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Richtlinien über die Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen vom 9. Dezember 2022

Der Schweizerische Bundesrat erlässt folgende Richtlinien:

1

Grundsätze

11

Internationale Konferenzen und andere multilaterale Treffen, Sitzungen und Versammlungen, einschliesslich Tagungen internationaler Organisationen, nachfolgend «internationale Konferenzen» genannt, bilden ein wesentliches Element der Zusammenarbeit unter den Staaten.

12

Eine Delegation des Bundes nimmt an einer internationalen Konferenz teil, wenn: a. ihre Teilnahme für die Wahrung der Interessen der Schweiz notwendig oder zumindest nützlich ist; oder b. sie mit ihrer Teilnahme einen spezifischen Beitrag an die internationale Zusammenarbeit leisten kann.

13

Die Zusammenarbeit mit dem Parlament richtet sich nach Artikel 152 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20021.

14

Die Zusammenarbeit mit den Kantonen richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 22. Dezember 19992 über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes.

15

Ausserparlamentarischen Kommissionen sowie schweizerische Interessengruppen wie Verbände und Nichtregierungsorganisationen können in die Vorbereitungs- und Folgearbeiten sowie in die Delegation einbezogen werden.

Sie werden in angemessenem Rahmen beteiligt. Ihre Vertreterinnen und Vertreter werden nur in die Delegation aufgenommen, wenn dies aus fachlicher Sicht oder für die Wahrung der Interessen der Schweiz notwendig ist.

16

Um zur Mitwirkung beigezogen zu werden, müssen die ausserparlamentarischen Kommissionen und die schweizerischen Interessengruppen wesentlich

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SR 171.10 SR 138.1

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zur Formulierung der schweizerischen Politik und zur Verankerung des aussenpolitischen Geschäftes in der Innenpolitik beitragen können.

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In jenen Fällen, in denen dies zweckmässig erscheint, setzt sich die Schweiz dafür ein, dass internationale Konferenzen in virtuellem oder hybridem Format durchgeführt werden. Bei einer hybrid durchgeführten Konferenz wird geprüft, ob eine virtuelle Teilnahme der ganzen Delegation oder eines Teils der Delegation für die Wahrung der Interessen der Schweiz ausreichend ist.

18

Auf Konferenzen und Tagungen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie auf deren Vorbereitungs- und Folgearbeiten sind diese Richtlinien aufgrund der dreigliedrigen Struktur der ILO nur sinngemäss anwendbar.

2

Vorbereitungs- und Folgearbeiten

21

Die interessierten Departemente oder Bundesämter informieren sich gegenseitig über Einladungen zur Teilnahme der Schweiz an internationalen Konferenzen. Das federführende Bundesamt bezieht die interessierten Bundesstellen in die Vorbereitungsarbeiten ein, insbesondere das Staatssekretariat des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und diejenigen Stellen, die für den Vollzug der an der internationalen Konferenz zu treffenden Beschlüsse zuständig sind.

22

Das federführende Bundesamt kündigt internationale Konferenzen den zuständigen schweizerischen Auslandsvertretungen an und bezieht diese, wo es sinnvoll erscheint, in die Vorbereitungs- und Folgearbeiten ein.

23

Es kann die ausserparlamentarischen Kommissionen und schweizerischen Interessengruppen über die Vorbereitungs- und Folgearbeiten informieren, wenn diese Interesse an einer internationalen Konferenz bekundet haben.

24

Es orientiert die interessierten Bundesstellen, insbesondere das Staatssekretariat des EDA und die zuständigen schweizerischen Vertretungen sowie alle anderen in die Vorbereitung einbezogenen Kreise, mit einem Bericht über den Konferenzverlauf und das beabsichtigte weitere Vorgehen.

3 A

Zusammensetzung der Delegation Vertretung

31

Grösse und Zusammensetzung der Delegation müssen den Erfordernissen der internationalen Konferenz und den aussenpolitischen Zielen der Schweiz angepasst sein. Bei der Auswahl der Delegierten stehen die fachspezifische Kompetenz sowie die Verhandlungserfahrung im Vordergrund. Dabei ist darauf zu achten, dass die mitinteressierten Dienststellen angemessen vertreten sind und die Kohärenz der schweizerischen Aussenpolitik gewahrt bleibt.

311

Die Zahl der Delegationsmitglieder ist insbesondere bei Entsendungen ins Ausland so klein wie möglich zu halten. Dabei werden besondere Umstände

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berücksichtigt wie die gleichzeitige Arbeit in verschiedenen Ausschüssen oder die Tatsache, dass die Schweiz spezielle Aufgaben (z. B. den Vorsitz) wahrnimmt oder besondere Interessen zu vertreten hat.

312

Das Personal der zuständigen schweizerischen Auslandsvertretungen kann die Arbeit der Delegation in logistischer, fachlicher und personeller Hinsicht unterstützen. Personal mit nützlichem Fachwissen kann auch in die Delegation aufgenommen werden. Das Personal der Auslandsvertretung wird bei der Festlegung der Grösse der Delegation nicht mitgezählt.

