05.411 Parlamentarische Initiative Wechsel der Vorsorgeeinrichtung Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 26. Mai 2005

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

26. Mai 2005

Im Namen der Kommission Die Präsidentin: Christine Goll

2005-1712

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Im Rahmen der Beratungen der 1. BVG-Revision (00.027 n) setzte die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates am 25. Januar 2001 die Subkommission «BVG» mit folgenden Mitgliedern ein: Christine Egerszegi-Obrist (Präsidentin), Roland Borer, Hugo Fasel, Jean Fattebert, Trix Heberlein, Thérèse Meyer, Paul Rechsteiner, Rudolf Rechsteiner, Meinrado Robbiani.

Nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen in der Herbstsession 2003 beauftragte die Kommission die Subkommission «BVG» am 30. Oktober 2003 mit der weiteren Abklärung von vier Themenbereichen, die vor allem aus zeitlichen Gründen nicht mehr abschliessend im Rahmen der 1. BVG-Revision behandelt werden konnten. Der erste Auftrag lautete: «Ausgehend von den konkreten Schwierigkeiten derjenigen Betriebe, die heute keinen Anschluss bei Sammelstiftungen finden oder wegen goldener Fesseln nicht wechseln können, sollen Lösungen zur Verbesserung dieser Situation gesucht werden. Dabei müssen die neuen Entwicklungen bei der Auffangeinrichtung mitberücksichtigt werden.» Als Folge des neu zusammengesetzten Nationalrates für die am 1. Dezember 2003 beginnende 47. Legislaturperiode ergaben sich ebenfalls personelle Änderungen in der Subkommission «BVG»: Christine Egerszegi-Obrist (Präsidentin), Roland Borer, Toni Bortoluzzi, Hugo Fasel, Guy Parmelin, Paul Rechsteiner, Rudolf Rechsteiner, Meinrado Robbiani, Pierre Triponez.

Am 7. Juni 2004 führte die Subkommission ein Hearing zur Situation bei der Auffangeinrichtung durch, am 25. Juni 2004 beriet sie zum ersten Mal konkrete Gesetzesvorschläge und am 27. Oktober 2004 verabschiedete sie ihre Anträge an die Kommission. Diese beschloss am 14. Januar 2005 einstimmig eine Kommissionsinitiative. In der gleichen Sitzung prüfte sie die Motion des Ständerates «Bessere Versicherungsmöglichkeiten für die KMU in der beruflichen Vorsorge» (04.3200 s) und beantragte ihrem Rat einstimmig, die Motion, welche in den Punkten 3 und 4 in die gleiche Richtung zielt wie die Kommissionsinitiative, anzunehmen. Die Motion wurde am 3. März 2005 vom Nationalrat ohne Gegenstimme angenommen. Am 14. Februar 2005 prüfte die Kommission des Ständerates die Kommissionsinitiative vor und gab ihr einstimmig Folge. Anschliessend klärte die Subkommission «BVG» am 17. Februar 2005 die letzten noch offenen Punkte. Die Kommission verabschiedete schliesslich am 26. Mai 2005 Bericht und Erlassentwurf zuhanden des Nationalrates und des Bundesrates.

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Ausgangslage

Mit Artikel 53e BVG brachte die 1.BVG-Revision (00.027 n) eine detaillierte Regelung für die Auflösung von Verträgen im Bereich der beruflichen Vorsorge. Geregelt werden die Auflösung von Verträgen zwischen Versicherungseinrichtungen und Vorsorgeeinrichtungen (Abs. 1­3), die Auflösung des Anschlussvertrages durch den Arbeitgeber (Abs. 4) sowie die Vertragsauflösung durch die Vorsorgeeinrichtung 5942

(Abs. 5). Damit wird insbesondere geregelt, was bei der Auflösung mit dem Rentnerbestand geschieht, das heisst, unter welchen Voraussetzungen die Rentnerinnen und Rentner bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung verbleiben oder zusammen mit den Aktiven zur neuen Vorsorgeeinrichtung wechseln. Die Rechtsprechung des eidgenössischen Versicherungsgerichts hat den Grundsatz entwickelt, wonach Rentner und Aktive eines Vorsorgewerkes in einer Sammeleinrichtung im Prinzip eine Einheit bilden. Diese Frage wurde in der 1. BVG-Revision geregelt. Dabei gibt es sowohl für den Fall des Verbleibs der Rentner bei der bisherigen Einrichtung wie auch im Fall ihres Übergangs in die neue Einrichtung gewisse Vor- und Nachteile.

