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23.008 Botschaft zur Genehmigung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 2022 vom 11. Januar 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Internationalen KaffeeÜbereinkommens von 2022.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

11. Januar 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2023-0092

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Übersicht Die Schweiz ist Mitglied beim auslaufenden Internationalen Kaffee-Übereinkommen von 2007. Um ihren Verpflichtungen und ihrem Interesse im globalen Kaffeesektor nachzukommen, beteiligte sich die Schweiz bei den Neuverhandlungen des Übereinkommens. Dabei konnte sie ihre Anliegen erfolgreich einbringen. Das Internationale Kaffee-Übereinkommen von 2022 steht im Einklang mit den Grundsätzen der Aussenwirtschaftsstrategie und der Agenda 2030 der Schweiz.

Ausgangslage Die Schweiz ist seit 1963 Mitglied der Internationalen Kaffee-Übereinkommen. Sie ist dem ersten Übereinkommen von 1963 sowie den nachfolgenden Übereinkommen von 1968, 1976, 1983, 1994, 2001 und 2007 beigetreten. Die Internationale Kaffee-Organisation mit Sitz in London sorgt für die Durchführung des Kaffee-Übereinkommens und überwacht seine Anwendung. Ziel der bisherigen Übereinkommen ist, den Austausch und die Kooperation zwischen Konsumenten- und Produzentenländern sowie auch zwischen allen Akteurinnen und Akteuren entlang der Kaffee-Wertschöpfungskette zu fördern.

Inhalt der Vorlage Nach mehrmonatigen Verhandlungen wurde das neue Übereinkommen am 9. Juni 2022 finalisiert. Wie bereits bei den Vorgänger-Übereinkommen bleibt das Ziel des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 2022, den globalen Kaffeesektor zu stärken sowie die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit zum Vorteil aller Akteurinnen und Akteure des Sektors zu fördern. Das neue Übereinkommen setzt einen starken Akzent auf die Zusammenarbeit zwischen allen Akteurinnen und Akteuren der Kaffee-Wertschöpfungskette und institutionalisiert eine engere Zusammenarbeit mit dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft. Erklärtes Ziel ist die Schaffung von strukturellen Voraussetzungen für die Verbesserung der Lebensgrundlage der Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern, um die Prosperität des globalen Kaffeesektors langfristig zu sichern. Mit der vorliegenden Botschaft unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung das Internationale Kaffee-Übereinkommen von 2022 zur Genehmigung.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Das Internationale Kaffee-Übereinkommen (International Coffee Agreement, ICA) verfolgt das Ziel, die nachhaltige Entwicklung des globalen Kaffeesektors zugunsten aller Akteurinnen und Akteure der Wertschöpfungskette zu unterstützen, dies indem der Austausch und die Kooperation zwischen Konsumenten- und Produzentenländern im Kaffeesektor sowie auch zwischen allen Akteurinnen und Akteuren entlang der Wertschöpfungskette gefördert wird.

Die Schweiz war bereits dem ersten Internationalen Kaffee-Übereinkommen von 19631 beigetreten. Ebenso trat sie den nachfolgenden Übereinkommen von 19682, 19763, 19834, 19945, 20016 und 20077 bei. Die Internationale Kaffee-Organisation mit Sitz in London sorgt für die Durchführung des Kaffee-Übereinkommens und überwacht seine Anwendung. Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung betreut in Zusammenarbeit mit der Schweizer Botschaft in London die Mitgliedschaft der Schweiz beim ICA.

