8.2.1

Botschaft zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Libanon vom 12. Januar 2005

8.2.1.1

Übersicht

Das Freihandelsabkommen mit Libanon erweitert das Netz von Freihandelsabkommen, welches die EFTA-Staaten seit Beginn der 90-er Jahre mit Drittländern aufbauen. Ziel der EFTA-Drittlandpolitik ist es, den eigenen Wirtschaftsakteuren einen gegenüber ihren wichtigsten Konkurrenten möglichst gleichwertigen und diskriminierungsfreien Zugang zu den Märkten auch des Mittelmeerraums zu verschaffen.

Erste Freihandelsabkommen im Mittelmeerraum konnten 1991 mit der Türkei und 1992 mit Israel abgeschlossen werden. 1995 zeichneten sich Bestrebungen der EU ab, im Rahmen der Erklärung von Barcelona bis im Jahre 2010 eine grosse Freihandelszone Europa-Mittelmeer zu errichten. Im Hinblick darauf beschlossen die Regierungen der EFTA-Staaten im Juni 1995, die Drittlandpolitik der EFTA im Mittelmeerraum zu intensivieren. Damit verbunden war die Absicht, einen Beitrag zur Integration Europa-Mittelmeer zu leisten mit dem Ziel, an der künftigen Freihandelszone Europa-Mittelmeer teilzunehmen. In der Folge schlossen die EFTA-Staaten 1997 mit Marokko (SR 0.632.315.491), 1998 mit der PLO/Palästinensischen Behörde (SR 0.632.316.251) und 2001 mit Jordanien (SR 0.632.314.671) Freihandelsabkommen ab. Am 24. Juni 2004 wurde das vorliegende Freihandelsabkommen mit Libanon unterzeichnet.

Das Freihandelsabkommen EFTA-Libanon umfasst den Industriesektor, verarbeitete Landwirtschaftsprodukte sowie Fische und andere Meeresprodukte. Bezüglich der unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukte haben die einzelnen EFTA-Staaten mit Libanon bilaterale Vereinbarungen abgeschlossen (Ziff. 8.2.1.5). Das Freihandelsabkommen ist asymmetrisch ausgestaltet und berücksichtigt damit die Unterschiede der wirtschaftlichen Entwicklung Libanons und der EFTA-Staaten. Während die EFTA-Staaten ihre Zölle und Abgaben mit Inkrafttreten des Abkommens vollständig abschaffen, wird Libanon für den schrittweisen Zollabbau ab 2008 eine Übergangszeit bis 2015 gewährt. Der libanesische Zollabbaukalender entspricht demjenigen des Assoziationsabkommens zwischen der EU und Libanon. Die schweizerischen Zollkonzessionen kommen weitgehend einer Konsolidierung der bisherigen einseitig gewährten APS-Vergünstigungen (Allgemeines Präferenzsystem zugunsten der Entwicklungsländer; Zollpräferenzenbeschluss, SR 632.91) gleich, dies nunmehr auf Reziprozitätsbasis. Das Freihandelsabkommen
wird das schweizerische APS-Präferenzregime gegenüber Libanon ablösen.

Was die im Rahmen der bilateralen Vereinbarung über unverarbeitete Landwirtschaftsprodukte eingeräumten Zollkonzessionen betrifft, so gehen diese nicht über diejenigen hinaus, welche bereits anderen Freihandelspartnern oder im Rahmen des APS gewährt worden sind.

2004-2748

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8.2.1.2

Wirtschaftliche Lage Libanons, Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Libanon

Die libanesische Wirtschaft war am Ende des Bürgerkriegs 1990 durch einen Einbruch der privaten Investitionen und des öffentlichen Sektors sowie eine Inflation von 70 Prozent geprägt. Zwischen 1990 und 1997 führten der Wiederaufbau und ein signifikanter Aufholungseffekt zu einem anhaltenden Wachstum und einem deutlichen Anstieg der Inlandproduktion. Das Bruttoinlandprodukt vervierfachte sich von 1000 US-Dollar im Jahr 1990 auf 4000 US-Dollar im Jahr 1996, 2003 betrug es 5000 US-Dollar. Die Inflation verringerte sich von 15 Prozent 1990 auf 4 Prozent 2002. Die sozialen Indikatoren kehrten nach und nach zu ihrem Vorkriegsniveau zurück. Bedeutende Investitionen in den Wiederaufbau des Landes sowie das schnelle Wirtschaftswachstum führten zu einer Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten. Dennoch verharrt die Arbeitslosenrate mit geschätzten 20 Prozent auf hohem Niveau.

