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22.077 Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Tadschikistan vom 16. November 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Abkommens zwischen der Schweiz und Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. November 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Tadschikistan wurde 2010 unterzeichnet und danach nie revidiert. Seither hat sich die Abkommenspolitik der beiden Vertragsstaaten entwickelt und es wurden Standards im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen festgelegt.

Um das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den beiden Staaten (DBA-TJ) an die internationalen Standards anzupassen, wurden Verhandlungen zum Abschluss eines Protokolls zur Änderung des DBA-TJ aufgenommen. Das vorliegende Protokoll zur Änderung des DBA-TJ (Änderungsprotokoll) setzt den Mindeststandard im Bereich des Informationsaustausches auf Ersuchen sowie die Standards zur Vermeidung von Abkommensmissbrauch und zur Verbesserung der Streitbeilegung aus dem Projekt der OECD und der G20-Staaten zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung (Base Erosion and Profit Shifting; BEPS) um.

Das Änderungsprotokoll wurde am 4. Juli 2022 unterzeichnet. Die Kantone und die interessierten Kreise begrüssten dessen Abschluss.

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Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage, Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnisse

Zwischen der Schweiz und Tadschikistan besteht ein Abkommen vom 23. Juni 20101 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-TJ). Das Abkommen trat am 26. Oktober 2011 in Kraft und ist seit dem 1. Januar 2012 anwendbar. Es wurde noch nie revidiert.

Am 7. Juni 2017 hat die Schweiz das multilaterale Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung2 (BEPS-Übereinkommen, auch als MLI bezeichnet) unterzeichnet. Das BEPS-Übereinkommen enthält eine Reihe von Bestimmungen zur Anpassung bestehender Doppelbesteuerungsabkommen. Ein Teil dieser Bestimmungen dient der Erfüllung der in den Massnahmen 6 und 14 des Aktionsplans der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Aktionsplan3) gesetzten Mindeststandards.

Die Verhandlungen über ein Protokoll zur Änderung des DBA-TJ, das insbesondere den internationalen Standard beim Informationsaustausch auf Ersuchen und die Neuerungen des BEPS-Aktionsplans berücksichtigt, fanden auf dem Korrespondenzweg statt. Ein entsprechendes Protokoll zur Änderung der DBA-TJ wurde im Juni 2020 paraphiert (Änderungsprotokoll). Die Kantone und die interessierten Kreise wurden im Dezember 2021 über dessen Abschluss konsultiert und haben diesen begrüsst. Das Änderungsprotokoll wurde am 4. Juli 2022 unterzeichnet.

1.2

Würdigung

Das Änderungsprotokoll enthält vor allem Bestimmungen, die in das DBA-TJ eingeflossen wären, wenn die Schweiz und Tadschikistan es dem BEPS-Übereinkommen unterstellt hätten. Zwischen dem Änderungsprotokoll und dem BEPSÜbereinkommen besteht somit ein inhaltlicher Zusammenhang. Darüber hinaus gibt es zwischen diesen beiden Instrumenten keine unmittelbaren Verbindungen.

Mit dem Änderungsprotokoll wird das DBA-TJ die im Rahmen des BEPS-Aktionsplans gesetzten Mindeststandards für Doppelbesteuerungsabkommen erfüllen. Die Schweiz als Mitgliedstaat der OECD hat sich verpflichtet, jene DBA-bezogenen Best-

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SR 0.672.972.91 SR 0.671.1 www.oecd.org > Fiscalité > Conventions fiscales > Convention multilatérale pour la mise en oeuvre des mesures relatives aux conventions fiscales pour prévenir le BEPS (keine dt. Übers. vorhanden).

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immungen, die Teil eines BEPS-Mindeststandards sind, in ihre Doppelbesteuerungsabkommen zu übernehmen. Mit dem Änderungsprotokoll erfolgt ein weiterer Schritt in diese Richtung.

Darüber hinaus wird eine Bestimmung über den Informationsaustausch dem internationalen Standard zum Informationsaustausch auf Ersuchen ins DBA-TJ aufgenommen.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Änderungsprotokolls

Das Protokoll ändert und ergänzt einzelne Bestimmungen im DBA-TJ. Es enthält neben formellen Anpassungen die folgenden Änderungen.

Art. I betreffend die Präambel Mit dem Artikel wird die Präambel dem Mindeststandard aus Massnahme 6 des BEPS-Aktionsplans angepasst.

