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22.461 Parlamentarische Initiative Dringliches Gesetz zur Beschleunigung von fortgeschrittenen Windparkprojekten und von grossen Vorhaben der Speicherwasserkraft Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 23. Januar 2023

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zum Bundesgesetz über Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Windenergieanlagen. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

23. Januar 2023

Im Namen der Kommission Der Präsident: Jacques Bourgeois

2023-0286

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Übersicht Die Schweiz muss ihre Produktion an erneuerbaren Energien offensiv ausbauen.

Hier kann die Windkraft einen entscheidenden Beitrag leisten. Die Bewilligungsverfahren zum Bau von Windenergieanlagen sind jedoch äusserst langwierig und komplex. Mit dieser Vorlage soll die letzte Stufe dieser Verfahren beschleunigt werden, um weit fortgeschrittene Windkraft-Projekte schnell umsetzen zu können.

Dabei werden keine Abstriche bei den rechtlichen Anforderungen an diese Projekte gemacht, insbesondere nicht beim Umweltschutz.

Ausgangslage Vor allem in den Wintermonaten ist die Schweiz im grossen Masse auf Stromimporte aus dem europäischen Ausland angewiesen. Es ist jedoch zu befürchten, dass diese Importe aufgrund von verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Faktoren kurzund mittelfristig nicht in ausreichendem Mass gesichert sind. Deshalb muss die inländische Produktion von erneuerbaren Energien dringend ausgebaut werden. In der Schweiz fallen aufgrund der klimatischen Bedingungen ca. zwei Drittel der Jahresproduktion von Windenergieanlagen im Winterhalbjahr an. Windkraft bietet also ein grosses Potential zur Deckung der Winterstromlücke, welches aber heute noch weitgehend ungenutzt ist. Der Grund dafür liegt nicht zuletzt in den langwierigen und komplexen Bewilligungsverfahren. Der Bau von grösseren Windenergieanlagen erfordert einen Richtplaneintrag, eine spezifische Nutzungsplanung und in vielen Kantonen zudem eine Baubewilligung. Gegen die Nutzungsplanung und gegen die Baubewilligung steht der Rechtsweg bis an das Bundesgericht offen, was zu aussergewöhnlich langen Verfahren führt, die für alle beteiligten Parteien eine unbefriedigende Situation darstellen.

Inhalt der Vorlage Die Vorlage sieht vor, dass die Baubewilligung für Windkraft-Projekte im nationalen Interesse durch den Kanton erteilt wird. Voraussetzung dafür ist, dass eine rechtskräftige Nutzungsplanung vorliegt. Gegen die Baubewilligung kann dann nur noch vor dem obersten kantonalen Gericht Beschwerde eingereicht werden, der Weiterzug ans Bundesgericht ist nur zur Klärung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung möglich. Die Gerichte entscheiden nach Möglichkeit zügig und ohne die Fälle zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dieses gestraffte Verfahren kommt so lange zur Anwendung, bis ein Produktionszubau
von 1 TWh pro Jahr erreicht ist, danach gelten wieder die ordentlichen Verfahren. Die Anforderungen des materiellen Rechts, insbesondere des Umweltrechts, sind von der Vorlage nicht betroffen und bleiben ungeschmälert.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Die Schweiz befindet sich im Winter 2022/2023 in einer historisch angespannten Energieversorgungssituation, insbesondere aufgrund des kriegsbedingt eingestellten Gashandels zwischen Europa und Russland sowie der schlechten Verfügbarkeit des französischen Kernenergie-Parks. Der Bundesrat sah sich daher zu aussergewöhnliche Massnahmen wie der Einrichtung thermischer Notkraftwerke und einer WasserkraftReserve gezwungen. Im Winter 2023/2024 könnte die Situation nochmals angespannter werden, da zumindest in den ersten Monaten des Jahres 2022 die europäischen Gasspeicher noch aufgefüllt werden konnten, womit 2023 nicht unbedingt gerechnet werden kann. Auch wenn sich die geopolitische Situation wieder normalisiert, läuft die Schweiz ab 2025 möglicherweise auf eine Strommangellage gegen Ende der Wintermonate zu, abhängig davon, wie sich die Möglichkeiten zum Stromimport entwickeln.1 Langfristig wird der Bedarf an elektrischer Energie durch die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft2 tendenziell zunehmen, insbesondere durch die Elektrifizierung der Mobilität und des Gebäudesektors. Es ist deshalb unbestritten, dass die Schweiz ihre Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energie bedeutend ausbauen muss, und dies dringend. Besonders wichtig ist dabei die Stromproduktion im Winter, da in diesen Monaten weniger Strom aus Wasserkraft und im Mittelland weniger Solarstrom produziert wird.

