geschäftsjahr werden die geschäftlichen Verhältnisse bei den Automobilimporteuren, die häufig zu einem multinationalen Unternehmen gehören, berücksichtigt.

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Art. 25 Abs. 2 und 3 Der zweite Satz von Absatz 2 wird aufgehoben, da es nicht notwendig ist, die Kompetenz des Bundesrates zur Regelung von Einzelheiten explizit zu erwähnen. Absatz 3 wird aufgehoben, da die Steuerpflicht im Zollausschlussgebiet entfällt (siehe Erläuterungen zu Art. 22). Die bisherige Definition des Begriffs «Inland» ist deshalb nicht mehr nötig.

Art. 29 Sachüberschrift sowie Abs. 2 Es wird ein neuer Absatz 2 eingefügt, der Herstellerinnen und Hersteller mit einer geringen Automobilproduktion von der Registrierungs- und Meldepflicht ausnimmt.

Damit lässt sich der administrative Aufwand der steuerpflichtigen Personen und des BAZG reduzieren, da in vielen Fällen die heute regelmässig anfallenden vierteljährlichen Nullmeldungen wegfallen.

Art. 30 Abs. 7 In Analogie zu Artikel 24 AStG wird die Bestimmung von Artikel 30 Absatz 7 AStG bezüglich der Erhöhung des steuerbaren Betrages bei der Herstellung von unvollständigen oder unfertigen Automobilen präzisiert und an die geltende Praxis angepasst.

Art. 31 Artikel 31 wird aufgehoben. Die Erstellung von Statistiken richtet sich neu nach Artikel 39 nDSG und dem Bundesstatistikgesetz vom 9. Oktober 1992244 (BStatG).

Art. 32­35 Artikel 32­35 werden aufgehoben, da sich der Rechtsweg nach den Artikeln 85­87 E-BAZG-VG richtet. Neu kann gegen Veranlagungsverfügungen des BAZG innerhalb eines Jahres Einsprache erhoben werden. Gegen Einspracheentscheide des BAZG kann innerhalb von 60 Tagen Beschwerde beim BAZG erhoben werden. Die unterschiedlichen Fristen je nach verfügender Instanz innerhalb des BAZG werden aufgegeben.

Art. 35a Zugunsten einer einheitlichen Regelung der Strafbestimmungen in den einzelnen Abgabeerlassen wird im neuen Artikel 35a AStG eine Aufzählung der im Automobilsteuerrecht geltenden Steuerwiderhandlungen eingefügt. Neu gehört auch die Steuerpfandunterschlagung dazu (siehe Erläuterungen zu Artikel 37a).

Die Strafbestimmungen der verschiedenen Abgabeerlasse (einschliesslich des zukünftigen E-ZoG) werden harmonisiert. Neben den nachfolgenden Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln gelten die Ausführungen zu den Strafbestimmungen des E-ZoG sinngemäss.

244

SR 431.01

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Art. 36 Die Steuerhinterziehung und die Steuergefährdung werden neu in zwei getrennten Artikeln geregelt. Artikel 36 umfasst demzufolge nur noch die Steuerhinterziehung.

Im Rahmen der Harmonisierung der Abgabeerlasse wird der Wortlaut des Artikels angepasst. In Absatz 2 tritt anstelle des nicht mehr verwendeten Begriffs «Gefängnis» der Ausdruck «Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren». In Absatz 3 wird eine reduzierte Höchstbusse in der Höhe des Dreifachen der hinterzogenen Steuer bei Fahrlässigkeit festgelegt. Die bisherige Konkurrenzbestimmung wird neu in Artikel 195 E-BAZG-VG geregelt.

Art. 36a Im Artikel 36a wird die aus Artikel 36 herausgelöste Steuergefährdung geregelt. Der materielle Inhalt orientiert sich an Artikel 36.

Art. 37 Der Artikel wird im Rahmen der Harmonisierung der Abgabeerlasse sprachlich umformuliert.

Art. 37a Artikel 56­58 E-BAZG-VG enthalten eine Pfandregelung, die für alle Abgabeerlasse anwendbar ist. Deshalb wird im neuen Artikel 37a in Anlehnung an die übrigen Abgabeerlasse eine Strafbestimmung für die Steuerpfandunterschlagung geschaffen.

Diese entspricht inhaltlich und sprachlich den übrigen Abgabeerlassen.

Art. 37b Im Rahmen der Harmonisierung der Abgabeerlasse wird der Versuch einer Steuerwiderhandlung für strafbar erklärt.

Art. 37c Im Rahmen der Harmonisierung der Abgabeerlasse wird für die Definition der bisher in Artikel 36 Absatz 2 AStG umschriebenen erschwerenden Umstände ein eigener Artikel geschaffen.

Art. 38 Infolge der in Artikel 29 AStG neu vorgesehenen Erleichterungen bei der Registrierungs- und Meldepflicht kann auf den bisherigen Absatz 2 verzichtet werden.

Art. 39 Im Rahmen der Harmonisierung der Strafbestimmungen wurde die Bestimmung über die Ordnungswidrigkeiten von Artikel 39 AStG ins E-BAZG-VG (Art. 207) verschoben und sprachlich angepasst. Der Grund dafür liegt darin, dass die Verletzung von 321 / 436

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Verfahrenspflichten sich auf das Verfahren bezieht und dieses nicht mehr in den jeweiligen Abgabengesetzen geregelt ist, sondern im E-BAZG-VG. Deshalb kann Artikel 39 aufgehoben werden.

Art. 40 Abs. 1 und 3 Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass Artikel 40 AStG für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG und das VStrR verweist, ist aufgrund Artikel 193 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Wie bei den meisten anderen Erlassen, sollen auch im AStG sämtliche Steuerwiderhandlungen entsprechend der Regel von Artikel 11 Absatz 2 VStrR beziehungsweise praxisgemäss nach sieben Jahren245 verjähren. Eine unterschiedliche Regelung der Verjährung lediglich aufgrund der betroffenen Abgaben wäre nicht gerechtfertigt und würde zu einer Verkomplizierung des Verwaltungsstrafrechts führen.

Art. 41a Es werden zwei neue Übergangsbestimmungen eingefügt.

Absatz 1 regelt, dass bei Inkrafttreten der Änderung dieses Gesetzes hängige Verfahren nach bisherigem Recht abgeschlossen werden.

Absatz 2 betrifft die Aufhebung der Steuerpflicht im Zollausschlussgebiet. Nach geltendem Recht wird für ein Automobil, das vom Zollausschlussgebiet ins Zollgebiet eingeführt wird, keine Automobilsteuer erhoben, weil das Automobil bereits bei der Einfuhr in ersteres versteuert wurde. In Zukunft sind Automobile im Zollausschlussgebiet von der Automobilsteuer befreit und unterliegen deshalb bei einer späteren Einfuhr ins Zollgebiet der Steuer. Die Übergangsbestimmung stellt sicher, dass für Automobile, die nach Inkrafttreten der Änderung aus einem Zollausschlussgebiet ins Zollgebiet eingeführt werden, keine Automobilsteuer fällig wird, wenn diese nach altem Recht in ersterem bereits entrichtet wurde.

26. Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996246 Ersatz von Ausdrücken Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG. Bezeichnungsänderung «zugelassenes Lager» auf «Steuerlager» und «biogene Treibstoffe» durch «erneuerbare Treibstoffe».

245 246

Vgl. BGE 134 IV 328 (Art. 11 Abs. 2 VStrR i. V. m. Art. 333 Abs. 6 Bst. d StGB).

SR 641.61

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Art. 1a Der Absatz 1 legt fest, dass für den Vollzug der Gesetzgebung über die Mineralölsteuer das E-BAZG-VG anwendbar ist, sofern das MinöStG nicht abweichende Bestimmungen enthält.

Absatz 2: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden auch die in Anhang 2 aufgeführten Änderungen des MinöStG in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG).

Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für die Änderungen betreffend die Erhebung der Mineralölsteuer in Anhang 2 zur Anwendung kommen. Mit Absatz 2 soll dies im MinöStG selber verdeutlicht werden. Dieser Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 2 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im MinöStG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung der Mineralölsteuer nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 2, nicht aber für den Absatz 1, der auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten soll.

Art. 2 Abs. 2 Bst. j Der Geltungsbereich des Gesetzes wird zur Kontrolle der Einhaltung der rechtmässigen Verwendung von nicht der Steuer unterliegenden Waren ausgeweitet. Als Beispiel kann ein erneuerbarer Brennstoff wie Biodiesel genannt werden: Solche Waren unterliegen bei Verwendung als Brennstoff nicht der Mineralölsteuer; der gleiche Stoff hingegen unterliegt bei Verwendung als Treibstoff der Mineralölsteuer.

Art. 2 Abs. 3 Bst. b Das E-BAZG-VG verwendet den
Ausdruck «Importeur» nicht mehr, Buchstabe b wird daher aufgehoben. Im Zusammenhang mit eingeführten Waren wird der Ausdruck durch «Abgabeschuldnerinnen» beziehungsweise «Abgabeschuldner» ersetzt (vgl. Art. 9 Bst. a MinöStG).

Art. 2 Abs. 3 Bst. c, d und e Die «zugelassenen Lagerinhaber» werden neu als «Inhaberin- oder Inhaber einer Bewilligung zum Betrieb eines Steuerlagers» bezeichnet. Im Mineralölsteuergesetz wer-

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den ausserdem neu die Begriffe «erneuerbare Treibstoffe» beziehungsweise «erneuerbare Brennstoffe» verwendet. Im Sinne des Gesetzes sind damit flüssige oder gasförmige Treib- und Brennstoffe gemeint, die aus Biomasse oder unter Verwendung anderer erneuerbarer Energieträger hergestellt werden. Als Beispiele sind Biogas, Bioethanol, Biodiesel oder strombasierte Treib- und Brennstoffe zu nennen.

Art. 2a Dieser Artikel gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, die erneuerbaren Treib- und Brennstoffe zu bezeichnen und somit auch die Flexibilität, auf aktuelle Entwicklungen rasch reagieren zu können.

Art. 3 Aufgrund der terminologischen Anpassung der Begriffe mit dem E-BAZG-VG wird «Inland» mit «Zollgebiet» ersetzt.

Erneuerbare Brennstoffe unterliegen nicht der Mineralölsteuer, wenn diese zu Brennzwecken eingesetzt werden. Erneuerbare Treibstoffe hingegen unterliegen der Mineralölsteuer, wenn sie als Treibstoff verwendet werden. Da die meisten erneuerbaren Stoffe wie zum Beispiel Biodiesel sowohl als Treibstoff als auch als Brennstoff eingesetzt werden können, spielt der tatsächliche Verwendungseinsatz eine zentrale Rolle. Es muss ein Verfahren definiert werden, welches sicherstellt, dass die Waren nach der Anmeldung zweckkonform verwendet werden. Der Bundesrat bestimmt für die Gewährleistung der Steuersicherheit das Verfahren.

Art. 4 Abs. 1 und 2 Bst. b Massgeblich für die Steuerentstehung im Falle der Einfuhr ist neu Artikel 38 E-BAZG-VG. Absatz 1 wird deshalb neu strukturiert. Die Buchstaben a und c werden aufgehoben. Buchstabe b ist neu Buchstabe a. Die in Klammern aufgeführten Artikel 27­32 werden gestrichen, da das Steuerlager neu in Artikel 68 ff. E-BAZG-VG geregelt wird und demzufolge ein Verweis auf diese Artikel nicht mehr nötig ist.

Buchstabe d wird zu Buchstabe b.

In Absatz 2 Buchstabe b wird neu der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerforderung für erneuerbare Brennstoffe definiert, wenn sie als steuerpflichtige Treibstoffe abgegeben oder als solche verwendet werden.

Art. 5 Das BAZG vollzieht dieses Gesetz und figuriert damit auch als Steuerbehörde.

Die Grundlage für eine Aufwandentschädigung wird neu einheitlich auf Stufe Gesetz geschaffen. Neu soll zudem einheitlich der Begriff «Vollzugsentschädigung» verwendet werden. Die Höhe dieser Entschädigung soll in allen Fällen vom Bundesrat festgelegt werden.

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Art. 6 Artikel 6 wird aufgehoben, da die Kontrollen im 6. Titel und die Mitwirkungspflicht in Artikel 82 E-BAZG-VG geregelt sind.

Art. 7 Artikel 7 wird aufgehoben, weil die Amtshilfe im 9. Titel des E-BAZG-VG geregelt ist.

Art. 8 Dieser Artikel kann aufgehoben werden, da neu eine entsprechende Regelung zur Wahrung von Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnissen in Artikel 191 E-BAZG-VG verankert wird.

Art. 9 Bst. a und b Der Begriff «Importeur» im Zusammenhang mit eingeführten Waren wird gemäss Terminologie in Artikel 40 Absatz 1 E-BAZG-VG durch «Abgabeschuldnerinnen» beziehungsweise «Abgabeschuldner» ersetzt.

Die «zugelassenen Lagerinhaber» werden ersetzt durch «die Inhaberin oder der Inhaber einer Bewilligung zum Betrieb eines Steuerlagers».

Art. 10 Artikel 10 wird aufgehoben, da die Steuernachfolge in den Artikeln 42­45 E-BAZG-VG geregelt ist.

Art. 11 Auf die Mithaftung des Liquidators wie auch der Organe einer juristischen Person wird in Zukunft verzichtet, weshalb der Artikel aufgehoben wird.

Art. 12 Abs. 3 Dieser neue Absatz schafft die Grundlage zur Festlegung von Pauschalansätzen im Reiseverkehr und lehnt sich an Artikel 16 Absatz 1 ZG an.

Die Möglichkeit zur Festlegung von Pauschalansätzen und Mengenbegrenzungen entspricht derjenigen in Artikel 8 E-ZoG. Ein Querverweis auf diese E-ZoG-Bestimmung ist indes nicht angezeigt. Nach der Totalrevision des ZG stehen die Abgabeerlasse gleichrangig neben dem Rahmengesetz (E-BAZG-VG). Dies gebietet die Schaffung einer entsprechenden Grundlage im jeweiligen Abgabeerlass, hier dem MinöStG.

Art. 16 Artikel 16 wird aufgehoben, da die Erhebung von Gebühren im 12. Titel des E-BAZG-VG geregelt ist.

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Art. 18 und 18a Mit der Totalrevision von Artikel 18 MinöStG und der Schaffung des neuen Artikels 18a MinöStG werden die Bestimmungen über die Rückerstattung der Mineralölsteuer transparenter und leserfreundlicher dargestellt. Am materiellen Umfang der geltenden Rückerstattungstatbestände ändert sich nichts. Jedoch ergibt sich bei den Bestimmungen des neuen Absatzes 4 eine Kompetenzverschiebung. Die dort genannten Rückerstattungstatbestände liegen nach geltendem Recht in der Zuständigkeit des EFD, neu soll die Zuständigkeit dem Bundesrat übertragen werden.

Für die bisher in Artikel 18 MinöStG enthaltenen Bestimmungen über die Höhe der Rückerstattung, das Rückerstattungsverfahren und die Zinsen wird der eigene Artikel 18a MinöStG geschaffen. Materiell ändert sich dadurch nichts, insbesondere verbleibt die Kompetenz zur Festlegung der Höhe der Rückerstattung beim EFD.

Art. 19 Artikel 19 wird aufgehoben, da die Steueranmeldung im 2. Titel des E-BAZG-VG geregelt ist.

Art. 20 Die Periodizität der Anmeldungen richtet sich neu nach Artikel 13 Absatz 3 E-BAZG-VG. Artikel 20 wird daher aufgehoben.

Art. 20a

Treib- und Brennstoffgemische

Der Bundesrat kann mit dieser Grundlage das Anmeldeverfahren von Treib- und Brennstoffgemischen vorschreiben.

Weiter kann er das Verfahren für die steuerliche Richtigstellung von nicht der Mineralölsteuer unterliegenden erneuerbaren Brennstoffen oder auch von steuerlich begünstigten Treibstoffen über einen Vorschuss regeln. Damit wird einerseits der Handel mit unversteuerten Brennstoffen nicht durch Regelungen der Steuerveranlagung eingeschränkt und andererseits wird der Vollzug der beantragten Massnahmen erleichtert, ohne jedoch die Steuersicherheit zu gefährden.

Der Vorschuss wird auf der Grundlage desjenigen fossilen Brenn- oder Treibstoffes berechnet, dem der erneuerbare Brenn- oder Treibstoff beigemischt ist. Wird das Gemisch zu einem späteren Zeitpunkt in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt, so wird die gesamte Menge zum Steuersatz des fossilen Brenn- und Treibstoffs versteuert.

Das Vorschussverfahren wird bereits im Zusammenhang mit der Förderung der biogenen Treibstoffe angewendet; es ist erprobt und hat sich als pragmatischer Lösungsansatz in der Praxis erwiesen.

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Art. 21­26 Artikel 21­26 MinöStG werden aufgehoben, da sich Veranlagung, Fälligkeit, Sicherstellung, Nachforderung, Rückzahlung, Verjährung, Erlass der Steuer und die Vorschriften für Steuerlager nach dem 3. Titel des E-BAZG-VG richten.

Die Bestimmung, wonach eine Steuer, die gemäss den Feststellungen bei einer Nachkontrolle oder einer Betriebsprüfung zu Unrecht erhoben wurde, von Amtes wegen zurückzuerstatten ist, wird aufgehoben. Eine Korrektur der Veranlagung muss neu innerhalb der Einsprachefrist von einem Jahr geltend gemacht werden.

Art. 27­32 Im Rahmen der Vereinheitlichung der Abgabeerlasse richten sich die grundlegenden Bestimmungen zum Steuerlager nach Artikel 69 E-BAZG-VG. Die Artikel 27­32 werden daher aufgehoben.

Die Spezialbestimmungen werden in Zukunft in der Ausführungsverordnung des E-BAZG-VG geregelt sein.

Art. 33 Im Rahmen der Vereinheitlichung der Abgabeerlasse richten sich die grundlegenden Bestimmungen zur Statistik nach Artikel 39 nDSG und dem BStatG. Ein separater Artikel im vorliegenden Erlass erübrigt sich deshalb; Artikel 33 MinöStG wird somit aufgehoben.

Art. 34, 35 und 37 Artikel 34, 35 und 37 werden aufgehoben, da sich der Rechtsschutz nach dem 2. Kapitel des 5. Titels des E-BAZG-VG richtet.

9. Abschnitt Im Rahmen der Vereinheitlichung der Abgabeerlasse werden die Strafbestimmungen entsprechend angepasst. Der Bussenbetrag bei fahrlässiger Hinterziehung oder Gefährdung beträgt neu das Dreifache der betroffenen Steuer. Die besonderen Gefährdungstatbestände bleiben erhalten.

Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird.

Dass Artikel 42 MinöStG für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG und das VStrR verweist, ist aufgrund von Artikel 193 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Im Rahmen der Harmonisierung der Strafbestimmungen wurde die Bestimmung über die Ordnungswidrigkeiten von Artikel 41 MinöStG ins E-BAZG-VG (Art. 207) verschoben und sprachlich angepasst. Der Grund dafür liegt darin, dass die Verletzung von Verfahrenspflichten sich auf das Verfahren bezieht und dieses nicht mehr in den

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jeweiligen Abgabengesetzen geregelt ist, sondern im E-BAZG-VG. Deshalb kann Artikel 41 aufgehoben werden.

Wie bei den meisten anderen Erlassen sollen auch im MinöStG sämtliche Steuerwiderhandlungen entsprechend der Regel von Artikel 11 Absatz 2 VStrR beziehungsweise praxisgemäss nach sieben Jahren247 verjähren. Eine unterschiedliche Regelung der Verjährung lediglich aufgrund der betroffenen Abgaben wäre nicht gerechtfertigt und würde zu einer Verkomplizierung des Verwaltungsstrafrechts führen. Des Weiteren gelten die Ausführungen zu den Strafbestimmungen des E-ZoG sinngemäss.

Übergangsbestimmungen vom ...

Aus Gründen der Rechtssicherheit werden Verfahren, die bei Inkrafttreten der Änderung dieses Gesetzes hängig sind, formell und materiell nach bisherigem Recht abgeschlossen.

27. CO2-Gesetz vom 23. Dezember 2011248 Art. 13 Abs. 5 An dieser Stelle wird neu der Verweis auf die entsprechenden Artikel des E-BAZG-VG angebracht.

Art. 30 Bst. a Die Anmeldepflicht ist neu im E-BAZG-VG geregelt, deshalb wird der Verweis entsprechend angepasst.

Art. 33 Absätze 1 und 2: Die Verweise auf das übrige anwendbare Recht werden ebenfalls entsprechend angepasst.

Absatz 3: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden auch die in Anhang 2 aufgeführten Änderungen des CO2-Gesetzes in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG).

Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für die Änderungen betreffend die Erhebung und die Rückerstattung der CO2-Abgabe in Anhang 2 zur Anwendung kommen. Um dies im CO2-Gesetz selber zu verdeutlichen, wird in Artikel 33 ein dritter Absatz einge-

247 248

Vgl. BGE 134 IV 328 (Art. 11 Abs. 2 VStrR i. V. m. Art. 333 Abs. 6 Bst. d StGB).

SR 641.71

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fügt. Dieser neue Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 3 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im CO2-Gesetz, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung und die Rückerstattung der CO2-Abgabe nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 3, nicht aber für die Absätze 1 und 2, die auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten sollen.

Art. 38 Neu soll immer von der «Vollzugsentschädigung» gesprochen werden. Daher wird auch hier der Begriff «Vollzugskosten» entsprechend ersetzt.

Art. 38a

Vollzugsentschädigung

Im Sinne einer Vereinheitlichung der vom BAZG erhobenen Verbrauchsteuern und Lenkungsabgaben soll die Höhe der Vollzugsentschädigung für die Lenkungsabgabe auf CO2 inskünftig vom Bundesrat festgelegt werden.

Art. 45 Abs. 3 Das Zusammentreffen mehrerer Handlungen wird neu in Artikel 195 E-BAZG-VG geregelt; der Artikel im CO2-Gesetz wird deshalb aufgehoben.

28. Schwerverkehrsabgabegesetz vom 19. Dezember 1997249 Art. 2a Absatz 1: Analog zum Zollabgabengesetz wird in Absatz 1 SVAG festgehalten, dass das E-BAZG-VG anwendbar ist, sofern das SVAG keine abweichenden Bestimmungen enthält.

Absatz 2: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden auch die in Anhang 2 aufgeführten Änderungen des SVAG in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG).

Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für die Änderungen betreffend die Erhebung der 249

SR 641.81

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Schwerverkehrsabgabe in Anhang 2 zur Anwendung kommen. Mit Absatz 2 soll dies im SVAG selber verdeutlicht werden. Dieser Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 2 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im SVAG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung der Schwerverkehrsabgabe nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 2, nicht aber für die Absätze 1 und 3, die auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten sollen.

Absatz 3: Die Bestimmungen des E-BAZG-VG, welche die Themen der Warenanmeldung und der Erhebung der Abgaben behandeln, sind sinngemäss auf das SVAG anwendbar. Dies, weil vorliegend keine steuerpflichtigen Waren, sondern die Benützung öffentlicher Strassen veranlagt wird.

Art. 2b Artikel 2b SVAG präzisiert in Absatz 1, dass das BAZG für den Vollzug des SVAG zuständig ist. Ein entsprechender Zuständigkeitsartikel hat bisher gefehlt. Absatz 2 regelt die Vollzugsentschädigung der am Vollzug des Schwerverkehrsabgabegesetzes involvierten Behörden. Im Sinne einer Vereinheitlichung der vom BAZG erhobenen Verbrauchsteuern und Lenkungsabgaben soll die Höhe der Vollzugsentschädigung inskünftig vom Bundesrat festgelegt werden.

Art. 11 Abs. 1, 3 und 4 Der geltende Absatz 1 schreibt eine Mitwirkungspflicht der abgabepflichtigen Person bei der Ermittlung der gefahrenen Kilometer vor. Diese wird von Artikel 82 Absatz 1 E-BAZG-VG abgedeckt. Danach haben die Verfahrensbeteiligten an der Ermittlung des abgaberelevanten Sachverhalts so mitzuwirken, dass das BAZG die Veranlagung vollständig und richtig vornehmen kann. Die Mitwirkungspflicht ist daher aus Artikel 11 Absatz 1 SVAG zu streichen. Neu aufgenommen wird in Absatz 1 die Pflicht, die Fahrstrecke entweder automatisch oder manuell zu erfassen. Dazu gehört die korrekte Erfassung der Angaben zum mitgeführten Anhänger.

Absatz 3 bezieht sich auf die
Veranlagung nach Ermessen, sofern keine ausreichenden Daten vorhanden sind. Artikel 2a Absatz 2 SVAG verweist auf eine sinngemässe Anwendung der Bestimmungen des E-BAZG-VG. Artikel 22 Absatz 3 des E-BAZG-VG sieht eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor, wenn Waren nicht oder unvollständig angemeldet wurden oder Zweifel an der Richtigkeit der Anmeldung vorliegt. Eine sinngemässe Anwendung dieser Bestimmung bedeutet, dass bei ungenügender oder zweifelhafter Datengrundlage zur Festlegung der abgabenpflichtigen Fahrt das BAZG die Veranlagung selbst nach pflichtgemässem Ermessen vornimmt.

Absatz 3 kann deshalb aufgehoben werden.

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Absatz 4 wird durch den Änderungserlass des neuen Datenschutzgesetzes250 in das Schwerverkehrsabgabengesetz eingefügt. Er räumt die Kompetenz ein, im Bereich der Schwerverkehrsabgaben automatisierte Einzelentscheidungen zur Festsetzung der Abgabe zu erlassen. Da diese Kompetenz überflüssig ist und in Artikel 78 E-BAZG-VG eine für die Schwerverkehrsabgabe ausreichende Grundlagenkompetenz für automatisierte Verfügungen vorhanden ist, kann der Absatz 4 aufgehoben werden.

Art. 13 Artikel 13 SVAG wird aufgehoben. Die Vorschrift, wonach die Erhebung der Abgabe mindestens einmal jährlich zu erfolgen hat, wird in Zukunft auf Verordnungsstufe geregelt. Basis dafür bildet Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b E-BAZG-VG.

Art. 14 Vorauszahlungen, Sicherheitsleistungen sowie Sicherungsmassnahmen werden in den Artikeln 51 ff. E-BAZG-VG geregelt. Ihre Regelung im SVAG ist entbehrlich.

Die im bisherigen Absatz 1 erwähnte Kompetenz des Bundesrates zum Erlass vereinfachter Verfahren ist hingegen beizubehalten. Diese wird allerdings beschränkt auf die Ermittlung der gefahrenen Kilometer und für die Anmeldung.

In Bezug auf die Sicherstellung der Abgabeforderung sowie der Gleichstellung rechtskräftiger Verfügungen mit vollstreckbaren Urteilen im Sinne der Artikel 80 ff. SchKG sind gemäss dem neuen Artikel 2a Absatz 1 SVAG die Artikel 51, 52 und 62 Absatz 3 E-BAZG-VG anwendbar. Der Verweis in Artikel 14 Absatz 2 SVAG ist daher entbehrlich. Damit entfällt auch die Gliederung des Artikels in Absätze.

Art. 15 Die Verjährung der Abgabeforderung richtet sich neu vollumfänglich nach Artikel 50 E-BAZG-VG. Die Rückforderung einer Nichtschuld innerhalb der Verjährungsfrist entfällt. Eine Korrektur der Veranlagung muss in jedem Fall zwingend innerhalb der Einsprachefrist geltend gemacht werden. Artikel 15 wird daher aufgehoben.

Art. 16 Die nationale Amtshilfe wird in Artikel 171 E-BAZG-VG geregelt, weshalb der vorliegende Artikel aufgehoben werden kann.

Art. 17 Im Interesse einer Vereinheitlichung wird Artikel 17 SVAG, welcher den Erlass der Abgabe regelt, aufgehoben. Das Erlassverfahren wird in Artikel 53 E-BAZG-VG geregelt.

250

Anhang 1 Ziffer 53 des Datenschutzgesetzes vom 25. September 2020, BBl 2020 7639.

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Art. 18 Die Kompetenz zur Verwendung der erfassten Daten zur Erstellung von Statistiken kann aufgehoben werden. Im Rahmen der Vereinheitlichung der Abgabeerlasse richten sich die grundlegenden Bestimmungen zur Statistik nach Artikel 39 nDSG und dem BStatG.

Art. 22 Artikel 22 wird im Rahmen des Erlasses des E-BAZG-VG angepasst. Die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen erfolgt nach dem VStrR. Zuständig für die Verfolgung und Beurteilung ist das BAZG.

Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass Artikel 22 SVAG für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG und das VStrR verweist, ist aufgrund von Artikel 193 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Dieser Verweis gilt für sämtliche Bestimmungen des 10. Titels des E-BAZG-VG und damit auch für die Konkurrenzbestimmung von Artikel 195 E-BAZG-VG.

Art. 23 Der Rechtsschutz richtet sich nach dem 2. Kapitel des 5. Titels des E-BAZG-VG. Neu kann gegen Veranlagungsverfügungen des BAZG innerhalb eines Jahres Einsprache erhoben werden (Art. 85). Gegen Einspracheentscheide des BAZG kann innerhalb von 60 Tagen Beschwerde beim BAZG erhoben werden (Art. 87). Die unterschiedlichen Fristen je nach verfügender Instanz innerhalb des BAZG werden aufgegeben.

Artikel 23 SVAG ist bis auf Absatz 1 aufzuheben: Da der Vollzug des SVAG teilweise an die Kantone delegiert wurde, müssen Verfügungen erstinstanzlicher kantonaler Behörden weiterhin beim BAZG anfechtbar sein. Allerdings wird die Rechtsmittelfrist ebenfalls auf einheitlich 60 Tage erhöht.

Art. 25a

Übergangsbestimmung

Die Übergangsbestimmung stellt sicher, dass Verfahren, die beim Inkrafttreten der Änderung dieses Gesetzes hängig sind, noch nach bisherigem Recht abgeschlossen werden. Die zeitlich und materiell beschränkte Weitergeltung des bisherigen Rechts parallel zum neuen Recht dient der Rechtssicherheit der Parteien.

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29. Alkoholgesetz vom 21. Juni 1932251 Art. 1 Der bestehende Artikel wird neu in 3 Absätze gegliedert, bleibt inhaltlich aber unverändert. Zusätzlich wird ein neuer Absatz 4 hinzugefügt, der als Scharnierbestimmungen im AlkG fungiert und Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG.

Absatz 2 regelt die Anwendbarkeit des E-BAZG-VG und ersetzt den allgemeinen Vorbehalt der Gesetzgebung auf das Zollwesen. Das E-BAZG-VG ist somit immer anwendbar, wenn das AlkG keine abweichenden oder ergänzenden Bestimmungen enthält. Artikel 8 Buchstabe c E-BAZG-VG schreibt im Gegenzug vor, dass das BAZG für die Erhebung der Steuer auf gebrannten Wassern zuständig ist.

Absatz 4: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden auch die in Anhang 2 aufgeführten Änderungen des AlkG in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG). Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für die Änderungen betreffend die Erhebung der Steuer auf gebrannten Wassern im Anhang 2 zur Anwendung kommen. Mit Absatz 4 soll dies im AlkG selber verdeutlicht werden. Dieser Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 4 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im AlkG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung der Steuer auf gebrannten Wassern nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 4, nicht aber für die Absätze 1­3,
die auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten sollen.

Art. 7 Abs. 2 und 3 Die Kontrollmassnahmen werden im E-BAZG-VG umfassend geregelt (Art. 82 f.

und 90 ff. E-BAZG-VG). In der Konzession können stets weitere Kontrollmassnahmen festgelegt werden. Absatz 2 wird deshalb entsprechend angepasst und Absatz 3 aufgehoben.

251

SR 680

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Art. 23 Die Erhebung der Abgaben ist im 3. Titel des E-BAZG-VG geregelt. Dies umfasst insbesondere die Entstehung der Abgabeschuld, die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit, die Zinsen und die Verjährung. Artikel 23 wird daher aufgehoben.

Art. 28 Abs. 2 und 3 In Absatz 2 wird die Grundlage zur Festlegung von Pauschalansätzen im Reiseverkehr und für Einfuhrsendungen an Privatpersonen geschaffen. In Bezug auf den Reiseverkehr lehnt er sich an Artikel 16 Absatz 1 ZG an.

Die Möglichkeit zur Festlegung von Pauschalansätzen und Mengenbegrenzungen entspricht derjenigen in Artikel 8 E-ZoG. Ein Querverweis auf diese E-ZoG-Bestimmung ist indes nicht angezeigt. Nach der Totalrevision des ZG stehen die Abgabeerlasse gleichrangig neben dem Rahmengesetz (E-BAZG-VG). Dies gebietet die Schaffung einer entsprechenden Grundlage im jeweiligen Abgabeerlass, hier dem AlkG. Die Ausdehnung des Pauschalansatzes auf die Einfuhrsendung an Private erleichtert wie im Reiseverkehr die Abfertigung und beschleunigt damit die Einfuhr.

Der neue Absatz 3 stellt sicher, dass die Einfuhr von gebrannten Wassern steuerbefreit ist, wenn die erwähnten Zollbefreiungstatbestände gemäss E-ZoG vorliegen.

Art. 31bis Gemäss Artikel 127 Absatz 1 BV ist der Kreis der Steuerpflichtigen in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln.

Art. 32 Abs. 3 Bst. b Der Verzicht auf die Leistung einer Sicherheit beziehungsweise die mengenmässige Beschränkung wird gestrichen. Neu wird dies, sofern notwendig, in der Verwendungsbewilligung geregelt.

Art. 34 Der ganze Artikel 34 AlkG ist aufzuheben.

Die Artikel 65 und 69 E-BAZG-VG enthalten allgemein gültige Bestimmungen für Bewilligungsvoraussetzungen und den Betrieb von Zoll- und Steuerlagern. Sie gehen insoweit den spezialgesetzlichen Vorschriften gemäss Artikel 34 Absatz 2 und 3 AlkG vor. Zudem verweist Artikel 1 Absatz 2 AlkG neu auf den E-BAZG-VG. Artikel 34 AlkG ist daher entbehrlich.

Die Spezialbestimmungen werden in Zukunft in der Ausführungsverordnung des E-BAZG-VG geregelt sein.

Art. 35 Es kann auf den Kommentar zu Artikel 7 AlkG verwiesen werden. Artikel 35 AlkG kann aufgehoben werden.

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Art. 36 Die spezialgesetzlichen Vorschriften für die Rückvergütung bei der Ausfuhr sind aufzuheben und auf Verordnungsstufe zu regeln. Aufgrund der entsprechenden Vorschrift in Artikel 36 Absatz 2 AlkG können die Absätze 3­5 aufgehoben werden.

Art. 44 Abs. 1 und 71 In Artikel 44 Absatz 1 AlkG wird der Reinertrag aus der Steuer auf gebrannten Wassern definiert. Dies bildet die Grundlage für die Zuweisungen an Bund und Kantone gemäss Artikel 131 Absatz 3 BV. Neu wird die Höhe und der Inhalt der Vollzugsentschädigung des BAZG durch den Bundesrat festgelegt.

Abschnitt VIa (Art. 46­48) Das gesetzliche Pfandrecht ist für alle Abgaben in Artikel 57 ff. E-BAZG-VG geregelt. Die Artikel 46­48 können daher aufgehoben werden.

Siebenter Abschnitt (Art. 49­51) Der Rechtsschutz wird nach dem 2. Kapitel des 5. Titels E-BAZG-VG geregelt. Neu kann gegen Veranlagungsverfügungen des BAZG innerhalb eines Jahres Einsprache erhoben werden (Art. 85 E-BAZG-VG). Gegen Einspracheentscheide des BAZG kann innerhalb von 60 Tagen Beschwerde beim BAZG erhoben werden (Art. 87 E-BAZG-VG). Die unterschiedlichen Fristen je nach verfügender Instanz innerhalb des BAZG werden aufgegeben. Die Artikel 49­51 AlkG können aufgehoben werden.

Art. 52 Dieser Artikel enthält eine Übersicht über die Straftatbestände. Festzuhalten ist, dass die Zuständigkeit für den Vollzug unverändert sowohl beim BAZG als auch bei den Kantonen liegt (Art. 57 Abs. 2 AlkG).

Art. 53 und 54 Die Qualifikationstatbestände sind neu umschrieben. Die Begriffe der Gewohnheitsund Gewerbsmässigkeit wurden ersetzt durch den Begriff der erschwerenden Umstände gemäss Artikel 56c AlkG.

Der ehemalige Artikel 54 AlkG wird in zwei neue Artikel aufgeteilt, welche die Tatbestände der Steuerhinterziehung und Steuergefährdung separat regeln.

Art. 56a und 58a Die Busse kann hier, im Gegensatz zu anderen Erlassen, nicht an den Warenwert (Wert der gebrannten Wasser) geknüpft werden. In den meisten Fällen ist dieser dafür viel zu gering. Abgesehen von redaktionellen Anpassungen sowie der Streichung des 2. Satzes von Artikel 58a entspricht Artikel 56a dem heute geltenden Artikel 58a.

Letzterer wird daher aufgehoben.

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Art. 56b Im Rahmen der Harmonisierung der Abgabeerlasse wird der Versuch einer Steuerwiderhandlung für strafbar erklärt.

Art. 58 Im Rahmen der Harmonisierung der Strafbestimmungen wurde die Bestimmung über die Ordnungswidrigkeiten von Artikel 58 AlkG in das E-BAZG-VG (Art. 207 E-BAZG-VG) verschoben und sprachlich angepasst. Der Grund dafür liegt darin, dass die Verletzung von Verfahrenspflichten sich auf das Verfahren bezieht und dieses nicht mehr in den jeweiligen Abgabegesetzen geregelt ist, sondern im E-BAZG-VG.

Deshalb kann Artikel 58 AlkG aufgehoben werden.

Art. 59 Abs. 1 und 3 Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass Artikel 59 AlkG für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG und das VStrR verweist, ist aufgrund von Artikel 193 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Wie bei den meisten anderen Erlassen sollen auch im AlkG sämtliche Steuerwiderhandlungen entsprechend der Regel von Artikel 11 Absatz 2 VStrR beziehungsweise praxisgemäss nach sieben Jahren252 verjähren. Eine unterschiedliche Regelung der Verjährung lediglich aufgrund der betroffenen Abgaben wäre nicht gerechtfertigt und würde zu einer Verkomplizierung des Verwaltungsstrafrechts führen. Bereits im geltenden Recht richtet sich die Verjährung von Widerhandlungen gegen die Hoheitsrechte des Bundes (bisherige Art. 52 und 53) nach Artikel 11 Absatz 2 VStrR.

Art. 59a­60 Die Strafbestimmung der Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb nach Artikel 59a und das Zusammentreffen mehrerer Handlungen nach Artikel 59b werden neu in den Artikeln 194 und 195 E-BAZG-VG geregelt und deshalb im AlkG aufgehoben. Aufgrund des Verweises in Artikel 59 Absatz 3 auf die Verfolgungsverjährung nach Artikel 11 Absatz 2 VStrR kann Artikel 60 ebenfalls aufgehoben werden.

Art. 62­63 Beide Artikel basierten noch auf der Steuererhebung durch die ehemalige Eidgenössische Alkoholverwaltung253 (EAV) als selbstständige juristische Person, die aber per 1. Januar 2018 in die EZV integriert wurde. In Artikel 60 E-BAZG-VG wird die Nachforderung von Abgaben einheitlich geregelt. Artikel 62 und 63 AlkG können daher aufgehoben werden.

252 253

Vgl. BGE 134 IV 328 (Art. 11 Abs. 2 VStrR i. V. m. Art. 333 Abs. 6 Bst. d StGB).

Per 1. Januar 2018 wechselte die EAV in die damalige EZV.

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Neunter Abschnitt (Art. 65­69) Die Artikel 65 bis 69 sind aufzuheben.

Die Vollstreckung wird neu in Artikel 62 f. E-BAZG-VG geregelt. Die Sicherstellungsverfügung wird in Artikel 56 E-BAZG-VG umschrieben. Systematisch anders werden die Nachforderung und der Erlass von Abgaben erfasst (Art. 60 f. E-BAZG-VG). Hinzuweisen ist auf Artikel 61 E-BAZG-VG, der den Erlass von Abgaben restriktiver als der bisherige Artikel 69 AlkG umschreibt. So dürfte der blosse Nachweis, dass eine mit der Abgabe belastete Ware untergegangen ist, für einen Erlass nicht mehr genügen.

Art. 70 Diese Regelung basierte auch auf der besonderen Situation, dass die Steuer auf gebrannten Wassern durch die ehemalige EAV als selbstständige Organisation erhoben worden ist. Diese Regelung ist nicht mehr aktuell und daher aufzuheben.

Art. 71 Das BAZG übernimmt mit Absatz 1 den Vollzug des Alkoholgesetzes von der EAV.

Die Entschädigung für den Vollzugaufwand war bisher in der Alkoholverordnung verankert. Neu soll einheitlich der Begriff «Vollzugsentschädigung» verwendet werden. Die Höhe dieser Entschädigung soll in allen Fällen vom Bundesrat festgelegt werden. Der neue Absatz 2 schafft die gesetzliche Grundlage dafür.

Art. 73 Die Amtshilfe (national und international) ist in Artikel 171 ff. E-BAZG-VG geregelt.