313

Die Entsendung einer Delegation von mehr als fünf Personen ist zu begründen. Die Begründung ist wie folgt auszuweisen: a. falls der Bundesrat über die Entsendung entscheidet (Ziff. 41): im Antrag an den Bundesrat; b. falls ein Departement oder Amt über die Entsendung entscheidet (Ziff. 44): im Rahmen der Konsultation der mitinteressierten Dienststellen.

32

Ausserparlamentarische Kommissionen und schweizerische Interessengruppen bestimmen ihre Delegierten im Einverständnis mit dem federführenden Bundesamt. Die Zahl dieser Delegierten ist auf höchstens 3 zu beschränken.

B

Vorübergehende Verleihung eines Titels

33

Der Bundesrat verleiht, wenn die allgemeinen Voraussetzungen (Ziff. 34) und die spezifischen Voraussetzungen (Ziff. 35 und 36) erfüllt sind, vorübergehend folgende Titel: a. Staatssekretärin oder Staatssekretär; b. Botschafterin oder Botschafter und Ministerin oder Minister3.

34

Die Titel nach Ziffer 33 werden nur verliehen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a. Die Funktionsträgerin oder der Funktionsträger vertritt die Interessen der Schweiz an einer spezifischen internationalen Konferenz, in einer Arbeitsgruppe oder bei internationalen Verhandlungen sowie im damit zusammenhängenden Schriftverkehr.

b. Sie oder er verfügt über entsprechende Entscheidbefugnisse.

c. Die Verleihung des Titels gewährleistet, dass die Schweiz bei internationalen Verhandlungen auf gleichem Niveau wie die Partnerstaaten auftreten kann.

d. Die Verleihung des Titels erfolgt für die Dauer der spezifischen internationalen Konferenz, des entsprechenden Arbeitsgruppentreffens oder der internationalen Verhandlungen und ist an die Funktion gebunden.

3

Der Ministertitel steht im Rang tiefer als der Botschaftertitel.

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35

Der Titel einer Staatssekretärin oder eines Staatssekretärs kann Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesverwaltung aus diplomatischen oder protokollarischen Gründen verliehen werden oder, wenn diese damit beauftragt sind, die Schweiz an internationalen Verhandlungen auf höchster Ebene zu vertreten (Art. 46 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19974). Als internationale Verhandlungen auf höchster Ebene gelten solche, bei denen zu den Delegationen der verhandelnden Staaten Regierungsmitglieder oder Staatssekretärinnen und Staatssekretäre gehören.

36

Der Titel einer Botschafterin oder eines Botschafters oder einer Ministerin oder eines Ministers kann nur verliehen werden, wenn die Wahrnehmung der schweizerischen Interessen es erfordert; vorbehalten bleibt Artikel 3 Absatz 2 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 20015.

37

Das EDA, das Eidgenössische Finanzdepartement (vertreten durch das Eidgenössische Personalamt, EPA) sowie die Bundeskanzlei (BK) müssen vor der Verleihung eines vorübergehenden Titels konsultiert werden.

4

Entscheid über die Entsendung von Delegationen und über die Erteilung von Instruktionen

41

Der Bundesrat entscheidet über die Entsendung von Delegationen und erteilt die Instruktionen, mit Ausnahme der unter Ziffer 44 vorgesehenen Fälle.

42

Betreffend die Antragstellung an den Bundesrat gilt Folgendes:

421

Das federführende Departement legt dem Bundesrat rechtzeitig einen Antrag vor, der insbesondere Folgendes beinhaltet: a. die Begründung der Teilnahme an der internationalen Konferenz (Ziff. 12); b. Ausführungen zur Grösse und Zusammensetzung der Delegation sowie gegebenenfalls eine Begründung für die Entsendung einer Delegation von mehr als fünf Personen (Ziff. 313); c. die Beschreibung der Aufgabe der einzelnen Delegationsmitglieder; d. die zu erteilenden Instruktionen für die Delegation; e. gegebenenfalls eine Begründung für die vorübergehende Verleihung eines Titels (Ziff. 34­37).

422

Teilen sich mehrere Departemente die Federführung, so stellen sie den Antrag gemeinsam.

43

Über die Anträge ist in jedem Fall eine Ämterkonsultation durchzuführen.

44

In den folgenden Fällen kann das Departement oder das Amt die Entsendung einer Delegation beschliessen und die Instruktionen erteilen:

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SR 172.010 SR 172.220.111.3

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a.

b.

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Es ergeben sich weder neue materielle noch neue finanzielle Verpflichtungen, welche die Kompetenzen des federführenden Departements oder Bundesamtes übersteigen, und: ­ die Konferenz ist von beschränkter politischer Tragweite, oder ­ die Verhandlungen finden unter der Führung einer internationalen Organisation statt, der die Schweiz angehört und deren Aufgabe es ist, das Völkerrecht oder internationale Standards und Leitlinien weiterzuentwickeln.

Der Bundesrat hat bereits ausreichende Instruktionen erteilt, sei es in allgemeiner Form oder anlässlich einer vorhergehenden gleichartigen Konferenz.