Das ICA 2022 wurde am 9. Juni 2022 an einer ausserordentlichen Tagung des Internationalen Kaffeerats, dem höchsten Organ der Organisation, in London angenommen. Das neue Übereinkommen ersetzt das Übereinkommen von 2007. Wie bereits beim Vorgänger-Übereinkommen bleibt das Ziel des ICA 2022, den globalen Kaffeesektor zu stärken sowie die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit zum Vorteil aller Akteurinnen und Akteure des Sektors zu fördern. Das neue Übereinkommen setzt einen starken Akzent auf die Zusammenarbeit zwischen allen Mitgliedern der Kaffee-Wertschöpfungskette und institutionalisiert eine engere Zusammenarbeit mit dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft. Erklärtes Ziel ist die Schaffung von strukturellen Voraussetzungen für die Verbesserung der Lebensgrundlage der Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern, um die Prosperität des globalen Kaffeesektors langfristig zu sichern. Das ICA 2022 hat keine maximale Geltungsdauer und bleibt in Kraft, bis es vom Internationalen Kaffeerat beendet wird.

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Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens 1962, BBl 1964 I 1169, und Bundesbeschluss vom 1. Okt. 1964, AS 1965 557.

Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens 1968, BBl 1968 I 1281, und Bundesbeschluss vom 23. Sept. 1968, AS 1968 1521.

Vgl. Botschaft über das Internationale Kaffee-Übereinkommen 1976, BBl 1976 II 599, und Bundesbeschluss vom 11. Juni 1976, AS 1976 2299.

Vgl. Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 83/I vom 17. Aug. 1983, BBl 1983 III 639, und Bundesbeschluss vom 6. Okt. 1983, BBl 1983 III 1096.

Vgl. Bericht über die Aussenwirtschaftspolitik 94/I+2 vom 18. Jan. 1995, BBl 1995 II 277, und Bundesbeschluss vom 22. März 1995, AS 1996 115.

Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens 2001, BBl 2002 1560, und Bundesbeschluss vom 14. März 2002, AS 2005 2645 .

Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens 2007, BBl 2009 935, und Bundesbeschluss vom 2. Febr. 2011, AS 2011 4421; SR 0.916.117.1.

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1.2

Die Internationale Kaffee-Organisation

Die Internationale Kaffee-Organisation soll ein Forum für Konsultationen zu den strukturellen Bedingungen auf den internationalen Kaffeemärkten sowie zu den langfristigen Trends der Produktion und des Konsums von Kaffee bieten. Sie sammelt und veröffentlicht Kaffeestatistiken und erstellt Marktanalysen sowie Studien über Produktion, Verarbeitung, Vertrieb und Preisvolatilität der internationalen Kaffeemärkte.

Des Weiteren unterstützt die Organisation ihre Mitgliedsstaaten bei der Entwicklung und Verwaltung von Projekten im Kaffeesektor. Schliesslich administriert die Organisation das Kaffee-Übereinkommen.

1.3

Der Kaffeemarkt

Für zahlreiche Entwicklungsländer stellt der Kaffeeexport eine wichtige Devisenquelle dar. Millionen ländlicher Haushalte beziehen einen wesentlichen Teil ihres Einkommens daraus. Gut 60 Prozent der gesamten Kaffeeproduktion kommt aus Brasilien, Vietnam und Kolumbien.8 Dementsprechend sind dies auch diejenigen Produzentenländer, welche mengenmässig am meisten Kaffee exportieren. Für diese Länder steht ausser Frage, dass der Kaffeesektor eine bedeutende wirtschaftliche Rolle einnimmt. Jedoch ist der Kaffeesektor auch für andere Länder ein wirtschaftlich wichtiger Sektor. Für Burundi und Äthiopien beispielsweise stellt Kaffee mit einem Anteil von 61 Prozent beziehungsweise 39 Prozent an den Gesamtexporten das weitaus wichtigste Exportprodukt dar. Die OECD-Länder sind die Hauptdestination der Exporte aus den Produzentenländern. Dabei sind Deutschland und die USA die grössten Absatzmärkte.9 Der globale Kaffee-Preis (ICO-Composite) verzeichnete seit seinem Höchststand im September 2011 während gut 10 Jahren einen stetigen Abwärtstrend. Der ICOComposite ist ein zusammengesetzter Preisindikator der Internationalen KaffeeOrganisation und ist für verschiedene Institutionen und Interessengruppen ein allgemeiner Richtwert für den Preis von Rohkaffee aller wichtigen Herkünfte und Sorten.

