Bekanntmachungen der Departemente und der Ämter

Generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens Die Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung, hat an der Plenarsitzung vom 8. Juni 2005, gestützt auf Artikel 321bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0); Artikel 1, 3, 9, 10, 11 und 13 der Verordnung vom 14. Juni 1993 über die Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Bereich der medizinischen Forschung (VOBG; SR 235.154); in Sachen SUVA, Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern, betreffend Gesuch vom 29. April 2004 / 09. Dezember 2004 für eine generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Artikel 321bis StGB zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens, verfügt: 1. Bewilligungsnehmerin Der SUVA, Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern, wird unter den nachfolgenden Bedingungen und Auflagen eine generelle Bewilligung gemäss Artikel 321bis StGB in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 sowie Artikel 11 VOBG erteilt.

Der Verantwortliche für die Bewilligungsforschung ist der Chefarzt SUVA, Dr.

med. Christian A. Ludwig.

Durch die Bewilligung wird dem mit betriebsinterner Forschung im Medizinalbereich der SUVA betrauten Personal sowie den Dissertanten und Dissertantinnen gestattet, zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens unter den nachstehenden Bedingungen nicht anonymisierte Daten einzusehen.

Durch die Bewilligung wird die Einsichtnahme in nicht anonymisierte Daten ermöglicht, ohne dass der/die Datenanleger/in dadurch sein Berufsgeheimnis verletzt. Dies gilt jedoch nur innerhalb des Medizinalbereiches der Bewilligungsnehmerin, d.h.

innerhalb der beiden medizinischen Dienste (Versicherungsmedizin und Arbeitsmedizin) sowie den beiden SUVA-eigenen Rehabilitationskliniken Sion und Bellikon.

Sollten Forschungsprojekte auf nicht anonymisierte Daten anderer medizinischer Institutionen angewiesen sein, oder soll externen Forschern/Forscherinnen Einblick in nicht anonymisierte Daten des Medizinalbereichs der SUVA gewährt werden, ist der Expertenkommission ein Gesuch um Erhalt einer Sonderbewilligung einzureichen.

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2. Zweck und Umfang der Dateneinsicht Die Bewilligung umfasst das Recht, in den Krankengeschichten und Dossiers des Medizinalbereichs der SUVA die für die betriebsinterne Forschung relevanten Daten einzusehen.

3. Bedingungen Wenn die Einwilligung der betroffenen Personen zur Verwendung ihrer Daten ohne unverhältnismässig grosse Schwierigkeiten und ohne dass ihnen dadurch ein erheblicher Schaden zugefügt wird, eingeholt werden kann, so dürfen die Daten nicht gestützt auf die vorliegende Bewilligung zu Forschungszwecken verwendet werden.

Es dürfen nur dann ohne Einwilligung nicht anonymisierte Daten verwendet werden, wenn das Forschungsprojekt nicht mit anonymisierten Daten durchgeführt werden kann.

Die betroffenen Personen sind darüber aufzuklären, dass sie die Datenweitergabe untersagen können (Vetorecht). Daten, deren Weitergabe untersagt wurde, dürfen nicht zu Forschungszwecken verwendet werden.

4. Datensammlungen und Kreis der Zugriffsberechtigten a)

Personenbezogene Daten im Medizinalbereich der SUVA sind die Krankengeschichten der Rehabilitationskliniken und die Dossiers der beiden medizinischen Dienste. Diesen dürfen für Forschungszwecke personenbezogene Daten entnommen werden. Die Bewilligungsnehmerin hat sicherzustellen, dass die Krankengeschichten und Dossiers, die noch nicht anonymisierten und die bereits anonymisierten Forschungsdaten getrennt voneinander aufbewahrt werden.

b)

Zu Forschungszwecken dürfen die Mitarbeiter/innen des Medizinalbereichs der SUVA sowie die Dissertanten und Dissertantinnen mit Einwilligung des zuständigen Chefarztes auf neues Datenmaterial Zugriff nehmen. Auf bereits bearbeitete Daten darf je nach Bedürfnis erneut zugegriffen werden. Nach Abschluss des Forschungsprojektes ist für einen erneuten Datenzugriff die Einwilligung des Chefarztes einzuholen.

5. Dauer der Datenaufbewahrung Die Befristung der Aufbewahrung richtet sich nach geltendem Recht. Die Vernichtung der Daten des Forschungsprojektes hat gemäss den Empfehlungen des Eidgenössischen bzw. des kantonalen Datenschutzbeauftragten zu erfolgen.

6. Massnahmen für die Anonymisierung Die den Krankengeschichten und Versichertendossiers entnommenen Daten müssen zu Beginn der Forschungstätigkeit anonymisiert werden.

7. Erkennungsmerkmale Es ist sicherzustellen, dass in den auf den gesammelten Daten basierenden Publikationen eine Identifizierung der betroffenen Personen nicht möglich ist.

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8. Auflagen a)

Für jedes Forschungsprojekt muss eine «non obstat»-Erklärung der zuständigen Ethikkommission eingeholt werden.

Nachdem die Ethikkommission die jeweiligen Forschungsgesuche auf ihre ethische Vereinbarkeit hin überprüft hat, kontrolliert der zuständige Chefarzt/die zuständige Chefärztin die Forschungsprojektdokumentation hinsichtlich der Vorgaben gemäss SUVA-internem Forschungsbewilligungsverfahren. Insbesondere ist die Begründung zu überprüfen, warum das Forschungsprojekt nicht mit anonymisierten Daten durchgeführt werden kann, weshalb die Einwilligung der Berechtigten nicht einholbar ist und weshalb die Forschungsinteressen die Interessen der Berechtigten an der Geheimhaltung ihrer Gesundheitsdaten überwiegen. Die abschliessende SUVA-interne Genehmigung des Forschungsprojektes erfolgt durch den Chefarzt SUVA.

