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22.078 Botschaft zur Änderung des Patentgesetzes vom 16. November 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die Erfindungspatente.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2019

M 19.3228

Für ein zeitgemässes Schweizer Patent (S 4.6.2019, Hefti; N 12.12.2019)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. November 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2022-3675

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Übersicht Dank innovativer Unternehmen belegt die Schweiz seit Jahren den ersten Platz im weltweiten Innovationsindex. Einen wichtigen Beitrag zu dieser Erfolgsgeschichte leistet der Schutz von Erfindungen durch Patente. Die zukunftsorientierte Ausrichtung des Patentrechts auf die Bedürfnisse der Gesamtwirtschaft ist deshalb wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Mit der Vorlage wird das Patentsystem so modernisiert, dass es Schweizer Innovatorinnen und Innovatoren ein den internationalen Standards entsprechendes Patentprüfungsverfahren zur Verfügung stellt.

Ausgangslage Am 12. Dezember 2019 hat das Parlament die Motion 19.3228 Hefti «Für ein zeitgemässes Schweizer Patent» (Motion Hefti) überwiesen. Die Motion Hefti verlangt vom Bundesrat, einen Gesetzesentwurf zur Revision des Schweizer Patentrechts vorzulegen. Dieser Entwurf soll insbesondere eine für Benutzerinnen und Benutzer attraktive, internationalen Standards entsprechende Patentprüfung vorsehen, ein effizientes und kostengünstiges Einspruchs- und Beschwerdeverfahren gewährleisten sowie ein inhaltlich ungeprüftes Gebrauchsmuster einführen.

Patente mit Wirkung in der Schweiz werden heute entweder vom Europäischen Patentamt (EPA) oder vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) erteilt: Im ersten Fall werden alle Voraussetzungen der Patentierbarkeit geprüft, inklusive der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit (Vollprüfung). Sind alle Voraussetzungen erfüllt, erteilt das EPA ein europäisches Patent (EP). Nach dem geltenden Patentgesetz wird ein Schweizer Patent vom IGE ohne Prüfung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit erteilt. Geprüft werden nur die anderen Voraussetzungen für den Patentschutz, wie zum Beispiel die Technizität, die Klarheit und die Einheitlichkeit. Dies führt zu einem raschen und kostengünstigen Prüfungsverfahren. Hingegen verfügen mangels Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit weder die Patentinhaberinnen und Patentinhaber noch mit dem Patent konfrontierte Dritte über eine verlässliche Aussage zur Rechtsbeständigkeit des vom IGE geprüften Patents. Um in der Schweiz ein inhaltlich vollgeprüftes Patent zu erhalten, müssen Interessierte die nötigen Schritte beim EPA in München einleiten. Aufgrund des damit verbundenen Aufwands gehen vor allem Grossunternehmen so vor. Das hat zur Folge,
dass das Schweizer Patent gegenüber dem EP immer mehr an Bedeutung verliert. In den letzten Jahren wurden in der Schweiz nur noch rund 750 nationale Patente pro Jahr erteilt.

Diesen gegenüber stehen 12 000 vom EPA geprüfte Patente, die jährlich in der Schweiz validiert werden.

Diese Situation ist vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) unbefriedigend, die an einem verlässlichen lokalen Patentschutz interessiert sind. Das sind in erster Linie KMU, deren Hauptmarkt in der Schweiz liegt und die sich mit einem Schweizer Patent auf den vertrauten rechtlichen Rahmen beschränken wollen. Solche Unternehmen haben ein grosses Interesse an einem rechtssicheren Schweizer Patent ­ eine Alternative, die ihnen aktuell nicht zur Verfügung steht.

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Inhalt der Vorlage Zur Modernisierung des Patentrechts schlägt der Entwurf vor, das bestehende bewährte System beizubehalten, aber flexibler auszugestalten. Wie bisher soll eine Patentanmeldung vom IGE grundsätzlich nicht auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit geprüft werden. Damit steht Anmelderinnen und Anmeldern nach wie vor ein teilgeprüfter, kostengünstiger Schutztitel zur Verfügung ­ wie von der Motion gefordert.

Neu soll es den Anmelderinnen und Anmeldern aber auch offenstehen, die Prüfung sämtlicher Patentierungsvoraussetzungen (v. a. Neuheit und erfinderische Tätigkeit) beim IGE zu beantragen. Nur auf einen solchen besonderen Antrag der Anmelderinnen und Anmelder oder Dritter hin wird das Patent zum vollgeprüften Schweizer Patent ­ und so zur vollwertigen Alternative zu einem vom EPA vollgeprüften und in der Schweiz validierten EP.

Um die Rechtssicherheit zu erhöhen, soll zudem jede Patentanmeldung durch eine obligatorische Recherche ergänzt werden. Der Recherchebericht dokumentiert denjenigen Stand der Technik, von welchem sich die Erfindung genügend abheben muss, um erfinderisch zu sein und damit patentiert werden zu können. Der Bericht soll veröffentlicht und in der Patentakte als Dokumentation des relevanten Stands der Technik abgelegt werden.

Auf das seit seiner Einführung nie in Anspruch genommene Einspruchsverfahren vor dem IGE wird verzichtet. Vielmehr sollen Verfügungen des IGE mittels erweiterter Beschwerdemöglichkeit durch ein Gericht überprüft werden können. Im Rahmen dieser erweiterten Beschwerdemöglichkeit können beschwerdeberechtigte Dritte während vier Monaten eine Beschwerde einreichen. Solche Dritte sind grundsätzlich auch Organisationen, die gesamtschweizerisch tätig sind und rein ideelle Zwecke verfolgen (wie beispielsweise ProSpecieRara).

Aufgrund der Einführung der fakultativen Vollprüfung ist sicherzustellen, dass die Anwendung der neuen Prüfungsthemen Neuheit und erfinderische Tätigkeit auch im Instanzenzug überprüft werden kann: Anmelderinnen und Anmelder sollen einen ablehnenden Entscheid des IGE in Patentsachen mittels Beschwerde durch das Bundespatentgericht überprüfen lassen können.

Schliesslich soll das schweizerische Patentsystem auch dadurch aufgewertet werden, dass Englisch, das in Wissenschaft und Forschung eine wichtige Rolle spielt, möglichst weitgehend im Anmelde- und Beschwerdeverfahren verwendet werden kann.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht 1

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Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.2.1 Alternativen 1.2.2 Gewählte Lösung 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

6 6 10 10 14

Vernehmlassungsverfahren 2.1 Generelle Bemerkungen 2.2 Vernehmlassungsvorlage 2.3 Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 2.4 Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

17 17 17

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Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

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4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.1.1 Fakultative Vollprüfung von Schweizer Patenten 4.1.2 Einspruchs- und Beschwerdeverfahren 4.1.3 Instanzenzug 4.1.4 Verwendung von Englisch im Anmelde- und Prüfungsverfahren 4.1.5 Verstärkte internationale Zusammenarbeit auf administrativ-technischer Ebene 4.1.6 Übrige Revisionspunkte 4.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 4.3 Umsetzungsfragen

22 22 22 25 26

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 5.1 Patentgesetz vom 25. Juni 1954 5.1.1 Allgemeine Erläuterungen 5.1.2 Die Bestimmungen im Einzelnen 5.2 Bundesgesetz über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum vom 24. März 1995 5.3 Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968 5.4 Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 5.5 Patentgerichtsgesetz vom 20. März 2009

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Auswirkungen

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26 27 27 29 30

52 54 57 58

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6.1 6.2

6.3 6.4 6.5 6.6 7

Allgemeines Auswirkungen auf den Bund 6.2.1 Finanzielle Auswirkungen 6.2.2 Personelle Auswirkungen Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete Auswirkungen auf die Volkswirtschaft Auswirkungen auf die Gesellschaft Andere Auswirkungen

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform 7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.5 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 7.6 Datenschutz

Abkürzungsverzeichnis Bundesgesetz über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Dank innovativer Unternehmen belegt die Schweiz seit Jahren den ersten Platz im weltweiten Global Innovation Index1. Einen wichtigen Beitrag zu dieser Erfolgsgeschichte leistet der Patentschutz. Das Patentrecht ist deshalb für die Schweizer Wirtschaft von grundlegender Bedeutung. Damit sie wettbewerbsfähig bleibt, muss das Schweizer Patentrecht regelmässig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Nur so entspricht es internationalen Standards, bietet für die Benutzerinnen und Benutzer einen attraktiven Patentschutz und trägt dazu bei, dass die Schweiz weiterhin weltweit zur Spitze der innovativen Länder gehört.

Patente dienen dem Schutz von Erfindungen. Das Patentgesetz vom 25. Juni 19542 (PatG) definiert nicht, was unter einer Erfindung zu verstehen ist. Angesichts der fehlenden Legaldefinition haben Lehre und Rechtsprechung eine Umschreibung des Begriffs erarbeitet. Gemäss Bundesgericht (BGer) ist die Erfindung eine «Lehre zum planmässigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur unmittelbaren Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs»3. Vereinfacht ausgedrückt ist eine Erfindung eine neue, nicht naheliegende Lehre zum technischen Handeln.4 Damit eine Erfindung durch ein Patent geschützt werden kann, reicht es nicht aus, dass die Problemlösung neu ist (Art. 1 Abs. 1 PatG). Vielmehr muss sie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen, d. h. sie soll sich für eine Fachperson nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben (Art. 1 Abs. 2 PatG). Daneben muss die Erfindung gewerblich anwendbar sein und es darf ihr kein vom Gesetz vorgesehener Schutzausschlussgrund entgegenstehen (Art. 1a, 1b und 2 PatG). Diese materiellen Patentierungsvoraussetzungen sind internationale Mindeststandards und in zahlreichen nationalen Gesetzen sowie regionalen und internationalen Übereinkommen im Bereich des Patentwesens enthalten.

Wollen Unternehmen Patentschutz in der Schweiz erhalten, stehen ihnen unterschiedliche Wege offen:

1 2 3 4 5 6

­

der nationale Weg über das PatG;

­

der europäische Weg über das Europäische Patentübereinkommen vom 5. Oktober 19735 (EPÜ 2000); oder

­

der internationale Weg über den Vertrag vom 19. Juni 19706 über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT).

Kann abgerufen werden unter: www.wipo.int > Resources > WIPO publications (Stand: 15.8.2022).

SR 232.14 Urteil des Bundesgerichts 4A.12/1995 vom 31. Juli 1996 E. 4, in: sic! 1997, S. 77.

Heinrich, Peter (2018): Kommentar zum schweizerischen Patentgesetz und Europäischen Patentübereinkommen. 3., überarb. Aufl. Bern: Stämpfli Verlag AG, Rz. 4 zu Art. 1 PatG.

SR 0.232.142.2 SR 0.232.141.1

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Eine nationale Patentanmeldung muss die verschiedenen formellen und materiellen Voraussetzungen des PatG und der Patentverordnung vom 19. Oktober 19777 (PatV) erfüllen. Die Prüfung der Patentierungsvoraussetzungen erfolgt durch das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) im Rahmen des Erteilungsverfahrens.

Eine Besonderheit des aktuellen schweizerischen Patentrechts ist dabei, dass das IGE die zwei zentralen Patentierungsvoraussetzungen, die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit, nicht prüft.8 Die beiden Kriterien sind zwar Voraussetzung für ein rechtsgültiges Patent, werden aber nicht im Rahmen der Patentanmeldung, sondern erst bei einer allfälligen späteren Klage im Zivilprozess geprüft.

Die Einführung der Vollprüfung, der Prüfung sämtlicher Patentierungsvoraussetzungen im Patenterteilungsverfahren, wurde in der Vergangenheit wiederholt im Rahmen von PatG-Revisionen diskutiert. Bei der Revision von 1954 wurde sie (historisch als Vorprüfung bezeichnet) vorerst nur für die Textilindustrie und für die Zeitmessungstechnik eingeführt. In einer zweiten Etappe, die jedoch nie umgesetzt wurde, sollten die Elektrotechnik und andere Bereiche dazukommen. Statt die Vollprüfung aber wie ursprünglich vorgesehen zu erweitern, schaffte man sie im Jahr 1995 wieder ab. Dies mit dem Hinweis, der Weg über das EPÜ 2000 decke die Bedürfnisse der Wirtschaft ausreichend ab; die Schweiz brauche keine Vollprüfung mehr.9 Mit dem EPÜ 2000 stellt die Europäische Patentorganisation (EPO) ihren Mitgliedstaaten (darunter die Schweiz) ein zentrales und einheitliches europäisches Patentanmelde- und -erteilungsverfahren zur Verfügung. Unternehmen können beim Europäischen Patentamt (EPA) eine europäische Patentanmeldung einreichen ­ Personen mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz bzw. in Liechtenstein auch über das IGE. Das EPA ist ein Organ der mit dem EPÜ gegründeten EPO. Es führt für die aktuell 39 Mitgliedstaaten (Stand: Oktober 2022) ein zentrales Anmelde- und Erteilungsverfahren durch, in dem alle Voraussetzungen der Patentierbarkeit geprüft werden, inklusive der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit (Vollprüfung). Nach seiner Erteilung zerfällt das europäische Patent (EP) in ein Bündel von nationalen Patenten, die in einer Vielzahl europäischer Länder gleichzeitig Wirkung entfalten. Die einzelnen nationalen
Teile müssen dann individuell über die Bezahlung von Jahresgebühren aufrechterhalten werden. Unternehmen können also die Schweiz (gemeinsam mit Liechtenstein, mit dem sie gemäss Patentschutzvertrag vom 22. Dezember 197810 ein einheitliches Schutzgebiet für Patente bildet) als eines der Länder benennen, in dem der Patentschutz greifen soll. Dies führt zu einem in der Schweiz (und Liechtenstein) gültigen Patent, mit der gleichen Wirkung wie ein über den nationalen Weg vom IGE erteiltes Patent ­ aber mit dem bereits erwähnten wichtigen Unterschied, dass das EP mit Wirkung für die Schweiz (und Liechtenstein) auch auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit überprüft worden ist.

Ein Unternehmen hat schliesslich auch die Möglichkeit, eine internationale Anmeldung nach dem PCT einzureichen. Unter dem PCT kann mit einer Anmeldung in einer 7 8 9

10

SR 232.141 Vgl. Art. 59 Abs. 4 PatG Botschaft vom 18. August 1993 zu einer Änderung des Bundesgesetzes betreffend die Erfindungspatente sowie zu einem Bundesbeschluss über eine Änderung des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente; BBl 1993 III 706.

SR 0.232.149.514

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Vielzahl von Ländern gleichzeitig um Patentschutz nachgesucht werden. Schweizer Anmelderinnen und Anmelder haben die Wahl, die Anmeldung beim IGE (als zuständiges nationales Patentamt; Art. 134 PatG), beim EPA (als zuständiges regionales Patentamt; Art. 151 EPÜ 2000) oder direkt bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO; Art. 10 i. V. m. Art. 2 Ziff. xv PCT) einzureichen. Die internationale Anmeldung hat in allen PCT-Vertragsstaaten die gleiche Wirkung wie eine nationale bzw. regionale Anmeldung. Im Unterschied zum EPÜ 2000-Verfahren sieht der PCTWeg kein zentrales Erteilungsverfahren vor. Es handelt sich beim internationalen Weg lediglich um ein zentralisiertes Anmeldeverfahren. Für die Patenterteilung sind die in der Anmeldung benannten nationalen bzw. regionalen Behörden zuständig. Nach dem Durchlaufen der zentralen Anmeldeschritte (sog. internationale Phase, in welcher in der Regel zumindest die Formalprüfung, die Erstellung des internationalen Rechercheberichts und die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgen) müssen die Anmelderinnen und Anmelder das Verfahren vor den nationalen oder regionalen Behörden weiterführen (sog. nationale bzw. regionale Phase), wenn sie für das jeweilige Bestimmungsland Patentschutz erlangen wollen. Eine internationale Anmeldung, aus der ein Schweizer Patent hervorgehen soll, wird materiell vom IGE auf der Grundlage des PatG geprüft. Wie beim auf nationalem Weg erlangten Schweizer Patent findet dementsprechend keine Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit statt.

Die vom IGE vorgenommene Sachprüfung ist eine beschränkte (Sach-)Prüfung, d. h.

nach der Anmeldung erfolgt eine Formalprüfung und eine Prüfung, welche sich auf die Ausschlussgründe (Art. 1, 1a, 1b und 2 PatG), die gewerbliche Anwendbarkeit und die ausreichende Offenbarung der Erfindung bezieht (im Folgenden wird das materiell so geprüfte Patent als teilgeprüftes Patent bezeichnet). Dies führt dazu, dass sowohl mit dem Patent konfrontierte Dritte als auch Patentinhaberinnen und Patentinhaber mit der Patenterteilung keine Aussage zur Rechtsbeständigkeit eines Schweizer Patents erhalten. Dies im Gegensatz zum inhaltlich vollgeprüften EP oder zu vollgeprüften nationalen Patenten, wie sie beispielsweise in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Japan, Südkorea, Österreich, Singapur, Spanien
oder den Vereinigten Staaten von Amerika erteilt werden. Diese Situation ist vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) unbefriedigend, die an einem verlässlichen lokalen Patentschutz interessiert sind. Das sind in erster Linie KMU, deren Hauptmarkt in der Schweiz liegt und die sich mit einem Schweizer Patent auf den vertrauten rechtlichen Rahmen beschränken wollen. Solche Unternehmen haben ein grosses Interesse an einem rechtssicheren Schweizer Patent ­ eine Alternative, die ihnen aktuell nicht zur Verfügung steht. Daneben gibt es jedoch Unternehmen, für die ein vollgeprüftes Schweizer Patent zu aufwendig und zu teuer wäre. Diese bevorzugen ein schnelles und kostengünstiges Schutzsystem. Für diese Unternehmen wäre als Alternative zum vollgeprüften Patent das teilgeprüfte Patent vorteilhaft, das nicht auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit geprüft wird.

Institutionelle Änderungen, technischer Fortschritt oder Entwicklungen in anderen Ländern führen dazu, dass Bewährtes von Zeit zu Zeit in Frage gestellt werden sollte.

Nur so kann festgestellt werden, ob es den Anforderungen der sich schnell wandelnden Rahmenbedingungen noch genügt oder ob Optimierungsmöglichkeiten bestehen.

Um herauszufinden, wie sich das schweizerische Patentsystem auch in der künftigen Patentlandschaft behaupten kann, beauftragte das IGE 2014 zwei Beratungsunternehmen damit, eine Studie zu erstellen. Das Ziel der Studie war, Verbesserungspotenziale 8 / 84

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für das Schweizer Patentrecht zu identifizieren und Empfehlungen abzugeben, wie diese für die Allgemeinheit umgesetzt werden könnten. Die Studie11 wurde am 15. Mai 2015 auf der Webseite des IGE publiziert. Im Ergebnis wünschten sich die befragten Nutzerinnen und Nutzer des Patentsystems die Einführung der Vollprüfung ohne Verlust der Möglichkeit, kleinere Innovationen kostengünstig und schnell durch ein ungeprüftes Gebrauchsmuster zu schützen.

Die Studie wurde den interessierten Kreisen an einer Fachtagung im Juni 2015 präsentiert. Durch die aufgezeigten Optimierungsmöglichkeiten angeregt, bildeten die Fachkreise eine Arbeitsgruppe, um weitere Verbesserungsoptionen zu diskutieren und um Umsetzungsmöglichkeiten zu prüfen. Als Resultat empfahl die Arbeitsgruppe u. a.

die Einführung einer Vollprüfung von Patenten und eines Gebrauchsmusters sowie eine entsprechende Anpassung des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens. Die Motion 19.3228 Hefti nahm diese drei Punkte auf.

Die vom Motionär vorgeschlagene Vollprüfung ermöglicht einen für Unternehmen zeitgemässen und attraktiven Erfindungsschutz. Mit der Vollprüfung wird das Schweizer Patenterteilungsverfahren auf das Niveau des internationalen Standards angehoben, der bereits am EPA und in vielen wichtigen Industrieländern gilt. Es soll aber nicht vollständig umgestellt werden. Vielmehr soll das bestehende, bewährte System flexibler ausgestaltet werden: Patentanmelderinnen und Patentanmelder sowie Dritte können neu zusätzlich beantragen, dass das IGE die einzelne Anmeldung auch auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit prüft. Nur in solchen Fällen wird das Patent zum vollgeprüften Schweizer Patent und damit zur vollwertigen Alternative zu einem vom EPA erteilten vollgeprüften und in der Schweiz validierten EP. Ohne speziellen Antrag bleibt es bei einem teilgeprüften Schweizer Patent, dem etablierten System mit einem kostengünstigen und unkompliziert erteilten Schutztitel.

Das zweite Anliegen der Motion zielt darauf ab, sicherzustellen, dass die Anwendung der neuen Prüfungsthemen Neuheit und erfinderische Tätigkeit auch im Instanzenzug überprüft werden kann. In Zukunft können Anmelderinnen und Anmelder einen ablehnenden Entscheid des IGE mit einer Beschwerde direkt durch das Bundespatentgericht (BPatGer) überprüfen lassen. Ebenso wie zivilrechtliche
Patentprozesse sind auch verwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren gegen vollgeprüfte Patente komplex und erfordern von Richterinnen und Richtern spezielle Fachkenntnisse, da die Rechtsanwendung in diesem Bereich besonders nah an der Schnittstelle von Technik und Recht liegt. Diese Fachkenntnisse sind beim BPatGer, dem Spezialgericht des Bundes für zivilrechtliche Patentstreitigkeiten, vorhanden. Auch Dritte sollen sich gegen die Erteilung von schweizerischen Patenten zur Wehr setzen können, neu ebenfalls gestützt darauf, dass der patentierte Gegenstand nicht neu ist oder nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Zwar wird dabei auf das 2008 eingeführte, aber seither nicht ein einziges Mal in Anspruch genommene Einspruchsverfahren verzichtet.

Im Gegenzug wird jedoch die Beschwerdemöglichkeit erweitert, so dass Dritte eine Patentregistrierung bei berechtigtem Interesse auch weiterhin überprüfen lassen kön-

11

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (Hrsg.) (2015): Optimierungspotenziale des nationalen Schweizer Patentsystems. Bern. Kann abgerufen werden unter: www.ige.ch > Dienstleistungen > Publikationsreihe des IGE > Nr. 8: Optimierungspotentiale des nationalen Schweizer Patentsystems (05.2015) (Stand: 15.8.2022).

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nen. Damit wird das Schweizer Patentsystem möglichst schlank ausgestaltet und bietet so eine attraktive Alternative zum europäischen Patentsystem.

Mit dem dritten Anliegen der Motion soll als Ergänzung und Alternative zum vollgeprüften Patent ein «ungeprüftes» Schutzrecht zur Verfügung stehen. Dieses ist für Unternehmen gedacht, für die ein vollgeprüftes Schweizer Patent zu aufwendig sowie zu teuer wäre und die wie bisher einen schnellen und kostengünstigen Schutztitel anstreben. Das vom Motionär vorgeschlagene Gebrauchsmuster wurde jedoch in der Vernehmlassung nicht als vollwertige Alternative zum bisherigen teilgeprüften Patent bewertet und von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden abgelehnt. Kritisiert wurde v. a. die kürzere Schutzdauer (10 Jahre anstelle der 20 Jahre des heutigen Patents) und die Beschränkung auf bestimmte Schutzgegenstände (Erfindungen der Biotechnologie und der Pharmazie, chemische Substanzen sowie Verfahren aller Art sollten vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen werden). Um das dritte Anliegen umzusetzen, soll das IGE wie bisher Schweizer Patente grundsätzlich nicht auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit prüfen. Nur auf entsprechenden Antrag hin soll es auch die Prüfung der zentralen Patentierungsvoraussetzungen (Neuheit und erfinderische Tätigkeit) vornehmen. Das bisherige Verfahren soll jedoch mit einer obligatorischen Recherche ergänzt werden. Mit dieser Lösung wird die Forderung nach einem nicht vollgeprüften, kostengünstigen und unkompliziert erteilten Schutztitel für KMU umgesetzt. Die Einführung eines Gebrauchsmusters wird damit obsolet.

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

1.2.1

Alternativen

Im Zuge der Revisionsarbeiten wurden verschiedene Handlungsoptionen geprüft. Dafür wurde auch die in Ziffer 1.1 erwähnte Studie von 2015 herangezogen. Sie zeigt Optimierungsmöglichkeiten des nationalen Patentsystems auf und enthält verschiedene Empfehlungen; Hauptempfehlung war die Einführung der Vollprüfung in Kombination mit einem Gebrauchsmuster und internationaler Zusammenarbeit.

Die alternativen Lösungsansätze wurden insbesondere in der mit der Studie zur Regulierungsfolgenabschätzung zur ersten Umsetzungsvariante der Motion Hefti (RFA I)12 durchgeführten Befragung thematisiert. Die erste Umsetzungsvariante wurde am 14. Oktober 2020 in die Vernehmlassung geschickt. Bei diesen Alternativen handelt es sich um die Abschaffung des Schweizer Patents, die Einführung eines Gebrauchsmusters anstelle des heutigen Schweizer Patents sowie die Einführung der Vollprüfung in Kombination mit einer internationalen Auslagerung der Prüfung gewisser Sektoren und/oder Fachgebiete.

Nachfolgend werden diese Varianten neben dem Status quo sowie der in die Vernehmlassung gegebenen Alternative ­ Einführung der Vollprüfung in Kombination

12

Polynomics (2021): Regulierungsfolgenabschätzung zur Patentrechtsreform aufgrund der Motion Hefti 19.3228 «Für ein zeitgemässes Schweizer Patent» (RFA I). Bern.

Kann abgerufen werden unter: www.ige.ch > Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Patentrecht > Revision Patentgesetz (Stand: 9.9.2022).

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mit der Einführung eines Gebrauchsmusters ­ kurz erläutert und deren Vor- und Nachteile analysiert.

Auf die Ergebnisse der Regulierungsfolgenabschätzung zur nun vorliegenden Umsetzungsvariante (RFA II)13 wird im 6. Kapitel «Auswirkungen» im Detail eingegangen.

a) Status quo Auf eine Revision des PatG wird verzichtet, da sich das bestehende Schweizer Patentsystem bewährt hat. Der Grossteil der in der Schweiz gültigen Patente gelangt als vollständig geprüfte EP ins Schweizer Register. Als kostengünstige Alternative steht das teilgeprüfte Schweizer Patent zur Verfügung (beschränkte Sachprüfung, die sich auf die Ausschlussgründe gemäss Art. 1, 1a, 1b und 2 PatG, die gewerbliche Anwendbarkeit und die ausreichende Offenbarung der Erfindung bezieht; im Erteilungsverfahren nicht geprüft werden die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit). Vorteil des Status quo ist, dass für alle Beteiligten keine Umstellungskosten entstehen.

Demgegenüber hat diese Alternative den Nachteil, dass die Möglichkeit verpasst wird, das bestehende System zu optimieren und so dessen Kosten/Nutzen-Verhältnis zu verbessern. Zudem hat die Vernehmlassung gezeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Teilnehmenden (Kantone, politische Parteien und verschiedene Anspruchsgruppen) einer Revision des PatG zustimmen und eine Modernisierung des Patentprüfungsverfahrens begrüssen. Hinzu kommt, dass mit dem Status quo der Auftrag des Parlaments, eine für Benutzerinnen und Benutzer attraktive, internationalen Standards entsprechende Patentprüfung vorzusehen, ein effizientes und kostengünstiges Einspruchs- und Beschwerdeverfahren zu gewährleisten sowie ein inhaltlich ungeprüfter Schutztitel einzuführen, nicht umgesetzt wird, weshalb er keine Alternative ist.

b) Abschaffung des Schweizer Patents Mit der Abschaffung des Schweizer Patents gäbe es fortan keine Möglichkeit mehr, in der Schweiz ein nationales Patent anzumelden und zu registrieren. Alle Patente, die Erfindungen in der Schweiz schützen, kämen via EPA als EP ins Schweizer Register.

Als Variante stünde eine internationale Anmeldung zur Verfügung, für die das EPA Bestimmungsamt ist (diese wird als Euro-PCT-Anmeldung bezeichnet). Dieser Weg ist vor allem für Unternehmen interessant, die auch ausserhalb Europas effizient Patente anmelden möchten. Im Vergleich zum Status quo würde die
Rechtssicherheit gesteigert. Die neuen Patente wären allesamt vollgeprüft und auch das Einspruchsverfahren wäre (vor dem EPA) vereinheitlicht. Rund 95 Prozent der Patente mit Schutzwirkung in der Schweiz werden bereits vom EPA erteilt.

Ein grosser Nachteil dieser Lösung liegt darin, dass die Möglichkeit einer günstigen und schnellen Alternative zum EP, wie das bestehende Schweizer Patent eine darstellt, wegfallen würde. Das heisst, die in der Motion Hefti erhobene Forderung ­ Stärkung des Schweizer Patentsystems ­ würde nicht umgesetzt. In der Vernehmlassung wurden zudem Befürchtungen geäussert, dass der Schweiz als Nicht-EU-Mitglied eine 13

Polynomics (2022): Ergänzende Regulierungsfolgenabschätzung zur Patentrechtsreform aufgrund der Motion Hefti 19.3228 «Für ein zeitgemässes Schweizer Patent» (RFA II).

Bern. Kann abgerufen werden unter: www.ige.ch > Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Patentrecht > Revision Patentgesetz (Stand: 9.9.2022).

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Marginalisierung in der EPO drohe. Denn die EPO, die das EPA betreibt, richte sich je länger je mehr an den Mitgliedstaaten der EU aus. Diese Entwicklung führe zu einem Verlust der Einflussmöglichkeiten der Schweiz auf das europäische Patentsystem. Ein starkes nationales Patentsystem könne einerseits die existierenden europäischen und internationalen Patentsysteme ergänzen. Andererseits könne es aber auch dazu beitragen, die Handlungsfreiheit der Schweiz zu erhöhen. Müsste dereinst wegen Entwicklungen auf internationaler Ebene die Vollprüfung allein national sichergestellt werden, stünde sie aufgrund der gewählten Lösung schon bereit. Aus diesen Überlegungen ist die Abschaffung des Schweizer Patents keine echte Alternative.

c) Einführung eines Gebrauchsmusters anstelle des heutigen Schweizer Patents Beim heutigen Schweizer Patent erfolgt eine beschränkte Sachprüfung (Teilprüfung), die sich auf die Ausschlussgründe (Art. 1, 1a, 1b und 2 PatG), die gewerbliche Anwendbarkeit und die ausreichende Offenbarung der Erfindung bezieht. Nicht geprüft werden die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit. Um einem solchen teilgeprüften Schutzrecht nicht denselben rechtlichen Status zu gewähren, wie ihn die vollgeprüften EP haben, könnte es durch ein Gebrauchsmuster ersetzt werden. Je nach konkreter Ausgestaltung des Gebrauchsmusters käme diese Option dem Status quo sehr nahe.

Für Anmelderinnen und Anmelder, denen der Schutz aus einem Gebrauchsmuster genügt, führt diese Möglichkeit zu einem vereinfachten Verfahren und damit zu sinkenden Kosten. Durch ein Gebrauchsmuster wird auch ein wichtiges Ziel der Motion Hefti erreicht: KMU, die keinen Bedarf für einen geografisch ausgeweiteten Schutz haben, bleibt ein unkomplizierter Schutz in der Schweiz.

Mit der Konzentration auf ein Gebrauchsmuster wird jedoch die Möglichkeit verpasst, das Schweizer Patentsystem an die Systeme zahlreicher anderer Länder anzugleichen, die auch auf nationaler Ebene ein vollgeprüftes Patent kennen. Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden, die sich in der Vernehmlassung zur Einführung des Gebrauchsmusters geäussert haben, lehnt das Gebrauchsmuster zudem als Alternative zum bisherigen teilgeprüften Patent ab. Die Ablehnung wurde u. a. damit begründet, dass der Ersatz des aktuellen teilgeprüften Schweizer Patents durch ein Gebrauchsmuster
gravierende Nachteile für Unternehmen habe. So wurden v. a. die kürzere Schutzdauer (10 Jahre anstelle der 20 Jahre des heutigen Patents) und der Ausschluss gewisser Erfindungsgegenstände (Erfindungen der Biotechnologie und der Pharmazie, chemische Substanzen sowie Verfahren aller Art) kritisiert. Des Weiteren wurde geltend gemacht, dass die Abhängigkeit vom EPA bei der Patentprüfung und der Patenterteilung bestehen bleibe. Insgesamt sei das Gebrauchsmuster für KMU weniger attraktiv als das heutige Schweizer Patent, womit die Einführung des Gebrauchsmusters zu einer Verschlechterung gegenüber dem Status quo führe. Vor diesem Hintergrund ist die Einführung eines Gebrauchsmusters anstelle des heutigen Schweizer Patents keine geeignete Alternative.

d) Einführung der Vollprüfung in Kombination mit einer internationalen Auslagerung der Prüfung gewisser Sektoren und/oder Fachgebiete Bei dieser Alternative wird die Vollprüfung für spezifische Sektoren und/oder Fachgebiete von ausländischen Partnerinstitutionen durchgeführt. Die Prüfung der Patentanmeldung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit erfolgt somit nicht vollumfänglich in der Schweiz.