In Bezug auf den Lösungsvorschlag in diesem Bericht sind diese jedoch nicht relevant.

In den letzten Jahren ist es für Vorsorgeeinrichtungen unter anderem wegen gesunkener Renditen auf den Finanzmärkten unattraktiver geworden, Rentnerbestände neu zu übernehmen. Arbeitgeber mussten bei einem Wechsel in eine neue Vorsorgeeinrichtung deshalb oft hohe Nachschusszahlungen leisten, welche die Möglichkeiten der Unternehmen übersteigen und KMU in grosse Schwierigkeiten bringen können.

Auch hier hat die 1. BVG-Revision verschiedene Verbesserungen gebracht. Die Übernahme von Rentnern ist für eine Vorsorgeeinrichtung jedoch nach wie vor wenig attraktiv. In dieser Situation ist es wichtig, dass die Rentnerbestände als so genannt schlechte Risiken nicht einfach abgeschoben werden können. Ebenso muss vermieden werden, dass der Arbeitgeber den Vertrag mit der bisherigen Vorsorgeeinrichtung auflöst und dann für die Rentnerinnen und Rentner keinen neuen Anschlussvertrag mehr abschliessen kann. Vorgebeugt werden sollte ebenfalls einer Risikoselektion, bei der die Arbeitgeber versuchen, häufig die Vorsorgeeinrichtung zu wechseln und beim Wechsel immer nur die Aktiven mitnehmen, die sie zu besseren Konditionen versichern können als den gesamten bisherigen Versichertenbestand. Hier stellte sich dann auch die Frage, ob in solchen Fällen einfach die Auffangeinrichtung als Auffangbecken für den Rentnerbestand einspringen müsste.

Eine befriedigende Lösung für einen Teil dieser Probleme wurde im Rahmen der 1. BVG-Revision mit Artikel 16a BVV2 gefunden, der das so genannte Drehtürprinzip verankert. Demgemäss entspricht
das Deckungskapital, das dem austretenden Versichertenbestand mit gegeben werden muss, dem Betrag, den die Versicherungseinrichtung beim Abschluss eines neuen Vertrags im gleichen Zeitpunkt für den gleichen Versicherten- und Rentnerbestand mit den gleichen Leistungen von der Vorsorgeeinrichtung verlangen würde. Damit wurde ein wichtiges Hindernis für die Durchsetzung der Freizügigkeit abgebaut. Allerdings gilt diese Bestimmung nur für den Fall eines Wechsels zwischen Sammelstiftungen von Versicherungen, nicht aber für autonome Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtungen. Diese Lücke soll mit dieser Vorlage geschlossen werden.

Dazu kommen weitere Probleme. Sie betreffen einerseits die teilweise starken und kurzfristigen Erhöhungen der Prämien durch die Versicherer. Für eine Vielzahl von KMU bedeuteten diese Erhöhungen massive finanzielle Mehrbelastungen. Andererseits führten verschiedene abrupte Senkungen des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich zu Renteneinbussen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob bei derartigen Änderungen nicht ein ausserordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werden müsste. Zwar hat die Aufsichtsbehörde der Versicherer, das Bundesamt für Privatversicherer (BPV), den Versicherern bereits im Jahre 2002 empfohlen, in diesen Fällen ein ausserordentliches Kündigungsrecht zu gewähren und die meisten Gesellschaften sind dieser Empfehlung auch gefolgt. Ein Gutachten des Bundesam5943

tes für Justiz kam aber auch zum Schluss, dass dem BPV die gesetzlichen Grundlagen fehlen, um diese Empfehlung notfalls rechtlich auch durchsetzen zu können.

2.2

Verbleib oder Übergang der Rentner bei einem Wechsel der Vorsorgeeinrichtung und die Rolle der Auffangeinrichtung

Es geht in erster Linie darum zu verhindern, dass die Rentnerinnen oder Rentner bei einem Wechsel der Vorsorgeeinrichtung plötzlich «auf der Strasse» stehen und die Auffangeinrichtung dann als Auffangbecken für Risikoselektion missbraucht wird.