Die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Libanon sind, im Verhältnis zur Grösse der beiden Länder, intensiv. Hinsichtlich der schweizerischen Exporte in den Mittleren Osten bekleidete Libanon 2003 den sechsten Rang, während die Schweiz 2002 gemäss libanesischen Statistiken der wichtigste Handelspartner Libanons war. In den letzten Jahren variierten die Schweizer Exporte nach Libanon zwischen 168 und 210 Millionen Franken. Bezüglich der Exporte waren die wichtigsten Kategorien die pharmazeutischen Produkte (2003: 41 %), gefolgt von Edelmetallen und Schmuck (17 %), sowie Uhren (11 %). Die Einfuhren aus dem Libanon in die Schweiz beliefen sich 2003 auf 191 Millionen Franken, wobei Edelsteine und Schmuck 97 Prozent ausmachten.

Die schweizerischen Direktinvestitionen im Libanon sind ebenfalls relativ bedeutend und betreffen vor allem die Zement-, die Nahrungsmittel-, die pharmazeutische und die Maschinenindustrie. Die libanesischen Direktinvestitionen in der Schweiz konzentrieren sich auf den Sektor der Finanzdienstleistungen. Die Schweiz und Libanon haben 2000 ein Investitionsschutzabkommen abgeschlossen, das seit 2001 in Kraft ist. Ausserdem wurde 2003 eine Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen der libanesischen Investitionsagentur IDAL und der schweizerischen Organisation für Investitionsförderung SOFI abgeschlossen.

8.2.1.3

Verhandlungsverlauf

Am 19. Juni 1997 unterzeichneten die EFTA-Staaten und Libanon eine Zusammenarbeitserklärung (vgl. Ziff. 322 und 813 des Berichts 98/1+2). Nach exploratorischen Gesprächen eines im Rahmen dieser Zusammenarbeitserklärung eingesetzten Ausschusses kam dieser am 4. Juli 2002 zum Schluss, dass ein Freihandelsabkommen sowohl für die EFTA-Staaten als auch für Libanon von Interesse ist. Die Verhandlungen wurden am 8. April 2003 eröffnet. Nach insgesamt drei Runden wurden die Verhandlungen mit der Paraphierung der Abkommenstexte am 21. November 2003 bzw. am 12. März 2004 abgeschlossen.

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8.2.1.4

Inhalt des Freihandelsabkommens

Das Freihandelsabkommen mit Libanon entspricht weitgehend den bisher von den EFTA-Staaten mit mittel- und osteuropäischen Partnern sowie mit der Türkei, Israel, der PLO/Palästinensischen Behörde, Marokko und Jordanien abgeschlossenen Freihandelsabkommen.

8.2.1.4.1

Warenverkehr

Durch den Abschluss des Freihandelsabkommens und von bilateralen Landwirtschaftsabkommen wird zwischen den EFTA-Staaten und Libanon eine Freihandelszone errichtet (Art. 4 Abs. 2). Die Bestimmungen des Freihandelsabkommens über den Warenverkehr decken Industrieprodukte, landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte sowie Fische und andere Meeresprodukte ab (Art. 4 Abs. 1). Das Abkommen ist asymmetrisch ausgestaltet und berücksichtigt damit den unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand der Vertragspartner. Während die EFTA-Staaten ihre Zölle und Abgaben mit Inkrafttreten des Abkommens vollständig aufheben, wird Libanon für den schrittweisen Abbau seiner Zölle bis zum vollständigen Freihandel eine Übergangszeit gewährt (Art. 6). Der libanesische Zollabbaukalender für Industrieprodukte entspricht demjenigen des Assoziationsabkommens zwischen der EU und Libanon, d.h. der Zollabbau wird am 1. März 2008 beginnen und am 1. März 2015 mit der vollständigen Zollfreiheit enden. Auch die Zölle auf Fische und andere Meeresprodukte werden gegenüber den EFTA-Staaten im selben Zeitraum beseitigt. Bezüglich landwirtschaftlicher Verarbeitungsprodukte gewähren die EFTA-Staaten in länderspezifischen Konzessionslisten Libanon die gleichen Konzessionen, welche sie bis anhin der EU zugestanden haben. Umgekehrt gewährt auch Libanon den EFTA-Staaten die gleichen Marktzutrittsbedingungen, wie er sie der EU eingeräumt hat. Davon ausgenommen sind zwölf Produkte (u.a. Joghurt und Speiseeis), für welche die EFTA-Staaten eine leicht geringere oder verzögerte Verbesserung des Marktzutritts erhalten.

