zu 05.428 Parlamentarische Initiative Sondersatz der Mehrwertsteuer für Beherbergungsleistungen. Verlängerung Bericht vom 6. September 2005 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates Stellungnahme des Bundesrates vom 30. September 2005

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, zum Bericht vom 6. September 2005 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates betreffend den Sondersatz der Mehrwertsteuer für Beherbergungsleistungen nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. September 2005

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Samuel Schmid Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Für die Besteuerung der Beherbergungsleistungen im Rahmen der Mehrwertsteuer gilt bis zum 31. Dezember 2006 ein Sondersteuersatz von 3,6 Prozent. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) beriet an ihrer Sitzung vom 23. Mai 2005 das weitere Vorgehen bezüglich dieses Sondersatzes. Er war in der Vergangenheit bereits zweimal verlängert worden. Nach eingehender Diskussion wurde mit 8 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen die Ausarbeitung einer Kommissionsinitiative für eine abermalige Verlängerung des Sondersteuersatzes für Beherbergungsleistungen bis Ende Dezember 2010 beschlossen. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates stimmte diesem Beschluss am 22. August 2005 mit 15 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung zu. Das Sekretariat wurde zusammen mit der Verwaltung beauftragt, einen entsprechenden Erlassentwurf auszuarbeiten. Der Entwurf wurde am 6. September 2005 von der WAK-S einstimmig angenommen.

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Geltendes Recht

Am 1. Januar 1995 trat die Verordnung über die Mehrwertsteuer in Kraft. Nach Artikel 8ter der Übergangsbestimmung in der alten Bundesverfassung bestand für den Bund die Möglichkeit, auf dem Wege der Gesetzgebung für bestimmte im Inland erbrachte Tourismusleistungen einen tieferen Satz der Umsatzsteuer festzulegen, sofern diese Dienstleistungen in erheblichem Ausmass durch Ausländer konsumiert wurden und die Wettbewerbsfähigkeit es erforderte. Die schwierige Wettbewerbssituation des einheimischen Tourismusgewerbes Mitte der Neunzigerjahre führte dazu, dass auf den 1. Oktober 1996 für die Dauer von fünf Jahren bis längstens Ende Dezember 2001 der Sondersteuersatz von 3 % für Beherbergungsleistungen (inklusive des Frühstücks) in Kraft gesetzt wurde.

Die selbe Regel von Artikel 8ter der Übergangsbestimmung in der alten Bundesverfassung ist in Artikel 196 Ziffer 14 Absatz 3 der Übergangsbestimmung in der neuen Bundesverfassung festgehalten. Im Bundesgesetz vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer, welches am 1. Januar 2001 in Kraft trat, wurde die zeitliche Befristung des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen bis längstens Ende Dezember 2003 verlängert. Gestützt auf eine parlamentarische Initiative der WAK-S wurde die Geltung des Sondersatzes nochmals bis zum 31. Dezember 2006 verlängert (vgl.

Bericht und Antrag der WAK-S vom 3. Mai 2002, BBl 2002, S. 7312 ff.; Bundesgesetz vom 20. Juni 2003, AS 2003, S. 4351). Der Sondersatz ist in Artikel 36 Absatz 2 des Mehrwertsteuergesetzes geregelt und beträgt heute 3,6 %.

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Beurteilung des Vorschlages des Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates

Der Bundesrat hat sich anfänglich aus verschiedenen Gründen gegen die Verlängerung des Sondersatzes für die Beherbergungsleistungen ausgesprochen. Er hat dem Antrag der WAK-S vom 3. Mai 2002 zur Verlängerung dieses Steuersatzes einzig im Sinne einer Kompromisslösung zugestimmt. Denn andere Fördermassnahmen, welche die strukturellen Mängel der Branche gezielter und wirkungsvoller beseitigen können als die pauschale steuerliche Begünstigung der ganzen Branche, waren damals noch nicht eingeführt (vgl. Stellungnahme des Bundesrates vom 4. September 2002 zum Bericht vom 3. Mai 2002 der WAK-S, BBl 2002, S. 7323 ff.).

Oberstes Ziel des Bundesrates ist es, die Mehrwertsteuer radikal zu vereinfachen.

Das heutige Regelwerk mit all seinen Sonderregelungen und Ausnahmen und damit einhergehenden Abgrenzungen ist derart kompliziert und unübersichtlich geworden, dass nur eine radikale Reform die kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich der Mehrwertsteuer entlasten kann. Deshalb strebt der Bundesrat mittelfristig die ideale Mehrwertsteuer an. Dafür stehen zwei Massnahmen im Vordergrund, nämlich die Einführung eines Einheitssteuersatzes für alle steuerbaren Umsätze sowie die Abschaffung grundsätzlich sämtlicher in Artikel 18 des Mehrwertsteuergesetzes enthaltenen Steuerausnahmen. Ein solches Reformpaket würde es wegen der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage erlauben, den Einheitssteuersatz in wesentlichem Ausmass unterhalb des heutigen Normalsatzes festzusetzen.

Da mit der Einführung der idealen Mehrwertsteuer der Sondersatz für Beherbergungsleistungen ohnehin abgeschafft werden wird, rechtfertigt es sich nicht, diesen nach dem 31. Dezember 2006 nicht mehr fortzuführen und damit die Beherbergungsbranche innert weniger Jahre zweimal mit einer Mehrwertsteuer-Satzänderung zu belasten. Damit könnten jedenfalls administrativer Aufwand und Zusatzkosten für die Hotelbetriebe vermieden werden.

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Stellungnahme des Bundesrates

Unter diesen Umständen erscheint es dem Bundesrat angemessen, dem Antrag der WAK-S vom 6. September 2005 zuzustimmen und den Sondersatz für Beherbergungsleistungen bis zur Einführung des Einheitssteuersatzes, aber längstens bis Ende 2010 zu verlängern. Damit soll vermieden werden, dass der anzuwendende Steuersatz innert weniger Jahre mehrfach ändert.

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