Daher wird dieser im Folgenden zur Bestimmung der jüngsten Preisentwicklung von Rohkaffee verwendet. Infolge der Corona-Pandemie und der darauffolgenden Lockdowns in Kaffee produzierenden Ländern begann der Indikator sich zu erholen. Ende 2021 verzeichnete der ICO-Composite einen Anstieg von 75 Prozent gegenüber dem Beginn des Jahres und erreichte mit 213.04 US Cent pro Pfund den höchsten Wert seit dem Höchststand vom September 2011. Somit hat nach zehn aufeinanderfolgenden Jahren mit niedrigem Preisniveau seit Mitte 2020 eine Erholung der Kaffeepreise stattgefunden. Der Aufwärtstrend ist hauptsächlich mit Lieferengpässen und reduziertem Angebot zu begründen. Aufgrund des Abschwungs der Weltwirtschaft, Importund Konsumänderungen sowie infolge des Krieges in der Ukraine endete der Aufwärtstrend im März 2022.

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www.ico.org > Statistics > Production > Coffee production by exporting countries www.trademap.org > Coffee imports

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1.4

Schweizerische Interessenlage

Die schweizerischen Interessen haben sich seit der Zustimmung zum Übereinkommen von 2007 nicht massgeblich verändert. Die Unterzeichnung des Übereinkommens ermöglicht der Schweiz, ihre wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Interessen weiterhin aktiv zu vertreten. Diese sprechen für die Unterzeichnung des neuen Vertrags.

In der Schweiz ist Kaffee ein verbreitetes und geschätztes Konsumgut. Der Pro-KopfVerbrauch gehört, nach den skandinavischen Ländern, hinsichtlich Menge und Wert zu den höchsten der Welt.10 Das Wiederausfuhrvolumen und insbesondere der Wiederausfuhrwert ist bedeutend für die Schweizer Wirtschaft. Rund 3,3 Milliarden Schweizerfranken, was 10 Prozent des weltweiten Kaffee-Exportwerts entspricht, werden der Schweiz zugeschrieben. Damit ist die Schweiz gemäss Handelswert nach Brasilien der zweitgrösste Kaffeeexporteur.11 Dabei wird hauptsächlich Kaffee in gerösteter, nicht entkoffeinierter Form exportiert. Entsprechend spielen einige Röster eine führende wirtschaftliche Rolle auf internationaler Ebene. Ausserdem sind schweizerische Unternehmen substanziell am internationalen Kaffeehandel beteiligt.

Nach eigenen Angaben verantworten die Mitglieder der schweizerischen Kaffeehändler-Vereinigung ca. 60 Prozent des globalen Grünkaffeehandels. Einige davon sind Mitglieder der Kaffee-Task-Force der Internationalen Kaffee-Organisation und engagieren sich aktiv in den Diskussionen der Organisation. Entsprechend der hohen Nachfrage hat sich der Schweizer Kaffeeimport seit 1988 wertmässig verdreifacht.12 Im Zusammenhang mit ihren entwicklungspolitischen Interessen kann die Schweiz ihre Unterstützung für die Produktionsländer im globalen Süden zur Geltung bringen.

Die Unterstützung fokussiert sich dabei auf die Förderung der nachhaltigen Kaffeeproduktion in ausgewählten Entwicklungsländern. Insbesondere setzt sich die Schweiz im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit für eine Stärkung des Dialogs zwischen dem Privatsektor, den Verbänden von Kaffeeproduzentinnen und -produzenten und Akteurinnen und Akteuren der Zivilgesellschaft ein, um einen nachhaltigen Kaffeehandel zu fördern. So hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in der Vergangenheit beispielsweise zur Entwicklung von Nachhaltigkeitskriterien für den Kaffeesektor (Common Code for the Coffee Community, 4C)
beigetragen. Damit können sich Akteurinnen und Akteure auf jeder Ebene der KaffeeWertschöpfungskette beraten und zertifizieren lassen. Aktuell steht das SECO im Austausch mit dem Schweizer Kaffeesektor betreffend eine mögliche Initiative für nachhaltigen Kaffee. In verschiedenen Partnerländern fördert die Schweiz zudem einen nachhaltigen Kaffee-Anbau.