Die Ursprungsregeln des Abkommens (Art. 5 und Prot. B) sind bereits auf die Einführung der EUROMED-Kumulation ausgerichtet, an der sich auch die EFTAStaaten beteiligen werden. Bis zur Inkraftsetzung des EUROMED-Systems beschränken sich die Kumulationsmöglichkeiten auf die bilaterale Kumulation von Vormaterialien aus den EFTA-Staaten und Libanon. Die wettbewerbsverzerrende Rückerstattung von Zöllen, die auf Einfuhren aus Drittländern erhoben werden, (sog.

drawback) wird nach einer kurzen Übergangszeit nicht mehr zulässig sein.

Wie die anderen EFTA-Freihandelsabkommen enthält auch das vorliegende Abkommen Bestimmungen zum Verbot von mengenmässigen Beschränkungen beim Import und Export (Art. 9 und 10) sowie von Exportzöllen
(Art. 10), über die Nichtdiskriminierung durch interne Steuern (Art. 11) und Staatsmonopole (Art. 14) sowie Verweise auf die WTO-Bestimmungen bezüglich technischer Vorschriften (Art. 12), sanitärer und phytosanitärer Massnahmen (Art. 13), Subventionen (Art. 15) und Antidumping-Massnahmen (Art. 16). Es enthält ausserdem die üblichen Schutzklauseln und Ausnahmebestimmungen (Art. 18, 20, 21 und 22), einschliesslich solcher bezüglich Strukturanpassungs- und Zahlungsbilanzschwierigkeiten (Art. 19 und 23).

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Die Bestimmungen über den Wettbewerb (Art. 17) halten fest, dass bestimmte wettbewerbswidrige Verhaltensweisen mit dem Abkommen unvereinbar sind, und dass die Vertragsparteien ihr nationales Wettbewerbsrecht entsprechend handhaben werden.

8.2.1.4.2

Geistiges Eigentum

Die Abkommensbestimmungen über den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum (Art. 24) verpflichten die Parteien, einen effektiven Immaterialgüterrechtsschutz zu gewährleisten und die Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum sicherzustellen. Insbesondere sind geeignete Massnahmen gegen Fälschung und Piraterie vorzusehen. Die Prinzipien der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gelten gemäss den relevanten Bestimmungen des TRIPS-Abkommens der WTO (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum, SR 0.632.20, Anhang 1C).

Die Parteien bestätigen ihre Pflichten unter verschiedenen internationalen Immaterialgüterrrechtsabkommen, deren Partei sie sind (Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert am 14. Juli 1967, SR 0.232.04; Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, revidiert am 24. Juli 1971, SR 0.231.15; Internationales Abkommen vom 26. Oktober 1961 über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (Rom-Abkommen), SR 0.231.171). Bezüglich der Pariser Verbandsübereinkunft und der Berner Übereinkunft wird Libanon jenen Revisionsakten beitreten, die auch in den EFTA-Staaten anwendbar sind. Weiter verpflichten sich die Parteien, bis am 1. März 2008 weiteren wichtigen internationalen Schutz- und Harmonisierungsabkommen beizutreten: dem TRIPS Abkommen, dem Protokoll zum Madrider Abkommen vom 27. Juni 1989 über die internationale Registrierung von Marken (SR 0.232.112.4), dem Budapester Vertrag vom 28. April 1977 über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren (SR 0.232.145.1), dem Vertrag vom 19. Juni 1970 über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (SR 0.232.141.1), sowie dem Internationalen Übereinkommen vom 2. Dezember 1961 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (in der revidierten Fassung von 1978 oder 1991, SR 0.232.162).

Sobald als möglich werden die Parteien zudem der Genfer Akte (1999) des Haager Abkommens betreffend die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle (BBl 2000 2799 ff.), dem «WIPO Copyright Treaty» (Genf 1996) und dem «WIPO Performances and Phonograms Treaty» (Genf 1996) beitreten.