Vor diesem Hintergrund hat das Parlament in der Herbstsession 2022 das Bundesgesetz über dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter (Änderung des Energiegesetzes, «Solaroffensive»)3 verabschiedet. Um eine schnelle Verabschiedung dieser Vorlage zu ermöglichen, haben sich die Eidgenössischen Räte dabei auf alpine Freiflächen-Photovoltaikanlagen und ein einzelnes ausgewähltes Wasserkraft-Projekt beschränkt, und keine anderen Energiequellen in diese Vorlage aufgenommen. Insbesondere hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) darauf verzichtet, einen Antrag zu den Rahmenbedingungen für die Windenergie zu stellen.

Windenergie ist aus Sicht der UREK-N jedoch ein besonders geeignetes Mittel, um die Versorgungssicherheit mit erneuerbarem Strom in den Wintermonaten zu stärken.

Hier besteht in der Schweiz noch ein grosses ungenutztes Potenzial. Ein
grosser Teil der Windenergie-Produktion fällt im Winter an, die Anlagen haben einen geringen Flächenverbrauch und eine sehr gute Ökobilanz4. Aktuelle Schätzungen beziffern die potenzielle Jahresproduktion von Windenergie in der Schweiz ­ unter Berück1 2 3 4

Schlussbericht Analyse Stromzusammenarbeit CH-EU, Frontier Economics, 13. Oktober 2021.

Vgl. Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit; BBl 2022 2403.

AS 2022 543 Schlussbericht Ökobilanzierung Schweizer Windenergie, ZHAW im Auftrag des BFE, 11. März 2015.

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sichtigung der ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anforderungen ­ auf 29,5 TWh. Schätzungsweise 55­70 % davon fallen im Winterhalbjahr (von Oktober bis März) an.5 Trotz diesen klaren Vorzügen wird in der Schweiz im Vergleich zu den Nachbarländern und ­regionen nur sehr wenig Windenergie genutzt.6 Dieser Umstand ist nicht zuletzt auf die komplexen und langwierigen Bewilligungsverfahren zurückzuführen. Gebiete für Windkraftanlagen erfordern zunächst einen Eintrag im kantonalen Richtplan. Dieser bedingt eine Vernehmlassung und wird dann vom Bund geprüft und genehmigt. Danach erfolgt die Nutzungsplanung durch die betroffenen Gemeinden7 inklusive der Umweltverträglichkeitsprüfung und den allfällig notwendigen Spezialbewilligungsverfahren (z.B. Rodungsbewilligung, Gewässerschutz). In den meisten Kantonen muss dann die zuständige Behörde (i.d.R. die Gemeinde) noch eine Baubewilligung erteilen.8 Gegen die Nutzungsplanung und gegen die Baubewilligung steht der Rechtsweg bis vor das Bundesgericht offen, so dass zwischen Projektierungsbeginn und Projektrealisierung bis zu 20 Jahre verstreichen können. Diese lange Verfahrensdauer verzögert nicht nur den dringend nötigen Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern ist auch verfassungsrechtlich problematisch, da ein Anspruch auf angemessene Verfahrensfristen besteht.

Mit der Vorlage soll schnell eine zusätzliche Kapazität zur Produktion von Windstrom geschaffen werden. Dazu sollen die Bewilligungsverfahren von weit fortgeschrittenen Projekten, wo insbesondere die Einhaltung der Umweltvorschriften bereits geprüft und bestätigt ist, beschleunigt werden. Die Anforderungen des materiellen Rechts, inklusive der Umweltschutzbestimmungen, sollen dabei unverändert bleiben und in keiner Weise unterlaufen werden. Das gestraffte Baubewilligungsverfahren soll nur für eine beschränkte Anzahl von Windenergieanlagen im nationalen Interesse zur Anwendung kommen. Damit wird sichergestellt, dass die Windenergie rasch einen spürbaren Beitrag zur Entschärfung der akuten Versorgungsproblematik leisten kann.

Wenn dieser Zubau erreicht ist, sollen wieder die ordentlichen Verfahren gelten.