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Dieser Ansatz ermöglicht einerseits eine Entlastung der Patentabteilung des IGE. Andererseits erlaubt er, bei Bedarf die Prüfung ganzer Technikgebiete an andere Ämter auszulagern und so von Effizienzvorteilen zu profitieren. Zudem würde dieses Vorgehen einen schrittweisen Übergang zur Vollprüfung ermöglichen und somit ihre Einführung erleichtern.

Der Nachteil liegt darin, dass die ausländische Behörde, welche die Prüfung übernimmt, die schweizerische Gesetzgebung nicht kennt. Zwar sind die Prüfungsvoraussetzungen international einigermassen harmonisiert, aber die Prüfung erfolgt jeweils nach dem nationalen Patentgesetz. Des Weiteren nimmt bei einer Auslagerung der internationale Koordinationsbedarf zu. Vor allem aber können sich aus einer Auslagerung der Prüfarbeiten und einer Übernahme von Prüfresultaten Qualitätsprobleme ergeben. Schliesslich steigt die Abhängigkeit von den jeweiligen Partnerinstitutionen.

Im Resultat wird die in der Motion Hefti erhobene Forderung der Wirtschaft ­ Stärkung des Schweizer Patentsystems ­ nicht umgesetzt. Deshalb ist die Einführung der Vollprüfung in Kombination mit einer internationalen Auslagerung der Prüfung gewisser Sektoren und/oder Fachgebiete keine echte Alternative.

e) Einführung der Vollprüfung in Kombination mit der Einführung eines Gebrauchsmusters ­ Vernehmlassungsvariante Als Alternative und Ergänzung zum vollgeprüften Patent soll ein «ungeprüftes» Gebrauchsmuster mit reduzierter Schutzdauer eingeführt werden. Dieses Gebrauchsmuster soll das bisherige teilgeprüfte Schweizer Patent ersetzen. Damit erhalten Unternehmen, für die eine Vollprüfung zu aufwendig und zu teuer ist, wie bisher einen rasch erteilbaren und kostengünstigen Schutztitel. Das im Ausland oft als «kleines Patent» bezeichnete Gebrauchsmuster soll Fälle abdecken, in denen Interessierte aus Zeitgründen oder Kostenüberlegungen ihre Erfindungen nicht mit einem vollgeprüften Patent schützen können oder wollen. Mit einem solchen dualen System erhalten die Unternehmen mehr Auswahlmöglichkeiten.

Die Vernehmlassung ergab jedoch, dass die Einführung der Vollprüfung in Kombination mit der Einführung eines Gebrauchsmusters zu starr ist. Aufgrund der kürzeren Schutzdauer von zehn Jahren und weil es nicht in allen Bereichen der Technik zur Verfügung steht, wurde das vorgeschlagene Gebrauchsmuster
zudem nicht als vollwertige Alternative zum bisherigen teilgeprüften Patent bewertet. Gewünscht wurde eine flexible Patentprüfung, die das bewährte System durch eine Wahlmöglichkeit ergänzt: Patentanmeldungen sollen auf Antrag hin auch auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit geprüft werden. Ohne einen solchen Antrag wird ein teilgeprüftes Patent erteilt. Vor diesem Hintergrund ist die Vernehmlassungsvariante keine mehrheitsfähige Alternative.

f) Übrige Revisionspunkte Die übrigen Revisionspunkte drängen sich aus je unterschiedlichen Gründen auf, sie werden in den Ziffern 4.1.4­4.1.6 der vorliegenden Botschaft behandelt. Es erübrigt sich, für diese Punkte verschiedene Handlungsalternativen darzulegen.

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1.2.2

Gewählte Lösung

Aufgrund des dargelegten Handlungsbedarfs beinhaltet die Vorlage im Wesentlichen: ­

Aufwertung des Schweizer Patents: Beim heutigen Schweizer Patent werden nur die Ausschlussgründe (Art. 1, 1a, 1b und 2 PatG), die gewerbliche Anwendbarkeit und die ausreichende Offenbarung der Erfindung geprüft (Teilprüfung). Nicht geprüft werden die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit.

Diese eingeschränkte Prüfung hat zwar zeitliche sowie finanzielle Vorteile und hat sich in der Vergangenheit bewährt. Sie hat aber auch erhebliche Nachteile: Gerade unerfahrene Patentinhaberinnen und Patentinhaber befinden sich oft in dem (Irr-)Glauben, ihr Patent sei mit der Erteilung automatisch rechtsbeständig (da vom IGE geprüft und erteilt). Tatsächlich führt die fehlende Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit jedoch regelmässig dazu, dass Dritte mit Nichtigkeitsklagen (Art. 26 PatG) gegen solche Patente vorgehen. Damit verlagert sich die Prüfung der Rechtsbeständigkeit des Schweizer Patents regelmässig in den Zivilprozess. Ein gerichtliches Verfahren ist für die beteiligten Parteien mit hohen Kosten und Unsicherheiten verbunden.

Diese Unsicherheiten tragen mitunter dazu bei, dass viele Anmelderinnen und Anmelder den Weg über ein vollständig geprüftes EP demjenigen über die nationale Patentanmeldung vorziehen. Seit dem Beitritt der Schweiz zum EPÜ hat das Schweizer Patent an Bedeutung verloren. In den letzten Jahren erteilte das IGE nur noch rund 750 Patente pro Jahr. Von den am 31. Dezember 2021 in der Schweiz in Kraft befindlichen 146 716 Patenten waren lediglich ca. 5 Prozent (6623) Schweizer Patente. Beim überwiegenden Teil der gültigen Patente handelt es sich also um EP mit Schutzwirkung für die Schweiz (140 093). Parallel dazu haben die Patentanmeldungen aus der Schweiz beim EPA zugenommen (2020; 8112). Um die beschriebenen Nachteile auszugleichen, soll Unternehmen künftig auch in der Schweiz ein vollgeprüftes Patent zur Verfügung gestellt werden.

­

Flexibilisierung der Patentprüfung mit optionaler Vollprüfung: Das bestehende bewährte System soll flexibler ausgestaltet werden. Patentanmelderinnen und Patentanmelder sowie Dritte sollen neu beantragen können, dass das IGE die einzelne Anmeldung auch auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit prüft. Nur in solchen Fällen wird das Patent zum vollgeprüften Schweizer Patent und so zur vollwertigen Alternative zum EP mit Schutzwirkung für die Schweiz. Das von der Motion geforderte vollgeprüfte Patent wird also in dieser Form realisiert und das Schweizer Patentsystem dadurch aufgewertet.

­

Obligatorische Recherche für alle Patentanmeldungen: Um, wie von der Motion gefordert, die Rechtssicherheit zu erhöhen, soll neu jede Patentanmeldung mit einer Recherche ergänzt werden. Der obligatorisch zu erstellende Recherchebericht soll veröffentlicht und in der Patentakte als Dokumentation des relevanten Stands der Technik abgelegt werden. Damit erhalten mit dem Patent konfrontierte Dritte und Gerichte (sowie die Anmelderinnen und Anmelder selbst) auch bei nicht vollgeprüften Patenten verlässliche Informationen dazu, ob die Erfindung neu ist und sich vom Stand der Technik ausreichend unterscheidet (auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht). Aufgrund die-

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ser Informationen lässt sich besser beurteilen, ob die Erfindung schutzfähig ist. Zwar verlieren mit der vorgeschlagenen Änderung die Schweizer KMU die Möglichkeit, ohne weiteres einfache und kostengünstige Schutztitel für ihre technischen Entwicklungen zu erhalten, wenn diese an sich nicht schutzfähig wären (weil es ihnen an Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit fehlt).

Auch gestützt auf solche Patentregistrierungen konnten bisher Konkurrentinnen und Konkurrenten abgemahnt werden. Da sich Grossunternehmen mit eigenen Rechtsabteilungen kaum von Registrierungen für schutzunfähige technische Lösungen beeindrucken lassen, gehen solche Abmahnungen in erster Linie zu Lasten anderer Schweizer KMU. Der Bundesrat muss deshalb eine Interessenabwägung vornehmen. Gemäss der aktuellsten Innovationserhebung14 der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) dürften in der Schweiz ca. 20 000 Unternehmen ­ darunter die überwiegende Mehrheit KMU ­ in Aktivitäten rund um Forschung, Entwicklung und Innovationen investieren und dadurch passiv oder aktiv mit dem Patentsystem in Berührung kommen. Davon dürften wiederum rund 1000 Unternehmen ­ in erster Linie KMU mit Fokus auf den Schweizer Markt ­ Schweizer Patente anmelden oder halten. Diese 1000 KMU, die allenfalls ein Interesse an patentrechtlich wackelig abgestützten Abmahnschreiben haben könnten, sind den verbleibenden 19 000 innovativen KMU gegenüberzustellen, die ein Interesse daran haben, dass sie nur noch mit Patenten konfrontiert werden, deren Schutzfähigkeit sie aufgrund der obligatorischen Recherche einfacher beurteilen können. Der Bundesrat erachtet aufgrund dieser Relation das Interesse der innovativen KMU insgesamt (und damit das Interesse an höherer Rechtsicherheit) als überwiegend, weshalb er die vorliegende Änderung vorschlägt.

14

­

Verzicht auf die Einführung eines Gebrauchsmusters: Im Regelfall erteilt das IGE weiterhin Patente in Form des bestehenden Schweizer Patents ­ also ohne Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit (jedoch neu ergänzt mit einer obligatorischen Recherche). Der von der Motion geforderte, nicht vollgeprüfte, kostengünstige und unkompliziert erteilte Schutztitel für KMU wird so umgesetzt bzw. beibehalten. Mit dieser Lösung erübrigt sich die Einführung eines Gebrauchsmusters.

­

Ersatz des Einspruchsverfahrens durch eine erweiterte Beschwerdemöglichkeit: Das Einspruchsverfahren wurde 2008 eingeführt, zusammen mit den Regeln für die Patentierung von biotechnologischen Erfindungen. Der Hauptgrund für dessen Einführung war der Schutz der Öffentlichkeit vor Patenten, die zu Unrecht erteilt worden sind. Das Einspruchsverfahren sollte die kostengünstige Überprüfung der Erteilungspraxis des IGE gewährleisten. Es wurde aber bisher nie in Anspruch genommen. Die Vernehmlassung hat ergeben, dass der bestehende Rechtsmittelweg von drei auf zwei Instanzen verkürzt werden soll. Vor diesem Hintergrund und vor allem auch, um das Ver-

SBFI (Hrsg.) (2020): Innovation in der Schweizer Privatwirtschaft ­ Ergebnisse der Innovationserhebung 2018. Bern. Kann abgerufen werden unter: www.sbfi.admin.ch > Publikationen und Dienstleistungen > Im Brennpunkt > Publikationsdatenbank (Stand: 9.9.2022).

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fahren effizienter zu gestalten, wird das Einspruchsverfahren durch ein erweitertes Beschwerdeverfahren ersetzt.

In Anlehnung an das bisherige Einspruchsverfahren können auch Dritte Beschwerde einreichen. Die ihnen zur Verfügung stehende Frist ist im Interesse der Verfahrensbeschleunigung kürzer als die bisherige Einspruchsfrist.

Gleichzeitig ist sie aber länger als die übliche Beschwerdefrist von dreissig Tagen (vgl. Art. 50 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196815 [VwVG]), da die Analyse eines veröffentlichten Patents durch Dritte zeitaufwendig ist. Sie können deshalb innerhalb von vier Monaten nach der Veröffentlichung des Patents Beschwerde einreichen. Gleichzeitig wird gewissen Organisationen das Recht zur ideellen Verbandsbeschwerde eingeräumt. Das Beschwerderecht soll ihnen jedoch nur unter der Voraussetzung zustehen, dass das eingetragene Patent ein Gebiet der Technik betrifft, das seit mindestens fünf Jahren von ihrem statutarischen Zweck umfasst ist.

­

Einsetzung des BPatGer als Beschwerdeinstanz gegen Verfügungen des IGE in Patentsachen: Das BPatGer soll als Beschwerdeinstanz gegen Verfügungen des IGE in Patentsachen eingesetzt werden. Es verfügt als Spezialgericht des Bundes für zivilrechtliche Patentstreitigkeiten bereits über das für die Beurteilung von Eintragungsentscheiden des IGE erforderliche rechtliche und vor allem technische Fachwissen. Der Aufbau dieses Fachwissens beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) wäre aufgrund der hohen Anforderungen sowie der relativ geringen Fallzahlen nur mit unverhältnismässigem Aufwand möglich. Entscheide des BPatGer können an das BGer weitergezogen werden.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 2020 zur Legislaturplanung 2019­202316 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 2020 über die Legislaturplanung 2019­202317 angekündigt. Die Revision wird aufgrund einer vom Parlament im Dezember 2019 angenommenen Motion durchgeführt.

Hingegen ist die Vorlage in den Jahreszielen 2022 des Bundesrates18 (vgl. Ziel Nr. 5.1) und in dem Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023­ 202519 (Band 2A, S. 203) erwähnt.

15 16 17 18 19

SR 172.021 BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 Können abgerufen werden unter: www.bk.admin.ch > Dokumentation > Führungsunterstützung > Ziele des Bundesrates 2022 (Stand: 15.8.2022).

Kann abgerufen werden unter: www.efv.admin.ch > Finanzberichte > Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan (Stand: 15.8.2022).

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1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Motion 19.3228 Hefti beauftragt den Bundesrat, einen Gesetzesentwurf zur Revision des Schweizer Patentrechts vorzulegen. Dieser Entwurf soll insbesondere eine für Benutzerinnen und Benutzer attraktive Patentprüfung, welche internationalen Standards entspricht, sowie ein effizientes und kostengünstiges Einspruchs- und Beschwerdeverfahren vorsehen. Zudem soll ein inhaltlich ungeprüftes Gebrauchsmuster eingeführt werden.

Die Anliegen der Motion werden in dieser Vorlage umgesetzt: Unternehmen und Dritte erhalten die Möglichkeit, auf ausdrücklichen Antrag hin die Prüfung sämtlicher Patentierungsvoraussetzungen beim IGE zu verlangen. Auf diese Weise wird die von der Motion verlangte Vollprüfung der nationalen Patentanmeldung eingeführt (d. h.

Überprüfung der angemeldeten Erfindung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit).

Zur Erhöhung der Rechtssicherheit wird neu jede Patentanmeldung mit einer obligatorischen Recherche ergänzt. Entscheide des IGE in Patentsachen können ans BPatGer weitergezogen werden. Damit wird dem geforderten effizienten und kostengünstigen Einspruchs- und Beschwerdeverfahren Rechnung getragen.

2

Vernehmlassungsverfahren

2.1

Generelle Bemerkungen

Die Vernehmlassung dauerte vom 14. Oktober 2020 bis zum 1. Februar 2021.

Der Bundesrat nahm am 18. August 2021 von den Ergebnissen der Vernehmlassung Kenntnis und beschloss das weitere Vorgehen. Gleichzeitig wurde der Ergebnisbericht veröffentlicht (vgl. Ziff. 2.3).

2.2

Vernehmlassungsvorlage

Zur Umsetzung der Motion sah der Vorentwurf vier zentrale Massnahmen vor: ­

Erweiterung der bisherigen Patentprüfung vor dem IGE um die beiden zentralen Prüfungsthemen Neuheit und erfinderische Tätigkeit (Vollprüfung). Der Ablauf des Prüfungsverfahrens wurde an diese Änderung angepasst.

­

Ausweitung der Einspruchsgründe im Einspruchsverfahren vor dem IGE auf die beiden neu zu prüfenden Themen.

­

Schaffung der notwendigen fachlichen Voraussetzungen für ein effizientes und kostengünstiges Beschwerdeverfahren. Das BVGer sollte über die notwendigen fachlichen Voraussetzungen verfügen, um Beschwerden gegen ablehnende Entscheide auch bezüglich der neuen Prüfungsthemen Neuheit und erfinderische Tätigkeit überprüfen zu können (Sicherstellung des patentrechtlichen und technischen Fachwissens). Diesem Bedürfnis trug der Vorentwurf mit einigen punktuellen Neuerungen Rechnung.

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­

Einführung des Gebrauchsmusters als kostengünstige Alternative zum vollgeprüften Patent. Das Gebrauchsmuster sollte ohne inhaltliche Prüfung der Erfindung rascher und kostengünstiger als ein Patent erteilt werden können.

Seine Schutzdauer sollte mit zehn Jahren die Hälfte der maximalen Laufzeit eines Patents betragen. Gleichzeitig sollte es nur für bestimmte Schutzgegenstände in Frage kommen (Erfindungen der Biotechnologie und der Pharmazie, chemische Substanzen sowie Verfahren aller Art sollten vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen werden).

Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, dass Englisch als Sprache im Anmelde- und Beschwerdeverfahren verwendet werden darf. Zudem sollte das IGE die Möglichkeit erhalten, mit internationalen und regionalen Organisationen (wie z. B. dem EPA) sowie mit nationalen Behörden und Ämtern anderer Länder zusammenzuarbeiten. Im Rahmen dieser administrativ-technischen Zusammenarbeit sollte das IGE internationale Vereinbarungen abschliessen können.

2.3

Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden stimmte der allgemeinen Stossrichtung der Vorlage zu, sah aber in den folgenden Punkten Änderungsbedarf: Einführung der Vollprüfung, Einspruchs- und Beschwerdeverfahren, Instanzenzug und Gebrauchsmuster. In der nachfolgenden Ziffer 2.4 wird dargelegt, wie die in der Vernehmlassung vorgebrachte Kritik vom Bundesrat gewürdigt und die von den Teilnehmenden vorgeschlagenen Änderungen in dieser Vorlage berücksichtigt worden sind.

Auch wird im Rahmen der Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Entwurfs (Ziff. 5) vertieft auf die Anliegen der Vernehmlassungsteilnehmenden eingegangen.

Eine ausführliche Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens ist im Vernehmlassungsbericht zu finden.20

2.4

Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vernehmlassung hat gezeigt, dass die Kantone, politischen Parteien und verschiedenen Anspruchsgruppen eine Modernisierung des Patentprüfungsverfahrens grundsätzlich begrüssen. Eine deutliche Mehrheit der Rückmeldungen stimmte der allgemeinen Stossrichtung zu, erkannte jedoch bei einigen Punkten Änderungsbedarf. Der Bundesrat wog die zu den Hauptpunkten im Rahmen der Vernehmlassung teilweise kontrovers vorgebrachten Argumente gegeneinander ab.

Nachfolgend wird dargelegt, wie die Ergebnisse der Vernehmlassung in dieser Vorlage berücksichtigt werden.

20

Die Vernehmlassungsunterlagen und der Ergebnisbericht können abgerufen werden unter: www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2020 > EJPD (Stand: 15.8.2022).

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Einführung der Vollprüfung Die Einführung eines vollgeprüften Schweizer Patents wurde mehrheitlich begrüsst.

Es gingen aber auch kritische Stellungnahmen ein, die das aktuelle System für bewährt und gut eingespielt hielten und keinen Bedarf für ein vollgeprüftes Patent erkannten. Einzelne Teilnehmende regten eine flexible Patentprüfung an, die nicht zu einem veritablen Systemwechsel führt, sondern das bewährte System durch eine Wahlmöglichkeit ergänzt.

Der Bundesrat erachtet eine flexible Patentprüfung als sinnvolle Lösung, um dem Anliegen der Motion, die Vollprüfung einzuführen, Rechnung zu tragen. Patentanmelderinnen und Patentanmelder sowie Dritte erhalten neu die Möglichkeit, beim IGE die Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit speziell zu beantragen (vgl. Art. 58b E-PatG). Ein derart vollgeprüftes Schweizer Patent ist insbesondere für KMU eine vollwertige Alternative zu einem vom EPA erteilten und auf die Schweiz ausgedehnten EP. Dadurch wird das Schweizer Patentsystem aufgewertet. Ohne Antrag bleibt es beim teilgeprüften Schweizer Patent.

Der Bundesrat möchte aber auch beim nur teilgeprüften Schutztitel mehr Rechtssicherheit schaffen, wie dies von der Motion und auch in der Vernehmlassung gefordert wurde. Daher soll neu jede Patentanmeldung durch eine obligatorische Recherche ergänzt werden (Art. 57a E-PatG). Der (veröffentlichte und in die Patentakte abgelegte) Recherchebericht dokumentiert den Stand der Technik, von welchem sich die Erfindung genügend abheben muss, um patentiert zu werden. Damit erhalten mit dem Patent konfrontierte Dritte und Gerichte (sowie die Anmelderinnen und Anmelder selbst) wertvolle Informationen dazu, ob die Erfindung neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Der Gesetzesentwurf wurde entsprechend angepasst.

Einspruchs- und Beschwerdeverfahren In einer Vielzahl von Stellungnahmen wurde der Wunsch geäussert, auf das Einspruchsverfahren vor dem IGE ganz zu verzichten, da ein Rechtsmittelweg über drei Instanzen weder sinnvoll noch nötig sei. Zudem bemängelten einige die Komplexität des Verfahrens und die daraus resultierende Dauer bzw. die voraussichtlichen Kosten (Parteikosten für die beigezogenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bzw. Patentanwältinnen und Patentanwälte).

Der Bundesrat hat sich dafür entschieden, auf das im Vorentwurf
vorgeschlagene, als zu kompliziert, langwierig und teuer kritisierte Einspruchsverfahren vor dem IGE ganz zu verzichten. Stattdessen soll eine erweiterte Beschwerdemöglichkeit für Dritte eingeführt werden. Damit wird einerseits der Rechtsmittelweg von drei auf zwei Instanzen verkürzt. Andererseits bleibt die Überprüfungsmöglichkeit für Dritte mit einem berechtigten Interesse erhalten. So trägt der Bundesrat dem Anliegen der Motion Rechnung, ein effizientes und kostengünstiges Einspruchs- und Beschwerdeverfahren vorzusehen. Der Gesetzesentwurf wurde entsprechend angepasst.

Instanzenzug Mit einer Ausnahme forderten alle sich dazu äussernden Vernehmlassungsteilnehmenden, das BPatGer (das Spezialgericht des Bundes für zivilrechtliche Patentstreitigkeiten) als Beschwerdeinstanz in Patentsachen einzusetzen. Auch das BGer regte 19 / 84

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an, diesen Instanzenzug zu prüfen. Es bezweifelte in seiner Stellungnahme, dass mit den in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagenen Änderungen die erheblichen fachlichen Anforderungen sichergestellt werden könnten, die mit einer Vollprüfung verbunden sind. Dadurch sah es die Gewährleistung der verfassungsrechtlichen Vorgaben (Art. 30 der Bundesverfassung21 [BV]) und die praktische Umsetzbarkeit eines Kernpunkts der Vorlage als gefährdet. Eine aus Vertretern der Fachverbände (AIPPI Schweiz, INGRES, VESPA, VSP) gebildete Arbeitsgruppe untermauerte die Zulässigkeit dieser Lösung mit einem von Prof. em. Rainer J. Schweizer erstellten Expertengutachten. Gestützt auf dieses Ergebnis hat der Bundesrat entschieden, die Vorlage anzupassen: Neu ist das BPatGer als Beschwerdeinstanz gegen Verfügungen des IGE in Patentsachen vorgesehen. Das BPatGer verfügt als Spezialgericht des Bundes für zivilrechtliche Patentstreitigkeiten bereits über das rechtliche und technische Fachwissen, um Eintragungsentscheide des IGE überprüfen zu können. Da das BPatGer im Patentbereich neu auch für verwaltungsrechtliche Beschwerden zuständig ist, sind auch das Patentgerichtsgesetz vom 20. März 200922 (PatGG) und weitere Erlasse an diversen Stellen anzupassen.

Gebrauchsmuster Das vorgeschlagene Gebrauchsmuster wurde von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden nicht als vollwertiger Ersatz des bisherigen teilgeprüften Patents bewertet. Dies vor allem aufgrund der Nachteile des Gebrauchsmusters gegenüber dem heutigen Schweizer Patent (insb. kürzere Schutzdauer von nur zehn Jahren und Ausschluss bestimmter Schutzgegenstände). Der Bundesrat hat diese Kritik aufgenommen und verzichtet auf die im Vorentwurf vorgeschlagene Einführung eines Gebrauchsmusters.

Um aber dennoch, wie von der Motion gefordert, einen inhaltlich nicht vollgeprüften und kostengünstigen Schutztitel für KMU zur Verfügung zu stellen, bleibt das bisherige teilgeprüfte Patent im Wesentlichen erhalten. Ohne ausdrücklichen Antrag erfolgt weiterhin keine Prüfung der Patentanmeldung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die in die Vernehmlassung geschickte Vorlage sah ein vollgeprüftes Patent einerseits und ein Gebrauchsmuster andererseits vor. Aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung wurde die Vorlage überarbeitet. Der vorliegende Entwurf verzichtet auf das Gebrauchsmuster. Er sieht stattdessen ein wie bisher teilgeprüftes Patent vor, allerdings mit optionaler Vollprüfung (d. h. inkl. Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit).

Im internationalen Vergleich ist das vollgeprüfte Patent weit verbreitet und Standard in vielen Ländern. So prüfen das EPA sowie die nationalen Patentämter in Deutsch21 22

SR 101 SR 173.41

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land, dem Vereinigten Königreich, Österreich, Japan, Südkorea, Singapur, Spanien und den Vereinigten Staaten von Amerika die Patentanmeldungen vollständig. Auch das geplante EU-Patent mit einheitlicher Wirkung soll so geprüft werden ­ durch das EPA auf der Grundlage der EPÜ 2000-Bestimmungen.23 Ein bloss teilweise geprüftes Patent ist weltweit gesehen dagegen unüblich. Es ist in vielen Aspekten mit einem Gebrauchsmuster vergleichbar (weil nicht auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit hin geprüft), weist aber auch bedeutende Unterschiede auf (so etwa die mit zwanzig Jahren längere Schutzdauer als die meisten ausländischen Gebrauchsmuster). In Europa kennen 24 Länder das Gebrauchsmuster auf nationaler Ebene: Albanien, Belarus, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Moldau, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Serbien, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, die Ukraine und Ungarn. Demgegenüber schützen Belgien, das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Schweden nur Patente und keine Gebrauchsmuster. Beim EPA, das nur Patentanmeldungen behandelt, kann kein Gebrauchsmuster eingereicht und erteilt werden. In der restlichen Welt werden Gebrauchsmuster in 73 Ländern geschützt, darunter in folgenden Staaten: Argentinien, Australien, Brasilien, China, Ghana, Indonesien, Japan, Kasachstan, Südkorea, Malaysia, Mexiko, Philippinen, Russland, Thailand, Türkei und Vietnam. Grosse Märkte wie die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada oder Indien kennen hingegen kein Gebrauchsmuster.

Viele europäische Länder wie beispielsweise Deutschland, Frankreich oder Österreich führen Einspruchsverfahren durch. Es ist jedoch keineswegs unüblich darauf zu verzichten. So ist es im Vereinigten Königreich für Dritte zwar möglich, vor der Patenteintragung Einreden geltend zu machen ­ auch der Widerruf eines erteilten Patents ist ähnlich dem hiesigen Beschwerdeverfahren möglich ­, ein Einspruchsverfahren existiert jedoch nicht.

Die Zuständigkeit des BPatGer für zivil- und neu auch für verwaltungsrechtliche Angelegenheiten ist im europäischen Umfeld kein Sonderfall. So ist es in den grossen europäischen Patentgerichtsbarkeiten üblich, dass ein einziges (Spezial-)Gericht Beschwerden sowohl gegen Verfügungen der Erteilungsbehörde als auch
zivilrechtliche Klagen beurteilt. In Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Dänemark, Irland, Portugal und Schweden entscheidet jeweils dasselbe Gericht über zivilund verwaltungsrechtliche Patentsachen.24

23

24

Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes, ABl. L 361 vom 31.12.2012, S. 1.

European Patent Academy (2019): Patentlitigation in Europe, An overview of national law and practice in the EPC contracting states. 5th edition. München, S. 35­36, 41, 57, 61­62, 77, 123, 135. Kann abgerufen werden unter: www.epo.org > Learning > Materials & programmes > For lawyers and patent attorneys > Patent litigation in Europe (Stand: 15.8.2022).

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4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Die vorliegende Revision hat zum Ziel, den Anmelderinnen und Anmeldern ein zeitgemässes Schweizer Patentsystem zur Verfügung zu stellen. Das bestehende System, das sich bewährt hat, soll beibehalten und flexibler ausgestaltet werden. Wie bisher soll das IGE eine Patentanmeldung grundsätzlich nicht auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit prüfen. Damit steht Unternehmen nach wie vor ein nicht vollgeprüfter, jedoch kostengünstiger Schutztitel zur Verfügung. Neu soll ihnen aber auch offenstehen, die Prüfung sämtlicher Patentierungsvoraussetzungen (v. a. Neuheit und erfinderische Tätigkeit) beim IGE zu beantragen. Nur auf einen solchen besonderen Antrag hin wird das Patent zum vollgeprüften Schweizer Patent und so zur vollwertigen Alternative zu einem vom EPA erteilten und auf die Schweiz ausgedehnten EP. Die neu vorgeschlagene Vollprüfung entspricht internationalen Standards. Sie führt zu einer Angleichung an das EPÜ 2000-System und die Systeme der meisten EPÜ 2000-Mitgliedstaaten sowie vieler Staaten weltweit. Als Alternative zum vollgeprüften EP können Unternehmen neu also auch ein vollgeprüftes Schweizer Patent beantragen. Dieses Angebot ist insbesondere für KMU wichtig, die an einem verlässlichen lokalen Patentschutz interessiert sind.

Dieses duale System führt zu mehr Auswahlmöglichkeiten für Unternehmen. Damit können sie ihre Schutzstrategie besser auf ihre wirtschaftlichen Bedürfnisse und Möglichkeiten ausrichten. Die Attraktivität des Innovationsstandorts Schweiz wird aufgewertet.

4.1.1

Fakultative Vollprüfung von Schweizer Patenten

Neuheit und erfinderische Tätigkeit sind die zentralen materiellen Voraussetzungen für die Patentierbarkeit einer Erfindung. Diese beiden eng miteinander verknüpften Prüfkriterien stellen sicher, dass nur innovative Leistungen mit einem Ausschliesslichkeitsrecht (Patent) belohnt werden. Eine Erfindung ist dann neu, wenn sie nicht zum bekannten Wissen gehört, also dem sogenannten Stand der Technik (Art. 7 Abs. 1 PatG). Patente sollen aber auch einen Beitrag zum Fortschritt auf dem jeweiligen Technikgebiet leisten. Deshalb rechtfertigt nicht jede noch so kleine Abweichung vom Stand der Technik die Erteilung eines Patents. Um echte Innovation zu gewährleisten, verlangt das PatG als Ergänzung zur Neuheit deshalb das «Nicht-Naheliegen» der Erfindung: Was sich in naheliegender Weise aus dem bekannten Wissenstand ergibt, ist keine patentierbare Erfindung (Art. 1 Abs. 2 PatG). Diese auch erfinderische Tätigkeit genannte Patentierungsvoraussetzung (so Art. 52 Abs. (1) EPÜ 2000; früher oft «Erfindungshöhe» genannt) sorgt dafür, dass nur Erfindungen Patentschutz erhalten, die sich ausreichend vom bekannten Stand der Technik unterscheiden.

Bisher überprüft das IGE Patentanmeldungen nicht auf diese beiden Elemente (Art. 59 Abs. 4 PatG). Die vorliegende Revision hat zum Ziel, den Anmelderinnen und Anmeldern ein zeitgemässes Schweizer Patentsystem zur Verfügung zu stellen.

Erreicht werden soll dies primär über die Einführung der Vollprüfung, d. h. einer Patentprüfung, die auch Neuheit und erfinderische Tätigkeit umfasst. Der Vorentwurf 22 / 84

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sah die Vollprüfung obligatorisch für alle Schweizer Patentanmeldungen vor. Als Ersatz für das bisherige teilgeprüfte Patent war die Einführung eines Gebrauchsmusters vorgesehen. Die Vernehmlassungsteilnehmenden haben sich jedoch überwiegend gegen die Einführung eines Gebrauchsmusters und für die Beibehaltung des aus ihrer Sicht bewährten heutigen teilgeprüften Patents ausgesprochen.

Der vorliegende Entwurf kombiniert die Modernisierung der Patentprüfung mit dem Wunsch, das Bewährte des Schweizer Patentsystems beizubehalten, indem eine fakultative Vollprüfung eingeführt wird. Damit bleibt ein teilgeprüftes Patent der Normalfall. Eine Anmeldung kann auf Wunsch aber auch auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit geprüft werden, wodurch ein mit anderen Ländern vergleichbares vollgeprüftes Patent erhältlich ist.