Im Weiteren sind spezifische materielle Schutzstandards bezüglich
einzelner Immaterialgüterrechtsbereiche festgelegt. Testdaten, welche in amtlichen Marktzulassungsverfahren für pharmazeutische und agrochemische Produkte einzureichen sind, geniessen einen Erstanmelderschutz von mindestens sechs Jahren ab Marktzulassung. Diese Regelung stellt eine Präzisierung zur entsprechenden Verpflichtung im TRIPS-Abkommen der WTO dar. Ferner ist ein Designschutz von 25 Jahren vorgesehen. Im Bereich der geographischen Herkunftsangaben wird sich Libanon bemühen, den Schutz auch auf Angaben für Dienstleistungen auszudehnen.

Ausserdem sieht das Abkommen vor, dass die Vertragsparteien Konsultationen zur Überprüfung der Abkommensbestimmungen über das geistige Eigentum abhalten können mit dem Ziel, das Schutzniveau zu verbessern und Handelsverzerrungen, die 1238

ihre Ursache im aktuellen Schutzregime für geistiges Eigentum haben, zu vermeiden oder zu beseitigen. Darüber hinaus sind die Parteien bereit, auf Expertenebene über ihre internationalen Aktivitäten, Beziehungen und Entwicklungen im Bereich des geistigen Eigentums Konsultationen abzuhalten.

Für die Schweiz verursachen die Abkommensbestimmungen keinen Anpassungsbedarf. Einzig die bereits in anderen EFTA-Freihandelsabkommen enthaltene Verpflichtung, dem «WIPO Copyright Treaty» (Genf 1996) sowie dem «WIPO Performances and Phonograms Treaty» (Genf 1996) beizutreten, muss noch umgesetzt werden.

8.2.1.4.3

Dienstleistungen, Investitionen, öffentliches Beschaffungswesen, wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit

Für die Dienstleistungen (Art. 25) und das öffentliche Beschaffungswesen (Art. 28) enthält das Abkommen Entwicklungs- und Verhandlungsklauseln, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung allfälliger Diskriminierungen, die Libanon oder den EFTA-Staaten aus künftigen Präferenzabkommen eines Abkommenspartners mit Drittstaaten erwachsen könnten. Ferner enthält das Abkommen Bestimmungen über die Investitionsförderung (Art. 26), wobei der freie Zahlungsverkehr sowohl für Investitionen als auch für den Handel (Art. 27) zugesichert wird.

Wie andere EFTA-Freihandelsabkommen mit Mittelmeerpartnern enthält auch dieses Abkommen eine Bestimmung über wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit (Art. 29). Zur Umsetzung hat die EFTA mit Libanon über technische Zusammenarbeitsprojekte verhandelt, die insbesondere dem guten Funktionieren des Abkommens und der Realisierung seiner Ziele dienen sollen. In diesem Zusammenhang haben die Schweiz und Libanon eine bilaterale Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) unterzeichnet. Auch das EFTA-Sekretariat wird mit dem Libanon verschiedene Projekte der technischen Zusammenarbeit durchführen.

8.2.1.4.4

Institutionelle Bestimmungen, Streitbeilegung

Für die Sicherstellung der ordnungsgemässen Anwendung und für die Verwaltung des Abkommens wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt (Art. 30). Als paritätisches Organ fasst der Gemischte Ausschuss seine Beschlüsse einstimmig (Art. 31).

Das Abkommen sieht ein Streitbeilegungsverfahren vor, in dessen Zentrum Konsultationen zwischen den Parteien bzw. im Gemischten Ausschusses stehen (Art. 32). Hat der Gemischte Ausschuss innerhalb von drei Monaten keine einvernehmliche Lösung gefunden, kann die benachteiligte Vertragspartei vorläufige Massnahmen ergreifen (Art. 33). Ausserdem kann jede Streitpartei nach Ablauf dieser Frist ein Schiedsgerichtsverfahren eröffnen (Art. 34). Die Entscheide des Schiedsgerichts sind endgültig und für die Streitparteien bindend.

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8.2.1.4.5

Präambel, Eingangs- und Schlussbestimmungen

Die Präambel und die Bestimmung über die Abkommensziele (Art. 1) halten die allgemeinen Zielsetzungen der Zusammenarbeit zwischen den Parteien im Rahmen des Freihandelsabkommens fest, bekräftigen u.a. die Absicht, den Waren- und Dienstleistungshandel zu fördern sowie stabile und vorhersehbare Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen. Sie bestätigen die Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen sowie der Universellen Erklärung der Menschenrechte.