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

In ihrer ursprünglichen Formulierung sah die vorliegende parlamentarische Initiative «Dringliches Gesetz zur Beschleunigung von fortgeschrittenen Windparks und von grossen Vorhaben der Speicherwasserkraft» vor, dass eine rechtskräftige Nutzungsplanung für Windkraftanlagen von nationalem Interesse direkt als Baubewilligung gelten soll. Ein gesondertes Baubewilligungsverfahren, inklusive der Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Baubewilligung, würde damit entfallen. Die 5 6 7

8

Schlussbericht Windpotenzial Schweiz 2022, Meteotest AG im Auftrag des BFE, 24. August 2022.

Winterstrom für die Schweiz. Warum wir auch in der Schweiz Windenergie brauchen.

BFE, 1. März.2020.

Die kommunale Nutzungsplanung ist für Windkraftprojekte die Regel. Kantonale Nutzungspläne existieren bisher nur für die Projekte im Kanton Neuchâtel und für ein Projekt im Kanton Waadt.

Gewisse Kantone, z.B. der Kanton Waadt, kennen bei Windkraftprojekten ein einstufiges Verfahren. Demnach ist in solchen Verfahren keine nachfolgende Baubewilligung mehr notwendig.

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UREK-N verzichtet nun auf diese Regelung, da im Baubewilligungsverfahren verschiedene Fragen stufengerecht geprüft werden, die auf Stufe Nutzungsplanung noch nicht zur Diskussion stehen. Mit der ursprünglichen Formulierung wäre unter Umständen nicht mehr sichergestellt gewesen, dass die Projekte alle materiellen Anforderungen erfüllen und dass das Bewilligungsverfahren den verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügt.

Als weiteres Element beinhaltete der Text der parlamentarischen Initiative umweltrechtliche Erleichterungen für das Wasserkraftprojekt «Trift». Der Bedarf an diesem Projekt und seine Standortgebundenheit sollten von Gesetzes wegen bejaht werden, die Planungspflicht entfallen, und das Interesse an seiner Realisierung anderen öffentlichen Interessen vorgehen. Auf diese Bestimmung wird nun verzichtet, da das Thema Wasserkraft umfassend in der laufenden Revision des Energiegesetzes und des Stromversorgungsgesetzes (Bundesgesetz über die sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, 21.047) behandelt wird, die zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls in der UREK-N hängig ist.

1.3

Kommissionsberatung

Das Anliegen zur Beschleunigung von weit fortgeschrittenen Windkraft-Projekten wurde im Rahmen der Vorberatung der «Solaroffensive» am 19. September 2022 in die UREK-N eingebracht. Am 22. September 2022 entschied die UREK-N, diese Thematik nicht in diesen Gesetzesentwurf aufzunehmen, sondern davon loszulösen und sie zum Gegenstand einer eigenständigen parlamentarischen Initiative zu machen. Sie verwies dabei auf die unterschiedlichen Ausgangslagen und die spezifischen Hindernisse für den Ausbau im Vergleich zwischen der Windenergie und anderen erneuerbaren Energieträgern. Am 25. Oktober 2022 hat die UREK-S dieser Kommissionsinitiative einstimmig zugestimmt, so dass die UREK-N an ihrer Sitzung vom 1. November 2022 die Grundzüge der Vorlage diskutieren konnte und die Verwaltung mit der Ausarbeitung eines Entwurfes beauftragte. An ihrer Sitzung vom 23. Januar 2023 gab die Kommission im Rahmen einer Anhörung den betroffenen kantonalen Direktorenkonferenzen sowie Vertretern von Elektrizitätswirtschaft und Umweltschutzorganisationen die Gelegenheit, zum Entwurf Stellung zu nehmen. Danach erfolgte die Detailberatung des Entwurfes, in deren Rahmen auch die Verfassungsmässigkeit des Entwurfes abgeklärt und bestätigt wurde. In der Gesamtabstimmung nahm die Kommission die Vorlage mit 18 zu 7 Stimmen an.

Eine Minderheit fordert, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen. Das vorgesehene beschleunigte Bewilligungsverfahren für Windenergieanlagen soll überarbeitet werden, so dass die betroffenen Gemeinden auch bei Anwendung dieses neuen Verfahrens in einem Volksentscheid abschliessend über die Erteilung einer Baubewilligung entscheiden können.

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1.4

Verzicht auf eine Vernehmlassung

Das Vorhaben fällt in den Anwendungsbereich von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b des Bundesgesetzes über das Vernehmlassungsverfahren (VlG)9 und wäre damit eigentlich Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens. Die UREK-N verzichtet allerdings gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG auf eine Vernehmlassung, da keine neuen Erkenntnisse zu erwarten und die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind.