Der Systemwechsel zur fakultativen Vollprüfung erfordert an verschiedenen Stellen Anpassungen des PatG. Zum einen müssen die Prüfkriterien angepasst werden. Unter geltendem Recht sind Neuheit und erfinderische Tätigkeit wie erwähnt zwar bereits Voraussetzungen für die Rechtsbeständigkeit (Art. 7 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 2 PatG), das IGE darf sie aber aufgrund von Artikel 59 Absatz 4 PatG explizit nicht prüfen.

Die Anpassung der Prüfkriterien hat zudem Auswirkungen darauf, ob und wie das IGE den Stand der Technik ermittelt. Ohne Klarheit über den Stand der Technik können Neuheit und erfinderische Tätigkeit nicht beurteilt werden. Folglich sind auch in diesem Bereich die Bestimmungen an den Systemwechsel anzupassen. Über die eigentliche Prüfung hinaus müssen schliesslich auch die Schnittstellen zum PCT angepasst werden, z. B. beim Übergang von PCT-Anmeldungen in die nationale Phase (bei der ja neu die Vollprüfung beantragt werden kann). Hingegen sind die Einzelheiten der von der Motion Hefti geforderten schnellen und flexiblen Patentprüfung weitgehend auf Stufe des Ausführungsrechts (PatV) umzusetzen. Hierfür wird das PatG mit den entsprechenden Delegationsnormen versehen.

Im Einzelnen bedeutet dies: ­

Artikel 59 Absatz 4 PatG untersagt dem IGE zu prüfen, ob eine als Patent angemeldete Erfindung neu ist und sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt; mit anderen Worten, ob sie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Der vorliegende Entwurf ergänzt diese Bestimmung mit der Möglichkeit, einen Antrag auf vollständige Prüfung zu stellen (Art. 58b Abs. 2 E-PatG). Wird er gestellt, muss das IGE als Prüf- und Erteilungsbehörde neu Patentanmeldungen inhaltlich vollständig prüfen.

­

Die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit ist nur möglich, wenn der Stand der Technik bekannt ist (vgl. Art. 1 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 1 PatG). Dieser wird durch eine Recherche ermittelt und im Bericht zum Stand der Technik festgehalten. Das geltende Recht kennt keine obligatorische Recherche. Anmelderinnen und Anmelder sowie unter gewissen Umständen auch Dritte können jedoch vom IGE gegen Gebühr die Durchführung einer (fakultativen) Recherche verlangen. Mit dem Wechsel zur fakultativen Vollprüfung wird dagegen eine obligatorische Recherche notwendig. Diese dient einerseits den Antragstellerinnen und Antragstellern als Grundlage für den Antrag auf Vollprüfung, andererseits dem IGE als Ausgangspunkt für die Patentprüfung. Die Bestimmungen zur fakultativen Recherche in Artikel 59 Ab23 / 84

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satz 5 Buchstabe a und Absatz 6 PatG werden deshalb gestrichen. Dafür wird der neue Artikel 57a E-PatG eingeführt, der Erstellung und Veröffentlichung des obligatorischen Rechercheberichts regelt.

25

­

Das IGE soll neu die Recherchen für Schweizer Patente durchführen. Es behält dadurch die Verfahrenshoheit, was sich positiv auf die Effizienz des Prüfungsverfahrens auswirken wird. Aufgrund der bisherigen Recherchetätigkeit ist es dazu fachlich in der Lage. Damit entfällt Artikel 59 Absatz 5 Buchstabe b PatG, der Recherchen internationaler Art beim EPA zulässt. Dem IGE verbleibt aber die Möglichkeit, nach eigenem Ermessen und bedarfsgerecht im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit Recherchen bei ausländischen Patentämtern durchführen zu lassen (vgl. Art. 2 Abs. 3 und 3bis des Entwurfs zur Änderung des Bundesgesetzes vom 24. März 199525 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum [E-IGEG]).

­

Der neue Artikel 58b E-PatG regelt den Antrag auf Vollprüfung. Nach Erhalt des Rechercheberichts können die Anmelderinnen und Anmelder zunächst entscheiden, ob sie die Patentanmeldung überhaupt weiterverfolgen möchten.

In diesem Fall müssen sie den Antrag auf Durchführung der Sachprüfung stellen. Neu können sie gegen Bezahlung einer entsprechenden Gebühr auch beantragen, dass das Patent vollständig geprüft wird (Art. 58b Abs. 2 E-PatG).

Diese Regelung gibt den Anmelderinnen und Anmeldern maximale Flexibilität. Der Antrag auf Vollprüfung kann aber auch von Dritten gestellt werden.

Auf diese Weise können Dritte, denen das aus der Patentanmeldung hervorgehende Patent später entgegengehalten werden könnte, bereits im Stadium der Anmeldung Neuheit und erfinderische Tätigkeit überprüfen lassen und nicht erst in einem späteren Nichtigkeitsprozess vor dem BPatGer. Das erhöht die Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Dritte werden dadurch jedoch nicht Verfahrensbeteiligte (Art. 58b Abs. 5 E-PatG). Die Frist für den Antrag auf Vollprüfung beträgt sechs Monate ab Publikation des Rechercheberichts (oder der Verzichtsmitteilung) durch das IGE (Art. 58b Abs. 3 E-PatG). So haben Dritte genügend Zeit, auf für sie relevante Patentanmeldungen aufmerksam zu werden, die zum Teil inhaltlich komplexen Unterlagen zu analysieren und den Antrag auf Vollprüfung zu stellen. Die Anmelderinnen und Anmelder ihrerseits können den Antrag bereits früher stellen. Wollen sie möglichst schnell ein Patent erhalten, können sie selbst die Vollprüfung beantragen. Zudem wird die zu revidierende PatV vorsehen, dass sie sowohl eine Beschleunigung der Recherche als auch eine beschleunigte Sachprüfung beantragen können.

­

Artikel 139 E-PatG präzisiert die Schnittstelle des PatG zum PCT, insbesondere den Eintritt von PCT-Anmeldungen in die nationale Phase. Namentlich regelt er die Veröffentlichung des ergänzenden Berichts über den Stand der Technik. Dadurch, dass die Antragsfrist für die Vollprüfung an die Veröffentlichung des (ergänzenden) Berichts über den Stand der Technik durch das IGE oder den Hinweis auf den Verzicht hierauf geknüpft ist (Art. 58b Abs. 3 E-PatG), wird sichergestellt, dass die Frist auch bei zeitlich verzögertem oder vorgezogenem Eintritt in die nationale Phase stets sechs Monate beträgt.

SR 172.010.31

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Artikel 2 Absätze 3 und 3bis E-IGEG regeln die Zusammenarbeit mit internationalen und regionalen Organisationen sowie mit Behörden und Ämtern anderer Länder. Die vorliegende Revision räumt dem IGE damit den nötigen Handlungsspielraum ein, um in Umsetzung seines gesetzlichen Auftrags (Art. 2 Abs. 1 Bst. d­f IGEG) bei Bedarf mit nationalen oder regionalen Behörden bzw. Organisationen, die für geistiges Eigentum zuständig sind, aber auch mit multilateralen Organisationen wie der WIPO, Vereinbarungen administrativ-technischer Art zu treffen. Als Beitrag zur Verfahrenseffizienz oder aus Ressourcengründen könnten dadurch z. B. Recherche- und Prüfergebnisse ausgetauscht und gegenseitig genutzt werden.

­

Verschiedene Details zur Umsetzung der Revision, wie etwa Fragen zum Prüfungszeitpunkt, zur Prüfungsgebühr oder zur Möglichkeit, eine beschleunigte Sachprüfung oder eine beschleunigte Recherche zu beantragen, sind dagegen nicht im revidierten PatG, sondern wie bisher auf Verordnungsstufe zu regeln.

Im Rahmen der vorliegenden Gesetzesrevision schafft der Gesetzgeber die hierfür notwendigen Rechtsgrundlagen.

4.1.2

Einspruchs- und Beschwerdeverfahren

Eine lange Verfahrensdauer entspricht nicht der mit der Vorlage angestrebten Steigerung der Attraktivität des Patentsystems. Der Rechtsmittelweg über drei Instanzen wird deshalb um eine Instanz verkürzt. Das Einspruchsverfahren vor dem IGE, das seit seiner Einführung 2008 nicht ein einziges Mal in Anspruch genommen wurde, entfällt. Resultat ist ein direkter Beschwerdeweg an ein Gericht, was das Rechtsmittelverfahren abkürzt und komplizierte Verfahren vor dem IGE vermeidet.

Neu ist das BPatGer erste Instanz für Beschwerden gegen Verfügungen des IGE mit der Möglichkeit des Weiterzugs der Beschwerde an das BGer. Damit können Patentanmelderinnen und Patentanmelder nach Artikel 48 Absatz 1 VwVG gegen eine Verfügung des IGE innerhalb von dreissig Tagen nach deren Eröffnung Beschwerde beim BPatGer einreichen. Für Personen, die weder als Partei noch auf andere Weise am Patenterteilungsverfahren beteiligt sind (sog. Dritte), werden weitergehende Möglichkeiten geschaffen, Patenterteilungen überprüfen zu lassen. Dabei müssen sie nicht, wie im allgemeinen Beschwerderecht üblich, am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen haben. Für solche Dritte war das bisherige Einspruchsverfahren vor allem für die Durchsetzung ideeller Interessen relevant: Es sollte ihnen ermöglichen, Patente in gesellschaftspolitisch heiklen Bereichen wie Biotechnologie überprüfen zu lassen.

Um diesen Interessen auch weiterhin Rechnung zu tragen, verleiht Artikel 59cbis E-PatG Organisationen ein Recht zur ideellen Verbandsbeschwerde nach Artikel 48 Absatz 2 VwVG. Organisationen sind dann beschwerdeberechtigt, wenn sie gesamtschweizerisch tätig sind und rein ideelle Zwecke verfolgen; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen dem Erreichen dieser ideellen Zwecke dienen. Das Beschwerderecht steht ihnen jedoch nur unter der Voraussetzung zu, dass das eingetragene Patent ein Gebiet der Technik betrifft, das seit mindestens fünf Jahren von ihrem statutarischen Zweck umfasst ist. Die Beschwerdefrist für solche Beschwerden wird auf vier Monate verlängert und läuft ab Veröffentlichung der Patenteintragung.

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4.1.3

Instanzenzug

Verfügungen des IGE, die in Anwendung des Patentgesetzes ergehen, werden im Beschwerdeverfahren neu vom BPatGer beurteilt. Diese spezialgerichtliche Zuständigkeit schlägt der Bundesrat gestützt auf die Ergebnisse im Vernehmlassungsverfahren vor. Damit weicht er von der ursprünglichen Vorlage ab, wonach weiterhin das BVGer für diese Beschwerden zuständig gewesen wäre.

Das Vernehmlassungsverfahren hat gezeigt, dass die darin vorgeschlagenen punktuellen Neuerungen die fachlichen Anforderungen an die Rechtsmittelinstanz nicht ausreichend sicherzustellen vermögen. Mit Blick auf den gesetzgeberischen Willen zur Totalrevision der Bundesrechtspflege sah der Bundesrat jedoch keine Möglichkeit, weitere Massnahmen zur Steigerung des technischen und patentrechtlichen Fachwissens am BVGer vorzuschlagen. So zeigte sich insbesondere ein Einsatz von nebenamtlichen Fachrichterinnen und Fachrichtern am BVGer als nicht umsetzbar. Anlässlich der Totalrevision der Bundesrechtspflege hielt der Gesetzgeber fest, der Beizug von nebenamtlichen Richterinnen und Richtern sei nur für Spezialverwaltungsgerichte, die in einem eng begrenzten Sachbereich zuständig sind, richtig. In solchen Fällen könne Spezialwissen nutzbar gemacht werden, indem Personen aus dem beruflichen Umfeld des entsprechenden Sachbereichs gewählt werden.26 Das Patentrecht ist ein derart sachlich begrenzter Bereich. Mit der Schaffung des BPatGer besteht in diesem Bereich seit dem 1. Januar 2012 bereits ein solches Spezialgericht, welches durch nebenamtliche Richterinnen und Richter über das nötige Fachwissen im Patentbereich verfügt. Bisher beschränkt sich seine Zuständigkeit auf zivilrechtliche Streitigkeiten. Im Rahmen dieser Zuständigkeit befasst sich das BPatGer dauernd mit Rechts- und Tatfragen zu den Themen Neuheit und erfinderische Tätigkeit (z. B. bei Nichtigkeitsklagen gegen Patente). Damit verfügt es zweifellos über das Fachwissen und die Kompetenz, auch als Rechtsmittelinstanz in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren über diese beiden neuen Prüfungsthemen zu urteilen. Der Gesetzesentwurf sieht daher vor, die Zuständigkeit des BPatGer auf verwaltungsrechtliche Beschwerden gegen Verfügungen des IGE im Patentbereich auszuweiten.

4.1.4

Verwendung von Englisch im Anmeldeund Prüfungsverfahren

Weltweit ist Englisch die Referenzsprache von Forschung und Technik (und damit auch der Patentdokumentation). Patentanmelderinnen und Patentanmelder haben somit ein grosses Interesse daran, im internationalen Kontext erstellte und in Umlauf gebrachte Dokumente ins Patenterteilungsverfahren einzubringen. Werden solche Dokumente übersetzt, fallen nicht nur Kosten an. Durch die Übersetzung können sich auch Fehler und Ungenauigkeiten einschleichen, welche die Transparenz und damit die Rechtssicherheit gefährden. Die vorliegende Revision trägt diesen Umständen 26

Botschaft vom 28 Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege; BBl 2001 4202, hier 4380­4381.

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durch eine möglichst weitgehende Zulassung der englischen Sprache im gesamten Verfahren zur Erteilung eines Patents vor dem IGE Rechnung.

4.1.5

Verstärkte internationale Zusammenarbeit auf administrativ-technischer Ebene

Die internationale Zusammenarbeit ist im Bereich des geistigen Eigentums wichtig.

Mit ihr können die beteiligten Länder und ihre für Immaterialgüterrechte zuständigen Behörden Synergien nutzen sowie Abläufe harmonisieren. So arbeiten z. B. Patentämter in Patenterteilungsverfahren verstärkt international zusammen. Diese Zusammenarbeit bietet den Vorteil, dass Recherche- und Prüfergebnisse geteilt und so auch im nationalen Verfahren genutzt werden können.

Das IGE soll deshalb die Möglichkeit erhalten, mit internationalen und regionalen Organisationen (wie z. B. dem EPA) sowie mit nationalen Behörden und Ämtern bei Bedarf entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Die vorliegende Revision betrifft Bereiche, in denen die Zusammenarbeit mit ausländischen Patentämtern oder Organisationen für die Patentanmelderinnen und Patentanmelder in der Schweiz Vorteile bieten kann (z. B. Austausch und Nutzung von Arbeitsergebnissen im Rahmen der Patentprüfung oder von Berichten über den Stand der Technik).

4.1.6

Übrige Revisionspunkte

Einheitlichkeitserfordernis in Verfahren nach Patenterteilung Grundsätzlich darf jeder unabhängige Patentanspruch nur eine einzige Erfindung definieren; wobei besondere Ausführungsarten durch abhängige Patentansprüche umschrieben werden können. Unter geltendem Recht gilt das Einheitlichkeitserfordernis zunächst für die Patentanmeldung (Art. 52 und 55 PatG), wo es häufig zur Anwendung kommt. Weiter gilt es auch für spätere Änderungen am Patent, etwa im Rahmen eines Teilverzichts (Art. 25 PatG), einer teilweisen Nichtigkeit (Art. 27 Abs. 3 PatG) oder einer Teilabtretung (Art. 30 Abs. 2 PatG). In diesen nachgelagerten Verfahren sind Anwendungsfälle äusserst selten. Auch der ursprünglich damit verfolgte Zweck, nämlich genügend Gebühreneinnahmen für das IGE sicherzustellen, wird nicht erreicht.

Die Revision hebt deshalb das Einheitlichkeitserfordernis im Rahmen von Teilverzichten, teilweiser Nichtigkeit sowie Teilabtretungen auf. Wird ein Patent als Folge z. B. eines Teilverzichts nachträglich uneinheitlich, müssen die Inhaberinnen und Inhaber für die uneinheitlichen Ansprüche keine neuen Patente mehr errichten. Ihnen entfallen unter Umständen erhebliche Kosten, was das Patentsystem für sie attraktiver macht. Gleichzeitig wird damit die Schweizer Regelung an das EPÜ 2000 angepasst.

Bereits heute wird die überwiegende Anzahl der in der Schweiz gültigen Patente vom EPA erteilt (ca. 95 %), ohne dass nach der Erteilung das Einheitlichkeitserfordernis berücksichtigt würde.

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Für Teilabtretungen (Art. 30 Abs. 2 PatG) bedarf es aber weiterhin der Möglichkeit zur Errichtung neuer Patente. Hier muss gewährleistet sein, dass ursprüngliche Patentinhaberinnen und Patentinhaber, wenn sie aufgrund einer Abtretungsklage einen Teil des Patents abtreten müssen, für die ihnen verbleibenden Ansprüche neue Patente errichten können (ihnen also keine Patentansprüche verloren gehen). Hierfür wird eine dem bisher für den Teilverzicht in Artikel 25 PatG enthaltenen Mechanismus angeglichene Regel vorgesehen (Art. 30 Abs. 2 und 3 E-PatG).

Nichtigkeitsgründe und Teilverzicht Die Einschränkung eines Patents ist u. a. im Rahmen einer Nichtigkeitsklage, durch Teilverzichtserklärung oder aber im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens möglich.

Die Rechtssicherheit erfordert, dass solche Einschränkungen in allen Verfahren einheitlich beurteilt werden. Um dies zu gewährleisten, wird in diesem Zusammenhang die (unzulässige) Erweiterung des Schutzbereichs eines Patents neu als Nichtigkeitsgrund explizit im PatG verankert (Art. 26 Abs. 1 Bst. cbis E-PatG).

Des Weiteren werden die Voraussetzungen für einen Teilverzicht an diejenigen des EPÜ 2000 angeglichen. Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe c PatG wird entsprechend revidiert.

Änderung der Gliederung des PatG Die Gliederung des PatG wird geändert, um über eine klarere Struktur die Übersichtlichkeit zu erhöhen. Das Gesetz hat nun für jedes Schutzrecht einen eigenen Titel.

Vorschriften, die zum jeweiligen Schutzrecht gehören, werden in Kapiteln und Abschnitten geregelt.

Änderungen redaktioneller Natur In die vorliegende Revision werden auch weitere formelle Änderungen des PatG aufgenommen, welche die Motion Hefti nicht verlangt. Es handelt sich überwiegend um Begriffsänderungen oder Präzisierungen redaktioneller Art in der deutschen, französischen und italienischen Gesetzesfassung. Beispielsweise wird im deutschen Text «Patentbewerber» durch den moderneren Begriff «Anmelder» ersetzt. In der französischen Gesetzesfassung wird u. a. die Futurform von Verben in das Präsens geändert gemäss den Vorgaben im «Guide linguistique des lois et ordonnances de la Confédération»27. Der Begriff «Zurückweisung» wird präzisiert durch «Nichteintreten» als Folge bei formellen Mängeln und «Abweisung» bei materiellen Mängeln einer Anmeldung. Diese anlässlich der letzten Revision
der PatV vorgenommene begriffliche Anpassung erfolgt nun auch im PatG. Schliesslich werden bestimmte Vorschriften zum Erteilungsverfahren und zur Veröffentlichung aus dem PatG in die PatV überführt, abgestimmt auf das Markenschutzgesetz vom 28. August 199228 (MSchG) und das Designgesetz vom 5. Oktober 200129 (DesG).

27

28 29

Kann abgerufen werden unter: www.bk.admin.ch > Documentation > Langues > Aides à la rédaction et à la traduction > Guide linguistique des lois et ordonnances de la Confédération (Stand: 15.8.2022).

SR 232.11 SR 232.12

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Anpassung des IGEG an die Grundsätze der Corporate Governance Die Vorlage wurde nach der Vernehmlassung ergänzt, um den Ergebnissen des Berichts des Bundesrates vom 26. Mai 2021 zur Eignerstrategie für die verselbstständigten Einheiten des Bundes30 Rechnung zu tragen. In diesem Bericht stellt der Bundesrat fest, dass das IGE als einzige verselbstständigte Verwaltungseinheit bisher keine strategischen Ziele erhalten hat. Die bestehenden Rechtsgrundlagen in Artikel 9 IGEG und Artikel 8 Absatz 5 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199731 (RVOG) wurden zwar als genügend erachtet, um dem IGE bereits per 1. Juli 2022 strategische Ziele für die Jahre 2022­2026 zu geben. Der Bundesrat hielt aber auch fest, dass die rechtlichen Grundlagen des IGE bei nächster Gelegenheit zu überprüfen und an die Grundsätze der Corporate Governance des Bundes anzupassen seien.

Mit der vorliegenden Revision bietet sich die Gelegenheit, die dringendsten Änderungen im IGEG vorzunehmen und insbesondere eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für strategische Ziele des Bundesrates vorzusehen. Beim IGE handelt es sich um eine verselbstständigte Verwaltungseinheit, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringt. Deshalb orientiert sich die vorgeschlagene Regelung an den Rechtsgrundlagen anderer vergleichbarer Verwaltungseinheiten wie dem Eidgenössischen Institut für Metrologie (METAS) oder der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse).

4.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Ziel der Vorlage ist es, die vom Parlament angenommene Motion Hefti umzusetzen.

So werden insbesondere Regelungen vorgeschlagen, die eine Vollprüfung des Schweizer Patents (inkl. Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit) und parallel dazu ein nicht vollgeprüftes Schutzrecht vorsehen. Zudem wird neu jede Patentanmeldung durch eine obligatorische Recherche ergänzt. Gleichzeitig wird das Einspruchs- und Beschwerdeverfahren angepasst.

Der Entwurf sieht keine Änderung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen vor. Die vorgeschlagenen Anpassungen sind überwiegend von der beim Bund für das Immaterialgüterrecht zuständigen Behörde, dem IGE, zu vollziehen: Wie bisher wird eine Patentanmeldung, unabhängig davon, ob es sich um eine Voll- oder eine Teilprüfung handelt, beim IGE eingereicht und geprüft. Die obligatorische Recherche wird ebenfalls vom IGE durchgeführt. Die dadurch anfallenden Kosten werden zur Hauptsache über Gebühren finanziert. Der damit verbundene Mehraufwand geht vollständig zulasten des personell und finanziell unabhängigen IGE. Für den Bund und die Kantone ergibt sich kein Mehraufwand.

Bei vollgeprüften Patenten werden mit der Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit auch die Beschwerdegründe erweitert. Beschwerden gegen Verfügungen des IGE in Patentsachen dürften daher zunehmen. Das neu dafür zuständige BPatGer 30 31

Kann abgerufen werden unter: www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bundesrat verabschiedet Postulatsbericht zur Corporate Governance (Stand: 8.9.2022).

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hat damit wohl einen Mehraufwand zu gewärtigen (gegenüber dem bisher beim BVGer als Beschwerdeinstanz angefallenen Aufwand). Dieser kann zu einem Teil durch die Gebühren des Beschwerdeverfahrens gedeckt werden. Die Vorlage sieht vor, dass der nicht durch Gebühren gedeckte Aufwand vollständig zulasten des Bundeshaushalts geht.

4.3

Umsetzungsfragen

Die vorgeschlagenen Änderungen sind überwiegend von der beim Bund für das Immaterialgüterrecht zuständigen Behörde, dem IGE, zu vollziehen. Die Bestimmungen zur Vollprüfung und zur obligatorischen Recherche erfordern Ausführungsbestimmungen in der PatV. Dasselbe gilt für diejenigen Angaben, die in das Patentregister (Art. 60 Abs. 2 E-PatG), in das Register für ergänzende Schutzzertifikate (Art. 140l E-PatG) und in die Patentschrift (Art. 63 Abs. 2 E-PatG) aufzunehmen sind. Gleich wie beim Patent (Art. 41 PatG) werden die Gebühren zum ergänzenden Schutzzertifikat (ESZ; Art. 140h E-PatG) ebenfalls in der PatV geregelt. Die übrigen Änderungen bedingen nur geringfügige Anpassungen der Verordnung und haben keine nennenswerten Auswirkungen auf den heutigen Vollzug des PatG durch das IGE.

Neben dem IGE wird auch das BPatGer als Beschwerdeinstanz für Verfügungen des IGE in Patentsachen von den Änderungen betroffen sein. Bei der Umsetzung der erweiterten Zuständigkeit des BPatGer als verwaltungsrechtliche Beschwerdeinstanz im Patentbereich stellen sich folgende Fragen: Anwendbares Verfahrensrecht Für Beschwerdeverfahren vor dem BPatGer gelten im Grundsatz die gleichen Verfahrensvorschriften wie für Verfahren vor dem BVGer. Subsidiär zu den Bestimmungen des PatGG und des PatG richtet sich das Verfahren nach den Bestimmungen des 3. und 4. Kapitels des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200532 (VGG) und ­ über den Verweis von Artikel 37 VGG ­ nach den Bestimmungen des VwVG.

Im Sinne einer einheitlichen verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung enthält das PatGG damit nur wenige, sachlich begründete Spezialregelungen.

Weitergehende Regelungen, die z. B. auf eine Koordination mit der Praxis des BVGer in Fragen des Verfahrensrechts abzielen würden, werden demgegenüber ­ und mit Blick auf die verfassungsmässigen Vorgaben betreffend die Unabhängigkeit der Gerichte ­ nicht vorgeschlagen. Es bleibt letztlich die Aufgabe des BGer (als oberste rechtsprechende Behörde des Bundes) mit seinen Urteilen sicherzustellen, dass das Bundesrecht richtig und einheitlich angewendet wird.

Organisation und Struktur des Bundespatentgerichts An der heutigen Organisation und Struktur des Gerichts wird festgehalten. Das bedeutet in erster Linie, dass in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren die gleichen Regeln für die Spruchkörperbildung gelten, die sich für zivilrechtliche Streitigkeiten vor dem BPatGer bewährt haben. Es sind also auch in verwaltungsrechtlichen 32

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Beschwerdeverfahren technisch ausgebildete Richterinnen und Richter im Spruchköper vertreten. Damit wird das spezialisierte Fachwissen im Patentbereich auch im Spruchkörper als Beschwerdeinstanz des IGE sichergestellt, womit eines der zentralen Anliegen aus dem Vernehmlassungsverfahren umgesetzt wird.

Des Weiteren bedeutet ein Festhalten an der bestehenden Organisation und Struktur des BPatGer, dass das Gericht nicht in zwei Fachabteilungen unterteilt wird, wie dies bei grösseren Gerichten üblich ist. Dies erscheint mit Blick auf die Grösse des Gerichts und die geschätzten Fallzahlen (vgl. Ziff. 6.2.1) als sachgerecht. Unmittelbare Anforderungen an die Ausgestaltung und Organisation richterlicher Behörden ergeben sich im Übrigen weder aus den verfassungsrechtlichen Ansprüchen (insb.

Art. 29a, 30 und 191a Abs. 2 BV) noch aus den Leitplanken des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200533 (BGG). Unter Vorbehalt der einschlägigen Ausstandsbestimmungen können damit sämtliche Richterinnen und Richter sowohl in Zivil- als auch in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren dem Spruchkörper angehören.

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Patentgesetz vom 25. Juni 1954

5.1.1

Allgemeine Erläuterungen

Struktur und Gliederung Die Struktur und die Gliederung des PatG werden an die aktuellen Vorgaben der Gesetzestechnischen Richtlinien34 des Bundes angepasst. Zudem erfolgt eine Angleichung des deutschen Textes an die französischen und italienischen Textversionen.

Neu werden die einzelnen Schutztitel auf Ebene der Gesetzestitel genannt, was auch einer logischeren Gliederung entspricht. Aufgrund der neuen Struktur muss die Nummerierung in gewissen Marginalien angepasst werden.

Terminologie Im ganzen Erlass werden die veralteten Begriffe «Erfindungspatent» durch «Patent», «Patentbewerber» und «Bewerber» durch «Anmelder» sowie «Patentgesuch» durch «Patentanmeldung» ersetzt, mit den nötigen grammatikalischen Anpassungen. In Artikel 57 werden auch die Begriffe «Gesuch» und «Teilgesuch» durch «Anmeldung» und «Teilanmeldung» ersetzt. Zudem wird in den Artikeln 7, 50a und 57 in Angleichung der Terminologie an bestehende Artikel der Satzteil «in der ursprünglich eingereichten Fassung» durch «in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung» ersetzt, mit den nötigen grammatikalischen Anpassungen. Es handelt sich um redaktionelle Änderungen.

33 34

SR 173.110 Können abgerufen werden unter: www.bk.admin.ch > Dokumentation > Rechtsetzungsbegleitung > Gesetzestechnische Richtlinien GTR (Stand: 16.8.2022).

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Um in der französischen Fassung zwischen Anmelderinnen und Anmeldern sowie Klägerinnen und Klägern zu unterscheiden, wird in den Artikeln 30, 37 und 74 «demandeur» durch «demandeur au civil» ersetzt.

Das IGE führt für die ESZ als eigenständige Schutzrechte sui generis ein eigenes Register. Dies wird im PatG entsprechend festgehalten. Diese redaktionelle Änderung betrifft verschiedene Bestimmungen des PatG und wird in den betreffenden Artikeln mittels Generalanweisung vollzogen: In den Artikeln 140g, 140l Absatz 1, 140p und 140s Absatz 1 wird der Begriff «Patentregister» durch «Register für ergänzende Schutzzertifikate» ersetzt.

Zeitform Im französischen Text wird die Zukunftsform des Verbs ersetzt durch die Präsensform.

Sprachliche Anpassungen Im französischen Text wird die Schreibweise von «Institut Fédéral de la Propriété Intellectuelle» geändert (neu: Grossschreibung). Gross geschrieben werden auch die Begriffe «Convention» und «Traité».

5.1.2

Die Bestimmungen im Einzelnen

Titel Der aktuelle Gesetzestitel verweist lediglich auf Patente (Bundesgesetz über die Erfindungspatente, Patentgesetz). Zur Präzisierung wird er mit den ergänzenden Schutzzertifikaten ergänzt. Damit wird der Titel demjenigen des MSchG angepasst, der auch sämtliche darin geregelten Schutzrechte erwähnt (Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben). Gleichzeitig wird der veraltete Begriff «Erfindungspatent» durch «Patent» ersetzt. Es handelt sich um redaktionelle Änderungen.

Ersatz von Ausdrücken Vgl. die Erläuterungen unter Ziffer 5.1.1 Terminologie.

Art. 1 Im französischen Text wird in Absatz 1 der Ausdruck «utilisables industriellement» durch «susceptibles d'application industrielle» ersetzt. Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung.

Art. 4 Im französischen und im italienischen Text wird der Ausdruck «celui qui dépose la demande de brevet» und «colui che deposita la domanda» durch «le demandeur» bzw.

«depositante del brevetto» ersetzt. Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung.

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Art. 13 Im französischen Text wird in Absatz 1 Buchstabe b ein Übersetzungsfehler korrigiert: Der Teil «la présentation et le traitement de requêtes après la délivrance du brevet et de requêtes ne donnant pas lieu à des notifications» wird durch «la présentation et le traitement de requêtes après la délivrance du brevet ne donnant pas lieu à des notifications» ersetzt.

Art. 24 Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe c PatG legt fest, dass eine Ausführungsart der Erfindung, die durch den eingeschränkten Patentanspruch definiert werden soll, sowohl in der ursprünglichen Anmeldung als auch in der veröffentlichten Patentschrift enthalten sein muss. Diese Regel stammt aus einer Zeit, als Patentanmeldungen nicht veröffentlicht wurden. Sie sollte die Rechtssicherheit erhöhen: Ausführungsarten, die später in der Patentschrift enthalten sind, sollen nicht von denen abweichen, die ursprünglich in der nicht veröffentlichten Anmeldung offenbart waren. Dritte sollen nach einem Teilverzicht nicht von einer Ausführungsart überrascht werden, die nur in der ursprünglichen (für sie damals nicht einsehbaren) Patentanmeldung enthalten war. Seit 2008 werden alle Patentanmeldungen veröffentlicht. In den meisten Fällen enthält die veröffentlichte Patentschrift dieselbe Offenbarung wie die ursprünglich eingereichte Anmeldung.

Die Regelungen des EPÜ 2000 zur Beschränkung (Art. 105a und 123) reichen weniger weit als Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe c PatG. Es fehlt die Bedingung, dass die Ausführungsart nicht nur in der ursprünglichen Anmeldung, sondern auch in der veröffentlichten Patentschrift vorgesehen sein muss. Diese schweizerische Besonderheit wird nun gestrichen, auch mit Blick auf eine Harmonisierung mit dem EPÜ 2000.

Über 95 % der in der Schweiz gültigen Patente sind EP und werden damit nach den Regeln des EPÜ 2000 erteilt, ohne dass die Rechtssicherheit dadurch gefährdet wäre.

Durch die Anpassung bestehen keine unterschiedlichen Voraussetzungen für Beschränkungen eines Schweizer Patents durch Teilverzicht und Beschränkungen eines EP mehr. Diese Einheitlichkeit führt zu grösserer Rechtssicherheit für Patentinhaberinnen und Patentinhaber.