Dieses Ziel wird erreicht, wenn der bisherige Anschlussvertrag bei einer autonomen Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtung, gemäss dem die Rentner zusammen mit den Aktiven die Vorsorgeeinrichtung verlassen müssen, von einem Arbeitgeber erst gekündigt werden kann, wenn eine neue Vorsorgeeinrichtung schriftlich bestätigt hat, dass sie die Rentnerinnen und Rentner übernimmt. Des Weiteren soll klar gestellt werden, dass die Auffangeinrichtung nicht verpflichtet ist, laufende Rentenverpflichtungen zu übernehmen.

Mit der ersten Regelung wird verhindert, dass ein vertragsloser Zustand entsteht.

Dabei wird in Kauf genommen, dass ein Arbeitgeber, auch wenn er die Bedingungen der bisherigen Vorsorgeeinrichtung als unbefriedigend betrachtet, unter Umständen bei dieser Vorsorgeeinrichtung verbleiben muss.

Die zweite Regelung sichert, dass die Auffangeinrichtung auf ihre Kernfunktion als Sicherheitsnetz beschränkt bleibt. Die Auffangeinrichtung hat unter anderen die Aufgabe, bei Arbeitgebern, die sich nirgends angeschlossen haben, über einen Zwangsanschluss die berufliche Vorsorge für ihre Arbeitnehmer zu sichern. Bei einem Zwangsanschluss kann es sich ausschliesslich um eine Vorsorge nach den Mindestbestimmungen des BVG handeln, da der Arbeitgeber gesetzlich nicht zu mehr verpflichtet ist. Ausserdem ist die Auffangeinrichtung verpflichtet, Arbeitnehmer, die sich freiwillig anschliessen wollen, aufzunehmen1 (Kontrahierungszwang).

Sollte die Auffangeinrichtung gezwungen werden, auch Rentnerbestände aufzunehmen, die bei einem Wechsel der Vorsorgeeinrichtung «heimatlos werden», wäre absehbar, dass sich die Auffangeinrichtung zu einer «normalen» Vorsorgeeinrichtung entwickeln würde bzw. müsste. Eine solche Entwicklung würde verschiedene Probleme mit sich bringen. So wäre kaum mehr zu rechtfertigen, dass der Sicherheitsfonds die Verwaltungskosten der Auffangeinrichtung übernehmen würde, wie dies heute der Fall ist. Probleme ergäben sich auch, wenn die Auffangeinrichtung Rentner übernehmen muss, deren laufenden Renten auf Vorsorgeplänen basieren, die grundsätzlich von
denjenigen der Auffangeinrichtung abweichen. Dies würde die Verwaltung komplizieren und zusätzliche Kosten auslösen. Für den Fall, dass die Rentner Mittel einbringen, die den Berechnungsgrundlagen der Auffangeinrichtung nicht genügen, entstünde eine Situation der Unterdeckung. Auch hier würde für die Auffangeinrichtung zusätzlicher Aufwand entstehen. Ein weiteres Problem betrifft die überobligatorische Versicherung. Übernimmt die Auffangeinrichtung die laufenden Renten im überobligatorischen Bereich nicht, erfüllt sie die Funktion einer Auffangeinrichtung nicht vollständig. Umgekehrt müsste sie bald eine Vielzahl 1

Artikel 60 Absatz 2 Buchstabe c BVG

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unterschiedlicher Rentenpläne umsetzen. Mit der heutigen Finanzierungsstruktur der Auffangeinrichtung ist das nicht möglich. Umso mehr nicht, als sich als Folge der Risikoselektion wohl bald sehr viele so genannte schlechte Risiken bei der Auffangeinrichtung konzentrieren würden.

2.3

Ausserordentliches Kündigungsrecht

Eine Vorsorgeeinrichtung kann verschiedene Formen der Versicherungsdeckung wählen, es braucht zwischen den Leistungen an die Versicherten, die sie gemäss Reglement schuldet, und den Leistungen, die sie selbst gemäss Versicherungsvertrag von der Versicherung beanspruchen kann, keine Kongruenz zu bestehen. Es können zum Beispiel nur bestimmte Risiken (meist Invalidität und Todesfall) durch Versicherungsverträge abgedeckt werden, oder die Risiken können auch nur zum Teil versichert werden (zum Beispiel sog. Stopp-loss- Versicherungen). Dabei muss die Vorsorgeeinrichtung Gewähr bieten, dass sie selbst genügende Mittel hat, um eine allfällige Differenz der Ansprüche, die zu ihren Ungunsten besteht, auszugleichen.