Mit der neuen Bestimmung wird klargestellt, dass die Schweiz und Tadschikistan nicht die Absicht haben, durch das Doppelbesteuerungsabkommen Möglichkeiten zur Nichtbesteuerung oder reduzierten Besteuerung durch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung zu schaffen. Vereinfacht ausgedrückt: Die Vermeidung von sogenannt doppelter Nichtbesteuerung ­ weder eine Besteuerung im Quellenstaat noch im Ansässigkeitsstaat ­ soll auch Zweck des DBA-TJ sein. Dies gilt aber nicht generell, sondern nur dann, wenn Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung Ursache dafür sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es Situationen von gewollter doppelter Nichtbesteuerung gibt. Dazu zählt beispielsweise die Besteuerung von Dividenden an Gesellschaften des gleichen Konzerns. Doppelte Nichtbesteuerung verhindert in solchen Situationen ungewollte wirtschaftliche Mehrfachbelastungen.

Art. II betreffend Art. 3 (Allgemeine Begriffsbestimmungen) Die Definition des Begriffs «zuständige Behörde» wird für beide Länder aktualisiert.

Art. III und IV betreffend die Art. 7 (Unternehmensgewinne) und 9 (Verbundene Unternehmen) Mit diesen beiden Artikeln werden die Artikel 7 (Unternehmensgewinne) und 9 (Verbundene Unternehmen) des DBA-TJ mit Bestimmungen über die zeitliche Beschränkung zur Vornahme von Gewinnaufrechnungen bei Betriebsstätten (Art. III des Änderungsprotokolls) und bei verbundenen Unternehmen (Art. IV Abs. 2 des Änderungsprotokolls) ergänzt. Damit werden in Zukunft Gewinnaufrechnungen durch die Steuerbehörden im schweizerisch-tadschikischen Verhältnis nur während einer Periode von fünf Jahren ab der betreffenden Steuerperiode erlaubt sein. Wird ein Rechtsmittel gegen eine Gewinnaufrechnung ergriffen und kommt es dadurch zu Verzögerungen, so hat dies keinen Einfluss auf die Berechnung der Einhaltung der Frist. Liegt ein Fall von Betrug, grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlicher Unterlassung vor, so 4/8

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kann die Gewinnaufrechnung auch noch nach Ablauf dieser Frist erfolgen. In solchen Fällen gelten die Fristen nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht.

Diese Bestimmungen sind im BEPS-Übereinkommen nicht enthalten. Grund für deren Aufnahme in das DBA-TJ bildet Element 3.3 des Mindeststandards zur BEPSMassnahme 14. Dieses Element verlangt die Aufnahme des zweiten Satzes von Artikel 25 Absatz 2 des OECD-Musterabkommens in die Doppelbesteuerungsabkommen. Gemäss jener Bestimmung sind Verständigungslösungen ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts umzusetzen. Ist ein Staat nicht bereit, die Bestimmung zu vereinbaren, so muss er, damit der Mindeststandard erfüllt ist, im Rahmen von DBAVerhandlungen zur Aufnahme von Bestimmungen bereit sein, welche die Frist für die Vornahme von Gewinnaufrechnungen bei Betriebsstätten und bei verbundenen Unternehmen zeitlich beschränken.

Die Schweiz vereinbart den zweiten Satz von Artikel 25 Absatz 2 des OECDMusterabkommens üblicherweise nicht in ihren DBA. Infolgedessen hat die Schweizer Verhandlungsdelegation der tadschikischen Verhandlungsdelegation anlässlich der Verhandlungen, die zum Änderungsprotokoll geführt haben, die Aufnahme von Bestimmungen über die zeitliche Beschränkung zur Vornahme von Gewinnaufrechnungen bei Betriebsstätten und verbundenen Unternehmen vorgeschlagen. Die tadschikische Seite stimmte sowohl der Beschränkung als auch der vorgeschlagenen 5-jährigen Frist zu.

Mit Artikel IV Absatz 1 des Änderungsprotokolls wird die Bestimmung im DBA-TJ über die Verpflichtung zu Gegenberichtigungen bei Gewinnaufrechnungen an die Formulierung der entsprechenden Bestimmung des OECD-Musterabkommens (Art. 9 Abs. 2) angepasst.

Diese Anpassung hat grundsätzlich keine praktischen Auswirkungen auf die Schweiz: Die Schweiz ist weiterhin zu keinen automatischen Gegenberichtigungen bei Gewinnaufrechnungen durch ausländische Steuerbehörden verpflichtet. Vielmehr muss die Schweiz Gegenberichtigungen nur dann vornehmen, wenn diese einer gefundenen Lösung im Rahmen eines Verständigungsverfahrens zwischen den zuständigen Behörden Tadschikistans und der Schweiz entsprechen.