441

Die mitinteressierten Dienststellen sind auch dann zu konsultieren, wenn der Entscheid über die Erteilung von Instruktionen an eine Delegation auf Departements- oder Amtsstufe gefällt werden kann.

442

Können allfällige Differenzen nicht auf Stufe der betroffenen Ämter oder Departemente bereinigt werden, so ist das Geschäft dem Bundesrat zu unterbreiten. Das federführende Departement erarbeitet einen entsprechenden Antrag.

443

Bestehen für eine internationale Konferenz Differenzen darüber, auf welcher Stufe ein Entscheid gefällt werden kann, so entscheidet der Bundesrat.

5

Vollmachten

51

Die Verhandlungsvollmachten bezeichnen die Mitglieder der Schweizer Delegation und ermächtigen die Delegation, an der internationalen Konferenz teilzunehmen. Sie enthalten gegebenenfalls die Vollmacht, den aus den Verhandlungen hervorgehenden definitiven Texten zuzustimmen und diese zu paraphieren, sowie die Vollmacht, das Abschlussdokument der Konferenz zu unterzeichnen.

52

Für die Unterzeichnung eines völkerrechtlichen Vertrags sind in der Regel besondere Vollmachten nötig, die mit einem separaten Dokument ausgestellt werden.

53

Die Verhandlungs- und die Unterzeichnungsvollmachten werden vom Bundesrat erteilt; die Zuständigkeiten von Amtes wegen der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten und der Vorsteherin oder des Vorstehers des EDA bleiben vorbehalten.

54

Ist für die Entsendung einer Delegation und die Erteilung der Instruktionen ein Departement oder ein Bundesamt zuständig (Ziff. 44), sind dafür aber Vollmachten nötig, so entscheidet die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident.

55

Eine Vollmacht zur Unterzeichnung eines völkerrechtlichen Vertrags, für dessen Abschluss ein Departement, eine Gruppe oder ein Bundesamt zuständig

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ist, wird von der Bundespräsidentin oder dem Bundespräsidenten erteilt.6 Das Verfahren ist in den Richtlinien der BK für Bundesratsgeschäfte (Roter Ordner) festgelegt.

56

In Fällen, in denen unsicher ist, ob Vollmachten nötig sind, beauftragt der Bundesrat in seinem Beschluss das Departement, im Bedarfsfall die erforderliche Vollmacht vorzubereiten und der BK zur definitiven Ausfertigung zuzustellen.

6

Verhalten der Delegation

61

Alle Mitglieder einer Delegation sind der Delegationsleitung unterstellt. Insbesondere diejenigen Mitglieder, die nicht der Bundesverwaltung angehören, sind vom federführenden Bundesamt über ihre Pflichten schriftlich zu informieren. Diese umfassen namentlich die allfällige Pflicht zur Geheimhaltung, die Pflicht, nur gemäss Instruktion der Delegationsleitung als Mitglieder der Delegation Verhandlungen zu führen oder Erklärungen abzugeben, die Pflicht, die Delegationsleitung über im eigenen Namen ausserhalb des Verhandlungskontexts abgegebene Erklärungen unverzüglich zu informieren, sowie die Pflicht, sich an den Vorbereitungsarbeiten und an der Berichterstattung zu beteiligen.

62

Die Delegation pflegt während der internationalen Konferenz auf bestmögliche Weise den Kontakt zu interessierten Vertreterinnen und Vertretern unabhängig teilnehmender schweizerischer Interessengruppen und zu den Delegierten internationaler Interessengruppen, die auch schweizerische Interessengruppen mitvertreten.

7

Administrative Bestimmungen

71

Für Angestellte der Bundesverwaltung gelten die administrativen Bestimmungen der Bundesverwaltung, insbesondere was den Ersatz von Auslagen, die Vergütungen, die Wahl des Transportmittels und die Anrechnung der Arbeitszeit betrifft.

711

Die Vergütungen sind im Einvernehmen mit dem EFD (EPA) festzusetzen.

712

Die Kosten der an internationalen Konferenzen teilnehmenden Angestellten der Bundesverwaltung gehen zulasten der Ämter, die sie vertreten.

72

Die Kosten von Delegierten der Bundesversammlung, der Kantone sowie von ausserparlamentarischen Kommissionen und schweizerischer Interessengruppen werden in der Regel vom Bund nicht übernommen. Ausnahmsweise trägt das zuständige Departement die Kosten. Die Übernahme solcher Kosten ist im Antrag zu begründen.

6

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Beschluss des Bundesrates vom 9. März 2012.

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73

Arbeiten, die von der Bundesverwaltung bei weiteren interessierten Kreisen im Rahmen von Vorbereitungs- und Folgearbeiten internationaler Konferenzen bestellt und für die eine Entschädigung vorgesehen wurde, sind vom auftraggebenden Bundesamt zu bezahlen. Sie können auf Antrag ausnahmsweise ganz oder teilweise vom EDA finanziert werden, sofern dieses einwilligt und über die entsprechenden Mittel verfügt.

8

Schlussbestimmungen

Die Richtlinien vom 7. Dezember 20127 über die Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen werden aufgehoben.

Diese Richtlinien treten am 9. Dezember 2022 in Kraft.

9. Dezember 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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