Des Weiteren wird die Formulierung von Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe c so angepasst, dass sie mit den Kriterien für eine zulässige Änderung nach der Erteilung übereinstimmt. Ebenso
entspricht sie dem neuen Nichtigkeitsgrund von Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d. Für einen Teilverzicht darf somit künftig weder der Gegenstand des geänderten Patents über den Inhalt der Patentanmeldung in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung hinausgehen noch der sachliche Geltungsbereich des Patents erweitert werden.

Art. 25 (Aufgehoben) Jeder unabhängige Patentanspruch darf nur eine einzige Erfindung definieren, besondere Ausführungsarten können durch abhängige Patentansprüche umschrieben werden (Art. 52 und 55 PatG). Patente dürfen als Ganzes nur eine Erfindung oder eine Gruppe von Erfindungen beinhalten, die untereinander eine allgemeine erfinderische Idee verwirklichen (Art. 52 Abs. 2 PatG). Dieses Einheitlichkeitserfordernis ist ein 33 / 84

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wichtiger Grundsatz des Patentrechts, der in den Grundzügen bereits im Patentgesetz vom 29. Juni 1888 enthalten war und heute auch in zahlreichen ausländischen Rechtsordnungen (wie z. B. in Deutschland, Frankreich und im Vereinigten Königreich) sowie im EPÜ 2000 gilt.

Im Rahmen verschiedener Patentrechtsrevisionen wurde der Grundsatz auch auf die der Patenterteilung nachgelagerten Verfahren ausgeweitet: Heute müssen Patentansprüche auch nach einem Teilverzicht (Art. 25 PatG) oder im Falle teilweiser Nichtigkeit (Art. 27 Abs. 3 PatG) einheitlich sein; ansonsten sind sie zu streichen und die Patentinhaberinnen und Patentinhaber können für sie allenfalls neue, separate Patente errichten. Auch bei einer teilweisen Abtretung (Art. 30 Abs. 2 PatG) können nachträglich neue Patente errichtet werden.

Das Einheitlichkeitserfordernis ist primär eine Ordnungsvorschrift, die mit der Patenterteilung ihren Zweck erfüllt hat:35 Indem jede Patentanmeldung nur eine Erfindung bzw. erfinderische Idee enthalten darf, soll sichergestellt werden, dass das IGE als Prüfbehörde genügend Gebühren zur Prüfung der Anmeldungen erhält. Daneben sind einheitliche Patente einfacher zu klassieren und zu recherchieren. Dies erhöht die Rechtssicherheit für alle Beteiligten, die mit zumutbarem Aufwand den Inhalt und das Verbotsrecht des Patents feststellen möchten.

Während das Einheitlichkeitserfordernis im Rahmen der Patentanmeldung unbestritten ist, hat es in den nachgelagerten Verfahren an Bedeutung verloren. In den letzten Jahren führte nur eine Handvoll Fälle nachträglich zur Neuerrichtung von Patenten wegen Teilverzichts, teilweiser Nichtigkeit oder Teilabtretung. Die praktische Bedeutung von Artikel 25 PatG ist damit gering. Für EP, die aktuell ca. 95 % aller in der Schweiz wirksamen Patente ausmachen, ist nachträgliche Uneinheitlichkeit zudem grundsätzlich möglich, was die faktische Wirkung von Artikel 25 PatG auf ein Minimum beschränkt. Ihren primären Zweck, nämlich genügend Einnahmen für die Prüfbehörde sicherzustellen, erfüllt die Bestimmung ebenfalls nicht mehr. Die Bearbeitung dieser Einzelfälle und die nachträgliche Errichtung von Patenten verursacht regelmässig höhere Aufwände, als mit den dadurch generierten Mehreinnahmen gedeckt werden können. Auch für die Anmelderinnen und Anmelder führt die Bestimmung in erster
Linie zu Mehrkosten.

Die vorgeschlagene Revision hebt deshalb das Einheitlichkeitserfordernis für Patente, auf die teilweise verzichtet wurde, auf; Artikel 25 PatG wird aufgehoben. Sollten im Rahmen eines Teilverzichts künftig z. B. im Patent nur noch miteinander nicht vereinbare alternative Ausführungsformen bestehen bleiben (weil im Rahmen eines Teilverzichts der Hauptanspruch wegfällt), können diese im betroffenen Patent fortbestehen. Dadurch entfällt die Notwendigkeit, neue Patente zu errichten. So sparen die Patentanmelderinnen und Patentanmelder unter Umständen erhebliche Mehrkosten, was das Patentsystem für sie attraktiver macht. Das IGE als Prüfbehörde muss zudem nicht für eine kleine Anzahl von Fällen besondere Abläufe für die nachträgliche Patenterrichtung vorsehen, was sowohl die Patenterteilung als auch die Patentverwaltung vereinfacht.

35

Schweizer, Mark / Zech, Herbert (Hrsg.) (2019): Patentgesetz (PatG). Bern: Stämpfli Verlag AG, Rz. 3­8 zu Art. 52.

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Schliesslich entstehen auch für Dritte durch die Aufhebung keine nennenswerten Nachteile: Die fraglichen Patente waren ursprünglich einheitlich, weil sie bei der Anmeldung und Registrierung Artikel 52 und 55 PatG erfüllen müssen. Selbst wenn sie nachträglich uneinheitlich werden, dürften die verbleibenden Patentansprüche in aller Regel immer noch thematisch eng beieinanderliegen. Damit bleibt eine ausreichend präzise Klassierung weiterhin sichergestellt. Mit den üblichen Recherchetools werden bereits heute potenziell nachträglich uneinheitlich gewordene EP problemlos gefunden. Deshalb ist es auch aus Sicht der Rechtssicherheit vertretbar, wenn künftig allenfalls wenige Schweizer Patente aufgrund eines Teilverzichts nachträglich uneinheitlich werden.

Art. 26 Der sachliche Geltungsbereich eines Patents wird gemäss Artikel 51 PatG durch die Patentansprüche unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen definiert. Die Erweiterung dieses sachlichen Geltungsbereichs war im Einspruchsverfahren bisher ausgeschlossen (Art. 81 Abs. 2 Bst. b PatV). Das Gleiche gilt neu auch für jede nachträgliche Erweiterung bei einem Teilverzicht gemäss Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe c PatG.

Buchstabe cbis: Artikel 26 PatG lässt bisher eine gerichtliche Überprüfung der Frage, ob der Schutzbereich eines Patents unzulässigerweise erweitert worden ist, nicht zu.

Mit der Einführung der fakultativen Vollprüfung ist davon auszugehen, dass es vermehrt zu Änderungen und Teilverzichten kommen wird, womit diese Frage an Bedeutung gewinnen wird. Der Katalog der Nichtigkeitsgründe von Artikel 26 Absatz 1 PatG wird deshalb neu vervollständigt, indem die unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs des Patents in den Katalog der Nichtigkeitsgründe aufgenommen wird. Eine entsprechende Vorschrift findet sich auch in Artikel 123 Absatz 3 EPÜ 2000.

Art. 27 Wie bei einem Teilverzicht können auch bei einer teilweisen Nichtigkeit des Patents die übrigbleibenden Patentansprüche nachträglich uneinheitlich werden. Artikel 27 Absatz 3 PatG erklärt in diesen Fällen Artikel 25 PatG für entsprechend anwendbar.

Demnach sind die uneinheitlich gewordenen Ansprüche zu streichen, die Patentinhaberinnen und Patentinhaber können für sie jedoch neue Patente mit dem Anmeldedatum des ursprünglichen Patents beantragen (Art. 25 Abs. 2 PatG).
Die vorgeschlagene Revision hebt Artikel 25 PatG und damit das Einheitserfordernis im Rahmen von Teilverzichten auf. Die hierzu gemachten Ausführungen gelten sinngemäss auch für die Aufhebung von Artikel 27 Absatz 3 PatG. Damit können Patentansprüche, die infolge einer teilweisen Nichtigkeit nachträglich uneinheitlich geworden sind, im ursprünglichen Patent belassen werden. Die Notwendigkeit der Errichtung neuer Patente entfällt, was den Patentanmelderinnen und Patentanmeldern unter Umständen erhebliche Kosten erspart und damit das Patentsystem attraktiver macht.

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Art. 30 Ist die Patentanmeldung von jemandem eingereicht worden, der kein Recht auf das Patent hat, so kann die oder der Berechtigte auf Abtretung der Anmeldung klagen (Art. 29 PatG). Kann das bessere Recht nicht hinsichtlich aller Patentansprüche nachgewiesen werden, erfolgt die Abtretung unter Streichung derjenigen Ansprüche, für die der Beweis nicht erbracht wurde (Art. 30 Abs. 1 PatG). Da das resultierende (abgetretene) Patent nicht geteilt werden kann, muss für die verbleibenden Ansprüche ein neues Patent errichtet werden können. Ansonsten fallen die bei der ursprünglichen Inhaberin oder dem ursprünglichen Inhaber verbleibenden Ansprüche weg.

Das geltende Recht verweist für den Errichtungsmechanismus dieser Patente auf Artikel 25 PatG, der die Errichtung neuer Patente für aufgrund eines Teilverzichts nachträglich uneinheitlich gewordene Patentansprüche vorsieht. Der Zweck der Bestimmungen ist jedoch unterschiedlich: Während Artikel 25 und 27 Absatz 3 PatG die Einhaltung der Einheitlichkeit sicherstellen sollen, ermöglicht Artikel 30 Absatz 2 PatG, dass der oder dem Beklagten im Falle einer bloss teilweisen Abtretung keine Patentansprüche verloren gehen.

Die vorliegende Revision hebt Artikel 25 und 27 Absatz 3 PatG und damit den Mechanismus für die nachträgliche Errichtung von neuen Patenten mit dem ursprünglichen Anmeldedatum auf. Für Teilabtretungen muss damit eine eigenständige Lösung geschaffen werden. Artikel 30 Absätze 2 und 3 übernehmen den bisherigen Errichtungsmechanismus von Artikel 25 PatG, jedoch ohne das Einheitlichkeitserfordernis.

Damit kann die oder der Beklagte für die nicht abgetretenen Ansprüche neu die Errichtung eines oder mehrerer neuer Patente beantragen, die das Anmeldedatum des ursprünglichen Patents erhalten (Abs. 2). Wie bereits heute wird das IGE hierzu nach Eintragung der Teilabtretung eine Frist ansetzen (Abs. 3). Dadurch wird zeitnah Rechtssicherheit in Bezug auf die verbleibenden Ansprüche geschaffen.

Art. 35 Die Änderung im französischen Text ist redaktioneller Art: «date du dépôt» wird durch «date de dépôt» ersetzt.

Art. 41 Die Bestimmung bleibt inhaltlich unverändert. Durch die Ergänzung wird die gesetzliche Grundlage klargestellt. Erhoben werden die Gebühren gestützt auf Artikel 13 IGEG i. V. m. der Verordnung des IGE vom 14. Juni 201636 über Gebühren
(GebVIGE).

Art. 46a Absatz 4 wird mit einem neuen Buchstaben e ergänzt. Demgemäss sind die Fristen zur Einreichung der Teil- und Vollprüfungsanträge nach Artikel 58b Absätze 1 und 2 nicht weiterbehandelbar. Dies ist nötig, um einerseits das Antragsrecht Dritter zu schützen und andererseits ein gestrafftes Verfahren sicherzustellen: Zum Schutz der 36

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Anmelderinnen und Anmelder wird der Antrag Dritter auf vollständige Prüfung nur dann beurteilt, wenn sie selbst zuvor die Sachprüfung beantragt haben (vgl. Erläuterungen zu Art. 58b). Umgekehrt soll Dritten aber nicht die Möglichkeit genommen werden, den Vollprüfungsantrag stellen zu können, indem die Inhaberinnen und Inhaber innerhalb der Frist zunächst keinen Teilprüfungsantrag stellen, im Anschluss aber die Frist weiterbehandeln lassen. Deshalb wird die Weiterbehandlung für die Frist auf Einreichung des Prüfungsantrags ausgeschlossen. Dies entspricht im Übrigen der geltenden Praxis, welche die Weiterbehandlung verschiedener Fristen im Rahmen der Patentprüfung ausschliesst (Art. 46a Abs. 4 Bst. i PatG i. V. m. Art. 14 PatV).

Art. 47 Diese Änderung ist redaktioneller Art: Der veraltete Begriff «Vollziehungsverordnung» wird durch «Verordnung» ersetzt.

Art. 57a Absätze 1 und 2: Unter geltendem Recht prüft das IGE gemäss Artikel 59 Absatz 4 PatG eingegangene Patentanmeldungen weder auf Neuheit noch auf erfinderische Tätigkeit. Dementsprechend sieht das Gesetz auch nicht vor, zu jeder Patentanmeldung von Amtes wegen eine Recherche zum Stand der Technik durchzuführen und gestützt darauf einen Bericht zu erstellen. Zwar können Patentanmelderinnen und Patentanmelder oder unter gewissen Umständen auch Dritte beim IGE freiwillig eine Recherche zum Stand der Technik in Auftrag geben (Art. 59 Abs. 5 und 6 PatG). Diese Möglichkeit wird jedoch nur in etwa zehn Prozent der Fälle in Anspruch genommen.

Der Systemwechsel zur fakultativen Vollprüfung führt neu zwingend für jede Patentanmeldung zu einer Recherche. Damit wird der aktuelle Stand der Technik im relevanten Bereich ermittelt und anschliessend im entsprechenden Bericht festgehalten.

Anhand des Berichts können Anmelderinnen und Anmelder sowie Dritte beurteilen, ob sie die Vollprüfung einer Patentanmeldung beantragen wollen. Darüber hinaus benötigt das IGE diesen Bericht, um Neuheit und erfinderische Tätigkeit der zum Patent angemeldeten Erfindung beurteilen zu können. Der Recherchebericht wird auch veröffentlicht (Art. 58a Abs. 2) und in der Patentakte als Dokumentation des relevanten Stands der Technik abgelegt. Auf diese Weise erhalten mit dem Patent konfrontierte Dritte und Gerichte (sowie die Anmelderinnen und Anmelder selbst) auch bei nicht
vollgeprüften Patenten verlässliche Informationen dazu, ob die Erfindung neu ist und sich vom Stand der Technik ausreichend unterscheidet.

Der neue Artikel 57a Absatz 1 schafft die gesetzliche Grundlage für eine solche Recherche bzw. für den darauf basierenden Bericht. Aufgrund der allgemeinen verwaltungsrechtlichen Regeln (Art. 13 VwVG) kann das IGE Anmelderinnen und Anmelder bereits heute zur Mitwirkung bei der Erstellung des Berichts auffordern, also z. B.

Auskünfte über den Stand der Technik verlangen, der in anderen Patentverfahren in Betracht gezogen wurde. Eine Artikel 124 EPÜ 2000 entsprechende gesetzliche Regelung ist nicht nötig.

Die neu obligatorische Recherche erfordert eine Anpassung der bestehenden Regelung zu den Recherchegebühren. Hierfür sind jedoch keine Änderungen auf Gesetzesstufe nötig ­ der bestehende Verweis in Artikel 41 PatG («Das Erlangen und Aufrecht37 / 84

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erhalten eines Patents sowie das Behandeln von besonderen Anträgen setzen die Bezahlung der Gebühren voraus, die vom IGE (...) festgelegt werden.») reicht aus. Die erforderlichen Änderungen hinsichtlich Gebühren und Zahlungsbedingungen sind in der PatV sowie in der GebV-IGE zu regeln.

Absätze 3 und 4: Wenn bereits ausreichende Unterlagen zum Stand der Technik vorhanden sind, kann das IGE aus Effizienzgründen auf die Durchführung einer Recherche oder die Erstellung eines eigenen Berichts verzichten (Abs. 3) und die vorhandenen Arbeitsergebnisse übernehmen. Ein Beispiel hierfür sind bereits bestehende Berichte des IGE oder des EPA zu einer Prioritätsanmeldung mit gleichen oder hinreichend ähnlichen Patentansprüchen. Das IGE entscheidet im Einzelfall über die Übernahme bestehender Rechercheunterlagen. Es kann die Unterlagen prüfen und wo nötig ergänzende Abklärungen vornehmen oder eine neue Recherche durchführen.

Verzichtet das IGE auf die Erstellung eines Berichts, veröffentlicht es eine entsprechende Verzichtserklärung. Die Einzelheiten, insbesondere die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Erstellung des Berichts, werden in der PatV geregelt (Abs. 4).

Die vorliegende Revision erlaubt dem IGE auch, mit internationalen und regionalen Organisationen (wie z. B. der WIPO oder dem EPA) sowie mit ausländischen nationalen Behörden und Ämtern, die für geistiges Eigentum zuständig sind, in eigenem Ermessen Vereinbarungen administrativ-technischer Natur zu treffen. Aufgrund solcher Vereinbarungen könnten z. B. die Rechercheergebnisse für ein gewisses technisches Gebiet ausgetauscht werden (vgl. Art. 2 Abs. 3 und 3bis E-IGEG).

Art. 58a Absatz 1 wird in sprachlicher Hinsicht den allgemeinen Änderungen angeglichen.

Ebenfalls angepasst wird die Nummerierung des Randtitels aufgrund des neu eingefügten Artikels 57a.

Absatz 2: Die Veröffentlichung der Patentanmeldung ist ein wesentlicher Bestandteil des Patentsystems. Die Allgemeinheit soll möglichst rasch nach der Patentanmeldung über Fortschritte im Stand der Technik informiert werden und Dritte sollen wissen, welche Patente ihnen in Zukunft entgegengehalten werden könnten. Gleichzeitig besteht ein Interesse daran, dass die Anmeldung zeitnah mit dem Bericht zum Stand der Technik veröffentlicht wird (sofern dieser unter geltendem Recht überhaupt erstellt
wurde). Dies erlaubt den Beteiligten, die Rechtsbeständigkeit und den Schutzumfang des Patents besser einzuschätzen.

Absatz 2 regelt den Inhalt der Veröffentlichung einer Patentanmeldung. Um die Lesbarkeit zu verbessern, werden die einzelnen Elemente in den Buchstaben a­e aufgelistet. Der Satzteil zur Zusammenfassung («sofern diese vor Abschluss der technischen Vorbereitungen für die Veröffentlichung vorliegt») wird gestrichen. Damit wird die heutige Praxis des IGE nachvollzogen und eine Ungereimtheit zwischen dem PatG und der PatV aufgelöst: Die Zusammenfassung einer Patentanmeldung wird immer veröffentlicht. Sie ist innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der Patentanmeldungsunterlagen vorzulegen, ansonsten wird auf die Anmeldung nicht eingetreten (Art. 48c Abs. 3 PatV). Das heisst, die Zusammenfassung muss bereits lange vor dem Veröffentlichungszeitpunkt der Anmeldung nach 18 Monaten (bzw. vor dem «Abschluss der technischen Vorbereitungen für die Veröffentlichung») vorliegen.

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Absatz 3: Der neu obligatorisch zu erstellende Bericht zum Stand der Technik wird mitveröffentlicht (Abs. 2). Liegt er aber erst nach Veröffentlichung der Anmeldung vor, wird er so rasch wie möglich (nach-)veröffentlicht. Der Hinweis auf die Recherche internationaler Art, die im Rahmen der vorliegenden Revision entfällt (vgl. Erläuterungen zu Art. 59 Abs. 5 PatG), wird gestrichen.

Absatz 4: Anmelderinnen und Anmelder von Schweizer Patenten reichen beim IGE oft in englischer Sprache abgefasste Unterlagen ein. Überhaupt erfolgt der Informationsaustausch zwischen Anmelderinnen und Anmeldern sowie Prüferinnen und Prüfern nicht selten in englischer Sprache. Aus diesen Gründen wird Englisch gegenüber den übrigen Fremdsprachen in der PatV privilegiert. So können die für die Anmeldung eines Patents erforderlichen Angaben auf Englisch eingereicht werden (Art. 46 Abs. 2 PatV). Die in englischer Sprache eingereichten technischen Unterlagen müssen erst 16 Monate nach ihrer Einreichung in eine Amtssprache übersetzt werden (Art. 50 Abs. 4 PatV). Wenn sie in einer anderen Fremdsprache abgefasst sind, beträgt diese Frist drei Monate (Art. 50 Abs. 2 PatV).

Die dominierende Stellung der englischen Sprache im Patentbereich wurde vom Gesetzgeber bereits bei der Regelung der ergänzenden Schutzzertifikate (Art. 140a­140z PatG) sowie bei der Ausgestaltung des PatGG berücksichtigt. Bei Streitfällen vor dem BPatGer können die Parteien im Verfahren die englische Sprache benutzen, falls sie und das Gericht zustimmen (Art. 36 Abs. 3 PatGG).

Schliesslich sind die Anmelderinnen und Anmelder oder Inhaberinnen und Inhaber von EP in englischer Sprache seit dem Inkrafttreten des Sprachenübereinkommens vom 17. Oktober 200037 nicht mehr verpflichtet, eine Übersetzung des EP in eine schweizerische Amtssprache einzureichen. Die mit Wirkung für die Schweiz erteilten EP können beim EPA ein vollständig in englischer Sprache geführtes Prüfungsverfahren durchlaufen und lediglich die Patentansprüche sowie der Titel sind in die anderen offiziellen Sprachen des EPÜ 2000, das heisst Französisch und Deutsch, zu übersetzen.

Mit der durch den neuen Absatz 4 geschaffenen Möglichkeit, die in Englisch angemeldeten Schweizer Patente auch in dieser Sprache zu veröffentlichen, können Anmelderinnen und Anmelder zum einen die Kosten im Zusammenhang
mit der Übersetzung der technischen Unterlagen einsparen und zum anderen Übersetzungsfehler vermeiden, die sich negativ auf das Patent bzw. dessen Schutzbereich auswirken könnten. Auch die Patentansprüche müssen nicht übersetzt werden. Nur der Titel und die Zusammenfassung sind in eine schweizerische Amtssprache zu übersetzen (Art. 60 Abs. 4 E-PatG). In diesem Punkt unterscheidet sich das Schweizer Patent von den durch das EPA erteilten EP, bei denen die Patentansprüche in die drei offiziellen Sprachen des EPÜ 2000 übersetzt werden müssen. Dies erhöht die Attraktivität des Schweizer Patents für Anmelderinnen und Anmelder.

Absatz 4 bezweckt, den Anmelderinnen und Anmeldern Übersetzungskosten zu ersparen, gewährt ihnen aber nicht die unbeschränkte Wahl, in welcher Sprache die Anmeldung veröffentlicht werden soll. Die Veröffentlichung in Englisch ist nämlich nur dann möglich, wenn die technischen Unterlagen nicht bereits in einer Amtssprache 37

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abgefasst sind. Amtssprachen sollen auch unter der neuen Regelung vorgehen. Für Anmelderinnen und Anmelder bedeutet dies: Liegen die technischen Unterlagen in einer Amtssprache vor, wird die Anmeldung auch in dieser veröffentlicht. Wenn die Anmeldung zuerst auf Englisch eingereicht wurde, im Verlaufe des Prüfungsverfahrens aber ­ wo aufgrund PatG und PatV zulässig ­ eine Übersetzung in eine Amtssprache nachgereicht wird, erfolgt die Veröffentlichung in dieser Amtssprache. Wenn dagegen die technischen Unterlagen entweder ausschliesslich in Englisch oder einer anderen Sprache, die nicht Amtssprache ist, verfasst sind, können Anmelderinnen und Anmelder die Veröffentlichung entweder in Englisch oder einer Amtssprache verlangen.

Englisch wird dadurch aber nicht zur Verfahrenssprache. Verfahrensleitende Entscheide und Verfügungen erfolgen weiterhin in einer Amtssprache. Für Beschwerdeverfahren vor dem BPatGer ist die (Amts-)Sprache des angefochtenen Entscheids massgebend. Mit Zustimmung der Instruktionsrichterin oder des Instruktionsrichters und der Parteien kann im Verfahren aber auch die englische Sprache benutzt werden.

Das Gericht kann Übersetzungen anordnen. Das Urteil und verfahrensleitende Anordnungen werden in jedem Fall in einer Amtssprache abgefasst (Art. 36 Abs. 3 und 4 E-PatGG).

Im Zusammenhang mit Gesuchen für ESZ und deren Verlängerung sowie für pädiatrische ergänzende Schutzzertifikate kann vor dem IGE ebenfalls die englische Sprache als Anmelde- und Korrespondenzsprache verwendet werden. Eine Änderung der Artikel 140l, 140s, 140y und 140z PatG ist jedoch nicht erforderlich. Diese Bestimmungen sind in ihrer derzeitigen Fassung eine ausreichende gesetzliche Grundlage, um die PatV entsprechend anpassen zu können.

Im Gegensatz zur Veröffentlichung von Patenten bezieht sich die Veröffentlichung von ESZ nur auf formale Elemente. Deshalb werden die für das Gesuch um Erteilung eines ESZ erforderlichen Unterlagen vom IGE bereits heute in Englisch akzeptiert.

Art. 58b Absatz 1: Mit der Einführung der fakultativen Vollprüfung für Schweizer Patentanmeldungen besteht neu eine Wahlmöglichkeit. Ob eine Patentanmeldung vollständig geprüft wird, bestimmt sich aufgrund des Prüfungsantrags. Artikel 58b regelt die Modalitäten dieses Antrags: Nach Erhalt des Rechercheberichts können Anmelderinnen und
Anmelder zunächst einmal darüber entscheiden, ob sie ihre Anmeldung weiterverfolgen wollen. Ziehen sie die Anmeldung nicht zurück, erfolgt die Veröffentlichung nach den Vorgaben von Artikel 58a E-PatG. Artikel 58b Absatz 1 kodifiziert nur die bisherige Praxis, wonach Anmelderinnen und Anmelder die Sachprüfung der Patentanmeldung beantragen müssen. Beantragen sie dabei nicht (auch) die Vollprüfung nach Absatz 2, prüft das IGE (weiterhin) weder Neuheit noch erfinderische Tätigkeit (Art. 59 Abs. 4 E-PatG).

Absatz 2: Wurde die Sachprüfung gemäss Absatz 1 beantragt, kann gegen Bezahlung einer entsprechenden Gebühr die Vollprüfung der Anmeldung inkl. Neuheit und erfinderische Tätigkeit verlangt werden. Dieses Antragsrecht steht nicht nur den Anmelderinnen und Anmeldern offen, sondern jeder Person. Dadurch wird sichergestellt, dass Dritte, denen das Patent später entgegengehalten werden könnte, bereits im Sta40 / 84

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dium der Anmeldung Neuheit und erfinderische Tätigkeit überprüfen lassen können (und beispielsweise nicht erst in einem späteren Nichtigkeitsprozess vor dem BPatGer). Dies erhöht die Rechtssicherheit für alle Beteiligten.

Anmelderinnen und Anmelder können den Antrag nach Absatz 2 zeitgleich mit dem Antrag auf Durchführung der Sachprüfung nach Absatz 1, spätestens aber innerhalb der Frist von Absatz 3 stellen. Damit können sie zunächst lediglich die teilweise Prüfung ihrer Anmeldung beantragen, später jedoch ­ z. B. je nach Fortgang der Produktentwicklung ­ die vollständige Prüfung beantragen. Diese Regelung ermöglicht den Anmelderinnen und Anmeldern maximale Flexibilität. Das IGE wird dafür sorgen, dass die Sachprüfung wie bisher unkompliziert beantragt werden kann.

Der Antrag Dritter auf vollständige Prüfung wird nur dann beurteilt, wenn die Anmelderinnen und Anmelder zuvor die Sachprüfung beantragt haben. Damit wird verhindert, dass Dritte die Prüfung einer Patentanmeldung erzwingen können, welche die Anmelderinnen und Anmelder gar nicht weiterverfolgen möchten.

Die Gebühr für die Vollprüfung trägt diejenige Person, die den Antrag stellt.

Absatz 3: Die Anträge auf teilweise bzw. vollständige Prüfung müssen innerhalb von sechs Monaten ab Veröffentlichung des Rechercheberichts durch das IGE oder der entsprechenden Verzichtsmitteilung gestellt werden. Wird diese Frist nicht eingehalten, ist das Antragsrecht verwirkt. Eine Weiterbehandlung der Frist ist ausgeschlossen (Art. 46a Abs. 4 Bst. e E-PatG).

Bei der Ausgestaltung der Antragsfrist müssen die verschiedenen Wege berücksichtigt werden, auf denen ein Patent in der Schweiz beantragt werden kann. Neben der direkten Anmeldung in der Schweiz (Art. 49 Abs. 1 PatG) und der Teilung einer hängigen Anmeldung (Teilanmeldung; Art. 57 PatG) kann auch eine europäische in eine Schweizer Patentanmeldung umgewandelt werden (Art. 121 PatG). Schliesslich besteht auch die Möglichkeit, gestützt auf den PCT eine internationale Anmeldung mit Bestimmung der Schweiz einzureichen.

Als Anknüpfungspunkt für die Antragsfrist dient deshalb grundsätzlich die Publikation des (ergänzenden) Rechercheberichts (und nicht die Publikation der Patentanmeldung). Dieser bildet primär die Grundlage, auf der Anmelderinnen und Anmelder sowie Dritte beurteilen können, ob die Vollprüfung
beantragt werden soll.

Dabei wird an die Publikation des Rechercheberichts durch das IGE angeknüpft (und nicht an die erste Publikation). Dadurch wird sichergestellt, dass sowohl den Anmelderinnen und Anmeldern als auch Dritten unabhängig von den beschriebenen unterschiedlichen Anmeldewegen genügend Zeit für den Antrag bleibt. Bei Schweizer Patentanmeldungen erfolgt die Publikation des Berichts entweder zusammen mit der Patentanmeldung oder aber, wenn er nicht rechtzeitig vorliegt, so rasch als möglich im Anschluss. Bei PCT-Anmeldungen kann es dagegen vorkommen, dass die internationale Anmeldung inkl. Recherchebericht bereits publiziert worden ist, bevor die nationale Phase in der Schweiz überhaupt eingeleitet wird. Würde die Frist an die erstmalige Publikation des Rechercheberichts geknüpft, wäre sie unter Umständen bereits abgelaufen, bevor die nationale Phase in der Schweiz beginnt. Durch Absatz 3 wird dies verhindert. Bei PCT-Anmeldungen erstellt das IGE einen ergänzenden Bericht über den Stand der Technik und publiziert diesen (Art. 139 Abs. 1 E-PatG). Das IGE kann wie beim Bericht über den Stand der Technik zu Schweizer Anmeldungen 41 / 84

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(Art. 57a Abs. 3 E-PatG) auf die Erstellung dieses ergänzenden Berichts verzichten.

In diesem Fall wird die Verzichtsmitteilung öffentlich zugänglich gemacht. Erst die Publikation des ergänzenden Berichts oder der Verzichtsmitteilung löst die Antragsfrist aus.

Absatz 4: Der Antrag auf vollständige Prüfung kann nicht mehr zurückgezogen werden, wenn er einmal gestellt wurde. Durch diese Regelung wird zum einen die Rechtssicherheit erhöht. Zum anderen werden dadurch Verzögerungen im Prüfungsverfahren verhindert und die vom Motionär gewünschte Straffung des Verfahrensablaufs sichergestellt.

Absatz 5: Dritte können durch Stellen des Antrags die vollständige Prüfung einer Patentanmeldung erwirken. Sie werden dadurch jedoch nicht Partei des Erteilungsverfahrens. Ihnen werden damit weder die Beanstandungen im Prüfungsverfahren noch die Endverfügung (d. h. die Erteilung des Patents oder Zurückweisung der Anmeldung) eröffnet. Falls das Patent erteilt wird, können berechtigte Dritte innerhalb von vier Monaten ab der Publikation der Eintragung im Patentregister Beschwerde beim BPatGer erheben (Art. 59c Abs. 1 und 2 E-PatG).

Absatz 6: Wie bereits beim bisherigen Prüfungs- und Erteilungsverfahren regelt die PatV die Einzelheiten.

Die Übergangsbestimmung in Artikel 150 regelt die Anwendung des neuen Rechts auf Anmeldungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens hängig sind.

Art. 59 Artikel 59 PatG bestimmt den Gegenstand der Patentprüfung und ist damit zentral für die neu einzuführende fakultative Vollprüfung. Die Absätze 1 und 2 werden nur sprachlich angepasst. Sie regeln wie bis anhin die Zurückweisung mangelhafter Patentanmeldungen sowie die Möglichkeit der Anmelderinnen und Anmelder, diese Mängel fristgerecht zu beheben.

Absatz 4: Dieser Absatz in seiner geltenden Fassung verbietet dem IGE als Prüfund Erteilungsbehörde, im Rahmen des Erteilungsverfahrens die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit zu prüfen. Mit der Einführung der fakultativen Vollprüfung besteht neu eine Wahlmöglichkeit: Wird ein Antrag auf vollständige Prüfung nach Artikel 58b Absatz 2 gestellt, prüft das IGE sämtliche Patentierungsvoraussetzungen (inkl. Neuheit und erfinderische Tätigkeit). Unterbleibt der Antrag, werden diese beiden Voraussetzungen hingegen wie bis anhin nicht geprüft.