Der Bundesrat eröffnete am 3. Februar 2022 eine Vernehmlassung zu einer Änderung des Energiegesetzes (EnG)10, mit der die Planungs- und Bewilligungsverfahren für die bedeutendsten Wasserkraft- und Windenergie-Anlagen beschleunigt werden sollen («Beschleunigungsvorlage»). Dieser Änderungsentwurf umfasste bereits die zentralen Elemente des im vorliegenden Bericht behandelten Entwurfs, namentlich die Beschleunigung der Verfahren für Windkraftanlagen von nationaler Bedeutung.

Aus der Vernehmlassung ging hervor, dass sich die verschiedenen interessierten Kreise einig sind, dass die Verfahren für den Bau von Anlagen zur Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien beschleunigt werden müssen, um die Stromversorgung der Schweiz zu sichern und die Energieziele 2050 zu erreichen. Die Mehrheit der konsultierten Akteure begrüsste die folgenden drei Elemente, die auch Teil des in diesem Bericht behandelten Entwurfs sind: ­

Die Bewilligungen für den Bau neuer Windkraftanlagen werden künftig durch die Kantone (anstelle der Gemeinden) erteilt.

­

Ein Rechtsmittel gegen kantonale Baubewilligungen ist innerhalb des Kantons nur beim obersten Gericht des entsprechenden Kantons möglich.

­

Die Rechtsmittelinstanzen sind gehalten, möglichst Entscheide mit reformatorischer Wirkung zu fällen.

Mehrere Themen, die Gegenstand der Vernehmlassungsvorlage vom Februar 2022 waren, sind hingegen nicht Teil des hier behandelten Entwurfs. Dieser bezieht sich nur auf Windkraftanlagen und schlägt auch keine Verfahrenskonzentration vor. Zudem verlangt er nicht vom Bund, ein Konzept zum Bau von Windkraftanlagen auszuarbeiten. Dieser Punkt war aus Sicht der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen problematisch und war in der Vernehmlassung stark kritisiert worden.

2

Grundzüge der Vorlage

Den Kern der Vorlage bildet eine Verschiebung des Baubewilligungsverfahrens für Windkraftanlagen auf die kantonale Ebene, wenn verschiedene Bedingungen erfüllt sind. So soll es nur für Windkraftprojekte im nationalen Interesse gelten, also für Anlagen mit einer Jahresproduktion von 20 GWh oder mehr11. Die Vorlage verfolgt das Ziel, die Jahresproduktion an Windstrom um 1 TWh zu steigern. Sobald dieses Ziel 9 10 11

SR 172.061 https://fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/2022/4/cons_1 SR 730.01 (Energieverordnung) Art. 9 Abs. 2.

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erreicht ist, soll das gestraffte Verfahren nicht mehr zur Anwendung kommen. Voraussetzung ist zudem, dass für die Projekte eine rechtsgültige Nutzungsplanung vorliegt. So wird insbesondere sichergestellt, dass die Umweltverträglichkeit der Projekte geprüft und rechtsgültig festgestellt wurde.

Sind diese Bedingungen erfüllt, ist der Kanton für die Baubewilligung der Projekte zuständig, unabhängig von den Vorschriften des kantonalen Rechts, welches verbreitet eine Bewilligung durch die Gemeinde vorsieht. Auch die Rechtsmittel, die gegen diese Baubewilligung ergriffen werden können, werden eingeschränkt. Eine Beschwerde ist innerhalb des Kantons nur noch vor dem obersten kantonalen Gericht zulässig, und damit nur noch vor einer einzigen kantonalen Instanz. Deren Urteil kann nur durch das Bundesgericht überprüft werden, wenn sich Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen. Die Gerichte sind zudem gehalten, wenn möglich reformatorisch zu entscheiden, also die Sache abschliessend zu beurteilen, statt sie an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen, und ihr Urteil innert angemessener Frist zu fällen. Die zuständigen Gerichte sind also aufgefordert, im Rahmen ihrer internen Organisation und der Verfahrensinstruktion alles Mögliche zu unternehmen, um die heute unhaltbar langwierigen Verfahren zu beschleunigen. Diese Verfahrensbeschleunigung dient dem nationalen Interesse einer sicheren und nachhaltigen Versorgung des Landes mit elektrischer Energie sowie der Umsetzung der Energiestrategie des Bundes. Ausserdem wird damit dem verfassungsmässigen Beschleunigungsgebot Rechnung getragen.