Verweigert die zuständige Ethikkommission die «non obstat»-Erklärung, darf das Forschungsprojekt nicht gestützt auf die generelle Bewilligung durchgeführt werden; das Einholen einer Sonderbewilligung bleibt für solche Fälle aber vorbehalten.

b)

Die Bewilligungsnehmerin hat die einzelnen betriebsinternen Forschungsprojekte zu registrieren und dem Sekretariat der Expertenkommission jährlich unaufgefordert zu Handen des Präsidenten zu melden. Die Meldung muss folgendes beinhalten: Titel und Zweck des Forschungsprojekts, ungefähre Grösse des Kollektivs, Einschlusskriterien, Name des verantwortlichen Projektleiters, Namen der Personen, welche Einblick in nicht anonymisierte Daten nehmen dürfen sowie den Nachweis des Vorliegens einer «non obstat»-Erklärung der zuständigen Ethikkommission gemäss Buchstabe a.

c)

Die Krankengeschichten und Dossiers müssen einen Vermerk über eine allfällig erfolgte Verweigerung der Verwendung der Daten zu Forschungszwecken (Vetorecht) enthalten. Die Beachtung des Vetorechts muss sichergestellt werden.

Dies setzt voraus, dass die betroffenen Personen über ihre Rechte aufgeklärt worden sind. Die Bewilligungsnehmerin stellt der Expertenkommission je ein Exemplar der Broschüren, Informationsschreiben oder Merkblätter zur Verfügung, welche sie für die systematische Aufklärung der betroffenen Personen über das ihnen zustehende Vetorecht verwendet.

d)

Die Personendaten müssen durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten geschützt werden. Die Bewilligungsnehmerin richtet sich dabei nach dem vom Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten herausgegebenen Leitfaden zu den technischen und organisatorischen Massnahmen des Datenschutzes.

e)

Der Chefarzt SUVA trägt die oberste Verantwortung für den Schutz der personenbezogenen Daten. Er bezeichnet zusätzlich für die beiden medizinischen Dienst und die beiden Rehabilitationskliniken je eine für den Datenschutz verantwortliche Person. Deren Name ist der Expertenkommission mitzuteilen.

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f)

Die SUVA hat ein Reglement betreffend Zugriff auf Personendaten zu Forschungszwecken zu erstellen und dem Sekretariat zu Handen des Kommissionspräsidenten zuzustellen.

Aus dem Zugriffsreglement muss hervorgehen, in welcher Funktion Mitarbeiter zu Forschungszwecken Zugriff auf personenbezogene Daten (Krankengeschichten und Dossiers) erhalten. Personen, die Forschung betreiben, aber über keine Zugriffsberechtigung verfügen, ist der Zugriff auf die nicht anonymisierten Daten zu verweigern. Insbesondere dürfen externen Institutionen oder externen Forschern und Forscherinnen nur anonymisierte Daten zur Verfügung gestellt werden. Zugriffsberechtigte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben die beiliegende Erklärung betreffend die ihnen gemäss Artikel 321bis StGB auferlegte Schweigepflicht zu unterzeichnen. Die Bewilligungsnehmerin hat die unterzeichneten Erklärungen zu Handen der Expertenkommission bzw. für den Fall einer Kontrolle der Auflageneinhaltung zu Handen des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten aufzubewahren.

9. Bewilligungsdauer und -beständigkeit Die vorliegende Bewilligung wird für eine Frist von fünf Jahren ab Eintritt der Rechtskraft erteilt.

Vor Ablauf der Bewilligungsdauer ist ein neues, ergänzendes Gesuch zu stellen, sofern ein Wechsel des Chefarztes SUVA erfolgt oder wenn Änderungen im Konzept zur Erfüllung der Bewilligungsauflagen, in der Datenverwaltung oder im Zugriffsreglement erfolgen. Ausserdem hat die Bewilligungsnehmerin der Expertenkommission jede Änderung in der Verwaltungs- oder Organisationsstruktur sowie den Wechsel der Datenschutzverantwortlichen für die medizinischen Dienste bzw. die Rehabilitationskliniken zu melden.

10. Frist zur Auflagenerfüllung Der Bewilligungsnehmerin wird zur Erfüllung der Auflagen gemäss Ziffer 8 Buchstaben c, e und f eine Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft der Bewilligung gesetzt.

11. Strafbarkeit Wer gemäss Artikel 321bis StGB ein Berufsgeheimnis unbefugterweise offenbart, das er durch seine Tätigkeit für die Forschung im Bereich der Medizin oder des Gesundheitswesens erfahren hat, wird nach Artikel 321 StGB bestraft.

12. Rechtsmittelbelehrung Gegen diese Verfügung kann nach Massgabe von Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe c des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) und Artikel 44 ff. des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) innert 30 Tagen seit deren Eröffnung bzw. Publikation bei der Eidgenössischen Datenschutzkommission, Postfach, 3000 Bern 7, Verwaltungsbeschwerde erhoben werden. Die Beschwerde ist im Doppel einzureichen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden Partei oder ihres Vertreters oder ihrer Vertreterin zu enthalten.

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13. Mitteilung und Publikation Diese Verfügung wird der Bewilligungsnehmerin und dem Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten schriftlich mitgeteilt. Das Verfügungsdispositiv wird im Bundesblatt veröffentlicht. Wer zur Beschwerde legitimiert ist, kann innert der Beschwerdefrist beim Sekretariat der Expertenkommission, Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Recht, 3003 Bern, nach telefonischer Voranmeldung (031 322 94 94) Einsicht in die vollständige Verfügung nehmen.

9. August 2005

Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung Der Präsident: Prof. Dr. iur. Franz Werro

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