Absatz 5: Mit dem Wechsel zur fakultativen
Vollprüfung muss neu zu jeder Patentanmeldung zwingend ein Bericht über den Stand der Technik erstellt werden (Art. 57a); nur damit ist eine Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit überhaupt möglich. Somit entfällt der Bedarf, eine fakultative Recherche zu beantragen, weshalb Artikel 59 Absatz 5 Buchstabe a PatG ersatzlos gestrichen wird.

Daneben konnten bisher Anmelderinnen und Anmelder eine Recherche internationaler Art verlangen (Art. 59 Abs. 5 Bst. b PatG). Diese diente demselben Zweck wie die Recherche des IGE, wurde aber vom EPA durchgeführt. Dieses Vorgehen ergab z. B.

dann Sinn, wenn die gleiche Erfindung nach der Anmeldung in der Schweiz zusätzlich beim EPA angemeldet wurde: Das EPA anerkennt im EP-Verfahren einen im Schwei42 / 84

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zer Verfahren von ihm erstellten Bericht (bisher: zur Recherche internationaler Art) und erstattet die europäische Recherchegebühr teilweise zurück.

Ziel der Revision ist ein zeitgemässes Schweizer Patent, dessen Prüfung schnell und flexibel erfolgt. Deshalb soll neu grundsätzlich das IGE Recherchen für Schweizer Patentanmeldungen durchführen. Aufgrund der bisherigen Recherchetätigkeit ist die erforderliche Expertise bereits vorhanden. Damit werden zum einen die nötige Routine und der hohe Standard der eigenen Recherchen sichergestellt. Zum anderen behält das IGE dadurch die Verfahrenshoheit (es wird beispielsweise nicht vom EPA abhängig), was sich positiv auf Geschwindigkeit und Effizienz des Prüfungsverfahrens auswirkt. Diese Vorteile steigern die Attraktivität des schweizerischen Patents und überwiegen den aktuellen, allenfalls bestehenden Kostenvorteil für Anmelderinnen und Anmelder aus der Recherche internationaler Art. Artikel 59 Absatz 5 Buchstabe b PatG wird deshalb ebenfalls ersatzlos gestrichen. Den Anmelderinnen und Anmeldern soll zudem im Ausführungsrecht die Möglichkeit eröffnet werden, eine beschleunigte Recherche zu verlangen.

Zur Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags (Art. 2 Abs. 1 Bst. b­f IGEG), aus Ressourcengründen oder fachlichen Überlegungen (z. B. Spezialisierung einiger Patentämter auf gewisse Gebiete der Technik) kann es für das IGE in Zukunft dennoch attraktiv werden, mit ausländischen Patentämtern zusammenzuarbeiten. Hierfür gibt die vorliegende Revision dem IGE mit Artikel 2 Absätze 3 und 3bis E-IGEG den nötigen Handlungsspielraum: Es kann mit nationalen oder regionalen Behörden bzw. Organisationen, die für geistiges Eigentum zuständig sind, aber auch mit multilateralen Organisationen wie der WIPO, administrativ-technische Vereinbarungen treffen. Diese können z. B. die Zusammenarbeit betreffend Recherchen regeln. Damit wird sichergestellt, dass das neue Patentprüfungsverfahren internationale Entwicklungen berücksichtigen und möglichst effizient bleiben kann.

Absatz 6: Der Absatz wird ebenfalls gestrichen. Er legt fest, unter welchen Umständen Dritte die Erstellung eines Berichts zum Stand der Technik verlangen können, sofern dieser noch nicht vorliegt. Mit dem Wechsel zur fakultativen Vollprüfung wird dieser Absatz überflüssig, da neu von Amtes wegen immer ein Bericht
erstellt wird.

Art. 59a Der bisherige Artikel 59a Absatz 3 spricht pauschal von der Zurückweisung von Anmeldungen. Die neuen Absätze 3 und 4 präzisieren die Rechtsfolgen je nach Art der Mängel: Genügt die Anmeldung den Artikeln 1, 1a, 1b und 2 nicht oder bloss teilweise, so weist das IGE sie gestützt auf Absatz 3 ab. Genügt sie den anderen Vorschriften des Gesetzes oder der Verordnung nicht, so tritt es auf die Anmeldung nicht ein (Absatz 4).

Art. 59c Artikel 59c regelt an Stelle des gestrichenen Einspruchsverfahrens die Ausgestaltung des Beschwerderechts. Patentanmelderinnen und Patentanmelder können als Verfügungsadressaten gegen die Nichterteilung eines Patents Beschwerde einlegen. Gegen eine Patenterteilung andererseits können zur Beschwerde berechtigte Dritte vorgehen.

Auf die Durchführung eines vorgängigen Einspruchsverfahrens wird verzichtet. Das 43 / 84

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vermeidet überlange Verfahren bis zur definitiven Eintragung bzw. Nichteintragung eines Patents, was die Rechtssicherheit erhöht und die Attraktivität des Patentsystems durch die kürzere Verfahrensdauer steigert. Das Einspruchsverfahren wurde seit seiner Einführung im Jahr 2008 nie in Anspruch genommen.

Absatz 1: Gestützt auf Artikel 47 Absatz 1 Buchstabe bbis E-VwVG führt der Beschwerdeweg an das BPatGer, das Verfügungen in Patentsachen überprüft. Anfechtungsobjekt ist die Zurückweisung des IGE bzw. die Erteilung durch Eintragung im Patentregister nach Artikel 60 PatG. Beides sind Verfügungen nach Artikel 5 VwVG, gegen die Beschwerde erhoben werden kann.

Absatz 2: Dritte können aufgrund von Artikel 48 Absatz 1 VwVG (allgemeine Beschwerdelegitimation) oder nach Artikel 59cbis E-PatG (ideelle Verbandsbeschwerde) beschwerdeberechtigt sein.

Artikel 48 Absatz 1 VwVG macht das allgemeine Beschwerderecht zunächst von zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen abhängig: Zunächst einmal (Art. 48 Abs. 1 Bst. a VwVG) von der Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren. Dritten kann das Beschwerderecht auch zustehen, wenn sie am vorgängigen Verfahren nicht teilnehmen konnten. Dies ist beim Patenterteilungsverfahren insbesondere deswegen der Fall, weil auch das Stellen des Antrags auf Vollprüfung keine Parteistellung begründet (Art. 58b Abs. 5 E-PatG). Weiter braucht es dafür (Art. 48 Abs. 1 Bst. b VwVG) eine materielle Beschwerde, also ein besonderes Berührtsein durch die angefochtene Verfügung. Materiell beschwert ist in erster Linie die primäre Adressatin oder der primäre Adressat einer Verfügung, in der Regel also die Patentinhaberin oder der Patentinhaber. Beschwerdeberechtigt können aber auch Dritte sein, die eine adressatenbegünstigende Verfügung anfechten. Für die Beschwerdelegitimation Dritter ist die besondere Beziehungsnähe zum Streitgegenstand besonders wichtig, denn mit diesem Erfordernis schliesst das VwVG die Popularbeschwerde aus (was den Charakter der Beschwerde als Individualrechtsschutzmittel unterstreicht). Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer müssen stärker als jedermann betroffen sein und in einer besonderen, beachtenswerten und nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Ob dies der Fall ist, wird aufgrund der konkreten Umstände ermittelt.

Artikel 48 Absatz 1 Buchstabe c VwVG fordert
zudem ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung der Verfügung. Wer durch eine Patenterteilung besonders berührt ist, hat meistens auch ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung. Das schutzwürdige Interesse kann auch darin bestehen, einen materiellen Nachteil zu vermeiden. Praxisgemäss wird dieses Interesse immer dann verneint, wenn rein theoretische Probleme zur Diskussion stehen. Zudem ergibt sich ein schutzwürdiges Interesse nicht schon allein aufgrund eines Konkurrenzverhältnisses. Es bedarf auch hier einer qualifizierten Beziehungsnähe. Konkurrentinnen und Konkurrenten können sich beispielsweise auf das Verbot der Ungleichbehandlung berufen, soweit sie vom IGE benachteiligt werden (wobei sie darzulegen haben, inwiefern das der Fall sein soll).38 Vom allgemeinen Beschwerderecht nicht umfasst ist das Interesse an der richtigen Anwendung des Verwaltungsrechts. Diesem Zweck dient Artikel 48 Absatz 2 VwVG, 38

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-2608/2019 vom 25. August 2021.

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der rein ideelle Interessen oder solche der Allgemeinheit schützt. Dieses besondere Beschwerderecht soll nicht Einzelpersonen zustehen, sondern Organisationen, denen damit das Recht zur ideellen Verbandsbeschwerde eingeräumt wird. Welche Organisationen das sind, regelt Artikel 59cbis.

Dritte erfahren von einer Patenterteilung in der Regel erst dadurch, dass sie im Register veröffentlicht wird (Art. 61 Abs. 1 Bst. b PatG). Ab diesem Zeitpunkt läuft für sie die Beschwerdefrist. Die 30-tägige allgemeine Beschwerdefrist gemäss Artikel 50 Absatz 1 VwVG ist für Dritte jedoch zu kurz. Es ist aufwendig, Patentregister zu überwachen, kritische Patente zu finden, patentanwaltlichen Rat zu suchen, den Stand der Technik zu recherchieren und eine Beschwerdeschrift zu verfassen. Insbesondere bei technisch komplexen Patenten oder bei zeitintensiven Abstimmungsprozessen in grossen Unternehmen kann nicht innert einer derart kurzen Frist entschieden werden, ob eine Beschwerde erhoben werden soll. Aus diesem Grund wird die Beschwerdefrist für Dritte auf vier Monate verlängert. Diese Frist trägt einerseits den beschriebenen Drittinteressen, andererseits dem Wunsch nach einem straffen Rechtsmittelverfahren angemessen Rechnung. Die für das bisherige Einspruchsverfahren vorgesehene Frist von neun Monaten zöge hingegen das Rechtsmittelverfahren übermässig in die Länge und würde die Attraktivität des Schweizer Patentsystems negativ beeinflussen.

In Artikel 152 findet sich eine Übergangsbestimmung zum Einspruchsverfahren.

Art. 59cbis Um den vielfältigen öffentlichen Interessen bzw. ideellen Werten Rechnung zu tragen, die durch Patente betroffen sein können, wird neu auch Organisationen das Recht eingeräumt, innerhalb von vier Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung des Patents (vgl. Art. 59c Abs. 2) Beschwerde zu erheben. Dies gestützt auf Artikel 48 Absatz 2 VwVG, der das spezialgesetzliche Beschwerderecht für unter anderem Organisationen vorbehält (ideelle Verbandsbeschwerde), vorausgesetzt, ein anderes Bundesgesetz sieht ein entsprechendes Recht vor.

Absatz 1 regelt, welche Bedingungen diejenigen Organisationen erfüllen müssen, die das Verbandsbeschwerderecht ausüben möchten. Das PatG erteilt das Beschwerderecht nur an Organisationen, die: ­

gesamtschweizerisch tätig sind; und

­

rein ideelle Zwecke verfolgen; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen der Erreichung der ideellen Zwecke dienen.

Charakteristisch für die Verbandsbeschwerde ist, dass die Organisationen mit ihr kein schutzwürdiges persönliches Interesse geltend machen müssen, sondern öffentliche Interessen bzw. ideelle Werte vertreten. Deshalb stellt die vorgeschlagene Regelung klar, in welchem Umfang Organisationen eine allfällige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben dürfen, damit sie noch als beschwerdeberechtigt anerkannt werden können. Von einer beschwerdeberechtigten Organisation ist auszugehen, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit der Verwirklichung des ideellen Zwecks dient. Strebt sie mit der wirtschaftlichen Tätigkeit hingegen vorwiegend die Erzielung von Gewinn an, so handelt es sich um ein Unternehmen, dem das Recht zur ideellen Verbandsbeschwerde nicht zu45 / 84

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stehen soll; dieses Recht darf nicht zur Durchsetzung unternehmerischer Ziele ausgenutzt werden.

Als beschwerdeberechtigt im Sinne des PatG kommen z. B. Organisationen in Frage, die sich namentlich dem Schutz der Menschenwürde, der nachhaltigen Entwicklung, dem Natur- oder dem Umweltschutz widmen. Zu denken ist etwa an: ­

Public Eye, den Verein auf der Grundlage der Erklärung von Bern, der sich u. a. für die Erfüllung der Menschenrechte, für Solidarität und für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen einsetzt.

­

die Stiftung ProSpecieRara, die sich insbesondere für die Bewahrung der kulturhistorischen und genetischen Vielfalt von Pflanzen und Tieren sowie für den freien Zugang zu Zuchttieren, Saat- und Pflanzgut engagiert, um damit eine sichere und reichhaltige Basis für unsere Ernährung zu erhalten.

­

WWF Schweiz, die gemeinnützige Stiftung, welche sich für den Natur- und Umweltschutz einsetzt.

Gemäss Absatz 2 steht den Organisationen das Beschwerderecht nur zu, wenn das eingetragene Patent ein Gebiet der Technik betrifft, das seit mindestens fünf Jahren von ihrem statutarischen Zweck umfasst ist. Das Ziel des Verbandsbeschwerderechts ist es, die richtige Anwendung des Verwaltungsrechts zu gewährleisten. Organisationen, die gegen ein eingetragenes Patent Beschwerde führen, das ein Gebiet der Technik betrifft, welches nicht zu ihrem eigentlichen Tätigkeitsbereich gehört, verfügen nicht über das für die Beschwerde erforderliche spezifische Fachwissen. Zudem soll mit dem Erfordernis einer mindestens fünfjährigen Tätigkeit im entsprechenden Bereich verhindert werden, dass sich Organisationen kurzfristig im Hinblick darauf gründen, gegen Patente aus bestimmten technischen Gebieten vorzugehen.

Der Tätigkeitsbereich der betreffenden Organisationen ist eng auszulegen; das heisst, zwischen dem Gebiet der Technik, welchem das eingetragene Patent zugeordnet ist, und der Tätigkeit der Organisation muss eine enge Beziehung bestehen. Dies soll anhand eines Beispiels im Zusammenhang mit biotechnologischen Erfindungen erläutert werden. Biotechnologische Erfindungen basieren auf biologischem Material.

Letzteres enthält genetische Informationen, ist vermehrbar und weist eine hohe Komplexität auf. Biotechnologische Erfindungen sind patentierbar, wenn sie die allgemeinen Patentierungsvoraussetzungen erfüllen. Das heisst, es muss eine Erfindung (nicht bloss eine Entdeckung) vorliegen, die neu und nicht naheliegend ist sowie gewerblich genutzt werden kann. Unter diesen Voraussetzungen können z. B. Sequenzen, die sich von einer natürlich vorkommenden Sequenz oder Teilsequenz eines Gens ableiten, als Erfindung patentierbar sein (Art. 1b Abs. 2 PatG). Unter einer abgeleiteten Sequenz wird jede ausgehend von der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens erhaltene und mit dieser funktionsgleichwertige Nukleotid- oder Aminosäuresequenz (cDNA, RNA, Polypeptide, Proteine usw.) verstanden. Als solche vom Patentschutz ausgeschlossen sind hingegen natürlich vorkommende Sequenzen oder Teilsequenzen eines Gens sowohl in ihrer natürlichen Umgebung als auch in unverändertem isoliertem Zustand (Art. 1b Abs. 1 PatG). Aus diesem Spannungsfeld zwischen patentierbaren und nicht patentierbaren Sequenzen können sich verschiedene
Abgrenzungsprobleme ergeben.

Solche Abgrenzungsprobleme können Anwendungsfälle für u. a. die ideelle Verbandsbeschwerde sein. Dafür muss das Gebiet der Gentechnik aber in einer engen 46 / 84

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Beziehung zum eigentlichen Tätigkeitsbereich der beschwerdeführenden Organisation stehen. Dies dürfte der Fall sein, wenn sie sich (seit mindestens fünf Jahren) beispielsweise für genetische Vielfalt oder für den Erhalt der Forschungsfreiheit im Gesundheitssektor engagiert. Hingegen scheint die geforderte enge Beziehung nicht bereits dadurch gegeben zu sein, dass sich die betreffende Organisation allgemein für den Schutz der Menschenwürde einsetzt. Im Einzelfall wird es die Aufgabe des zuständigen Gerichts sein, zu entscheiden, ob den Organisationen das Beschwerderecht zusteht oder nicht.

Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass Organisationen, denen das Recht zur ideellen Verbandsbeschwerde gemäss Artikel 59cbis zusteht, jede Verletzung des PatG rügen können ­ wie alle anderen beschwerdeberechtigten Personen auch. Sie können also z. B. mit der Begründung Beschwerde führen, die Erfindung sei von Gesetzes wegen von der Patentierung ausgeschlossen (Art. 1a, 1b und 2 PatG). Zu diesen gesetzlichen Ausschlussgründen zählt etwa der menschliche Körper in allen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung oder, wie bereits erwähnt, natürlich vorkommende Sequenzen oder Teilsequenzen eines Gens. Beschwerden sind auch möglich gegen Erfindungen, deren Verwertung die Menschenwürde verletzt, die Würde der Kreatur missachtet oder gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstösst.

Schliesslich können die fraglichen Organisationen andere Beschwerdegründe aufführen, wie das Fehlen einer oder mehrerer Erteilungsvoraussetzungen. Demzufolge können sie z. B. mit der Begründung Beschwerde gegen ein eingetragenes vollgeprüftes Patent (Art. 58b Abs. 2 E-PatG) einreichen, dass dessen Gegenstand nicht erfinderisch sei (Art. 1 PatG).

Art. 60 Absatz 2: Die in Artikel 60 Absatz 1bis PatG enthaltene Aufzählung der Angaben, welche bei der Patenterteilung in das Register einzutragen sind, wird aufgehoben. An ihre Stelle tritt in Absatz 2 eine Delegationsnorm an den Bundesrat. Die Änderung erfolgt im Sinne einer teilweisen Harmonisierung mit den entsprechenden Regelungen zu den anderen gewerblichen Schutzrechten (d. h. mit Art. 38 MSchG sowie Art. 24 und 25 DesG). Die bei der Patenterteilung in das Patentregister einzutragenden Angaben sollen neu (mit Ausnahme der weiterhin von Absatz 2 vorgeschriebenen Patentnummer,
dem Anmeldedatum und gegebenenfalls den Prioritätsangaben) alle auf PatV-Stufe geregelt werden. Artikel 94 PatV enthält bereits eine solche Bestimmung, die im Rahmen der Anpassungen des Ausführungsrechts zu überarbeiten sein wird.

Absatz 3: Der bisherige Absatz 2 wird neu zu Absatz 3, ohne dass sich inhaltlich etwas ändert.

Absatz 4: Falls das Patent in englischer Sprache veröffentlicht wird, sind nur der Titel und die Zusammenfassung in eine schweizerische Amtssprache zu übersetzen (vgl.

dazu die Erläuterungen zu Art. 58a Abs. 3).

Art. 61 Die bei der Eintragung von Patenten im Register zu veröffentlichenden Angaben werden in der PatV geregelt. Die Änderung erfolgt im Sinne einer Harmonisierung mit

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den entsprechenden Regelungen zu den anderen gewerblichen Schutzrechten (d. h.

mit Art. 38 MSchG und Art. 24 sowie 25 DesG).

Art. 63 Der Verweis in Absatz 2 auf den gestrichenen Artikel 60 Absatz 1bis PatG wird durch den Verweis auf Artikel 60 Absatz 2 E-PatG ersetzt. Die über die Aufzählung in Absatz 2 hinausgehenden, in die Patentschrift aufzunehmenden Angaben werden in der PatV geregelt. Dazu gehören insbesondere der Name und der Wohnsitz der Patentinhaberin oder des Patentinhabers, der Name der Erfinderin oder des Erfinders und der Titel der Erfindung.

Art. 64 (Aufgehoben) Die Anforderungen an die Patenturkunde werden in die PatV überführt und dem Verfahren für die Eintragung der anderen gewerblichen Schutzrechte (Marken und Designs) angeglichen. Nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung vom 23. Dezember 199239 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (MSchV) sowie Artikel 18 Absatz 2 der Designverordnung vom 8. März 200240 (DesV) wird eine Bestätigung der Eintragung des Schutzrechts erstellt. Diese vom IGE in der Wahrnehmung seiner hoheitlichen Aufgaben ausgestellte Schrift ist ein Beweismittel im Sinne von Artikel 12 VwVG.

Art. 65 Der Begriff «zurückweisen» wird präzisiert durch «nichteintreten» als Rechtsfolge bei formellen und «abweisen» bei materiellen Mängeln. Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung.

Art. 86a Infolge der Änderung der Bezeichnung der Eidgenössischen Zollverwaltung wird diese im PatG durch «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)» bzw.

«BAZG» ersetzt.

Art. 123 Artikel 123 regelt die Pflicht zur Übersetzung einer europäischen Patentanmeldung in eine schweizerische Amtssprache im Fall einer Umwandlung. Als wesentliche Erleichterung für nationale und insbesondere internationale Anmelderinnen und Anmelder werden gemäss vorgeschlagener Revision neu auch in englischer Sprache verfasste Anmeldungen akzeptiert. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass im Bereich des Patentrechts ein Grossteil der Unterlagen und Dokumente in englischer Sprache verfasst ist. Im Einklang mit Artikel 58a Absatz 4 E-PatG, der für schweizerische Patente die Möglichkeit einer Publikation in englischer Sprache vor39 40

SR 232.111 SR 232.121

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sieht, und Artikel 138 Buchstabe d E-PatG, der auch internationale Anmeldungen in englischer Sprache zulässt, kann nach Artikel 123 neu bei einer in Englisch verfassten europäischen Patentanmeldung ebenfalls auf die Übersetzung verzichtet werden. Patentanmelderinnen und Patentanmelder sparen sich damit unter Umständen erhebliche Übersetzungskosten, was die Patentanmeldung wirtschaftlich interessanter macht.

Daneben wird der Artikel terminologisch an die übrige Revision angepasst.

Art. 137 Der Verweis auf Artikel 112 PatG ist unrichtig. Dieser wurde durch Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 16. Dezember 2005 über die Genehmigung des Übereinkommens über die Anwendung des Artikels 65 des Europäischen Patentübereinkommens und über die Änderung des Patentgesetzes41 aufgehoben.

Art. 138 Artikel 138 regelt die Formerfordernisse, die PCT-Anmeldungen erfüllen müssen, und die Informationen, welche die Anmelderinnen und Anmelder dem IGE allenfalls nachliefern müssen. Inhaltlich bleibt der Artikel weitgehend unverändert. Eine wesentliche Anpassung ergibt sich jedoch bei den Übersetzungen: Gemäss Vorlage werden neu auch in Englisch verfasste Anmeldungen akzeptiert. Deshalb kann im Einklang mit Artikel 58a Absatz 4 und 123 E-PatG nach Artikel 138 Buchstabe d neu bei einer in Englisch verfassten PCT-Anmeldung auf die Übersetzung verzichtet werden.

Die neue Regelung ändert indes nichts an der Verfahrenssprache. Verfügungen und Entscheide des IGE (und anderer involvierter Behörden, z. B. des BPatGer; Art. 36 Abs. 3 E-PatGG) ergehen wie bis anhin in einer Amtssprache. Wo nötig, haben die beteiligten Behörden weiterhin die Möglichkeit, Übersetzungen anzuordnen (Art. 33a Abs. 4 VwVG und Art. 36 Abs. 4 E-PatGG).

Art. 139 Absatz 1: Mit der Einführung der fakultativen Vollprüfung für Schweizer Patente muss auch die Schnittstelle zum PCT (internationale Anmeldungen) angepasst werden. Die Artikel 134­140 PatG regeln das PCT-Verfahren, soweit das IGE Bestimmungsamt ist. Das geltende Recht beschränkt sich darauf, der korrekt vorgenommenen internationalen Anmeldung die gleichen Wirkungen zuzugestehen wie einer vorschriftsgemäss eingereichten Schweizer Anmeldung. An dieser Ausgangslage ändert sich grundsätzlich nichts. Aufgrund des Wechsels zur fakultativen Vollprüfung und der damit verbundenen Änderungen betreffend
Recherche und Bericht zum Stand der Technik sind jedoch gewisse Anpassungen nötig. Der Wechsel zur fakultativen Vollprüfung führt dazu, dass neu für sämtliche Patentanmeldungen in der Schweiz eine Recherche zum Stand der Technik durchgeführt wird (Art. 57a E-PatG). Um sicherzustellen, dass PCT-Anmeldungen mit den nationalen Anmeldungen gleichwertig sind, führt Absatz 1 für PCT-Anmeldungen im Grundsatz die Pflicht für eine ergänzende Recherche ein.

41

AS 2008 1739

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Absatz 2: Je nach Ursprung und Inhalt der internationalen Recherche ist die Erstellung eines ergänzenden Berichts zum Stand der Technik nicht nötig, um die Qualität der Patentprüfung sicherzustellen. Das IGE erhält in diesen Fällen mit Absatz 2 neu die Kompetenz, auf den ergänzenden Bericht zu verzichten. Damit jedoch die sechsmonatige Frist zur Beantragung der vollständigen Prüfung (Art. 58b Abs. 3 E-PatG) bei internationalen Anmeldungen nicht endet, bevor die nationale Phase beginnt, veröffentlicht das IGE in diesem Fall eine Verzichtserklärung. Erst mit dieser Publikation beginnt die Antragsfrist zu laufen. Die Voraussetzungen für den Verzicht werden in den zu revidierenden Prüfungsrichtlinien des IGE42 und gegebenenfalls punktuell im Ausführungsrecht geregelt, wobei die Erfahrungen aus der bisherigen Praxis einfliessen werden.

Art. 140f Der Begriff «zurückweisen» wird präzisiert durch «nichteintreten» als Rechtsfolge bei formellen Mängeln. Es handelt sich dabei um eine redaktionelle Änderung.

Art. 140h Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung der Gebühren für das ESZ wird präzisiert ­ gleich wie diejenige für das Patent (Art. 41 E-PatG).

Art. 140m Als Folge der Neugliederung des PatG muss der ursprüngliche Verweis auf den 1.­3.

und 5. Titel korrigiert werden; neu verweist der Artikel auf den 1. und 2. Titel.

Art. 140o, 140v, 146 und 147 Der Begriff «zurückweisen» wird präzisiert durch «nichteintreten» als Rechtsfolge bei formellen Mängeln. Es handelt sich dabei um eine redaktionelle Änderung.

Art. 150 Absatz 1: Als allgemeiner intertemporal-rechtlicher Grundsatz ist das neue Recht ab seinem Inkrafttreten grundsätzlich auf alle hängigen Patentanmeldungen anwendbar.

Damit wird der möglichst rasche Wechsel auf das neue System der fakultativen Vollprüfung sichergestellt. Im Verfahrensrecht gilt die Anwendung des neuen Rechts auf hängige Verfahren nicht als Rückwirkung.43 Absatz 2: Bei Patentanmeldungen, deren Behandlung bereits fortgeschritten ist, ist ein Wechsel auf das neue System (bei dem auch Dritte die Vollprüfung beantragen können) für alle Beteiligten nicht sinnvoll. In diesen Fällen kann die Patentanmeldung nach altem Recht beurteilt werden. Dafür müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss die vom IGE in Rechnung gestellte Prüfungsgebühr (Art. 17a Abs. 1 42 43

Können abgerufen werden unter: www.ige.ch > Etwas schützen > Patente > Anmeldung in der Schweiz > Sachprüfung (Stand: 16.8.2022).

BGE 113 Ia 412 E. 6

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Bst. c PatV) vor Inkrafttreten der Revision bezahlt worden sein. Zum anderen darf die Anmeldung zu diesem Zeitpunkt nicht sistiert sein. Diese Einschränkung ist unter anderem deshalb nötig, weil Anmelderinnen und Anmelder ihre Anmeldungen häufig sistieren (Art. 62 PatV), um z. B. den Ausgang von Verfahren vor dem EPA abzuwarten. Da diese Verfahren lange dauern können, müsste das IGE noch Jahre nach Inkrafttreten der vorliegenden Revision Anmeldungen nach altem Recht beurteilen. Ist eine Anmeldung bei Inkrafttreten der vorliegenden Revision sistiert, wird sie deshalb immer nach neuem Recht beurteilt.

Sind beide Voraussetzungen erfüllt, wird die hängige Anmeldung grundsätzlich nach altem Recht beurteilt: Der Prüfungsgegenstand richtet sich nach Artikel 59 Absatz 4 in seiner geltenden Fassung. Artikel 58b E-PatG ist nicht anwendbar, weshalb für solche Anmeldungen keine vollständige Prüfung beantragt werden kann (unter Vorbehalt der freiwilligen Unterstellung der Anmeldung unter neues Recht nach Abs. 3). Artikel 57a E-PatG, der von Amtes wegen einen Bericht zum Stand der Technik vorsieht, kommt ebenso wenig zur Anwendung wie Artikel 139 E-PatG für PCT-Anmeldungen. Stattdessen können die Anmelderinnen und Anmelder sowie Dritte freiwillig die Erstellung eines Berichts verlangen (Art. 59 Abs. 5 und 6 PatG). Dieser wird nach den bisherigen Regeln veröffentlicht (Art. 58a Abs. 2 PatG).

Absatz 3: Auf Wunsch der Anmelderinnen und Anmelder können auch hängige Anmeldungen, welche die Voraussetzungen von Absatz 2 erfüllen, nach neuem Recht beurteilt werden.

Absatz 4: Damit eine hängige Patentanmeldung nach altem Recht beurteilt wird, darf sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens nicht sistiert sein. Anmelderinnen und Anmelder müssen sich somit entscheiden, ob sie die Sistierung aufheben wollen, um ihre Anmeldung unter altem Recht zu Ende prüfen lassen zu können, oder ob sie das Verfahren ausgesetzt lassen wollen (was zur Folge hätte, dass die vollständige Prüfung der Anmeldung beantragt werden könnte). Sie könnten versucht sein, in Umgehung von Absatz 2 die Sistierung aufzuheben und nach Inkrafttreten der vorgeschlagenen Revision sogleich wieder zu beantragen, um sowohl von der Prüfung nach altem Recht als auch von der Sistierung zu profitieren. Um dies zu verhindern, unterstellt Absatz 4 Anmeldungen, die nach
Inkrafttreten der Revision sistiert werden (sei es zum ersten oder wiederholten Mal), immer neuem Recht. Dadurch wird Missbrauch verhindert und sichergestellt, dass möglichst rasch nur noch das neue Recht zur Anwendung gelangt.

Art. 151 Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe cbis führt einen neuen Nichtigkeitsgrund ein. Die Übergangsbestimmung in Artikel 151 garantiert diesbezüglich das allgemeine Rückwirkungsverbot. Mit der Bestimmung wird sichergestellt, dass der neue Nichtigkeitsgrund nur gegen diejenigen Patente geltend gemacht werden kann, deren Teilverzicht, der zu einer Erweiterung des Schutzbereichs führt, nach Inkrafttreten des neuen Rechts erfolgt ist.

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Art. 152 Für Patenterteilungen, die bis zum Datum des Inkrafttretens in Rechtskraft erwachsen sind, steht Dritten das bisherige Einspruchsverfahren bis zum Ablauf der Einspruchsfrist zur Verfügung. Mit dieser Regelung wird verhindert, dass Dritten weder die neue 4-monatige Beschwerdefrist noch die 9-monatige Einspruchsfrist zur Verfügung steht. Für Patenterteilungen kurz vor Inkrafttreten der Änderungen wäre ansonsten die Einspruchs- oder Beschwerdefrist deutlich verkürzt, diese könnte weit unter der neuen Beschwerdefrist von vier Monaten liegen. Beschwerdeinstanz ist das Bundespatentgericht.

Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass eingetragene Patente, die zwar vor Inkrafttreten der vorliegenden Revision erteilt werden, deren allgemeine Beschwerdefrist von dreissig Tagen beim Inkrafttreten aber noch nicht abgelaufen ist, ab dem Datum des Inkrafttretens dem neuen Beschwerderecht und damit der auf vier Monate verlängerten Frist unterliegen (in Bezug auf Beschwerden Dritter).

5.2

Bundesgesetz über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum vom 24. März 1995

Art. 2 Absatz 1 Buchstabe a: Als redaktionelle Klarstellung werden die ergänzenden Schutzzertifikate in die Liste der Schutztitel aufgenommen, für die das IGE zuständig ist. In Angleichung an das PatG wird der Begriff «Erfindungspatent» in «Patent» geändert.