Die Anpassung dieser Bestimmung entspricht der Best-Practice-Empfehlung der BEPS-Massnahme 14 und der aktuellen schweizerischen Abkommenspolitik in diesem Bereich.

Art. V betreffend den neuen
Art. 26 (Informationsaustausch) Das Änderungsprotokoll fügt eine neue Bestimmung über den Informationsaustausch nach dem internationalen Standard hinzu. Die nachfolgenden Ausführungen gehen lediglich auf einzelne Punkte des neuen Artikels 26 DBA-TJ sowie der dazugehörigen Protokollbestimmung (Ziff. 4) ein.

Der Informationsaustausch ist auf die unter das DBA-TJ fallenden Steuern beschränkt.

Damit der Zugang der Vertragsstaaten zu Informationen und damit die Umsetzung der abkommensrechtlichen Verpflichtungen gewährleistet werden kann, sieht der zweite Satz von Absatz 5 eine rechtliche Grundlage zur Durchsetzung der Herausgabe 5/8

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von Informationen vor. Für die Schweiz ist diese Bestimmung nicht relevant, da seit dem Inkrafttreten des Steueramtshilfegesetzes vom 28. September 20124 in der Schweiz die nötige gesetzliche Grundlage im innerstaatlichen Recht besteht.

Die Bestimmungen von Artikel 26 werden in Ziffer 4 des Protokolls zum Abkommen (Art. VIII des Änderungsprotokolls) konkretisiert. Diese Bestimmung regelt im Detail die Voraussetzungen, die ein Auskunftsersuchen erfüllen muss (Bst. b). Notwendig ist insbesondere die Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person (diese Information kann sich aus sämtlichen Elementen ergeben, die eine Identifikation ermöglichen) sowie, soweit bekannt, Name und Adresse der Person (z. B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Ebenso hält das Protokoll zum Abkommen fest, dass diese Voraussetzungen nicht formalistisch ausgelegt werden dürfen (Bst. c).

Gemäss dem internationalen Standard ist der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. Dazu gehören auch Anfragen, die auf eine genau definierte Gruppe von Steuerpflichtigen abzielen, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie ihren Steuerpflichten im ersuchenden Staat nicht nachgekommen sind. Die Schweiz kann nach dem DBA-TJ solchen Ersuchen Folge leisten. Mit detaillierten Angaben zur Gruppe der Steuerpflichtigen, die es dem ersuchten Staat ermöglichen, die konkret betroffenen Personen zu bestimmen, kommt der ersuchende Staat dem Erfordernis der Identifikation der vom Ersuchen betroffenen steuerpflichtigen Personen nach (Bst. b).

Eine solche Auslegung gebietet die Auslegungsklausel (Bst. c i.V.m. Bst. b), die die Vertragsstaaten zu einer Auslegung der Erfordernisse an ein Ersuchen mit dem Ziel eines möglichst weit gehenden Informationsaustauschs verpflichtet, ohne dass «fishing expeditions» zuzulassen sind. Die prozeduralen Voraussetzungen für die Beantwortung von Gruppenersuchen sind im Steueramtshilfegesetz geregelt.

Artikel 26 DBA-TJ sieht den spontanen und den automatischen Informationsaustausch nicht vor.

Die neue Klausel findet auf die Steuerjahre Anwendung, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls folgenden Kalenderjahrs beginnen.

Art. VII betreffend den neuen Art. 28 (Verhinderung von Abkommensmissbrauch)
Mit diesem Artikel wird eine Missbrauchsklausel eingeführt, die auf den hauptsächlichen Zweck einer Gestaltung oder Transaktion abstellt. Aufgrund dieser Klausel werden die Vorteile des DBA-TJ nicht gewährt, wenn das Erlangen dieser Vorteile einer der hauptsächlichen Zwecke der entsprechenden Gestaltung oder Transaktion war; es sei denn, es wird nachgewiesen, dass das Gewähren dieser Vorteile im Einklang mit dem Ziel und Zweck der entsprechenden Bestimmungen des DBA-TJ steht.