Durch die Beschränkung der Anwendung des gestrafften Verfahrens auf Anlagen im nationalen Interesse und bis zum Erreichen eines Zubaus von 1 TWh wird die Verhältnismässigkeit sichergestellt: Die kantonalen Verfahrensvorschriften werden nur so lange derogiert, wie dies nötig ist, um einen signifikanten Zubau bei der Winterstromproduktion zu erreichen. Gemäss den Energieperspektiven 2050+ des Bundesamtes für Energie muss ein Zubau in dieser Grössenordnung bis 2035 erreicht werden, um die Energiestrategie 2050 umsetzen zu können. Sobald dieses Ziel erfüllt ist, kommen wieder die ordentlichen Verfahren zur Anwendung. Die Konzentration der Baubewilligungsverfahren beim Kanton vereinfacht und beschleunigt den
Baubewilligungsprozess insbesondere bei Projekten, die mehrere Gemeinden betreffen. Auch die Regelungen zum Instanzenzug sorgen für eine Straffung der Verfahren, ohne dass die verfassungsrechtliche Rechtsweggarantie verletzt wird, da das oberste kantonale Gericht den Sachverhalt und die Rechtsfragen umfassend prüfen kann. Die betroffenen Gemeinden können sich im Rahmen der Nutzungsplanung nach wie vor in das Projekt einbringen. Auf dieser Stufe erfolgt in der Regel auch die Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens. Die Vorlage umfasst keinerlei Anpassungen des materiellen Rechts. Somit gelten die Anforderungen des Umweltrechts uneingeschränkt und die Umweltverträglichkeit der Projekte kann weiterhin richterlich überprüft werden.

Die Beschleunigung und Konzentrierung der Verfahren für den Bau von Anlagen zur Produktion von erneuerbaren Energien entspricht einem breiten politischen Konsens, dies hat sich auch in der Vernehmlassung zur «Beschleunigungsvorlage» gezeigt. Die langen Verfahrensdauern sind für keine der Parteien ein wünschenswerter Zustand und schaffen grosse Unsicherheiten. Mit ihrer föderalistischen Vielfalt und Komplexität werden die kantonalen Verfahren dem nationalen Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien kaum gerecht. Mit dieser Vorlage können insbesondere weit 7 / 14

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fortgeschrittene Windkraft-Projekte, bei denen sich kaum noch grundlegende materielle Fragen stellen, schnell in die Umsetzungsphase starten. Stand Dezember 2022 liegt für schweizweit 6 Projekte mit insgesamt 39 Windenergieanlagen und einer jährlichen Produktion von 250 GWh eine rechtskräftige Nutzungsbewilligung vor.12 Diese Anlagen befinden sich zurzeit im Baubewilligungsverfahren, so dass das vereinfachte Verfahren gemäss dieser Vorlage direkt zur Anwendung kommen könnte.

Bei weiteren 4 Projekten mit einer Jahresproduktion von 250 GWh ist die Nutzungsplanung vor dem Bundesgericht hängig. Nach einem positiven Entscheid käme auch für diese das vereinfachte Baubewilligungsverfahren gemäss dieser Vorlage zur Anwendung.

3

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

3.1

Energiegesetz

Art. 71c

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ...

(Produktion von zusätzlicher Elektrizität aus Windenergieanlagen)

Artikel 71c sieht vor, das Verfahren für Windenergieanlagen zu beschleunigen, indem die Baubewilligung vom Kanton erteilt und das Beschwerdeverfahren beschränkt wird. Diese Verfahrensvorschriften gelten nur für Windenergieanlagen im nationalen Interesse, die über eine rechtskräftige Nutzungsplanung verfügen (Abs. 1). Diese Nutzungsplanung muss dabei nicht bereits beim Inkrafttreten dieser Bestimmung rechtskräftig sein, sondern kann auch später beschlossen werden und in Rechtskraft erwachsen. Bei der Befristung handelt es sich nicht um eine zeitliche Befristung, sondern um ein Produktionsziel von 1 TWh zusätzlicher Jahresproduktion gegenüber dem Jahr 2021. Die Jahresproduktion von Elektrizität aus der Produktion von Windenergie belief sich im Jahr 2021 auf 146 GWh oder 0.146 TWh. Im Jahr 2022 befinden sich knapp 20 Windenergieprojekte mit einer totalen Jahresproduktion von 750 GWh in einem weit fortgeschrittenen Planungszustand. Zahlreiche weitere Projekte sind in einem frühen Planungsstadium. Zusätzliche Windenergieprojekte werden insbesondere in den Kantonen erwartet, deren kantonale Richtplanung für Windenergiegebiete sich noch in Erarbeitung befindet (Luzern, St. Gallen, Graubünden, Appenzell Ausserrhoden).