Absätze 3 und 3bis: Die internationale Zusammenarbeit ist im Bereich des geistigen Eigentums von grosser Bedeutung. Mit ihr können die beteiligten Länder und ihre für Immaterialgüterrechte zuständigen Behörden Synergien nutzen sowie Abläufe harmonisieren. Das kann die Registrierung von Marken und Patenten in verschiedenen Ländern erheblich erleichtern. Damit steigt neben der Effizienz auch die Rechtssicherheit im internationalen Umfeld. Im Bereich der internationalen Zusammenarbeit vollzieht das IGE nach Massgabe der Spezialgesetzgebung völkerrechtliche Verträge auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, vertritt die Schweiz im Rahmen von internationalen Organisationen und Übereinkommen, wirkt bei der Vertretung der Schweiz im Rahmen anderer internationaler Organisationen und Übereinkommen mit und beteiligt sich an der technischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des geistigen Eigentums (Art. 2 Abs. 1 Bst. b, d, e und f IGEG). Die internationale Vernetzung des Immaterialgüterrechts führt auch zu einer engen Zusammenarbeit des IGE mit verschiedenen internationalen Organisationen wie z. B. dem EPA oder der WIPO (vgl.

Art. 2 Abs. 3 IGEG) sowie mit nationalen Behörden anderer Länder, die für geistiges Eigentum zuständig sind, wie beispielsweise Marken- oder Patentämtern.

Aufbau und Formen der internationalen Zusammenarbeit sind vielfältig. Im Vordergrund steht die Zusammenarbeit zwischen zwei Behörden oder Organisationen, um sicherzustellen, dass das System zum Schutz und zur Durchsetzung der Immaterialgüterrechte auch in Zukunft internationale Entwicklungen berücksichtigen und möglichst effizient bleiben kann. Beispielsweise werden Recherchen für gewisse tech52 / 84

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nische Bereiche an spezialisierte ausländische, nationale oder regionale Patentämter ausgelagert. Daneben verwaltet die WIPO einen «Patent Prosecution Highway». Dieser besteht aus einer Reihe von bilateralen Abkommen zwischen verschiedenen Patentämtern mit dem Ziel, die nationale bzw. regionale Phase internationaler Anmeldungen zu beschleunigen, indem z. B. Arbeitsergebnisse (wie etwa Recherchen) ausländischer Ämter übernommen werden können. Denkbar ist auch eine Kooperation verschiedener Markenämter zur Abstimmung ihrer Prüfungspraxis. Des Weiteren könnten für Immaterialgüterrechte zuständige Behörden zur Steigerung der Effizienz der Schutzrechtsverwaltung im Bereich der Nutzung neuer Technologien zusammenarbeiten. Schliesslich ist auch eine Zusammenarbeit mit Länderverbünden möglich, wie beispielsweise dem «Nordic Patent Institute» (gegründet durch Island, Dänemark und Norwegen).

Auch bei der vorliegenden Revision ist die internationale Zusammenarbeit von Bedeutung: Neu steht es Anmelderinnen und Anmeldern zwar offen, beim IGE die Prüfung sämtlicher Patentierungsvoraussetzungen (v. a. Neuheit und erfinderische Tätigkeit) zu beantragen. Um aber auch beim teilgeprüften Schutztitel mehr Rechtssicherheit zu schaffen, wird neu jede Patentanmeldung durch eine obligatorische Recherche ergänzt. Da eines der Ziele der Revision die Bereitstellung einer effizienten und flexiblen Patentprüfung ist, werden die Recherchen neu zwar ausschliesslich durch das IGE durchgeführt. Dieses hat in der Vergangenheit demonstriert, dass es über die nötige Expertise verfügt, um qualitativ hochwertige Recherchen durchzuführen. Dessen ungeachtet kann es aber Situationen geben, in denen die Zusammenarbeit mit ausländischen Patentämtern oder Organisationen für die Patentanmelderinnen und Patentanmelder in der Schweiz Vorteile bietet, wie etwa aus Effizienzgründen oder aus fachlichen Überlegungen (z. B. Spezialisierungen einiger Patentämter auf gewisse Gebiete der Technik).

Das IGE ist als öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit darauf angewiesen, die Zusammenarbeit auf technischer und administrativer Ebene selbständig regeln zu können. Artikel 2 Absätze 3 und 3bis E-IGEG erweitern im Rahmen der Kompetenzdelegation von Artikel 48a Absatz 1 zweiter Satz RVOG massvoll die Möglichkeit des IGE, im Bereich
des geistigen Eigentums in eigenem Ermessen Verträge von beschränkter Tragweite abzuschliessen ­ sowohl mit internationalen und regionalen Organisationen (wie z. B. der WIPO oder dem EPA) als auch mit nationalen Behörden und Ämtern anderer Länder. Es geht dabei namentlich um administrativ-technische Vereinbarungen. Hierbei ist das IGE verpflichtet, sich mit den betroffenen anderen Bundesstellen zu koordinieren.

Damit kann sich das IGE selbständig an internationalen Strukturen beteiligen und z. B. die Patentanmeldung in der Schweiz für internationale Anmelderinnen und Anmelder einfacher, effizienter und dadurch attraktiver gestalten.

3. Abschnitt: Wahrung der Bundesinteressen Mit der Einführung einer expliziten rechtlichen Grundlage für die Festlegung von strategischen Zielen (Art. 8a) bedarf die Überschrift des betroffenen Abschnitts einer Anpassung. Wie die vorgeschlagene Regelung selber, orientiert sich die neue Über-

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schrift an den entsprechenden Bestimmungen anderer vergleichbarer Verwaltungseinheiten wie dem METAS oder der Innosuisse.

Art. 8a Der neue Artikel 8a hält fest, dass der Bundesrat für jeweils vier Jahre die strategischen Ziele des Instituts verbindlich festlegt und dafür sorgt, dass der Institutsrat vorgängig angehört wird. Damit enthält das IGEG die im Bericht zur Eignerstrategie geforderte ausdrückliche gesetzliche Grundlage zur Führung mittels strategischer Ziele des Bundesrates.

Art. 9 Absatz 1 hält unverändert fest, dass das IGE der Aufsicht des Bundesrates untersteht.

Absatz 2 enthält neu eine nicht abschliessende Aufzählung der dem Bundesrat zur Ausübung der Aufsicht zur Verfügung stehenden Instrumente: Wahl der Präsidentin oder des Präsidenten sowie der weiteren Mitglieder des Institutsrates, Begründung, Änderung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Direktorin oder des Direktors, Wahl der Revisionsstelle, Genehmigung des Anschlussvertrags mit PUBLICA, Genehmigung des jährlichen Rechenschaftsberichts über die Tätigkeit des IGE und der Gebührenordnung des IGE, Entlastung des Institutsrates und jährliche Überprüfung der Erreichung der strategischen Ziele. Diese Kompetenzen hatte der Bundesrat schon bisher, sie werden nun aber entsprechend den aktuellen Grundsätzen der Corporate Governance ausdrücklich im Gesetz aufgeführt.

Absatz 3 verpflichtet das IGE, dem Bundesrat ­ oder dem Departement, soweit diesem die Wahrnehmung der Aufsichtsfunktion delegiert ist ­ Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu gewähren und über seine Geschäftstätigkeit zu informieren. Diese Pflicht leitet sich aus dem Aufsichtsrecht des Bundesrates ab und bestand ebenfalls schon bisher, wird nun aber ausdrücklich im Gesetz erwähnt.

Absatz 4 hält wie bisher fest, dass die Oberaufsicht des Parlaments und der Eidgenössischen Finanzkontrolle vorbehalten bleiben.

5.3

Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968

Art. 1 Artikel 1 definiert den Geltungsbereich des VwVG. Präzisierend dazu wird in Absatz 2 der organisatorische Geltungsbereich auf Bundesebene umschrieben. Bisher überprüfte das BVGer als Beschwerdeinstanz sämtliche Verfügungen des IGE in Patentsachen. Neu ist dies die Aufgabe des BPatGer. Dementsprechend ist das BPatGer als Behörde in Absatz 2 aufzuführen (Bst. cter).

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Art. 2 Artikel 2 Absatz 4 hält als Grundsatz fest, dass das VwVG auf Verfahren vor dem BVGer anwendbar ist. Da neu das BPatGer und nicht mehr das BVGer Verfügungen des IGE, die in Anwendung des Patentgesetzes erlassen wurden, überprüft, stellt sich auch die Frage nach der Anwendbarkeit des VwVG. Dies insbesondere deshalb, weil sich (zivilrechtliche) Verfahren vor dem BPatGer grundsätzlich nach der Zivilprozessordnung44 (ZPO) richten (vgl. Art. 27 PatGG).

Es ist unbestritten, dass der Zuständigkeitswechsel vom BVGer zum BPatGer keine Auswirkungen auf das anwendbare Verfahrensrecht hat und dass Verfahren, welche Verfügungen des IGE im Patentrecht zum Gegenstand haben, grundsätzlich weiterhin nach dem VwVG zu beurteilen sind. Entsprechend hält der neue Artikel 27 Absatz 2 E-PatGG fest, dass die Verfahrensregeln des VwVG anwendbar sind, soweit das PatGG, das PatG und das 3. und 4. Kapitel des VGG nicht davon abweichen. Gleichzeitig wird in Artikel 27 Absatz 1 E-PatGG sichergestellt, dass sich zivilrechtliche Verfahren vor dem BPatGer grundsätzlich weiterhin nach der ZPO richten.

Art. 21 In der französischen Fassung wird die Schreibweise von «Institut Fédéral de la Propriété Intellectuelle» geändert (neu: Grossschreibung), in allen Fassungen wird zudem die Abkürzung dafür eingeführt.

Art. 47 Artikel 47 Absatz 1 legt unter Verweis auf andere Vorschriften die Beschwerdeinstanzen fest. Seit der Totalrevision der Bundesrechtspflege ist das BVGer das allgemeine Verwaltungsgericht des Bundes. Da neu das BPatGer und nicht mehr das BVGer Verfügungen des IGE nach dem Patentgesetz überprüfen wird, sind die Beschwerdeinstanzen in Artikel 47 Absatz 1 entsprechend zu ergänzen.

Art. 63 Die Änderung in Artikel 63 dient hauptsächlich dazu, die Obergrenze für die Gerichtsgebühren des BVGer, des Bundesstrafgerichts (BStGer) in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten und neu auch des BPatGer zu erhöhen, wie dies die Bundesversammlung mit zwei Motionen (Mo. 17.3353 GPK-NR und 17.3354 GPK-SR «Erhöhung der Obergrenzen der Gerichtsgebühren des BGer und des BVGer») verlangt hatte (vgl. Abs. 6). Zudem wird die Minimalgebühr für Streitigkeiten von 100 auf 200 Franken angehoben (vgl. Abs. 4bis). Die Motionen wurden im Zusammenhang mit der Botschaft vom 15. Juni 2018 zur Änderung des Bundesgerichtsgesetzes beraten.45 Diese Vorlage hat sich aber als nicht mehrheitsfähig erwiesen und die beiden Motionen wurden abgeschrieben46, ihr Inhalt wurde aber begrüsst.

44 45 46

SR 272 BBl 2018 4605; BBl 2018 4663 AB 2020 N 156

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Die Motionen verlangten, die Obergrenzen der Gerichtsgebühren flexibel auszugestalten oder höher festzulegen, damit das BGer und das BVGer bei ausserordentlich hohen Streitwerten, besonders komplexen Verfahren oder besonders schwerwiegenden im Streit liegenden Interessen über die heutigen Maximalbeträge hinausgehen können. Da im Rahmen der vorliegenden Revision auch weitere Änderungen am VwVG vorgenommen werden, soll der Regelungsinhalt der Motionen für das BVGer, das BPatGer und für verwaltungsrechtliche Angelegenheiten des BStGer ­ nicht aber des BGer ­ nun umgesetzt werden.

Absatz 4bis: Die Spruchgebühr beträgt neu mindestens 200 statt 100 Franken. Diese Änderung betrifft nicht nur das BVGer, das BPatGer und das BStGer, sondern alle Beschwerdeinstanzen, die nach dem VwVG entscheiden. Wenn besondere Umstände den teilweisen oder vollständigen Erlass der Verfahrenskosten rechtfertigen, kann die Minimalspruchgebühr auch in Zukunft unterschritten werden (vgl. Abs. 1).

Mit einer redaktionellen Anpassung wird in Absatz 5 verdeutlicht, dass der erwähnte Vorbehalt einzig die Zuständigkeiten erfasst. Die aufgeführten Gerichte regeln die Einzelheiten der Gerichtsgebühren in Reglementen, können jedoch nicht von Artikel 63 abweichen. Da das BPatGer aufgrund seiner Autonomie die Bemessung der Gerichtsgebühren und Entschädigungen in seinem Zuständigkeitsbereich selber regeln muss, wird Absatz 5 durch einen entsprechenden Vorbehalt für das BPatGer ergänzt.

Absatz 6: Diverse Rechts- und Tatfragen, die heute in patentrechtlichen Zivilprozessen auftreten, können sich künftig auch im Beschwerdeverfahren stellen. Es hat sich gezeigt, dass die Sachverhaltsermittlung durchaus aufwendig und komplex sein kann.

Dies wird in Beschwerdeverfahren nicht anders sein und möglicherweise auch unter dem Amtsermittlungsgrundsatz in Einzelfällen zu überdurchschnittlichem Aufwand führen. Des Weiteren ist nicht auszuschliessen, dass einzelne Beschwerdeverfahren einen hohen Streitwert aufweisen werden (insbesondere Verfahren bezüglich ESZ).

Um hohen Streitwerten, der Komplexität und dem Umfang der Materie im Einzelfall gebührend Rechnung tragen zu können, rechtfertigt es sich, die Anliegen der erwähnten Motionen anlässlich dieser Teilrevision des Patentgesetzes umzusetzen. Künftig ist es möglich, den ordentlichen Gebührenrahmen
beim Vorliegen besonderer Gründe zu überschreiten bis zum maximal Doppelten.47 Der Maximalbetrag wird damit für Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse neu 10 000 Franken (bisher 5000) und für die übrigen Streitigkeiten neu 100 000 Franken (bisher 50 000) betragen. Der neue Absatz 6 übernimmt für die Spruchgebühren des BVGer, des BPatGer und des BStGer das Modell von Artikel 65 Absatz 5 BGG.

Art. 64 Mit einer redaktionellen Anpassung wird verdeutlicht, dass der erwähnte Vorbehalt einzig die Zuständigkeiten erfasst. Die aufgeführten Gerichte regeln die Einzelheiten der Entschädigungen in Reglementen, können jedoch nicht von Artikel 64 abweichen.

Das BPatGer muss aufgrund seiner Autonomie die Bemessung der Gerichtsgebühren 47

Vgl. Botschaft vom 15. Juni 2018 zur Änderung des Bundesgerichtsgesetzes; BBl 2018 4605, hier 4619.

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und Entschädigungen in seinem Zuständigkeitsbereich selber regeln. Absatz 5 wird daher durch einen entsprechenden Vorbehalt für das BPatGer ergänzt.

Art. 65 Absatz 4: Analog Artikel 123 Absatz 2 ZPO wird die Verjährung des Anspruchs des Gemeinwesens auf Ersatz der im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege übernommen Kosten neu ­ und der Klarheit halber ­ ausdrücklich geregelt.

Absatz 5: Mit einer redaktionellen Anpassung wird verdeutlicht, dass der erwähnte Vorbehalt einzig die Zuständigkeiten erfasst. Die aufgeführten Gerichte regeln die Einzelheiten der Bemessung von Honorar und Kosten in Reglementen, können jedoch nicht von Artikel 65 abweichen. Das BPatGer muss aufgrund seiner Autonomie die Bemessung von Honorar und Kosten in seinem Zuständigkeitsbereich selber regeln.

Absatz 5 wird daher durch einen entsprechenden Vorbehalt für das BPatGer ergänzt.

5.4

Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005

Art. 6 Absatz 1 enthält den Grundsatz der personellen Gewaltenteilung (Art. 144 BV) und legt neben anderen Unvereinbarkeiten fest, dass Richterinnen und Richter des BVGer in keinem anderen Arbeitsverhältnis mit dem Bund stehen dürfen. Neu soll es ein und derselben Person möglich sein, gleichzeitig am BVGer und am BPatGer je zu Teilzeit anzugehören (vgl. hiernach die Kommentierung zu Art. 10 Abs. 1 E-PatGG). Um solches zu ermöglichen, ist Absatz 1 mit einer entsprechenden Ausnahme zu ergänzen.

Art. 32 Artikel 32 regelt die Ausnahmen von der allgemeinen Zuständigkeit des BVGer in Bundesverwaltungssachen. Die bestehenden Ausnahmetatbestände von Absatz 1 sind zu ergänzen mit einem zusätzlichen Buchstaben k, wonach die Beschwerde unzulässig ist gegen Verfügungen des IGE nach dem Patentgesetz. Diese Verfügungen sind neu mit Beschwerde beim BPatGer anfechtbar. Das BVGer bleibt aber weiterhin Beschwerdeinstanz für Verfügungen aus den übrigen Bereichen des Immaterialgüterrechts, namentlich für Verfügungen nach dem MSchG und dem DesG, und für Verfügungen nach dem PatG, sofern diese nicht vom IGE erlassen werden.

Art. 33 Für die Anstalten des Bundes regelt Artikel 33 Buchstabe b die Zulässigkeit von Beschwerden an das BVGer gegen Entscheide des Bundesrates über die Abberufung von Mitgliedern des Verwaltungs- oder Institutsrates der jeweiligen Anstalt. Die Mitglieder des Institutsrates des IGE werden vom Bundesrat gewählt und abberufen (vgl.

Art. 3 IGEG und Art. 1 der Verordnung vom 25. Oktober 199548 über die Organisation des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum). Eine spezifische Regelung 48

SR 172.010.311

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in Bezug auf die Abberufung von Mitgliedern des Institutsrates des IGE fehlt bis heute und wird in Buchstabe b in einer neuen Ziffer 11 ergänzt. Eine entsprechende Ergänzung für die Direktorin oder den Direktor des IGE ist nicht nötig, da die Auflösung dieses Arbeitsverhältnisses unter Artikel 33 Buchstabe a fällt. Die Arbeitsverhältnisse mit den übrigen Direktionsmitgliedern werden vom Institutsrat aufgelöst, auf solche Entscheide ist Artikel 33 Buchstabe e anwendbar.

5.5

Patentgerichtsgesetz vom 20. März 2009

Ingress Das BPatGer ist in Patentsachen neu auch verwaltungsgerichtliche Beschwerdeinstanz des Bundes. Der Ingress wird deshalb mit dem Verweis auf Artikel 191a Absatz 2 BV ergänzt.

Art. 1 Da das BPatGer neu in Patentsachen auch für verwaltungsrechtliche Verfahren zuständig ist, wird Absatz 1 entsprechend ergänzt und der Übersicht halber neu strukturiert.

Art. 4 Staatliche Gerichte werden in der Regel durch Gebühreneinnahmen und subsidiär durch das Gemeinwesen finanziert, dem sie angehören. Im Fall des BPatGer werden heute die durch Gerichtsgebühren nicht gedeckten Kosten durch Beiträge des IGE, die den jährlich vereinnahmten Patentgebühren entnommen werden, finanziert. Ein solches Finanzierungsmodell für ein staatliches Gericht ist bisher einzigartig in der Schweiz.

Weil das spezialisierte Gericht im Interesse eines starken Patentschutzes ­ und damit im Interesse von allen Nutzerinnen und Nutzern des Patentsystems ­ steht, entschied sich der Gesetzgeber bei der Schaffung des BPatGer für eine verursachergerechte Mitfinanzierung. Die institutionelle Unabhängigkeit des Gerichts wurde nicht als gefährdet betrachtet, da das BPatGer als erstinstanzliches Zivilgericht die Entscheide des IGE nicht überprüft.

Mit der Teilrevision des PatG und der damit verbundenen Teilrevision des PatGG ändert sich die Ausgangslage grundlegend. Neu beurteilt das Patentgericht neben zivilrechtlichen Streitigkeiten auch verwaltungsrechtliche Beschwerden. Das IGE wird damit zur direkten Vorinstanz des BPatGer. Eine Mitfinanzierung aus Beiträgen des IGE könnte unter diesen Umständen die institutionelle Unabhängigkeit des Gerichts tangieren.

Aus diesem Grund sieht die Vorlage vor, dass der von den Gerichtsgebühren ungedeckte Fehlbetrag neu gänzlich durch den Bundeshaushalt finanziert wird. Der geltende Artikel 4 ist damit ersatzlos zu streichen. Mit dieser Regelung wird die Finanzierung an allen eidgenössischen Gerichten wieder einheitlich gehandhabt.

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Art. 8 Absatz 2: Personelle Ressourcen gehören zu den organisatorischen Vorkehrungen, mit denen ein Gericht effektiv die richterliche Unabhängigkeit in seinem Funktionsbetrieb gewährleisten kann. Mit der neuen Zuständigkeit für verwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren im Patentbereich wird die Geschäftslast beim BPatGer steigen (vgl. unten Ziff. 6.2.1). Die Prognosen zu den künftigen Fallzahlen sind jedoch mit gewissen Unsicherheiten belastet. Gehen nur wenige Beschwerden ein, so dürfte das BPatGer in der Lage sein, diese Fälle mit den bisherigen zwei hauptamtlichen Richtern zu erledigen. Zeigt sich aber, dass die Arbeitslast des Gerichts längerfristig höher ausfällt, braucht das Gericht zusätzliche personelle Ressourcen. Diese werden für die hauptamtlichen Richterinnen und Richter im PatGG festgelegt. Damit das BPatGer auch künftig über genügend Ressourcen verfügt, können dem Gericht maximal zwei zusätzliche hauptamtliche Richterinnen oder Richter zugewählt werden. Damit verfügt das BPatGer neu über eine Bandbreite von mindestens zwei bis maximal vier hauptamtlichen Richterinnen bzw. Richtern.

Eine Aufteilung dieser zusätzlichen 200 Stellenprozente für hauptamtliche Richterinnen und Richter auf beispielsweise drei Personen ist nicht möglich. Hauptamtliche Richterinnen und Richter können ihr Amt jedoch weiterhin mit Voll- oder Teilzeitpensum ausüben (Art. 17 Abs. 1 E-PatGG).

Demgegenüber ist betreffend die Anzahl der nebenamtlichen Richterinnen und Richter keine Anpassung des Gesetzes erforderlich. Hier gewährleistet das geltende Recht eine genügend flexible Handhabung.

Art. 9 Die Anhörung der in Absatz 4 aufgeführten Kreise und Organisationen soll die Gerichtskommission und die Bundesversammlung dabei unterstützen, die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten bezüglich der in Artikel 8 Absatz 1 PatGG geforderten ausgewiesenen Kenntnisse auf dem Gebiet des Patentrechts zu beurteilen. Das BPatGer ist neu die Beschwerdeinstanz für Verfügungen des IGE auf dem Gebiet des Patentrechts. Mit Blick auf die institutionelle Unabhängigkeit des Gerichts wird das IGE aus dem Katalog von Absatz 4 gestrichen. Im Übrigen hat sich diese Bestimmung, insbesondere bei der Vorbereitung der Wahl nebenamtlicher Richterinnen und Richter, in der Praxis bewährt.

Art. 10 Absatz 1 konkretisiert den verfassungsmässigen
Grundsatz der Gewaltenteilung bzw.

der personellen Gewaltenteilung (Art. 144 BV). Wegen der neuen Zuständigkeit des BPatGer (Art. 26 Abs. 5 E-PatGG) wird der bisherige Katalog an Unvereinbarkeiten ergänzt: Dies betrifft zunächst ein allfälliges Anstellungsverhältnis beim IGE oder eine Tätigkeit im Institutsrat des IGE. Solche Stellungen bei der Vorinstanz bergen Interessenkonflikte.

Darüber hinaus gehören neu auch Arbeitsverhältnisse bei der zentralen Bundesverwaltung (Art. 2 Abs. 3 RVOG e contrario) zum Katalog von Absatz 1. Im Vergleich zur parallelen Regelung beim BVGer (Art. 6 Abs. 1 VGG) wurde der Anwendungs59 / 84

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bereich vorliegend jedoch bewusst enger gefasst: Anders als das BVGer ist das BPatGer als sog. Fachgericht für Patentrecht nur in einem kleinen und klar abgrenzbaren Bereich zuständig. In diesem Bereich trägt das technische Fachwissen der nebenamtlichen Richterinnen und Richter wesentlich zur Qualität der Zusammensetzung der Richterbank bei. Entsprechend ist das BPatGer darauf angewiesen, genügend qualifizierte Fachleute als Richterinnen und Richter zu finden. Qualifizierte Fachleute verfolgen nicht selten Lehr- und Forschungstätigkeiten, dies insbesondere auch an Eidgenössischen Technischen Hochschulen. Diese Personen generell von einem Richteramt auszuschliessen, würde den Kreis der potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten unnötig einschränken. Dies zu verhindern war bereits bei der Schaffung des BPatGer ein zentrales Anliegen.49 Sollte beim BPatGer zusätzlicher Ressourcenbedarf für hauptamtliche Richterinnen und Richter anfallen, so ist wegen der zu erwartenden Fallzahlen möglicherweise nur ein Teilzeitpensum erforderlich. Mit den nun verschärften Regeln betreffend die Unvereinbarkeiten wird es für das BPatGer zunehmend schwierig werden, qualifizierte Kandidierende für ein Teilzeitpensum zu finden. Um diesem Umstand massvoll entgegenzuwirken, soll es ein und derselben Person künftig möglich sein, gleichzeitig sowohl am BVGer als auch am BPatGer je zu Teilzeit hauptamtliche Richterin bzw.

hauptamtlicher Richter zu sein. Solches ist möglich, da die beiden Gerichte im Instanzenzug unabhängig voneinander sind und damit keine Interessengegensätze bestehen.

Entsprechend wird Artikel 10 Absatz 1 derart angepasst, dass nur noch unter die Unvereinbarkeiten fällt, wer dem Bundesgericht angehört. Gleichermassen wird auch Artikel 6 Absatz 1 E-VGG mit einem entsprechenden Vorbehalt ergänzt, der einer Person ein gleichzeitiges Arbeitsverhältnis mit dem BVGer und dem BPatGer ermöglicht.

Absatz 4 regelt eine zentrale Inkompatibilität für hauptamtliche Richterinnen und Richter. Hauptamtlichen Richterinnen und Richtern, die im Vollzeitpensum tätig sind, ist gestützt auf Absatz 5 generell untersagt, andere Erwerbstätigkeiten auszuüben. Absatz 4 ist daher einzig für hauptamtliche Richterinnen und Richter im Teilzeitpensum von Bedeutung. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, gilt die Unvereinbarkeit für hauptamtliche
Richterinnen und Richter, berufsmässig Dritte zu vertreten, neu auch für die Vertretung vor der (verwaltungsrechtlichen) Vorinstanz, also dem IGE. Absatz 4 wird entsprechend ergänzt.

Art. 13 Im Sinne einer einheitlichen Handhabung innerhalb des Gesetzes wird in Absatz 2 jeweils zuerst die weibliche Form genannt. Dabei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Art. 17 In Anlehnung an die parallele Bestimmung von Artikel 13 VGG wird Artikel 17 in der Sachüberschrift und mit den neuen Absätzen 1 und 2 ergänzt.

49

BBl 2008 455, hier 474 und 475.

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Der bisherige Wortlaut von Artikel 17 wird neu in unveränderter Form in Absatz 3 geregelt. Die Ergänzungen der Absätze 1 und 2 sind redaktionelle Klarstellungen von dem, was bereits unter heutigem Recht gilt. Hauptamtliche Richterinnen und Richter können demnach ihr Amt zu einem Voll- oder Teilzeitpensum ausüben.

Absatz 2 hält weiter fest, dass das Gericht in begründeten Fällen eine Veränderung des Beschäftigungsgrads während der Amtsdauer bewilligen kann. Dies erscheint zweckmässig, damit das BPatGer innerhalb der vorgegebenen Anzahl für hauptamtliche Richterinnen und Richter die Pensa bei Vorliegen von begründeten Fällen anpassen kann.

Im Übrigen werden die Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses ­ und damit auch der Beschäftigungsgrad der hauptamtlichen Richterinnen und Richter ­ wie bisher gestützt auf die Delegationsnorm in Absatz 3 von der Gerichtskommission festgelegt.50 Art. 19 und 20 Die neue Regelung zur Anzahl der hauptamtlichen Richterinnen und Richter (Art. 8 Abs. 2 E-PatGG) sieht eine Bandbreite von zwei bis vier Personen vor. Artikel 19 und 20 werden entsprechend angepasst.

Art. 21 Mit der Zuständigkeit des BPatGer neu auch für verwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren in Patentsachen (vgl. Art. 26 Abs. 5 E-PatGG) wird eines der zentralen Anliegen aus dem Vernehmlassungsverfahren umgesetzt. Um das Spezialwissen der nebenamtlichen Richterinnen und Richter auch in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren in den Spruchkörper einzubinden, gelten die bestehenden Regelungen des BPatGer betreffend den Spruchkörper neu auch für diese Verfahren. Dadurch wird sichergestellt, dass auch im (verwaltungsrechtlichen) Beschwerdeverfahren ein institutionalisiertes Fachgericht zuständig ist. Dennoch sind die in Absatz 2 vorzunehmenden Änderungen rein redaktioneller Natur. Weiter wird in sprachlicher Hinsicht verdeutlicht, dass je separate Personen technisch und juristisch ausgebildet sein müssen, wenn der Spruchkörper aus fünf Personen besteht.

Absatz 5 stellt insbesondere eine einheitliche Rechtsprechung sicher. Das geltende Recht sieht vor, dass dem Spruchkörper einzig in Fällen höherer Gewalt keine hauptamtliche Richterin bzw. kein hauptamtlicher Richter angehören muss. Diese Ausnahme soll sicherstellen, dass das Gericht jederzeit aktionsfähig ist, und damit einen gesetzeskonformen Gerichtsbetrieb
gewährleisten. Das Gleiche muss jedoch garantiert werden, wenn in einem Einzelfall sämtliche hauptamtlichen Richterinnen und Richter von Ausstandsbegehren oder Ausstandsgründen betroffen sind. Zwar ist so etwas in der Praxis bis anhin nicht vorgekommen, ausgeschlossen werden kann es jedoch nicht, deshalb wird Absatz 5 entsprechend ergänzt.

50

Richterverordnung vom 13. Dezember 2002; SR 173.711.2.

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Art. 23 Im Sinne einer Vereinfachung werden die Regelungsgehalte der Artikel 23 und 35 PatGG neu in Artikel 23 zusammengeführt. Aus diesem Grund wird Artikel 35 PatGG gestrichen. Zudem wird Artikel 23 an die neue Zuständigkeit des BPatGer für Beschwerdeverfahren angepasst.

Die Sachüberschrift von Artikel 23 wird von «Einzelrichterin oder Einzelrichter» in «Instruktionsrichterin oder Instruktionsrichter» umbenannt.

Absatz 1 enthält im ersten Satz neu den Regelungsgehalt des bisherigen Artikels 35 Absatz 1 erster Satz. Damit wird vorab der Grundsatz festgehalten, dass die Präsidentin bzw. der Präsident als Instruktionsrichterin bzw. als Instruktionsrichter das Verfahren bis zum Entscheid leitet. Im zweiten Satz werden der bisherige Artikel 23 Absatz 2 und der bisherige Regelungsgehalt von Artikel 35 Absatz 1 zweiter Satz zusammengeführt. Zwecks einheitlicher Handhabung innerhalb des PatGG wird zuerst die weibliche und dann die männliche Form genannt. Zudem erfolgt eine redaktionelle Anpassung an den Umstand, dass das BPatGer künftig eventuell mehr als zwei hauptamtliche Richterinnen und Richter zählt (vgl. Art. 8 Abs. 2 E-PatGG).

Absatz 2 enthält neu den Regelungsgehalt des bisherigen Artikels 23 Absatz 1. Buchstabe a wird analog Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe b VGG mit der Zuständigkeit der Instruktionsrichterin oder des Instruktionsrichters für das Nichteintreten auf offensichtlich unzulässige Rechtsmittel ergänzt. Zudem wird Buchstabe f ins Gesetz aufgenommen, damit die Kompetenzen nach dem VwVG auch für Instruktionsrichterinnen und Instruktionsrichter am BPatGer gelten.

Absatz 3 enthält inhaltlich in unveränderter Form den Regelungsgehalt des bisherigen Artikels 35 Absatz 2.

Absatz 4 enthält den bisherigen Regelungsgehalt von Artikel 23 Absatz 3. Da das BPatGer neu auch für verwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren zuständig ist, wird der Anwendungsbereich von Absatz 4 ausdrücklich auf zivilrechtliche Verfahren beschränkt. Diese Einschränkung erfolgt vor dem Hintergrund der Einheitlichkeit des Verwaltungsverfahrensrechts des Bundes, welches bei Zuständigkeit der Einzelrichterin bzw. des Einzelrichters keine Erweiterung des Spruchkörpers vorsieht (vgl.

Art. 23 VGG).

In verwaltungsrechtlichen Verfahren bleibt letztlich zu beachten, dass Artikel 39 Absätze 2 und 3 VGG über den Verweis von
Artikel 27 Absatz 2 E-PatGG zusätzlich Anwendung finden.