Eine allgemeine Entwicklungsklausel sieht vor, dass die Vertragsparteien das Abkommen insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklungen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen und innerhalb der WTO überprüfen werden und gemeinsam Möglichkeiten zur Vertiefung und Ausweitung der Zusammenarbeit unter diesem Abkommen prüfen (Art. 35).

Änderung der Protokolle und Anhänge des Abkommens liegen wie bei den anderen EFTA-Freihandelsabkommen in der Kompetenz des Gemischten Ausschusses (Art. 36). Andere Abkommensänderungen werden den Vertragsparteien vom Gemischten Ausschuss zur Ratifikation vorgelegt (Art. 37). Was künftige Beschlüsse des Gemischten Ausschusses (Art. 30 und 31) betrifft, welche in Bezug auf die Schweiz üblicherweise in die Genehmigungskompetenz des Bundesrates fallen, ist auf die Berichterstattung des Bundesrates über die von ihm abgeschlossenen Verträge (bzw. Vertragsänderungen) hinzuweisen (vgl. Bericht über die im Jahr 2003 abgeschlossenen internationalen Verträge, BBl 2004 3319).

Zweck der Kompetenzdelegation an den einstimmig beschliessenden Gemischten Ausschuss ist es, das Verfahren für die Anpassung der technischen Anhänge des Abkommens zu vereinfachen und somit die Verwaltung des Abkommens zu erleichtern. Die Anhänge und Protokolle aller Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten werden regelmässig aufdatiert, insbesondere um Entwicklungen im internationalen Handelssystem (z.B. WTO, Weltzollrat, andere Freihandelsbeziehungen der EFTAStaaten und ihrer Partner) Rechnung zu tragen. Bei den technischen Anhängen und Protokollen des vorliegenden Abkommens, die von dieser Kompetenzdelegation erfasst sind, handelt es sich um Anhang I (geographischer Anwendungsbereich: Regelung für Spitzbergen), Anhang II (vom Warenverkehrskapitel ausgenommene Produkte), Anhang III (Behandlung von Fisch und anderen Meeresprodukten), Anhang IV (Zollabbau für
Industrieprodukte), Anhang V (Bestimmungen über den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum), Protokoll A (Behandlung von verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten), Protokoll B (Ursprungsregeln und Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen) und Protokoll C (Ausnahmen von den Bestimmungen über staatliche Monopole).

Weitere Regeln betreffen die Anwendbarkeit des Abkommens (Art. 2 und 3), das Verhältnis zu anderen Präferenzabkommen (Art. 38) und den Beitritt weiterer Parteien zum Abkommen (Art. 39). Das Abkommen kann von jeder Partei durch schriftliche Notifikation an den Depositar binnen sechs Monaten gekündigt werden (Art. 40). Depositar dieses Abkommens ist die Regierung Norwegens (Art. 42).

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8.2.1.5

Bilaterales Agrarabkommen zwischen der Schweiz und Libanon

Parallel zum Freihandelsabkommen hat jeder EFTA-Staat mit Libanon je eine bilaterale Vereinbarung über den Handel mit landwirtschaftlichen Basisprodukten abgeschlossen. Diese Vereinbarungen sind rechtlich mit dem Freihandelsabkommen verbunden und können keine eigenständige Geltung erlangen. Die von der Schweiz eingeräumten Zugeständnisse bestehen in der Senkung oder der Beseitigung von Einfuhrzöllen für ausgewählte landwirtschaftliche Produkte, für welche Libanon ein besonderes Interesse geltend gemacht hat. Die Schweiz hat keine Konzessionen gewährt, die nicht schon anderen Freihandelspartnern eingeräumt oder im Rahmen des APS bisher autonom zugestanden worden sind. Somit bleibt der Zollschutz für sämtliche Produkte erhalten, die für die schweizerische Landwirtschaft sensibel sind.

Im Gegenzug gewährt Libanon der Schweiz für die folgenden schweizerischen Exportprodukte denselben Marktzutritt wie jenen aus der EU: Trockenfleisch, Milchpulver und andere Milchprodukte, Hart- und Halbhartkäse, Röstkaffee, Tee, zubereitete Tomaten, Konfitüren, gewisse Früchte und Fruchtsäfte, Kaffee- und Teeextrakte sowie spezielle Futtermittelzubereitungen für Tiere.