Bei bestimmten Einrichtungen, meistens bei den Sammelstiftungen der Versicherungen, besteht eine besondere Situation, indem die gesamte Vorsorge, auch das Alterssparen über Versicherungsverträge mit einer bestimmten Versicherung abgewickelt wird. Die angesparten Mittel bleiben Teil des Vermögens der Versicherung.

In dieser besonderen Konstellation, in der sich eine Veränderung der von der Versicherung in ihren Verträgen definierten Bedingungen ganz direkt auf die Vorsorgebedingungen auswirkt, wurde das Fehlen eines besonderen Schutzes vor kurzfristigen Änderungen als besonders stossend erlebt.

Unter der geltenden rechtlichen Regelung besteht bei Versicherungsverträgen folgende Situation: Tarifänderungen durch den Lebensversicherer, welche Prämienerhöhungen im Kollektivlebensvertrag zur Folge haben, bewirken regelmässig Beitragserhöhungen bei den entsprechenden Vorsorgeeinrichtungen. Sie geben dem angeschlossenen Arbeitgeber jedoch keine Berechtigung, den Anschlussvertrag zu kündigen. Alle Lebensversicherer haben in ihren vertraglichen Grundlagen festgehalten, dass sie ihre tariflichen Grundlagen jährlich anpassen können. Eine vorzeitige Kündigung des Anschlussvertrags ist nicht möglich; vorbehalten bleibt eine Kündigung aus wichtigem Grund bzw. eine erfolgreiche Anrufung des Grundsatzes der «clausula rebus sic stantibus». Um ein ausserordentliches Kündigungsrecht sicher zu stellen, ist daher eine gesetzliche Neuregelung notwendig.

Dabei muss beachtet werden, dass zwei verschiedene Vertragsverhältnisse betroffen sein können: Der Anschlussvertrag zwischen dem Arbeitgeber (Vorsorgewerk) und
der Vorsorgeeinrichtung einerseits und der Kollektivversicherungsvertrag zwischen der Vorsorgeeinrichtung und der Versicherungseinrichtung andererseits. Beide Vertragsverhältnisse können entweder den obligatorischen Teil und/oder den ausserobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge betreffen. Bei Einrichtungen, die die gesamte Vorsorge über Versicherungsverträge abwickeln, wird oft im Anschlussvertrag auf den Kollektivversicherungsvertrag verwiesen, so dass dessen Inhalt auch zum Inhalt des Anschlussvertrages wird.

Auf jeden Fall muss gelten, dass für ein ausserordentliches Kündigungsrecht wesentliche Vertragsänderungen vorliegen müssen. Im Vordergrund stehen dabei die Erhöhung der Prämien (ohne Gutschriften auf den Altersguthaben) von mindestens 10 Prozent innerhalb von drei Jahren sowie die Senkung des Umwandlungssatzes, 5945

sofern dadurch eine Senkung der Altersleistung um mindestens fünf Prozent resultiert. Speziell für den Versicherungsvertrag kommt ein wetierer Punkt dazu: der Wegfall der vollen Rückdeckung durch die Versicherung. Dieser Fall tritt ein, wenn eine Vorsorgeeinrichtung beispielsweise von einer Volldeckung durch die Versicherung zu einer teilautonomen Lösung wechselt und sich dadurch die Risikostruktur dieser Vorsorgeeinrichtung ändert.

Liegen wesentliche Vertragsänderungen vor, müssen diejenigen, die das ausserordentliche Kündigungsrecht beanspruchen wollen, genügend Zeit haben, um nach einer Ersatzlösung zu suchen.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Art. 53e Abs. 4bis (neu) Diese Bestimmung soll sicherstellen, dass bei einem Wechsel der Vorsorgeeinrichtung die Situation der Rentner geregelt ist. Wenn nach den Bestimmungen des Anschlussvertrags die Rentner die Vorsorgeeinrichtung zusammen mit den aktiven Versicherten verlassen, darf ein Arbeitgeber nicht einen Anschlussvertrag2 auflösen, ohne sich um das Los der Rentner zu kümmern.