Art. 25a Das Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 200451 ist für die Eidgenössischen Gerichte nicht direkt anwendbar. Es gilt für das BGer, das BVGer und das BStGer nur kraft besonderer Vorschriften im BGG, im VGG und im Strafbehördenorganisationsgesetz vom 19. März 201052, wonach das Öffentlichkeitsgesetz sinngemäss gilt, so-

51 52

SR 152.3 SR 173.71

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weit die Gerichte administrative Aufgaben oder allfällige Aufsichtstätigkeiten erfüllen. Eine solche besondere Vorschrift fehlt im PatGG, was nun korrigiert wird.

Art. 26 Artikel 26 regelt die sachliche Zuständigkeit des BPatGer. Diese beschränkte sich bisher auf die im Gesetz genannten zivilrechtlichen Verfahren in Patentsachen. Diese zivilrechtliche Zuständigkeit bleibt unverändert bestehen. In redaktioneller Hinsicht wird jedoch in den Absätzen 1­4 klargestellt, dass gleichermassen mit den Patenten auch die ergänzenden Schutzzertifikate (Art. 140a­140s PatG) von dieser Zuständigkeit miterfasst sind. Dies ist in Lehre und Rechtsprechung53 unbestritten.

In Absatz 5 wird neu die Zuständigkeit des BPatGer für Beschwerden gegen Verfügungen des IGE ins Gesetz aufgenommen, die in Anwendung des PatG erfolgen. Ausdrücklich nicht erfasst von dieser spezialgerichtlichen Zuständigkeit sind Verfügungen des IGE in Anwendung des MSchG und des DesG. Ebenfalls nicht erfasst sind Verfügungen, die von anderen Verwaltungsbehörden gestützt auf das Patentgesetz ergehen. Dies betrifft im Wesentlichen Verfügungen des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) nach den Artikeln 86a­86k PatG. Weiterhin vom sachlichen Zuständigkeitsbereich des BPatGer ausgenommen sind patentrechtliche Strafverfahren nach den Artikeln 81­86 PatG.

Art. 27 In Artikel 27 wird das für das BPatGer anwendbare Verfahrensrecht geregelt. Mit der Erweiterung des sachlichen Zuständigkeitsbereichs auch auf (verwaltungsrechtliche) Beschwerden in Patentsachen ist Absatz 1 auf Zivilverfahren einzuschränken. Die ZPO soll nur in diesem Bereich zur Anwendung kommen, soweit das PatG oder das PatGG nichts anderes bestimmen.

Im neuen Absatz 2 wird das anwendbare Verfahrensrecht für verwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren festgelegt. Unter Vorbehalt der Regelungen des PatGG und des PatG gilt mit dem Verweis auf das 3. und 4. Kapitel des VGG für das BPatGer dasselbe Verfahrensrecht wie für das BVGer. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass alle Beschwerdeverfahren im Grundsatz den gleichen Verfahrensregeln unterliegen sollen; unabhängig davon, ob das allgemeine Verwaltungsgericht oder das Spezialgericht des Bundes für Patentsachen zuständig ist.

Die Anwendbarkeit des VGG beschränkt sich aber auf das 3. und 4. Kapitel. Alle übrigen Bestimmungen,
insbesondere jene zur Organisation und zur Verwaltung des BVGer, finden für das BPatGer keine Anwendung. Vorbehalten bleiben verwaltungsrechtliche Regelungen im PatGG und im PatG. Letzteres enthält in Artikel 59c Absatz 2 und 59cbis E-PatG besondere Regelungen zum Beschwerdeverfahren. Die Bestimmungen des 3. und 4. Kapitels des VGG kommen im Übrigen für das BPatGer ungeachtet dessen zur Anwendung, dass gewisse Formulierungen auf das BVGer und dessen Organisation ausgerichtet sind.

53

BGE 144 III 285; BGE 145 III 451

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Demgemäss richtet sich auch vor dem BPatGer das Verfahren über den Verweis in Artikel 37 VGG nach dem VwVG (soweit das VGG, das PatG oder das PatGG nichts anderes bestimmen). Betreffend die Ausstandsregeln verweist Artikel 38 VGG sodann auf die Bestimmungen des BGG. Damit kommt im Beschwerdeverfahren vor dem BPatGer Artikel 34 BGG ergänzend zu Artikel 28 E-PatGG zur Anwendung.

Ebenfalls ergänzend zu den Regelungen in Artikel 23 E-PatGG finden Artikel 39 Absätze 2 und 3 VGG Anwendung. Des Weiteren gelten in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren vor dem BPatGer die Artikel 40­43 sowie 45­48 VGG. Hingegen kommt Artikel 44 VGG derzeit keine eigenständige Bedeutung zu, da das BPatGer im Verwaltungsverfahren ­ anders als das BVGer gemäss Artikel 34 VGG ­ keine Zuständigkeit für Klagen hat.

Absatz 3: Artikel 13 Absatz 1bis VwVG regelt die Mitwirkungspflicht von Parteien bei der Feststellung des Sachverhalts. Von dieser Pflicht ausgenommen ist die Herausgabe von Gegenständen und Unterlagen aus dem Verkehr einer Partei mit ihrer Anwältin oder ihrem Anwalt, wenn diese oder dieser zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist.

Im Beschwerdeverfahren ist die berufsmässige Vertretung, anders als in Zivilverfahren vor dem BPatGer (Art. 29 Abs. 1 PatGG i. V. m. Art. 68 Abs. 2 Bst. a ZPO), nicht auf Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie ­ in Verfahren betreffend den Bestand eines Patents ­ auf Patentanwältinnen und Patentanwälte im Sinne von Artikel 2 des Patentanwaltsgesetzes vom 20. März 200954 beschränkt. In diesen Verfahren richtet sich die Vertretungsbefugnis über die Verweise in Absatz 2 und Artikel 37 VGG nach dem VwVG. Demgemäss können auch Patentanwältinnen und Patentanwälte Parteien oder Dritte vor dem BPatGer in Beschwerdeverfahren vertreten. Es ist daher angezeigt, dass Artikel 13 Absatz 1bis VwVG sinngemäss auch für Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr einer Partei mit ihrer Patentanwältin oder ihrem Patentanwalt gilt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass diese Patentanwältin oder dieser Patentanwalt gemäss Artikel 29 Absatz 1 PatGG zur Vertretung berechtigt ist und den Patentanwaltsberuf unabhängig ausübt.

Absatz 4: Nach Artikel 61 Absatz 1 VwVG entscheidet die Beschwerdeinstanz in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die
Vorinstanz zurück. Dabei liegt es im pflichtgemässen Ermessen der Beschwerdeinstanz, ob sie reformatorisch oder kassatorisch entscheidet.55 Mit der Vorlage wird das bisherige Einspruchsverfahren vor dem IGE abgeschafft.

Dritten steht deshalb neu ein erweitertes Beschwerderecht zu. Da für Dritte die Analyse eines veröffentlichten Patents zeitaufwendig ist, gilt nach Artikel 59c Absatz 2 E-PatG eine Beschwerdefrist von vier Monaten nach Veröffentlichung der Eintragung des Patents.

Heisst das BPatGer eine Beschwerde gegen eine Verfügung gut, mit der das IGE ein Patentgesuch abgewiesen hat oder mit der es nicht darauf eingetreten ist, so könnten im Einzelfall die Rechtsschutzinteressen von Dritten tangiert sein, wenn das BPatGer einen reformatorischen Entscheid fällt. Dritte müssten in diesem Fall vom BPatGer 54 55

SR 935.62 BGE 131 V 407 E. 2.1.1

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verlangen, dass ihnen nachträglich der Entscheid mitgeteilt wird. Hierauf könnten sie diesen Entscheid beim Bundesgericht mit Beschwerde anfechten. Damit würde jedoch allfälligen Interessen Dritter nicht genügend Rechnung getragen.

Dritte sollen in jedem Fall von ihrem Beschwerderecht vollumfänglich Gebrauch machen können. Deshalb rechtfertigt es sich, abweichend von Artikel 61 Absatz 1 VwVG vorzusehen, dass das BPatGer immer dann einen kassatorischen Entscheid zu fällen hat, wenn es eine Beschwerde gegen eine Verfügung gutheisst, mit der das IGE ein Patentgesuch abgewiesen hat oder mit der es nicht darauf eingetreten ist. Damit hat das IGE in der Sache neu zu verfügen und Dritten steht es frei, innerhalb von vier Monaten ab Veröffentlichung der Eintragung des Patents eine Beschwerde ans BPatGer zu machen.

Art. 28 Artikel 28 ergänzt die anwendbaren Ausstandsregeln in der ZPO durch einen zusätzlichen Ausstandsgrund. Mit der neuen Zuständigkeit des BPatGer auch für Beschwerdeverfahren gegen Verfügungen des IGE im Patentbereich gilt dieser über die Verweise in Artikel 27 Absatz 2 E-PatGG und Artikel 38 VGG ebenso in Ergänzung zu Artikel 34 BGG.

Inhaltlich wird der Ausstandsgrund auf sämtliche Gerichtspersonen, d. h. auch auf hauptamtliche Richterinnen und Richter sowie auf Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber, erweitert. Eine Einschränkung auf nebenamtliche Richterinnen und Richter lässt sich bei den Ausstandsgründen nicht rechtfertigen: Auch hauptamtliche Richterinnen und Richter können ihr Amt zu einem Teilzeitpensum ausüben ­ und damit gleich wie nebenamtliche Richterinnen und Richter von diesem Ausstandsgrund betroffen sein.56 Das Gleiche gilt für die Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber am BPatGer, soweit diese ihr Amt nicht ohnehin zu einem Vollzeitpensum ausüben. Diese haben insbesondere beratende Stimme und redigieren die Entscheide des BPatGer (Art. 24 PatGG). Die Mitwirkung der Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber an den Entscheiden des BPatGer ist damit im Gesetz verankert. Dementsprechend unterliegen auch sie den Ausstandsgründen und werden daher ebenfalls in Artikel 28 aufgeführt.57 Im Übrigen wurden kleinere redaktionelle Anpassungen vorgenommen.

Art. 29 Absatz 1 stellt für Zivilverfahren betreffend den Bestand des Patents sicher, dass auch Patentanwältinnen
und Patentanwälte, die ihren Beruf unabhängig ausüben, als Parteivertretung vor dem BPatGer auftreten können. Das VwVG enthält bei den Vertretungsregelungen keine solchen Anforderungen. Nach Artikel 11 Absatz 1 VwVG kann sich die Partei auf jeder Stufe des Verfahrens vertreten lassen. Anlass dazu, auch im (verwaltungsrechtlichen) Beschwerdeverfahren den Kreis der berechtigten Vertre56

57

Vgl. Calame, Thierry / Hess-Blumer, Andri / Stieger, Werner (Hrsg.) (2013): Patentgerichtsgesetz (PatGG), Kommentar. Basel: Helbing Lichtenhahn Verlag, Rz. 19 zu Art. 28.

Vgl. Urteil des Bundesgerichts 4P.35/2006 vom 24. März 2006 E. 2.3 mit Hinweisen.

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ter einzuschränken, besteht nicht. Daher ist im bestehenden Absatz 1 redaktionell klarzustellen, dass diese Regelung weiterhin einzig in Zivilverfahren zur Anwendung gelangt.

Im Übrigen wird klargestellt, dass Patentanwältinnen und Patentanwälte vor dem BPatGer auch in Verfahren betreffend den Bestand eines ESZ auftreten können, sofern sie den Patentanwaltsberuf unabhängig ausüben.

4. Abschnitt: Prozesskosten und unentgeltliche Rechtspflege in zivilrechtlichen Angelegenheiten In Beschwerdeverfahren richten sich die Verfahrenskosten nach dem neuen 5. Abschnitt des Gesetzes. Entsprechend wird die Überschrift des 4. Abschnitts auf zivilrechtliche Angelegenheiten eingeschränkt.

Art. 34 In Anlehnung an die geltende Regelung in der ZPO erfährt Absatz 2 eine inhaltliche Klarstellung: Auch in zivilrechtlichen Verfahren vor dem BPatGer geht mit Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands durch die Gerichtskasse der Anspruch auf den Bund über. Der Anspruch des Bundes verjährt zehn Jahre nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens.

5. Abschnitt: Prozesskosten in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren In Beschwerdeverfahren vor dem BPatGer gelten andere Regelungen betreffend die Verfahrenskosten als in zivilrechtlichen Angelegenheiten. Daher wird der 4. Abschnitt auf zivilrechtliche Angelegenheiten eingeschränkt und für verwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren der neue 5. Abschnitt eingefügt.

Art. 34a Das 3. und 4. Kapitel des VGG enthalten keine Bestimmungen zu den Verfahrenskosten und Entschädigungen. Über die Verweise in Artikel 27 Absatz 2 E-PatGG und Artikel 37 VGG gelten daher betreffend die Prozesskosten in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren vor dem BPatGer die Bestimmungen des VwVG. Dieser Grundsatz wird der Klarheit halber in Artikel 34a festgehalten.

Des Weiteren wird einem besonderen Umstand Rechnung getragen, der eine Gleichbehandlung der Parteivertretung mit derjenigen in Zivilverfahren vor dem BPatGer bezweckt. Demgemäss ist die Entschädigung der Patentanwältinnen und Patentanwälte sinngemäss nach der berufsmässigen anwaltlichen Vertretung (Anwaltshonorar) zu bestimmen, wenn diese den Patentanwaltsberuf unabhängig im Sinne von Artikel 29 Absatz 1 PatGG ausüben. In Beschwerdeverfahren gilt die unabhängige Berufsausübung zwar nicht als Voraussetzung für die berufsmässige
Vertretung, doch hat das Gericht dies bei Vorlage geeigneter Unterlagen nach Artikel 29 Absatz 2 PatGG bei der Festsetzung der Entschädigung zu berücksichtigen.

Im Übrigen ist die Kompetenzdelegation an das BPatGer, die Gerichtsgebühren sowie die Entschädigungen an die Parteien, an amtliche Vertreterinnen und Vertreter, an 66 / 84

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Sachverständige sowie an Zeuginnen und Zeugen festzusetzen, in den Änderungen des VwVG enthalten. Dementsprechend bedarf es hierfür im PatGG keiner separaten Kompetenzdelegation.

Art. 35 Der Regelungsgehalt von Artikel 35 ist neu in Artikel 23 E-PatGG enthalten. Artikel 35 kann deshalb aufgehoben werden.

Art. 36 Der Anwendungsbereich von Absatz 1 wird auf zivilrechtliche Verfahren eingeschränkt, da die Verfahrenssprache in Beschwerdeverfahren nach anderen Grundsätzen bestimmt wird (vgl. Abs. 1bis). Im Übrigen wird sowohl in Absatz 1 als auch in Absatz 3 neu geregelt, dass die Festlegung der Verfahrenssprache sowie die Zustimmung, dass die englische Sprache benutzt werden kann, in der Kompetenz der Instruktionsrichterin bzw. des Instruktionsrichters liegt.

In Beschwerdeverfahren vor dem BPatGer ist grundsätzlich die Sprache des angefochtenen Entscheids massgebend. Verwenden die Parteien jedoch eine andere Amtssprache, kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden. Der neue Absatz 1bis wiederholt der Klarheit halber diese bereits in Artikel 33a Absatz 2 VwVG festgelegte Regel, die auch Kraft der Verweise in Artikel 27 Absatz 2 E-PatGG und Artikel 37 VGG für Beschwerdeverfahren vor dem BPatGer gilt.

Im Übrigen ist anzumerken, dass die Absätze 2­4 neu ebenso für Beschwerdeverfahren zur Anwendung kommen (im Sinne einer spezialgesetzlichen Regelung). Damit kann Englisch benutzt werden, wenn das Gericht und die Parteien zustimmen.

Art. 37 In Absatz 2 wird klargestellt, dass die Stellungnahme zum Gutachten gegebenenfalls auch mündlich erfolgen kann. Die bisherige gesetzliche Vorgabe, dass dies schriftlich erfolgen muss, trägt etwaigen dringlichen Fällen in mündlichen Verhandlungen zu wenig Rechnung und lässt sich mit Bezug auf den Zweck der Bestimmung nicht rechtfertigen.

Das Gericht ist verpflichtet, eigenes Fachwissen offenzulegen, damit die Parteien dazu Stellung nehmen können (Art. 183 Abs. 3 ZPO). Absatz 3 verpflichtet das BPatGer, diese Fachrichtervoten zu protokollieren. Dies gilt neu ebenfalls für Beschwerdeverfahren. Die Änderung von Absatz 3 ist rein redaktioneller Natur. Da Fachrichtervoten von technisch ausgebildeten Richterinnen und Richtern stets gestützt auf deren besondere Sachkunde erfolgen, kann darauf verzichtet werden, diese sog. besondere Fachkunde im Wortlaut von Absatz
3 zu wiederholen.

Art. 38 Artikel 38 gilt neu auch für Beschwerdeverfahren. Da kein Anlass besteht, die Form der Stellungnahme auf die Schriftlichkeit zu beschränken, wird diese Präzisierung gestrichen.

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Art. 39 Die Anpassung in Absatz 3 ist rein redaktioneller Natur (Streichung des Datums).

Art. 41a Als allgemeiner, intertemporal-rechtlicher Grundsatz gilt die sofortige Anwendbarkeit des neuen Verfahrensrechts. Mit Ausnahme der Änderung des Instanzenzugs im strittigen Verwaltungsverfahren erfährt das anwendbare Verfahrensrecht keine grundlegende Änderung. So richtet sich das Verfahren grundsätzlich nach denselben Verfahrensvorschriften, die heute für das BVGer gelten (vgl. Art. 27 Abs. 2 und 3 E-PatGG). Nichtsdestotrotz wird mit der Änderung des Instanzenzugs die Kontinuität zwischen dem bestehenden und dem neuen System unterbrochen. Aus diesem Grund sieht Absatz 1 für Verfügungen, die vor Inkrafttreten der Änderung ergangen sind, die Anwendung des bisherigen Rechts vor. Damit ist auch klar, dass verwaltungsrechtliche Beschwerden gegen Patente, welche das IGE nach dem revidierten PatG erteilt, in die Zuständigkeit des auf Patentsachen spezialisierten BPatGer fallen.

Absatz 2 enthält eine spezielle Übergangsregelung für Richterinnen und Richter, welche im Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Revision dem BPatGer angehören. Sie gilt auch, wenn diese Personen wiedergewählt werden. Eine Änderung der Bestimmungen über die Unvereinbarkeiten soll keinen Einfluss auf die Rechtsstellung gewählter Richterinnen und Richter haben. Im Zeitpunkt ihrer Wahl haben sie den geltenden Bestimmungen zu den Unvereinbarkeiten entsprochen, weshalb sie in ihrer Rechtsstellung zu schützen sind. Von dieser Übergangsbestimmung unberührt bleiben die im Einzelfall anwendbaren Bestimmungen über den Ausstand.

6

Auswirkungen

6.1

Allgemeines

Die Auswirkungen der Vorlage hängen in erster Linie davon ab, wie sich die Nachfrage nach in der Schweiz gültigen Schutztiteln verändert. Aktuell haben Nutzerinnen und Nutzer des Patentsystems die Möglichkeit, eine Erfindung als teilgeprüftes Schweizer Patent am IGE oder als vollgeprüftes EP beim EPA anzumelden. Den europäischen Weg wählen deutlich über 90 %.58 Der Rest ­ in erster Linie auf dem heimischen Markt tätige KMU ­ wählt den nationalen Weg. Es ist davon auszugehen, dass die Einführung des vollgeprüften Schweizer Patents das Anmeldeverhalten und damit dieses Verhältnis wenig beeinflussen wird.

Die für die Ermittlung der Auswirkungen verwendeten Informationen basieren auf vom IGE in Auftrag gegebenen Studien. Eine dieser Studien untersuchte die verschiedenen Optionen, die für eine Optimierung des Schweizer Patentsystems zur Verfü-

58

Kann abgerufen werden unter: www.ige.ch > Dienstleistungen > Publikationen > Statistiken > Statistiken Patente (Stand: 18.8.2022).

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gung stehen.59 Bei den anderen handelt es sich um die ausführliche Regulierungsfolgenabschätzung zur am 14. Oktober 2020 in die Vernehmlassung geschickten Umsetzungsvariante (RFA I)60 sowie diejenige zur jetzigen Vorlage (RFA II)61.

Im Rahmen der RFA I mussten die Patentanmelderinnen und Patentanmelder in einer umfangreichen Umfrage zwischen einem Gebrauchsmuster, einem vollgeprüften Schweizer Patent oder einem EP auswählen ­ das bisherige teilgeprüfte Patent stand nicht mehr zur Verfügung. Die Ausgangslage ist nun jedoch eine andere: Das teilgeprüfte Patent bleibt mit einigen Anpassungen bestehen. Dennoch wurde aus Zeit- und Ressourcengründen auf eine erneute aufwendige Umfrage für die RFA II verzichtet.

Gegenüber der in die Vernehmlassung geschickten Umsetzungsvariante dürften wesentlich weniger Nachfrageverschiebungen eintreten. Es erscheint plausibel, dass die Mehrheit der künftigen nationalen Anmeldungen die Teilprüfung durchlaufen wird.

Dies, weil der Aufwand für die Patentanmelderinnen und Patentanmelder bei einem teilgeprüften Patent naturgemäss um einiges kleiner ist als bei einem vollgeprüften ­ bei gleicher Schutzwirkung.

Dennoch dürfte ein Teil der national Anmeldenden die neue Möglichkeit nutzen, ein vollgeprüftes Schweizer Patent zu erlangen. Ein vollgeprüftes Patent ist attraktiver, da es im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung weniger Risiken unterliegt (einer gerichtlichen Überprüfung eher standhalten dürfte). Vor allem KMU, die an lokalem, aber verlässlichem Patentschutz interessiert sind, dürften vom vollgeprüften Patent Gebrauch machen. Mit solchen Patenten sind beispielsweise KMU auf Expansionskurs für potenzielle Investoren attraktiver.

Um abzuschätzen, wie gross diese Gruppe ist, kann nicht auf Richtwerte aus anderen Ländern abgestellt werden. Ein System mit optionaler Vollprüfung ist international atypisch. Das führt zur Annahme, dass 10 % der neu eingehenden nationalen Anmeldungen eine Vollprüfung durchlaufen werden.

Patentanmelderinnen und Patentanmelder ­ darunter KMU mit eher regionalem Fokus ­ die bis anhin nur über das EPA ein vollgeprüftes Patent (ein EP) mit Schutzwirkung für die Schweiz erhielten, könnten neu das vollgeprüfte Schweizer Patent nachfragen. Das vollgeprüfte Schweizer Patent bietet den KMU gegenüber einem EP den Vorteil, dass es günstiger
und schneller erteilt wird. Für die Quantifizierung dieser Nachfrageverlagerung liefert die Umfrage der RFA I einige Hinweise. In diesem Bereich hat sich die Anreizwirkung des neu gestalteten Patentsystems gegenüber der Vernehmlassung nämlich nicht verändert. Gemäss der Umfrage aus dem Jahr 2020 59

60

61

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (Hrsg.) (2015): Optimierungspotenziale des nationalen Schweizer Patentsystems. Bern. Kann abgerufen werden unter: www.ige.ch > Dienstleistungen > Publikationsreihe des IGE > Nr. 8: Optimierungspotentiale des nationalen Schweizer Patentsystems (05.2015) (Stand: 18.8.2022).

Polynomics (2021): Regulierungsfolgenabschätzung zur Patentrechtsreform aufgrund der Motion Hefti 19.3228 «Für ein zeitgemässes Schweizer Patent» (RFA I). Bern.

Kann abgerufen werden unter: www.ige.ch > Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Patentrecht > Revision Patentgesetz (Stand: 9.9.2022).

Polynomics (2022): Ergänzende Regulierungsfolgenabschätzung zur Patentrechtsreform aufgrund der Motion Hefti 19.3228 «Für ein zeitgemässes Schweizer Patent» (RFA II).

Bern. Kann abgerufen werden unter: www.ige.ch > Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Patentrecht > Revision Patentgesetz (Stand: 9.9.2022).

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werden 6 % der EP durch vollgeprüfte Schweizer Patente ersetzt. Ausgehend von rund 5000 Anmeldungen von Patentanmelderinnen und Patentanmeldern aus der Schweiz beim EPA führt dies zu zusätzlichen 300 vollgeprüften nationalen Schweizer Patenten.

Daneben stellen sich weitere Fragen: Die Anzahl nationaler Patentanmeldungen ist seit einigen Jahren rückläufig. Lag sie im Jahr 2000 bei 2551, betrug sie 2010 noch 2192 und im Jahr 2020 wurden noch 1590 nationale Patente angemeldet. Der durchschnittliche jährliche Rückgang von 2010 bis 2020 betrug 3,2 %. Ob sich dieser Trend fortsetzt bzw. aufgrund höherer Initialkosten sogar beschleunigt, ist unklar. Ebenso die Antwort auf die Frage, ob die obligatorische Recherche und die Möglichkeit, dass Dritte eine Vollprüfung verlangen können, dazu führt, dass qualitativ minderwertige Patente gar nicht erst angemeldet werden. Weiter hängt die tatsächliche Nachfrage von weiteren Faktoren ab, beispielsweise den effektiven Kosten, der Qualität der Verfahren oder dem volkswirtschaftlichen Umfeld.

Aus diesen Gründen wird im Folgenden mit Szenarien gearbeitet, die eine gewisse Bandbreite an möglichen Verläufen der Nachfrage abbilden. Auf Grundlage der für die RFA I ermittelten Daten zu den erwarteten Substitutionseffekten sowie der definierten Szenarien lassen sich letztlich die Auswirkungen auf die anwendenden Behörden, die betroffenen Kreise und die Volkswirtschaft abschätzen.

Grundlage für die nachfolgenden vier Szenarien ist die durchschnittliche Anzahl Anmeldungen, für die auch tatsächlich die Anmeldegebühren bezahlt wurden (2018­ 2020: 1459). Ferner liegt den Szenarien die Vermutung zugrunde, dass wie bisher etwa die Hälfte der Anmeldungen vor der tatsächlichen Patentprüfung zurückgezogen wird. Diese Ausfallquote kommt dadurch zustande, dass sich im Verlaufe des Erteilungsverfahrens herauskristallisieren kann, dass sich z. B. das betroffene Geschäftsfeld verändert hat oder dass das Patent die Eintragungsvoraussetzungen nicht erfüllt etc. Des Weiteren gilt die bereits erwähnte Annahme, dass für 10 % der Anmeldungen die Vollprüfung und für den Rest die Teilprüfung beantragt wird.

­

Szenario 1 «Status quo»: Die Nachfrage nach nationalen Schutztiteln bleibt stabil ­ die Revision macht das Schweizer Patentwesen attraktiver, wodurch die Anzahl der Anmeldungen nicht weiter zurückgeht.

­

Szenario 2 «Status quo und EP-Substitution»: Verglichen mit Szenario 1 substituieren zusätzlich einige Anmelderinnen und Anmelder das EP durch das neue vollgeprüfte Schweizer Patent. Für die Quantifizierung dieses Substitutionseffekts werden die Ergebnisse der Umfrage aus der RFA I verwendet: Rund 6 % der EP-Patente werden neu in der Schweiz vollgeprüft.

­

Szenario 3 «Rückläufige Tendenz»: Die rückläufige Tendenz der vergangenen Jahre setzt sich fort, verstärkt durch höhere Initialgebühren (Recherche) und die im neuen Patentsystem vorgesehene Selbstregulierung (Dritte können auf Grundlage von öffentlichen Rechercheergebnissen eine Vollprüfung verlangen). Resultat ist eine um 10 % tiefere Nachfrage nach nationalen Schutztiteln.

­

Szenario 4 «Rückläufige Tendenz und EP-Substitution»: Aufbauend auf Szenario 3 werden zusätzlich EP durch das vollgeprüfte Schweizer Patent substituiert, wie in Szenario 2.

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In der Tabelle 1 werden die Szenarien und die entsprechenden Zahlen zu Recherchen und Prüfungen zusammengefasst: Tabelle 1 Erwartete Anzahl nationaler Anmeldungen am IGE nach Szenarien Szenario

Bezahlte Anmeldungen

Im Erteilungsprozess verbleibende Anmeldungen*

Anteil TP**

Anteil VP***

Wechsel vom EP zum IGE

Anzahl Anzahl Recherchen TP

Anzahl VP

1 2 3 4

1459 1459 1313 1313

730 730 657 657

90 % 90 % 90 % 90 %

10 % 10 % 10 % 10 %

0 300 0 300

1459 1759 1313 1613

53 223x 66 216xx

657 657 591 591

* Die «Rücklaufquote» liegt bei 50 %; **Teilprüfung; ***Vollprüfung; x(1459 · 0,5 · 0,1) + (300 · 0,5); xx(1313 · 0,5 · 0,1) + (300 · 0,5)

6.2

Auswirkungen auf den Bund

6.2.1

Finanzielle Auswirkungen

Auswirkungen auf das IGE Das IGE ist das Kompetenzzentrum des Bundes für geistiges Eigentum (Art. 2 Abs. 1 Bst. b IGEG). Es prüft, erteilt und verwaltet die gewerblichen Schutzrechte, also auch das nationale Schweizer Patent. Es ist vom Bundeshaushalt unabhängig (Art. 1 IGEG) und finanziert sich zur Hauptsache über Gebühren. Beim IGE werden durch die Revision zusätzliche Kosten anfallen, deren Höhe je nach Szenario variiert. Diese Kosten haben aufgrund der erwähnten Unabhängigkeit jedoch keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt.

Die Kosten für die Einführung des vollgeprüften Patents bestehen grundsätzlich aus Kosten für die Anpassung der internen Prozesse, der Prüfungsrichtlinien und der ITSysteme sowie für die Information der Patentnutzerinnen und Patentnutzer und der Öffentlichkeit über das neue Patentsystem. Demgegenüber sind die für die Recherche notwendigen Kompetenzen beim IGE bereits vorhanden, da Patentanmelderinnen und Patentanmelder auf freiwilliger Basis schon heute eine Recherche beantragen können.

Die Einführungskosten können über das laufende Budget abgedeckt werden. Deshalb liegt der Fokus nachfolgend auf den wiederkehrenden Kosten.

Durch den in Ziffer 6.2.2 beschriebenen Bedarf an neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwachsen dem IGE zusätzliche Personalkosten. Geht man von jährlichen Vollkosten von rund 200 000 Franken pro Vollzeitäquivalent (VZÄ) aus, so ergeben sich je nach Szenario die folgenden sich wiederholenden Mehrkosten: ­

Szenario 1: 2,4 Millionen Franken

­

Szenario 2: 3,8 Millionen Franken

­

Szenario 3: 1,8 Millionen Franken

­

Szenario 4: 3,2 Millionen Franken 71 / 84

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Diesen Mehrkosten stehen Mehreinnahmen des IGE gegenüber. Die Gebühreneinnahmen des IGE setzen sich dabei zusammen aus nationalen Anmeldegebühren und Aufrechterhaltungsgebühren (Jahresgebühren, einschliesslich derjenigen für EP, wobei Letztere mit Abstand den grössten Teil der Einnahmen des IGE ausmachen). Für die Festlegung der Gebührenhöhe sind der Institutsrat des IGE und der Bundesrat zuständig (Art. 4 Abs. 3 i. V. m. Art. 13 Abs. 3 IGEG). Der Institutsrat überprüft dabei regelmässig die finanzielle Situation des IGE. Letztlich soll das IGE bei einem angemessenen Eigenkapital über einen ausgeglichenen Haushalt verfügen.

Die einmaligen Gebühren, die bei der Anmeldung eines Patents anfallen, sowie die wiederkehrenden Jahresgebühren sind in den ersten Jahren nach der Anmeldung eher niedrig bzw. nicht kostendeckend Während dieser Zeitspanne ist der Erfolg einer Erfindung noch ungewiss. Mit zunehmender Laufzeit des Patents steigt in der Regel der Umsatz eines dadurch geschützten Produkts. Daher steigen mit zunehmendem Alter des Patents auch die wiederkehrenden Gebühren ­ namentlich die jährlichen Aufrechterhaltungsgebühren. Diese Grundsätze gelten auch für die Festlegung der Gebühren im revidierten Patentsystem. Da die Höhe der Gebühren für das teil- sowie vollgeprüfte Patent noch nicht bestimmt ist, können derzeit keine präzisen Aussagen zu den Auswirkungen auf die Einnahmen des IGE gemacht werden.