Artikel 73 ist daher aufzuheben.

Art. 75 Dieser Artikel kann aufgehoben werden, da das Bundespersonalgesetz bereits in Artikel 22 Absatz 1 eine entsprechende Bestimmung enthält.

Art. 77a Aus Gründen der Rechtssicherheit werden Verfahren, die bei Inkrafttreten der Änderung dieses Gesetzes hängig sind, formell und materiell nach bisherigem Recht abgeschlossen.

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30. Alkoholgesetz vom 21. Juni 1932254 in der Fassung der Änderung vom 30. September 2016255 Art. 71 Artikel 71 war bereits Gegenstand der Änderung vom 30. September 2016256 des Alkoholgesetzes. Die Änderung dieses Artikels wurde noch nicht in Kraft gesetzt.

Es muss verhindert werden, dass der mit Inkrafttreten des E-BAZG-VG aufgehobene Artikel 71 durch eine spätere Teilinkraftsetzungsverordnung der Änderung vom 30. September 2016 des Alkoholgesetzes wieder in Kraft gesetzt würde.

Aus diesem Grund muss Artikel 71 in der Fassung der Änderung vom 30. September 2016 aufgehoben werden.

31. Kernenergiegesetz vom 21. März 2003257 Art. 72 Abs. 5 erster und dritter Satz Wo im bisherigen Recht «die Untersuchungsorgane des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» und «den Zollorganen» steht, werden die Formulierungen einheitlich ersetzt durch «das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» beziehungsweise «dem BAZG».

Art. 100 Abs. 3 Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «BAZG».

32. Elektrizitätsgesetz vom 24. Juni 1902258 Art. 25b Diese Bestimmung lehnt sich an Artikel 110 E-BAZG-VG an. Mit dem florierenden Online-Handel werden Kleinsendungen mit geringem Wert eingeführt, die den Vorschriften des Elektrizitätsgesetzes (EleG) nicht entsprechen. Diese dürfen nicht auf den schweizerischen Markt gelangen und sind deshalb in einem vereinfachten Verfahren zu vernichten.

Art. 25c Artikel 112 E-BAZG-VG räumt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG neu die Möglichkeit ein, eine Bestellung unter fiktivem Namen zu tätigen. Mit solchen Bestellungen sollen Umgehungen der Schweizer Gesetzgebung aufgedeckt und es soll damit ein Beitrag zum Schutz der Bevölkerung vor nicht konformen Waren geleistet 254 255 256 257 258

SR 680 AS 2017 777 AS 2017 777 SR 732.1 SR 734.0

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werden. In Bereichen, in denen die Warenkontrolle an der Grenze und im Landesinnern von unterschiedlichen Behörden wahrgenommen wird, wäre nicht verständlich, wenn diese Kompetenz ausschliesslich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG verliehen würde. Im Bereich der elektrischen Erzeugnisse sind im Landesinnern primär das Eidgenössische Starkstrominspektorat (ESTI), teilweise (im Anwendungsbereich der Verordnung vom 25. November 2015 über die elektromagnetische Verträglichkeit 259 [VEMV]) das BAKOM die Kontrollstellen, welche für die Marktüberwachung zuständig sind (vgl. Art. 21 Ziff. 2 EleG und Art. 24 VEMV). Diese Behörden arbeiten eng mit den BAZG zusammen und unterstützen sich gegenseitig.

Die Kompetenzen des ESTI ergeben sich aus Artikel 21 Ziffer 2 in Verbindung mit Artikel 3 EleG sowie aus Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a, e und f der ESTIVerordnung vom 7. Dezember 1992260. Was Artikel 21 Ziffer 2 EleG betrifft, ist hervorzuheben, dass bei Erlass des EleG im Jahre 1902 die dort erwähnten «Maschinen» damals die einzigen Erzeugnisse waren, die es gab. Der historische Gesetzgeber hat deshalb auch keine Erzeugnisse erwähnt; das Sicherheitszeichen des ESTI für Niederspannungserzeugnisse entstand erst später, als Niederspannungserzeugnisse überhaupt in die Haushalte kamen. In einer zeitgemässen Auslegung von Artikel 21 Ziffer 2 EleG kommt man zum Schluss, dass die «Maschinen» auch elektrische Niederspannungserzeugnisse umfassen. Heute ergibt es aber keinen Sinn mehr, diesen veralteten Terminus zu verwenden, auch weil unter «Maschine» gemeinhin das verstanden wird, was unter die Maschinenrichtlinie fällt, welche für den elektrischen Teil (teilweise) auf die Richtlinie 2014/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung elektrischer Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen auf dem Markt261 (Niederspannungsrichtlinie, LVD) verweist.

Was unter den Begriff der elektrischen Erzeugnisse fällt, ergibt sich mangels Definition im EleG aus übergeordnetem Recht namentlich aus der LVD-Richtlinie und der Richtlinie 2014/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Geräte und
Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen262 (ATEX-Richtlinie), wobei sie dort als «elektrische Betriebsmittel» beziehungsweise «Geräte» bezeichnet werden. Von der Bestimmung erfasst werden somit Erzeugnisse, die unter die Verordnung vom 25. November 2015 über elektrische Niederspannungserzeugnisse263 (NEV) oder die Verordnung vom 25. November 2015 über Geräte und Schutzsysteme zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen264 (VGSEB) fallen.

Die neue Bestimmung ermöglicht es den Kontrollstellen beziehungsweise deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die elektrischen Erzeugnisse, die in der Schweiz abgegeben werden oder werden sollen, auf deren Konformität mit den Vorschriften zur 259 260 261 262 263 264

SR 734.5 SR 734.24 ABl. L 96 vom 29. März 2014, S. 357.

ABl. L 96 vom 29. März 2014, S. 309.

SR 734.26 SR 734.6

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Sicherheit und zur Vermeidung von Störungen hin zu überprüfen. Wie in den meisten Bereichen erfolgt auch der Handel mit elektrischen Erzeugnissen zu grossen Teilen über das Internet. Das bringt es mit sich, dass die Konsumentin oder der Konsument (und die Kontrollstelle) die Erzeugnisse nicht physisch sieht, bevor sie oder er diese kauft. Sie sind der Aufsicht der Kontrollstelle solange entzogen, bis sie entweder aufgrund eines Vorfalls von einer Konsumentin oder einem Konsumenten oder einer Mitbewerberin oder einem Mitbewerber gemeldet beziehungsweise von der Kontrollstelle selbst erworben und geprüft werden. Für den Erwerb und die Prüfung eines Erzeugnisses muss sich die Kontrollstelle gegenüber der Anbieterin oder dem Anbieter als Behörde ausweisen. Gibt sich also eine Kontrollstelle von vornherein zu erkennen, ist es für einen Online-Händler ein Leichtes, das Erzeugnis nicht zu versenden und anzugeben, es sei «zufälligerweise» gerade am selben Tag aus dem Angebot genommen worden. Auch kommt es vor, dass ein «passendes» Erzeugnis geliefert wird, wenn bekannt ist, dass die Aufsichtsbehörde die Bestellung tätigt (sogenanntes «Golden Sample»). Die gesetzlich vorgesehenen Stichprobenkontrollen erreichen ihren Zweck damit nicht. Es ist aber Aufgabe des BAZG als auch der Kontrollstellen wie ESTI und BAKOM, dafür zu sorgen, dass die Sicherheit und die Vermeidung von Störungen bei Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten auch bei dieser Handelsform gewährleistet ist. Eine Gefährdung kann aber nur festgestellt werden, wenn die tatsächlich vertriebenen Erzeugnisse überprüft werden können. Dazu ist oft rasches Handeln notwendig. Es wäre nicht nachvollziehbar, dass auf einen Vorfall oder ein zufälliges Aufgreifen bei einer Stichprobe durch das BAZG gewartet werden muss, um Erzeugnisse vom Markt nehmen zu können. Die fiktive Identität soll deshalb zum Zweck des Erwerbs eines noch zu prüfenden Erzeugnisses vorgegeben werden können. Die Täuschung würde also nur die Identität des Käufers als Behörde betreffen. Ausserhalb eines Strafverfahrens und mit Blick auf die mögliche Gesundheitsgefährdung ist ein solches Vorgehen verhältnismässig: Der Eingriff in das Prinzip von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr ist gering. Steht demgegenüber die mögliche, konkrete Gefährdung der Sicherheit von Konsumentinnen und
Konsumenten, so überwiegen letztere Interessen.

Im Heilmittelbereich hat das Parlament einer analogen Bestimmung bereits zugestimmt (Art. 66 Abs. 3 HMG). Diese ist seit dem 1. Januar 2019 in Kraft. Auch Artikel 14 der neuen Verordnung (EU) 2019/1020 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten sowie zur Änderung der Richtlinie 2004/42/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 765/2008 und (EU) Nr. 305/2011265 sieht vor, dass die Vollzugsorgane der Mitgliedstaaten über die Kompetenz zum Tätigen von Scheinkäufen verfügen.

Absatz 1: Das Bestellen von Erzeugnissen unter fiktivem Namen durch staatliche Kontrollorgane ist unter dem Blickwinkel des in den Artikeln 5 und 9 BV verankerten Grundsatzes von Treu und Glauben heikel. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und entsprechend Artikel 66 Absatz 3 HMG soll das Bestellen unter fiktivem Namen deshalb nur dann zulässig sein, wenn die bisherigen Abklärungen erfolglos geblieben sind oder der Vollzug des Gesetzes sonst aussichtslos wäre oder unverhältnismässig erschwert würde (Abs. 1).

265

ABl. L 169 vom 25.Juni 2019, S. 1.

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Absatz 2 stellt sicher, dass die betroffene Person über die Bestellung unter fiktivem Namen informiert wird, sobald die Vollzugsorgane im Besitz der Ware sind. Diese Information ermöglicht es der betroffenen Person, sich gegen eine durch die Vollzugsorgane allenfalls angeordnete Massnahme zu wehren. Dies gebietet der in Artikel 29 Absatz 2 BV verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör, welcher unter anderem auch gewährleistet, dass die betroffene Person Beweismassnahmen beantragen oder ihr Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen kann.

33. Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958266 in der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020267 Art. 25 Abs. 2 Bst. f In Buchstabe f erfolgt eine sprachliche Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG. Die Bezeichnung «des Zolls» wird auf «des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» geändert.

Art. 27 Abs. 2 erster Satz Im ersten Satz von Absatz 2 erfolgt eine sprachliche Anpassung aufgrund der neuen Terminologie des E-BAZG-VG. Die Bezeichnung «Zoll» wird auf «BAZG» geändert.

Art. 89e Bst. b268 Artikel 89e Buchstabe b SVG regelt den Zugriff des BAZG im Abrufverfahren auf das Informationssystem Verkehrszulassung (IVZ).

In Buchstabe b erfolgt eine Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG.

Die hier vorgeschlagene Änderung von Artikel 89e Buchstabe b E-SVG basiert auf dem Gesetzestext, der das Parlament am 18. Dezember 2020 im Rahmen der Vorlage betreffend die Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes269 angenommenen hat.

Der Begriff «Eidgenössische Zollverwaltung» wird durch «BAZG» ersetzt. Weiter erfolgt eine Präzisierung des Zugriffs mit neu geschaffenen Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG sowie der Zwecke.

Folgende Funktionen des BAZG haben im Abrufverfahren Einsicht in die Daten des IVZ: «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Einsatzkoordination», «Kontrollexpertise», «Unternehmensprüfung», «Risikoanalyse», «Strafverfolgung» und «Abgaben» (siehe Erläuterungen zu den Funktionen in Anhang 1 zum E-BAZG-VG).

266 267 268 269

SR 741.01 BBl 2020 10019 In der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020, BBl 2020 10019.

BBl 2020 10019

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Die vorliegende Anpassung von Artikel 89e Buchstabe b E-SVG in der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020 muss mit dem Entwurf zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes vom 17. November 2021270 (nachfolgend: SVG-Vorlage) koordiniert werden. Die SVG-Vorlage wird aktuell vom Parlament beraten.

Mit der SVG-Vorlage werden die Regelungen betreffend den Zugriff auf das IVZ im Abrufverfahren angepasst. Dazu soll unter anderem neu in Buchstabe a von Artikel 89e E-SVG (Fassung der SVG-Vorlage) explizit festgehalten werden, dass sämtliche Stellen, welche gestützt auf Artikel 89d SVG Daten bearbeiten, diese über einen Zugriff im Abrufverfahren einsehen können. Von dieser Neuformulierung ist auch die vom BAZG im IVZ vorgenommene Datenbearbeitung direkt betroffen, welche bis anhin in Buchstabe b von Artikel 89e SVG geregelt ist (vgl. Art. 89e Bst. b in der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020271). Zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten passt daher die SVG-Vorlage Buchstabe b von Artikel 89e E-SVG ebenfalls an. Ein Teil der in Buchstabe b aufgeführten Zwecke für den Zugriff des BAZG im Abrufverfahren wird aus diesem Buchstaben entfernt, weil diese Zwecke neu durch Artikel 89e Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 89d Buchstaben e und f E-SVG abgedeckt sind. Betroffen sind die Zwecke «für die Kontrolle der Verzollung und der Versteuerung nach dem Automobilsteuergesetz vom 21. Juni 1996272» sowie «für die Erhebung der Schwerverkehrsabgabe».

Der unterschiedliche Änderungsgehalt der beiden Vorlagen in Buchstabe b von Artikel 89e E-SVG verlangt eine entsprechende Koordination. Es ist sicherzustellen, dass die Fassung der später in Kraft tretenden Vorlage nicht die Änderungen der anderen Vorlage «überschreibt». Vielmehr muss die später in Kraft tretende Vorlage mit der Fassung der anderen Vorlage ergänzt werden. Wie die Formulierung von Artikel 89e Buchstabe b E-SVG in der jeweils später in Kraft tretenden Vorlage aus heutiger Sicht aussehen müsste, wird nachfolgend aufgezeigt. Mit der Übernahme der Änderungen aus den beiden erwähnten Vorlagen soll Buchstabe b von Artikel 89e E-SVG ungeachtet der Reihenfolge der Inkraftsetzung inhaltlich gleich lauten.

Folgende Konstellationen sind möglich: a.

Das E-BAZG-VG tritt vor dem Entwurf zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes vom 17. November 2021 in Kraft.

In diesem Fall müsste Artikel 89e Buchstabe b E-SVG in der Fassung des Entwurfs zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes vom 17. November 2021 mit den nachfolgend genannten, neu geschaffenen Funktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG ergänzt (als Ersatz für die Bezeichnung «das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit») und in Bezug auf die Zwecke präzisiert werden.

Artikel 89e Buchstabe b E-SVG in der Fassung des Entwurfs zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes vom 17. November 2021 müsste dann wie folgt lauten:

270

BBl 2021 3027; siehe auch Botschaft vom 17. November 2021 zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes, BBl 2021 3026, hier 73 f.

271 BBl 2020 10019 272 SR 641.51

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Art. 89e Bst. b Folgende Stellen können durch ein Abrufverfahren Einsicht in die folgenden Daten nehmen: b. das BAZG für die Funktionen «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Einsatzkoordination», «Kontrollexpertise», «Unternehmensprüfung», «Risikoanalyse» und «Strafverfolgung»: in die Daten, die für die Kontrolle der Fahrberechtigung und der Verkehrszulassung, für die Identifikation des Halters und des Versicherers sowie für die Fahrzeugfahndung erforderlich sind; b.

Der Entwurf zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes vom 17. November 2021 tritt vor dem E-BAZG-VG in Kraft.

In diesem Fall müssten aus Artikel 89e Buchstabe b E-SVG in der Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG die Funktion «Abgaben» sowie die Zwecke «für die Kontrolle der Verzollung und der Versteuerung nach dem Automobilsteuergesetz vom 21. Juni 1996273» und «für die Erhebung der Schwerverkehrsabgabe» gestrichen werden (da bereits durch Art. 89e Bst. a E-SVG in der Fassung der SVG-Vorlage abgedeckt).

Artikel 89e Buchstabe b E-SVG in der Fassung gemäss Anhang 2 zum E-BAZG-VG müsste dann wie folgt lauten: Art. 89e Bst. b Folgende Stellen können durch ein Abrufverfahren Einsicht in die folgenden Daten nehmen: b. das BAZG für die Funktionen «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln», «Einsatzkoordination», «Kontrollexpertise», «Unternehmensprüfung», «Risikoanalyse» und «Strafverfolgung»: in die Daten, die für die Kontrolle der Fahrberechtigung und der Verkehrszulassung, für die Identifikation des Halters und des Versicherers sowie für die Fahrzeugfahndung erforderlich sind;

Art. 99 Abs. 1 Einleitungssatz (Betrifft nur den französischen Text) und Bst. d Bezeichnungsänderung «Zoll» auf «BAZG».

Art. 100 Ziff. 4 erster Satz Sprachliche Anpassung aufgrund der Bezeichnungsänderung auf «BAZG».

273

SR 641.51

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34. Nationalstrassenabgabegesetz vom 19. März 2010274 in der Fassung der Änderung vom 18. Dezember 2020275 Das NSAG wird im Hinblick auf die geänderte Bezeichnung der EZV und des ZG angepasst. Die Beschwerdemöglichkeit beim BAZG gegen Verfügungen der ersten kantonalen Instanz bleibt unverändert bestehen. Die Strafbestimmungen im NSAG werden nicht harmonisiert mit denjenigen in Erlassen betreffend andere nichtzollrechtliche Abgaben oder im E-BAZG-VG. Widerhandlungen werden im Ordnungsbussenverfahren geahndet.

Das NSAG wurde teilrevidiert. Die vorliegenden Änderungen beruhen auf dieser Teilrevision276. Vorgesehen ist ein duales System mit einer freiwilligen E-Vignette neben der klassischen Klebevignette. Die Teilrevision wird voraussichtlich vor dem E-BAZG-VG am 1. Mai 2023 in Kraft treten.

Art. 2a und 2b Analog zum ZoG wird in Artikel 2a NSAG festgehalten, dass der E-BAZG-VG anwendbar ist, sofern das NSAG keine abweichenden Bestimmungen enthält. Die Bestimmungen des E-BAZG-VG, welche die Themen der Warenanmeldung und der Erhebung der Abgaben behandeln, sind sinngemäss auf das NSAG anwendbar. Dies, weil vorliegend keine steuerpflichtigen Waren, sondern die Benützung öffentlicher Strassen veranlagt wird. Weiter stellt der Artikel 2b NSAG neu klar, dass das BAZG für den Vollzug des NSAG zuständig ist.

Anders als in anderen Abgabeerlassen (vgl. etwa Art. 1a Abs. 2 E-TStG) erübrigt sich im NSAG eine Norm, die auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen des E-BAZG-VG (Art. 212 ff. E-BAZG-VG) verweist. Wie einleitend erwähnt, ist davon auszugehen, dass die NSAG-Revision bereits am 1. Mai 2023 und damit vor dem E-BAZG-VG in Kraft tritt. Darauf und auf die vorliegenden Änderungen in Anhang 2 sollen die neuen Bestimmungen des E-BAZG-VG sofort anwendbar sein, sobald dieses in Kraft getreten ist (kein Aussetzen der Anwendung im Sinne von Art. 213 und 214 E-BAZG-VG).

Art. 4 Abs. 1 Einleitungssatz (Betrifft nur den französischen Text) und Bst. b sowie Abs. 2 und 3 In Absatz 1 geht es um die Abgabebefreiung für Fahrzeuge bestimmter öffentlicher Institutionen. Im Zollbereich sind bisher nach Buchstabe b die Fahrzeuge des Grenzwachtkorps abgabebefreit. Neu soll die Abgabebefreiung generell für Fahrzeuge der Zollbehörden gelten. Darunter fallen sowohl inländische als auch ausländische Zollbehörden, letztere etwa, wenn sie im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem BAZG Schweizer Nationalstrassen benützen.

274 275 276

SR 741.71 BBl 2020 10019 BBl 2020 10019

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In Absatz 2 wird der Ausdruck «Oberzolldirektion» ersetzt durch «BAZG». In Absatz 3 wird das Pronomen «Sie», welches sich auf den Ausdruck «Oberzolldirektion» in Absatz 2 bezieht, ersetzt durch «Es».

Art. 10 Abs. 2 Mit Absatz 2 wird die Definition des Reinertrages als Ertrag nach Abzug der Vollzugsentschädigung mit den anderen Abgabenerlassen vereinheitlicht.

Art. 12a­h Die Artikel 12a bis und mit h NSAG sind aufzuheben. Sie sind von folgenden Bestimmungen abgedeckt: ­

Artikel 12a (Betrieb eines Informationssystems), abgedeckt durch Artikel 118 E-BAZG-VG;

­

Artikel 12b (Inhalt des Informationssystems), abgedeckt durch die Artikel 117 und 119 Buchstabe b E-BAZG-VG und die ausführenden Verordnungsbestimmungen;

­

Artikel 12c (Datenbeschaffung), abgedeckt durch Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b NSAG in Verbindung mit Artikel 89e Buchstabe k SVG;

­

Artikel 12d (Schnittstellen) sowie Artikel 12e (Datenbekanntgabe an Behörden und an mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisationen), abgedeckt durch Artikel 142 E-BAZG-VG;

­

Artikel 12f (Archivierung und Vernichtung der Daten), abgedeckt durch Artikel 155 E-BAZG-VG und die ausführenden Verordnungsbestimmungen;

­

Artikel 12g (Amtshilfe und Anzeigepflicht), abgedeckt durch Artikel 171 E-BAZG-VG für die Amtshilfe;

­

Artikel 12h (Verjährung der Abgabeforderung), abgedeckt durch Artikel 50 E-BAZG-VG.

Art. 13 Der Rechtsschutz richtet sich nach dem 2. Kapitel des 5. Titels des E-BAZG-VG, weshalb Absatz 2 gestrichen werden kann. Beizubehalten ist Absatz 1, da es sich dabei um den Rechtsschutz in Zusammenhang mit erstinstanzlichen kantonalen Verfügungen handelt. Beschwerden gegen erstinstanzliche kantonale Verfügungen sind weiterhin beim BAZG zu erheben. Die Rechtsmittelfrist wird allerdings bei den Beschwerden allgemein von 30 auf 60 Tage erhöht.

Art. 15 Abs. 3 Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass Artikel 15 Absatz 3 NSAG für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG 345 / 436

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und das VStrR verweist, ist aufgrund von Artikel 193 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Art. 17 Die Verjährung der Strafverfolgung für Übertretungen entspricht Artikel 109 StGB.

Es handelt sich um einen Komfortverweis, der gestrichen werden kann.

Art. 19 und Art. 19 im Anhang zum NSAG Im Sinne einer Vereinheitlichung der vom BAZG erhobenen Verbrauchsteuern und Lenkungsabgaben soll die Höhe der Vollzugsentschädigung inskünftig vom Bundesrat festgelegt werden.

Anhang zum NSAG Art. 9a Artikel 9a des Anhanges zum NSAG ist aufzuheben. Die Bezeichnung des BAZG als zuständige Behörde für die Erhebung der Abgabe ist durch die neu eingefügte Vollzugsbestimmung in Artikel 2b NSAG überflüssig.

Art. 12a Die Bestimmung, wonach das BAZG für die Erfüllung ihrer Aufgaben ein Informationssystem betreibt, ist durch Artikel 118 E-BAZG-VG abgedeckt. Ohnehin wird Artikel 12a NSAG aufgehoben, weshalb Artikel 12a des Anhanges zum NSAG ebenfalls aufzuheben ist.

35. Personenbeförderungsgesetz vom 20. März 2009277 Art. 25 Abs. 1 Bst. a Sprachliche Anpassung aufgrund der Bezeichnungsänderung auf «BAZG».

Art. 62 Bezeichnungsänderung «Zollstellen» auf «BAZG».

36. Bundesgesetz vom 3. Oktober 1975278 über die Binnenschifffahrt Art. 53 Sprachliche Anpassung aufgrund der Bezeichnungsänderung auf «BAZG».

277 278

SR 745.1 SR 747.201

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Art. 60 Abs. 1 zweiter Satz Die Meldung gemäss Artikel 60 Abs. 1 zweiter Satz ist nicht mehr erforderlich.

37. Luftfahrtgesetz vom 21. Dezember 1948279 Art. 9 Terminologieänderung «Zollflugplätze» auf «vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) bezeichnete Flugplätze».

Bezeichnungsänderung «Oberzolldirektion» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Art. 10 Bezeichnungsänderung «Oberzolldirektion» auf «BAZG».

Art. 18 Abs. 2 Terminologieänderung «Zollflugplatz» auf «Flugplatz gemäss Artikel 9 Absatz 1».

Art. 21a Abs. 2 Bst. c Bezeichnungsänderung «Grenzwachtkorps» auf «für die Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln eingesetzte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG».

Art. 38 Abs. 2 Bezeichnungsänderung «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit» auf «BAZG», weil diese Abkürzung nunmehr schon in Artikel 9 verwendet wird.

Art. 105 Titel und Abs. 1 Vorbehalt des BAZG-Vollzugsabgabengesetzes und des Zollabgabengesetzes.

38. Fernmeldegesetz vom 30. April 1997280 Art. 33a Diese neue Bestimmung im Fernmeldegesetz (FMG) setzt den Grundgedanken des Massnahmenkatalogs nach Artikel 182 E-BAZG-VG um und führt die Massnahmen, die das BAZG im Rahmen einer Kontrolle im grenzüberschreitenden Warenverkehr für das BAKOM allgemein (Abs. 1) oder gemäss besonderem Auftrag (Abs. 2) ergreifen kann, auf.

279 280

SR 748.0 SR 784.10

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Die aufgeführten Massnahmen entsprechen mit Ausnahme derjenigen in Absatz 2 Buchstabe b dem bestehenden Vollzugsumfang. Neu ist gemäss dieser Bestimmung nur die vereinfachte Vernichtung, die sich nach Artikel 110 E-BAZG-VG richtet. Mit dem florierenden Online-Handel werden Kleinsendungen mit geringem Wert eingeführt, die den Vorschriften des Fernmeldegesetzes nicht entsprechen. Diese dürfen nicht auf den Schweizer Markt gelangen und sind deshalb in einem vereinfachten Verfahren zu vernichten.

Art. 33b Artikel 112 E-BAZG-VG räumt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG neu die Möglichkeit ein, Bestellung unter fiktivem Namen zu tätigen. Mit solchen Bestellungen sollen Umgehungen der Schweizer Gesetzgebung aufgedeckt werden können, beispielsweise, ob eine in der Schweiz angebotene ausländische Ware in Umgehung von Verboten (z. B. störende Fernmeldeanlagen [Jammers]) geliefert wird.

Eine Zusammenarbeit zwischen BAZG und BAKOM bei den Kontrollen von Fernmeldeanlagen an den Grenzen besteht seit mehreren Jahren. Da der Handel von Funkanlagen oder Produkten, die eine Funkanlage beinhalten (z. B. Internet der Dinge [IoT]), im Internet zunimmt und eindeutig nicht konforme Produkte zum Verkauf angeboten werden, muss das BAKOM die Möglichkeit haben, Bestellungen unter fiktivem Namen zu tätigen. Der Rückzug solcher Produkte vom Markt kommt sowohl den Konsumentinnen und Konsumenten als auch den Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmern in der Schweiz zugute.

Sollen die Ziele des FMG erreicht werden, ist es unabdingbar, dass erforderlichenfalls auch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des BAKOM eine Bestellung unter fiktivem Namen tätigen können. Die neue Bestimmung ermöglicht es dem BAKOM, die im Ausland angebotenen Fernmeldeanlagen, die für die Schweiz bestimmt sind, auf die Rechtmässigkeit des Verkehrs zu überprüfen (Art. 33a FMG). Es ist unverständlich, warum in der Schweiz zuerst eine Störung durch eine nicht konforme Funkanlage auftreten oder das BAZG diese bei Stichprobenkontrollen entdecken muss, bevor man sie vom Markt nehmen kann; denn dies hätte vorhergesehen werden können. Verschiedentlich lassen Verkaufsangebote von Funkanlagen, insbesondere im Internet, Zweifel daran aufkommen, dass sie sich rechtmässig im Verkehr befinden, beziehungsweise sie wecken den Verdacht, dass sie Gegenstand einer
Widerhandlung gegen das FMG waren. Für die Überprüfung der Rechtmässigkeit des Verkehrs solcher Funkanlagen muss sich das BAKOM gegenüber der die Funkanlage anbietenden Person als Behörde ausweisen. Dadurch werden die Anbieterinnen und Anbieter gewarnt und können allfällige verwaltungs- und strafrechtliche Sanktionen verhindern. Im Interesse eines störungsfreien Funkverkehrs ist es jedoch zentral, Funkanlagen, die sich rechtswidrig auf dem Markt befinden, insbesondere solche, die auf der schwarzen Liste mit nicht konformen Funkanlagen aufgeführt sind, aus dem Markt zu ziehen, um allfälligen Handel damit zu verhindern und die dafür verantwortlichen Personen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des BAKOM sollen künftig bei Verkaufsangeboten von Funkanlagen deshalb Bestellungen unter fiktivem Namen abschliessen können.

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Das Bestellen von Produkten unter fiktivem Namen durch staatliche Kontrollorgane ist unter dem Blickwinkel des in den Artikeln 5 und 9 BV verankerten Grundsatzes von Treu und Glauben jedoch heikel.

Im Heilmittelbereich hat das Parlament einer analogen Bestimmung bereits zugestimmt (Art. 66 Abs. 3 HMG). Diese ist seit dem 1. Januar 2019 in Kraft. Auch der Artikel 14 der Verordnung (EU) 2019/1020 sieht vor, dass die Vollzugsorgane der Mitgliedstaaten über die Kompetenz zum Tätigen von Scheinkäufen verfügen. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und entsprechend Artikel 66 Absatz 3 HMG soll die Bestellung unter fiktivem Namen deshalb nur dann zulässig sein, wenn die bisherigen Abklärungen erfolglos geblieben sind oder der Vollzug des Gesetzes sonst aussichtslos wäre oder unverhältnismässig erschwert würde (Abs. 1).

Absatz 2 stellt sicher, dass die betroffene Person über die Bestellung unter fiktivem Namen informiert wird, sobald die Kontrollorgane im Besitz der Funkanlagen sind.

Diese Information ermöglicht es der betroffenen Person, sich gegebenenfalls dagegen zu wehren. Dies gebietet der in Artikel 29 Absatz 2 BV verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör, welcher unter anderem auch gewährleistet, dass die betroffene Person Beweismassnahmen beantragen oder ihr Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen kann.

Art. 34 Abs. 1ter Bst. e Artikel 34 Absatz 1ter wird dahingehend angepasst, dass das BAZG neben seiner Tätigkeit als Strafverfolgungsbehörde auch zum Zwecke der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit im grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehr unter den vom Bundesrat festgelegten Voraussetzungen eine störende Fernmeldeanlage erstellen, in Betrieb nehmen oder betreiben kann. Der kurzzeitige und gezielte Einsatz von störenden Fernmeldeanlagen ist als Hilfsmittel zu verstehen, sodass namentlich der Vollzug der durch das E-BAZG-VG zugewiesenen Aufgaben nicht gestört oder gar vereitelt werden kann. Transportmittel oder Transportbehältnisse (z. B. Container) sind heute oftmals mit Kommunikationsmitteln versehen, welche laufend ihre Position an den Eigentümer oder weitere Empfänger senden. Wenn das BAZG diese zu einer vertieften Kontrolle an einen anderen Standort verbringen muss oder gar vorläufig sicherstellt, muss diese Datenübermittlung unterbunden werden können, um zu verhindern, dass die
Eigentümer sich in die Kontrolle einmischen oder weitere Beweismittel vernichten können. Diese unkontrollierte Datenkommunikation des Transportmittels kann mit einer störenden Fernmeldeanlage des BAZG während der Kontrolle kurzzeitig und beschränkt auf das zu kontrollierende Objekt aktiv unterbunden werden. Damit werden sowohl die Aufgabenwahrnehmung als auch die Sicherheit der Mitarbeitenden gewahrt. Als weiteres Beispiel sollen störende Fernmeldeanlagen auch eingesetzt werden, um Personen beziehungsweise deren Kommunikationsmittel in Warensendungen beziehungsweise Warentransporten zu entdecken (z. B. Migranten in Lastwagen oder Güterzügen). Dabei geht es nebst der Steuerung der Kontrolle insbesondere auch darum, die Sicherheit der Personen zu gewährleisten, die sich in diesen Transportbehältnissen befinden.

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39. Transplantationsgesetz vom 8. Oktober 2004281 Art. 25 Abs. 2 Absatz 1 regelt die Bewilligungspflicht für die genannten Gewebe, Zellen und Organe.

Absatz 2 präzisiert, dass die Einlagerung in ein Zolllager oder in ein Zollfreilager als Einfuhr gilt. Das deckt sich mit Artikel 6 Buchstabe a E-BAZG-VG, der die Einfuhr als Verbringen von Waren in das Zollgebiet definiert und damit auch das Verbringen in ein Zolllager erfasst. Der rein deklaratorische Absatz 2 kann daher aufgehoben werden.

Art. 63 Abs. 2 zweiter Satz Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Art. 65 Abs. 4 erster Satz Terminologische Anpassungen.

Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «BAZG». Das BAZG behält im Rahmen von Zollkontrollen Sendungen mit Organen, Geweben, Zellen oder Transplantatprodukten zurück, wenn der Verdacht auf eine Zuwiderhandlung besteht. Der Teil «anlässlich von Kontrollen» ersetzt «an der Grenze oder in Zolllagern». Fragliche Sendungen werden nach Artikel 182 Absatz 1 Buchstabe a E-BAZG-VG zurückbehalten.

40. Stammzellenforschungsgesetz vom 19. Dezember 2003282 Art. 15 Abs. 2 Wer embryonale Stammzellen ein- oder ausführt, braucht nach Absatz 1 eine Bewilligung des BAG.

Absatz 2 präzisiert, dass die Einlagerung in ein Zolllager oder in ein Zollfreilager als Einfuhr gilt. Das deckt sich mit Artikel 6 Buchstabe a E-BAZG-VG, der die Einfuhr als Verbringen von Waren in das Zollgebiet definiert und damit auch das Verbringen in ein Zolllager erfasst. Der rein deklaratorische Absatz 2 kann daher aufgehoben werden.

Art. 21 Abs. 4 erster Satz Terminologische Anpassung.

Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «BAZG». Das BAZG behält im Rahmen von Zollkontrollen Sendungen mit Embryonen, embryonalen Stammzellen, Klonen,

281 282

SR 810.21 SR 810.31

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Chimären, Hybriden und Parthenoten zurück, wenn der Verdacht auf eine Zuwiderhandlung besteht. Der Teil «anlässlich von Kontrollen» ersetzt «an der Grenze oder in Zolllagern». Fragliche Sendungen werden nach Artikel 182 Absatz 1 Buchstabe a E-BAZG-VG zurückbehalten.

41. Betäubungsmittelgesetz vom 3. Oktober 1951283 Art. 5 Abs. 2 Bezeichnungsänderung «Zollverwaltung» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Art. 14a Abs. 1 Bezeichnungsänderung «Zoll- und Grenzwachtorgane» auf «BAZG».

Art. 27 Abs. 2 Bezeichnungsänderung bezüglich der Gesetze.

Art. 29 Abs. 2 Anpassung an die neue Terminologie.

Das Zolllager nach Artikel 65 Absatz 2 E-BAZG-VG umfasst Zollfreilager und offene Zolllager. Materiell ergibt sich keine Änderung.

Art. 29b Abs. 2 Bst. c Ziff. 1 Bezeichnungsänderung von «Oberzolldirektion» auf «BAZG».

Art. 29b Abs. 3 Bezeichnungsänderung von «Zoll- und Grenzwachtorgane» auf «BAZG».

42. Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 2000284 Art. 18 Abs. 4 Absatz 4 präzisiert, dass die Einlagerung in ein Zolllager oder in ein Zollfreilager als Einfuhr gilt. Das deckt sich mit Artikel 6 Buchstabe a E-BAZG-VG, der die Einfuhr als Verbringen von Waren in das Zollgebiet definiert und damit auch das Verbringen in ein Zolllager erfasst. Der rein deklaratorische Absatz 4 kann daher aufgehoben werden.

283 284

SR 812.121 SR 812.21

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Art. 35 Abs. 1 Der zweite Satz in Absatz 1 präzisiert, dass die Einlagerung in ein Zolllager als Einfuhr gilt. Das deckt sich mit Artikel 6 Buchstabe a E-BAZG-VG, der die Einfuhr als Verbringen von Waren in das Zollgebiet definiert und damit auch das Verbringen in ein Zolllager erfasst. Der rein deklaratorische zweite Satz kann daher aufgehoben werden. Der abgebildete Gesetzestext enthält daher nur noch den ersten Satz.

Art. 66 Abs. 4 und 5 erster Satz Terminologische Anpassung.

Bezeichnungsänderung von «Zollorgane» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)». Das BAZG behält im Rahmen von Zollkontrollen Heilmittelsendungen zurück, wenn der Verdacht auf eine Zuwiderhandlung besteht. Der Teil «anlässlich von Kontrollen» ersetzt «an der Grenze, in Zollfreilagern oder in Zolllagern».

Fragliche Sendungen werden nach Artikel 182 Absatz 1 Buchstabe a E-BAZG-VG zurückbehalten.

Absatz 5 wird sprachlich der Bezeichnungsänderung angepasst.

Art. 90 Abs. 1 zweiter Satz Bezeichnungsänderung betreffend das Zollgesetz (Zollabgabengesetz).

43. Chemikaliengesetz vom 15. Dezember 2000285 Art. 2 Abs. 4 Bst. c Bezeichnungsänderung «Zollbehörden» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

44. Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983286 Ersatz von Ausdrücken In Analogie zur Begriffsanpassung im Mineralölsteuergesetz werden «biogene Treibund Brennstoffe» durch «erneuerbare Treib- und Brennstoffe» ersetzt.

Art. 35c Abs. 1 und 3 In Absatz 1 Buchstabe a werden bei der Einfuhr die Abgabeschuldnerin beziehungsweise der Abgabeschuldner nach Artikel 40 E-BAZG-VG als abgabepflichtige Personen bezeichnet. Im Rahmen der Harmonisierung der Abgabeerlasse wird der Begriff «Inland» durch «Zollgebiet» ersetzt. Zudem wird der Begriff «Erzeuger» als abgabepflichtige Person im Inland gestrichen. In der Praxis wird kein Unterschied zwischen 285 286

SR 813.1 SR 814.01

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«Hersteller» und «Erzeuger» gemacht. Des Weiteren kennt auch die VOCV den Begriff «Erzeuger» nicht.

In Absatz 1 Buchstabe b wird im Rahmen der Harmonisierung der Abgabeerlasse der Begriff «Steuerpflichtige» durch «Abgabeschuldner» ersetzt.

Absatz 3 bestimmt, dass sich das Verfahren zur Erhebung und zur Rückerstattung der VOC-Abgabe nach den Bestimmungen des E-BAZG-VG richtet. Die Voraussetzungen und das Verfahren zum Bezug vorläufig abgabebefreiter VOC (Verpflichtungsverfahren), welche im E-BAZG-VG keine Grundlage haben, werden weiterhin vom Bundesrat in der VOCV geregelt.

Art. 41a Im Sinne einer Vereinheitlichung der vom BAZG erhobenen Verbrauchsteuern und Lenkungsabgaben soll die Höhe der Vollzugsentschädigung für die Erhebung der Lenkungsabgaben nach dem USG (aktuell betrifft dies die VOC) künftig vom Bundesrat festgelegt werden.

Art. 54 Der aktuell geltende Artikel 54 USG verweist für das Beschwerdeverfahren auf die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. Damit der Rechtsweg für Verfügungen im Bereich der Lenkungsabgaben nach Kapitel 6 USG an die übrigen vom BAZG vollzogenen Abgaben angeglichen werden kann, wird ein neuer Absatz 1 geschaffen, der für den Rechtsschutz bezüglich der Lenkungsabgaben auf das E-BAZG-VG verweist. Für die übrigen im USG geregelten Bereiche gelten weiterhin die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege; Absatz 2 wird entsprechend angepasst.

Art. 61a Abs. 5 Das Zusammentreffen mehrerer Handlungen wird neu in Artikel 195 E-BAZG-VG geregelt; der vorliegende Absatz wird deshalb aufgehoben.

Art. 62 Abs. 2 Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass Artikel 62 USG für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG und das VStrR verweist, ist aufgrund Artikel 193 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Art. 65b Absatz 1: Aus Gründen der Rechtssicherheit werden Verfahren, die bei Inkrafttreten der Änderung dieses Gesetzes hängig sind, formell und materiell nach bisherigem Recht abgeschlossen.

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Absatz 2: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG werden auch die im Anhang 2 aufgeführten Änderungen des USG in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG). Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für die Änderungen betreffend die Erhebung und die Rückerstattung der Lenkungsabgaben im Anhang 2 zur Anwendung kommen. Mit Absatz 2 soll dies im USG selber verdeutlicht werden. Dieser Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 2 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im USG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung und die Rückerstattung der Lenkungsabgaben nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 2, nicht aber für den Absatz 1, der auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten soll.

