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Ablauf der Referendumsfrist: 8. April 2023 (1. Arbeitstag: 11. April 2023)

Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege vom 16. Dezember 2022

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 66 Absatz 1 und 117a Absatz 2 Buchstabe a der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 25. Mai 20222, beschliesst:

1. Abschnitt: Zweck und Gegenstand Art. 1 1

Mit diesem Gesetz soll die Ausbildung im Bereich der Pflege gefördert werden.

2

Zu diesem Zweck sieht es vor:

1 2 3 4

a.

Beiträge der Kantone an die Kosten der praktischen Ausbildung im Bereich der Pflege zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots an Ausbildungsplätzen für: 1. Personen, die den Bildungsgang Pflege an einer höheren Fachschule (HF) nach Artikel 29 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 20023 absolvieren, 2. Personen, die einen Bachelorstudiengang in Pflege nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer 1 des Gesundheitsberufegesetzes vom 30. September 20164 an einer Fachhochschule (FH) absolvieren;

b.

Beiträge der Kantone an ihre HF;

SR 101 BBl 2022 1498 SR 412.10 SR 811.21

2022-4102

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Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege. BG

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c.

Ausbildungsbeiträge der Kantone für Absolventinnen und Absolventen der Ausbildung in Pflege HF und in Pflege FH zur Förderung des Zugangs zu diesen Ausbildungen;

d.

Beiträge des Bundes an die Kantone.

2. Abschnitt: Förderung der Leistungen der Akteure im Bereich der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen Art. 2

Bedarfsplanung

Die Kantone legen den Bedarf an Plätzen für die praktische Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann HF und zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann FH (Pflegefachperson) fest. Sie berücksichtigen dabei die vorhandenen Bildungs- und Studienplätze sowie die kantonale Versorgungsplanung.

Art. 3

Kriterien für die Berechnung der Ausbildungskapazitäten

Die Kantone legen die Kriterien fest für die Berechnung der Ausbildungskapazitäten von Organisationen, die Pflegefachpersonen beschäftigen, von Spitälern und von Pflegeheimen (Akteure im Bereich der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen).

Kriterien sind insbesondere die Anzahl Angestellte, die Struktur und das Leistungsangebot.

Art. 4

Ausbildungskonzept

Wer Leistungen im Bereich der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen erbringt, muss ein Ausbildungskonzept erstellen.

1

Das Konzept führt namentlich den Rahmen, in dem die praktische Ausbildung stattfindet, die Ziele und die Schwerpunkte der praktischen Ausbildung sowie die Anzahl der zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze auf.

2

Es weist allfällige Abweichungen von den Ausbildungskapazitäten aus, die gemäss den Kriterien nach Artikel 3 berechnet sind.

3

Art. 5

Beiträge der Kantone

Die Kantone gewähren den Akteuren im Bereich der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen Beiträge für deren Leistungen in der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen. Sie bestimmen für jeden Akteur die anrechenbaren Leistungen unter Berücksichtigung der Kriterien nach Artikel 3 und des Ausbildungskonzepts nach Artikel 4.

1

Die Beiträge nach Absatz 1 betragen mindestens die Hälfte der durchschnittlichen ungedeckten Ausbildungskosten der Akteure im Bereich der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen. Als ungedeckte Ausbildungskosten gelten die Kosten, für 2

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die die Akteure keine Vergütung erhalten, namentlich aufgrund der Preise und Tarife der obligatorischen Krankenpflegeversicherung.

Bei der Berechnung der durchschnittlichen ungedeckten Ausbildungskosten berücksichtigen die Kantone interkantonale Empfehlungen.

3

3. Abschnitt: Beiträge an höhere Fachschulen Art. 6 Die Kantone fördern eine bedarfsgerechte Erhöhung der Anzahl Ausbildungsabschlüsse in Pflege an ihren HF; zu diesem Zweck gewähren sie den HF Beiträge.

1

Sie berücksichtigen dabei die Bedarfsplanung nach Artikel 2 und legen die Voraussetzungen, den Umfang der Beiträge sowie das Verfahren für deren Vergabe fest.

2

4. Abschnitt: Ausbildungsbeiträge Art. 7 Die Kantone fördern den Zugang zum Bildungsgang Pflege HF oder zum Studiengang in Pflege FH; zu diesem Zweck gewähren sie den folgenden Personen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts Ausbildungsbeiträge, damit diese die Ausbildung in Pflege HF oder in Pflege FH absolvieren können: 1

a.

Personen, die in ihrem Kantonsgebiet Wohnsitz haben;

b.

Personen, die an den Kanton einen Anknüpfungspunkt haben aufgrund des Status einer Grenzgängerin oder eines Grenzgängers im Sinne des Abkommens vom 21. Juni 19995 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit oder des Übereinkommens vom 4. Januar 19606 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation.

Die Kantone legen die Voraussetzungen, den Umfang der Ausbildungsbeiträge sowie das Verfahren für deren Vergabe fest.