Eine Minderheit der Kommission fordert, dass die ordentlichen Verfahren bereits ab einer zusätzlichen Produktion von 600 GWh (0.6 TWh) wieder angewendet werden, so dass aus heutiger Sicht besser abgeschätzt werden kann, welche Windenergieprojekte vom beschleunigten Verfahren profitieren können. Eine weitere Minderheit möchte den anvisierten Zubau von Windenergieanlagen anhand der installierten Leistung anstelle der Jahresproduktion bemessen, sie fordert eine zusätzlich installierte Leistung von 600 MW. Mit dieser Leistung kann erfahrungsgemäss eine ungefähre 12

Windenergie in der Schweiz in Zahlen, Suisse Éole, https://suisse-eole.ch/wp-content/uploads/2022/10/SE_02_20_FACTSHEET_D_V3-1.pdf, Quelle: Bundesamt für Energie; hinzu kommt der am 27. Oktober 2022 bewilligte Windpark Mollendruz/VD mit 12 Windenergieanlagen.

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Jahresproduktion von 1 TWh erreicht werden. So soll verhindert werden, dass Produktionsschwankungen einen Einfluss darauf haben könnten, ob die Schwelle erreicht wurde.

Neu soll der Kanton anstelle der zuständigen Gemeinde die Baubewilligung erteilen (Bst. a). Die Kantone haben die für diese Bewilligung zuständigen Behörden zu definieren. Aus wirtschaftlichen Gründen werden Windenergieanlagen häufig nicht einzeln erstellt, sondern in Windparks. Diese erstrecken sich oft über das Gebiet von mehreren Gemeinden, weshalb für ein Projekt mehrere Baubewilligungen von verschiedenen Gemeinden nötig sein können. Durch die Erteilung der Baubewilligung durch den Kanton ist nur noch ein Baubewilligungsverfahren nötig. Für Verfahren, für die beim Inkrafttreten dieser Bestimmung bereits ein Bewilligungsverfahren vor den kommunalen Behörden hängig ist, ist diese Bestimmung ebenfalls gültig. Das Verfahren ist in diesem Fall von der kommunalen zur zuständigen kantonalen Behörde zu übertragen, es sei denn, die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller macht von ihrem Recht gemäss Absatz 2 Gebrauch.

Gegen die Baubewilligung ist innerhalb des Kantons direkt die Beschwerde an das obere kantonale Gericht zulässig (Bst. b). Damit gibt es eine Instanz, die allfällige Beschwerden umfassend prüfen kann, aber gleichzeitig können die Verfahren beschleunigt werden.

Gegen den Entscheid des oberen kantonalen Gerichts ist eine Beschwerde vor dem Bundesgericht nur möglich, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Bst. c). So kann sichergestellt werden, dass der Rechtsweg vor Bundesgericht erhalten bleibt, aber bereits mehrfach entschiedene Rechtsfragen ein Verfahren nicht verzögern.

Die Rechtsmittelinstanzen sollen die Verfahren möglichst schnell beurteilen und Entscheide möglichst nicht an die unteren Instanzen zurückweisen (Bst. d). Reformatorische Gerichtsentscheide dienen in der Regel der Verfahrensökonomie. Hält das Gericht die Beschwerde für begründet und lässt es die konkrete Sach- und Rechtslage im Einzelfall zu, so soll das Gericht, wenn immer möglich selber entscheiden. Dadurch werden zeitraubende und verfahrensverlängernde Weiterungen vermieden, die mit gerichtlichen Rückweisungen zu ergänzenden Abklärungen oder zu neuem Entscheid verbunden sind.13 Es handelt sich nicht um einen neuen Grundsatz,
sondern um einen Aufruf an die Gerichte ­ eventuell auch mit eigenen Abklärungen zum Sachverhalt ­ in der Sache zu entscheiden.