Diese Missbrauchsklausel ist zwar neu, sie entspricht aber in ihren Grundzügen den Missbrauchsklauseln, die die Schweiz bis 2017 in einer Vielzahl ihrer Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart hat. Anders ist indessen, dass die Missbrauchsklausel nicht auf gewisse Arten von Einkünften wie Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren 4

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beschränkt ist. Vielmehr findet sie in Bezug auf sämtliche Bestimmungen des Abkommens Anwendung. Alle Abkommensvorteile unterliegen damit dem Vorbehalt einer missbräuchlichen Inanspruchnahme.

Vom Wortlaut her unterscheidet sich die Missbrauchsklausel gegenüber jenen, die in den bis 2017 abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz enthalten sind, noch in einem weiteren Punkt. So ist nach dem Text der Klausel Missbrauch nicht auf Situationen beschränkt, bei denen der Hauptzweck der entsprechenden Gestaltung oder Transaktion im Erlangen der Abkommensvorteile lag. Vielmehr besteht Missbrauch auch dann, wenn bloss einer der Hauptzwecke dafür verantwortlich war.

Vom Resultat her besteht indessen keine Differenz. Denn der zweite Teil der Missbrauchsklausel sieht vor, dass die Abkommensvorteile dennoch gewährt werden, wenn dies in Einklang mit dem Ziel und Zweck der entsprechenden Bestimmungen des Abkommens steht. Dies sollte grundsätzlich dann der Fall sein, wenn das Erlangen der entsprechenden Abkommensvorteile nicht der Hauptzweck der Gestaltung oder Transaktion war.

Diese Missbrauchsklausel wurde im Rahmen der BEPS-Massnahme 6 entwickelt. Sie ist im OECD-Musterabkommen (Art. 29 Abs. 9) enthalten. Um dem im Rahmen der BEPS-Massnahme 6 gesetzten Mindeststandard Genüge zu tun, reicht die Aufnahme dieser Missbrauchsklausel in die Doppelbesteuerungsabkommen. Es bedarf in einem solchen Fall keiner weiteren Missbrauchsbestimmung.

Art. IX (Inkrafttreten) Die Bestimmungen des Änderungsprotokolls finden ab dessen Inkrafttreten Anwendung.

Informationsersuchen können hinsichtlich Informationen gestellt werden, die Steuerjahre betreffen, die am oder nach dem 1. Januar des Folgejahres nach dem Inkrafttreten des Änderungsprotokolls beginnen.

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Finanzielle Auswirkungen

Das vorliegende Änderungsprotokoll berührt nicht die Regeln für die Einkommensund Vermögenszuteilung. Es enthält im Wesentlichen Bestimmungen, um den Missbrauch des Übereinkommens zu verhindern und das Verständigungsverfahren zu verbessern, sowie eine Bestimmung über den Informationsaustausch auf Ersuchen. Es wird daher keine direkten Auswirkungen auf die Steuereinnahmen haben. Das vorliegende Änderungsprotokoll kann im Rahmen der bestehenden Personalressourcen umgesetzt werden.

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Rechtliche Aspekte

Das Änderungsprotokoll stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung5 (BV), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Nach Artikel 184 Absatz 2 BV ist der Bundesrat ermächtigt, die Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung der Verträge zuständig; ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (siehe auch Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19976). Im vorliegenden Fall gibt es kein Gesetz und keinen völkerrechtlichen Vertrag, die dem Bundesrat die Kompetenz verleihen, einen Vertrag wie das Änderungsprotokoll abzuschliessen. Das Parlament ist somit für die Genehmigung des Änderungsprotokolls zuständig.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unter anderem wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten. Gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20027 (ParlG) gelten Bestimmungen als rechtsetzend, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen.

Das Änderungsprotokoll enthält Bestimmungen, die den Schweizer Behörden Pflichten auferlegen sowie den Schweizer Behörden und den Privatpersonen (natürliche und juristische Personen) Rechte verleihen. Das Änderungsprotokoll enthält somit wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG und Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Änderungsprotokolls untersteht deshalb dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.

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Vernehmlassungsverfahren

Das Änderungsprotokoll untersteht dem Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Gestützt auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20058 (VlG) besteht damit an sich die Pflicht zur Durchführung einer Vernehmlassung. Zum Änderungsprotokoll wurde im Dezember 2021 eine Orientierung durchgeführt. Dabei wurde den Kantonen und den am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Kreisen eine Erläuterung zum Änderungsprotokoll vorgelegt. Das Änderungsprotokoll wurde positiv und ohne Einwände aufgenommen. Die Positionen der interessierten Kreise sind entsprechend bekannt und belegt. Gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG konnte deshalb auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden.

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SR 101 SR 172.010 SR 171.10 SR 172.061