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www.statista.com > Statistics > Consumer goods & FMCG > Non-alcoholic Beverages > Coffee market in Europe www.trademap.org > Coffee exports www.gate.ezv.admin.ch/swissimpex

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1.5

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202013 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202014 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Die Vorlage entspricht jedoch Ziel 4 der aktuellen Legislaturplanung. Das Übereinkommen sorgt dafür, dass die Schweiz ihren Beitrag zu einer tragfähigen Weltwirtschaftsordnung leistet und sichert der Schweizer Wirtschaft somit den Zugang zu internationalen Märkten und zum EU-Binnenmarkt.

2

Vernehmlassungsverfahren

In Anwendung von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200515 findet ein Vernehmlassungsverfahren bei der Vorbereitung von völkerrechtlichen Verträgen statt, die nach Artikel 140 Absatz 1 Buchstabe b oder nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem Referendum unterliegen oder wesentliche Interessen der Kantone betreffen. Das Übereinkommen betrifft nicht wesentliche Interessen der Kantone. Zudem ist das Übereinkommen weder dem obligatorischen noch dem fakultativen Referendum zu unterstellen (Ziff. 5.3). Zum ICA 2022 muss daher keine Vernehmlassung durchgeführt werden.

3

Das Internationale Kaffee-Übereinkommen von 2022

3.1

Verhandlungsverlauf

Nach 28 offiziellen Verhandlungsrunden zwischen den Mitgliedern ­ insgesamt 76 Länder ­ konnten die Arbeiten zum ICA 2022 nach über zwei Jahren Verhandlung Ende März 2022 abgeschlossen werden. Für die Verhandlung wurde eine Arbeitsgruppe für die Revision des Kaffee-Übereinkommens gegründet, welche allen Mitgliedern offenstand. Im zweiten Teil des Prozesses kümmerte sich eine Redaktionsgruppe mit einer reduzierten Anzahl Mitglieder um den Entwurf der einzelnen Artikel.

Der Entwurf des neuen Übereinkommens wurde dem Internationalen Kaffeerat am 1. April 2022 vorgestellt, wonach die Delegationen bis zum 18. Mai 2022 die Möglichkeit hatten, letzte Änderungen anzubringen. Die Schlussversion wurde schliesslich in einer ausserordentlichen Ratssitzung am 9. Juni 2022 vom Rat angenommen.

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BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 SR 172.061

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3.2

Inhalt des Übereinkommens

Das neue Übereinkommen folgt in seinen Grundzügen jenem von 200716. Die Präambel anerkennt weiterhin ausdrücklich den Beitrag eines nachhaltigen Kaffeesektors zum Erreichen der international vereinbarten Entwicklungsziele, namentlich der Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Der Akzent wird neu auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit aller Akteurinnen und Akteure der Wertschöpfungskette gelegt, damit die strukturellen Bedingungen für gute Lebensbedingungen für Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern sowie eine florierende Kaffeeindustrie geschaffen werden können.

Die Neuverhandlungen konzentrierten sich hauptsächlich auf drei Schwerpunkte: a) stärkerer Einbezug des Privatsektors und der Zivilgesellschaft in die Arbeiten der Organisation, b) Revision der Berechnung der Stimmengewichte und Mitgliederbeiträge sowie c) Rationalisierung der institutionellen Architektur der Organisation.

Zu a): Wie bereits beim Vorgänger-Übereinkommen ist die Unterstützung und Stärkung der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ein Schwerpunkt des Übereinkommens.