Gemäss Absatz 2 sollen die neuen Vorschriften, wie bei Verfahrensvorschriften grundsätzlich die Regel, mit dem Tag des Inkrafttretens anwendbar sein. Bei vor kommunalen Behörden hängigen Verfahren könnte dies allerdings dazu führen, dass die Verfahren durch den Wechsel der Behörde verlängert werden. Dies würde dem Sinn und Zweck der neuen Bestimmungen widersprechen, der gerade die Beschleunigung der Verfahren bezweckt. Um unnötige Verzögerungen zu verhindern sollen die Gesuchsteller die Möglichkeit haben, trotz der neuen Bestimmungen das Gesuch durch die kommunalen Behörden beurteilen zu lassen. Damit wird auch verhindert, dass die 13

vgl. DORMANN, Basler Kommentar Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, Art. 107 Rz 12.

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Gesuchsteller aufgrund der Rechtsänderung mit der Einreichung der Baubewilligungsgesuche zuwarten. Für die Beschwerde gegen diese Baubewilligungen gilt das neue Recht (Art. 71c Abs. 1 Bst. b-d EnG und Art. 83 Bst. z BGG). Dies gilt auch für im Zeitpunkt des Inkrafttretens laufende Beschwerdefristen.

Artikel 71c EnG ist befristet, bis eine zusätzliche Produktion von 1 TWh an Elektrizität aus Windenergieanlagen besteht. Aufgrund des Vertrauensschutzes, d.h. des Interesses des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin an der Beurteilung des Gesuchs im beschleunigten Verfahren, kann die Gültigkeit dieser Bestimmung nicht von einem Tag auf den anderen erlöschen. Daher bleiben diese Verfahrensbestimmungen auch auf die Verfahren von Gesuchen gültig, die beim Erreichen der Schwelle von 1 TWh bereits öffentlich aufgelegt wurden (Absatz 3). Das schliesst auch eventuelle sich daraus ergebende Beschwerdeverfahren mit ein. Daneben bleibt diese Bestimmung auch auf bereits vor Verwaltungs- oder Bundesgericht anhängig gemachte Verfahren gültig.

3.2

Bundesgerichtsgesetz

Art. 83 Bst. z Artikel 83 Buchstabe z BGG sieht vor, dass Beschwerden gegen Entschiede betreffend Baubewilligungen für Windenergieanlagen von nationalem Interesse gemäss Art. 71c Absatz 1 Buchstabe b EnG vor Bundesgericht unzulässig sind, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Diese Bestimmung folgt aus Artikel 71c Absatz 1 Buchstabe c EnG. Das Bundesgericht wird entlastet und kann sich auf wichtige Fragen beschränken und diese schneller beurteilen. Mit den oberen kantonalen Gerichten (i.d.R. kantonale Verwaltungsgerichte) bleibt für die Beurteilung von Beschwerden gegen die Baubewilligung eine Rechtsmittelinstanz zuständig, die über volle Kognition verfügt. Wann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, obliegt der Praxis und Rechtsprechung des Bundesgerichts. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur zurückhaltend anzunehmen. Sie liegt vor, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen.14 Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass Verfahren, die vor Inkrafttreten dieser Bestimmung anhängig gemacht werden, nach dem bisherigen Recht beurteilt werden.

14

BGE 147 II 201 E. 2.1 S. 207

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4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Bundesverwaltung, da die Verfahren anstatt von den Gemeinden vom Kanton durchgeführt werden. Das Bundesgericht wird aufgrund der Beschränkung der Beschwerdegründe entlastet.

4.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Kantone müssen die für diese Verfahren zuständigen Behörden bezeichnen. Für die zuständigen kantonalen Behörden bedeutet die neue Zuständigkeit für solche Baubewilligungen einen organisatorischen und administrativen Mehraufwand. Die Gemeinden und erstinstanzlichen Beschwerdeinstanzen werden dagegen entlastet.

Von der Regelung betroffen sind voraussichtlich die Kantone Aargau (1), Bern (2), Neuchâtel (4), Solothurn (2), Waadt (6) und Wallis (3)15. Weitere Kantone, insbesondere diejenigen deren kantonale Richtplanung für Windenergiegebiete sich in Erarbeitung befindet (Luzern, St. Gallen, Graubünden, Appenzell Ausserhoden), können ebenfalls betroffen sein.

Da verschiedene kantonale Fachstellen bereits im Planungsverfahren einbezogen werden (kantonaler Richtplan, Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der Nutzungsplanung), kennen gewisse kantonalen Behörden die Verfahren und Projekte bereits.

Damit müssen sich grundsätzlich nicht völlig neue Fachstellen in die Dossiers einarbeiten.

Da es sich nur um Änderungen der Verfahrensbestimmungen handelt, gibt es ansonsten keine Auswirkungen auf die Zentren, Agglomerationen und Berggebiete.