45. Lebensmittelgesetz vom 20. Juni 2014287 Art. 30a

Bestellung unter fiktivem Namen

Artikel 112 E-BAZG-VG räumt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG neu die Möglichkeit ein, Bestellungen unter fiktivem Namen zu tätigen. Mit solchen Bestellungen sollen Umgehungen der Schweizer Gesetzgebung aufgedeckt und damit ein Beitrag an den Schutz der Bevölkerung vor nicht konformen Waren geleistet werden. In Bereichen, in denen die Warenkontrolle an der Grenze und im Landesinnern von unterschiedlichen Behörden wahrgenommen werden, wäre nicht verständlich, wenn diese Kompetenz ausschliesslich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAZG verliehen würde. Im Lebensmittelbereich (Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände) beispielsweise sind das BAZG und das BLV zuständig. Sie unterstützen sich gegenseitig. Die Kontrolle der Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände im Landesinnern obliegt den kantonalen Lebensmittelkontrollorganen.

Der Handel mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen erfolgt heute zunehmend mittels Fernkommunikationstechniken. Es ist Aufgabe sowohl der Zollbehörden wie namentlich auch der kantonalen Lebensmittelvollzugsorgane dafür zu sorgen, dass der Gesundheits- und der Täuschungsschutz der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten auch bei dieser Handelsform gewährleistet werden kann. Namentlich die Lebensmittelvollzugsorgane im Inland müssen dafür sorgen, dass beispielsweise über 287

SR 817.0

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Online-Shops nicht Lebensmittel oder Gebrauchsgegenstände mit gesundheitsgefährdenden Zusammensetzungen oder unzulässigen Heilversprechen vertrieben werden.

Bestellt ein Lebensmittelvollzugsorgan zu Kontrollzwecken eine Ware namens eines kantonalen Laboratoriums, werden die Anbieterinnen und Anbieter gewarnt und können konforme Ware liefern beziehungsweise von einer Lieferung absehen. Erhalten auch die kantonalen Lebensmittelvollzugsorgane die Möglichkeit, eine Bestellung unter fiktivem Namen zu tätigen, können sie effizient gegen gesundheitsgefährdende oder täuschende Ware vorgehen. Es geht bei den kantonalen Lebensmittelvollzugsorganen somit nicht darum, im Rahmen der Strafverfolgung aktiv zu werden, sondern in erster Linie darum sicherzustellen, dass der Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten gewährleistet ist.

Im Heilmittelbereich hat das Parlament einer analogen Bestimmung bereits zugestimmt (Art. 66 Abs. 3 HMG). Diese ist seit dem 1. Januar 2019 in Kraft. Auch die neue EU-Kontrollverordnung (Art. 36 Abs. 1 der Verordnung [EU] 2017/625288) sieht vor, dass die Vollzugsorgane der Mitgliedstaaten über die Kompetenz zum Tätigen von Scheinkäufen verfügen. Im Abkommen vom 21. Juni 1999289 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind die Schweiz und die EU übereingekommen, ihr Recht aneinander anzugleichen und sich bei Feststellung der Gleichwertigkeit Handelserleichterungen (z. B. Abbau der Veterinärkontrolle an der Grenze) zu gewähren. Solche Erleichterungen bestehen heute, die Vorschriften der beiden Vertragsparteien müssen aber stets wieder aneinander angeglichen werden. Mit der vorliegend vorgeschlagenen Ergänzung des Lebensmittelgesetzes kann diese Gleichwertigkeit wiederhergestellt werden.

Absatz 1: Das Bestellen von Produkten unter fiktivem Namen durch staatliche Kontrollorgane ist unter dem Blickwinkel des in den Artikeln 5 und 9 BV verankerten Grundsatzes von Treu und Glauben heikel. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und entsprechend Artikel 66 Absatz 3 HMG soll die Bestellung unter fiktivem Namen deshalb nur dann zulässig sein, wenn die bisherigen Abklärungen erfolglos geblieben sind oder der Vollzug des Gesetzes sonst aussichtslos wäre oder unverhältnismässig erschwert würde (Abs. 1).
Absatz 2: Absatz 2 stellt sicher, dass die betroffene Person über die Bestellung informiert wird, sobald die Vollzugsorgane im Besitz der Ware sind. Diese Information 288

Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 999/2001, (EG) Nr. 396/2005, (EG) Nr. 1069/2009, (EG) Nr. 1107/2009, (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 652/2014, (EU) 2016/429 und (EU) 2016/2031 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 1/2005 und (EG) Nr. 1099/2009 des Rates sowie der Richtlinien 98/58/EG, 1999/74/EG, 2007/43/EG, 2008/119/EG und 2008/120/EG des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 89/608/EWG, 89/662/EWG, 90/425/EWG, 91/496/EEG, 96/23/EG, 96/93/EG und 97/78/EG des Rates und des Beschlusses 92/438/EWG des Rates (Verordnung über amtliche Kontrollen), ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1.

289 SR 0.916.026.81

355 / 436

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ermöglicht es der betroffenen Person, sich gegen eine durch die Vollzugsorgane allenfalls angeordnete Massnahme zu wehren. Dies gebietet der in Artikel 29 Absatz 2 BV verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör, welcher unter anderem auch gewährleistet, dass die betroffene Person Beweismassnahmen beantragen oder ihr Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen kann.

Absatz 3: Die amtliche Probenahme ist heute in der LMVV geregelt. Bei den bisherigen Kontrollen fand die Probenahme in der Regel in Anwesenheit der Wareninhaberin oder des Wareninhabers statt. Beim Erwerb von Produkten über Mittel der Fernkommunikationstechnik ist dies nicht der Fall. Dem Bundesrat muss deshalb die Kompetenz eingeräumt werden, Bestimmungen erlassen zu können, die den speziellen Rahmenbedingungen bei der Fernkommunikation Rechnung tragen.

Art. 66 Abs. 4 Das Zusammentreffen mehrerer Handlungen wird neu in Artikel 195 E-BAZG-VG geregelt; der Artikel im LMG wird deshalb aufgehoben.

46. Bundesgesetz vom 17. Juni 2005290 gegen die Schwarzarbeit Art. 11 Abs. 1 Bezeichnungsänderung «Grenzwachtkorps» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

47. Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 1998291 Art. 54 Abs. 3 Verweis auf das E-ZoG.

Art. 72 Abs. 3 Verweis auf das E-ZoG.

Art. 175 Abs. 2 und 3 Abs. 2 Im Zuge der Totalrevision des Zollgesetzes erfolgte für die Zuständigkeit der Strafverfolgung durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit eine in Anlehnung an andere Erlasse einheitliche Formulierung. Materiell bringt diese Umformulierung keine Änderung.

290 291

SR 822.41 SR 910.1

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Abs. 3 Das Zusammentreffen mehrerer Handlungen wird neu in Artikel 195 E-BAZG-VG geregelt; der Artikel im LWG wird deshalb aufgehoben.

Art. 182 Abs. 1 Verweis auf das E-ZoG.

48. Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966292 Art. 11 Abs. 2 Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Art. 52 Abs. 2 und 3 Da die Strafbestimmungen der Ordnungswidrigkeiten in das E-BAZG-VG überführt wurden und die Zuständigkeit des BAZG bereits gegeben ist, wenn eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, wurde an dieser Stelle das E-BAZG-VG ergänzt.

49. Waldgesetz vom 4. Oktober 1991293 Art. 43 Abs. 1 Einleitungssatz (Betrifft nur den französischen Text) und Bst. h sowie Art. 45 Abs. 2 Das aktuell geltende Waldgesetz regelt in Artikel 43 Absatz 1 Buchstabe h, dass mit Busse bis zu 20 000 Franken bestraft wird, wer vorsätzlich und ohne Berechtigung die Vorschriften über Herkunft, Verwendung, Handel und Sicherung des forstlichen Vermehrungsgutes missachtet. Stellt eine Widerhandlung zugleich eine Widerhandlung gegen die Zollgesetzgebung dar, so wird sie nach Massgabe des Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925 verfolgt und beurteilt. Da es beim letzten Satz der Bestimmung thematisch um die Strafverfolgung geht, findet sich dieser Satz neu einschliesslich der erforderlichen Bezeichnungsänderungen in Artikel 45 Absatz 2 WaG.

50. Jagdgesetz 20. Juni 1986294 Art. 21 Abs. 2 Da die Strafbestimmungen der Ordnungswidrigkeiten in das E-BAZG-VG überführt wurden und die Zuständigkeit des BAZG bereits gegeben ist, wenn eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, wurde an dieser Stelle das E-BAZG-VG ergänzt.

292 293 294

SR 916.40 SR 921.0 SR 922.0

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51. Bundesgesetz vom 21. Juni 1991295 über die Fischerei Art. 20 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 3 Bezeichnungsänderung von «Zollgesetz» auf «Zollabgabengesetz». Da die Strafbestimmungen der Ordnungswidrigkeiten in das E-BAZG-VG überführt wurden und die Zuständigkeit des BAZG bereits gegeben ist, wenn eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, wurde an dieser Stelle das E-BAZG-VG ergänzt.

Art. 21 Abs. 3 Bezeichnungsänderung «eidgenössische Grenzwächter» auf «BAZG» und terminologische Anpassung «Zolldienst».

52. Edelmetallkontrollgesetz vom 20. Juni 1933296 in der Fassung der Änderung vom 19. März 2021297 Art. 12 Abs. 1bis Die Eintragungsdauer einer Verantwortlichkeitsmarke beträgt heute 20 Jahre. Eine so lange Eintragungsdauer ist nicht mehr zeitgemäss und soll auf 10 Jahre, wie dies im Bereich des Markenschutzes gilt, verkürzt werden. Während einer 20-jährigen Eintragungsdauer einer Marke ergeben sich bei den Markeninhabern auch viele Veränderungen, die meist dem Zentralamt für Edelmetallkontrolle nicht zur Kenntnis gebracht werden. Das können Adressänderungen bis hin zur Geschäftsaufgabe sein. In rund 50­60 Prozent der vor Ablauf der Eintragsdauer angeschriebenen Markeninhaber sind die Stammdaten nicht mehr aktuell. Nur rund 40 Prozent der Markeninhaber wünscht die Verlängerung ihrer Verantwortlichkeitsmarke.

Für die Eintragungsdauer von Verantwortlichkeitsmarken, die bei Inkrafttreten der vorliegenden Änderung bereits eingetragen sind, und für die Verlängerung gelten die übergangsrechtlichen Regeln der Schlussbestimmungen (Abs. 1).

Vorbemerkungen zu den Art. 20 ff.

Gemäss Empfehlung 2 der EFK im Bericht zum Prüfauftrag 19476 (nachfolgend: Bericht EFK 19476)298 ist eine globale und integrierte Logik bei der Risikoanalyse und den Kontrollen bei der Einfuhr aufzustellen und zu fördern. Dies soll durch eine Koordinierung der Zollstellen, Grenzwacht und Edelmetallkontrollämter erfolgen. Um dieser Empfehlung hinsichtlich der Kontrollen Rechnung zu tragen (vgl. die neu eingefügten Artikel 22a ff.), werden die Kontrollmöglichkeiten im Rahmen des EMKG

295 296 297 298

SR 923.0 SR 941.31 BBl 2021 668 Bericht vom 24. Februar 2020 «Prüfung der Wirksamkeit der Edelmetallkontrolle ­ Eidgenössische Zollverwaltung», Prüfauftrag 19476, Eidgenössische Finanzkontrolle; zugänglich unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Öffentliche Finanzen und Steuern.

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mit den im E-BAZG-VG geregelten Kontrollen für die Ein-, Aus- und Durchfuhr harmonisiert. Der Prozess wird so vereinfacht, effizienter gestaltet und transparenter.

Art. 20 Abs. 1 erster Satz sowie Abs. 3­5 und Art. 22 Abs. 1 zweiter Satz sowie Abs. 2 und 3 Artikel 20 Absatz 1 erster Satz erfährt lediglich eine rein redaktionelle Änderung.

Die Kontrollen von Waren, die dem EMKG unterstellt sind, bei der Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie bei der Auslagerung aus dem Zolllager unterstehen neu durch einen Verweis im Artikel 22a Absatz 2 EMKG dem E-BAZG-VG, soweit das EMKG keine Sonderbestimmungen enthält. Die dem E-BAZG-VG entsprechenden Bestimmungen des EMKG sind deshalb aufzuheben (vgl. Art. 20 Abs. 3­5 und Art. 22 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 und 3 EMKG). Als Sonderbestimmungen zur Kontrolle werden in das EMKG neu eingefügt die Artikel 22a­d (der bisherige Art. 22a wird zu Art. 22a Abs. 5). Für Kontrollen in den Zollausschlussgebieten kommt die Marktüberwachung (bestehender Art. 36 EMKG i. V. m. Art. 4 Bst. l und Art. 15 Abs. 2 EMKV) zur Anwendung.

Artikel 22 Absatz 3 wird aufgehoben, weil die Auslagerung ohnehin im Zusammenhang mit einer Einfuhr oder Ausfuhr steht. Dementsprechend finden Artikel 20 und 21 auch ohne den ausdrücklichen Verweis Anwendung. Um bei den Bestimmungen über die Warenkontrolle den Eindruck einer allfälligen Lücke zu vermeiden, wird die Auslagerung aus einem Zolllager in den betroffenen Bestimmungen ausdrücklich erwähnt.

Art. 22a

Kontrollen bei der Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie bei der Auslagerung aus einem Zolllager

Abs. 1 Anstelle der aufgehobenen Artikel 20 Absatz 3 Satz 1 und Artikel 22 Absatz 1 Satz 2 wird der neue Artikel 22a Absatz 1 eingefügt, welcher das BAZG zuständig erklärt für die Kontrolle, ob Edelmetall-, Mehrmetall-, Plaqué- und Ersatzwaren, welche ein-, aus- oder durchgeführt oder aus einem Zollager ausgelagert werden, den Vorschriften des EMKG entsprechen. Nachahmungen und Fälschungen sind auch erfasst.

Abs. 2 und 3 Gemäss den neuen Artikel 22a Absatz 2 gelten für die Kontrolle bei der Ein-, Ausoder Durchfuhr von Waren und Produkten, die dem EMKG unterstellt sind, grundsätzlich die Bestimmungen des E-BAZG-VG. Soweit allerdings das EMKG abweichende Bestimmungen enthält, gehen diese vor. Dies ist etwa der Fall bei den Absätzen 3 bis 5. Gemäss Absatz 3 gelten das gesamte schweizerische Staatsgebiet sowie die Zollanschlussgebiete, soweit völkerrechtlich vorgesehen, als Kontrollgebiet.

Abs. 4 Wenn Waren den Vorschriften des EMKG nicht entsprechen oder ein entsprechender Verdacht besteht, kann das BAZG diese gemäss Absatz 4 zurückbehalten. Im Rahmen 359 / 436

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der Vernehmlassung hat die Branche geäussert, dass das Betrauen des BAZG mit der Kontrolle nachvollziehbar sei, auf die Erfahrung und die Expertise des Zentralamts jedoch nicht verzichtet werden könne, insbesondere bei der Strafverfolgung. Diesem Branchenanliegen trägt die geänderte Vorlage Rechnung, indem sie das BAZG ermächtigt, bei Bedarf das Zentralamt beizuziehen für die Prüfung, ob die Waren dem Gesetz entsprechen. Das Zentralamt teilt dem BAZG das Prüfergebnis mit, damit Massnahmen nach Artikel 22b angeordnet werden können, wenn die Waren den Vorschriften des EMKG nicht entsprechen.

Abs. 5 Absatz 5 übernimmt grundsätzlich den bestehenden Artikel 22a, der eine Mitteilung an die Geschädigten vorsieht für den Fall, dass auf ein-, aus- oder durchgeführten Waren unberechtigterweise die Verantwortlichkeitsmarke oder das Schmelzer- oder Prüferzeichen eines anderen verwendet oder nachgeahmt worden ist oder dass sonst ein Verstoss gegen die Bestimmungen zum Schutz des geistigen Eigentums vorliegt.

Neu formuliert beschränkt sich der Absatz auf die im EMKG vorgesehenen Marken und Zeichen. Der Schutz des geistigen Eigentums, der im bestehenden Artikel 22a zusätzlich erwähnt wird, erfolgt bereits durch das Immaterialgüterrecht. Eine Regelung im EMKG erübrigt sich.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine Mitteilung in gewissen Fällen unmöglich ist, insbesondere wenn eine Verantwortlichkeitsmarke zwar registriert ist, jedoch der Inhaber der Verantwortlichkeitsmarke nicht mehr tätig ist und eine entsprechende Meldung an das Zentralamt unterlassen hat. In andere Fällen hat sich gezeigt, dass gewisse Inhaber von Verantwortlichkeitsmarken oder Schmelzer- und Prüferzeichen nur wenig beziehungsweise kein Interesse an dieser Mitteilung haben. Diese Inhaber der im EMKG vorgesehenen Marken und Zeichen sind mehr an den Hilfeleistungen gemäss den Bestimmungen des geistigen Eigentums interessiert. Zudem werden im Unterschied zu Widerhandlungen gegen dieses Gesetz die meisten Widerhandlungen gegen Bestimmungen des geistigen Eigentums nur auf Antrag strafrechtlich verfolgt. In diesen Fällen können die Inhaber von Marken und Zeichen dieses Gesetzes ohnehin nach den Bestimmungen über den Schutz des geistigen Eigentums entsprechend benachrichtigt werden. Aus diesen Gründen werden neu Ausnahmen von der Mitteilungspflicht
vorgesehen.

Auf der Grundlage von Absatz 4 werden die Waren bereits zurückbehalten. Deshalb entfällt der zweite Satz des bisherigen Artikel 22a, der das Zurückbehalten regelt.

Art. 22b

Massnahmen nach durchgeführter Kontrolle

Abs. 1 Dieser Absatz listet die Massnahmen auf, welche bei Feststellung eines Verstosses gegen das EMKG angeordnet werden können. Da es keinen Anlass gibt, die Ausfuhr anders zu behandeln als die Ein- oder Durchfuhr, gelten die Massnahmen neu ebenfalls für die Ausfuhr, soweit sie dafür anwendbar sind. Nicht anwendbar ist die Rückweisung über die Grenze, weil sich die Ware bereits in der Schweiz befindet.

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Bst. a Der heutige Artikel 20 Absatz 3 Satz 3 sieht die Rückweisung einer Ware über die Grenze vor, wenn die kontrollierte Ware den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht und keine strafbare Handlung vorliegt. Buchstabe a übernimmt diese Massnahme.

Bst. b Eine weitere, etwas mildere und für die Praxis wichtige Massnahme sieht Buchstabe b vor. Danach kann der Mangel an einer Ware behoben werden, indem sie den Vorschriften dieses Gesetzes angepasst wird. Sinn macht diese Massnahme indessen nur, wenn sie verhältnismässig ist, also geeignet, erforderlich und vor allem zumutbar für die Betroffenen. Die Mängelbehebung kommt insbesondere kleineren und unerfahrenen Wirtschaftsakteuren entgegen, denn die Rückweisung über die Grenze ist mit Kosten und einem grossen Zeitverlust verbunden.

Bst. c Wenn die Voraussetzungen nach Artikel 22d erfüllt sind, besteht die Möglichkeit der vereinfachten Vernichtung. Deshalb wird hier auf die Erläuterungen zu Artikel 22d verwiesen.

Bst. d Der bestehende Artikel 20 Absatz 3 sieht vor, dass das Zentralamt bei der zuständigen kantonalen Strafverfolgungsbehörde eine Strafanzeige zu erstatten hat, wenn eine strafbare Widerhandlung gegen das EMKG festgestellt wird. Dafür wird die kontrollierte Ware beschlagnahmt. Die Strafverfolgung obliegt künftig allerdings dem BAZG selber (vgl. Art. 56 Abs. 1 Satz 2). Das BAZG erhält deshalb mit Buchstabe d auch die Kompetenz zur Beschlagnahme. Diese Massnahme soll es aber nur ergreifen, wenn keine der Massnahmen nach den Buchstaben a, b und c angeordnet werden kann, wenn also eine Rückweisung über die Grenze, eine Rückgabe zur Verbesserung und eine vereinfachte Vernichtung ausscheiden. So wird es die Beschlagnahme vorwiegend zum Zwecke der Beweissicherung anordnen.

Abs. 2 Mit diesem neuen Absatz über die Einziehung soll eine Lücke im bestehenden Gesetz geschlossen werden. Es handelt sich hierbei um eine selbstständige, verwaltungsrechtliche Einziehung, wie sie etwa für beschlagnahmte Exemplare geschützter Arten nach den Artikeln 16 BGCITES in Verbindung mit Artikel 38 VCITES vorgesehen ist. Das Ziel ist zu verhindern, dass Waren ein-, aus- oder durchgeführt oder aus einem Zolllager ausgelagert werden, welche den Vorschriften des EMKG nicht entsprechen. Daher werden Waren, die nicht innert Frist über die Grenze zurückgewiesen
(Abs. 1 Bst.

a) oder den Vorschriften dieses Gesetzes angepasst (Abs. 1 Bst. b) werden, direkt eingezogen. Beschlagnahmte Waren (Abs. 1 Bst. d) sind ebenfalls einzuziehen.

Die Einziehungsgründe sind abschliessend aufgezählt. Waren, die vereinfacht vernichtet werden (Abs. 1 Bst. c), werden nicht eingezogen. Für sie soll ein einfacheres Vorgehen Anwendung finden.

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Art. 22c

Vernichtung von eingezogenen Waren

Waren, die eingezogen worden sind, werden vernichtet. Wenn Edelmetall aus den Waren im Vernichtungsprozess herausgelöst wird, wird das Herausgelöste verwertet.

Ein allfälliger Erlös abzüglich der Vernichtungskosten fällt dem Bund zu.

Art. 22d

Vereinfachte Vernichtung von Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert

Artikel 101 E-BAZG-VG stellt die Grundnorm für die vereinfachte Vernichtung von Waren, die in kleinen Mengen vorliegen oder von unbedeutenden Wert sind, dar. Mit Artikel 22d Absatz 1 sieht dieses Gesetz die Möglichkeit der Vernichtung dieser Waren vor und verweist hierfür auf Artikel 110 E-BAZG-VG.

Durch den Verweis auf Artikel 110 E-BAZG-VG lehnt sich die vereinfachte Vernichtung an die Vorschriften des E-BAZG-VG an. Das gilt auch für die Delegation in Artikel 110 Absatz 3 E-BAZG-VG, mit der der Bundesrat ermächtigt wird zu bestimmen, wann im Bereich des EMKG Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert vorliegen.

Gibt die berechtigte Person Ihre Zustimmung zur vereinfachten Vernichtung, fällt ein allfälliger Erlös aus dem herausgelösten Metall, das in der vernichteten Ware enthalten ist, dem Bund zu.

Art. 23 erster Satz Artikel 23 erster Satz erfährt lediglich eine rein redaktionelle Änderung.

Gliederungstitel vor Art. 24 Vierter Abschnitt: Schmelzprodukte Bislang regelt der vierte Abschnitt die Herstellung von Schmelzprodukten. Neu finden sich in diesem Abschnitt Bestimmungen zur Einfuhr, zur Auslagerung aus einem Zolllager und zum Inverkehrbringen von Schmelzprodukten sowie zu deren Kontrolle bei der Einfuhr und Auslagerung und zu den nach der Kontrolle allenfalls zu ergreifenden Massnahmen. Dementsprechend wird im Gliederungstitel die «Herstellung» gestrichen, um die vorgenannten Handlungen zu den Schmelzprodukten zu erfassen.

Art. 31 Im Vergleich zum Vernehmlassungsentwurf wird die Delegationsnorm in Artikel 31 Absatz 2 dahingehend ergänzt, dass sich der Bundesrat bei der Festsetzung der Verpflichtungen des Inhabers einer Schmelzbewilligung nach den internationalen Standards zu richten hat. Dies insbesondere, um der Empfehlung 3 der EFK zu den Inhabern einer Schmelzbewilligung (Bericht EFK 19476) Rechnung zu tragen.

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Art. 34a

Einfuhr, Auslagerung und Inverkehrbringen

Mit dieser neuen Bestimmung im EMKG soll eine Rechtsgrundlage zur Einschränkung des Handels mit nicht oder nicht ausreichend bezeichneten und ungeprüften Schmelzprodukten (z. B. Rohgold, Recyclingbarren) geschaffen werden.

Abs. 1 In Absatz 1 werden die üblichen Voraussetzungen für die Einfuhr oder das Inverkehrbringen von Schmelzprodukten festgelegt. Bei der Einfuhr ist nach Artikel 34a der Grenzübertritt massgeblich. Auch Schmelzprodukte, welche zu einem Zolllager geführt werden, müssen beim Grenzübertritt und vor der Einlagerung die Angaben nach Absatz 1 aufweisen.

Der Begriff des Inverkehrbringens wird auf Verordnungsstufe näher umschrieben. Bei der vorliegenden Bestimmung geht es im Wesentlichen um den Verkauf oder Tausch von Schmelzprodukten sowie um anderweitige Übertragungen solcher Schmelzprodukte im freien Handelsverkehr. Hingegen liegt kein Inverkehrbringen im Sinne von Absatz 1 vor, wenn die Inhaberin einer Schmelzbewilligung nach Artikel 24 oder einer individuellen Schmelzbewilligung nach Artikel 171 EMKV einem Handelsprüfer Schmelzprodukte, die nicht alle Angaben nach Absatz 1 aufweisen, nur verkauft, damit der Handelsprüfer diese aufarbeiten kann. Erst das vom Handelsprüfer in seiner endgültigen Beschaffenheit und Form aufgearbeitete und geprüfte Schmelzprodukt gelangt danach in den freien Handel und damit in den Verkehr.

Bst. a Nach Artikel 31 Absatz 1 muss jedes in der Schweiz hergestellte Schmelzprodukt ein Stempelzeichen tragen. Dies gilt heute gemäss bestehendem Artikel 178 EMKV auch für im Ausland hergestellte Schmelzprodukte, wenn diese einen Feingehalt angeben.

Neu muss zwecks Vereinheitlichung und zur Vermeidung der Einfuhr von ungeprüften, in der Schweiz nicht handelbaren Edelmetallen in Rohform gemäss Artikel 34a Absatz 1 Buchstabe a jedes eingeführte oder in Verkehr gebrachte Schmelzprodukt insbesondere ein Stempelzeichen eines anerkannten Schmelzers tragen.

Bst. b Der Stempel eines Kontrollamtes oder Handelsprüfers wird nach Artikel 33 Absatz 2 auf Schmelzprodukte angebracht, die einen Stempelabdruck nach Artikel 31 Absatz 1 tragen und bei denen ein Kontrollamt oder ein Handelsprüfer den wirklichen Feingehalt eines Schmelzproduktes geprüft und festgestellt hat. Nach Artikel 173 EMKV müssen Schmelzprodukte, die zu einer Weiterveräusserung bestimmt sind, auf ihren
Feingehalt geprüft werden, und sie haben den Stempel eines Kontrollamtes oder Handelsprüfers zu tragen. Dies gilt grundsätzlich ebenfalls für Barren aus dem Ausland, die nach Artikel 178 Absatz 1 beziehungsweise 3 das Stempelzeichen eines anerkannten Prüfer-Schmelzers tragen müssen. Neu wird auf Gesetzesstufe das Erfordernis des Stempels eines Kontrollamtes oder Handelsprüfers beziehungsweise eines ausländischen anerkannten Prüfer-Schmelzers festgelegt.

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Bst. c Die Angabe des Feingehalts ist gemäss Artikel 33 Absatz 2 zeitgleich mit dem Stempel des Kontrollamtes oder des Handelsprüfers auf dem Schmelzprodukt anzubringen.

Die Angabe des tatsächlichen Feingehalts ist nach Artikel 173 EMKV insbesondere erforderlich, wenn Schmelzprodukte weiterveräussert werden sollen. Bei Schmelzprodukten aus dem Ausland werden Feingehaltsangaben gemäss Artikel 178 EMKV anerkannt, wenn sie von einem anerkannten Prüfer-Schmelzer stammen oder als Bankedelmetalle gelten. Neu wird das Erfordernis der Feingehaltsangabe für die Einfuhr, für die Auslagerung aus dem Zolllager und für das Inverkehrbringen auf Gesetzesstufe festgelegt.

Bst. d Das Erfordernis der Angabe des Namens des Metalls ist neu. Silber, Platin und Palladium haben eine ähnliche Farbe. Dies hat zur Folge, dass man die enthaltenen Edelmetalle nicht ohne Weiteres ausmachen kann. In der Praxis wird üblicherweise das Metall bereits angegeben.

Abs. 2 Künftig soll nur Handelsprüfern, die über eine Schmelzbewilligung gemäss Artikel 24 und zusätzlich über eine Bewilligung für den gewerbsmässigen Handel mit Bankedelmetallen gemäss Artikel 42bis EMKG verfügen, die Einfuhr von Schmelzprodukten erlaubt sein, die keine oder nicht alle Angaben gemäss Absatz 1 tragen. Das sind in der Praxis die Scheideanstalten, die auch die Sorgfaltspflichten des EMKG und des GwG erfüllen müssen und unter staatlicher Aufsicht stehen. Damit soll ausgeschlossen werden, dass weitere Akteure, die nicht unter staatlicher Aufsicht stehen, Schmelzprodukte aus Edelmetall legal einführen oder auslagern können. Der Handel mit Schmelzprodukten, die von anerkannten ausländischen Schmelzer-Prüfern geprüft und bezeichnet worden sind, und der Handel mit Bankedelmetallen bleiben nach wie vor möglich.

Wer die Voraussetzungen nach diesem Absatz erfüllt und Schmelzprodukte, die mit keinen oder nicht mit allen Angaben nach Absatz 1 versehen sind, einführt oder aus einem Zolllager auslagert, macht sich nicht strafbar nach Artikel 49a. Dieses Handeln ist gesetzlich erlaubt (vgl. die Erläuterungen zu Art. 49a, unten).

Abs. 3 Absatz 3 sieht eine Delegation an den Bundesrat vor, um das Inverkehrbringen und das Einführen von Bankedelmetallen im Verhältnis zu den Anforderungen nach Absatz 1 zu erleichtern. Bankedelmetalle, insbesondere Goldbarren, werden als
Finanzinstrumente weltweit gehandelt. Die grossen Handelsplätze für Edelmetalle wie beispielsweise London schreiben für handelbare Edelmetalle Mindestfeingehalt, Form, Gewicht und Bezeichnung vor. Zugelassene beziehungsweise akkreditierte Produzenten von Bankedelmetallen unterliegen ähnlichen Sorgfaltspflichten wie Schweizer Handelsprüfer. Für den Schweizer Finanzplatz ist es wichtig, die von den Finanzplätzen harmonisierten Standards zu übernehmen, damit Bankedelmetalle ohne zusätzliche schweizerische Einschränkungen gehandelt werden können. Erfasst wird auch 364 / 436

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Bankedelmetall, das in der Schweiz gelagert wird (bei Banken, in Schliessfächern und in privaten Tresoren) und Artikel 34a noch nicht in jedem Fall erfüllt. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um Bankedelmetall, welches seit Jahrzehnten in der Schweiz gelagert wird (sogenannte «Grandfathered Stocks»).

Art. 34b

Kontrolle und Massnahmen bei der Einfuhr und Auslagerung

Das Verfahren der Kontrolle von eingeführten oder ausgelagerten Schmelzprodukten und der Anordnung von Massnahmen soll gleich erfolgen wie bei den Edelmetall-, Mehrmettal-, Plaqué- und Ersatzwaren. Es wird somit auf die entsprechenden Bestimmungen verwiesen.

Art. 36 Abs. 1 Im geltenden Recht ist das Zentralamt lediglich Überwachungsbehörde. Gemäss der Empfehlung 4 der EFK (Bericht EFK 19476) soll die Rolle des Zentralamtes bei der Überwachung gestärkt werden. Dies erfolgt dadurch, dass es im Unterschied zum Vernehmlassungsentwurf neu als Aufsichtsbehörde definiert wird, die den Verkehr mit Edelmetallen und Edelmetallwaren nach dem EMKG und nach dem GwG beaufsichtigt.

Art. 36bis

Datenbearbeitung

Abs. 1 Für die Datenbearbeitung, die das BAZG, das Zentralamt und die eidgenössischen Kontrollämter im Rahmen ihrer Aufgaben vornehmen, braucht es eine gesetzliche Grundlage. Diese wird hier geschaffen durch Verweis auf die Regelung im 8. Titel des E-BAZG-VG.

Mit dem E-BAZG-VG wird ein einziges Informationssystem für die gesamte Datenbearbeitung des BAZG abgebildet. Da das Zentralamt und die eidgenössischen Kontrollämter dem BAZG angegliedert sind, werden die Daten, die sie bearbeiten, in dieses Informationssystem einfliessen. Der 8. Titel des E-BAZG-VG enthält die Bestimmungen zum Informationssystem und zur Datenbearbeitung des BAZG. Der Verweis auf den 8. Titel des E-BAZG-VG erweist sich daher als zweckdienlich, um einen einheitlichen Rahmen für die Datenbearbeitung durch das BAZG, das Zentralamt und die eidgenössischen Kontrollämter zu gewährleisten.

Abs. 2 Die Datenbearbeitung durch kantonale Kontrollämter (heute gibt es nur das kantonale Kontrollamt in La Chaux-de-Fonds) soll sich grundsätzlich nicht nach dem E-BAZGVG, sondern nach dem jeweils anwendbaren kantonalen Recht richten. Falls allerdings die kantonalen Kontrollämter ein elektronisches Verfahren vorschreiben und mit dem Bund nach Artikel 42quinquies vereinbaren, dieses über das Informationssystem des BAZG zu führen, dann gilt ebenfalls der 8. Titel des E-BAZG-VG, damit einheitliche Datenbearbeitungsregeln zur Anwendung kommen.

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Art. 38 Abs. 3 Die Bestimmung wurde redaktionell angepasst.

Art. 38a

Gewerbliche Leistungen

Im EMKG fehlt eine rechtliche Grundlage für gewerbliche Leistungen gemäss Artikel 41 und 41a FHG. Bei den gewerblichen Leistungen handelt es sich um Leistungen, die mit den Hauptaufgaben der Edelmetallkontrolle in einem engen Zusammenhang stehen und die keine zusätzlichen sachlichen und personellen Mittel erfordern. Darunter fallen beispielsweise die Expertisen von Edelmetallwaren (Echtheitsbestimmungen von Edelmetallwaren inkl. die Überprüfung der angebrachten Zeichen, insbesondere der amtlichen, jedoch ohne Wertbestimmung), das Prüfen von Fundgegenständen, zum Beispiel der SBB, und gegebenenfalls der Nachbezeichnungen dieser vor dem Weiterverkauf sowie Laborleistungen im Bereich chemischer Analysen von Edelmetallen. Mit der neuen Bestimmung wird die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen. Absatz 1 legt die Voraussetzungen fest, wann das Zentralamt und die eidgenössischen Kontrollämter solche Leistungen erbringen dürfen. Die Voraussetzungen in den Buchstaben a­d lehnen sich an Artikel 41a Absatz 2 und 3 FHG an. Ähnliche Bestimmungen wie die vorliegende finden sich etwa in Artikel 177b des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 1998299 (LwG) und in Artikel 148i des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995300 (MG).

Absatz 2 präzisiert zudem in Anlehnung an Artikel 41a Absatz 3 FHG, dass diese gewerblichen Leistungen zu mindestens kostendeckenden Preisen zu erbringen sind.

Art. 39

Amtliche beeidigte Edelmetallprüfer / a. Diplom

Abs. 1 Die amtliche Prüfung von Edelmetall- und Mehrmetallwaren erfolgt heute zu einem grossen Teil aus vorgängig geprüftem (zertifiziertem) Ausgangsmaterial gemäss Artikel 97 EMKV, wodurch bei der Prüfung der Fertigwaren weniger chemische Analysen notwendig sind. Als Folge wurden die Prüflabore der Edelmetallkontrollämter des BAZG zentralisiert. Damit sank die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über Laborkompetenzen verfügen müssen, und es ist nicht mehr nötig, für die mit der amtlichen Prüfung verantwortlichen Personen ein Edelmetallprüferdiplom zu verlangen. Die mit der Analyse von Schmelzprodukten betrauten Handelsprüfer sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Edelmetalllabore und des kantonalen Labors in La Chaux-de-Fonds müssen jedoch weiterhin im Besitz eines Prüferdiploms sein. Am Eid beziehungsweise dem Gelübde für Edelmetallprüferinnen oder -prüfer wird festgehalten. Dies entspricht auch dem Wunsch der Branche.

299 300

SR 910.1 SR 510.10

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Abs. 2 Heute werden die Voraussetzungen für den Erwerb des eidgenössischen Diploms durch den Bundesrat bestimmt. Insbesondere regelt der Bundesrat in Artikel 21 EMKV die fachlichen und persönlichen Anforderungen an den Erwerb des eidgenössischen Diploms. Allerdings ist durch Artikel 21 Absatz 3 EMKV das EFD für das Ausbildungsreglement der beeidigten Edelmetallprüfer zuständig. Letzteres ist angesichts des benötigten Fachwissens weder zeitgemäss noch stufengerecht, weshalb eine Delegation an das BAZG angestrebt wird. Bereits heute legt das Zentralamt den Lehrplan und die Programme der zentralen Kurse und der Prüfungen fest (vgl. Art. 21 Abs.

4 EMKV). Das BAZG soll daher künftig die Zulassungsbedingungen für die Ausbildung der Edelmetallprüferinnen und -prüfer und die Prüfungsanforderungen regeln sowie Vorschriften über den Inhalt und die Dauer der Ausbildung und über die zentralen Kurse erlassen.

Art. 42quater

Von Bundesbehörden geführte Verfahren

Im Zuge der Digitalisierung schafft das BAZG flächendeckend elektronische Verfahren. Schriftliche Verfahren werden nach Artikel 75 E-BAZG-VG künftig elektronisch geführt. Da die Edelmetallkontrolle sich ohnehin an das Informationssystem des BAZG anschliesst, soll auch für Verfahren nach dem Edelmetallkontrollgesetz ein elektronisches Verfahren gelten.

Art. 42quinquies Von kantonalen Kontrollämtern geführte Verfahren Abs. 1 Grundsätzlich regeln die Kantone das von den kantonalen Kontrollämtern geführte Verfahren. Wenn sie ein elektronisches Verfahren einführen wollen, wird ihnen mit Absatz 1 die Möglichkeit eingeräumt, sich dem Informationssystem des BAZG anzuschliessen. So können sich die Kantone an das vom Zentralamt und von den eidgenössischen Kontrollämtern geführte Verfahren anlehnen. Machen die Kantone von der erwähnten Möglichkeit Gebrauch, dann richtet sich das Verfahrensrecht nach dem 1. Kapitel des 5. Titels des E-BAZG-VG, um einen einheitlichen Rahmen zu gewährleisten. Diese Vereinheitlichung dient sowohl der Wirtschaft als auch den Kantonen.

Bezüglich Datenbearbeitung wird auf die Erläuterungen zu Artikel 36bis Absatz 2 Satz 2 verwiesen.

Abs. 2 Die Modalitäten eines allfälligen Anschlusses an das Informationssystem des BAZG sind in einer verwaltungsrechtlichen Vereinbarung zu regeln. Das betrifft unter anderem die Kosten für die Nutzung des Informationssystems.

Art. 43

Rechtsschutz

Abs. 1 Der bisherige Absatz 1 von Artikel 43 sieht vor, dass Verfügungen der Kontrollämter und der Handelsprüfer mit Beschwerde beim Zentralamt angefochten werden können.

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Handelsprüfer können indessen keine Verfügungen erlassen. Deshalb werden sie in Absatz 1 gelöscht. Demgegenüber wird präzisiert, dass sowohl Verfügungen der kantonalen wie auch der eidgenössischen Kontrollämter mit Beschwerde an das Zentralamt angefochten werden können.

Abs. 2 Im neuen Absatz 2 wird ausdrücklich präzisiert, was bereits seit der Totalrevision der Bundesrechtspflege301 gilt: Verfügungen und Beschwerdeentscheide des Zentralamts können nach dem VwVG angefochten werden.

Abs. 3 Der neue Absatz 3 sieht vor, dass Verfügungen, die das BAZG gemäss Artikel 22a ff.

EMKG erlässt, auf dem für das BAZG üblichen Beschwerdeweg nach dem 2. Kapitel des 5. Titels des E-BAZG-VG angefochten werden können.

Vorbemerkungen zu den Art. 44­56 Diese Strafbestimmungen wurden seit der Entstehung des EMKG nur punktuell angepasst. Sie entsprechen denn auch nicht mehr dem heutigen Stand der Rechtsetzung.

Mit der Botschaft vom 25. April 2018 zur Harmonisierung der Strafrahmen und zur Anpassung des Nebenstrafrechts302 beantragte der Bundesrat die Anpassung diverser Strafbestimmungen an das Sanktionensystem des StGB. Die vorgeschlagenen Anpassungen betreffen unter anderem die Strafbestimmungen des EMKG und wurden mittlerweile vom Parlament am 17. Dezember 2021 verabschiedet303. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens ist noch nicht festgelegt. Der vorliegende Entwurf basiert auf den verabschiedeten Bestimmungen und passt diese teilweise an, davon ausgehend, dass die verabschiedete Vorlage früher in Kraft treten wird als die vorliegenden Änderungen.

Im Falle einer späteren Inkraftsetzung müssten die vorliegenden Änderungen mit einer Koordinationsbestimmung ergänzt werden. Diese Bestimmung würde im Ergebnis sicherstellen, dass der Wortlaut der vorliegenden Änderungen umgesetzt wird.