2

5. Abschnitt: Bundesbeiträge Art. 8

Grundsatz und Höhe

Der Bund gewährt den Kantonen im Rahmen der bewilligten Kredite jährliche Beiträge für ihre Aufwendungen für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach den Artikeln 5­7.

1

5 6

SR 0.142.112.681 SR 0.632.31

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Die Bundesbeiträge betragen höchstens die Hälfte der Beiträge, die die Kantone gewährt haben.

2

Der Bundesrat regelt die Bemessung der Bundesbeiträge. Er kann abgestufte Beiträge vorsehen; die Abstufung erfolgt nach der zweckmässigen Ausgestaltung der kantonalen Massnahmen.

3

Er legt zudem die Obergrenzen der Bundesbeiträge für die Ausbildungsbeiträge nach Artikel 7 fest.

4

Ist absehbar, dass die Gesuche die zur Verfügung stehenden Mittel übersteigen werden, so erarbeitet das Eidgenössische Departement des Innern in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung eine Prioritätenliste; dabei achten die Departemente auf eine ausgewogene regionale Verteilung der Mittel.

5

Art. 9

Verfahren

Gesuche um Bundesbeiträge nach den Artikeln 5 und 7 sind beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) einzureichen, Gesuche um Bundesbeiträge nach Artikel 6 dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI).

1

Das BAG und das SBFI können zur Prüfung der Gesuche Sachverständige beiziehen.

2

6. Abschnitt: Evaluation und Aufsicht Art. 10

Evaluation

Der Bundesrat evaluiert die Auswirkungen dieses Gesetzes auf die Entwicklung der Ausbildung im Bereich der Pflege und erstattet dem Parlament spätestens sechs Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Bericht.

Art. 11

Aufsicht

Der Bundesrat beaufsichtigt den Vollzug dieses Gesetzes.

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 12

Änderung anderer Erlasse

Die Änderung anderer Erlasse ist im Anhang geregelt.

Art. 13

Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

3

Dieses Gesetz gilt unter Vorbehalt von Absatz 4 während der Dauer von acht Jahren.

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Artikel 12 mit Ausnahme der Artikel 36a Absatz 3 und 39 Absatz 1bis des Bundesgesetzes vom 18. März 19947 über die Krankenversicherung (KVG) (Anhang Ziff. 4) gilt unbefristet. Die Artikel 36a Absatz 3 und 39 Absatz 1bis KVG (Anhang Ziff. 4) gelten acht Jahre.

4

Ständerat, 16. Dezember 2022

Nationalrat, 16. Dezember 2022

Die Präsidentin: Brigitte Häberli-Koller Die Sekretärin: Martina Buol

Der Präsident: Martin Candinas Der Sekretär: Pierre-Hervé Freléchoz

Datum der Veröffentlichung: 29. Dezember 2022 Ablauf der Referendumsfrist: 8. April 2023

7

SR 832.10

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Anhang (Art. 12)

Änderung anderer Erlasse Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert:

1. Strafprozessordnung8 Art. 171 Abs. 1 Geistliche, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Verteidigerinnen und Verteidiger, Notarinnen und Notare, Patentanwältinnen und Patentanwälte, Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Chiropraktorinnen und Chiropraktoren, Apothekerinnen und Apotheker, Psychologinnen und Psychologen, Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, Hebammen, Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberater, Optometristinnen und Optometristen, Osteopathinnen und Osteopathen sowie ihre Hilfspersonen können das Zeugnis über Geheimnisse verweigern, die ihnen aufgrund ihres Berufes anvertraut worden sind oder die sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben.

1

Art. 173 Abs. 1 Bst. f Aufgehoben

2. Militärstrafprozess vom 23. März 19799 Art. 75 Bst. b Das Zeugnis können verweigern: b.

8 9

Geistliche, Anwälte, Verteidiger, Notare, Patentanwälte, Ärzte, Zahnärzte, Chiropraktoren, Apotheker, Psychologen, Pflegefachpersonen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Hebammen, Ernährungsberater, Optometristen, Osteopathen sowie deren berufliche Hilfspersonen über Geheimnisse, die ihnen aufgrund ihres Berufs anvertraut worden sind oder die sie bei ihrer Berufstätigkeit wahrgenommen haben; soweit sie vom Berechtigten von der Geheimhaltung entbunden werden, haben sie auszusagen, wenn nicht das Interesse an der Geheimhaltung überwiegt;

SR 312.0 SR 322.1

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3. Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 200210 Art. 73a

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 16. Dezember 2022 (Anerkennung altrechtlicher kantonaler und interkantonaler Abschlüsse)

Der Bund ist zuständig für die Anerkennung von altrechtlichen kantonalen und altrechtlichen interkantonalen Abschlüssen in Bereichen der Berufsbildung, die gemäss diesem Gesetz in Bundeskompetenz liegen.

1

Der Bundesrat kann diese Aufgabe an Dritte delegieren. Diese können für ihre Leistungen Gebühren erheben. Der Bundesrat regelt die Gebühren.