Absehbar ist indessen, dass sich durch die obligatorische Recherche und die fakultative Vollprüfung eine neue Gebührenstruktur ergeben wird. Dabei dürften sich die Gebührenansätze des IGE für die Anmeldung und die Recherche entsprechend den oben beschriebenen Prinzipien auf einem ähnlichen Niveau bewegen wie bisher. Als Gegenleistung erhalten Patentanmelderinnen und Patentanmelder künftig in jedem Fall einen Recherchebericht sowie (neu) eine Stellungnahme des IGE. Die Stellungnahme fasst die massgeblichen Erkenntnisse aus der Recherche zusammen und bietet somit einen Informationsgewinn gegenüber heute. Demzufolge führt die obligatorische Recherche inkl. Stellungnahme zu keiner Gebührenerhöhung im herkömmlichen Sinne (insb. für das teilgeprüfte Schweizer Patent). Vielmehr erbringt das IGE ­ im Einklang mit den Ergebnissen der Vernehmlassung ­ künftig ein neues Leistungspaket zu im Grossen und Ganzen
ähnlichen Konditionen, wie dies bereits heute der Fall ist. Bei der Sachprüfung ist derweil zwischen Teil- und Vollprüfung zu unterscheiden.

Im Vergleich zur heutigen Sachprüfung dürfte die Vollprüfung etwas teurer werden, da sich diese aufwendiger gestaltet. Die Teilprüfung dürfte hingegen zu gleichbleibenden Kosten erfolgen.

Durch das neue Leistungspaket steigt der Gesamtaufwand des IGE im Anmeldeverfahren deutlich. Da die entsprechenden Gebühren nur einen Teil der Kosten des IGE decken, resultiert eine ­ in absoluten Werten betrachtet ­ grössere Unterdeckung der anfallenden Kosten für die erbrachten Leistungen. Dieses Defizit soll das IGE durch eine geringfügig stärkere Umlenkung der Finanzflüsse von den Jahresgebühren hin zum Anmeldeverfahren auffangen, wie weiter unten noch erläutert wird. Davon werden vor allem KMU profitieren, welche am Anfang ihrer Innovationstätigkeit stehen und sich noch nicht im Patentsystem etabliert haben.

Für die Berechnung der Mehreinnahmen des IGE werden an dieser Stelle lediglich Annahmen getroffen. Der Institutsrat des IGE und der Bundesrat werden zu gegebener Zeit die definitiven Gebühren festlegen. So wird angenommen, dass die Anmeldung und die Recherche inkl. Stellungnahme 700 Franken (Anmeldung und Recherche 72 / 84

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ohne Stellungnahme bisher Fr. 700.­), die Teilprüfung 400 Franken und die Vollprüfung 700 Franken (Sachprüfung bisher Fr. 500.­) kosten werden. Basierend auf diesen Annahmen würden die obligatorischen Gesamtkosten einschliesslich Anmeldung, Recherche, Stellungnahme und Teilprüfung 1100 Franken betragen (bisher Fr. 700.­ zusammengesetzt aus Fr. 200.­ Anmeldegebühr und Fr. 500.­ Prüfungsgebühr). Ausgehend hiervon dürften die Mehreinnahmen, die hauptsächlich durch die Recherchegebühren zustande kommen, je nach Szenario in der Grössenordnung zwischen 0,4 und 0,9 Millionen Franken zu liegen kommen. Schliesslich fällt der gemäss Artikel 4 PatGG bis dato zu deckende Fehlbetrag des BPatGer durch das IGE weg. Der Fehlbetrag belief sich in den vergangenen Jahren auf rund 0,8 Millionen Franken.62 In Tabelle 2 werden die ermittelten Zahlen als Übersicht dargestellt: Tabelle 2 Erwartete Mehrkosten des IGE nach Einführung der Reform

Ressourcenbedarf in VZÄ

Szenario 1

Szenario 2

Szenario 3

Szenario 4

12

19

9

16

Ressourcenbedarf in Fr.

­2,4 Mio.

­3,8 Mio.

­1,8 Mio.

­3,2 Mio.

Mehreinnahmen in Fr.

+0,6 Mio.

+0,9 Mio.

+0,4 Mio.

+0,8 Mio.

Wegfall Deckung Fehlbetrag BPatG in Fr.

+0,8 Mio.

+0,8 Mio.

+0,8 Mio.

+0,8 Mio.

Netto-Mehrkosten in Fr.

­1,0 Mio.

­2,1 Mio.

­0,6 Mio.

­1,6 Mio.

Gemäss Tabelle 2 resultieren somit Netto-Mehrkosten zwischen 0,6 und 2,1 Millionen Franken, sofern die (einmal anfallenden) Anmelde-, Recherche- und Prüfungsgebühren unwesentlich von den heutigen Ansätzen abweichen und der Fehlbetrag des BPatGer wegfällt. Würden diese Gebühren erhöht, um die zusätzlichen Kosten zu kompensieren, stünde das im Widerspruch zum oben dargelegten Grundsatz, wonach insbesondere die einmaligen Patentgebühren tief bzw. nicht kostendeckend gehalten werden. Zur Deckung der Mehrkosten geeigneter sind ­ wie bereits angesprochen ­ die während der Patentlaufzeit von maximal 20 Jahren erhobenen Aufrechterhaltungsgebühren, welche zu einem Zeitpunkt anfallen, in dem sich das Patent tatsächlich rechnet. Die Aufrechterhaltungsgebühren müssten zwischen 2 und 8 % steigen, um die prognostizierten Mehrkosten zu decken (die durchschnittlichen Einnahmen aus den Jahresgebühren betrugen in den vergangenen Jahren rund 26,5 Mio. Fr.).63 In beiden Fällen handelt es sich um Schätzungen, damit die Grössenordnung der Gebührenerhöhung abgesehen werden kann. Auf den 1. Juli 2019 senkte das IGE die Aufrechterhaltungsgebühren infolge des guten Geschäftsgangs.64 Nach der Revision dürften diese Gebühren aufgrund der Schätzungen wieder eine ähnliche Höhe aufweisen wie vor 2020. Die Ergebnisse der im Rahmen der RFA I durchgeführten Umfrage zeigen, 62 63 64

Vgl. www.bundespatentgericht.ch > Das Gericht > Geschäftsberichte (Stand: 18.8.2022).

Vgl. www.ige.ch > Über uns > Jahresberichte und Jahresrechnungen (Stand: 18.8.2022).

Vgl. Medienmitteilung des Bundesrats vom 17.4.2019 «Innovation wird günstiger: Tiefere Gebühren für Schweizer Patente». Kann abgerufen werden unter: www.ejpd.admin.ch > Aktuell > Medienmitteilungen (Stand: 18.8.2022).

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dass rund drei Viertel der Befragten auch bereit sind, etwas höhere Kosten in Kauf zu nehmen.

Auswirkungen auf die Gerichte Für die Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen des IGE in Patentsachen ist neu das BPatGer zuständig. Bisher nahm das BVGer diese Aufgabe wahr. Mit der Einführung der Vollprüfung werden Neuheit und erfinderische Tätigkeit auch mögliche Beschwerdegründe. Aus diesem Grund dürfte die Anzahl Beschwerden gegen Verfügungen des IGE ansteigen. Es ist daher sicherzustellen, dass das BPatGer über die personellen Ressourcen verfügt, um diese Beschwerden beurteilen zu können. Das führt zu finanziellem Mehraufwand.

Ein Blick auf die Fallzahlen des EPA und dessen Beschwerdekammern liefert Hinweise darauf, mit welcher Beschwerderate in der Schweiz zu rechnen sein wird. So lösen ungefähr 2 % aller Patentanmeldungen beim EPA ein Beschwerdeverfahren aus.

Ausgehend von diesen Erfahrungswerten resultieren aus den vier oben beschriebenen Szenarien jährlich ca. drei bis acht Beschwerden gegen Verfügungen zu vollgeprüften Patenten. Hinzu kommen einige wenige Beschwerden gegen Verfügungen zu teilgeprüften Patenten.65 In den vergangenen Jahren behandelte das BVGer durchschnittlich drei Fälle zu Patenten. In den Szenarien wird angenommen, dass sich diese Zahl aufgrund der neu möglichen Drittbeschwerden verdoppelt. Das BPatGer rechnet, abhängig vom Szenario und der gewählten Vorgehensweise des Gerichts, mit jährlichen Mehrkosten für Personal, IT-Infrastruktur und Räumlichkeiten von zwischen 0,2 und 0,6 Millionen Franken.

Die Revision sieht für die Bewältigung der künftigen Beschwerden beim BPatGer insgesamt maximal 200 Stellenprozente an zusätzlichen hauptamtlichen Richterinnen und Richtern vor. Nach Einschätzung des BPatGer dürften die angenommenen Beschwerdezahlen lediglich einen Viertel davon ausschöpfen. Die gewählte Obergrenze soll aber sicherstellen, dass das BPatGer auch dann über die erforderlichen Ressourcen verfügt, wenn die tatsächlichen Fallzahlen wider Erwarten die Annahmen deutlich übertreffen.

Den Mehraufwand deckt das BPatGer zu einem Anteil durch Gebühren, bei deren Festsetzung ein gewisser Handlungsspielraum besteht. Damit ist der Deckungsgrad der Aufwendungen letztlich von der Höhe dieser Gebühren abhängig. Der nicht durch die Gebühren gedeckte Aufwand für verwaltungsrechtliche
Beschwerdeverfahren geht wie bis anhin zulasten des Bundeshaushalts. Nach Angaben des (bisher zuständigen) BVGer betrug sein Deckungsgrad durch die Einnahmen im Jahr 2020 rund 5 %, wobei über die Hälfte der erledigten Geschäfte Asylverfahren waren. Diese Verfahren gelten ­ im Gegensatz zu Beschwerden in Patentsachen ­ als Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse und unterliegen betreffend die Verfahrenskosten tieferen Tarifen (vgl. Art. 63 VwVG). Somit eignet sich der Deckungsgrad des BVGer nicht als Referenzwert für denjenigen des BPatGer. Es ist davon auszugehen, dass der Deckungsgrad beim BPatGer deutlich höher als 5 % ausfällt. Er lag zuletzt bei etwa 50 %. Damit weist das BPatGer, mit seiner eng begrenzten sachlichen Zuständigkeit für zivilrechtliche Patentstreitigkeiten, derzeit den höchsten Deckungsgrad der Eidge65

Vgl. www.bundespatentgericht.ch > Das Gericht > Geschäftsberichte (Stand: 18.8.2022).

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nössischen Gerichte (5­17 %) aus.66 Im verwaltungsrechtlichen Bereich dürfte er jedoch tiefer sein. Bei einer Annahme von 30 % entstehen ungedeckte Kosten zwischen rund 0,1 und 0,4 Millionen Franken.

Neu wird auch das Finanzdefizit des BPatGer im zivilrechtlichen Bereich aus institutionellen Überlegungen durch den Bundeshaushalt getragen (vgl. Ziff. 5.5 Erläuterungen zu Art. 4 E-PatGG). Zum letztlich resultierenden Defizit aus dem verwaltungsrechtlichen Bereich kommt also der bereits erwähnte Defizitdeckungsbeitrag im Umfang von rund 0,8 Millionen Franken hinzu, den künftig nicht mehr das IGE entrichtet. Unter dem Strich beträgt die Belastung der Bundeskasse durch das neu gestaltete Beschwerdewesen zwischen 0,9 und 1,2 Millionen Franken.

Auf der anderen Seite dürfte es durch die neue Aufgabenteilung zu einer nicht näher bezifferbaren und aufwandsmässig kaum spürbaren Entlastung des BVGer kommen (weil dieses bisher nur wenige Beschwerden in Patentsachen zu beurteilen hatte).

6.2.2

Personelle Auswirkungen

Auswirkungen auf das IGE Das neue Patentsystem mit obligatorischer Recherche bei allen Anmeldungen sowie fakultativer Vollprüfung führt beim IGE zu einem Mehraufwand.

Für die Berechnung des künftigen Bedarfs an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird auf die bisherigen Erfahrungen des IGE zurückgegriffen. Dieses geht von folgendem Aufwand aus: Recherche, 20 Stunden; Prüfung eines vollgeprüften Patents, 13 Stunden; Prüfung eines teilgeprüften Patents, 6 Stunden. Aus den vier Szenarien resultiert folgender Ressourcenbedarf des IGE: ­

Szenario 1: 12 zusätzliche VZÄ

­

Szenario 2: 19 zusätzliche VZÄ

­

Szenario 3: 9 zusätzliche VZÄ

­

Szenario 4: 16 zusätzliche VZÄ

Auswirkungen auf die Gerichte Das BPatGer ist in Zukunft sowohl für die zivilrechtliche Beurteilung von Patentverletzungs- oder Nichtigkeitsklagen als auch für die verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren zuständig. Um diese neue Aufgabe zu bewältigen, benötigt es unter Umständen mehr Personal. Im Vordergrund stehen dabei neue Richterinnen und Richter, die neben juristischen auch über allgemeine technische Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. Da schwer abzuschätzen ist, wie sich die Fallzahlen und damit die Geschäftslast des BPatGer in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren entwickelt, werden ihm maximal 200 zusätzliche Stellenprozente für hauptamtliche Richterinnen und Richter zur Verfügung gestellt. Dazu kommen nebenamtliche Richterinnen und Richter, die bei Bedarf punktuell eingesetzt werden können, sowie Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber.

66

Vgl. www.bundespatentgericht.ch > Das Gericht > Geschäftsberichte (Stand: 18.8.2022).

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Die überwiegende Mehrheit der zivilrechtlichen Fälle betrifft EP, nur ein kleiner Teil vom IGE erteilte Patente. Von den im Jahr 2020 beim BPatGer angestrengten 18 ordentlichen Verfahren betrafen nur 6 Schweizer Patente, bei den 4 summarischen Verfahren keines.67 Die im Rahmen der RFA I befragten Anmelderinnen und Anmelder sowie Patentanwältinnen und Patentanwälte vermuteten, dass sich durch die Einführung der Vollprüfung ein Teil der heute auf dem zivilen Weg geführten Rechtsstreitigkeiten auf den verwaltungsrechtlichen Weg verlagern könnte, da das verwaltungsrechtliche Verfahren in der Regel kostengünstiger ist. Damit würde sich ein kleiner Teil der Arbeitslast innerhalb des BPatGer verschieben. Dieser mögliche Effekt ist jedoch nur schwer quantifizierbar und wurde dementsprechend bei den geschätzten Fallzahlen nicht berücksichtigt.

6.3

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

In steuerpolitischer Hinsicht könnte sich die Vorlage indirekt auf die Kantone auswirken. Das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) führte für die Kantone verbindlich die Patentbox ein. Mit diesem Instrument wird der Reingewinn, der auf Patente und vergleichbare Rechte entfällt, auf Antrag hin mit einer Ermässigung von bis zu 90 % besteuert. Die Kantone können eine geringere Ermässigung vorsehen.

Offen bleibt, ob das revidierte Schweizer Patentsystem aufgrund erhöhter Rechtssicherheit oder neuer Kostenstruktur zu einer regeren Patentierungsaktivität in der Schweiz führt und dadurch mehr Gewinne als bisher in einer Patentbox ermässigt besteuert werden. Die Berechnung des Reingewinns aus Patenten nach Artikel 24b Absatz 2 des Steuerharmonisierungsgesetzes vom 14. Dezember 199068 sowie weitere restriktive Anforderungen an eine Ermässigung der Gewinnsteuer, die sich am OECD-Standard orientieren, sollen verhindern, dass es zu einer substantiellen Zunahme der Beanspruchung der Patentbox kommt. In die gleiche Richtung wirkt auch der Umstand, dass für besonders gewinnträchtige, international vermarktete patentierbare Sachverhalte ohnehin das bereits bestehende europäische Patent genutzt wird.

6.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Hauptsächlich betroffen von der Einführung des dualen Schutzsystems (teil- und vollgeprüftes Patent) sind das IGE, die Nutzerinnen und Nutzer des Schweizer Patentsystems, die (Patent-)Anwältinnen und (Patent-)Anwälte sowie die Gerichte. Durch die Revision erweitern sich die Wahlmöglichkeiten für die Patentanmelderinnen und Patentanmelder, insbesondere für binnenmarktorientierte KMU. Dabei werden die zu erwartenden Kosten zum grössten Teil über entsprechende Gebühren von den Inhaberinnen und Inhabern selbst getragen. Das Beschwerdewesen verursacht hingegen 67 68

Vgl. www.bundespatentgericht.ch > Das Gericht > Geschäftsberichte (Stand: 18.8.2022).

SR 642.14

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Kosten, die nur zu einem geringen Anteil durch Gebühren gedeckt sein dürften. Das Defizit (abhängig von den tatsächlichen Fallzahlen und der Höhe der erhobenen Gebühren) geht zulasten der Bundeskasse.

Des Weiteren sind auch Dritte ­ darunter wiederum KMU ­ betroffen, die heute mit zum Teil unbegründeten Patentklagen konfrontiert sind. Sie werden in Zukunft durch die obligatorische Recherche und das vollgeprüfte Patent von einer erhöhten Rechtssicherheit profitieren können, ohne dass ihnen zusätzliche Kosten anfallen. Wie stark diese Effekte zum Tragen kommen, hängt von der künftigen Nachfrage ab.

Die Revision betrifft lediglich einen kleinen Teil der in der Schweiz gültigen Patente (die überwiegende Anzahl sind EP). Daher sind, auch wenn eines der vier Szenarien einträte, keine grösseren Auswirkungen auf das Gesamtsystem zu erwarten. Insgesamt ist davon auszugehen, dass der mit der Revision verbundene zusätzliche Nutzen für die Wirtschaft die zu erwartenden zusätzlichen Kosten übersteigt. Der positive Effekt dürfte aber moderat ausfallen.

6.5

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Patentinhaberinnen und Patentinhaber / KMU Zielpublikum des Schweizer Patents sind in erster Linie Unternehmen, die hauptsächlich auf dem Heimmarkt tätig sind. Das sind in der Regel KMU. Für Patentanmelderinnen und Patentanmelder, die nicht nur in der Schweiz, sondern international tätig sind, ist im Normalfall ein EP attraktiver. Denn damit kann in einem zentralen Prüfund Registrierungsverfahren Schutz in bis zu 39 europäischen Staaten (Stand: Oktober 2022) erlangt werden.

Gemäss der aktuellsten Innovationserhebung der KOF haben 3,7 % der befragten Schweizer Unternehmen mit mehr als 5 Beschäftigten aus den Branchen verarbeitende Industrie, Baugewerbe und kommerzielle Dienstleistungen Patente in der Zeitspanne von 2014­2016 angemeldet.69 Somit dürften über 2000 Unternehmen mit mehr als 5 Beschäftigten aus den gennannten Branchen zwischen 2014 und 2016 Patente angemeldet haben, seien es nationale Patente oder EP. Wird diese Zahl mit dem Anteil der durch das IGE an Schweizer Unternehmen erteilten nationalen Patente multipliziert, ergibt das rund 200 Unternehmen mit mehr als 5 Beschäftigten aus den gennannten Branchen, die nationale Patente nachfragen. (Im Jahr 2016 erteilten das IGE und das EPA zusammen den Antragstellerinnen und Antragstellern aus der Schweiz rund 4300 Patente. Davon entfielen ca. 10 % auf das IGE und 90 % auf das EPA.) Bei der KOF-Erhebung wurden Unternehmen mit weniger als 5 Beschäftigten nicht berücksichtigt, welche über drei Viertel der Schweizer Unternehmen darstellen. Bei den angenommenen Zahlen handelt es sich entsprechend um sehr zurückhaltende Schätzungen. So ergibt eine durch das IGE durchgeführte Analyse der öffentlich zugängli-

69

SBFI (Hrsg.) (2020): Innovation in der Schweizer Privatwirtschaft ­ Ergebnisse der Innovationserhebung 2018. Bern. Kann abgerufen werden unter: www.sbfi.admin.ch > Publikationen und Dienstleistungen > Im Brennpunkt > Publikationsdatenbank (Stand: 9.9.2022).

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chen Patentstatistiken, dass rund 1000 Unternehmen ­ insbesondere KMU ­ Schweizer Patente anmelden und von der Vorlage direkt betroffen wären.

Der Zusatznutzen des revidierten Patensystems für die KMU liegt zum einen in einer Zunahme der Wahlmöglichkeiten. Neu können KMU auch in der Schweiz ein vollgeprüftes Patent erwerben. Durch die geografische Nähe zum IGE sowie aufgrund der Tatsache, dass ein vollgeprüftes Schweizer Patent im Vergleich zu einem EP schneller und kostengünstiger erteilt wird, sinken zum anderen die sogenannten Transaktionskosten der KMU. Letztlich steigt durch die Vollprüfung, die obligatorische Recherche sowie die gerichtliche Überprüfung durch das BPatGer die Rechtssicherheit nicht nur für die Patentanmelderinnen und Patentanmelder, sondern auch für die Konkurrenz.

So können strittige Fragen bereits im Erteilungsverfahren bzw. einem allfälligen Beschwerdeverfahren geklärt werden, und nicht erst in einem nachgelagerten Zivilprozess.

Auf der Kostenseite dürfte die patentanwaltliche Begleitung von vollgeprüften Schweizer Patentanmeldungen im Vergleich zu heute höhere Kosten verursachen. Bei teilgeprüften Schweizer Patentanmeldungen hingegen dürften die Kosten abnehmen.

Der Grund liegt darin, dass durch die obligatorische Recherche die Aufwände der Anmelderinnen und Anmelder für das eigenständige Erstellen der nötigen Unterlagen oder für eine etwaige Inanspruchnahme von patenanwaltlichen Dienstleistungen sinken dürften. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, dass die Gesamtkosten für die Erteilung eines teilgeprüften Patents trotz Recherche unter dem Strich tiefer ausfallen.

Durch die Wahl des für sie geeigneten Schutztitels können die Anmelderinnen und Anmelder Nutzen und Kosten gegeneinander abwägen. Es spricht einiges dafür, dass der Nutzen die Kosten übersteigt: Die Ergebnisse der im Rahmen der RFA I durchgeführten Umfrage zeigen, dass das neue Angebot einem Bedürfnis entspricht, das künftig auch genutzt werden wird. Rund drei Viertel der Befragten sind dabei auch bereit, etwas höhere Kosten in Kauf zu nehmen.

Dritte / Konkurrenz Mit Einführung des vollgeprüften Schweizer Patents und der Möglichkeit, dass auch Dritte die Vollprüfung verlangen können, sinkt die Gefahr durch sog. «Junk Patents».

Das sind Patente, welche die materiellen Schutzvoraussetzungen nicht
erfüllen. Solche Patente behindern die betroffenen Wirtschaftsakteure. Vor allem KMU haben oft nicht die professionelle patentanwaltliche Infrastruktur eines grossen Unternehmens zur Verfügung. Deshalb können sie kaum beurteilen, ob ein gegen sie verwendetes Patent rechtsbeständig ist oder nicht.

Die obligatorische Recherche und die vollgeprüften Schweizer Patente (inkl. der auf die Registrierung folgenden Beschwerdemöglichkeiten) erhöhen die Rechtssicherheit. Das reduziert für Konkurrentinnen und Konkurrenten sowie Dritte potenzielle Kosten, die ihnen durch das aktuelle Patentsystem entstehen können.

Patentanwältinnen und Patentanwälte Eine wichtige Anspruchsgruppe sind die Patentanwältinnen und Patentanwälte sowie auf Immaterialgüterrecht spezialisierte Anwältinnen und Anwälte. Die meisten An78 / 84

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meldungen sowohl für nationale Patente als auch für EP werden von diesen Intermediären im Auftrag der Erfinderinnen und Erfinder vorbereitet und anschliessend nicht selten auch verwaltet. Zudem werden in der Regel die Dienstleistungen ebendieser Gruppe bei Beschwerden, Klagen usw. beansprucht.

Die Betreuung der Anmeldung eines vollgeprüften Patents wird aufwendiger als die Betreuung eines bisherigen teilgeprüften Schweizer Patentes. Hingegen ist nicht auszuschliessen, dass der Aufwand für ein neues teilgeprüftes Patent aufgrund der nun obligatorischen Recherche abnimmt. Gestützt auf die eruierten Substitutionswirkungen könnte somit die Nachfrage nach den Dienstleistungen der (Patent-)Anwältinnen und (Patent-)Anwälte leicht sinken. Der tatsächliche Umfang dieser Nachfrageänderung hängt aber von der effektiven künftigen Anzahl an nationalen Anmeldungen ab.

Die (Patent-)Anwältinnen und (Patent-)Anwälte können jedoch als Dienstleistung neu die Vertretung im erweiterten Beschwerdeverfahren anbieten.

Kosten entstehen dieser Gruppe hauptsächlich aus der Anpassung ihrer Prozesse an die neuen Regeln.

Konsumentinnen und Konsumenten Die Revision tangiert die sachlichen Schutzvoraussetzungen von Patenten nicht. Insgesamt bleibt der Anreizmechanismus des heutigen Systems bestehen. Dadurch sind auch keine Auswirkungen auf Konsumentinnen und Konsumenten zu erwarten, die letztlich von den Innovationen profitieren.

6.6

Andere Auswirkungen

Die schweizerische Patentgesetzgebung ist gemäss Patentschutzvertrag vom 22. Dezember 197870 auch im Fürstentum Liechtenstein anwendbar. Nach diesem Vertrag bilden die Schweiz und Liechtenstein ein einheitliches Schutzgebiet für Patente. Nicht vom Geltungsbereich des Vertrags erfasst sind die ESZ. Betreffend ESZ haben die beiden Länder am 2. November 1994 eine Ergänzungsvereinbarung zum Patentschutzvertrag71 abgeschlossen. Diese sieht vor, dass die von der Schweiz erteilten ESZ auch im Fürstentum Liechtenstein gültig sind. Die vorliegende Revision hat keinen Einfluss auf die beiden Vereinbarungen. Eine zusätzliche Ergänzungsvereinbarung ist nicht erforderlich.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage sieht Anpassungen des PatG vor, die sich wie das bisherige PatG auf Artikel 122 BV (Bundeskompetenz auf dem Gebiet des Zivilrechts) abstützen. Ebenso stützen sich die weiteren Anpassungen von Bundesgesetzen, wie namentlich des 70 71

SR 0.232.149.514 SR 0.232.149.514.0

79 / 84

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VwVG und des PatGG, jeweils auf die gleichen Verfassungsgrundlagen wie die bisherigen Bestimmungen dieser Gesetze.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Alle vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen sind mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, insbesondere aus der PVÜ72, dem PCT, dem EPÜ 2000 sowie dem TRIPS-Abkommen73, vereinbar. Die in diesen Abkommen zum Erfindungsschutz aufgestellten Anforderungen werden bereits von den geltenden patentrechtlichen Regelungen erfüllt; die vorliegende Revision ändert daran nichts.

7.3

Erlassform

Die Vorlage enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Der Erlass untersteht dem fakultativen Referendum.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen geschaffen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Sie ist somit nicht der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV unterstellt.

7.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Gesetzesentwurf sieht folgende Rechtsetzungsdelegationen vor: Artikel 57a beauftragt das IGE mit der Erstellung des neu für jede Anmeldung obligatorischen Berichts über den Stand der Technik und gibt die Grundlage für den Bericht vor (Abs. 2). Die Einzelheiten des Berichts und seiner Erstellung sind stark technischer Natur und eng mit der Patentprüfung an sich verknüpft. Absatz 4 enthält deshalb eine Delegationsnorm an den Bundesrat, der die entsprechenden Regelungen in die PatV aufnehmen wird. Dazu gehören insbesondere die Voraussetzungen, unter denen das IGE bereits bestehende Berichte übernehmen und deshalb auf die Erstellung eines eigenen Berichts verzichten kann (siehe dazu die Erläuterungen zu Art. 57a E-PatG).

72 73

Pariser Übereinkunft vom 14. Juli 1967 zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am 14.7.1967; SR 0.232.04.

Abkommen vom 15. April 1994 über handelsbezogene Aspekte an geistigem Eigentum (Anhang 1C zum Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation); SR 0.632.20.

80 / 84

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Mit der neuen fakultativen Vollprüfung wird die Regelung der Anträge auf Prüfung des Patents bzw. auf vollständige Prüfung nötig. Artikel 58b regelt die wesentlichen Eckpunkte dieser Anträge. Sie sind untrennbar mit der Prüfung der zugehörigen Patentanmeldungen verknüpft. Absatz 6 enthält deshalb eine Delegationsnorm an den Bundesrat, der gestützt darauf in der PatV die Einzelheiten des Verfahrens regeln kann. Dies entspricht der heute geltenden Regelung, bei der die Einzelheiten der Patentprüfung in Artikel 46 ff. PatV geregelt sind. Damit wird sichergestellt, dass die Patentprüfung auch künftig bei Bedarf zeitnah neuen Entwicklungen und den Bedürfnissen der Anmelderinnen und Anmelder angepasst werden kann.

Mit der Aufhebung von Artikel 60 Absatz 1bis wird der bisherige Katalog derjenigen Angaben, die in das Patentregister eingetragen werden müssen, gestrichen. An seine Stelle tritt der neue Absatz 2. Dieser enthält nur noch drei Angaben, die in jedem Fall eingetragen werden müssen. Darüber hinaus wird dem Bundesrat die Kompetenz delegiert, weitere einzutragende Angaben in der PatV festzulegen. Damit wird das Patentrecht weitgehend an die Regelungen der anderen gewerblichen Schutzrechte (d. h.

Art. 38 MSchG und Art. 24 sowie 25 DesG) angeglichen. Neben dieser Harmonisierung wird durch die Festlegung der einzutragenden Angaben auf Verordnungsstufe auch sichergestellt, dass bei der Führung des Patentregisters zeitnah neuen Entwicklungen Rechnung getragen werden kann.

Das VwVG delegiert die Bemessung der Gebühren und Entschädigungen vollumfänglich an den Bundesrat, wobei die Zuständigkeiten des BVGer und des BStGer vorbehalten bleiben. Innerhalb der Vorgaben des VwVG haben die Gerichte die Verfahrenskosten (Art. 63 Abs. 5 VwVG), die Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 5 VwVG) und die unentgeltliche Rechtspflege (Art. 65 Abs. 5 VwVG) hingegen selber zu bemessen. Diese Kompetenzzuweisung entspricht der grundsätzlichen Verwaltungsautonomie der Gerichte. Dieser Grundsatz gilt gleichermassen für das BPatGer. Analog der Regelungen für das BVGer und das BStGer sind mit der neuen Zuständigkeit des BPatGer die Absätze 5 der Artikel 63­65 VwVG mit den Vorbehalten der Zuständigkeiten des BPatGer nach Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe a PatGG zu ergänzen.

7.6

Datenschutz

Die Vorlage betrifft keine Fragen in Verbindung mit dem Datenschutz.

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Abkürzungsverzeichnis AIPPI

Internationale Vereinigung zum Schutz des geistigen Eigentums (Association Internationale pour la Protection de la Propriété Intellectuelle)

BGE

Bundesgerichtsentscheid

BGer

Bundesgericht

BPatGer

Bundespatentgericht

BV

Bundesverfassung; SR 101

BVGer

Bundesverwaltungsgericht

DesG

Designgesetz vom 5. Oktober 2001; SR 232.12

DesV

Designverordnung vom 8. März 2002; SR 232.121

E-IGEG

Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum

EP

Europäisches Patent

EPA

Europäisches Patentamt

E-PatG

Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente

EPO

Europäische Patentorganisation

EPÜ 2000

Europäisches Patentübereinkommen vom 5. Oktober 1973, revidiert in München am 29. November 2000; SR 0.232.142.2

ESZ

Ergänzendes Schutzzertifikat

EU

Europäische Union

E-VGG

Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht

E-VwVG

Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren

GebV-IGE

Verordnung des IGE vom 14. Juni 2016 über Gebühren; SR 232.148

IGE

Institut für Geistiges Eigentum

IGEG

Bundesgesetz vom 24. März 1995 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum; SR 172.010.31

INGRES

Institut für gewerblichen Rechtsschutz

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

KOF

Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich

Motion Hefti

Motion 19.3228 Hefti «Für ein zeitgemässes Schweizer Patent»

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MSchG

Markenschutzgesetz vom 28. August 1992; SR 232.11

MSchV

Verordnung vom 23. Dezember 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben; SR 232.111

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development)

PatG

Patentgesetz vom 25. Juni 1954; SR 232.14

PatGG

Patentgerichtsgesetz vom 20. März 2009; SR 173.41

PatV

Patentverordnung vom 19. Oktober 1977; SR 232.141

PCT

Vertrag vom 19. Juni 1970 über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (Patent Cooperation Treaty); SR 0.232.141.1

PVÜ

Pariser Übereinkunft vom 14. Juli 1967 zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967; SR 0.232.04

RFA

Regulierungsfolgenabschätzung

RVOG

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997; SR 172.010

STAF

Bundesgesetz vom 18. September 2018 über die Steuerreform und AHV-Finanzierung

TRIPS

Abkommen vom 15. April 1994 über handelsbezogene Aspekte an geistigem Eigentum (Anhang 1C zum Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation); SR 0.632.20

VESPA

Verband der freiberuflichen Europäischen und Schweizer Patentanwälte

VGG

Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005; SR 173.32

VIPS

Verband der Industriepatentanwälte in der Schweiz

VSP

Verband Schweizerischer Patent- und Markenanwälte

VwVG

Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968; SR 172.021

WIPO

Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization)

ZPO

Schweizerische Zivilprozessordnung; SR 272

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