Demgegenüber beruhen die Strafbestimmungen von Artikel 56a und 56e auf einer weiteren vom Parlament verabschiedeten Gesetzesvorlage, die im Zusammenhang mit einer GwG-Revision steht und bereits am 1. Januar 2023 in Kraft tritt (vgl. die Vorbemerkungen zu den Art. 56a und 56e, unten).

Art. 44

1. Widerhandlungen / a. Täuschung

Die Anpassungen in Artikel 44 beruhen grundsätzlich auf dem Wortlaut der Revision vom 17. Dezember 2021 über die Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht (vgl. die Vorbemerkungen zu Art. 44-56)304.

301 302 303 304

BBl 2001 4202, hier 4468.

BBl 2018 2827, hier 3009.

BBl 2021 2996, hier 7.

BBl 2021 2996, hier 7.

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Abs. 1 Für die bisher verwendeten Begriffe «feilbieten» und «verkaufen» wird neu «in Verkehr bringen» verwendet. Der Begriff ist umfassend zu verstehen. Hingegen deckt er nicht die Einfuhr ab. Diese wird denn auch separat als Tathandlung aufgeführt, genauso wie die Ausfuhr und die Durchfuhr, welche im Vergleich zum Vernehmlassungsentwurf hinzugefügt worden sind. Dasselbe gilt für die Auslagerung aus einem Zolllager.

Abs. 2 Nach bisheriger Fassung unterscheidet sich die Strafdrohung des qualifizierten Tatbestandes der Gewerbsmässigkeit kaum vom Grundtatbestand nach Absatz 1. Die Strafdrohung soll deshalb auf 5 Jahre oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen erhöht werden; damit geht es um ein Verbrechen.

Abs. 3 Bei Fahrlässigkeit ist wie bisher Busse bis 50 000 Franken angedroht, und es liegt eine Übertretung vor. Die bisherige Präzisierung zum entschuldbaren Irrtum wird gestrichen, da die Fahrlässigkeit nach den Vorschriften des StGB zu beurteilen ist.

Art. 45 Abs. 1 und 2 Die Anpassungen in Artikel 45 beruhen grundsätzlich auf dem Wortlaut der Revision vom 17. Dezember 2021 über die Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht (vgl. die Vorbemerkungen zu Art. 44­56)305.

Die Bestrafung der fahrlässigen Fälschung und Verfälschung von Stempeln ist nicht mehr vorgesehen. Absatz 2 kann daher aufgehoben werden.

Art. 46

1. Widerhandlungen / c. Missbrauch von Stempeln

Die Anpassungen in Artikel 46 beruhen grundsätzlich auf dem Wortlaut der Revision vom 17. Dezember 2021 über die Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht (vgl. die Vorbemerkungen zu Art. 44­56)306.

Die Bestrafung der fahrlässigen Fälschung und Verfälschung von Stempeln ist nicht mehr vorgesehen. Absatz 2 kann daher aufgehoben werden.

Art. 47 Sachüberschrift und Abs. 1 Die Anpassungen in Artikel 47 beruhen grundsätzlich auf dem Wortlaut der Revision vom 17. Dezember 2021 über die Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht (vgl. die Vorbemerkungen zu Art. 44­56)307.

Die Sachüberschrift wird rein redaktionell geändert.

305 306 307

BBl 2021 2996, hier 7.

BBl 2021 2996, hier 7.

BBl 2021 2996, hier 7.

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Die bisher in Absatz 1 enthaltenen Tatbestände in Zusammenhang mit Schmelzprodukten werden neu in Artikel 49a EMKG geregelt. Im Vergleich zum Vernehmlassungsentwurf wird der Tatbestand auf ein-, aus- oder durchgeführte Edelmetallwaren, Mehrmetallwaren, Plaquéwaren oder Schmelzprodukte sowie auf deren Auslagerung aus einem Zolllager erweitert. Ansonsten bleibt der Inhalt der Bestimmung unverändert.

Art. 48

1. Widerhandlungen / e. Handlungen ohne Bewilligung, Nichteinhaltung der Sorgfalts- und Dokumentationspflichten sowie der Registrierungspflicht

Im Unterschied zum Vernehmlassungsentwurf wird die Fassung, die gemäss revGwG308 verabschiedet worden ist, berücksichtigt und entsprechend angepasst. In einem neuen Absatz 1 wird festgehalten, dass Vorsätzliches strafbar ist, und es wird das Handeln ohne Ankaufsbewilligung hinzugefügt. Die Strafandrohung wird weiter auf Busse bis 50 000 Franken erhöht. Im neuen Absatz 2 wird ein solches fahrlässiges Handeln mit Busse bis 30 000 Franken bestraft.

Im neuen Absatz 3 wird die Nichteinhaltung der Sorgfalts- und Dokumentationspflichten nach Artikel 31a Absatz 1 oder der Registrierungspflicht nach Artikel 31a Absatz 2 geregelt. Diese Pflichten werden im Rahmen der erwähnten GwG-Revision eingefügt.

Art. 49

1. Widerhandlungen / f. Widerhandlungen beim Hausieren

Es wird festgehalten, dass bei der Widerhandlung gegen das Hausierverbot sowohl vorsätzliches als auch fahrlässiges Handeln strafbar ist. Zudem wird die Tatbestandsvariante für Widerhandlungen beim Erwerb von Schmelzgut, die aufgrund einer Gesetzesrevision von 2008 obsolet geworden ist, aufgehoben.

Art. 49a

1. Widerhandlungen / g. Verkehr mit und Einfuhr von Schmelzprodukten ohne Bezeichnung

Mit dieser neuen Strafbestimmung wird eine Lücke im bisherigen Recht geschlossen.

Die Lückenschliessung steht im Zusammenhang mit dem neuen Artikel 34a EMKG, der für die Einfuhr, die Auslagerung aus einem Zolllager und für das Inverkehrbringen von Schmelzprodukten vorschreibt, dass diese Produkte mit bestimmten Angaben versehen sein müssen.

In der Sache schützt die vorliegende Bestimmung den Verkehr vor Schmelzprodukten, bei denen die vorgeschriebenen Angaben ganz oder teilweise fehlen.

Gesetzlich erlaubt ist jedoch, dass die Handelsprüfer Schmelzprodukte, die mit keinen oder nicht mit allen Angaben nach Artikel 34a Absatz 1 versehen sind, einführen oder aus einem Zolllager auslagern, wenn sie über eine Schmelzbewilligung nach Artikel 24 und über eine Bewilligung nach Artikel 42bis zum gewerbsmässigen Handel mit Bankedelmetallen verfügen. Ihr gesetzlich erlaubtes Handeln ist selbstverständ-

308

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lich nicht strafbar (Art. 14 StGB). Wenn der Bundesrat gestützt auf Artikel 34a Absatz 3 für die Angaben auf den Schmelzprodukten Erleichterungen gewährt, entfällt die Strafbarkeit ebenfalls.

Neuerungen im Vergleich zum bisherigen Recht Das Inverkehrbringen von Schmelzprodukten, auf denen die Feingehaltsangabe oder der Abdruck eines amtlichen Stempels entfernt worden ist und daher fehlt, ist heute bereits nach Artikel 47 Absatz 1 strafbar.

Im Vergleich zum bisherigen Recht werden in Artikel 49a neu die Einfuhr von Schmelzprodukten, bei denen die Angaben nach Artikel 34a fehlen, und deren Auslagerung aus einem Zolllager für strafbar erklärt. Aus Artikel 47 in Artikel 49a übernommen wird das Inverkehrbringen von Schmelzprodukten ohne Angabe des Feingehaltes oder ohne Schmelzer- oder Prüferzeichen.

Abgrenzung von Art. 49a und Art. 56a Artikel 49a Absatz 1 hat Bezugspunkte zu Artikel 56a, der mit der Änderung des Geldwäschereigesetzes vom 19. März 2021 (GwG) eingeführt wurde (vgl. Vorbemerkung zu den Art. 56a und 56e), unterscheidet sich davon aber in verschiedener Hinsicht. Die Unterschiede betreffen namentlich das Tatobjekt, die Tathandlung und das geschützte Rechtsgut.

Artikel 49a schützt den Verkehr vor Schmelzprodukten, bei denen die vorgeschriebenen Angaben ganz oder teilweise fehlen. Solche Schmelzprodukte sind oft illegaler Herkunft und schaden dem Schweizer Markt. Im weiteren Sinne schützt Artikel 49a den vertrauenswürdigen Verkehr mit Edelmetallen309.

Die Artikel 56a ff. demgegenüber beruhen auf den Strafbestimmungen des FINMAG310. Artikel 56a entspricht Artikel 44 FINMAG. Im Unterschied zu Artikel 49a schützt Artikel 56a daher wie Artikel 44 FINMAG311 die Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes. Bei Artikel 56a ist das Fehlen einer Bewilligung für den Handel mit Bankedelmetallen im Vordergrund, und bei Artikel 49a das Inverkehrbringen, Einführen oder Auslagern von Schmelzprodukten mit fehlenden Angaben. Dementsprechend bestehen zu diesen unterschiedlichen Strafbestimmungen ebenfalls unterschiedliche Zuständigkeiten für die Strafverfolgung. Die Zuständigkeit für Artikel 49a liegt beim BAZG (vgl. Art. 56 Abs. 1), während die Zuständigkeit für Artikel 56a beim EFD liegt (vgl. Art. 56g Abs. 1).

Vom Tatobjekt her erfasst Artikel 49a Absatz 1 sämtliche Schmelzprodukte im Sinne des EMKG, bei denen die Angaben nach Artikel 34a Absatz 1 fehlen, Artikel 56a hingegen nur Bankedelmetalle, also diejenigen Schmelzprodukte, die für den Handel

309

Vgl. Botschaft vom 8. Juni 1931 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Kontrolle des Verkehrs mit Edelmetall und Edelmetallwaren, BBl 1931 I 888, hier 901.

310 Vgl. die Botschaft zur GwG-Revision, BBl 2019 5451, hier 5540.

311 Vgl. etwa Jositsch/von Rotz, Das Finanzmarktstrafrecht der Schweiz ­ Status quo unter Einbezug der neusten Gesetzesänderungen, des internationalen Einflusses sowie der anstehenden Neuerungen, SZW 2016 593.

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zwischen Banken bestimmt sind (Art. 34a Abs. 3 Satz 2). Ob Angaben nach Artikel 34a Absatz 1 fehlen oder nicht, spielt für die Strafbarkeit nach Artikel 56a keine Rolle.

Artikel 49a Absatz 1 stellt als Tathandlung insbesondere das Inverkehrbringen, das Einführen oder das Auslagern der erwähnten Schmelzprodukte unter Strafe, ohne ein gewerbsmässiges Vorgehen zu verlangen. Demgegenüber stellt Artikel 56a eine Tätigkeit ohne Bewilligung unter Strafe, nämlich den Handel mit Bankedelmetallen ohne Bewilligung nach Artikel 42bis, wobei die Bewilligung nach Artikel 42bis Absatz 1 nur für den gewerbsmässigen Handel mit Bankedelmetallen erforderlich ist.

In der Praxis werden sich nur ausnahmsweise Abgrenzungsfragen stellen, so beispielsweise wenn ein Ankäufer, der keine Bewilligung nach Artikel 42bis besitzt, gewerbsmässig Schmelzgut aus Gold kauft. Das Gold wird in Barren verarbeitet und auf 999.9 Tausendstel raffiniert, womit das Schmelzprodukt als Bankedelmetall gilt (vgl.

Art. 178 Abs. 2 EMKV). Anschliessend verkauft der Ankäufer die Barren, die aber nicht alle Angaben nach Artikel 34a Absatz 1 aufweisen, gewerbsmässig. Mit dem gewerbsmässigen Kauf des Schmelzgutes und dem gewerbsmässigen Verkauf des hergestellten Bankedelmetalles liegt ein bewilligungsloser Handel mit Bankedelmetallen vor, der nach Artikel 56a strafbar ist. Handelt der Ankäufer hingegen nicht gewerbsmässig oder nur mit Schmelzprodukten anstatt mit Bankedelmetallen, dann liegt ein rechtswidriges Inverkehrbringen nach Artikel 49a Absatz 1 vor.

Bei der Einfuhr von Schmelzprodukten mit fehlenden Angaben oder deren Auslagerung aus einem Zolllager erfolgt die Abgrenzung genau gleich. Dies zeigt folgendes Beispiel. Ein Ankäufer, der keine Bewilligung nach Artikel 42bis besitzt, kauft gewerbsmässig Gold im Ausland. Das Gold wird im Ausland zu Bankedelmetall auf 995 Tausendstel raffiniert (vgl. Art. 178 Abs. 2 EMKV) und in die Schweiz eingeführt, ohne alle Angaben nach Artikel 34a Absatz 1 aufzuweisen, und es wird anschliessend gewerbsmässig verkauft. Da der Ankäufer gewerbsmässig handelt, die Bewilligung nach Artikel 42bis jedoch nicht besitzt, und es um Bankedelmetall geht, liegt eine Strafbarkeit nach Artikel 56a vor. Handelt der Ankäufer hingegen nicht gewerbsmässig oder mit Schmelzprodukten anstatt mit Bankedelmetallen, dann ist er nach Artikel 49a strafbar.

Art. 49b

1. Widerhandlungen / h. Verletzung von Sorgfaltspflichten

Diese neue Strafbestimmung dient der Umsetzung der Empfehlung 3 der EFK (Bericht EFK 19476) und entspricht einer im Rahmen der Vernehmlassung eingebrachten Forderung der Branche, wonach für die Nichteinhaltung von Sorgfaltspflichten durch Inhaber einer Schmelzbewilligung eine explizite Strafnorm vorzusehen sei.

Diese Verpflichtungen werden in Artikel 31 Absatz 2 erwähnt und auf Verordnungsstufe konkretisiert. Die Verletzung von Sorgfaltspflichten durch Inhaber einer Schmelzbewilligung oder Handelsprüfer wird nach geltendem Recht nur als Ordnungswidrigkeit gemäss Artikel 55 EMKG bestraft.

Vorliegend besteht ein spezielles Bedürfnis für die Androhung einer hohen Busse, um zu zeigen, dass im Bereich der Einhaltung der Sorgfaltspflichten ein Umdenken stattgefunden hat und dies heute als sehr wichtig erachtet wird. Da die Sorgfaltspflichten im EMKG weit gefasst werden und im Edelmetallhandel ein erhöhtes Risiko von Wi-

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derhandlungen besteht, wird die Busse bei Vorsatz auf 250 000 Franken und bei Fahrlässigkeit auf 50 000 Franken festgesetzt. Diese insbesondere im Vergleich mit Artikel 48 revEMKG312 hohe Busse rechtfertigt sich dadurch, dass Artikel 48 revEMKG Ankäufer betrifft, deren Umsatz eher bescheiden ist, während Artikel 49b die Sorgfaltspflichten von Raffinerien betrifft, die Milliardenbeträge umsetzen. Im Vergleich zu Artikel 49a ist der Anwendungsbereich hingegen auf die Einhaltung von Sorgfaltspflichten beschränkt, weshalb sich die unterschiedliche Strafzumessung rechtfertigt.

Beim Zusammentreffen von Artikel 49a und Artikel 49b kommen die allgemeinen Konkurrenzregeln zur Anwendung.

Art. 50 und 51 Der Straftatbestand der unerlaubten Wiedergabe von Waren (Art. 50 EMKG) ist nicht mehr zeitgemäss und daher aufzuheben. Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben sind bereits im VStrR geregelt, sodass Artikel 51 ebenfalls aufgehoben werden kann.

Art. 52 Sachüberschrift, Abs. 2 In Absatz 2 wird anstelle des Gerichts, das die Einziehung verfügen darf, die Strafverfolgungsbehörde eingesetzt. Ferner wird der zweite Satz, der vorsieht, dass die eingezogenen Waren, die der Begehung einer Widerhandlung dienten, zu zerstören sind, aufgehoben.

Art. 53 und 54 Diese beiden prozessrechtlichen Bestimmungen entsprechen nicht mehr dem aktuellen Stand der Rechtsetzung und sind daher aufzuheben.

Art. 55

3. Ordnungswidrigkeiten

Artikel 55 regelt die Ordnungswidrigkeiten. Er geht als Lex specialis den Artikeln 114 und Artikel 207 E-BAZG-VG vor.

Die bisherige Bestimmung kommt einer «Blankettstrafnorm» gleich und vermag daher dem Legalitätsprinzip nicht mehr zu genügen. Neu wird der Bundesrat mittels Ausführungsvorschriften das strafbare Verhalten nach Absatz 1 definieren Der Bussenrahmen wird von bisher 2000 Franken auf 5000 Franken erhöht. Neu wird zudem in Anlehnung an Artikel 207 E-BAZG-VG «fahrlässig» durch «bewusst fahrlässig» ersetzt.

Mit Absatz 2 gilt der Verstoss gegen eine Verfügung, in der ein Hinweis auf die Strafdrohung dieser Bestimmung enthalten ist, weiterhin als Ordnungswidrigkeit. Der Bussenrahmen bleibt 2000 Franken.

Die Ordnungswidrigkeiten nach Artikel 55 haben einen anderen Gegenstand als diejenigen nach Artikel 56e. Artikel 56e betrifft nur Verfügungen, die das Zentralamt

312

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neu als Aufsichtsbehörde im Rahmen des Handels mit Bankedelmetallen nach Artikel 42bis und 42ter erlässt. Die Abänderung von Artikel 42bis und die Einführung von Artikel 42ter erfolgten im Rahmen der Änderung des Geldwäschereigesetzes (vgl.

dazu die Vorbemerkung zu den Art. 56a und 56e, unten); sie sind Teil der Massnahmen der Schweiz zur Bekämpfung der Geldwäscherei. Artikel 55 hingegen betrifft Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Verfügungen, die rein gestützt auf die Edelmetallkontrollgesetzgebung ergehen und vom Zentralamt oder von eidgenössischen Kontrollämtern erlassen werden. Zudem ist die verfolgende und urteilende Behörde im Falle von Artikel 55 das BAZG (vgl. Art. 56 Abs. 1) und bei Artikel 56e das EFD (vgl. Art. 56g Abs. 1).

Art. 56

4. Zuständigkeit und Meldepflicht

Abs. 1 und 2 Der Randtitel wird mit der Meldepflicht von Absatz 2 ergänzt.

Verfolgende und urteilende Behörde im Falle von Widerhandlungen gegen das EMKG ist neu statt der kantonalen Behörden das BAZG (vgl. dazu den bisherigen Art. 54 Abs. 3 EMKG, der aufgehoben wird). Dieser Wechsel rechtfertigt sich, weil für die Erhebung des den Widerhandlungen zugrundeliegenden Sachverhaltes Spezialwissen über die Edelmetallkontrolle erforderlich ist, über die nur die in der Sache zuständige Verwaltung verfügt. Zudem kann dadurch eine einheitliche Rechtsprechung gewährleistet werden.

Nach Artikel 193 E-BAZG-VG finden die Regeln des 10. Titels des E-BAZG-VG immer dann Anwendung, wenn das BAZG durch einen abgaberechtlichen oder durch einen nichtabgaberechtlichen Erlass als zuständige Strafverfolgungsbehörde definiert wird. Dass Artikel 56 EMKG für die Strafverfolgung auf das E-BAZG-VG und das VStrR verweist, ist aufgrund Artikel 193 E-BAZG-VG und der entsprechenden Regel im VStrR (Art. 1 VStrR) somit rein deklaratorisch.

Der Wechsel des anwendbaren Prozessrechts und der Zuständigkeit hat redaktionelle Anpassungen bei der Anzeigepflicht zur Folge.

Vorbemerkungen zu den Art. 56a und 56e Mit Beschluss der Bundesversammlung vom 19. März 2021313 ist eine Änderung des Geldwäschereigesetzes beschlossen worden, die sich ebenfalls auf das EMKG auswirkt. Vor diesem Beschluss waren die Handelsprüfer, die mit Bankedelmetallen handeln, der Aufsicht der FINMA unterstellt314. Mit dem geplanten Inkrafttreten der Änderung des Geldwäschereigesetzes am 1. Januar 2023 wird das Zentralamt anstelle der FINMA zu einer Geldwäschereiaufsichtsbehörde, mit den gleichen Aufsichtsinstrumenten.

Soweit es um die Strafbestimmungen geht, basiert der vorliegende Entwurf auf der erwähnten Änderung des Geldwäschereigesetzes. Die Strafbestimmungen werden inhaltlich nicht geändert, aber formell leicht angepasst.

313 314

Vgl. BBl 2021 668.

Vgl. Artikel 42bis in der Fassung vom 1. Januar 2020.

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Randtitel zu Art. 56a

5. Widerhandlungen im Handel mit Bankedelmetallen / a. Tätigkeit ohne Bewilligung

Infolge Aufhebung der Artikel 51, 53 und 54 erfolgt eine Neunummerierung im Randtitel der Bestimmung.

Art. 56e Die Abänderung von Artikel 55 Absatz 2 erfordert eine Präzisierung im Text von Artikel 56e, um beide Bestimmungen abzugrenzen. Es handelt sich hierbei um eine rein redaktionelle Anpassung. Inhaltlich soll weiterhin sichergestellt bleiben, dass alle Akteure, die im Finanzbereich tätig und einer entsprechenden Aufsicht unterstellt sind, bei Widerhandlungen im Rahmen dieser Aufsicht gleichbehandelt werden315.

Schlussbestimmungen zur Änderung vom ...316 Mit diesen Schlussbestimmungen werden verschiedene Übergangsregelungen eingefügt. Sie betreffen die Eintragungsdauer für Verantwortlichkeitsmarken, die bei Inkrafttreten dieser Vorlage eingetragen sind, die Auslagerung oder das Inverkehrbringen bereits eingeführter Schmelzprodukte, auf denen Angaben fehlen, und die Zuständigkeit zur Weiterführung hängiger Strafverfahren.

Absatz 1 stellt sicher, dass für Verantwortlichkeitsmarken, die beim Inkrafttreten dieser Vorlage bereits eingetragen sind, die bisherige längere Eintragungsdauer (vgl. die Erläuterungen zu Art. 12 Abs. 1bis, oben) weiter gilt. Für die Verlängerung gilt hingegen das neue Recht. Gesuche um Eintragung einer neuen Verantwortlichkeitsmarke, die beim Inkrafttreten dieser Vorlage hängig sind, werden nach neuem Recht beurteilt.

Absatz 2 stellt sicher, dass Schmelzprodukte, die vor Inkrafttreten eingeführt worden sind, aber nicht mit den Angaben nach Artikel 34a versehen sind, während zwei Jahren ohne Anpassungen aus einem Zolllager ausgelagert oder in Verkehr gebracht werden dürfen, sofern sie mit den nach bisherigem Recht vorgeschriebenen Angaben versehen sind. Danach müssen sämtliche Schmelzprodukte, die aus einem Zolllager ausgelagert oder in Verkehr gebracht werden, mit den nach Artikel 34a erforderlichen Angaben versehen sein. Für die Einfuhr gilt Artikel 34a sofort ab Inkrafttreten.

Mit Absatz 3 werden die bisherigen Zuständigkeiten für hängige Strafverfahren beibehalten. Wo bisher die Kantone zuständig waren, neu aber das BAZG zuständig ist, bleibt die anfängliche Zuständigkeit der Kantone erhalten.

315

Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 26. Juni 2019 zur Änderung des Geldwäschereigesetzes, BBl 2019 5451, hier 5540.

316 SR ...

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53. Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 1985317 (PüG) Art. 13 Abs. 2bis Diese Norm wurde in Umsetzung der Motion Leutenegger Oberholzer vom 10. Dezember 2009 (09.4209 «Handelshemmnisse im grenzüberschreitenden Online-Handel reduzieren») geschaffen und stellt die Ergänzung zu Artikel 37 E-BAZG-VG dar. Referenzpunkte der dabei konkret erhobenen Kosten sind diejenigen, die bei einer effizient erbrachten vereinfachten Warenanmeldung anfallen würden. Die für die vereinfachte Warenanmeldung geltenden Voraussetzungen werden in die neue Verordnung aufgenommen werden und sich nach den Parametern vom geltenden Artikel 105a ZV richten.

Das Bundesverwaltungsgericht äusserte in den Urteilen A-1123/2019 und A-1070/2019 vom 14. August 2020 Bedenken in Bezug auf die Verhältnismässigkeit, weil dem Spediteur hohe Kosten entstanden wären. Dies wird mit der vorgesehenen Regelung verhindert, da sie dem Spediteur kein bestimmtes Warenanmeldeverfahren auferlegt.

Die geforderte Dienstleistung soll mit so wenig Ressourcen wie nötig und so vielen wie erforderlich erbracht werden (Best Practice oder Benchmark; es wird auf tatsächlich im Markt tätige Unternehmen zurückgegriffen, die zeigen, welche Kosten unter effizienter Dienstleistungserbringung tatsächlich entstehen). Währendem die wichtigsten KEP-Dienstleister (Kurier-, Express- und Paketdienst) bereits heute die vereinfachte Warenanmeldung praktizieren und den Adressaten der Ware entsprechend verhältnismässige Preise im Sinne der Motionärin für die Warenanmeldung in Rechnung stellen, ist dies nicht bei allen Zolldienstleistern der Fall. Diese haben ihr Geschäftsmodell auf Waren ausgelegt, welche die Voraussetzungen für eine vereinfachte Warenanmeldung in der Regel nicht erfüllen, insbesondere, weil sie zu schwer oder zu teuer sind. Eine ordentliche Warenanmeldung wird zudem von vielen ihrer Geschäftskunden erwartet. Gelangt nun aber Ware in diesen Kanal, welche vereinfacht, und damit grundsätzlich, das heisst bei effizienter Erbringung günstiger, dem Zoll angemeldet werden könnte, wenden sie oftmals die ordentliche Warenanmeldung und nicht die vereinfachte an.

Die Massnahme kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Preis gemäss den Kriterien von Artikel 13 Absatz 1 PüG überhöht ist. Die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich fehlender Geeignetheit der
Massnahme können insofern ausgeräumt werden, weil die Konsumentenpreise damit zwingend gesenkt werden. Damit werden auch die Regeln der Wettbewerbsgesetzgebung eingehalten: Das PüG richtet sich am wirksamen Wettbewerb und somit an den tatsächlich entstandenen Kosten einer effizienten Produktion beziehungsweise Dienstleistungserbringung aus. Auch heute verrechnen trotz der angenommenen Motion Leutenegger Oberholzer insbesondere Spediteure oft immer noch Preise von deutlich mehr als 100 Franken für die Warenanmeldung einer Kleinsendung. Im wirksamen Wettbewerb wäre ihnen dies verwehrt: Die Adressaten würden die Warenanmeldung einem Unternehmen überlassen, welche dies günstiger erledigt. Unternehmen, die solche Warenanmeldungen (deutlich) günstiger erledigen, gibt es denn tatsächlich auch auf dem Markt. Im wirksamen Wettbewerb wären diese Datenverantwortlichen somit gezwungen, entweder ihre 317

SR 942.20

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Preise zu senken, oder sie hätten keine Aufträge mehr zur Verzollung von Kleinsendungen. Die vorliegende Regelung vollzieht folglich, was im Normalfall, das heisst unter normalen Bedingungen, der Wettbewerb leisten würde: Der Preisüberwacher wird gemäss Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a tatsächlich am Markt tätige Unternehmen als Best Practice beziehungsweise Benchmark heranziehen, um überhöhte Preise im Sinne der Motion Leutenegger Oberholzer zu senken. Dabei bleibt immer gewährleistet, dass der Datenverantwortliche einen Preis erhält, der im Prinzip kostendeckend ist. Hierbei sollte ein möglichst sparsamer Einsatz von Ressourcen zur Anwendung kommen (z. B. vereinfachte Warenanmeldung), so wie er namentlich von den als Benchmark figurierenden Unternehmen praktiziert wird. Die Kosten, welche dem Datenverantwortlichen bei effizienter Warenanmeldung entstehenden würden, entsprechen den Kosten (inkl. Gewinnelement gemäss Art. 13 Abs. 1 Bst. b PüG), welche einer effizient arbeitenden Unternehmung zur Erbringung dieser Dienstleitung erwachsen. Gemessen werden können diese Kosten in der Praxis an den Preisen, welche diese effizienten Unternehmen für die entsprechende Dienstleistung verrechnen. Damit wird auch eine schlanke Regulierung möglich, indem ein reiner Preisvergleich zur Anwendung gelangen kann.

54. Bundesgesetz über aussenwirtschaftliche Massnahmen vom 25. Juni 1982318 Art. 7 Abs. 4 Bezeichnungsänderung beim Verweis auf ein Gesetz. Verweis auf das E-ZoG statt auf das ZG bezüglich der anwendbaren Strafvorschriften.

55. Güterkontrollgesetz vom 13. Dezember 1996319 Art. 10 Abs. 2 erster Satz Änderung «Untersuchungsorgane des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit» auf «die für die Strafverfolgung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Art. 11 zweiter Satz Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «BAZG».

Art. 18 Abs. 2 Bezeichnungsänderung «Zollorgane» auf «BAZG».

318 319

SR 946.201 SR 946.202

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56. Embargogesetz vom 22. März 2002320 Art. 4 Abs. 2 Änderung von «Untersuchungsorgane des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit» auf «die für die Strafverfolgung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)».

Art. 11 Abs. 2 Bezeichnungsänderung beim Verweis auf ein Gesetz. Verweis auf das E-ZoG statt auf das ZG bezüglich der anwendbaren Strafvorschriften.

57. Vorläuferstoffgesetz vom 25. September 2020321 Im ganzen Erlass wird «EZV» durch «BAZG» ersetzt, mit den nötigen grammatikalischen Anpassungen.

Art. 11 Abs. 2 Aufgrund der Anpassung an die neue Terminologie des E-BAZG-VG wird die Bezeichnung «Eidgenössische Zollverwaltung (EZV)» auf «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» geändert.

5.4

E-ZoG

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Das heutige Zollgesetz (ZG) wird einer Totalrevision unterzogen und auf einen reinen Abgabeerlass reduziert. In ihm verbleiben die Punkte, die für die Abgabeerhebung (2. Kapitel) relevant sind (Zollpflicht, Zollbemessung, Zollschuld und Zollabgaben), sowie die Strafbestimmungen (3. Kapitel) und die Schlussbestimmungen mit dem Übergangsrecht betreffend laufende Verfahren, aktuelle Bewilligungen und Vereinbarungen (4. Kapitel). Das totalrevidierte ZG wird daher neu als Zollabgabengesetz (E-ZoG) bezeichnet.

Art. 1

Gegenstand und Anwendbarkeit des BAZG-Vollzugsaufgabengesetzes

Entsprechend der Konzeption des vorliegenden Gesetzesprojektes regelt das E-ZoG nur noch die Zollpflicht und die Bemessung der Einfuhr- und Ausfuhrzölle (Zollabgaben). Darunter fallen neben den Grundsätzen zur allgemeinen Zollpflicht insbesondere Bestimmungen über die Zollbefreiungen, die Zollbemessungsgrundlagen, die Zollschuld und Zollabgaben sowie die Strafbestimmungen.

320 321

SR 946.231 BBl 2020 7773

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Für die Erhebung der Einfuhr- und Ausfuhrzölle (Zollabgaben), das Verfahrensrecht, die Warenkontrollen usw. gilt gemäss dem Verweis in Absatz 2 hingegen der E-BAZG-VG. In den Artikeln 6 und 11 E-BAZG-VG finden sich denn auch die für das E-ZoG massgebenden Begriffsdefinitionen.

Absatz 3: Mit dem Inkrafttreten des E-BAZG-VG wird auch das E-ZoG in Kraft gesetzt. Solange aber für die Erhebung einer Abgabe die notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG nach Artikel 118 E-BAZG-VG noch nicht vorhanden sind, kann der Bundesrat vorsehen, dass vom E-BAZG-VG, dem E-ZoG und den Änderungen der Erlasse nach Anhang 2 abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 212 Abs. 1 E-BAZG-VG; siehe auch Erläuterungen zum 4. Kapitel des 13. Titels E-BAZG-VG). Entsprechend wird der Bundesrat anstelle der Bestimmungen des neuen Rechts solche des bisherigen Rechts als weiterhin anwendbar erklären. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte diese Regelung auch für das ZoG zur Anwendung kommen. Mit Absatz 3 soll dies im ZoG selber verdeutlicht werden.

Dieser Absatz verweist ausdrücklich auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 212­217 E-BAZG-VG, die dem Bundesrat die Anordnung abweichenden Rechts ermöglichen. Absatz 3 ist damit gewissermassen eine Scharnierbestimmung im ZoG, die Transparenz schafft bezüglich der Anwendung des Übergangsrechts des E-BAZG-VG. Sobald für die Erhebung der Zollabgaben nach neuem Recht sämtliche notwendigen technischen Grundlagen im neuen Informationssystem des BAZG vorhanden sind, wird der Verweis auf abweichendes Recht hinfällig. Deshalb wird der Bundesrat in Artikel 212 Absatz 5 E-BAZG-VG ermächtigt, die entsprechenden Scharnierbestimmungen aufzuheben. Das gilt auch für den vorliegenden Absatz 3, nicht aber für die Absätze 1 und 2, die auch nach der übergangsrechtlichen Regelung gelten sollen.

Art. 2

Zuständige Behörde

Zuständig zum Vollzug des E-ZoG ist das BAZG.

2. Kapitel: Erhebung der Zollabgaben 1. Abschnitt: Zollpflicht Art. 3

Grundsätze

Der Grundsatz der allgemeinen Zollpflicht für über die Grenze verbrachte Waren ist der Kern des Zollwesens. Er ist heute in Artikel 7 ZG und in Artikel 1 ZTG verankert und wird auch in das E-ZoG übernommen.

Aus der allgemeinen Zollpflicht ergibt sich zwangsläufig eine allgemeine Anmeldepflicht. Über die Grenze verbrachte Waren sind daher dem BAZG zur Veranlagung anzumelden, unabhängig davon, ob die Ware mit einer Zollabgabe belastet ist oder nicht.

379 / 436

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Ausnahmen von der allgemeinen Zollpflicht bedürfen einer ausdrücklichen gesetzlichen oder völkerrechtlichen Grundlage322.

Art. 4

Zollfreie Waren

Die Zollbefreiung von Waren bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Entweder ergibt sich die Zollbefreiung direkt aus dem Gesetz oder sie wird an den Bundesrat delegiert (vgl. Art. 5 E-ZoG).

Abs. 1 In Artikel 4 Absatz 1 E-ZoG sind Zollbefreiungen aufgeführt, die von Gesetzes wegen zu berücksichtigen sind und bereits bisher in Artikel 8 Absatz 1 ZG zollfrei sind: Waren, die im ZTG oder in völkerrechtlichen Verträgen zollfrei erklärt sind; Waren in kleinen Mengen, von unbedeutendem Wert oder mit geringfügigem Zollbetrag entsprechend den Bestimmungen, die das EFD erlässt.

Abs. 2 Der Bundesrat kann für die zollbefreite Ein- oder Ausfuhr von Waren eine Bewilligung vorsehen. Diese Bewilligungspflicht wird neu auf Gesetzesstufe festgehalten.

Sie gilt jedoch für einige Zollbefreiungen bereits heute (z. B. Zollbefreiung für Waren an diplomatische Vertreterinnen und Vertreter). Mit dieser vorgelagerten Bewilligungsprüfung und -erteilung werden die Voraussetzungen einer Zollbefreiung bereits im Voraus und nicht erst bei der Einfuhr geprüft. Die Bewilligung ändert nichts am grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Zollbefreiung. Sie dient hauptsächlich als prozessuales Instrument und stellt den durchgängig elektronischen Veranlagungsprozess sicher.

Vorgesehen ist, auf Verordnungsstufe Einzel- oder Generalbewilligungen zu regeln, die das BAZG den berechtigten Personen ausstellen kann. Wer eine Generalbewilligung erhält, profitiert nicht nur von einer längerfristigen Rechtssicherheit, sondern auch von einer Minimierung des administrativen Aufwands. Nach einer einmaligen Antragsstellung und -prüfung ist die Generalbewilligung während der Gültigkeitsfrist für mehrere Einfuhrsendungen anwendbar, und sie kann nach Ablauf der Frist neu beantragt werden.

Das BAZG kann die Bewilligung mit Bedingungen und Auflagen versehen. Das betrifft unter anderem die Art der Waren und den genauen Verwendungszweck im Zollgebiet.

Abs. 3 Soll von den mit der Bewilligung nach Absatz 2 verbundenen Bedingungen abgewichen werden, so ist, im Regelfall vorgängig, eine erneute Warenanmeldung vorzunehmen (Art. 13 Abs. 2 Bst. c und Art. 16 Abs. 1 Bst. d E-BAZG-VG). Mit der Abweichung von den Bedingungen fällt die Zollbefreiung dahin. Die dadurch entstehenden 322

ARPAGAUS, Zollrecht, Rz. 411.

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Zollabgaben sind von der anmeldepflichtigen Person zu entrichten, die von den Bedingungen abweicht. Diese Person trifft zugleich die Pflicht, die erneute Warenanmeldung vorzunehmen (Art. 14 Abs. 1 Bst. c E-BAZG-VG).

Art. 5

Zollbefreiungen

Die bisher in Artikel 8 Absatz 2 ZG an den Bundesrat delegierte Kompetenz, bestimmte Waren zollfrei zu erklären, wird grundsätzlich übernommen.

Abs. 1 In der Liste nicht mehr aufgeführt sind Instrumente und Apparate zur Untersuchung von Patientinnen und Patienten in Spitälern und Pflegeinstitutionen (Art. 8 Abs. 2 Bst. h ZG). Dieser Zollbefreiung kommt bereits heute in der Praxis kaum mehr Bedeutung zu. Ebenfalls sind diese Produkte heute auch nicht von der Mehrwertsteuer befreit.

In der bisherigen Zollverordnung (Art. 20 ZV) zählten «öffentlich-rechtliche Institutionen» ebenfalls zum Empfängerkreis für zollfreie Kunst- und Ausstellungsgegenstände. Diese berechtigten Personen werden neu auf Gesetzesstufe (Art. 5 Abs. 1 Bst. g) abschliessend genannt.

Eine Erleichterung erfolgt für Studien und Werke von Künstlerinnen und Künstlern mit ständigem Wohnsitz in der Schweiz (Art. 5 Abs. 1 Bst. h). Die Zollbefreiung unterliegt neu nicht mehr einem studienbezweckten, vorübergehenden Auslandaufenthalt.

Die bisherige Zollverordnung (Art. 19 Abs. 2 ZV) sah für Gegenstände für Unterricht und Forschung eine über das Gesetz hinausgehende Zollbefreiung für Materialen menschlichen, tierischen oder pflanzlichen Ursprungs zu medizinischen Zwecken vor.

Der neue Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe m korrigiert diese Situation und schafft eine autonome Zollbefreiung für diese Waren auf Gesetzesstufe.

Abs. 2­4 Die Absätze 2 und 3 sehen vor, dass der Bundesrat die Voraussetzungen für die Zollbefreiung nach Absatz 1 und die Bewilligung für die Zollbefreiung regeln kann. Die beiden Delegationen werden separat geführt, weil die Bewilligung nach Absatz 3 nicht für alle in Absatz 1 aufgeführten Zollbefreiungen vorgesehen ist. In Bezug auf die Bewilligungserteilung und die Entrichtung der Zollabgaben bei einer Abweichung von den mit der Bewilligung verbundenen Bedingungen wird auf die Erläuterungen zu Artikel 4 Absätze 2 und 3 verwiesen.

Art. 6

Inländische Rückwaren

Gegenüber dem bisherigen Zollgesetz (Art. 10 ZG) bleiben die Voraussetzungen für eine Zollbefreiung von inländischen Rückwaren weitgehend unverändert.

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Abs. 1 und 2 Hier geht es um Waren, die, nachdem sie früher im freien Verkehr standen und ausgeführt worden sind, nun wieder ins Zollgebiet verbracht werden. Von der Zollbefreiung profitieren die Waren, die zu einem früheren Zeitpunkt im freien Verkehr der Schweiz standen und damit nachweislich den inländischen Zollstatus aufwiesen. Sie müssen nach der Ausfuhr unverändert wiedereingeführt werden. Künftig wird die Zollbefreiung nicht nur für Waren gewährt, die mit der Warenbestimmung «Ausfuhr aus dem freien Verkehr» ausgeführt wurden, sondern namentlich auch für solche, die mit der Warenbestimmung «Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung» aus dem Zollgebiet verbracht wurden.

Abs. 3 An der Befristung von fünf Jahren für die Zollbefreiung von unveränderten inländischen Rückwaren, die an andere als den ursprünglichen Versender im Zollgebiet zurückkommen, wird festgehalten. Durch diese Beschränkung wird das Missbrauchsrisiko (z. B. Wertsteigerung ausserhalb des Zollgebiets) verringert.

Abs. 4 (1. Satz) Der erste Satz von Absatz 4 betrifft inländische Rückwaren, für die beim ursprünglichen Verbringen ins Ausland Ausfuhrzölle erhoben wurden. Diese Ausfuhrzölle werden bei der Wiedereinfuhr zurückerstattet. Das betrifft folgenden Gesamtablauf: 1. Ausfuhr der Waren aus dem freien Verkehr mit Erhebung von Ausfuhrzöllen; 2. Wiedereinfuhr der Waren als inländische Rückwaren (im Rahmen der Warenbestimmung «Einfuhr in den freien Verkehr»).