Die Auffangeinrichtung ist nicht für die Ausrichtung laufender Renten vorgesehen, die aufgrund der Bestimmungen anderer Einrichtungen entstanden, da sonst Leistungen nach einer Vielzahl verschiedener Pläne ausgerichtet werden müssten. Sie kann auch in Zukunft für die Rentenbezüger nicht die Funktion eines Auffangnetzes haben (vgl. auch Art. 60 Abs. 6 neu BVG). Es muss daher auf andere Weise sichergestellt werden, dass bei einem Anschlusswechsel die Pflicht, die bereits laufenden Renten der beruflichen Vorsorge weiter auszurichten, von einer anderen Einrichtung übernommen wird.

Die Übernahme der Rentner bedeutet, dass die Leistungspflicht mit den Bedingungen und Vorbehalten, wie sie in der bisherigen Vorsorgeeinrichtung galten, übernommen wird. Der Wechsel der Vorsorgeeinrichtung darf nicht zu einer Schmälerung der Ansprüche der Rentner führen. Andernfalls würde es sich um eine Neufestsetzung der Rentenansprüche und nicht um eine eigentliche Übernahme handeln. Bestand zum Beispiel bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung ein Vorbehalt für Sanierungsbeiträge (vgl. Art 65d Abs. 3 Bst. b BVG), kann dieser übernommen werden. Andernfalls darf er jedoch beim Wechsel der Vorsorgeeinrichtung für bereits laufende Renten nicht neu eingeführt werden. Nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist eine Besserstellung in der neuen Einrichtung hingegen möglich.

Die Bestimmung stellt auch sicher, dass bei der Ausrichtung der Renten keine Lücke entsteht. Beim Wechsel des Anschlusses muss die Verpflichtung zur Rentenzahlung der neuen Einrichtung zeitlich lückenlos an die Verpflichtung der früheren Einrichtung anschliessen. Für aktive Versicherte ist es möglich, dass der neue Anschlussvertrag mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung nach Ablauf des früheren Vertrags abgeschlossen wird und der neue Vertrag seine Wirkung rückwirkend, auf den 2

Die Auflösung des Anschlussvertrages benötigt die Zustimmung des Personals oder der allfälligen Arbeitnehmervertretung (Art. 11 Abs. 3bis BVG)

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Zeitpunkt der Auflösung des vorhergehenden Anschlussvertrages entfaltet. Für laufende Rentenzahlungen ist die rückwirkende Abwicklung jedoch keine adäquate Lösung, da die Rentenempfänger auf eine regelmässige Auszahlung angewiesen sind.

Für den Übergang der Rentner ist zwar ihre Zustimmung nicht notwendig, da ihre Rechte gewahrt bleiben (vgl. 127 V 377 Erw. 5 d); hingegen müssen sie selbstverständlich umfassend darüber informiert werden.

Art. 53f (neu) Gesetzliches Kündigungsrecht Die Bestimmung führt neu ein ausdrückliches gesetzliches Kündigungsrecht für die Fälle, in denen die vertraglichen Vorsorgebedingungen wesentlich geändert werden.

Dabei kann es sich um wesentliche Änderungen in einem Anschlussvertrag (vgl.

auch Absatz 2) oder um Änderungen in einem Versicherungsvertrag mit einer Vorsorgeeinrichtung (vgl. auch Absatz 3) handeln. Geringfügigere Veränderungen der vertraglichen Bedingungen sollen keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Kündigungsrecht schaffen. Es handelt sich um wesentliche Änderungen der vertraglichen Bedingungen; Anpassungen der Verträge an eine Gesetzesänderung (zum Beispiel eine Senkung des gesetzlichen Umwandlungssatzes) sollen keinen Anspruch auf ein Kündigungsrecht geben.

Die Vertragspartner, denen eine wesentliche Änderung angekündigt wird, sollen die Möglichkeit haben, eine neue Lösung zu suchen und den bestehenden Vertrag allenfalls aufzulösen. Dazu braucht es einerseits eine klare Information über die Änderung, so dass der Vertragspartner in Kenntnis seiner zukünftigen vertraglichen Rechte und Pflichten entscheiden kann, ob er eine andere Vorsorge- oder Versicherungseinrichtung suchen will. Die Ankündigung muss schriftlich erfolgen.