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Mit dem beschleunigten Baubewilligungsverfahren für Windenergieanlagen kann ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der gesetzlich angestrebten Ausbauziele und damit für die sichere Versorgung des Landes mit Elektrizität geleistet werden. Davon profitiert auch die Wirtschaft. Schnellere Verfahren dürften zudem die Verfahrenskosten senken. Für die Unternehmen reduziert sich der administrative Aufwand, da anstelle mehrerer Gesuche an verschiedene Gemeinden nur noch ein Gesuch an die kantonale Stelle eingereicht werden muss.

15

In Klammern die Anzahl von der Regelung voraussichtlich betroffene Projekte.

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4.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Mit der Beschleunigung gewisser Bewilligungsverfahren wird dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot (Art. 29 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK) nachgelebt.

Zudem werden dadurch auch die Rechte der Gesuchstellenden gestärkt.

4.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Vorlage sieht keine Anpassungen am materiellen Umweltrecht vor. Der Bau neuer Windenergieanlagen leistet einen wichtigen Beitrag zum Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung, indem die fossile Energieproduktion durch Elektrizität aus erneuerbaren Energien ersetzt werden kann. Die Beschwerderechte von Umweltschutzorganisationen bleiben bestehen.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die vorgesehenen Änderungen stützen sich auf Artikel 89 BV zur Energiepolitik und Artikel 75 BV zur Raumplanung. Artikel 89 Absatz 2 BV (Energiepolitik) überträgt dem Bund den Auftrag zur Grundsatzgesetzgebung im Bereich der Nutzung einheimischer und erneuerbarer Energien. Der Bund verfügt demnach über begrenzte Rechtsetzungskompetenzen. Er ist zuständig für den Erlass von Bestimmungen mit hohem Abstrahierungsgrad und nur ausnahmsweise von konkreten, auf den Einzelfall anwendbaren Bestimmungen, wenn dies für die Verwirklichung zentraler Anliegen notwendig ist.16 Im Bereich der Raumplanung legt der Bund die Grundsätze fest (Art. 75 Abs. 1 BV) und verfügt damit ebenfalls über eine Gesetzgebungskompetenz. Aufgrund der eingetretenen und für die nächsten Jahre voraussichtlich anhaltenden angespannten Versorgungslage ist die Beschleunigung der Bewilligungsverfahren unverzichtbar. Die Änderungen beschränken sich auf Anlagen von nationaler Bedeutung und sind punktuell, da sie nur bereits weit fortgeschrittene Projekte von nationaler Bedeutung betreffen.

Grundlage für diese Änderungen sind weiter Artikel 29 Absatz 1 BV und Artikel 6 Ziffer 1 EMRK. Gesuchstellende und Gesuchsgegnerinnen und -gegner von Projekten für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien haben einen Anspruch im Rahmen eines fairen Verfahrens, innert angemessener Frist einen wirksamen Rechtschutz zu erhalten.17 Artikel 71c Absatz 1 Buchstabe a und b tangieren die Organisations- und Verfahrensautonomie der Kantone (Art. 47 Abs. 2 BV) und haben auch Auswirkungen auf die Gemeinden (Art. 50 Abs. 2 BV). Die kantonale Organisations- und Verfahrensautonomie gilt nicht absolut und kann gemäss Praxis und Lehre bei Vorliegen hinreichend 16 17

JAGMETTI, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band VII, Energierecht, Rz. 1321 f.

Vgl. Erläuternder Bericht zur Vernehmlassungsvorlage betreffend Änderung des Energiegesetzes vom 30. September 2016, Vorentwurf vom 2. Februar 2022, Ziff. 5.1.

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gewichtiger Gründe beschränkt werden.18 Der zeitlich beschränkte Eingriff ist aufgrund der Stromversorgungslage, der langen Verfahrensdauern und der Erreichung der Ziele des Energiegesetzes zulässig und gerechtfertigt.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Diese Vorlage ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

5.3

Erlassform

Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV. Die Vorlage untersteht dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV).

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.

5.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die Vorlage enthält weder Gesetzesbestimmungen über Subventionen noch werden Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beantragt, die Grundsätze des Subventionsgesetzes finden hier somit keine Anwendung.

5.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage führt keine neue Delegationsnorm zum Erlass von selbstständigem Verordnungsrecht des Bundesrates ein.

5.7

Datenschutz

Die Vorlage ist aus Sicht des Datenschutzes ohne Relevanz.

18

Vgl. EGLI, St. Galler Kommentar zu Art. 47 BV, Rz. 21.

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