Abs. 4 (2. Satz) Profitierten die Waren anlässlich der Ausfuhr von einer Zollbefreiung als ausländische Rückwaren gemäss Artikel 7, werden die ursprünglich zurückerstatteten Einfuhrzölle bei der Wiedereinfuhr als inländische Rückwaren erneut erhoben. Das betrifft folgenden Gesamtablauf: 1. Einfuhr der Waren in den freien Verkehr mit Erhebung von Einfuhrzöllen; 2. Wiederausfuhr als ausländische Rückwaren mit Rückerstattung der Einfuhrzölle; 3. Wiedereinfuhr als inländische Rückwaren (im Rahmen der Warenbestimmung «Einfuhr in den freien Verkehr»).

Art. 7

Ausländische Rückwaren

Hierbei handelt es sich um Waren, die aus bestimmten Gründen (Rücksendegründe) wieder aus dem Zollgebiet verbracht werden. Bei einer Wiederausfuhr werden die ursprünglich erhobenen Einfuhrzölle unter bestimmten Voraussetzungen zurückerstattet.

Die Voraussetzungen für eine Rückerstattung der Einfuhrzölle für ausländische Rückwaren bleiben gegenüber dem geltenden Zollgesetz (Art. 11 ZG) ohne grössere inhaltliche Änderung.

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Abs. 1 Neu führt Absatz 1 die Rücksendegründe auf Gesetzesstufe nicht mehr einzeln auf, sondern fasst die für eine Rückerstattung und Zollbefreiung berechtigten Sachverhalte unter dem Begriff «rechtliche» und «wirtschaftliche» Gründe zusammen. Der Bundesrat definiert die Gründe in den Ausführungsbestimmungen; er wird sich dabei an den bisherigen Bestimmungen (Art. 11 Abs. 1 ZG) orientieren.

Die Rücksendefrist wird von 3 auf neu 5 Jahre ausgedehnt, was der inländischen Wirtschaft eine höhere zeitliche Flexibilität ermöglicht. Mit der Ausdehnung der Rücksendefrist wird einem im Rahmen der Vernehmlassung geäusserten Anliegen entsprochen.

Mit dem Einverständnis der ursprünglichen Versenderin oder des ursprünglichen Versenders können die Waren auch direkt an eine Drittperson ausserhalb des Zollgebiets zurückgegeben werden.

Abs. 2 Für verändert wieder ausgeführte Waren werden Rückerstattung und Zollbefreiung gewährt, wenn sie wegen eines bei ihrer Verarbeitung im Zollgebiet entdeckten Mangels zurückgegeben werden. Die Wiederausfuhr dieser Waren ist an keine Frist gebunden. Sie müssen ausserdem nicht zwingend der ursprünglichen Versenderin oder dem ursprünglichen Versender zurückgegeben werden.

Abs. 3 Absatz 3 regelt einen Spezialfall. Er betrifft Waren, die nach schweizerischem Recht nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Als Beispiele zu nennen sind Beförderungsmittel, die den strassenverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, oder Lebensmittel, die die lebensmittelrechtlichen Anforderungen nicht erfüllen. Bei dieser Regelung gelten keine Wiederausfuhrfristen oder Beschränkungen bezüglich der Rückgabe der Waren an die ursprüngliche Versenderin oder den ursprünglichen Versender.

Abs. 4 In gewissen Fällen ist die Rücksendung von Waren aus dem Zollgebiet mit einem hohen logistischen und finanziellen Aufwand verbunden, der in keinem Verhältnis zum zurückzuerstattenden Betrag steht. Dafür soll der Bundesrat wie bisher regeln können, in welchem Ausmass Rückerstattung oder Zollbefreiung für Waren gewährt wird, die nicht (wieder) aus dem freien Verkehr ausgeführt, sondern mit Zustimmung des BAZG im Zollgebiet vernichtet werden.

Art. 8

Waren des Reiseverkehrs

Abs. 1 und 2 Die Bestimmung über die ganze oder teilweise Zollbefreiung der Waren des Reiseverkehrs entspricht inhaltlich Artikel 16 ZG. Das wesentliche Kriterium der Waren 383 / 436

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des Reiseverkehrs ist, dass sie nicht für den Handel, sondern für den Privatgebrauch bestimmt sind. Bei der Regelungskompetenz des Bundesrates wird neu präzisiert, dass er Waren generell, teilweise oder auch nur bis zu einer bestimmten Menge zollfrei erklären kann.

Abs. 3 Die Festlegung von Pauschalansätzen für nicht zollfreie Waren bleibt gleich: Die Pauschalansätze können mehrere Arten von Abgaben oder von Waren umfassen; die Zollabgaben können Teil dieser Pauschalansätze sein.

Die Wertfreigrenze, die im Reiseverkehr bezüglich der Einfuhrsteuer zur Anwendung kommt, wird im MWST-Recht geregelt (Art. 53 Abs. 1 Bst. a MWSTG und Art. 2 der Verordnung des EFD vom 2. April 2014 über die steuerbefreite Einfuhr von Gegenständen in kleinen Mengen, von unbedeutendem Wert oder mit geringfügigem Steuerbetrag323).

Art. 9

Zollerleichterung für Waren je nach Verwendungszweck

Abs. 1 und 2 Für Waren, die nach ihrer Einfuhr in den freien Verkehr ausschliesslich zu einem bestimmten Zweck verwendet werden, wird eine Zollerleichterung gewährt. Die Norm übernimmt den Regelungsgehalt des bisherigen Artikels 14 ZG. Eine Zollerleichterung nach Verwendungszweck kann dabei direkt im Zolltarifgesetz vorgesehen werden (Bst. a) oder unter den gleich bleibenden Voraussetzungen von Absatz 2 mittels einer Herabsetzung der im Zolltarifgesetz festgesetzten Zollansätze durch das EFD erfolgen (Bst. b).

Abs. 3 Gestützt auf Artikel 10 Absatz 3 ZTG in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 LWG passt das BLW regelmässig die Zollansätze für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Schwellenpreisen oder Importrichtwerten in Agrareinfuhrverordnung vom 26. Oktober 2011324 (AEV) an. Durch diese Anpassung der geltenden Zollansätze sind in der Folge grundsätzlich auch die vom EFD nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b herabgesetzten Zollansätze für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in Anhang 1 der Zollerleichterungsverordnung vom 4. April 2007325 (ZEV) aufgeführt sind, anzupassen.

Bereits das bisherige Recht enthielt für die aufgrund einer durch das BLW vorgenommenen Anpassung der AEV notwendigen Änderung des Anhang 1 der ZEV eine Kompetenzdelegation (Art. 14 Abs. 3 ZG). Diese Kompetenz wurde, um das Departement von einem Routinegeschäft zu entlasten, mit der letztmaligen Zollgesetzrevision vom EFD an die Oberzolldirektion übertragen und damit auf Stufe Amt gesenkt.

Mit der Schaffung des E-ZoG wird nun die genannte Rechtssetzungskompetenz zur

323 324 325

SR 641.204 SR 916.01 SR 631.012

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Anpassung der ZEV direkt dem BLW zugewiesen, auf dessen Vorgabe hin die Oberzolldirektion bisher die Anpassungen vornahm. Dies erlaubt es dem BLW, die beiden künftig von ihm zu tätigenden Anpassungen (AEV und ZEV) direkt in einem Zug vorzunehmen. Auf diese Weise wird unnötiger Aufwand innerhalb der Bundesverwaltung für ein Routinegeschäft ohne Ermessensspielraum und mit jeweils marginalen positiven oder negativen finanziellen Auswirkungen vermieden. Die Kompetenzdelegation wird neu aber offener und verständlicher formuliert, indem sie Bezug nimmt auf Artikel 10 Absatz 3 ZTG.

Abs. 4 Waren, für die unterschiedliche Zollansätze je nach Verwendung gelten, spielen in der Volkswirtschaft eine bedeutende Rolle. Als Sicherheit, dass die zum niedrigeren Ansatz verzollte Ware nicht zu einem unzulässigen Zweck verwendet wird, dienen insbesondere die Verwendungsverpflichtung und der Verwendungsnachweis. Die Verwendungsverpflichtung ist wie bis anhin (Art. 51 ZV) vorgängig beim BAZG zu beantragen und von diesem zu genehmigen.

Abs. 5 und 6 Soll die zollbegünstigt in den freien Verkehr eingeführte Ware zu einem Zweck verwendet oder abgegeben werden, der höheren Zollabgaben unterliegt als der in der Verwendungsverpflichtung genannte Zweck, so ist wie bis anhin (Art. 14 Abs. 4 ZG) eine erneute Warenanmeldung vorzunehmen. Diese Anmeldepflicht sowie die anmeldepflichtige Person und der Zeitpunkt der erneuten Warenanmeldung sind als verfahrensrechtliche Aspekte neu im E-BAZG-VG geregelt (Art. 13 Abs. 2 Bst. d, Art. 14 Abs. 1 Bst. d und Art. 16 Abs. 1 Bst. e E-BAZG-VG). Die durch eine solche Zweckänderung entstehende Zollabgabendifferenz ist von der Person zu entrichten, die die Zweckänderung vornimmt. Diese Person trifft zugleich die Pflicht, die erneute Warenanmeldung vorzunehmen (Art. 14 Abs. 1 Bst. d E-BAZG-VG).

Im Gegensatz zu Absatz 5 regelt Absatz 6 den Fall, dass die Zweckänderung zu tieferen Zollabgaben führt. Auf Antrag der Person, die die Zweckänderung vornimmt, kann für bestimmte Waren die Zollabgabendifferenz zurückerstattet werden. Unter der Person, die die Zweckänderung vornimmt, ist jene Person zu verstehen, die die Ware zum tiefer belasteten Zweck verwendet oder Dritten abgibt. Das EFD legt fest, für welche Waren die Rückerstattung gewährt wird und innerhalb welcher Frist die Rückerstattung beantragt werden muss. Absatz 6 entspricht inhaltlich der bestehenden Bestimmung von Artikel 14 Absatz 5 ZG.

Art. 10

Landwirtschaftliche Erzeugnisse

Abs. 1 Bereits eingeführte und veranlagte landwirtschaftliche Erzeugnisse, deren Zollansätze nach Zeitperioden unterschiedlich hoch sind, müssen beim Wechsel von der nicht bewirtschafteten Periode (nicht kontingentiert) zur Bewirtschaftungsperiode (kontingentiert) wie bis anhin (Art. 15 Abs. 1 ZG) neu angemeldet werden. Diese Anmelde-

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pflicht sowie die anmeldepflichtige Person und der Zeitpunkt der erneuten Warenanmeldung sind als verfahrensrechtliche Aspekte neu im E-BAZG-VG geregelt (Art. 13 Abs. 2 Bst. e, Art. 14 Abs. 1 Bst. e und Art. 16 Abs. 1 Bst. f E-BAZG-VG). Die Zollabgabendifferenz zwischen dem Ausserkontingentszollansatz und dem bereits entrichteten Zollansatz ist von der Eigentümerin oder dem Eigentümer der landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu entrichten. Sie oder ihn trifft zugleich die Pflicht, die erneute Warenanmeldung vorzunehmen (Art. 14 Abs. 1 Bst. e E-BAZG-VG).

Abs. 2 Der Bundesrat regelt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die noch vorhandenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse freigegebenen Zollkontingentsteilmengen angerechnet werden können.

Der Regelungsgegenstand der Artikel 10 E-ZoG, Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe e sowie Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe e E-BAZG-VG entspricht demjenigen der heutigen Artikel 15 ZG und 55 ZV.

Art. 11

Waren des Grenzzonenverkehrs

Nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe i E-ZoG kann der Bundesrat die Waren des Grenzzonenverkehrs zollfrei erklären. Das schliesst wie bisher die Herabsetzung der Zollansätze mit ein (vgl. Art. 24 Abs. 2 ZV, der sich auf Art. 8 Abs. 2 Bst. j ZG stützt).

Artikel 11 E-ZoG definiert, welche Vorgänge zum Grenzzonenverkehr gehören und welches Gebiet als Grenzzone gilt. In den Übereinkommen mit den Nachbarstaaten326 wie auch im geltenden Recht wird die Grenzzone als Parallelzone definiert. In der Praxis wird jedoch seit Jahrzehnten im Verkehr mit Deutschland, Frankreich und Italien die Radialzone angewendet. Nur im Verkehr mit Österreich gilt die Parallelzone327. Diese Auslegung ist unbestritten und wurde auch vom Bundesgericht bestätigt. Mit der Regelung «Radialzone» wird der Widerspruch aufgehoben. Sie gilt insbesondere für nationale Erleichterungen im Grenzverkehr (z. B. Trauben, Wein) und für die Anwendung von Anlage B.8 des Istanbuler Übereinkommens.

Die Grenzzone ist das in- und ausländische Gebiet, das sich innerhalb eines Umkreises von zehn Kilometern Radius gemessen vom Mittelpunkt eines vom BAZG festgelegten Grenzübergangs befindet.

Der Messpunkt der Radialzone wird von einem Grenzübergang aus gemessen, welcher durch das BAZG festgelegt wird. Es werden somit nicht nur besetzte Grenzübergänge als Messpunkt der Radialzone berücksichtigt. Vor allem in ländlichen Gebieten

326

Schweizerisch-deutsches Abkommen vom 5. Februar 1958 über den Grenz- und Durchgangsverkehr, SR 0.631.256.913.61; Schweizerisch-österreichisches Abkommen vom 30. April 1947 über den Grenzverkehr, SR 0.631.256.916.31; Übereinkunft zwischen der Schweiz und Frankreich vom 31. Januar 1938 betreffend die grenznachbarlichen Verhältnisse und die Beaufsichtigung der Grenzwaldungen, SR 0.631.256.934.99; Abkommen zwischen der Schweiz und Italien vom 2. Juli 1953 betreffend den Grenzund Weideverkehr, SR 0.631.256.945.41.

327 Bzgl. Italien vgl. das Urteil des Bundesgericht 2C.743/2011 vom 19. September 2012 E. 3.

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werden weitere Grenzübergänge als Messpunkte dienen, da das BAZG ihre Ressourcen in Zukunft flexibler einsetzt und weniger statisch tätig sein wird. Dadurch sollen keine Nachteile für das Gegenüber entstehen.

Abweichungen nach völkerrechtlichen Verträgen bleiben vorbehalten. Der Bundesrat kann die Grenzzone bei besonderen örtlichen Verhältnissen ausdehnen (Abs. 3). Diese Erweiterung ist für Gemeindeteile vorgesehen, die aufgrund von geografischen Hindernissen (Fluss, Berg usw.) vom Rest der ausserhalb der Grenzzone liegenden Gemeinde abgeschnitten sind und bei denen es offensichtlich ist, dass sie zur Grenzzone gehören sollten.

2. Abschnitt: Präzisierungen zu einzelnen Warenbestimmungen nach Artikel 24 BAZG-VG Art. 12

Einfuhr zur aktiven Veredelung

Abs. 1 Waren, die der Warenbestimmung der Einfuhr zur aktiven Veredelung zugeführt wurden, sind zollfrei, wenn an deren Stelle inländische Waren gleicher Menge, Beschaffenheit und Qualität als bearbeitete oder verarbeitete Erzeugnisse ausgeführt werden (Äquivalenzverkehr). Nach Artikel 28 Absatz 2 und Artikel 29 Absatz 1 E-BAZG-VG regelt der Bundesrat den Äquivalenzverkehr und legt die Bewilligungsvoraussetzungen fest.

Abs. 2 Die Voraussetzungen für die Zollfreiheit äquivalenter Waren werden auf Verordnungsstufe geregelt. Dabei wird namentlich festzuhalten sein, dass die Substitution der ins Zollgebiet verbrachten Rohwaren durch äquivalente Waren im Veredelungsbetrieb stattfinden muss.

Der Bundesrat regelt zudem, in welchem Ausmass Zollermässigung oder Zollbefreiung für Waren gewährt wird, die nicht wieder ausgeführt, sondern im Zollgebiet verbleiben oder auf Antrag im Zollgebiet vernichtet werden. Dabei sollen nicht verwertbare Veredelungsverluste (Verdunstung, Schmutzfracht im Abwasser) zollfrei sein.

Verwertbare Verluste und andere im Zollgebiet verbleibende Waren, welche mit Einverständnis der überwachenden Stelle vernichtet werden, sind ebenfalls zollfrei. Die Verluste müssen auf Nachfrage belegt werden können. Verwertbare Verluste für die Tierfütterung können auf Antrag zu einem reduzierten Zollansatz veranlagt werden.

Art. 13

Ausfuhr zur passiven Veredelung

Für Waren, die zur Bearbeitung, Verarbeitung oder Ausbesserung vorübergehend ausgeführt und im Zollausland veredelt wurden, wird bei der Wiedereinfuhr die Warenbestimmung der Ausfuhr zur passiven Veredelung abgeschlossen. Diese Waren können bei ordnungsgemässem Abschluss «zollfrei» zugelassen werden.

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Abs. 1 und 2 Im Zollausland hinzugefügte Materialien des nicht freien Verkehrs sind indessen zollpflichtig (Abs. 1). Dabei kann der Bundesrat eine andere Bemessungsgrundlage vorsehen, wenn die Zollbemessung nach dem Mehrgewicht unverhältnismässig ist. Der Bundesrat regelt die Methode der Berechnung des Zollansatzes für die hinzugefügten Materialien (Abs. 2).

Abs. 3 Dieser Absatz handelt vom Äquivalenzverkehr, der auch bei der Ausfuhr zur passiven Veredelung relevant ist. Nach Artikel 30 Absatz 2 und Artikel 31 Absatz 1 E-BAZG-VG regelt der Bundesrat den Äquivalenzverkehr und legt die Bewilligungsvoraussetzungen fest.

Abs. 4 Der Bundesrat regelt, in welchem Umfang Zollermässigung oder Zollbefreiung gewährt wird für Waren, die der Warenbestimmung der Ausfuhr zur passiven Veredelung zugeführt, aber auf Antrag vernichtet worden sind.

Art. 14

Ein- und Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung

Abs. 1 Gemäss diesem Absatz kann der Bundesrat vorsehen, dass für Waren, die der Warenbestimmung der Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung zugeführt worden sind, die bedingt entstandenen Zollabgaben teilweise fällig werden. Dieser Sonderfall lässt sich wie folgt begründen: Waren, die ausschliesslich vorübergehend ins Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet verbracht und genutzt werden, können anders behandelt werden als Waren, die endgültig in den wirtschaftlichen Kreislauf des Zollgebietes eingehen und der Erhebung der Zollabgaben unterliegen328. Ein umfassender Gebrauch oder Verbrauch findet nicht statt, sodass sie auch nicht uneingeschränkt der Erhebung der Zollabgaben unterliegen sollen. Voraussetzung für den staatlichen Verzicht auf eine vollumfängliche Erhebung von Abgaben ist die Tatsache, dass die Waren nach der vorübergehenden Verwendung wiederausgeführt beziehungsweise wiedereingeführt werden.

Bei einer ordnungsgemässen Abwicklung resultiert für die Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung eine vollständige Befreiung von den Zollabgaben, die bei einer Einfuhr in den freien Verkehr oder bei einer Ausfuhr aus dem freien Verkehr üblicherweise für die Waren zu bezahlen wären (siehe Erläuterungen zu Art. 39 E-BAZG-VG). Diese allgemein gehaltene und für die Warenbestimmungen in Artikel 24 Absatz 1 Buchstaben c­g E-BAZG-VG geltende Regelung stellt eine Abweichung zum bisherigen Zollrecht dar. Dieses ging vom Grundsatz aus, dass auch im Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung Zollabgaben zu entrichten sind

328

Stämpflis Handkommentar Zollgesetz, SCHREIER HEINZ, Art. 9, N 1.

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(Grundsatz der allgemeinen Zollpflicht; Art. 7 ZG). Artikel 9 Absatz 1 ZG räumt jedoch dem Bundesrat die Kompetenz ein, vorübergehend ein- oder ausgeführte Waren teilweise oder vollständig von den Zollabgaben zu befreien. Die eigentliche Zollbefreiung für das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung war erst auf Verordnungsstufe vorgesehen (Art. 30 Abs. 1 und Art. 31 Abs. 1 ZV).

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass auf Waren erhobene Abgaben die Wettbewerbsverhältnisse auf dem inländischen Binnenmarkt beeinflussen können. Es gilt daher zu verhindern, dass Personen, die Waren des freien Verkehrs einsetzen, eine wesentliche Benachteiligung gegenüber Personen erfahren, die vergleichbare Waren im Rahmen der Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung benutzen. Eine ähnliche Problematik gilt für die vorübergehende Ausfuhr im Falle von Ausfuhrzöllen. Aus diesem Grund soll weiterhin die Möglichkeit bestehen, in der Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung die Zollabgaben teilweise fällig werden zu lassen.

Die hier vorgesehene teilweise Fälligkeit der Zollabgaben bezweckt, die Zollabgabenbelastung einer Ware im Verhältnis zu ihrer Anwesenheit im Zollgebiet und der damit verbundenen wirtschaftlichen Nutzung im Binnenmarkt steigen zu lassen329. Sie ist damit begründet, dass ausländische Waren im Schweizer Binnenmarkt quasi zollfrei einer wirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden können, womit diese Waren mit gleichen oder ähnlichen Waren des freien Verkehrs in Wettbewerb treten. Die bereits im bisherigen Zollrecht330 vorgesehene Möglichkeit, im Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung Zollabgaben teilweise zu erheben, gründet auf einem Bedürfnis der Wirtschaft (beispielsweise bei vorübergehender Einfuhr von nicht im freien Verkehr stehenden Baugerätschaften).

Damit eine bedingt entstandene Abgabeschuld, die normalerweise bei ordnungsgemässer Abwicklung vollständig dahinfällt, unter gewissen Voraussetzungen teilweise fällig wird, braucht es gemäss Artikel 39 Absatz 3 E-BAZG-VG eine entsprechende Regelung in einem Abgabeerlass, hier dem E-ZoG. Mit Artikel 14 E-ZoG erhält der Bundesrat die Kompetenz, die bisher in Artikel 9 Absatz 1 ZG verankerte teilweise Zollbefreiung in angepasster Form fortzuführen. Der Bundesrat regelt die genauen Modalitäten auf Verordnungsstufe und berücksichtigt
dabei den Verwendungszweck und die Verweildauer der Waren im Zollgebiet beziehungsweise ausserhalb des Zollgebiets.

Selbstverständlich soll die vollständige Befreiung von den Zollabgaben in der Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung den Normalfall darstellen und so oft wie möglich zur Anwendung gelangen. Für die vollständige Befreiung von den Zollabgaben müssen die Waren einem besonders privilegierten Verwendungszweck dienen oder keine Gefahr einer übermässigen Beeinträchtigung der Wettbewerbsverhältnisse im Schweizer Binnenmarkt beinhalten331.

Besonders privilegierte Zwecke basieren in der Regel auf staatsvertraglichen Vereinbarungen oder internationalen Gepflogenheiten. Für die Warenbestimmung der vorübergehenden Verwendung bildet das Istanbuler Übereinkommen das Herzstück des 329 330 331

ARPAGAUS, Zollrecht, Rz. 843 f.

Botschaft Zollgesetz, BBl 2004 567, hier 596.

ARPAGAUS, Zollrecht, Rz. 837.

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internationalen Rechts. Gemäss Artikel 2 des Istanbuler Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, die in den Anlagen aufgeführten Waren (einschliesslich Beförderungsmittel) nach den Bestimmungen dieses Übereinkommens zur vorübergehenden Verwendung zuzulassen. Die vorübergehende Verwendung ist unter vollständiger Aussetzung der Eingangsabgaben und frei von Einfuhrverboten und Einfuhrbeschränkungen wirtschaftlicher Art zu gewähren (mit Ausnahme von Anlage E, die die Schweiz nicht angenommen hat). Unter Eingangsabgaben sind Zölle und andere Abgaben, Steuern, Gebühren und sonstige Belastungen zu verstehen, die anlässlich oder im Zusammenhang mit der Einfuhr der Waren erhoben werden (Art. 1 Bst.

b Istanbuler Übereinkommen und dazugehörender Kommentar).

Eine Möglichkeit zur teilweisen Erhebung von Zollabgaben kennt auch das Zollrecht der Europäischen Union (vgl. Art. 252 Zollkodex). Das heisst, die EU kann für bestimmte nicht im freien Verkehr der Gemeinschaft stehende und in die vorübergehende Verwendung überführte Waren die Zollabgaben teilweise erheben (z. B. für im freien Verkehr der Schweiz stehende und vorübergehend in die EU eingeführte Waren).

Abs. 2 Die teilweise fälligen und somit definitiv zu bezahlenden Zollabgaben sind der Höhe nach beschränkt auf die bei einer Einfuhr in den freien Verkehr oder bei einer Ausfuhr aus dem freien Verkehr zu bezahlenden Zollabgaben, dürfen diese also nicht übersteigen.

3. Abschnitt: Zollbemessungsgrundlagen Art. 15

Zollbemessung

Absatz 1 stellt für die Zollbemessung auf den Zeitpunkt der Aktivierung der Warenanmeldung ab, wenn diese elektronisch übermittelt wurde, oder auf die Annahme der Warenanmeldung durch das BAZG in den anderen Fällen. Dies ergibt sich aus Artikel 20 E-BAZG-VG. Die massgeblichen Zeitpunkte für die Zollbemessung und die Entstehung der Zollschuld (vgl. Art. 38 E-BAZG-VG) fallen folglich zusammen, was zu einer weiteren rechtlichen Vereinfachung bei der Abgabenerhebung führt.

Abs. 2 und 3 Die Absätze 2 und 3 ermöglichen es dem BAZG, auch mangelhaft angemeldete Waren zu veranlagen. So können die Waren mit dem höchsten Zollansatz belegt werden, der nach ihrer Art anwendbar ist. Inhaltlich entsprechen diese Regelungen Artikel 19 Absatz 2 und 3 ZG. Als allgemeiner Rechtsgrundsatz ist auch bei den nach den Absätzen 2 und 3 vorgenommenen Veranlagungen das Verhältnismässigkeitsprinzip zu wahren. So sind Veranlagungen zum höchsten Zollansatz ein subsidiäres Mittel, dass beispielsweise zum Zug kommt, wenn die mangelhafte Warenanmeldung trotz Aufforderung nicht korrigiert wurde beziehungsweise die notwendigen Angaben zur Vornahme der korrekten Veranlagung trotz Aufforderung nicht geliefert wurden.

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Art. 16

Verbindliche Zolltarif- und Ursprungsauskünfte

Abs. 1 Die verbindliche Zolltarif- beziehungsweise Ursprungsauskunft ist ein Instrument, um im Voraus eine zuverlässige Aussage zur Tarifeinreihung und zur Ursprungseigenschaft einer bestimmten Ware zu erhalten. Die Wirtschaftsbeteiligten erhalten dadurch die Sicherheit, dass sie Ein- und Ausfuhrgeschäfte auf einer richtigen Basis kalkulieren und die Anmeldung korrekt vornehmen. Verbindliche Zolltarif- und Ursprungsauskünfte sollen für den Antragsteller kostenlos sein. Dies soll auf Stufe Verordnung präzisiert werden.

Grundlage für die zolltarifarische Einreihung sind der Anhang 1 des ZTG sowie die zur Auslegung dazu vom BAZG veröffentlichten Erläuterungen bezüglich Zolltarif und Entscheide über Warentarifierungen. Grundlage für die Auskunft betreffend den präferenziellen Ursprung sind die in Anhang 1 der Freihandelsverordnung 1 vom 18. Juni 2008332 und in Anhang 1 der Freihandelsverordnung 2 vom 27. Juni 1995333 aufgeführten internationalen Abkommen sowie die Ursprungsregelnverordnung vom 30. März 2011334. Zu beachten ist ferner Gerichts- und Verwaltungspraxis betreffend den Zolltarif und den präferenziellen Ursprung.

Abs. 2 Die Bindungswirkung dauert sechs Jahre für Auskünfte über die zolltarifarische Einreihung und drei Jahre für Auskünfte über den präferenziellen Ursprung von Waren.

Abs. 3 Wer sich auf eine verbindliche Auskunft stützen will, muss nachweisen, dass die angemeldete Ware der in der Auskunft beschriebenen Ware in jeder Hinsicht entspricht.

Die Pflicht, diesen Nachweis zu erbringen, kann im Rahmen der Warenanmeldung oder einem Rechtsmittelverfahren (Einsprache, Beschwerde) aktuell werden. Bei einem Nachbezug von Abgaben obliegt der Nachweis ebenfalls der Person, die daraus Rechte ableitet.

Abs. 4 Während Absatz 3 positiv regelt, wann die verbindliche Auskunft Anwendung findet, klärt Absatz 4 negativ, wann die Auskunft keine Bindungswirkung entfaltet, nämlich dann, wenn sie auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben der anfragenden Person beruht.

332 333 334

SR 632.421.0 SR 632.319 SR 946.39

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Abs. 5 Dieser Absatz sieht darüber hinaus vor, dass eine Auskunft ihre Verbindlichkeit verliert, wenn die zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung angewendeten Rechtsgrundlagen ändern.

Abs. 6 Das BAZG soll die Zolltarifauskünfte in anonymisierter Form und ohne Angabe von Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen veröffentlichen dürfen. Durch die Veröffentlichung der Zolltarifauskünfte erspart es sich eine wiederholte Einreihung von Waren in die Zollnomenklatur.

4. Abschnitt: Zollschuld sowie Zollschuldnerinnen und Zollschuldner Art. 17

Zollschuld

Die Definition des Begriffs der Zollschuld entspricht inhaltlich Artikel 68 ZG, nämlich die Verpflichtung, die Zollabgaben zu bezahlen.

Zollabgaben bestehen heute in der Schweiz noch ausschliesslich aus Einfuhrzöllen.

Die Möglichkeit von Ausfuhrzöllen ist aber offen zu halten.

Art. 18

Zollschuldnerin oder Zollschuldner

Der Kreis der Zollschuldnerinnen oder Zollschuldner wird in Artikel 40 E-BAZG-VG festgelegt. Um der Verfassungsmässigkeit gemäss Artikel 127 BV zu genügen, wird dieser Verweis ausdrücklich in Artikel 18 E-ZoG aufgeführt.

3. Kapitel: Strafbestimmungen Im Rahmen der Totalrevision des Zollgesetzes wurden auch die Strafbestimmungen überprüft. Gegenstand der Prüfung bildete unter anderem die Frage, ob ­ analog Artikel 96 MWSTG ­ ein fixer Strafrahmen für Zollwiderhandlungen eingeführt werden soll. Es wurde entschieden, das aktuelle System des dynamischen Strafrahmens beizubehalten.

Die Gründe dafür liegen in der Natur von Zollwiderhandlungen. Gerade im Bereich der Zollhinterziehung (Art. 20 E-ZoG) bildet die Höhe der hinterzogenen Abgaben das massgebende Kriterium zur Bestimmung der Schwere des Delikts.

Beispielsweise ist es möglich, dass in einem Einzelfall lediglich wenige Franken Zollabgaben hinterzogen wurden, während sich die hinterzogenen Abgaben in einem anderen Fall im fünf-, sechs- oder sogar siebenstelligen Bereich bewegen. Solche Unterschiede sind direkt im Strafrahmen zu berücksichtigen und nicht erst im Rahmen der Strafzumessung. Denn es erscheint nicht als sachgerecht, einer Privatperson, welche wenige Kilogramm Fleischwaren nicht angemeldet hat, eine Strafandrohung von 800 000 Franken oder mehr entgegenzuhalten und sie damit auf die gleiche Stufe mit einem Täter zu stellen, welcher Fleisch im Tonnenbereich geschmuggelt hat.

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Auch im Hinblick auf die Strafzumessung erscheint ein fixer Strafrahmen nicht als opportun. Denn die Angemessenheit einer Busse für die Hinterziehung von Zollabgaben in der Höhe von 50 Franken ist bei einem Strafrahmen von 800 000 Franken kaum noch überprüfbar. Beträgt der Strafrahmen in einem solchen Fall hingegen das Fünffache der hinterzogenen Abgaben (bzw. im konkreten Fall Fr. 250.­), kann eine höhere Instanz in einem Rechtsmittelverfahren durchaus eine Überprüfung der Strafzumessung vornehmen.

Der zum Teil dagegen vorgebrachten Kritik, dass im Rahmen dieses Systems die hinterzogenen Abgaben im Verwaltungsverfahren festgelegt werden müssen, ist entgegenzuhalten, dass im Verwaltungsverfahren nur technische Vorfragen verbindlich für das Strafverfahren festgelegt werden. So bestimmt das Verwaltungsgericht beispielsweise die Tarifnummer einer geschmuggelten Ware oder, ob ein spezielles Zollverfahren zu Recht angewendet worden ist. Sämtliche objektiven und subjektiven Beweiselemente werden hingegen im Strafverfahren eigenständig festgelegt und unterliegen dem In-dubio-pro-reo-Grundsatz.

Dies gilt selbstredend auch für die Möglichkeit, die hinterzogenen Abgaben im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zu schätzen (Artikel 20 Absatz 5 sowie 21 Absatz 4 E-ZoG). Eine solche Schätzung kommt lediglich dann infrage, wenn die Grundlagen der Abgabenberechnung unklar sind. Auch in diesem Zusammenhang müssen sämtliche objektiven und subjektiven Beweiselemente nach wie vor im Rahmen des Strafverfahrens und unter Geltung des In-dubio-pro-reo-Grundsatzes nachgewiesen werden.

Art. 19

Zollwiderhandlungen

In dieser Bestimmung werden die Zollwiderhandlungen umschrieben. Keine Zollwiderhandlung stellen weiterhin die Ordnungswidrigkeiten dar. Deshalb und weil die Anordnungskompetenz des BAZG im E-BAZG-VG geregelt ist, werden die Ordnungswidrigkeiten neu in Artikel 207 E-BAZG-VG aufgenommen.

Art. 20

Zollhinterziehung

Abs. 1 und 4 Absatz 1 der Bestimmung entspricht im Wesentlichen Artikel 118 Absatz 1 ZG mit dem Unterschied, dass neu zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit unterschieden wird.

Während der Strafrahmen für Vorsatztaten gleich bleibt, wurde derjenige der fahrlässigen Tatbegehung auf das Dreifache der hinterzogenen Abgaben reduziert (Abs. 4).

Da bisher die fahrlässige Tatbegehung ohnehin zu einer tieferen Strafe geführt hat, ergibt sich dadurch keine Änderung der Strafpraxis.

Die Buchstaben a und b von Artikel 20 Absatz 1 E-ZoG sind wie im alten Recht weiterhin beispielhaft formuliert. Dies liegt daran, dass es sich bei der Zollhinterziehung um ein Erfolgsdelikt handelt. Massgebend ist somit die kausale Hinterziehung von Zollabgaben. Daneben wird allerdings zusätzlich ein rechtswidriges Verhalten beziehungsweise ein Verstoss gegen eine Rechtsvorschrift verlangt, was sich in den Buchstaben a und b widerspiegelt. Ein solcher Verstoss ist denn nicht auf die Verletzung

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von Anmeldevorschriften durch die anmeldepflichtige Person beschränkt; so ist beispielsweise auch der Diebstahl von Waren aus einem Zoll- oder Steuerlager durch eine nicht anmeldepflichtige Person als Zollhinterziehung strafbar.

Ist eine Warenanmeldung zu aktivieren, umfasst die Pflicht zur Anmeldung nicht nur die Warenanmeldung im System, sondern den ganzen Prozess (über die Referenzierung) bis hin zur erfolgten Aktivierung. Damit liegt auch eine Nichtanmeldung vor, wenn die Ware zwar vollständig angemeldet wurde, eine verbindliche Anmeldung aufgrund der selbst verschuldeten fehlenden Aktivierung aber nicht erfolgt ist.

Abs. 2 Die Strafandrohung bei Vorliegen erschwerender Umstände wird neu in Absatz 2 geregelt, da der momentan geltende Absatz 2 von Artikel 118 ZG aufgehoben wird (vgl.

dazu die Erläuterungen zu Artikel 195 E-BAZG-VG).

Abs. 3 Der Grund für die Schaffung der neuen Qualifikation in Absatz 3 liegt in der Überprüfung der Strafrahmen im Rahmen des Postulats Dettling vom 17. März 2017 (17.3225 «Den Fleischschmuggel wirkungsvoll eindämmen»). Da im Bereich der schweren Zollhinterziehungen (z. B. bei Fleischschmuggel im Tonnenbereich) nicht nur der Staat, sondern auch die Wirtschaft in massiver Hinsicht geschädigt wird, erscheint es notwendig, für diese Delikte den Strafrahmen zu erhöhen. Auch im Hinblick auf die general- und spezialpräventive Wirkung erscheint eine Erhöhung als sachgerecht.

Absatz 3 ist so formuliert, dass im Falle einer Zollhinterziehung (Art. 20 Abs. 1 Bst a oder b E-ZoG) sowohl erschwerende Umstände nach Artikel 26 E-ZoG (z. B. Gewerbs- oder Gewohnheitsmässigkeit) als auch ein besonders erheblicher Umfang an hinterzogenen Abgaben vorliegen müssen, damit die Strafandrohung erhöht wird.

Was diesen besonders erheblichen Umfang anbelangt, wird der Rechtsprechung überlassen, ab welcher Höhe dieser als erfüllt anzusehen ist. Es handelt sich um den gleichen Begriff wie in Artikel 14 Absatz 4 VStrR. In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass im Falle eines Fleischschmuggels im Tonnenbereich ein besonders erheblicher Umfang gegeben ist.

Art. 21

Zollgefährdung

Die Strafbarkeit der Zollgefährdung ist notwendig, da es sich bei der Zollgefährdung, entgegen der zum Teil vorhandenen Meinung, nicht etwa um einen reinen Hinterziehungsversuch handelt.

Damit der Staat seine Aufgaben im Bereich der Wareneinfuhr überhaupt wahrnehmen kann, wird von den anmeldepflichtigen Personen verlangt, dass sie das gesetzlich vorgeschriebene Anmeldeverfahren befolgen. Das Gesetz umschreibt dazu diejenigen Handlungspflichten, welche eine anmeldepflichtige Person einzuhalten hat. Werden diese nicht eingehalten und bleibt dies unentdeckt, werden die betroffenen Zollabga-

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ben hinterzogen. Wird eine Verletzung dieser Handlungspflichten entdeckt, bevor Abgaben hinterzogen sind, spricht man von einer Gefährdung. Mit anderen Worten bestimmt der Zeitpunkt der Aufdeckung, ob es sich bei einer Verletzung der gesetzlichen Handlungspflichten um eine Gefährdung oder eine Hinterziehung handelt. Würde man nun in diesem Bereich lediglich die versuchte Hinterziehung bestrafen, wäre der Zeitpunkt der Kontrolle in Fällen fahrlässiger Tatbegehung massgebend für eine Bestrafung an sich, was zu stossenden Ergebnissen führen würde.

Ähnlich ist es bereits heute im Bereich bei der Einfuhrsteuer: Da die Gefährdung der Einfuhrsteuer lediglich als eine Verletzung von Verfahrenspflichten mit Busse bis maximal 10 000 Franken bestraft werden kann (Artikel 98 Buchstabe f MWSTG), führt eine frühere Entdeckung einer fahrlässigen Nicht- oder Falschanmeldung dazu, dass die strafrechtliche Sanktion lediglich bis zu 10 000 Franken beträgt (anstatt maximal 800 000 Franken gemäss Art. 96 Abs. 4 Bst, a MWSTG). Gerade Fälle, in welchen sehr hohe Abgabenbeträge betroffen sind, können deshalb nicht mehr wirksam bestraft werden.

Da dies sowohl in general- als auch spezialpräventiver Hinsicht als äusserst problematisch erscheint, soll im Bereich der Zollabgaben die Strafbarkeit der Abgabengefährdung und damit auch des fahrlässigen Verstosses gegen die gesetzlichen Handlungspflichten beibehalten werden.

Auch bei der Zollgefährdung soll neu zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit unterschieden werden. Wie bei der Zollhinterziehung wird der Strafrahmen der fahrlässigen Tatbegehung im Vergleich zur vorsätzlichen Tatbegehung reduziert. Ansonsten wird die Bestimmung nicht geändert. Bewusst verzichtet wurde auf die Einführung eines neuen Qualifikationstatbestandes analog zu Absatz 3 von Artikel 20 E-ZoG.

Art. 22

Bannbruch

Beim Bannbruch wird ebenfalls eine Unterscheidung zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Tatbegehung eingeführt. Zusätzlich wurden die Strafrahmen gesenkt, da Bannbrüche in der Praxis weniger schwerwiegend sind als Zollhinterziehungen.

Art. 23

Zollhehlerei

Die Bestimmung über die Zollhehlerei wurde lediglich in sprachlicher Hinsicht leicht an Artikel 160 StGB angepasst. Das Kriterium des Inverkehrbringens wurde beibehalten, da dies gerade im Hinblick auf das illegale Verbringen von Waren in den freien Verkehr von Relevanz ist.