Neu wird das Ziel eines existenzsichernden Einkommens («living income») für Farmerfamilien explizit formuliert. Über eine bessere Verfügbarkeit von Finanzinstrumenten sowie eine stärkere finanzielle Inklusion soll den Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern ein besseres Risikomanagement ermöglicht und ihre Resilienz erhöht werden. Dieses Ziel soll durch eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Privatsektor erreicht werden. Diese Zusammenarbeit wird im ICA 2022 institutionell gestärkt. Der Einbezug des Privatsektors soll insbesondere durch die Schaffung eines Rats von assoziierten Mitgliedern ­ Privatsektor und Zivilgesellschaft ­ sowie durch die institutionelle Verankerung der 2018 durch einen Resolutionsentschluss gegründeten öffentlich-privaten Kaffee-Task-Force erreicht werden.

Zu b): Eine weitere wichtige Modernisierung ist die Änderung der Berechnungsformeln für Stimmen und Beitragszahlungen der Mitglieder. Bisher wurden die Mitgliederbeiträge proportional zu den Stimmen berechnet. Ausserdem wurde für die Berechnung ausschliesslich das Volumen des Gesamthandels verwendet, das heisst das Volumen der Importe und der Exporte. Künftig sollen dafür je hälftig das Volumen und der Wert des Gesamthandels benutzt werden. Für die Stimmenberechnung werden die
Exporteure als Gruppe weiterhin dieselbe Anzahl Stimmen wie die Importeure erhalten, während für die Mitgliederbeitragsberechnung eine Entkopplung stattfinden soll. Dies resultiert in einer höheren Beitragszahlung für Mitglieder, die am Wert gemessen mehr aus dem Kaffeehandel verdienen. Die Beiträge der Schweiz würden sich dadurch um jährlich ca. 25 000 Schweizerfranken erhöhen, was die Bedeutung der Schweiz als Handels- und Verarbeitungsplatz widerspiegelt.

Zu c): Das neue Übereinkommen sieht eine schlankere Struktur auf institutioneller Ebene vor. Statt den aktuell vier Komitees gibt es künftig nur noch zwei. Das Finanzkomitee bleibt autonom bestehen, während die restlichen drei Komitees ­ Statistik, Projekte sowie Promotion und Marketing ­ in einem Wirtschaftskomitee zusammengefasst werden.

16

SR 0.916.117.1

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3.3

Inkrafttreten

Die Formalitäten für die Mitgliedschaft sind in den Artikeln 44­47 geregelt. Laut Artikel 46 tritt das ICA 2022 endgültig in Kraft, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind.

Erstens müssen Regierungen von Ländern, welche zusammen nach der neuen Berechnung (Art. 21 Abs. 2) über mindestens zwei Drittel der den Ausfuhrmitgliedern zustehenden Stimmen verfügen, ihre Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden hinterlegt haben. Zweitens müssen Regierungen von Ländern, welche über mindestens zwei Drittel der den Einfuhrmitgliedern zustehenden Stimmen verfügen, ihre Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden hinterlegt haben.

Das Übereinkommen liegt vom 6. Oktober 2022 bis am 30. April 2023 zur Unterzeichnung auf. Die Ratifikations-, Annahme oder Genehmigungsurkunden können bis am 31. Juli 2023 hinterlegt werden (Art. 44). Das Übereinkommen steht anschliessend zum Beitritt offen (Art. 47). Sollte das Übereinkommen bis zu diesem Datum nicht endgültig in Kraft getreten sein, so kann es ab dann provisorisch angewendet werden, wenn Unterzeichnerregierungen, die über die in Artikel 46 Absatz 1 genannten Stimmen verfügen, entweder Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden hinterlegt oder den Depositar gemäss Artikel 45 über ihre provisorische Anwendung benachrichtigt haben (Art. 46 Abs. 2). Ist das Übereinkommen am 31. Juli 2024 weder vorläufig noch endgültig in Kraft getreten, so können die Regierungen, die das Übereinkommen ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben, im gegenseitigen Einvernehmen beschliessen, dass es endgültig zwischen ihnen in Kraft tritt (Art. 46 Abs. 3 und 4). Das Internationale Kaffee-Übereinkommen von 2007 bleibt bis zum vorläufigen oder endgültigen Inkrafttreten des Übereinkommens von 2022 anwendbar (Art. 54). Ist das Übereinkommen bis zum 31. Juli 2023 nicht endgültig in Kraft getreten, so kann der Internationale Kaffeerat eine Verlängerung der Ratifizierungs-, Annahme- oder Genehmigungsperiode bewilligen (Art. 44 Abs. 3).