8.2.1.6

Inkrafttreten

Das Freihandelsabkommen soll gemäss Artikel 41 für die Staaten, welche die Ratifikationsinstrumente zwei Monate vorher hinterlegt haben, am 1. Januar 2005 in Kraft treten, sofern dies auch auf Libanon zutrifft. Ansonsten bzw. für die anderen Staaten erfolgt das Inkrafttreten am ersten Tag des dritten Monats, der auf den Tag der Hinterlegung der Ratifikationsinstrumente folgt. Gemäss Artikel 8 des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Libanon tritt dieses zum selben Zeitpunkt wie das Freihandelsabkommen in Kraft.

8.2.1.7

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

Die finanziellen Auswirkungen der Abkommen mit Libanon für die Schweiz sind gering. 2003 betrug der Zollertrag aus den Einfuhren aus Libanon unter 150 000 Franken. Da ein grosser Teil der Einfuhren aus Libanon bereits bisher auf Grund des APS zollbefreit war, dürfte nur ein geringfügiger Teil dieses Zollertrags wegfallen.

Diesem stehen verbesserte Absatzmöglichkeiten der schweizerischen Industrie und Landwirtschaft auf dem libanesischen Markt gegenüber.

Für die Kantone und Gemeinden haben die Abkommen mit Libanon keine finanziellen und personellen Auswirkungen. Auswirkungen auf die Informatik sind weder beim Bund noch bei den Kantonen und Gemeinden zu erwarten.

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8.2.1.8

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Es liegt im wirtschaftlichen Interesse der Schweiz, ihr Netz von Freihandelsabkommen im Mittelmeerraum auszubauen, auch im Hinblick auf die vorgesehene Teilnahme an der von der EU bis 2010 angestrebten grossen «Freihandelszone EuropaMittelmeer». Durch den Abbau der Industrie- und eines Teils der Landwirtschaftszölle im Handel zwischen Libanon und der Schweiz wirken sich die Abkommen positiv auf die schweizerischen und libanesischen Unternehmen und Konsumenten aus. Die gegenseitigen Absatzmöglichkeiten der Industrie und der Landwirtschaft werden verbessert. Die schweizerischen Exporte in den Libanon betrugen 2003 168 Millionen Franken, die Importe aus dem Libanon 191 Millionen Franken. Da sich die Schweizer Konzessionen im Bereich der Landwirtschaftsprodukte im Rahmen dessen bewegen, was bereits anderen Freihandelspartnern oder im Rahmen des APS zugestanden worden ist, sind keine nennenswerten Auswirkungen auf die schweizerische Landwirtschaft zu erwarten.

8.2.1.9

Legislaturplanung

Das Freihandelsabkommen und das bilaterale Landwirtschaftsabkommen mit Libanon entsprechen dem Inhalt von Ziel 8 «Die internationale Verantwortung wahrnehmen/Chancen für schweizerische Exporte wahren» des Berichtes über die Legislaturplanung 2003­2007 (BBl 2004 1149).

8.2.1.10

Bezug zur WTO und Verhältnis zum europäischen Recht

Die Schweiz und die übrigen EFTA-Staaten gehören der Welthandelsorganisation (WTO) an, während Libanon sich im Beitrittsprozess befindet. Sowohl die Schweiz als auch die übrigen EFTA-Staaten und Libanon sind der Auffassung, dass die vorliegenden Abkommen, wie auch die früher abgeschlossenen EFTA-Freihandelsabkommen, im Einklang mit den aus den GATT/WTO-Übereinkommen resultierenden Verpflichtungen stehen. Freihandelsabkommen unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.

Der Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittstaaten steht mit dem Wirtschaftsrecht der EU und mit den Zielen unserer europäischen Integrationspolitik nicht in Widerspruch, namentlich werden keine Rechte und Pflichten gegenüber der EU und den anderen EFTA-Staaten berührt. Die Bestimmungen des vorliegenden Freihandelsabkommens sind ähnlich ausgestaltet wie die entsprechenden Bestimmungen des Assoziationsabkommens EU-Libanon, das im Juni 2002 unterzeichnet wurde und dessen handelspolitischer Teil seit dem 1. März 2004 angewandt wird.