Art. 24

Zollpfandunterschlagung

Bei der Zollpfandunterschlagung stellte sich bisher die Problematik, dass sich der Wert des unterschlagenen Zollpfandes kaum bestimmen liess. Denn die aktuell bestehende Regelung verlangt, unter der In-dubio-pro-reo-Maxime denjenigen Marktpreis zu bestimmen beziehungsweise durch einen Experten bestimmen zu lassen, den das Zollpfand im Zeitpunkt der Unterschlagung hatte. Ohne das Zollpfand sind eine sol-

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che Festsetzung des Marktpreises und insbesondere eine diesbezügliche Expertise allerdings kaum je möglich, womit eine strafrechtliche Sanktionierung einer Zollpfandunterschlagung in den meisten Fällen verunmöglicht wurde.

Dem soll neu dadurch Abhilfe geschaffen werden, dass der Zeitpunkt der Wertbestimmung auf die Beschlagnahmung des Zollpfandes vorverlegt wird. So können voneinander abweichende Ansichten über den Wert des beschlagnahmten Gegenstandes früh erkannt und ein verbindlicher Wert festgelegt werden, solange der Zugriff auf das Zollpfand gewährleistet ist. Aufgrund der freien Beweiswürdigung wurde auf die Nennung des Sachverständigen in diesem Zusammenhang vollständig verzichtet.

Art. 25

Versuch

Die Bestimmung über den Versuch wurde unverändert aus dem alten Recht (Art. 123 ZG) übernommen. Die Regelung ist aufgrund von Artikel 22 Absatz 1 und 105 Absatz 2 StGB für Übertretungen notwendig. Weiterhin nicht strafbar ist der Versuch einer Ordnungswidrigkeit.

Art. 26

Erschwerende Umstände

Auch die erschwerenden Umstände wurden aus dem aktuellen Recht (Art. 124 ZG) übernommen. Diese haben insbesondere auch im Hinblick auf die neue Qualifikation von Artikel 20 Absatz 3 E-ZoG weiterhin grosse Bedeutung.

Art. 27

Strafverfolgung und Verfolgungsverjährung

Abs. 1 und 2 In dieser Bestimmung wird die Zuständigkeit des BAZG zur Verfolgung von Zollwiderhandlungen festgelegt. Was die anwendbaren Bestimmungen anbelangt, richtet sich die Strafverfolgung nach der Lex-specialis-Regel der anwendbaren Gesetze in erster Linie nach den entsprechenden Regeln im E-BAZG-VG (vgl. Art. 1 Abs. 2 E-ZoG). Sofern dort eine entsprechende Regelung fehlt, sind die Regeln des VStrR anwendbar, welches seinerseits auf den Allgemeinen Teil des StGB verweist (Art. 2 VStrR).

Abs. 3 Diese Bestimmung wurde aus dem aktuellen Recht (Art. 129 ZG) übernommen. Der Status quo soll somit beibehalten werden.

4. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 28

Aufhebung eines anderen Erlasses

Das Zollgesetz vom 18. März 2005 wird aufgehoben.

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Art. 29

Übergangsbestimmungen

Abs. 1 Aus Gründen der Rechtssicherheit werden Verfahren, die bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes hängig sind, formell und materiell nach bisherigem Recht abgeschlossen.

Das gilt sowohl für das hängige Verfahren auf Erlass einer Verfügung betreffend Abgaben oder die Einhaltung nichtabgaberechtlicher Erlasse als auch für das hängige Rechtsmittelverfahren. Nachfolgende Rechtsmittelverfahren richten sich hingegen formell nach neuem Recht.

Nachdem sich das BAZG neu organisiert und die bisherigen internen Beschwerdeinstanzen nach dem Inkrafttreten nicht mehr existieren werden, braucht es eine Bestimmung darüber, wer in hängigen Verfahren verfügt oder entscheidet. Es ist dies die nach neuem Recht zuständige Stelle des BAZG (Art. 87 Abs. 1 E-BAZG-VG).

Abs. 2 Bewilligungen und Vereinbarungen, die das BAZG unter Geltung des ZG erteilt oder abgeschlossen hat und die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen, bleiben bis zu deren Ablauf, aber höchstens vier Jahre lang ab Inkrafttreten des E-ZoG und des E-BAZG-VG gültig. Dazu gehören zum Beispiel die Kantonsvereinbarungen gemäss Artikel 10 E-BAZG-VG, die Bewilligungen für offene Zolllager, zugelassene Empfänger (ZE) und Versender (ZV). Demnach ist auch die im Post- und Kurierverkehr nach bisherigem Recht erlaubte vereinfachte Zollanmeldung durch Anbringen eines Stempels oder Klebers für abgabenfreie Sendungen, die im Rahmen des ZE-Verfahrens zur Anwendung gelangt, noch vier Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zulässig.

Diese Frist wurde im Vergleich zum bisherigen Recht (Art. 132 Abs. 1 ZG) um zwei Jahre verlängert. Ab diesem Zeitpunkt muss die Bewilligungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaber über eine neue Bewilligung nach den Voraussetzungen des E-BAZG-VG verfügen, andernfalls verliert sie oder er die mit der Bewilligung einhergehenden Rechte.

Die Kantonsvereinbarungen gemäss Artikel 10 E-BAZG-VG, die nach den Bestimmungen des Zollgesetzes vom 18. März 2005 erteilt oder abgeschlossen wurden und bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen, werden fortgeführt und bleiben höchstens 4 Jahre seit Inkrafttreten dieses Gesetzes gültig.

Den Einwänden der Kantone und der KKJPD im Rahmen der Vernehmlassung wird insofern Rechnung getragen, als die Kantonsvereinbarungen ungeachtet dieser übergangsrechtlichen Regelung weitergeführt und nicht standardisiert
werden sollen. Die Zusammenarbeit zwischen dem BAZG und den Kantonen hat sich in der Vergangenheit bewährt, und dies soll sich auch grundsätzlich nicht ändern.

Innert der Übergangsfrist von vier Jahren braucht es jedoch Anpassungen der Kantonsvereinbarungen, wo diese im Rahmen des Artikel 10 E-BAZG-VG punktuell erforderlich ist, beispielsweise beim Datenschutz oder bei der Staatshaftung oder um Empfehlungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle Rechnung zu tragen.

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Art. 30

Referendum und Inkrafttreten

Das E-ZoG geht aus einer Totalrevision des ZG hervor. Es untersteht dem fakultativen Referendum (Abs. 1).

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten (Abs. 2).

Absatz 3 schreibt vor, dass das E-ZoG und das E-BAZG-VG nur zusammen in Kraft treten können. Dies deshalb, weil das E-ZoG aus einer Totalrevision des ZG hervorgeht, nicht Bestandteil des Anhangs zum E-BAZG-VG ist und ebenfalls dem fakultativen Referendum untersteht.

5.5

Änderung des Bundesbeschlusses vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin

Art. 1 Abs. 3 Absatz 3 besteht im geltenden Recht sowohl in der deutschen wie auch in der italienischen Fassung aus drei, in der französischen hingegen nur aus zwei Sätzen. Dies ist in formeller Hinsicht unzulässig. Die vorliegende Revision soll daher unter anderem dazu dienen, Absatz 3 so zu korrigieren, dass dieser künftig in allen drei Sprachversionen nur noch aus zwei Sätzen besteht.

Darüber hinaus sind in Absatz 3 aufgrund der neuen Terminologie des E-BAZG-VG an zwei Stellen Anpassungen notwendig. So wird zum einen im ersten Satz die Bezeichnung «das Grenzwachtkorps» auf «das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» geändert. Im letzten Satz erfolgt zum anderen eine Änderung der Bezeichnung «Grenzwachtkorps» auf «die mit Sicherheitsaufgaben beauftragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG».

Weitergehende inhaltliche Änderungen werden mit dieser Vorlage am Bundesbeschluss nicht vorgenommen.

Inkrafttreten Die Änderung des Bundesbeschlusses unterliegt dem fakultativen Referendum und tritt aufgrund seiner Abhängigkeit nur zusammen mit dem Zollabgabengesetz in Kraft.

6

Auswirkungen

6.1

Stossrichtung der neuen Vorlage

Mit dieser Vorlage werden drei Stossrichtungen verfolgt: Erstens schafft sie die Grundlage, dass Prozesse kontinuierlich vereinfacht, vereinheitlicht und durchgängig digitalisiert werden können. Zweitens wird damit eine Online-Plattform eingeführt, 398 / 436

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die den direkten Datenaustausch zwischen Benutzerinnen und Benutzern sowie Verfahrensparteien einerseits und dem BAZG andererseits ermöglicht. Drittens wird eine starke Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern aus der Wirtschaft angestrebt.

Gleichzeitig werden die umfassenden Möglichkeiten der Digitalisierung so eingesetzt, dass die Sicherheit an der Grenze und im Inland durch eine gezieltere, datenbasierte Risikoanalyse gestärkt wird.

Abbildung 2 Digitaler Grundprozess Befähigen Bereitstellen von Informationen

Gegenüber beraten

Selektionieren Registrieren & Bewilligen

Anmelden

Plausibilisieren

Aktivieren

Intervenieren Selektionieren

Intervenieren & Aufgreifen

Festsetzen & Verfügen

Prüfen von Unternehmen & Prozessen

Nachbearbeiten

Wesentlich für die Digitalisierung und Modernisierung des BAZG ist ein vereinfachter und durchgängig digitaler Grundprozess (vgl. Abbildung 2). Der Geschäftsprozess besteht aus drei Phasen: «Befähigen», «Selektionieren» und «Intervenieren». Zusammengefasst werden die prozessualen und technologischen Neuerungen zu einer erheblichen Reduktion der Komplexität der Grenzformalitäten führen.

Die Handlungspflichten für das Gegenüber, welche in Abbildung 2 unterhalb des Prozesses angesprochen werden, ergeben sich aus dem E-BAZG-VG als auch dem E-ZoG sowie aus den weiteren abgaberechtlichen oder nichtabgaberechtlichen Erlassen im Aufgabenbereich des BAZG. Staatliche Handlungspflichten zur inhaltlichen Erfüllung von Regulierungen sind staatliche Gebote, welche bei den Betroffenen direkte Kosten verursachen können335. Das E-BAZG-VG hält dabei verfahrensmässig und materiell harmonisierte Grundlagen fest, die zur Anwendung kommen, soweit der E-ZoG beziehungsweise ein anderer abgaberechtlicher oder nichtabgaberechtlicher Erlass dies vorsieht. Nachfolgend werden diejenigen Handlungspflichten aus dem EBAZG-VG aufgeführt, die für die Beschreibung der Auswirkungen auf gesellschaftliche Gruppen mit spezifischem Fokus auf den Warenverkehr relevant sind.

1) Bewilligen (vgl. insbesondere Art. 23, 24 ff., 69 und 71 E-BAZG-VG) Gewisse Warenbestimmungen sowie die Aktivierung der Warenanmeldung nach dem Verbringen über die Zollgrenze und die Erleichterungen betreffend die Warenanmeldung sind bewilligungspflichtig. Durch das digitalisierte Verfahren und der möglichst automatisierten Bewilligungserteilung (vgl. dazu Art. 78 E-BAZG-VG) können die Warenverkehrsprozesse standardisiert, vereinfacht und die rechtliche Komplexität im Vergleich zum heutigen System erheblich reduziert werden.

2) Anmelden (vgl. Art. 13 ff. E-BAZG-VG) Das E-BAZG-VG sieht ­ teilweise in Umsetzung von internationalen Verpflichtungen ­ weiterhin eine Anmeldepflicht für Waren vor, die ein- oder ausgeführt werden 335

Regulierungsfolgenabschätzung, Handbuch, 2013, Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung, auch zugänglich unter: www.seco.admin.ch > Wirtschaftslage & Wirtschaftspolitik > Wirtschaftspolitik > Regulierung > Regulierungsfolgenabschätzung (RFA).

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oder einer Inlandabgabe unterliegen. Entsprechend den Digitalisierungsvorgaben hat die Anmeldung bereits heute grundsätzlich in elektronischer Form zu erfolgen. Im Zusammenhang mit dem elektronischen Verfahren erlangen sowohl die «Referenzierung» (Verknüpfung der Ware mit dem Transportmittel im grenzüberschreitenden Verkehr) als auch die «Aktivierung» (technischer Vorgang, an den angeknüpft wird für die Regelung der Verbindlichkeit elektronischer Eingaben) eine neue Bedeutung.

Beim grenzüberschreitenden Warenverkehr ist in der Warenanmeldung eine Warenbestimmung (z. B. Einfuhr in den freien Verkehr, Ausfuhr aus dem freien Verkehr, Durchfuhr, Ein- oder Ausfuhr zur aktiven oder passiven Veredelung usw.) anzugeben.

3) Referenzieren (vgl. Art. 18 E-BAZG-VG) Im grenzüberschreitenden Warenverkehr muss in der Warenanmeldung das Identifikationszeichen der Sendung oder des Transportmittels angegeben werden, mit dem die Ware ein- oder ausgeführt werden soll («Referenzierung»). Damit erhält das BAZG die Information, welche Waren mit welchem Transportmittel in das Zollgebiet ein- oder aus diesem ausgeführt werden sollen. Die Referenzierung erfolgt heute im Strassenverkehr auf dem sogenannten Laufzettel (Papierformular) oder direkt in der Warenanmeldung. Somit stellt das Referenzieren keine grundsätzliche Änderung der bestehenden rechtlichen Handlungspflicht dar, wird jedoch auf Gesetzesstufe verankert und auf die anderen Verkehrsarten (Warenverkehr per Bahn, Flugzeug und Schiff) ausgedehnt. Ohne die Referenzierung kann der kontaktlose Grenzübertritt und die damit verbundene Reduktion der Wartezeiten an den Zollgrenzen nicht umgesetzt werden. Die durchgängige Digitalisierung der Referenzierung für alle Verkehrsarten (Verkehr auf Strasse, Schiene, Wasser sowie in der Luft) bedingt die Verschiebung der Verantwortung der Referenzierung weg von der Person, die das Verkehrsmittel fährt, hin zum Transport- oder Datenverantwortlichen.

4) Aktivieren (vgl. Art. 19 f. und 77 E-BAZG-VG) Die elektronische Warenanmeldung muss aktiviert werden. Die «Aktivierung» an sich ist als technischer Vorgang zu verstehen, an den angeknüpft wird für die Regelung der Verbindlichkeit elektronischer Eingaben. Bei der elektronischen Warenanmeldung generiert die «Aktivierung» die Verbindlichkeit. Bei der in einer anderen Form zugelassenen
Warenanmeldung entsteht die Verbindlichkeit ­ wie nach bisherigem Zollrecht ­ im Zeitpunkt ihrer Annahme durch das BAZG. Heute wird eine Warenanmeldung mit der Annahme im Zollsystem verbindlich (Art. 33 Abs. 2 ZG und Art. 16 ZV-BAZG). Dies schränkt jedoch die Flexibilität der Anmeldepflichtigen ein, da der Zeitpunkt der Warenanmeldung und die Grenzüberquerung zeitlich nahe beieinanderliegen müssen. Um dies zukünftig zu entkoppeln, wird die Aktivierung erst beim Grenzübertritt ausgelöst. Damit können Warenanmeldungen zeitlich flexibler im Voraus erfasst und bis zur Aktivierung beim Grenzübertritt geändert oder sogar gelöscht werden.

Diese Handlungspflicht existiert im bestehenden Gesetz nicht, ist jedoch als Grundlage für die Vereinfachung und Digitalisierung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs zentral. Die Aktivierung befreit zukünftig vor allem die Lastwagenfahrerinnen und Lastwagenfahrer von der Pflicht, die Warenanmeldung beziehungsweise den Laufzettel zu erstellen und beim Grenzübertritt physisch vorzuweisen. Technische Einrichtungen sollen die Aktivierung erleichtern und später möglichst automatisiert 400 / 436

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ermöglichen. Damit kann der Aufwand für das Gegenüber noch weiter reduziert werden.

5) Kontrollieren (vgl. Art. 21 und Art. 90 ff. E-BAZG-VG) Das E-BAZG-VG regelt auch die Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln. Vorgesehen sind automatisierte Kontrollen bei der Prüfung der Einhaltung nichtabgaberechtlicher Erlasse. Im Rahmen der Prüfung der Warenanmeldung kann das BAZG bei Bedarf ebenfalls Kontrollen durchführen. Kontrollierte Personen unterliegen dabei einer Mitwirkungspflicht. Kontrollieren stellt entsprechend keine Änderung der bestehenden Handlungspflicht zum heutigen Zollrecht dar.

6) Bezahlen (vgl. Art. 48 E-BAZG-VG) Das BAZG ist die zuständige Behörde für den Erlass aller Verfügungen, die im Zusammenhang mit der Warenanmeldung stehen. Die Abgabeschuld entsteht grundsätzlich mit der «Aktivierung» der Warenanmeldung. Das E-BAZG-VG sieht im elektronischen Verfahren die bargeldlose Begleichung der Abgabeschuld als Grundregel vor.

Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen, bei denen nach wie vor auch im elektronischen Verfahren die Barzahlung möglich wäre. Folglich ist die Pflicht zur elektronischen Bezahlung keine neue Handlungspflicht.

7) Mitwirken (vgl. Art. 82 und Art. 97 E-BAZG-VG) Die Verfahrensbeteiligten müssen an der Ermittlung des relevanten Sachverhalts für die richtige und vollständige Veranlagung der Abgaben durch das BAZG mitwirken und auf Verlangen des BAZG insbesondere mündlich oder schriftlich Auskunft erteilen, Daten übermitteln, Geschäftsbücher, Belege und weitere Bescheinigungen sowie Urkunden über den Geschäftsverkehr vorlegen. Dies ist bereits heute der Fall. Somit stellt das Mitwirken keine Änderung der bestehenden Handlungspflicht dar.

Im Rahmen der Ausarbeitung der Verordnungen wird eine Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) durchgeführt und werden die möglichen Auswirkungen der Vorlage weiter analysiert. Dabei werden vornehmlich die Geschäftsbereiche des BAZG evaluiert, welche substantielle Regulierungskosten aufgrund von hohen Volumina generieren.

6.2

Auswirkungen auf den Bund

Die Transformation der EZV hin zum BAZG besteht aus drei miteinander verbundenen Komponenten: Der Vereinfachung, Harmonisierung und Digitalisierung der Prozesse, der Weiterentwicklung zu einer aufgabenorientierten Organisation sowie der vorliegenden Totalrevision des Zollgesetzes, welche die rechtlichen Grundlagen schaffen soll.

Die Auswirkungen der Vereinfachung und Harmonisierung und Digitalisierung der Prozesse wurden bereits in der DaziT-Botschaft dargelegt.

Die Weichen für die Weiterentwicklung zu einer aufgabenorientierten Organisation hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 10. April 2019 gestellt. Wie bereits im ersten 401 / 436

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Kapitel dieser Botschaft erwähnt, steht im Zentrum dieser organisatorischen Neuausrichtung ein neues einheitliches Berufsbild, das auf dem Grundgedanken einer 360°-Kontrolle basiert, welche die drei Bereiche Waren, Personen und Transportmittel umfasst. Konsequenterweise werden die bisherigen Organisationsbestimmungen ­ wie beispielsweise die Erwähnung des Grenzwachtkorps ­ nicht mehr benötigt. Dies würde die Weiterentwicklung sogar behindern.

Die vorliegende Gesetzesrevision ist Voraussetzung für die beiden erstgenannten Komponenten.

6.2.1

Finanzielle Auswirkungen

Wie oben erwähnt, ist diese Vorlage Bestandteil des Transformationsprozesses des BAZG. Die Vereinfachung und Digitalisierung der Verfahren und Prozesse werden mit dem Gesamtkredit des Programms DaziT von über 393 Millionen Franken realisiert. Zusammen mit den in die Projektrealisierung involvierten Mitarbeitenden ergeben sich für DaziT Gesamtaufwendungen von rund 465 Millionen Franken.

Die strategische Neuausrichtung und die Digitalisierung verändern die Arbeitsweise des BAZG. Die Zukunft des BAZG ist modern und digital. Sämtliche Zoll- und Abgabenerhebungsprozesse werden vereinfacht, harmonisiert und durchgehend digitalisiert. Diese strategische Neuausrichtung hat selbstverständlich auch Auswirkungen auf die Immobilientypen und den Immobilienbedarf des BAZG. Die entsprechenden detaillierten finanziellen Auswirkungen wurden mit dem Bundesratsantrag vom 12. April 2022 «Objektstrategie für die Betriebsimmobilien des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» ausgewiesen und am 27. April 2022 vom Bundesrat zur Kenntnis genommen.

Durch die Zusammenführung der bisherigen Berufsprofile des Zolls und des Grenzwachtkorps in das neue Berufsbild «Fachspezialist/in Zoll und Grenzsicherheit» werden die operativ eingesetzten Mitarbeiter uniformiert und bedarfsgerecht bewaffnet.

Die Umsetzung erfolgt schrittweise und die Ausrüstung und die entsprechende Ausbildung werden im Rahmen des Globalbudgets des BAZG finanziert.

Die Totalrevision des Zollrechts hat keine direkten zusätzlichen finanziellen Auswirkungen auf den Bund.

6.2.2

Personelle Auswirkungen

In der DaziT-Botschaft wurde festgehalten, dass sich der administrative Aufwand der EZV insbesondere dank der durchgängigen Digitalisierung deutlich senken lässt336.

Vergleichbare Vorhaben im In- und Ausland gehen von einem Minderaufwand von 20 Prozent und mehr aus. Von DaziT betroffen sind insgesamt rund 1500 Vollzeitstellen, schwergewichtig in den Bereichen, die durch die Digitalisierung grundlegend

336

BBl 2017 1719, hier 1788.

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verändert werden (Schaltertätigkeit, Datenpflege usw.). Die Mehrheit der freigewordenen Ressourcen soll insbesondere zur Aufrechterhaltung der Sicherheit an der Grenze, zum Schutz der inländischen Wirtschaft, zum Gesundheitsschutz sowie zur Bewältigung künftiger zusätzlicher Anforderungen an das BAZG eingesetzt werden.

Den bestehenden, künftig anders eingesetzten Mitarbeitenden wird das BAZG die erforderliche Ausbildung zukommen lassen, damit sie den neuen Anforderungen gerecht werden. Die nicht mehr benötigten Stellen sollen im Rahmen von DaziT ab 2024 abgebaut werden.

Die vorliegende Gesetzesrevision hat selber keine personellen Auswirkungen auf den Bund. Indem sie die Grundlagen schafft für die Vereinfachung, Vereinheitlichung und Digitalisierung der Prozesse und Verfahren, trägt sie jedoch dazu bei, die in der DaziT-Botschaft erwähnten Einsparungen im administrativen Bereich umzusetzen. Hervorzuheben ist, dass vom Umbau der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT)-Landschaft und der Erweiterung der Funktionspalette auch all jene Verwaltungseinheiten profitieren, mit denen das BAZG bei der Erfüllung seiner vielseitigen Aufgaben zusammenarbeitet. Dank der verbesserten Datenqualität und -verfügbarkeit wird ein schneller und zuverlässiger Datenaustausch und -abgleich gewährleistet.

Sämtliche Personalressourcen werden in die Auslegeordnung zur Entwicklung der Personalbestände im Rahmen der Umsetzung des Programms DaziT und weiterer Bundesratsbeschlüsse sowie der Weiterentwicklung der Eidgenössischen Zollverwaltung zum Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit detailliert analysiert und aufgenommen.

6.3

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Für die Kantone und Gemeinden sowie urbanen Zentren, Agglomerationen und Berggebiete sind keine negativen Auswirkungen in der Form von höheren Regulierungskosten zu erwarten.

Das E-BAZG-VG regelt die eigenen Vollzugsaufgaben des BAZG und überträgt den Kantonen keine neuen Aufgaben. Wie bereits beschrieben (vgl. Ziff. 2 und 5.1, oben), tangiert die aktuelle Vorlage die Polizeihoheit der Kantone nicht, denn sie respektiert deren Zuständigkeit. Die Zusammenarbeit mit den Kantonen gibt es auch weiterhin.

Die Kantonsvereinbarungen werden ­ ungeachtet der übergangsrechtlichen Regelung von Artikel 29 Absatz 2 E-ZoG ­ weitergeführt und nicht standardisiert. Die Zusammenarbeit zwischen dem BAZG und den Kantonen hat sich in der Vergangenheit bewährt und soll sich auch grundsätzlich nicht ändern. Innert der Übergangsfrist von vier Jahren braucht es jedoch Anpassungen, wo diese im Rahmen des Artikel 10 E-BAZG-VG punktuell erforderlich ist (z. B. Datenschutz, Staatshaftung oder Umsetzung von Empfehlungen der EFK).

Vom elektronischen Verfahren sind die Kantone nicht tangiert. Nachdem diese Vorlage anders als die Vernehmlassungsvorlage die Zollfreilager wieder aufnimmt, wurde den hierzu in der Vernehmlassung geäusserten Bedenken gewisser Kantone

403 / 436

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(vgl. Ziff. 2, oben) ­ die teilweise Miteignerinnen und Miteigner sind ­ Rechnung getragen.

Im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage wurde eine neue Bestimmung über die Verkehrswege und Örtlichkeiten im grenzüberschreitenden Warenverkehr aufgenommen. Diese basiert aber weitgehend auf dem bisherigen Zollrecht. Veränderte Auswirkungen sind diesbezüglich ebenfalls nicht zu erwarten.

6.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die vereinfachte Abwicklung der Grenzformalitäten und der Besteuerung im Inland wird den administrativen Aufwand für Unternehmen reduzieren und dadurch grundsätzlich zu einer Entlastung der Wirtschaft führen. Die Umstellung auf elektronische Verfahren fördert zudem digitale Geschäftsmodelle für die Unternehmen in der Schweiz. Ebenfalls führt ein schnellerer Grenzübertritt zu tieferen Kosten im grenzüberschreitenden Handel. Dadurch können Unternehmen in der Schweiz künftig effizienter und günstiger Handel treiben. Die Digitalisierung wird jedoch für die Wirtschaft zu Kosten für die Anpassung der Systeme führen, welche aktuell noch nicht beziffert werden können. Konkretere Aussagen werden im Rahmen der Regulierungsfolgenabschätzung auf Verordnungsstufe gemacht.

Die Digitalisierung leistet zudem einen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung und der inneren Sicherheit. Die Veränderungen ermöglichen dem BAZG, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von administrativen Routinearbeiten zu entlasten und konsequent dort einzusetzen, wo es um die Verhinderung von Missbräuchen und die Steigerung der Sicherheit der Bevölkerung geht. Die erhöhte Präsenz an den «richtigen» Orten und die verstärkte Unterstützung durch technologische Hilfsmittel führt zu einer effizienteren und effektiveren Aufgabenerfüllung und ermöglicht eine Erhöhung der Sicherheit und stärkt damit indirekt die Volkswirtschaft.

6.4.1

Auswirkungen auf die Unternehmen

Die Totalrevision des Zollrechts führt gemäss der Einschätzung des BAZG generell zu einer Entlastung der Unternehmen in der Schweiz. Im Rahmen der Ausarbeitung der Verordnungen werden die Auswirkungen der Handlungspflichten in einem schematischen Wirkungsmodell dargestellt und der Einfluss auf die Regulierungskosten aufgezeigt.Abbildung 3 listet betroffene Unternehmensgruppen innerhalb der gesellschaftlichen Gruppen auf. Hierbei wurden basierend auf dem Gesetzestext relevante Unternehmensgruppierungen ausgewählt. Die Schwerverkehrsteilnehmer, Zoll- und Steuerlagerhalter sowie Spediteure werden gesondert ausgewiesen, um deren Relevanz für das E-BAZG-VG aufzuzeigen.

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Abbildung 3 Betroffene gesellschaftliche Gruppen ­ Unternehmen

Positive Auswirkungen der Totalrevision des Zollrechts werden in erster Linie bei den export- und importorientierten kleinen und mittelgrossen Unternehmen (nachfolgend: KMU) und Grossunternehmen erwartet. Diese sind in Abbildung 3 unter «Importeure und Exporteure» aufgelistet. Die KMUs machen den Grossteil an Interaktionen im Import (ca. 99 %) sowie Export (ca. 98 %) aus, wie die bis 2019 geführte Aussenhandelsstatistik337 zeigt. Hierbei sind der Grosshandel, die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie die Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen ­ gemessen in Frankenbeträgen ­ die drei grössten Wirtschaftszweige des Imports. Zu den drei grössten Wirtschaftszweigen des Exports gehören die Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen, die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie die Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten und elektronischen und optischen Erzeugnissen. Ebenfalls wird die Totalrevision des Zollrechts insbesondere in den Bereichen «Aktivierung», «Referenzierung» und der verlängerten Einsprachefrist auf ein Jahr Auswirkungen auf Transport- und Logistikunternehmen haben. Laut dem Bericht des Bundesamts für Statistik zum Güterverkehr338 sind in der Schweiz 2018 über 40 000 Lastwagen sowie über 11 000 Sattelschlepper eingetragen. Dazu kommen die rund 340 beim Branchenverband SPEDLOGSWISS eingetragenen Spediteure, welche gemäss seinem Kurzportrait aus dem Jahr 2011339 über 90 % der Zollanmeldungen vornehmen.

337

Jahresbericht, Schweizer Aussenhandel 2019, Eidgenössische Zollverwaltung, auch zugänglich unter: www.bazg.admin.ch > Themen > Aussenhandelsstatistik > Publikationen > Jahresberichte.

338 BFS Aktuell, November 2019, Güterverkehr in der Schweiz 2018, auch zugänglich unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kataloge und Datenbanken > Publikationen.

339 SPEDLOGSWISS Kurzporträt, Basel, 2011, auch zugänglich unter: www.spedlogswiss.com > Verband > Organisation und Mitgliedschaft.

405 / 436

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Im Rahmen der Totalrevision des Zollrechts werden nachfolgende Vereinfachungen und Veränderungen ermöglicht. Sie stehen grundsätzlich allen Unternehmen, welche mit dem BAZG im Austausch stehen, zur Verfügung:

340

­

Den Unternehmen soll eine durch die Digitalisierungsumsetzung effizientere und benutzerfreundlichere Informationsbeschaffung ermöglicht werden. Dies wird durch die Vereinheitlichung von Informationen, dem Einsatz von digitalen Assistenten zur Bereitstellung und Suche von Informationen sowie einer proaktiven Kommunikation von Seiten des BAZG erreicht. Ein KMU wird somit bei der Suche nach einer Tarifnummer beispielsweise durch eine einfache Stichwortabfrage unterstützt und der registrierte Tabakimporteur wird vom BAZG bedarfsgemäss über relevante Anpassungen informiert.

­

Aufgrund von technischen und rechtlichen Vereinfachungen bei der Warenanmeldung werden Unternehmen, insbesondere KMUs, befähigt die Anmeldung selbstständig zu erstellen. Als Beispiel kann die vereinfachte Warenanmeldung (Art. 15 Abs. 3 E-BAZG-VG) genannt werden. Somit sind sie weniger auf die Unterstützung von Zolldienstleistern angewiesen. Dies kann Auswirkungen auf die Nachfrage nach Dienstleistungen der Speditionsunternehmen haben. Dies gilt ebenfalls für die Einsprache, die ebenfalls Vereinfachungen ermöglichen soll, zum Beispiel indem sie die bisherige Berichtigung ersetzt und das Nachreichen von Unterlagen über eine längere Frist ermöglicht. Wenn beispielsweise der Importeur nach Erhalt der Ware feststellt, dass ein Teil der Waren nicht geliefert wurde, kann er über eine einfache Einsprache im System selbstständig die Korrektur der Abgabeverfügung beantragen.

­

Den Unternehmen wird ein orts- und zeitunabhängiger Zugang zu Daten, Dienstleistungen und Verfahren (Abgaben, Bewilligungen, Einhaltung nichtabgaberechtlicher Erlasse) ermöglicht, dies im Wesentlichen über die zentrale Kundenplattform. Die Plattform deckt den gesamten Prozess zwischen Unternehmen und dem BAZG ab und macht den umfassenden elektronischen Datenaustausch möglich. Dadurch erhalten Unternehmen die Möglichkeit, alle abgaberelevanten Dokumente (z. B. Warenanmeldung) elektronisch einzureichen, zu beantragen (z. B. Bewilligungen) und zu erhalten (z. B. Verfügung, Rechnung). Zudem können Unternehmen die Daten zu laufenden oder abgeschlossenen Geschäftsdossiers vollumfänglich nutzen. Betreiber eines Steuer- oder Zolllagers können dadurch beispielweise die hierfür notwendige Bewilligung rund um die Uhr auf dem E-Portal des EFD340 beantragen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird die Bewilligung elektronisch ausgestellt.

Ferner kann ein Transportunternehmen die Daten aus bereits eingereichten Rückerstattungsformularen automatisch in das neue Formular übernehmen.

­

Die Prozesse für Unternehmen sollen medienbruchfrei sein und Redundanzen bei Daten und Funktionen reduzieren. Der digitalisierte Anmeldeprozess soll eine gesteuerte Prozessführung aufweisen und die für die Anmeldung verlangten Daten sollen auf das Minimum reduziert werden. Weitere geplante Erleichterungen sind die Einführung von elektronischen Zahlungsmöglichkeiten, die automatisierte Archivierung von Dokumenten und die automatisiere Vgl. eportal.admin.ch.

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Erledigung einfacher Einsprachen. Daneben führt die technische Neuausrichtung der IKT zu einer besseren Systemstabilität und sie reduziert Ausfälle oder Störungen.

­

Neben den beschriebenen allgemeinen Prozessanpassungen sollen Unternehmen, die spezifische Voraussetzungen erfüllen (Zahlungsfähigkeit, bisherige Einhaltung der regulatorischen Vorgaben usw.), weitere spezifische Erleichterungen ermöglicht werden. Namentlich betreffen diese die Aktivierung nach dem Verbringen der Waren über die Zollgrenze sowie die periodische Ergänzung einer anfänglich reduzierten Warenanmeldung im Einzelfall oder als Sammelanmeldung.

­

Schliesslich soll für Unternehmen die Planbarkeit der Zollabfertigung erhöht werden. Dies einerseits durch die automatisierte Plausibilisierung, welche die Fehlerquote bei Warenanmeldungen reduziert und somit Verzögerungen im Abwicklungsprozess verhindert. Andererseits macht die «Aktivierung» und Risikoanalyse den persönlichen Behördenkontakt beim Grenzübertritt in vielen Fällen überflüssig (sofern das Ergebnis der Risikoanalyse zu keiner Kontrolle führt). Zusätzlich sinkt die Wahrscheinlichkeit unbegründeter Kontrollen, da die datenbasierte Risikoanalyse gezieltere Kontrollen ermöglicht. Ein Unternehmen, beispielsweise ein Kleinstunternehmen, das eine Bierbraulizenz benötigt, wird somit bei der Einreichung der Steueranmeldung automatisch auf die fehlende Lizenz hingewiesen.

Nachfolgend werden die auf Abbildung 4 angegebenen Auswirkungen der Handlungspflichten auf die jeweilige Unternehmensgruppe erläutert. Die Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Gruppen werden gegenüber dem «Status quo» abgeschätzt und mit «+» für positive, «+/-» für neutrale, «-» für negative sowie « » für keine Auswirkungen, angezeigt. Die aus dem Erlass entstehenden Umstellungskosten für Unternehmen, inklusive der Budgetierung von Investitionen und Personalressourcen sowie Testphasen und Pilotbetriebe, fallen einmalig an. Auch kann es durch die Modernisierung von Systemen zu Anpassungen an den Abläufen in den Unternehmen kommen. Weitere Kosten können für die Anpassung der Branchensoftware anfallen.

Diese Anpassungskosten können aber erst abschliessend beurteilt werden, wenn die technische Umsetzung der Zollsysteme weiter fortgeschritten ist. Keine Umstellungskosten entstehen für die diejenigen Unternehmen, welche die kostenlos zur Verfügung gestellte Webanwendung des BAZG verwenden.

Abbildung 4 Auswirkungen der Handlungspflichten auf die Unternehmensgruppen

Unternehmen

Auswirkungen auf...

Bewilligen

Anmelden

Referenzieren

Aktivieren

Kontrollieren

Bezahlen

Mitwirken

KMUs

+

+

+/-

+

+

+

+

Grossunternehmen

+

+

+/-

+

+

+

+

Schwerverkehrsteilnehmer

+

+

+

+

+

+

Zoll- und Steuerlagerhalter

+ +

+

+

+

Spediteure

+/-

+

+

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Bewilligen Wenn Unternehmen von einer Bewilligung und damit zukünftig einen vereinfachten Prozess nutzenmöchten, müssen sie einen Erstaufwand in Form eines Bewilligungsverfahrens ­ heute ein papierbasiertes Verfahren ­ tätigen. Künftig sollen waren- und verfahrensbezogene Bewilligungen nach Möglichkeit automatisch ausgestellt werden. Netto sind durch die Vereinfachung positive Auswirkungen für KMUs und Grossunternehmen zu erwarten. Der Spediteur profitiert von Vereinfachungen, da dieser dank automatischer Prüfung per Schnittstelle für registrierte Kunden nicht mehr alle Bewilligungen einsammeln muss. Die Vereinheitlichung des Bewilligungsverfahrens für Zoll- und Steuerlager hat erwartungsgemäss eine positive Auswirkung und verbessert zudem die Qualität des Verfahrens sowie der Daten.

Anmelden Von einem Kundenkonto auf dem Portal mit Zugriff auf das Verzollungssystem profitieren insbesondere kleinere Unternehmen, welche heute ohne Branchensoftware Warenanmeldungen über edec-web bei einer Zollstelle einreichen. Diese Unternehmen können künftig Warenanmeldungen einfacher selbstständig erstellen und werden dabei durch das System unterstützt. Ebenfalls besteht die Möglichkeit auf bestehende Daten zuzugreifen um damit den Datenerfassungsaufwand zu reduzieren. Sofern die Anmeldung über eine Schnittstelle eingereicht wird, trägt das Gegenüber eine Mitverantwortung in Bezug auf den Regulierungsaufwand, da dieser auch von der Ausgestaltung der Branchensoftware abhängt. Branchensoftwarehersteller werden aufgrund der Anpassung der Zollsysteme mit Anpassungsaufwand konfrontiert werden. Diesen werden sie voraussichtlich an die Kunden weitergeben. Auf Zoll- und Steuerlager hat diese Handlungspflicht keine Auswirkungen.

Referenzieren KMU und Grossunternehmen können die meist auf den Spediteur ausgelagerte Referenzierung selber vornehmen. Die Referenzierung auf der Plattform wird stark vereinfacht und mit Hilfestellungen angeboten, wodurch eine neutrale Auswirkung erwartet wird.

Die Spediteure referenzieren im Strassenverkehr bereits heute auf dem Laufzettel und in der Warenanmeldung durch die Angabe des Transportmittels. In der Luftfahrt, Schifffahrt und dem Schienenverkehr erfolgt die Referenzierung bereits heute häufig elektronisch durch die Anbindung der Zollsysteme an die Systeme der Transporteure.
Aus diesen Gründen hat diese Handlungspflicht nach ersten Einschätzungen nur geringe Auswirkungen in Form von Mehraufwand für Spediteure und Unternehmen. Für Schwerverkehrsteilnehmer verringern sich durch die Referenzierung die Standzeiten an den Grenzübergängen massiv. Auf Zoll- oder Steuerlagerhalter hat diese Handlungspflicht keine Auswirkungen.

Aktivieren Mit der zukünftigen automatisierten Aktivierung über die Telematik der Fahrzeuge oder mittels einer App ermöglicht diese Handlungspflicht, dass insbesondere im Strassenverkehr auf die Erstellung und Vorlage des Laufzettels an den Hochkabinen verzichtet werden kann. Damit müssen Schwerverkehrsteilnehmer beim Grenzübertritt 408 / 436

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nicht mehr anhalten. Diese Handlungspflicht hat somit positive Auswirkungen auf Schwerverkehrsteilnehmer. Auf Zoll- oder Steuerlagerhalter hat diese Handlungspflicht keine Auswirkungen.

Kontrollieren Materielle Kontrollen sollen künftig automatisiert durch das System auf Grundlage einer Risikoanalyse ausgelöst werden. Dies kann zu gezielteren Kontrollen führen, die zudem über das Verhalten und die Qualität der Anmeldungen der KMU und Grossunternehmen gesteuert werden können. Schwerverkehrsteilnehmer werden aufgrund des Wegfalls der manuellen Ausstellung und Prüfung von Dokumenten (z. B. Laufzettel, LSVA-Beleg) weniger kontrolliert. Dies hat positive Auswirkungen auf die Spediteure, da die Ware schneller am Zielort ankommt. Auf Zoll- oder Steuerlagerhalter hat diese Handlungspflicht keine Auswirkungen.

Bezahlen Die Bezahlung kann durchgängig elektronisch erfolgen. Falls ein Verfahren elektronisch nicht möglich sein sollte, werden auch andere Zahlungsarten angeboten. Für KMUs beispielweise wird so eine maximale Flexibilität geboten, um auf die spezifischen Bedürfnisse reagieren zu können. Schwerverkehrsteilnehmer können Aufwand optimieren durch vorgängige, zeitlich flexible Zahlung, sofern diese durch die elektronische Referenzierung und Aktivierung noch nötig sein wird.