Die Verträge können nach der Ankündigung der wesentlichen Änderung innert vier Monaten gekündigt werden. Da diese Frist für die allfällige Entscheidung, den Vertrag aufzulösen, und die dafür notwendigen Abklärungen bestimmt ist, müssen der betroffenen Vertragspartei die notwendigen Informationen zum Einholen von Offerten zur Verfügung stehen.

Absatz 2 enthält Definitionen, wann Änderungen des Anschlussvertrages wesentlich sind.

Bei den Änderungen der Beiträge, sollen nur jene Beiträge beachtet werden, die sich nicht in Gutschriften auf den obligatorischen oder überobligatorischen Guthaben der Versicherten niederschlagen. Die
Erhöhung der Beiträge wird über einen Zeitraum von 3 Jahren als Ganzes betrachtet. Dadurch solle für das Kündigungsrecht die Situation, in der eine Beitragserhöhung in mehreren Schritten abgestuft über drei Jahre durchgeführt wird, gleich behandelt werden wie die Situation, in der die gleiche Erhöhung in einem einzigen Schritt vollzogen wird.

Auf der Leistungsseite kommt vor allem eine Änderung des Umwandlungssatzes in Betracht. Dabei gilt eine Änderung dann als wesentlich, wenn die Leistungen dadurch um 5 Prozent sinken.

Absatz 3: Bei Vorsorgeeinrichtungen, die die Vorsorge über Versicherungsverträge abwickeln, werden Veränderungen der Vorsorgebedingungen oft dadurch ausgelöst, dass die Bedingungen des Versicherungsvertrages ändern. Artikel 53f bestimmt daher, dass auch Versicherungsverträge bei wesentlichen Änderungen der Bedingungen kündbar sein müssen. Absatz 3 definiert, welche Veränderungen der Bedin5947

gungen des Versicherungsvertrages zu einem Kündigungsrecht führen. Das massgebliche Kriterium nach Buchstabe a ist das Ausmass der Wirkung, die die Änderung der Bedingungen des Versicherungsvertrages auf die Vorsorgebedingungen hat.

Bei Versicherungsverträgen können nicht nur Änderungen bei den Beiträgen (Prämien) oder den Leistungen die Bedingungen wesentlich ändern. Wird bei Versicherungsverträgen, die alle Risiken vollständig abdecken, diese Deckung eingeschränkt, so dass keine vollständige Absicherung durch die Versicherungseinrichtung mehr erfolgt, ist dies eine so einschneidende Veränderung der Bedingungen, dass nach Buchstabe b ebenfalls ein Kündigungsrecht entsteht.

Die Aufzählungen der wesentlichen Änderungen in den Absätzen 2 und 3 sind nicht abschliessend.

Absatz 4: Alle Anschluss- und Versicherungsverträge im Bereich der beruflichen Vorsorge werden von diesen Bestimmungen erfasst, nicht nur jene, die die gesetzliche Vorsorge nach BVG betreffen.

Art. 60 Abs. 6 (neu) Absatz 6 von Artikel 60 vervollständigt die Regelung von Artikel 53e Absatz 4bis indem der Auftrag der Auffangeinrichtung präzisiert wird. Sie ist ausdrücklich nicht verpflichtet, laufende Renten zu übernehmen. Eine gegenteilige Regelung würde die Erfüllung ihrer Kernaufgabe, als Auffangnetz den Vollzug der gesetzlichen Mindestvorsorge sicherzustellen, massiv erschweren (vgl. Erläuterungen zu Art. 53e Absatz 4bis).

Übergangsbestimmung Artikel 53f soll nicht nur für neue, sondern auch für bereits bestehende Verträge anwendbar sein.

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4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Änderungen führen zu keinen zusätzlichen Ausgaben und haben keine personellen Auswirkungen.

4.2

Vollzugstauglichkeit

Die Änderungen sollen den Vollzug der beruflichen Vorsorge verbessern.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Änderungen berühren das Verhältnis zum europäischen Recht nicht.

6

Rechtliche Grundlagen

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 113 der Bundesverfassung.

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