Im Unterschied zum Vorgänger-Übereinkommen, welches eine maximale Geltungsdauer hatte, bleibt das ICA 2022 so lange in Kraft, bis der Kaffeerat beschliesst, dieses zu terminieren (Art. 52 Abs. 1). Mitglieder können vom Übereinkommen jederzeit mit einer Frist von 90 Tagen zurücktreten (Art. 49). Dies stellt gegenüber der früheren Regelung eine
Vereinfachung dar. Ferner sind Anpassungen des Übereinkommens gemäss Artikel 53 zu treffen. Demnach wird eine Änderung angenommen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Erstens müssen Regierungen von Ländern, welche über mindestens zwei Drittel der den Ausfuhrmitgliedern zustehenden Stimmen verfügen, ihre Annahmenotifikation beim Depositar übermittelt haben. Zweitens müssen Regierungen von Ländern, welche über mindestens zwei Drittel der den Einfuhrmitgliedern zustehenden Stimmen verfügen, ihre Annahmenotifikation übermittelt haben. Sofern der Internationale Kaffeerat nicht Weiteres beschliesst, werden diejenigen Mitglieder, welche ihre Annahmenotifikation nicht übermitteln, vom Übereinkommen ausgeschlossen.

Gemäss Artikel 1 Absatz 2 des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 2022 wird der Bundesrat ermächtigt, das Übereinkommen zu ratifizieren und somit die Beschlüsse gemäss Artikel 46 Absätze 3 und 4 betreffend das provisorische beziehungsweise definitive Inkrafttreten zu treffen.

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3.4

Allgemeine Würdigung

Generell stärkt das neue Übereinkommen den Grundsatz des nachhaltigen Wachstums des Kaffeesektors, indem es den Schwerpunkt ausdrücklich auf die drei Grundpfeiler der Nachhaltigkeit legt, nämlich ihre wirtschaftliche, soziale und ökologische Dimension. In verschiedener Hinsicht stellt das neue Übereinkommen auch eine willkommene Modernisierung dar: eine stärkere Einbindung des Privatsektors und der Zivilgesellschaft in die Arbeiten der Organisation, eine Vereinfachung der bisher schwerfälligen Strukturen sowie eine Mitgliederbeitragsberechnung, welche die Realitäten der Kaffee-Wertschöpfungskette besser widerspiegelt und entsprechend fairer ist.

Diese Resultate sind im Einklang mit den im Schweizer Verhandlungsmandat formulierten Zielen, namentlich die Bekräftigung der Rolle der Internationalen KaffeeOrganisation als Austauschplattform zu Nachhaltigkeitsthemen, der Stärkung der Gouvernanz und Transparenz der Organisation sowie der intensiveren Zusammenarbeit mit dem Privatsektor. Zusätzlich ist das Übereinkommen im Einklang mit den Grundsätzen der Aussenwirtschaftsstrategie und der Agenda 2030 der Schweiz.

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Vertragsstaaten finanzieren mit Pflichtbeiträgen die Verwaltungskosten der Internationalen Kaffee-Organisation. Die Jahresbeiträge basieren auf dem Budget der Organisation und auf dem in Ziffer 3.2 beschriebenen Verteilschlüssel. Der Schweizer Jahresbeitrag an die Internationale Kaffee-Organisation hat in den letzten Jahren zwischen 50 000 und 70 000 Schweizerfranken variiert (GBP 56 520 im Jahr 2020, GBP 42 390 im Jahr 2021 und GBP 44 791 im Jahr 2022). Die Schweizer Beiträge werden sich im Rahmen des neuen Übereinkommens aufgrund der neuen Berechnungsmethode der Mitgliederbeiträge erhöhen und werden, mit aktuellen Handelszahlen berechnet, künftig rund 80 000 Schweizerfranken (GBP 65 000) betragen.