Mitwirken Bei der Mitwirkung bestehen bei KMUs und Grossunternehmen ähnliche Pflichten wie vorher. Erleichterungen werden jedoch bei der Einsprache vorgesehen. Die Schwerverkehrsteilnehmer profitieren ebenfalls von geringerem Mitwirkungsaufwand, da weniger Kontrollen anfallen. Auf Zoll- oder Steuerlagerhalter hat diese Handlungspflicht keine Auswirkungen.

6.5

Auswirkungen auf weitere gesellschaftliche Gruppen

Nachfolgend werden die in Abbildung 5 angegebenen Stossrichtungen der einzelnen Auswirkungen von den Handlungspflichten auf die jeweilige gesellschaftliche Gruppe erläutert. Die Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Gruppen werden gegenüber «Status quo» abgeschätzt und mit «+» für positive, «+/­» für neutrale, «-» für negative Stossrichtungen, sowie « » für keine Auswirkungen angezeigt.

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Abbildung 5 Auswirkungen der Handlungspflichten auf weiter gesellschaftliche Gruppen

Weitere Gruppen

Auswirkungen auf...

Bewilligen

Anmelden

+

+

Haushalte Staat und Regionen

Referenzieren

Aktivieren

Kontrollieren

Bezahlen

Mitwirken

+

+/-

+

Organisationen Ausland

+

+

+

+

Haushalte Die Senkung der Regulierungskosten kann zu sinkenden Preisen in der Schweiz führen, sofern es seitens Unternehmen zu einer Weitergabe der Einsparungen an die Haushalte kommt. Für die Haushalte kommt es gemäss Abbildung 5 bei den Handlungspflichten «Bewilligen», «Anmelden» sowie «Bezahlen» zu einer Kostenreduktion. Wie bei den Unternehmen eröffnet der Erlass auch hier die Möglichkeit, spezifisch für Privatpersonen, elektronische Kanäle zu nutzen. Der Einsatz digitaler Assistenten sowie der Fokus auf Benutzerfreundlichkeit bei der Entwicklung von Systemen und Apps erleichtert für Reisende die Erfüllung ihrer Abgabepflicht. Die bereits verfügbare «QuickZoll»-App führt ihre Benutzerinnen und Benutzer beispielsweise durch den gesamten Anmeldeprozess und ermöglicht damit die selbstständige, digitale Einreichung einer Warenanmeldung. Dadurch können Reisende Waren jederzeit anmelden und allfällige Abgaben bezahlen, ohne an Öffnungszeiten gebunden zu sein.

Staat und Regionen Das BAZG arbeitet in mehreren Zuständigkeitsbereichen mit den Kantonen zusammen. Die Möglichkeit der orts- und zeitunabhängigen Deklaration und Veranlagung im Warenverkehr wird die Notwendigkeit von physischen Zollstellen mit Öffnungszeiten deutlich reduzieren. Der Wegfall der zeitlichen und örtlichen Verkehrsbundelung eröffnet den Kantonen und Gemeinden neue Wege in der Verkehrspolitik.

Dienstleistungen für wenig routinierte Kundinnen und Kunden des BAZG werden an wenigen, bereits heute stark frequentierten Standorten gebündelt. Gleichzeitig wird das BAZG mit gezielterem Ressourceneinsatz in die Lage versetzt, an kleineren Grenzübergängen Präsenz zu zeigen, wenn dies die Sicherheitslage erfordert. Mit einer effizienteren Verteilung der Arbeit können auch kleinere Grenzübergänge personell besetzt werden, wobei dies jedoch immer mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

Organisationen Von der Vorlage sind auch all jene Organisationen betroffen, mit denen das BAZG bei der Erfüllung seiner Aufgaben zusammenarbeitet. Abbildung 5 zeigt neutrale Auswirkungen der Handlungspflichten auf die Organisationen, da diese von mässigen Auswirkungen in Form von verbesserter Datenqualität und -verfügbarkeit, von einem

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schnelleren, zuverlässigeren Datenaustausch und -abgleich (DaziT-Botschaft341) betroffen sein können.

Ausland Laut Abbildung 5 erfährt das Ausland Auswirkungen bei den Handlungspflichten «Anmelden», «Aktivieren», «Kontrollieren» sowie «Bezahlen». Bei allen Handlungspflichten ist die Zusammenarbeit mit dem Ausland von hoher Relevanz, um Regulierungskosten wirkungsvoll zu senken. Auch ausländische Unternehmen profitieren bei Anmeldungen von Hilfestellungen, zeitlicher Unabhängigkeit, historischen Daten und Vereinfachungen. Weiter erfolgt eine zeitnahe Plausibilisierung der Eingaben. Sofern das neue Verfahren der «Aktivierung» vom jeweilig benachbarten Staat auch umgesetzt und elektronisch erlaubt ist, kann beispielsweise der ausländische Fahrer ohne anzuhalten die Grenze passieren. Ist dies nur in der Schweiz umgesetzt, muss der Fahrer nach wie vor an der Grenze anhalten. Für den Staat und die Regionen führen gezieltere Kontrollen zu weniger Staus und somit zu möglichen Entlastungen in den Grenzgebieten. Dies wirkt sich auch positiv auf das angrenzende Ausland aus. Die Zahlungsmöglichkeiten vereinfachen die Abwicklung für ausländische Reisende oder Transporteure. So kann bargeldlos bezahlt werden, wodurch keine Bargeldhaltung in Fremdwährungen nötig ist.

6.6

Zweckmässigkeit im Vollzug des Erlasses

Die Anliegen und Anforderungen der Wirtschaft werden bei der Ausarbeitung des vorliegenden Erlasses kontinuierlich in engem Austausch mit Wirtschaftsvertretern aufgenommen und berücksichtigt. Der Austausch erfolgt über die Begleitgruppe Wirtschaft sowie die zusätzlich gegründeten Arbeitsgruppen. Parallel zur Ausgestaltung der künftigen Haupt-Verordnung zum E-BAZG-VG, der E-BAZG-VV, wird eine umfangreiche Regulierungsfolgeabschätzung durchgeführt, um die Auswirkungen der Gesetzes- und Verordnungsrevision mit betroffenen Unternehmen abzuschätzen. Das BAZG ist bemüht, den engen Austausch mit der Wirtschaft stetig aufrechtzuerhalten und die Wirtschaftsvertreter in die Ausgestaltung der Prozesse einzubeziehen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind bereits erste Massnahmen vorgesehen. Diese beinhalten unter anderem, dass zwingende Prozess- und Systemumstellungen mit Auswirkungen auf Unternehmen in der Regel im zweiten Quartal des Vorjahres angekündigt werden.

Dadurch wird Unternehmen die Möglichkeit geboten, Investitionen und Personalressourcen rechtzeitig zu budgetieren und bereitzustellen. Die flächendeckende Einführung von neuen Fachprozessen und Anwendungen wird erst nach erfolgreichen Testphasen und Pilotbetrieben durchgeführt und erfolgt grundsätzlich schrittweise. Somit wird das Risiko für Fehler minimiert und es kann sichergestellt werden, dass ein Kundennutzen realisiert werden kann. Im Zusammenhang mit der Einführung von digitalen Lösungen, die ein papierbasiertes Verfahren ablösen, wird mit geeigneten Anreizen gearbeitet, um die flächendeckende Nutzung möglichst schnell umzusetzen. Der Betrieb von bestehenden Anwendungen soll nach Einführung einer neuen Anwendung für mindestens sechs Monate garantiert sein. Schliesslich werden Massnahmen 341

BBl 2017 1719, hier 1742.

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ergriffen, um den gegenseitigen Austausch zu fördern: So werden von Seiten des BAZG aktiv über wichtige Meilensteine, laufende Arbeitsgruppen sowie Pilotbetriebe informiert, Unterlagen öffentlich zugänglich gemacht und Mitwirkungsmöglichkeiten geschaffen.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

7.1.1

Rechtsetzungskompetenz des Bundes im Bereich Zölle, Abgaben und Sicherheit

Nach den verfassungsrechtlichen Regeln der Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Kantonen kann der Bund dann gesetzgeberisch tätig werden, wenn die Bundesverfassung ihm die notwendige Kompetenz zuweist. Wo keine solche Kompetenzzuweisung vorliegt, sind nach den allgemeinen Regeln die Kantone zuständig.

(Art. 3 und 42 Abs. 1 BV).

Gemäss Artikel 133 BV ist die Gesetzgebung über Zölle und andere Abgaben auf dem grenzüberschreitenden Warenverkehr Sache des Bundes. Laut dieser Verfassungsbestimmung hat der Bund in Bezug auf die Zölle sowie auf die zollähnlichen Abgaben eine umfassende und ausschliessliche («ist Sache des Bundes») ­ jedoch nicht verpflichtende Gesetzgebungskompetenz. Des Weiteren folgt als Annexkompetenz (begrenzte Sachzuständigkeit, die sich aus einer expliziten Bundeskompetenz ableiten lässt)342 auch die Zuständigkeit zur Regelung der Sicherheitsgewährleistung in diesem Bereich343. Demgegenüber verfügen die Kantone über keine Kompetenzen im Zollwesen.

Eine weitere Verfassungsgrundlage im Bereich der Sicherheit des Landes und den Schutz der Bevölkerung findet sich in Artikel 57 der BV. Diese gilt als zentrale Bestimmung der Sicherheitsverfassung und richtet sich sowohl an den Bund als auch an die Kantone344. Artikel 57 Absatz 2 BV verankert eine Koordinationspflicht. Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Zusammenhang mit der darin statuierten Koordinationspflicht ist nur dann gegeben, wenn es sich um Sicherheitsbelange handelt, die mindestens teilweise in die Zuständigkeit des Bundes fallen und die aus dessen Sicht eine Koordination unter Einbezug oder Leitung des Bundes erfordern. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann der Bund in Ausübung der auf Artikel 57 Absatz 2 BV gestützten Gesetzgebungskompetenz auch Belange regeln, die an sich in

342

Massgebend für die Frage, ob die Bundesverfassung dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz zuweist, ist nicht allein der Verfassungstext. Neben den ausdrücklich genannten Gesetzgebungskompetenzen des Bundes gibt es auch implizite Kompetenzen des Bundes.

So gibt es sicherheitsrelevante Teilzuständigkeiten kraft Sachzusammenhangs gestützt auf die Zollhoheit des Bundes nach Art. 133 BV. Siehe auch: Bericht «Malama», BBl 2012 4459, hier 4487 und Fn 67.

343 Bereits das GWK hat sicherheitspolizeiliche Aufgaben wahrgenommen. Dies waren z. B. die Kontrolle des Waffen- und Betäubungsmittelhandels oder ­ beschränkt auf das Zollgebiet und den Grenzraum ­ die Anhaltung und Durchsuchung von Personen.

344 Bericht «Malama», BBl 2012 4459, hier 4485.

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den Zuständigkeitsbereich der Kantone fallen. Nur in diesem engen Sinn ist die Bestimmung für den Bund kompetenzbegründend345. Gemäss dieser Bestimmung koordinieren der Bund und die Kantone ihre Anstrengungen im Bereich der inneren Sicherheit.

7.1.2

Kompetenzaufteilung Bund und Kantone

Weiter regelt Artikel 43a BV, dass der Bund nur diejenigen Aufgaben, welche die Kraft der Kantone übersteigen oder einer einheitlichen Regelung durch den Bund bedürfen, übernimmt. Es handelt sich hierbei um eine Konkretisierung des in Artikel 5a BV verankerten Subsidiaritätsprinzips. Gemäss Artikel 3 und 42 BV darf der Bund aber nur dann eine Aufgabe übernehmen, wenn er über eine entsprechende Zuständigkeit verfügt. Dies gilt dementsprechend auch für den Sicherheitsbereich.

Die durch die Bundesverfassung festgelegte verfassungsrechtliche Ordnung gilt es selbstverständlich auch im Bereich der inneren und äusseren Sicherheit zu respektieren. So stellte das Bundesgericht346 fest, dass den Kantonen, aufgrund ihrer Stellung als selbstständiges Gemeinwesen, für ihr Gebiet primär die allgemeine Polizeihoheit zukommt347. Dass die Polizeihoheit den Kantonen obliegt, bestätigt auch der Bundesrat in konstanter Praxis348. Über diese Polizeihoheit in ihrem Territorium verfügten die Kantone bereits als sie sich 1848 zum Bundesstaat zusammenschlossen. Somit besteht hier eine sogenannte originäre, das heisst ursprüngliche und nicht aus der Bundesverfassung abgeleitete Kantonskompetenz. Diese besteht auch heute noch, da der Verfassungsgeber diese Zuständigkeit im Bereich des Polizeirechts auch nie genommen hat.

Die Totalrevision des Zollrechts respektiert die originäre kantonale Polizeihoheit auch weiterhin. Das BAZG arbeitet mit denjenigen Kantonen zusammen, die es wünschen, ohne dabei die kantonale Polizeihoheit zu tangieren. Wie bisher müssen die Aufgaben, welche Gegenstand der Verwaltungsvereinbarungen sind, einerseits durch die Gesetzgebung des Bundes an die Kantone übertragen worden sein und sie müssen andererseits auf Seiten des BAZG mit dem Vollzug der nichtabgaberechtlichen Erlasse im Zusammenhang stehen. Die konkrete Zusammenarbeit zwischen dem BAZG und den Kantonen wird in Verwaltungsvereinbarungen zwischen dem EFD und dem jeweiligen Kanton geregelt. Dieses Vorgehen gab es schon unter bisherigem Recht und ist dementsprechend auch verfassungskonform349.

345 346 347

Bericht «Malama», BBl 2012 4459, hier 4486.

BGE 117 Ia 202, hier S. 216.

Siehe hierzu auch: Botschaft des Bundesrates vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 1, hier S. 130.

348 Z. B. Botschaft des Bundesrates vom 29. August 2007 zu einer Verfassungsbestimmung über die Bekämpfung von Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen (Hooliganismus) sowie zu einer Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS), BBl 2007 6477.

349 Bericht «Malama», BBl 2012 4459, hier 4565.

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7.1.3

BAZG ­ Zuständigkeit und Organisation

Mittels vorliegender Gesetzesvorlage wird das BAZG vom Bundesgesetzgeber ­ wie schon bisher ­ mit den erforderlichen Aufgaben im Rahmen der Bundeskompetenzen im Bereich Zölle, Abgaben und Sicherheit beauftragt, wobei der Fokus auch darauf gelegt wird, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, damit das BAZG als Organisation den heutigen und zukünftigen Anforderungen gerecht werden kann.

Die Weiterentwicklung der Organisation wurde mit der Umbenennung der EZV in das BAZG350 sichtbar verankert. Bei Letzterem handelt es sich aber nicht um ein neues Bundesamt mit grundsätzlich neuer Ausrichtung. Das BAZG ist ­ wie bereits früher die EZV ­ eine Fiskal- und Sicherheitsbehörde sein351. Dementsprechend ergibt sich in Bezug auf die Vereinbarkeit mit der Bundesverfassung keine Änderung.

Im Vordergrund der organisatorischen Weiterentwicklung standen dabei die die Erwartungen von Politik, Wirtschaft sowie Reisenden hinsichtlich einfacher und kostengünstiger Verfahren und die Wirksamkeit und Effizienz des BAZG als Ganzes.

Dazu zählt die Stärkung der operativen Tätigkeit und die Flexibilität des Ressourceneinsatzes. Dies ist auch ein Grund warum auf die Nennung von Organisationseinheiten im E-BAZG-VG verzichtet wird und stattdessen aufgabenorientierte Umschreibungen verwendet wurden.

Die neue einheitliche Ausbildung der Fachspezialistinnen und Fachspezialisten Zoll und Grenzsicherheit, erlaubt es dem BAZG zukünftig, sein Personal situativ und bedarfsgerecht einzusetzen. Die einheitliche Uniformierung ist im Sinne eines Corporate Designs zu verstehen, was bei vielen Behörden, wie zum Beispiel bei der Kantonsund Stadtpolizei schon lange Usus ist. Die Uniformierung dient auch dazu, dass der für den Bürger sofort erkennbar ist, mit welcher Behörde er zu tun hat.

Die Regelungen zur Bewaffnung sahen vor, dass das Personal des GWK immer bewaffnet war und das übrige Personal352 bei Aufgaben mit ähnlicher Bedrohung wie das GWK bewaffnet werden konnte353. Auch diese Gesetzesvorlage sieht keine Bewaffnung des ganzen Personals des BAZG vor. So tragen ­ wie bereits zu Zeiten der EZV ­ nur jene Mitarbeitenden des BAZG eine Waffe, welche diese zur Erfüllung ihres Auftrags bedürfen und die dementsprechend auch über eine entsprechende Ausbildung verfügen. Es sind aktuell rund 2450 Mitarbeitende des BAZG mit einer Schusswaffe
bewaffnet. Die aktuell beim BAZG angestellten unbewaffneten Mitarbeitenden, welche in das neue Berufsbild überführt werden, können entscheiden, ob sie künftig eine Schusswaffe tragen wollen, was entsprechende Auswirkungen auf die Einsatzmöglichkeiten hat. Mitarbeitende, die unter dem neuen Berufsbild «Fachspezialist/in Zoll und Grenzsicherheit» angestellt werden, werden grundsätzlich alle eine Schusswaffe tragen. Wie in der Antwort auf die Interpellation Rytz vom

350 351

Die Bezeichnungsänderung trat bereits per 1. Januar 2022 in Kraft.

Diese Dualität geht im Übrigen auch aus dem Amtsnamen «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit» hervor.

352 Das übrige Personal umfasste das Personal der Hauptabteilung Zollfahndung, das im Reiseverkehr eingesetzte Personal und dasjenige der mobilen Teams für Kontrollen im Zollgebiet oder am Domizil.

353 Artikel 228 ZV.

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19. März 2021 (21.3421 «Handelt die Zollverwaltung heute illegal?») erwähnt, können zurzeit keine näheren Angaben gemacht werden zur Art der Bewaffnung oder der Anzahl der zu Bewaffnenden.

7.1.4

Abgaben

Mit dem E-BAZG-VG wird die Harmonisierung der Erhebung aller in die Zuständigkeit des BAZG fallenden Abgaben bezweckt. Hier musste bei den Anpassungen der jeweiligen Abgabeerlasse auch Artikel 127 Absatz 1 BV berücksichtigt werden. Dieser sieht vor, dass die Ausgestaltung der Steuern, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, der Gegenstand der Steuer und deren Bemessung, in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln ist. In allen in Artikel 8 E-BAZG-VG aufgeführten Abgabeerlassen sind deshalb nach wie vor Bestimmungen über den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand der Abgabe und deren Bemessung enthalten, auch wenn diese zum Teil nur in einem Verweis auf das E-BAZG-VG bestehen. Die Verfassungsmässigkeit bleibt somit auch unter dem neuen Zollrecht gewährleistet.

7.1.5

Datenbearbeitung

Die Bearbeitung von Personendaten durch das BAZG hat im E-BAZG-VG und auf Stufe Verordnung eine detaillierte gesetzliche Grundlage und ist verhältnismässig ausgestaltet, sodass keine Verletzung des Schutzes der Privatsphäre nach Artikel 13 BV vorliegt. Mit der Qualitätssicherung der Datenbearbeitung wird zudem proaktiv, laufend die Einhaltung der Grundrechte der BV überprüft (vgl. Art. 170 E-BAZG-VG). Insbesondere wird bei der Überprüfung auf die Einhaltung des Willkür- und Diskriminierungsverbots bei der Bearbeitung von Daten im Rahmen von Risikoanalysen und von Profilings und Profiling mit hohem Risiko geachtet (Art. 170 Abs. 2 Bst. d E-BAZG-VG). Die Bearbeitung von Personendaten durch das BAZG ist daher verfassungskonform.

7.1.6

Elektronisches Verfahren

Die Digitalisierung bringt zwangsläufig auch die allgemeine Verpflichtung mit sich, dass die der Abgabepflichtigen die digitalen Verfahren anwenden. Dieses Verfahren erstreckt erstrecken sich von der Warenanmeldung über die Veranlagung bis zum verwaltungsinternen Rechtsmittelverfahren (vgl. Art. 15 Abs. 1, Art. 75, Art. 79 Abs. 1, 85 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 3 E-BAZG-VG).

Im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Teilnahme am elektronischen Verfahren gilt es auch die in Artikel 29 BV verankerten Verfahrensgarantien sowie das Verhältnismässigkeitsgebot nach Artikel 5 BV zu beachten.

Die Gewährleistung der Rechtssicherheit des Rechtssuchenden hängt stark davon ab, ob staatliche Verfahren innert angemessener Frist (Artikel 29 Absatz 1 BV) abgeschlossen werden können. Mit Hilfe der elektronischen Eröffnung einer Verfügung 415 / 436

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und der Möglichkeit auf elektronischem Weg Eingaben beim BAZG zu machen oder aber auch der elektronischen Akteneinsicht, können Anliegen schneller und effizienter behandelt werden, womit auch Artikel 29 Absatz 1 BV Rechnung getragen wird.

Des Weiteren wird auch dem in Artikel 29 Absatz 2 BV verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör genüge getan. Dieser Verfassungsartikel gibt der abgabepflichtigen Person das Recht, sich vor Erlass eines in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zu äussern, Akteneinsicht zu erhalten, Beweisanträge zu stellen sowie an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dies geeignet ist den Entscheid zu beeinflussen354.

Gemäss Artikel 5 Absatz 2 BV muss staatliches Handeln verhältnismässig sein. Mit der grundsätzlichen Verpflichtung der elektronischen Durchführung aller vor dem BAZG geführten schriftlichen Verfahren lassen sich weitreichende Effizienzgewinne inner- und ausserhalb der Verwaltung realisieren. In den vergangenen Jahren wurde die Mehrheit der Zollanmeldungen bereits elektronisch erfasst. Vor diesem Hintergrund ist eine grundrechtliche Einschränkung der Betroffenen durch die gesetzliche Verpflichtung zum elektronischen Verfahren gering und somit auch verhältnismässig.

Des Weiteren ist die Verhältnismässigkeit durch die vorgesehene Möglichkeit von Ausnahmen, die der Bundesrat bestimmen kann (Art. 75 Abs. 2 E-BAZG-VG), gewährleistet. Diese betreffen namentlich den Reiseverkehr.

7.1.7

Befugnisse

Die in die Grundrechte des Gegenübers und von Drittpersonen eingreifenden Bestimmungen über die Befugnisse des BAZG (7. Titel E-BAZG-VG) entsprechen inhaltlich weitgehend den bisherigen Befugnissen des BAZG beziehungsweise der ehemaligen EZV gemäss den Artikeln 30, 31, 36 und vor allem 100­108 ZG.

7.1.8

Vereinfachte Vernichtung von Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert

Für die Bewältigung des Massengeschäfts und insbesondere für illegale Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert, welche im Online-Handel eingeführt werden, erhält das BAZG eine neue Befugnis. Die Bestimmung orientiert sich dabei an der Verordnung (EU) Nr. 608/2013355, welche eine vereinfachte Vernichtungsregelung für Waren vorsieht, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen.

Neu kann das BAZG Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert vernichten, wenn diese gegen einen nichtabgaberechtlichen Erlass verstossen, der betreffende nichtabgaberechtliche Erlass dies vorsieht und die berechtigte Person mit der 354 355

BGE 127 I 54, hier S. 56.

Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates, ABl. L 181 vom 29. Juni 2013, S. 15.

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Vernichtung einverstanden ist. Ist die Sendung mengen- oder wertmässig besonders gering oder ist keine berichtigte Person vorhanden, so kann das BAZG diese auch ohne Anhörung vernichten. Der Bundesrat regelt, in welchen Fällen eine Ware in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert vorliegt und wann diese mengen- und wertmässig gering ist, sodass keine Anhörung der berechtigten Person erfolgen muss.

Zudem regelt der Bundesrat auch den Ablauf des Verfahrens.

Gemäss Artikel 36 BV ist ein Eingriff in die Eigentumsgarantie nach Artikel 26 BV gerechtfertigt, wenn eine gesetzliche Grundlage dies vorsieht, ein öffentliches Interesse besteht und die Grundrechtseinschränkung verhältnismässig ist. Mit Artikel 110 E-BAZG-VG besteht eine Grundlage im Gesetz. Des Weiteren kann auch das Vorliegen eines öffentlichen Interesses bejaht werden, da mit einer solchen Vorgehensweise dafür gesorgt werden kann, dass keine Waren in die Schweiz eingeführt werden, die gegen gesetzliche Vorgaben verstossen (z. B. ein Mobilfunkgerät, welches gegen das FMG verstösst).

Schliesslich ist auch die Verhältnismässigkeit gegeben, da die Massnahme einerseits geeignet, erforderlich als auch zumutbar ist.

Der Eingriff in die Eigentumsgarantie nach Artikel 26 BV ist somit gerechtfertigt.

7.1.9

Fesselung

Die Befugnis «Fesselung» (Art. 105 E-BAZG-VG) ist an und für sich nicht neu. So durften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon bisher Zwang anwenden und hierbei namentlich Fesselungsmittel einsetzen (Art. 106 Abs. 2 Bst. b ZG i. V. m. Art. 227 Abs. 2 Bst. a und Art. 229 ZV). Das ist jedoch weder im heutigen Zollrecht noch im ZAG genügend geregelt. Mit der expliziten Regelung auf Gesetzesstufe wird man den Anforderungen an eine genügende gesetzliche Grundlage gerecht. Schliesslich wird auch die Verhältnismässigkeit der Beschränkung des Rechts auf persönliche Freiheit nach Artikel 10 BV sichergestellt. Die Fesselung ist daher als verfassungskonform einzustufen.

7.1.10

Bestellung unter fiktivem Namen

Ebenfalls neu ist die Befugnis «Bestellung unter fiktivem Namen» (Art. 112 EBAZG-VG). Die Bestellung unter fiktivem Namen entspricht in ihrem Zweck und in ihrer Eingriffstiefe Artikel 66 Absatz 3 HMG. Angesichts der neuen technischen Möglichkeiten benötigt das BAZG diese Befugnis, um Kontrollen effektiver gestalten beziehungsweise in gewissen Fällen überhaupt durchführen zu können. Das BAZG kann sowohl in abgaberechtlichen als auch in nichtabgaberechtlichen Erlassen Bestellungen unter fiktivem Namen tätigen, sofern und soweit ihm die Strafverfolgung in diesem Bereich obliegt. Ein Eingriff in die Kompetenzen anderer Behörden durch das BAZG ist daher ausgeschlossen. Ebenfalls gering ist der Eingriff in die Freiheitsrechte bei einer Bestellung unter fiktivem Namen, da es für viele Verkäufer keine Rolle spielt, wer der Käufer wirklich ist. Schliesslich kann eine Bestellung unter fiktivem

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Namen erst dann getätigt werden, wenn die bisherigen Abklärungen erfolglos geblieben sind oder weitere Abklärungen sonst aussichtslos wären beziehungsweise unverhältnismässig erschwert würden. Die Bestellung unter fiktivem Namen ist somit als verfassungskonform anzusehen.

7.1.11

Strafverfolgung

7.1.11.1

Deklarantenstrafpraxis

Neu auf Gesetzesstufe verankert wurde zudem die Möglichkeit, in gewissen Fällen auf eine Strafverfolgung zu verzichten (Art. 196 E-BAZG-VG). Buchstabe b der Bestimmung bildet die Rechtsgrundlage für die Fortführung der von der EZV von 2009 bis Ende 2016 gehandhabten Strafpraxis in Bezug auf beruflich tätige Warenanmelder («Deklarantenstrafpraxis»). Im Hinblick auf das Rechtsgleichheitsgebot von Artikel 8 BV knüpft die Bestimmung nicht an eine berufliche Tätigkeit, sondern an die Sondersituation an, welche sich aus dieser Tätigkeit ergibt. Auf diese Weise können ähnlich betroffene Personen (z. B. eine Vielzahl von Zollanmeldungen pro Tag, kein Eigeninteresse, komplizierte Aufgaben, Vornahme rechtlicher Beurteilungen) gleich behandelt werden.

Das BJ hält Artikel 196 E-BAZG-VG demgegenüber für verfassungswidrig. Dass die Deklaranten nicht explizit genannten werden, ändert nichts an der Tatsache, dass die Norm auf sie zugeschnitten ist. Ein rechtswesentlich vergleichbares Verhalten kann prinzipiell nicht für einen Teil von Personen (Deklaranten; Art. 196 Bst. b E-BAZG-VG) strafunwürdig sein, beim anderen Teil (alle übrigen Anmeldepflichtigen; Art: 196 Bst. a E-BAZG-VG) aber als strafwürdig gelten. Die Sorgfaltspflichtverletzung einer beruflich deklarierenden Person würde also im Vergleich zu einer nicht beruflich deklarierenden Person privilegiert behandelt; dies in Umkehrung des Grundsatzes, dass für berufsmässige Akteure eigentlich höhere Sorgfaltspflichten gelten sollten. Wird ein Verhalten als strafunwürdig qualifiziert, muss dies prinzipiell für alle Personen gleichermassen gelten. Die zur Rechtfertigung für die rechtsungleiche Behandlung vorgebrachten Argumente stellen keine sachlichen Gründe dar, die eine Ungleichbehandlung in der Rechtsetzung zu legitimieren vermöchten.

7.1.11.2

Verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen

Ebenfalls neu ist die strafrechtliche Untersuchungsmassnahme «verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen» (Art. 206 E-BAZG-VG). Die verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen ermöglicht es dem BAZG, im Rahmen von Strafuntersuchungen oder der Überprüfung eines konkreten Verdachts, im virtuellen Raum in Kontakt mit Personen zu treten, ohne jedoch seine wahre Identität preisgeben zu müssen. Diese Massnahme ist notwendig, da Kriminelle ansonsten mittels Rückzugs ins Internet praktisch risikofrei agieren könnten. Die Untersuchungsmassnahme ist stark an die verdeckte Fahndung nach Artikel 298a StPO angelehnt, geht aber in ihrem Anwendungsbereich weniger weit, da sie auf virtuelle Räume beschränkt ist. Zudem wendet das BAZG die

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verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen nur in den Bereichen an, in denen es ausschliesslich zuständig ist. Ein Eingriff in die Kompetenzen anderer Behörden durch das BAZG ist daher ausgeschlossen.

Bei der verdeckten Fahndung in virtuellen Räumen erscheint der Eingriff in die Freiheitsrechte der Betroffenen als gering, da es sich um eine einfache Falschangabe der echten Identität handelt und keine Legendierung i. S. v. Artikel 285a StPO erfolgt. Es werden somit keine Urkunden zur Täuschung benutzt und es wird keine persönliche Beziehung aufgebaut. Die verdeckte Fahndung in virtuellen Räumen ist als verfassungskonform anzusehen.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage beeinflusst das Verhältnis zum Völkerrecht nicht. Sie ist vereinbar mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, wie sie u. a.

­

im Abkommen vom 25. Juni 2009 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Erleichterung der Kontrollen und Formalitäten im Güterverkehr und über zollrechtliche Sicherheitsmassnahmen356;

­

im internationalen Übereinkommen vom 21. Oktober 1982 zur Harmonisierung der Warenkontrollen an den Grenzen357;

­

im Übereinkommen vom 26. Juni 1990 über die vorübergehende Verwendung (Istanbuler Übereinkommen)358;

­

im internationalen Übereinkommen vom 18. Mai 1973 zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren359;

­

im Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen)360;

­

im Schengen-Assoziierungsabkommen vom 26. Oktober 2004361;

vorgesehen sind. In diversen Ziffern der Erläuterung wird darauf eingegangen (vgl.

dazu die Ausführungen unter Ziff. 3).

In die Vorlage übernommen wird auch der bisherige Artikel 15 ZG betreffend Verpflichtung zur Bezahlung des Ausserkontingentszollansatzes auf dem Lagerüberhang von landwirtschaftlichen Erzeugnissen ausserhalb der Bewirtschaftungsphase. Die Vereinbarkeit dieses Artikels mit dem internationalen Handelsrecht könnte von Handelspartnern infrage gestellt werden.

356 357 358 359 360 361

SR 0.631.242.05 SR 0.631.122 SR 0.631.24 SR 0.631.20 SR 0.142.112.681 SR 0.362.31

419 / 436

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7.3

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen, insbesondere jene, die verfassungsmässige Rechte berühren, in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen. Dies ist mit der Vorlage gewährleistet.

Bei der Änderung des Bundesbeschlusses vom 17. Dezember 2004362 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin handelt es sich nicht um eine rein klassische Bezeichnungsanpassung, die formlos gestützt auf Artikel 12 Absatz 2 PublG hätte vorgenommen werden können. Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn für das Grenzwachtkorps nur eine neue Bezeichnung eingefügt worden wäre.

Vorliegend wurde jedoch der Begriff «Grenzwachtkorps» einmal durch «BAZG» und ein weiteres Mal durch die aufgabenbezogene Formulierung «die mit Sicherheitsaufgaben betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG» ersetzt. Dies alles kommt einer materiellen Änderung gleich und sprengt den Rahmen von Artikel 12 PublG. Da Artikel 1 Absatz 3 des Bundesbeschlusses inhaltlich zudem eher in ein formelles Gesetz gehörte, untersteht die diesbezügliche Änderung dem fakultativen Referendum.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die DaziT-Vorlage, das heisst das Digitalisierungs- und Transformationsprogramm, untersteht der Ausgabenbremse (vgl. DaziT-Botschaft363) gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV, da sie einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken nach sich zieht. Der Gesamtkredit von 393 Millionen Franken wurde jedoch von den eidgenössischen Räten bereits mit der Botschaft verabschiedet.

Die vorliegende Revision selber hat hingegen keine solche Wirkungen und unterliegt daher nicht der Ausgabenbremse.

7.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Die Vorlage tangiert die Aufgabenteilung oder die Aufgabenerfüllung durch Bund und Kantone nicht.

7.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die Vorlage sieht weder Finanzhilfen noch Subventionen vor.

362 363

SR 362 BBl 2017 1719, hier 1792.

420 / 436

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7.7

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Das E-BAZG-VG (inkl. Anhang 2) und das E-ZoG enthalten diverse Delegationsnormen zum Erlass von Verordnungsrecht, das teilweise über den Erlass von blossen Ausführungsbestimmungen hinausgeht. Solche Delegationen finden sich vor allem in Bereichen, in denen sich das Umfeld schnell wandelt. Dort müssen auch Rechtsnormen rasch, das heisst auf dem Verordnungsweg angepasst werden können. Dasselbe gilt für den technischen Bereich. Dort macht eine Konkretisierung auf Gesetzesebene ebenso wenig Sinn.

Wie bereits erwähnt, finden sich auch im Anhang 2 zum E-BAZG-VG Delegationsnormen. Heute bereits bestehende Delegationsnormen, bei welchen nur eine formelle Bezeichnungsänderung von «EZV» zu «BAZG» erfolgt beziehungsweise neu nicht mehr vom ZG, sondern vom E-ZoG die Rede ist, in der nachfolgenden Liste nicht aufgeführt sind. Aufgeführt sind demgegenüber Delegationen, die heute schon bestehen, aber materielle Bezeichnungsänderungen betreffen (Bsp.: Änderung bei der Kompetenz des Bundesrats, den Datenzugriff des «BAZG» zu regeln statt den Zugriff der «Grenzwacht- und Zollorgane»).

Nachstehend werden die in den Entwürfen vorgenommenen Delegationen aufgelistet.

Im Einzelnen kann der Bundesrat in folgenden Bereichen Bestimmungen erlassen: E-BAZG-VG: ­

Vollzug völkerrechtlicher Verträge (Art. 3 Abs. 2);

­

Übertragung Vollzug dringlicher Bundesaufgaben im Bereich des grenzüberschreitenden Verkehrs (Art. 9);

­

Zollausschlussgebiete (Art. 11 Abs. 3);

­

andere Form der Warenanmeldung als elektronische (Art. 15 Abs. 1);

­

Vereinfachte Warenanmeldung für bestimmte Waren (Art. 15 Abs. 3);

­

Zeitpunkt der Warenanmeldung ­ wichtige Sonderfälle sowie bewilligungspflichtige Ausnahmen (Art. 16 Abs. 1 Bst. b und f sowie Abs. 2 und 3);

­

Erleichterungen betreffend das Veranlagungsverfahren (Art. 23);

­

Warenbestimmungen ­ Verfahren, Bewilligungsvoraussetzungen und weitere Warenbestimmungen (Art. 24 Abs. 3 und 4);

­

vorübergehende Einfuhr zur aktiven Veredelung ­ Äquivalenzverkehr, Einschränkungen, Bewilligungsvoraussetzungen sowie Information und Konsultation der interessierten Kreise (Art. 28 Abs. 2 und 4 sowie Art. 29 Abs. 1 und 3);

­

vorübergehende Ausfuhr zur passiven Veredelung ­ Äquivalenzverkehr, Einschränkungen und Bewilligungsvoraussetzungen (Art. 30 Abs. 2 und 4 sowie Art. 31);

­

Ein- oder Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung ­ Einschränkungen (Art. 32 Abs. 5);

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­

Warenbestimmung des Verbringens in ein Zolllager ­ Bewirtschaftung während der Lagerhaltung sowie Lagerung von zur Ausfuhr aus dem freien Verkehr veranlagter Waren (Art. 33 Abs. 3 und 4);

­

Warenbestimmungen des Verbringens in ein Steuerlager ­ Voraussetzungen für die Einrichtung und den Betrieb von Steuerlagern, Beförderung zwischen Zollgrenze und Steuerlagern sowie zwischen Steuerlagern (Art. 34 Abs. 3);

­

zugelassener Wirtschaftsbeteiligter (AEO) ­ Voraussetzungen, Bewilligungsverfahren und Verfahrenserleichterungen (Art. 35 Abs. 2);

­

Eignungsvoraussetzungen für Personen, die gewerbsmässig Warenanmeldungen erstellen, sowie Sitzpflicht (Art. 36 Abs. 2 und 3);

­

Entstehung der (Art. 38 Abs. 2);

­

Ausnahmen von der bargeldlosen Zahlung (Art. 48 Abs. 1);

­

teilweise, pauschale oder Verzicht auf Sicherstellung von Abgabeforderungen (Art. 52 Abs. 4);

­

teilweise, pauschale oder Verzicht auf Sicherstellung von noch nicht entstandener Forderungen für Waren, die sich in Steuerlagern befinden (Art. 53 Abs. 2);

­

Ausnahmen von der bargeldlosen Sicherheitsleistung durch Geldhinterlage (Art. 55 Abs. 2);

­

Tilgungsreihenfolge bei Pfandverwertung (Art. 57 Abs. 2);

­

Pfandverwertung ­ Verfahren der Versteigerung, Voraussetzungen Freihandverkauf und Verzicht auf Pfandverwertung (Art. 63 Abs. 5);

­

Einlagerin und Einlagerer eines Zolllagers ­ Voraussetzungen und elektronische Lagerbuchhaltung (Art. 67 Abs. 2 und 5);

­

Beschränkung der Einlagerung im Steuerlager auf bestimmte Waren (Art. 69 Abs. 4);

­

Bewilligung für den Betrieb von Zollfreiläden (Art. 71 Abs. 3);

­

Bewilligung für die Lagerung von Vorräten des nicht freien Verkehrs für Bordbuffetdienste; Bewilligungsvoraussetzungen (Art. 72 Abs. 2);

­

Ausnahmen vom elektronischen Verfahren (Art. 75 Abs. 2);

­

Verfahrensrechtliche Modalitäten bei Ausfall oder Nichterreichbarkeit des Systems (Art. 76);

­

Aufbewahrung von Daten und Dokumenten ­ Ausnahmen, Sonderfälle, aufbewahrungspflichtige Personen, aufzubewahrende Daten und Dokumente, Aufbewahrungsform, Zugriff des BAZG auf die aufzubewahrenden Daten und Dokumenten sowie Voraussetzungen zur Abgabenachforderung bei Nichteinhaltung der Aufbewahrungspflicht (Art. 83 Abs. 2 und 3);

­

Gewichtung der nichtabgaberechtlichen Vollzugsaufgaben (Art. 98 Abs. 2);

422 / 436

Abgabeschuld

bei

unterlassener

Warenanmeldung

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­

welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Anwendung polizeilicher Massnahmen berechtigt sind (Art. 101 Abs. 3);

­

vereinfachte Vernichtung von Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert (Art. 110 Abs. 3 und 4);

­

verfahrensrechtliche Einzelheiten zum Einsatz von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten (Art. 111 Abs. 2);

­

Zulassung und Einsatz weiterer Hilfsmittel als gemäss Zwangsanwendungsgesetz (Art. 113 Abs. 5);

­

Verwendung von nicht besonders schützenswerten Personendaten und nicht besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen für die Risikoanalyse (Art. 132 Abs. 5);

­

Verwendung von nicht besonders schützenswerten Personendaten und nicht besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen für Profiling oder Profiling mit hohem Risiko (Art. 134 Abs. 5);

­

Zugriffe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG auf nicht besonders schützenswerte Personendaten und nicht besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen (Art. 135 Abs. 3);

­

Bekanntgabe von nicht besonders schützenswerten Personendaten und nicht besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen (Art. 154);

­

Aufbewahrung von nicht besonders schützenswerten Personendaten und nicht besonders schützenswerten Daten von juristischen Personen (Art. 168);

­

Einsatz von Verbindungsleuten im Ausland ­ Umfang der Aufgaben (Art. 184 Abs. 7);

­

Abschluss völkerrechtlicher Verträge (Art. 186);

­

Gebührenerhebung (Art. 208 Abs. 3);

­

Einsetzung eines Konsultativgremiums grenzüberschreitender Warenverkehr (Art. 209 Abs. 1);

­

Regelung des Zugriffs der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG auf nicht besonders schützenswerte Personendaten beziehungsweise auf nicht besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen in weiter betriebenen oder eingestellten Informationssystemen des bisherigen Rechts (Art. 211 Abs. 4);

­

Bestimmungen über die Anwendung abweichenden Rechts für die Erhebung der Abgaben, solange die notwendigen technischen Grundlagen für die Erhebung noch nicht geschaffen sind, und über die Dauer der Abweichung (Art. 212­214 sowie Verweisnormen im E-ZoG [Art. 1 Abs. 3] und Anhang 2 [Schlussbestimmung zum E-VwVG; Art. 50 Abs. 2 E-MWSTG, Art. 1a Abs. 2 E-TStG, Art. 2a Abs. 2 E-BStG, Art. 1a Abs. 2 E-AStG, Art. 1a Abs. 2 E-MinöstG, Art. 33 Abs. 3 E-CO2-Gesetz, Art. 2a Abs. 2 E-SVAG, Art. 1 Abs. 4 E-AlkG; Art. 65b Abs. 2 E-USG]);

423 / 436

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­

Ergänzung Begriffsentsprechungen während der Zeit, in der für die Erhebung einer Abgabe abweichendes Recht anwendbar ist (Art. 215 Abs. 3);

­

Dauer, während der für die Erhebung einer Abgabe abweichendes Recht anwendbar ist und während der die Informationssysteme, die unter bisherigem Zollrecht entstanden sind, neben dem neuen Informationssystem nach Artikel 118 parallel weiter betrieben werden (Parallelbetrieb ­ Art. 217 Abs. 4).