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8.2.1.11

Gültigkeit für das Fürstentum Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein ist Unterzeichnerstaat des Abkommens. Auf Grund des Vertrags vom 29. März 1923 zwischen der Schweiz und Liechtenstein (SR 0.631.112.514) wendet die Schweiz die im Freihandelsabkommen mit Libanon enthaltenen zollrechtlichen Bestimmungen auch für Liechtenstein an.

Was das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Libanon betrifft, gilt dieses auch für das Fürstentum Liechtenstein, solange Liechtenstein durch eine Zollunion mit der Schweiz verbunden ist.

8.2.1.12

Veröffentlichung der Anhänge zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten und Libanon

Die Anhänge zum Freihandelsabkommen umfassen mehrere hundert Seiten. Es handelt sich zur Hauptsache um Bestimmungen technischer Natur. Sie können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Vertrieb Publikationen, 3003 Bern1 bezogen werden und sind beim EFTA-Sekretariat über Internet verfügbar2. Nach den Artikeln 5 und 13 Absatz 3 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004 (SR 170.512) sowie Artikel 9 Absatz 2 der Publikationsverordnung kann die Veröffentlichung auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Ausgenommen von der Verweispublikation ist das Protokoll B über die Ursprungsregeln und die Methoden der administrativen Zusammenarbeit, welches die für die präferenzielle Zollbehandlung massgebenden Ursprungsregeln enthält.

8.2.1.13

Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV) sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Staatsvertragsref erendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen, wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Das Freihandelsabkommen kann unter Einhaltung einer Vorankündigungsfrist von sechs Monaten jederzeit gekündigt werden, womit auch das bilaterale Landwirtschaftsabkommen automatisch beendet wird (Art. 40 des Freihandelsabkommens, Art. 9 des Landwirtschaftsabkommens). Es liegt kein Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Für die Umsetzung der Abkommen sind lediglich Verordnungsänderungen nötig (Änderung der Zollsätze, Ziff. 8.2.1.4.1 und Ziff. 8.2.1.5), Anpassungen auf Gesetzesstufe sind nicht erforderlich.

Zur Frage, ob die Abkommen wichtige rechtsetzende Bestimmungen (vgl. Art. 164 Abs. 1 BV und Art. 22 Abs. 4 des Parlamentgesetzes, SR 171.10) enthalten, ist Folgendes festzuhalten: Mehrere Bestimmungen der vorliegenden Abkommen ent1 2

www.bbl.admin.ch/bundespublikationen http://secretariat.efta.int/Web/ExternalRelations/PartnerCountries/Lebanon

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halten rechtsetzende Bestimmungen (Zollkonzessionen, Gleichbehandlungs- gebote usw.). Diese Bestimmungen können aber einerseits im Rahmen der Verordnungskompetenzen, welche das Zolltarifgesetz (SR 632.10) dem Bundesrat in Bezug auf Zollkonzessionen einräumt, umgesetzt werden. Anderseits sind sie nicht als derart grundlegend und damit wichtig einzustufen, dass sie dem Staatsvertragsreferendum zu unterstellen wären. Sie ersetzen kein innerstaatliches Recht und treffen keine Grundsatzentscheide für die nationale Gesetzgebung. Die vorgesehenen Abkommen gehen grundsätzlich auch nicht über in früheren Staatsverträgen vereinbarte Verpflichtungen für die Schweiz hinaus. Sie sind inhaltlich gleichwertig ausgestaltet und von vergleichbarem politischem, rechtlichem und wirtschaftlichem Gewicht wie die in den letzten Jahren abgeschlossenen EFTA-Drittlandabkommen, welche auch nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum unterstellt waren.

Im Sinne der Entwicklung einer gangbaren Praxis zur neuen Ziffer 3 von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV und um die wiederholte Unterstellung gleichartiger Abkommen unter das Referendum zu vermeiden, hat der Bundesrat in der Botschaft zum Freihandelsabkommen mit Chile vom 19. September 2003 (BBl 2003 7136) festgehalten, er werde dem Parlament Staatsverträge, die im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten, auch in Zukunft mit dem Vorschlag unterbreiten, diese nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum zu unterstellen. Die vorliegenden Abkommen erfüllen dieses Kriterium, sie bewegen sich im Rahmen der anderen Abkommen, die die EFTA-Staaten abgeschlossen haben. Somit unterliegt der Genehmigungsbeschluss nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV.

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