Der Schweizer Beitrag zum Budget der Internationalen Kaffee-Organisation wird via den Voranschlagskredit des SECO A231.0200 «Internationale Rohstoffabkommen» ausgerichtet. Die erforderlichen Mittel sind im Voranschlag 2023 und im Finanzplan 2024­2026 bereits eingeplant, einschliesslich diejenigen für die Erhöhung im Zusammenhang mit der neuen Berechnung der Mitgliederbeiträge. Die effektive Höhe des jeweiligen auszuzahlenden Jahresbeitrags kann jedoch schlussendlich von den vorgesehenen Beträgen abweichen. Ferner ist kein zusätzliches Personal erforderlich.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Bezug zu Instrumenten der Handelspolitik und Verhältnis zum europäischen Recht

Das Übereinkommen ist sowohl mit den WTO-Regeln als auch mit den bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU sowie mit der Europapolitik der Schweiz vereinbar. Die Unterzeichnung des Übereinkommens betrifft weder die

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rechtlichen Vorschriften der EU noch die Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen der EFTA. Die EU und ihre Mitgliedstaaten, welche Vertragsparteien der vorherigen Kaffee-Übereinkommen sind, haben sich aktiv an der Aushandlung des neuen Übereinkommens beteiligt. Ihre Unterzeichnung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 2022 ist daher sehr wahrscheinlich.

5.2

Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)17 sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung zuständig; ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist, was vorliegend aber nicht der Fall ist. Schliesslich soll das Übereinkommen in der Amtlichen Sammlung (AS) publiziert werden, da der Bundesrat beschliessen kann, dass auch nicht rechtsetzende Verträge und Beschlüsse in der AS veröffentlicht werden, was auf den vorliegenden Fall zutrifft (Art. 3 Abs. 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200418).

5.3

Erlassform

Das Übereinkommen ist nicht dem obligatorischen Staatsvertragsreferendum zu unterstellen, da es keinen Beitritt zu einer Organisation für kollektive Sicherheit oder zu einer supranationalen Gemeinschaft vorsieht (Art. 140 Abs. 1 Bst. b BV).

In Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) sowie solche, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3).

Das vorliegende Übereinkommen ist von unbeschränkter Dauer und kann unter Einhaltung einer Rücktrittsfrist von 90 Tagen (Art. 49) aufgehoben werden. Somit kommt Ziffer 1 des genannten BV-Artikels nicht zur Anwendung.

Die Neuverhandlung des Übereinkommens ändert weder die ursprünglichen Ziele noch die Tätigkeit der Organisation. Bei den darin vorgenommenen Anpassungen handelt es sich nicht um materielle Unterschiede im Vergleich zum Vorgänger-Übereinkommen. Vorliegend handelt es sich um eine Weiterführung der Mitgliedschaft, weshalb diese nicht als Beitritt zu einer internationalen Organisation zu qualifizieren ist.

17 18

SR 101 SR 170.512

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Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200219 gelten Bestimmungen eines völkerrechtlichen Vertrages als rechtsetzend, wenn sie in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Eine Bestimmung dieser Art kann sich als wichtig erweisen, wenn ihr Gegenstand im nationalen Recht eine Grundregel darstellen würde. Das vorliegende Übereinkommen enthält keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen und erfordert nicht den Erlass von Bundesgesetzen. Es ersetzt keine Bestimmungen des nationalen Rechts und enthält keine Grundsatzentscheide zu Aspekten der nationalen Gesetzgebung. Es erweitert auch nicht die von der Schweiz im Rahmen der früheren Übereinkommen eingegangenen Verpflichtungen. Es enthält somit weder wichtige rechtsetzende Bestimmungen noch erfordert es den Erlass von Bundesgesetzen. Basierend auf den Ausführungen kann festgestellt werden, dass der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 2022 somit nicht dem fakultativen Referendum für völkerrechtliche Verträge untersteht (vgl. Art. 141 Abs. 1 Bst. d Ziff. 1­3 BV).

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SR 171.10

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