2

4. Bundesgesetz vom 18. März 199411 über die Krankenversicherung Art. 25 Abs. 2 Bst. a Einleitungssatz und Ziff. 2bis 2

Diese Leistungen umfassen: a.

die Untersuchungen und Behandlungen, die ambulant, stationär oder in einem Pflegeheim sowie die Pflegeleistungen, die im Rahmen einer stationären Behandlung erbracht werden von: 2bis. Pflegefachpersonen,

Art. 25a Abs. 1, 1bis, 2 erster Satz sowie 3­3quater Die obligatorische Krankenpflegeversicherung leistet einen Beitrag an die Pflegeleistungen, die aufgrund eines ausgewiesenen Pflegebedarfs ambulant, auch in Tagesoder Nachtstrukturen, oder im Pflegeheim: 1

a.

von einer Pflegefachperson erbracht werden;

b.

in Organisationen, die Pflegefachpersonen beschäftigen, erbracht werden; oder

c.

auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin erbracht werden.

Für die Vergütung der der Untersuchung oder Behandlung dienenden Mittel und Gegenstände, die für Pflegeleistungen verwendet werden, gilt Artikel 52.

1bis

Die Leistungen der Akut- und Übergangspflege, welche sich im Anschluss an einen Spitalaufenthalt als notwendig erweisen und die im Spital gemeinsam von einem Arzt oder einer Ärztin und einer Pflegefachperson angeordnet werden, werden von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und vom Wohnkanton der versicherten Person während längstens zwei Wochen nach den Regeln der Spitalfinanzierung (Art. 49a) vergütet. ...

2

10 11

SR 412.10 SR 832.10

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Der Bundesrat bezeichnet die Pflegeleistungen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin erbracht werden können. Er bestimmt, welche Pflegeleistungen ohne Anordnung oder Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin erbracht werden können.

3

Die Verbände der Leistungserbringer und der Versicherer schliessen gesamtschweizerisch geltende Verträge zur Überwachung der mengenmässigen Entwicklung der Pflegeleistungen ab, die ohne ärztliche Anordnung oder ärztlichen Auftrag erbracht werden. Sie vereinbaren Massnahmen zur Korrektur bei ungerechtfertigtem Mengenwachstum. Können sich die Verbände der Leistungserbringer und der Versicherer nicht einigen, so regelt der Bundesrat die Einzelheiten.

3bis

Bei der Bezeichnung der Leistungen nach Absatz 3 berücksichtigt der Bundesrat den Pflegebedarf von Personen mit komplexen Erkrankungen und von Personen, die palliative Pflege benötigen.

3ter

Der Bundesrat regelt das Verfahren der Ermittlung des Pflegebedarfs und die Koordination zwischen den behandelnden Ärzten und Ärztinnen und den Pflegefachpersonen.

3quater

Art. 35 Abs. 2 Bst. dbis 2

Leistungserbringer sind: dbis. Pflegefachpersonen und Organisationen, die Pflegefachpersonen beschäftigen;

Art. 36a Abs. 3 Die Zulassung der Organisationen nach Artikel 35 Absatz 2 Buchstabe dbis setzt einen kantonalen Leistungsauftrag voraus. Der Kanton legt im Leistungsauftrag insbesondere die zu erbringenden Ausbildungsleistungen fest; er berücksichtigt dabei die Kriterien nach Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 202212 über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege und des Ausbildungskonzepts nach Artikel 4 des genannten Gesetzes.

3

Art. 39 Abs. 1bis Der Kanton legt im Leistungsauftrag nach Absatz 1 Buchstabe e insbesondere die zu erbringenden Ausbildungsleistungen im Bereich der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen fest. Er berücksichtigt dabei die Kriterien nach Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 202213 über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege und das Ausbildungskonzept nach Artikel 4 des genannten Gesetzes.

1bis

Art. 52 Abs. 1 Bst. a Ziff. 3 Nach Anhören der zuständigen Kommissionen und unter Berücksichtigung der Grundsätze nach den Artikeln 32 Absatz 1 und 43 Absatz 6: 1

12 13

SR ...

SR ...

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a.

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erlässt das EDI: 3. Bestimmungen über die Leistungspflicht und den Umfang der Vergütung von der Untersuchung oder Behandlung dienenden Mitteln und Gegenständen, die nach den Artikeln 25 Absatz 2 Buchstabe b und 25a Absätze 1bis und 2 verwendet werden;

Art. 55b

Kostenentwicklung bei Pflegeleistungen

Steigen die jährlichen Kosten für die Pflegeleistungen nach Artikel 25a je versicherte Person in einem Kanton mehr als die jährlichen Kosten des gesamtschweizerischen Durchschnitts an, so kann der Kanton vorsehen, dass kein Leistungserbringer nach Artikel 35 Absatz 2 Buchstabe dbis eine Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung neu aufnehmen kann.

Übergangsbestimmung zur Änderung vom 16. Dezember 2022 Der Bundesrat evaluiert die Auswirkungen der Änderung vom 16. Dezember 2022 auf die Entwicklung der Pflege und erstattet dem Parlament spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten dieser Änderung Bericht.

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