Anhang 2 zum E-BAZG-VG: ­

Bundesgesetz vom 7. Oktober 1994 über die kriminalpolizeilichen Zentralstellen des Bundes und gemeinsame Zentren für Polizei- und Zollzusammenarbeit mit anderen Staaten ­ Voraussetzungen und Umfang der Verpflichtung zur Zusammenarbeit des BAZG anstatt der Verpflichtung der Grenzwacht- und Zollorgane (Art. 4 Abs. 1 Bst. a);

­

Kulturgütertransfergesetz vom 20. Juni 2003 ­ Angaben für die Anmeldung von Kulturgütern (Art. 4a);

­

Bundesgesetz über den Verkehr mit Tieren und Pflanzen geschützter Arten vom 16. März 2012 ­ Regelungen zur Anmeldung geschützter Exemplare (Art. 6 Abs. 1);

­

Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009 ­ Steuerbefreiung für zollfreie Waren nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a E-ZoG (Art. 53 Abs. 2);

­

Tabaksteuergesetz vom 21. März 1969 ­ Höhe der Vollzugsentschädigung (Art. 2 Abs. 2), ­ Festlegen von Pauschalansätzen und Mengenbegrenzungen im Reiseverkehr und für Einfuhrsendungen an Privatpersonen (Art. 11 Abs. 1bis);

­

Biersteuergesetz vom 6. Oktober 2006 ­ Festlegen von Pauschalansätzen und Mengenbegrenzungen im Reiseverkehr und für Einfuhrsendungen an Privatpersonen (Art. 11 Abs. 1bis);

­

Automobilsteuergesetz vom 21. Juni 1996 ­ Festlegen der Höhe der Vollzugsentschädigung (Art. 3 Abs. 2), ­ Fälligkeit bedingter Steuerforderungen (Art. 23 Abs. 1);

­

Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996 ­ Bezeichnung der erneuerbaren Treib- und Brennstoffe (Art. 2a), ­ Sicherstellung, dass erneuerbare Brennstoffe als Treibstoffe verwendet werden (Art. 3 Abs. 2), ­ Festlegen der Höhe der Vollzugsentschädigung (Art. 5 Abs. 2), ­ Festlegen von Pauschalansätzen und Mengenbegrenzungen im Reiseverkehr und für Einfuhrsendungen an Privatpersonen (Art. 12 Abs. 3), ­ Steuerrückerstattung (Art. 18 Abs. 4), ­ Verfahren der Rückerstattung (Art. 18a Abs. 2),

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­

separate Anmeldung bei Treib- und Brennstoffgemischen (Art 20a);

­

CO2-Gesetz vom 23. September 2011 ­ Festlegen der Höhe der Vollzugsentschädigung (Art. 38a);

­

Schwerverkehrsabgabengesetz vom 19. Dezember 1997 ­ Festlegen der Höhe der Vollzugsentschädigung (Art. 2b Abs. 2), ­ Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung gefahrener Kilometer und für die Anmeldung (Art. 14);

­

Alkoholgesetz vom 21. Juni 1932 ­ Festlegen von Pauschalansätzen und Mengenbegrenzungen im Reiseverkehr und für Einfuhrsendungen an Privatpersonen (Art. 28 Abs. 2), ­ Festlegen, welche Aufwendungen von der Vollzugsentschädigung gedeckt werden (Art. 44 Abs. 1), ­ Festlegen der Höhe der Vollzugsentschädigung (Art. 71 Abs. 2);

­

Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 ­ Vorschriften über besondere Warnsignale für bestimmte Fahrzeuge (Art. 25 Abs. 2 Bst. f);

­

Nationalstrassenabgabegesetz vom 19. März 2010 ­ Festlegen der Höhe der Vollzugsentschädigung (Art. 19);

­

Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 ­ Voraussetzungen für den Einsatz störender Fernmeldeanlagen (Art. 34 Abs. 1ter Bst. e);

­

Betäubungsmittelgesetz vom 3. Oktober 1951 ­ Bewilligung zum Umgang mit Betäubungsmitteln für das BAZG statt für die Zoll- und Grenzwachtorgane (Art. 14a Abs. 1);

­

Chemikaliengesetz vom 15. Dezember 2000 ­ Ausnahmen vom Geltungsbereich oder einzelnen Gesetzesbestimmungen für die Aufgaben des BAZG statt der Zollbehörden (Art. 2 Abs. 4 Bst. c);

­

Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 ­ Regelung des Verpflichtungsverfahrens (Art. 35c Abs. 3), ­ Festlegen der Höhe der Vollzugsentschädigung (Art. 41a);

­

Lebensmittelgesetz vom 20. Juni 2014 ­ Probenahme bei der Bestellung unter fiktivem Namen (Art. 30a Abs. 3);

­

Edelmetallkontrollgesetz vom 20. Juni 1933 ­ Verpflichtungen des Inhabers der Schmelzbewilligung (Art. 31 Abs. 2), ­ Erleichterung der Anforderungen (nach Art. 34a Abs. 1) für das Inverkehrbringen und Einfuhr von Schmelzprodukten, unter Berücksichtigung der Usanzen des internationalen Edelmetallmarktes (Art. 34a Abs. 3), ­ Fachliche und persönliche Anforderungen für den Erwerb des eidgenössischen Diploms (Art. 39 Abs. 2).

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E-ZoG: ­

Bewilligung für die Ein- oder Ausfuhr zollfreier Waren (Art. 4 Abs. 2);

­

Zollbefreiungen (Art. 5 Abs. 1, 2 und 3);

­

Rückerstattung von Einfuhrzöllen für ausländische Rückwaren bei Vernichtung der Waren im Zollgebiet (Art. 7 Abs. 4);

­

Waren des Reiseverkehrs ­ Zollbefreiungen, Mengengrenzen und Pauschalansätze (Art. 8);

­

landwirtschaftliche Erzeugnisse ­ Anrechnung von Waren, die bei Beginn der Bewirtschaftungsperiode noch vorhanden sind, an freigegebene Zollkontingentsmengen (Art. 10 Abs. 2);

­

Waren des Grenzzonenverkehrs ­ Ausdehnung der Grenzzone (Art. 11 Abs. 3);

­

Einfuhr zur aktiven Veredelung ­ Umfang der Zollermässigung oder Zollbefreiung bei Vernichtung oder Verbleib der Waren im Zollgebiet (Art. 12 Abs. 2);

­

Ausfuhr zur passiven Veredelung ­ Bemessungsgrundlage für hinzugefügte Materialien sowie Umfang der Zollermässigung oder Zollbefreiung bei Vernichtung oder Verbleib der Waren ausserhalb des Zollgebiets (Art. 13 Abs. 2 und 4);

­

Ein- und Ausfuhr zur vorübergehenden Verwendung ­ teilweise Fälligkeit der bedingt entstandenen Zollabgaben (Art. 14 Abs. 1).

Im Einzelnen kann das EFD in folgenden Bereichen Bestimmungen erlassen: E-BAZG-VG: ­

Festlegung des Grenzraums im Einvernehmen mit den Grenzkantonen (Art. 11 Abs. 5);

­

Zahlungsfristen für (Art. 48 Abs. 2);

­

Verzugszins ­ Verzicht und Zinssätze (Art. 49 Abs. 2 und 4).

die

Abgabeschuld

und

Zahlungserleichterungen

Anhang 2 zum E-BAZG-VG: ­

Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996 ­ Höhe der Steuerrückerstattung (Art. 18a Abs. 1).

E-ZoG: ­

Zollfreie Waren in kleinen Mengen von unbedeutendem Wert oder mit geringfügigem Zollbetrag (Art. 4 Abs. 1 Bst. b);

­

Zollerleichterungen für Waren je nach Verwendungszweck ­ Herabsetzen von Zollansätzen sowie Rückerstattung von Abgaben bei Änderung des Verwendungszwecks (Art. 9 Abs. 1 Bst. b sowie Abs. 2 und 6).

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Im Einzelnen kann das BAZG in folgenden Bereichen Bestimmungen erlassen: E-BAZG-VG: ­

Verkehrswege und Örtlichkeiten (Art. 12);

­

Ausnahmen von der Anmeldepflicht (Art. 13 Abs. 3);

­

Verfahrensrechtliche Einzelheiten betreffend andere Formen der Warenanmeldung als elektronische (Art. 15 Abs. 2);

­

beim grenzüberschreitenden Warenverkehr ­ Aktivierungsorte für elektronische Warenanmeldung und Abgabeorte für Warenanmeldungen in anderer zugelassener Form (Art. 17);

­

Modalitäten der Referenzierung in der Warenanmeldung und Ausnahmen von der Referenzierungspflicht (Art. 18 Abs. 1, 4 und 5);

­

Modalitäten der Aktivierung der Warenanmeldung (Art. 19 Abs. 3 und 5);

­

Verbindlichkeit der Warenanmeldung in nicht-elektronischer Form (Art. 20 Abs. 2);

­

weitergehende Anforderungen an die Lagerbuchhaltung beim Zolllager (Art. 67 Abs. 5);

­

technische Vorgaben für das Verfahren zur Sicherstellung der Authentizität und Integrität der Daten sowie Verzicht auf Authentifizierung der Benutzer, (Art. 75 Abs. 3);

­

festlegen, ab wann besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten von juristischen Personen nicht mehr in den gestützt auf Artikel 211 weiter betriebenen Informationssystemen nach Artikel 110a­110f des bisherigen Zollgesetzes beschafft, gespeichert und verändert werden, sondern nur noch im neuen Informationssystem nach Artikel 118 E-BAZG-VG (Art. 211 Abs. 6).

Anhang 2 zum E-BAZG-VG: ­

Tabaksteuergesetz vom 21. März 1969 ­ Anforderungen an die Kontrolle durch die Hersteller von Tabakfabrikaten, Inhaber einer Steuerlagerbewilligung sowie Importeure und Händler von Rohmaterialien (Art. 15 Abs. 1);

­

Edelmetallkontrollgesetz vom 20. Juni 1933 ­ Modalitäten der der Ausbildung und Prüfungsanforderungen für amtlich beeidigte Edelmetallprüfer (Art. 39 Abs. 2).

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7.8

Datenschutz

7.8.1

Datenschutz allgemein

Das vorliegende Gesetz und alle vom Datenschutz betroffenen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem E-BAZG-VG wurden unter Einbezug des Bundesamtes für Justiz (BJ) und des EDÖB nach dem neuen Datenschutzgesetz vom 25. September 2020364 ausgestaltet. Bis zum Inkrafttreten des E-BAZG-VG dürfte das alte DSG nicht mehr in Kraft sein.

In datenschutzrechtlicher Hinsicht wird mit DaziT ein rechtsetzungstechnischer Systemwechsel notwendig, um einerseits den vollen Nutzen der Digitalisierung ausschöpfen und andererseits den Bedingungen des Datenschutzes entsprechen zu können. Infolge des technischen Wandels hin zu vernetzten Diensten können keine einzelnen Informationssysteme mehr unterschieden werden, weshalb im E-BAZG-VG nur noch von einem Informationssystem gesprochen wird und die betroffenen Bestimmungen technologieneutral ausgestaltet worden sind. Anstelle der gesetzlichen Auflistung von einzelnen Informationssystemen wird die Datenbearbeitung des BAZG aufgaben- und zweckorientiert dargestellt. Dies entspricht sowohl den geltenden als auch den künftigen datenschutzrechtlichen Grundsätzen: Nicht die Abbildung einzelner Informationssysteme und Technologien stellt den Datenschutz sicher, sondern die Festlegung, welche Daten zu welchen Zwecken durch das BAZG bearbeitet werden dürfen. Eine Ordnung nach einzelnen Informationssystemen ist nicht vorgeschrieben. Dies ermöglicht den technologischen Fortschritt zu nutzen und das Informationssystem des BAZG ohne Änderungen im Gesetz weiterzuentwickeln. Dabei wird von der Prämisse ausgegangen, dass sich Systeme schneller ändern als die für die Aufgabenerfüllung notwendige Bearbeitung von Personendaten.

Diese Anpassung der Rechtsetzungstechnik von einer systembezogenen zu einer aufgabenbezogenen Abbildung der Datenbearbeitung hat insbesondere auch Einfluss auf die Stufe der Bundesratsverordnung, wo die Bearbeitung der nicht besonders schützenswerten Personendaten geregelt wird. Dies bedingt eine umfassende Revision der DBZV sowie der IStrV-BAZG.

7.8.2

Datenschutz-Folgenabschätzung

Für die gesamte Bearbeitung von Personendaten im BAZG wurde eine DatenschutzFolgenabschätzung (DSFA) nach Artikel 22 nDSG erstellt. Verantwortliche nach Artikel 5 Buchstabe j nDSG haben eine DSFA zu erstellen, wenn eine Bearbeitung ein hohes Risiko für die Grundrechte der betroffenen Personen mit sich bringen kann.

Das E-BAZG-VG bedingt zudem eine DSFA, weil die im Gesetz enthaltenen Datenbearbeitungen bei Inkrafttreten des nDSG auch veränderte Bearbeitungszwecke umfassen und teilweise neue Daten beschafft werden (vgl. Übergangsbestimmungen betreffend laufende Bearbeitungen in Art. 69 nDSG).

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7.8.2.1

Zusammenfassung der DSFA des BAZG vom 4. April 2022

Die DSFA zum E-BAZG-VG bildet zuerst 9 systemische Datenschutzrisiken (SDR) ab. Diese SDR hängen mit der gesamten Transformation und Organisation des BAZG und dem System der Datenbearbeitung im BAZG als Ganzes zusammen und nicht mit einzelnen Datenbearbeitungsvorgängen. Die 9 SDR werden in der DSFA beschrieben und es werden Massnahmen definiert, damit sie kontrolliert werden können. Schliesslich wird jeweils das verbleibende Restrisiko ausgewiesen. Nachfolgend werden die wichtigsten Resultate der DSFA zu den SDR kurz zusammengefasst:


Mehr Mitarbeitende haben Zugriff auf Personendaten (SDR1): Das neue Berufsbild «Fachspezialist/in Zoll und Grenzsicherheit» führt dazu, dass künftig alle operativ tätigen Mitarbeitenden auf Daten im zoll- und sicherheitsrechtlichen Bereich Zugriff haben, weil sie Aufgaben in beiden Bereichen gleichzeitig wahrnehmen müssen (im Unterschied zu heute ca. 200 zusätzliche, operativ tätige Mitarbeitende). In der Ausbildung wird der Umgang mit Daten sowie ein ethisches und im Einklang mit den Grundrechten stehendes Verhalten vermittelt. Weitere, wiederkehrende Schulungsmassnahmen mit Fokus auf den Datenschutz sind vorgesehen. In der Gesetzgebung werden die erlaubten Zugriffe auf Personendaten der operativen Mitarbeitenden anhand der Funktion «Kontrolle von Waren, Personen und Transportmitteln» transparent eingeschränkt. Technisch werden die Zugriffe auf Personendaten mit einem Berechtigungskonzept auf diejenigen Daten beschränkt, die zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe notwendig sind. Insbesondere unterliegen die Zugriffe auch einer Audit-Protokollierung. Somit kann das Risiko auf ein Minimum beschränkt werden.



Grösserer Umfang an bearbeiteten Personendaten anlässlich von Personenkontrollen (SDR2) und nicht erlaubte systematische Personenkontrollen aufgrund von Warenkontrollen (SDR3): Bei der digitalen Warenanmeldung werden Personendaten erhoben. Diese Personendaten dürfen grundsätzlich nur für den Prozess der Warenkontrolle herangezogen werden. Durch die digitale Warenanmeldung und deren Referenzierung mit der Transportanmeldung könnten Verknüpfungen gemacht werden, welche zu systematischen Personenkontrollen an der Schweizer Grenze (innerhalb des Schengenraums) führen. Gesetzlich ist eine Ausweitung der Personenkontrollen über den heutigen Stand hinaus weder vorgesehen noch erlaubt. Zudem werden im Warenverkehr keine Personendaten geführt, welche für systematische Personenkontrollen beim Grenzübertritt herangezogen werden könnten. Konkret werden die Namen der Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführer in Waren- und Transportanmeldungen nicht angegeben. Die Prozesse der Waren- und Personenkontrolle greifen nur anlassbezogen ineinander und nur wenn berechtigte Gründe vorliegen (begründeter Verdacht z. B. aufgrund einer Risikoanalyse).

Somit ist das Risiko der systematischen Personenkontrollen klein. Trotzdem könnten die Fachspezialistinnen und Fachspezialisten den Rahmen ihrer Kompetenzen und gesetzlichen Aufgaben bei Personenkontrollen überschreiten und diese rapportieren, obwohl es die Situation nicht gebietet und dies

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soweit nicht erforderlich ist. Solche Entwicklungen würden jedoch im Rahmen des internen Kontrollsystems bemerkt und können entsprechend adressiert werden.


Risikoanalyse und risikogerechte Kontrollen. Umfassende Auswertungsmöglichkeit (SDR4) sowie Profiling; einfachere Möglichkeit, Daten zu verknüpfen, abzufragen und daraus Profilie zu bilden, weil die Daten «an einem Ort» gehalten werden (SDR5): Bei der Datenbearbeitung der Risikoanalyse und beim Profiling werden Daten aus unterschiedlichen Quellen verwendet, die im Rahmen der Bearbeitung an einem Ort liegen. Dabei besteht die Gefahr, dass die verwendeten Daten beliebig miteinander in Bezug gebracht und ausgewertet werden können, auch wenn dies in den Quell-Microservices nicht möglich ist. Dies kann zur unzulässigen Verknüpfung von Personendaten führen. Die Bearbeitung dieser Daten ist einem beschränkten Personenkreis vorbehalten (ca. 170 Mitarbeitende) und die Zwecke sowie die verwendbaren Daten für die Risikoanalyse und das Profiling werden gesetzlich genau geregelt.

Zusätzlich zur Zugriffsstruktur und den engen rechtlichen Rahmenbedingungen sind Schulungsmassnahmen vorgesehen und Kontrollmassnahmen gesetzlich festgeschrieben, um dieses Risiko zu minimieren. Für das Profiling ist zudem ein Bewilligungsprozess zur Datenbearbeitung vorgesehen.



Informationssystem; Bearbeitungsarten können nicht kongruent abgebildet werden (SDR6): Die gesetzliche Abbildung der Datenbearbeitung geschieht technologieneutral und aufgabenbasiert auf der Grundlage eines einzigen Informationssystems des BAZG. Die internen Zugriffe auf dieses Informationssystem werden gesetzlich anhand von verschiedenen Funktionen ausgewiesen. Innerhalb dieser Funktionen gibt es aber weitere verhältnismässig anzupassende Berechtigungen für den Zugriff auf Personendaten. Die technische Umsetzung der Zugriffe muss gesetzeskonform und verhältnismässig vollzogen werden. Die neue Architektur des Informationssystems ist in der Lage, die Berechtigungen aufgabenorientiert zuzuweisen. Dabei wird insbesondere dem Need-to-Know Prinzip Rechnung getragen. Um Fehlmanipulationen zu vermeiden, werden wo immer möglich die Berechtigungen aus der Kombination von Funktion, Job- und Benutzerprofil automatisiert abgeleitet.

In Einzelfällen, bei denen die Ableitung der Berechtigungen nicht vollumfänglich automatisiert sichergestellt werden kann, werden die Differenzen durch kontrollierte, manuelle Berechtigungsvergaben ergänzt. Die Benutzer des Informationssystems werden also explizit auf jene Services berechtigt, die sie für die Erledigung ihrer Aufgaben benötigen. Entsprechend ist das Risiko einer nicht-kongruenten Abbildung klein.



IT Systemadministratoren können alle Profildefinitionen und Rechtezuteilungen jederzeit einsehen und bearbeiten (SDR7) sowie Zugriff durch Mitarbeitende des BAZG auf Kontrolldaten (SDR8): Die Funktion «Systemadministration» hat gemäss Anhang 1 BAZG-VG Zugriff auf alle Datenkategorien im Informationssystem des BAZG. Ihre Aufgabe besteht in der Verwaltung sämtlicher Zugriffe. Innerhalb dieser Funktion gibt es jedoch verschiedene Benutzerprofile. Es gehört zu den Aufgaben bestimmter Benutzerprofile innerhalb

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der Funktion «Systemadministration», dass sie die Berechtigungen auf bestimmte Bündel von Microservices vergeben. Sowohl die Definition als auch die Erteilung und die Wegnahme von Berechtigungen wird protokolliert.

Diese Massnahme hat eine präventiv-abschreckende und eine historisierendkontrollierbare Funktion inne. Regelmässige Kontrollen der Zugriffsberechtigungen minimieren die Risiken bei der Rechteverteilung. Aufgrund der gesetzlichen Darstellung könnte der Eindruck entstehen, dass verschiedene Mitarbeitende mit unterschiedlichen Funktionen Zugriff auf Kontrolldaten haben und es nicht auszuschliessen ist, dass der Zugriff unberechtigt und/oder übermässig erfolgt. Jedoch werden hier auch nur bestimmte Benutzerprofile der verschiedenen Funktionen zum Zugriff berechtigt und nicht alle. Zudem werden die Zugriffe geloggt und nach der x-ten Abfrage innerhalb einer bestimmten Zeit muss eine Begründung eingegeben werden. So lassen sich die Risiken der unterschiedlichen Zugriffe auf Kontrolldaten einschränken.


Austausch von sensiblen Daten mit anderen Ämtern und Behörden (SDR9): Es kommen neue Datenbekanntgaben dazu, welche das Risiko von ungerechtfertigtem Gebrauch von Daten steigern. Jedoch wird die Bekanntgabe von Personendaten an andere Ämter und Behörden ausführlicher und detaillierter geregelt als bisher.

Zusätzlich zu den 9 SDR werden in der DSFA über 50 verschiedene Datenbearbeitungsgruppen, 13 Arten von Risikoanalysen, 4 Profilings und 3 Typen von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten beschrieben, bezüglich ihrer Risiken für die Grundrechte der betroffenen Personen bewertet und mit Massnahmen zum Schutz der Grundrechte versehen. Schliesslich wurde auch bei diesen Datenbearbeitungen noch das verbleibende Restrisiko ausgewiesen. Bei jeder Bewertung wurden zwölf spezifische Risiken für die Grundrechte berücksichtigt (siehe unten für die einzelnen Risiken). Die Bewertung wurde anhand einer farbcodierten 6x6-Risikomatrix vorgenommen, wobei die x-Achse die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos (sehr unwahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich) und die y-Achse das Schadensausmass (sehr gering bis sehr hoch) darstellten. Die resultierende Risikoabstufung von 1­6 entspricht der Farbcodierung der Matrix. Eine vertiefte Analyse mit Zuordnung entsprechender Massnahmen fand bei den Risiken ab der Stufe 3 statt (gelb). Nachfolgend werden die wichtigsten Resultate der DSFA anhand der ausgewiesenen Restrisiken der Datenbearbeitung im Rahmen der zwölf bewerteten Risiken zusammengefasst:


Das Risiko der unrechtmässigen Erhebung und Bearbeitung von Personendaten (R1) konnte praktisch überall auf Stufe 1­2 (grün) reduziert werden. Insbesondere bei der Datenbearbeitung für die Personenkontrolle ist die Erfassung nicht fallrelevanter Personendaten ein Risiko der Stufe 3 (gelb), welches jedoch mittels Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kontrollen der eingegebenen Daten und weiterer Massnahmen reduziert werden konnte.

Die Datenerhebung mit Videokameras an der Grenze von Personen, die sich zwar an der Grenze bewegen, diese jedoch nicht überschreiten, konnte als Risiko der Stufe 3 (gelb) mit zusätzlichen Massnahmen wie der Kamerastellung auf Stufe 2 (grün) reduziert werden. Einzig beim Einsatz von Ortungsgeräten konnte das Risiko der Anbringung an ein falsches Fahrzeug auch bei tiefer Eintrittswahrscheinlichkeit mit zusätzlichen Kontrollmassnahmen aufgrund 431 / 436

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des potentiellen Schadenausmasses nicht unter die Stufe 3 (gelb) reduziert werden.


Die unzulässige Verknüpfung von Personendaten (R2) konnte als Risiko der Datenbearbeitung praktisch überall auf Stufe 1­2 (grün) eingeordnet werden.

Dies ist insbesondere einer detaillierten gesetzlichen Darstellung der Bearbeitungszwecke und der dafür benötigten Personendaten und entsprechenden datenschutzfreundlichen Voreinstellungen des Informationssystems geschuldet.

Einzig bei drei Profilings konnte das Risiko einer übermässigen Kombination von Daten zur Beurteilung der Mobilität und des Verhaltens einer Person auch mit den Massnahmen nicht unter Stufe 3 (gelb) gebracht werden. Trotz Senkung der Eintrittswahrscheinlichkeit von wahrscheinlich auf selten, bleibt das Schadensausmass bestehen.



Die Verwendung von Personendaten für nicht vorgesehene Zwecke (R3) als Risiko der Datenbearbeitung ist bis auf die Datenbearbeitung für die Abgabeerhebung im grenzüberschreitenden Warenverkehr auf Stufe 1­2 (grün) eingereiht. Besagte Datenbearbeitung für die Abgabeerhebung im grenzüberschreitenden Warenverkehr zeichnet sich durch eine hohe Anzahl Betroffenen und eine Vielzahl von verknüpfbaren Daten aus. Als Risiko wird insbesondere eine unzweckmässige Bekanntgabe dieser Daten angesehen. Obwohl die Eintrittswahrscheinlichkeit sehr unwahrscheinlich ist, bleibt das Schadensausmass hoch und das Restrisiko auf Stufe 3 (gelb) bestehen, was mit einer konsequenten Umsetzung und Einhaltung des Berechtigungskonzepts in Schach gehalten werden soll.



Die intransparente Bearbeitung von Personendaten (R4) ist kein verbreitetes Risiko, was auch an der detaillierten Gesetzgebung im Bereich Datenbearbeitung im E-BAZG-VG liegt. Ein Risiko der Stufe 3 (gelb) bei der Datenbearbeitung für die Personenkontrolle besteht, weil die Abfragemöglichkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG von Daten der kontrollierten Person bei der Kontrollausführung nicht vollkommen transparent erkennbar sind für die kontrollierte Person. Das Risiko kann minimiert werden durch Auskunftserteilung bei Fragen der kontrollierten Personen. Bei drei Profilings zur Beurteilung der Mobilität und des Verhaltens einer Person kann ein Risiko der Stufe 3 (gelb) aufgrund der benötigten Intransparenz der Datenbearbeitung für die betroffene Person nicht weiter gesenkt werden. Mit dem Restrisiko wird so umgegangen, dass die betroffene Person im Nachhinein informiert wird, dass über sie ein Profiling gemacht wurde.



Das Risiko der Bearbeitung von inkorrekten Personendaten (R5) ist insbesondere bei der Datenbearbeitung für das Feststellen, Aufdecken, Verfolgen und Beurteilen von Straffällen und bei zwei Profilings hoch. Andernorts existiert durch automatisierte Berichtigungsmöglichkeiten und durch die Betroffenenrechte nur ein Risiko der Stufe 1­2 (grün). Bei der Strafverfolgung hingegen ist das Schadensausmass der Erfassung von falschen Personendaten, zum Beispiel anlässlich einer Intervention der Zollfahndung, hoch, was zu einem Risiko der Stufe 3 (gelb) führt. Bei den Profilings ist das Risiko sogar auf Stufe 5 (rot), wenn beispielsweise Angehörige einer für die Strafverfolgung relevanten Person ins Profiling aufgenommen werden, obwohl sie mit den Straftaten

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nichts zu tun haben. Das hohe Schadensausmass bleibt als Restrisiko der Stufe 3 (gelb) bestehen, auch wenn man die Eintrittswahrscheinlichkeit senken kann. Löschungskonzepte und die Information der Betroffenen sind Massnahmen, um mit den Restrisiken umzugehen.


Unbeabsichtigter Verlust, Zerstörung oder Schädigung von Personendaten (R6) ist ein Risiko, das sich vielerorts auf Stufe 1­2 (grün) bewegt. Bei der Erhebung von Abgaben allgemein ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung jedoch etwas stärker eingeschränkt, wenn wichtige Personendaten verlustig gehen, zerstört oder geschädigt werden. Das hängt damit zusammen, dass Personendaten für eine Dienstleistung der Behörde verwendet werden, welche ohne die betreffenden Daten nicht vollzogen werden können. Das entstehende Risiko der Stufe 3 (gelb) kann mit entsprechenden Massnahmen der Informationssicherheit in Bezug auf die Eintrittswahrscheinlichkeit gesenkt werden, was jedoch keinen Einfluss auf die Stufe und Farbe des Risikos hat.



Die Möglichkeit eines unbefugten internen Zugriffs auf Personendaten (R7) stellt bei jeder Datenbearbeitung ein Risiko dar, das sich jedoch mit dem Berechtigungskonzept und dessen steten Anpassung und Überprüfung vielerorts auf die Stufe 1­2 (grün) eingrenzen lässt. In bestimmten Fällen, wo besonders schützenswerte Personendaten, Profilings oder sonstige heikle Daten wie beim Inkasso oder dem Konkursverfahren betroffen sind, ist das Schadensausmass jedoch höher und es ergibt sich ein Restrisiko der Stufe 3 (gelb) oder 4 (orange). Zusätzliche Massnahmen können die Eintrittswahrscheinlichkeit senken, jedoch nicht das Schadensausmass.



Auch die Möglichkeit eines unbefugten externen Zugriffs auf Personendaten (R8) stellt bei jeder Datenbearbeitung ein Risiko dar, das sich aber einerseits mit einem ausgebauten und aktuellen Schutzkonzept gegen Hacker und andererseits mit einem klaren Berechtigungskonzept für Drittbehörden vielerorts auf die Stufe 1­2 (grün) eingrenzen lässt. Auch hier gibt es jedoch bestimmte Fälle, wo besonders schützenswerte Personendaten, Profilings oder sonstige heikle Daten wie bei der Personenkontrolle oder der Strafverfolgung betroffen sind, und entsprechend das Schadensausmass höher ist. Dabei ergibt sich ein Restrisiko der Stufe 3 (gelb) oder 4 (orange). Zusätzliche Massnahmen können die Eintrittswahrscheinlichkeit senken, jedoch nicht das Schadensausmass.



Das Restrisiko der übermässig langen Aufbewahrung von Personendaten (R9) kann mittels Löschkonzept beziehungsweise dessen Kontrolle und Durchsetzung überall auf Stufe 1­2 (grün) gebracht werden.



Die Diskriminierung (R10) stellt kein verbreitetes Risiko in der Datenerfassung beziehungsweise Datenbearbeitung des BAZG dar. Restrisiken liegen auf Stufe 1­2 (grün). Bei der Datenbearbeitung für die Personenkontrolle ist hier ein Risiko der Stufe 5 (rot) auszuweisen. Beispielsweise können aufgrund der ausgewählten Ausgangsdaten im Rahmen des Machine Learnings statistische Verzerrungen auftreten. Der damit trainierte Algorithmus könnte dann nicht objektiv begründete Vorschläge zur Wahl der zu kontrollierenden Personen generieren. Mit entsprechenden Massnahmen kann das Restrisiko auf 433 / 436

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Stufe 3 (gelb) reduziert werden. Dazu gehören zum Beispiel eine automatische und manuelle Prüfung der Datenqualität und Plausibilisierungen, privacy by design, ein Register der eingesetzten, selber entwickelten Machine Learning Algorithmen mit detaillierter Beschreibung der verwendeten Daten und weiterer Parameter. Das E-BAZG-VG sieht zudem in Artikel 170 Absatz 2 Buchstabe d eine eigenständige Qualitätssicherung betreffend die Risikoanalyse sowie das Profiling vor und verpflichtet damit das BAZG, laufend die Wirkungsweise und Rechtsmässigkeit dieser Datenbearbeitungen zu überprüfen.


Auch die Verweigerung der Betroffenenrechte (R11) stellt kein verbreitetes Risiko in der Datenbearbeitung des BAZG dar. Das Informationssystem des BAZG ermöglicht eine rechtmässige Auskunft über die bearbeiteten Daten.



Das Risiko der unrechtmässigen Überwachung von natürlichen Personen (R12) stellt sich insbesondere bei drei Profilings. Die Unrechtmässigkeit würde sich in möglichen Szenarien durch ein fehlendes öffentliches Interesse oder eine unverhältnismässige Überwachung ergeben. Da das Schadensausmass einer solchen unrechtmässigen Überwachung sehr hoch ist, ist das Risiko auf der höchsten Stufe 6 (dunkelrot) einzuordnen. Insbesondere durch einen begründeten, dokumentierten und nachvollziehbaren Bewilligungsprozess im Mehraugenprinzip für die Erteilung eines Profiling-Auftrages kann das Restrisiko bei der Eintrittswahrscheinlichkeit auf sehr unwahrscheinlich reduziert werden, was jedoch noch immer der Stufe 4 (orange) entspricht. Entsprechend müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG sensibilisiert werden, welche mit solchen Überwachungen arbeiten.

Die DSFA stellt ein lebendes Dokument des BAZG dar und wird regelmässig überprüft und nachgeführt; sie wird im Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es ist eines der Hauptinstrumente für eine umfassende Betrachtung der Datenbearbeitung im BAZG und steht bei Bedarf internen und externen Aufsichtsstellen zur Verfügung.

7.8.2.2

Stellungnahme des EDÖB zur DSFA des BAZG vom 4. April 2022

Der EDÖB hat am 4. Mai 2022 wie folgt zur DSFA des BAZG vom 4. April 2022 Stellung genommen: I.

Ausgangslage

Die damalige eidgenössische Zollverwaltung (EZV) hat uns im Zuge des Ämterkonsultationsverfahrens zum neuen BAZG-VG am 8. Juli 2021 eine erste Fassung ihrer DSFA eingereicht. Der EDÖB hat daraufhin in seiner Stellungnahme vom 13. Oktober 2022 angemerkt, dass der Entwurf der DSFA im Zusammenhang mit dem damaligen Gesetzesentwurf hohe systemische Datenschutzrisiken indiziert, welche sich aus der Kombination des einheitlichen Berufsbildes der operativ tätigen Mitarbeiter/-innen des BAZG und der Bearbeitung aller Personendaten in einem Informationssystem ergeben und die Ausweisung dieser Risiken verlangt.

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Nachdem das BAZG im Gesetzesentwurf namentlich das Kapitel über die Datenbearbeitung wesentlich überarbeitet und in Berücksichtigung zahlreicher Forderungen des EDÖB konkretisiert hatte, legte es dem EDÖB eine neue DSFA vom 4. April 2022 vor, in welcher es 9 systemische Datenschutzrisiken (SDR) abgebildet hat. Im Anhang 1 zur DSFA werden insgesamt 54 Datenbearbeitungen des BAZG aufgelistet, die wiederkehrenden Risiken (R1 ­ R12) zu jeder Datenbearbeitung eingeschätzt und verschiedene Massnahmen technischer, organisatorischer und/oder rechtlicher Natur aufgeführt, um ein entsprechendes erhöhtes Risiko zu vermindern (vgl. Übersicht in Anhang 1, S. 12)365. Eine Gesamtübersicht zu den Restrisiken der Datenbearbeitungen finden sich in Anhang 2 zur DSFA.

Das BAZG kommt in ihrer DSFA insgesamt zum Schluss, dass die wesentlichen Risiken für die Privatsphäre und Selbstbestimmung der Bevölkerung aufgezeigt werden und mit den vorgesehenen Massnahmen die verbleibenden Restrisiken vertretbar sind (vgl. DSFA vom 4. April 2022, S. 39 oben).

II.

Stellungnahme des EDÖB

Zunächst stellen wir fest, dass mit dem Hauptteil der neuen DSFA vom 4. April 2022 mit den 2 Anhängen ein nachvollziehbares Bild über die systemischen Risiken, die geplanten Massnahmen und die Datenbearbeitungsprozesse erstellt wurde. In methodischer Hinsicht begrüssen wir, dass die einzelnen Datenbearbeitungsprozesse in Anhang 1 beschrieben, anhand der Methodik gemäss Ziff. 2 des Anhangs 1 geprüft und die Restrisiken in Anhang 2 aufgeführt werden.

1.

Bezüglich den Risiken als Folge des neuen operativen Berufsbildes beim BAZG

Aus Sicht des EDÖB ist die quantitative Erweiterung der Zugriffe der operativen Mitarbeiter/-innen auf sensible Personendaten wesentlich für die Beurteilung der systemischen Risiken in diesem Zusammenhang. Wir nehmen zur Kenntnis, dass das BAZG im Vergleich zum Status Quo mit einer Erhöhung in der Grössenordnung von ca. 200 Personen rechnet, welche auf Daten zu Personenkontrollen beziehungsweise im sicherheitsrechtlichen Bereich Zugriff haben werden (SDR1, Ziff. 2.1.2, SDR8 und SDR9). In der Botschaft fehlt allerdings die Angabe einer entsprechenden Grössenordnung. Es wird bloss erwähnt, dass alle operativen Mitarbeiter/-innen nach der Grundausbildung eine Spezialisierung erfahren werden und entsprechend dieser in ihre Haupttätigkeit der Personen- oder Warenkontrolle zugeteilt werden, so wie dies auch heute der Fall sei (Botschaft zum BAZG-VG366, S. 11-12, Ziff. 1.2). Der EDÖB behält sich vor, die in der DSFA erwähnte Erhöhung der operativen Mitarbeiter/-innen und die Datenbearbeitung (inkl. Zugriffe auf Systeme von Drittbehörden) im Zusammenhang mit dem neuen Berufsbild im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht zu überprüfen.

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Anmerkung des BAZG: gemeint ist S. 12 der DSFA.

Anmerkung des BAZG: hier wird auf eine frühere Version der Botschaft verwiesen.

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2.

Bezüglich den Risiken der Datenbearbeitung in einem Informationssystem

Mit der gesetzlichen Abbildung der Datenbearbeitung nach den Aufgaben und Prozessen beim BAZG mittels Datenkategorien (Art. 119 BAZG-VG), dem Berechtigungskonzept von Art. 135 i.V.m. Anhang I BAZG-VG und der internen Überprüfung der Zugriffe über die Qualitätssicherung nach Art. 170 BAZG-VG werden im überarbeiteten Gesetzesentwurf Konkretisierungen vorgenommen und Instrumente geschaffen, um die datenschutzrechtlichen Grundsätze der Rechtmässigkeit, Transparenz und Verhältnismässigkeit der Datenbearbeitung zu wahren. In der Botschaft wird zu Art. 135 auf Seite 198367 erwähnt, dass je nach Funktion oder Aufgabe einer Gruppe von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des BAZG das Berechtigungskonzept weitere Einschränkungen vorsieht, um die Verhältnismässigkeit zu wahren und die Informationssicherheit zu gewährleisten. Dies ist aus datenschutzrechtlicher Sicht zu begrüssen. Ob sich das vielschichtige Berechtigungskonzept und die daraus abgeleiteten Zugriffe über Microservices als taugliche Massnahme erweisen werden, um die hohen systemischen Risiken im Bearbeitungsalltag des BAZG hinreichend zu begrenzen, wird die Praxis zeigen müssen. Der EDÖB behält sich im Falle der Genehmigung der vorgeschlagenen Bearbeitungsregelung durch den Gesetzgeber aufsichtsrechtliche Kontrollen vor.

Abschliessend danken wir dem BAZG für die Berücksichtigung zahlreicher Forderungen unserer Behörde, die aus datenschutzrechtlicher Sicht sowohl im überarbeiteten Gesetzesentwurf zum BAZG-VG als auch der neuen Fassung der DSFA zu einer deutlichen Verbesserung geführt haben.

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Anmerkung des BAZG: Seitenangabe beruht auf einer früheren Version der Botschaft.

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