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23.008 Botschaft zur Genehmigung des 2022 revidierten Internationalen Kakao-Übereinkommens von 2010 vom 11. Januar 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des 2022 revidierten Internationalen Kakao-Übereinkommens von 2010.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

11. Januar 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2023-0095

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Übersicht Die Schweiz ist Mitglied beim auslaufenden Internationalen Kakao-Übereinkommen von 2010. Um ihren Verpflichtungen und ihrem Interesse im globalen Kakaosektor nachzukommen, beteiligte sich die Schweiz bei der Revision des Übereinkommens. Dabei konnte sie ihre Anliegen erfolgreich einbringen. Das 2022 revidierte Internationale Kakao-Übereinkommen von 2010 steht im Einklang mit den Grundsätzen der Aussenwirtschaftsstrategie und der Agenda 2030 der Schweiz.

Ausgangslage Die Schweiz ist seit 1972 Mitglied des Internationalen Kakao-Übereinkommens. Sie ist dem ersten Übereinkommen von 1972 sowie den nachfolgenden Übereinkommen von 1975, 1980, 1986, 1993, 2001 und 2010 beigetreten. Die Internationale KakaoOrganisation mit Sitz in Abidjan stellt die Durchführung des Kakao-Übereinkommens sicher und überwacht dessen Anwendung. Ziel der bisherigen Übereinkommen ist, den Austausch und die Kooperation zwischen Konsumenten- und Produzentenländern sowie auch zwischen allen Akteurinnen und Akteuren entlang der Kakao-Wertschöpfungskette zu fördern.

Inhalt der Vorlage Nach mehrmonatigen Verhandlungen wurde das 2022 revidierte Internationale Kakao-Übereinkommen von 2010 am 9. August 2022 finalisiert. Wie bereits bei den Vorgänger-Übereinkommen bleibt das Ziel des revidierten Übereinkommens, die internationale Zusammenarbeit im Kakaosektor und den Dialog zwischen den verschiedenen Stakeholdern entlang der Kakao-Wertschöpfungskette zu fördern. Das Übereinkommen unterstreicht verstärkt die Wichtigkeit, den Kakaosektor so auszugestalten, dass den lokalen Produzentinnen und Produzenten und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ermöglicht wird, ein «living income» zu erzielen, welches ihnen und ihren Familien eine würdevolle Lebensqualität ermöglicht. Es führt zudem weiter aus, welche Beiträge die Mitgliedstaaten zu einem wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen Kakaosektor leisten sollen. Mit der vorliegenden Botschaft unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung das 2022 revidierte Internationale KakaoÜbereinkommen von 2010 zur Genehmigung.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Das Internationale Kakao-Übereinkommen (International Cocoa Agreement, ICCA) bezweckt die Stärkung des globalen Kakaosektors und die Förderung der Nachhaltigkeit unter Einbezug der Akteurinnen und Akteure der gesamten Wertschöpfungskette.

Dies indem der Austausch und die Kooperation zwischen Konsumenten- und Produzentenländern im Kakaosektor sowie auch zwischen allen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette gefördert werden.

Die Schweiz ist 19721 dem ersten Internationalen Kakao-Übereinkommen beigetreten. Danach trat sie den nachfolgenden Übereinkommen von 19752, 19803, 19864, 19935, 20016 und 20107 bei. Die Internationale Kakao-Organisation mit Sitz in Abidjan stellt die Durchführung des Kakao-Übereinkommens sicher und überwacht dessen Anwendung. Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung betreut zusammen mit der Schweizer Botschaft in Abidjan die Mitgliedschaft der Schweiz beim ICCA.

Wie bereits beim aktuellen Übereinkommen bleibt das Ziel des 2022 revidierten Internationalen Kakao-Übereinkommen von 2010 (ICCA 2022), die internationale Zusammenarbeit im Kakaosektor und den Dialog zwischen den verschiedenen Stakeholdern entlang der Kakao-Wertschöpfungskette zu fördern. Das ICCA 2022 unterstreicht die Wichtigkeit, den Kakaosektor so auszugestalten, dass den lokalen Produzentinnen und Produzenten und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ermöglicht wird, ein «living income» zu erzielen, welches ihnen und ihren Familien eine würdevolle Lebensqualität ermöglicht. Es führt zudem weiter aus, welche Beiträge die Mitgliedstaaten zu einem wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen Kakaosektor leisten sollen. Das ICCA 2022 hat keine maximale Geltungsdauer und bleibt in Kraft, bis es vom Internationalen Kakaorat beendet wird.

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Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kakao-Übereinkommens von 1972; BBl 1973 I 805.

Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kakao-Übereinkommens von 1975; BBl 1976 I 925.

Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kakao-Übereinkommens von 1980; BBl 1981 II 1.

Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kakao-Übereinkommens von 1986; BBl 1987 I 485.

Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kakao-Übereinkommens von 1993; BBl 1994 I 681.

Vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kakao-Übereinkommens von 2001; BBl 2003 I 1015.

SR 0.916.118.1; vgl. Botschaft über die Genehmigung des Internationalen Kakao-Übereinkommens von 2010; BBl 2011 1669.

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1.2

Die Internationale Kakao-Organisation

Die Internationale Kakao-Organisation sammelt und veröffentlicht Angaben zu Produktion, Preisen, Ausfuhren, Einfuhren, Beständen, Verkäufen und Verbrauch von Kakao und Kakaoerzeugnissen. Zudem unterstützt die Organisation ihre Mitgliedsstaaten bei der Entwicklung und Verwaltung von Projekten im Kakaosektor. Damit ist sie auf internationaler Ebene für die Mitgliedstaaten eine Plattform für den Meinungs- und Informationsaustausch. Schliesslich verwaltet die Organisation das Kakao-Übereinkommen und setzt sich somit unter anderem füden politischen Dialog über die nachhaltige Entwicklung des Kakaosektors ein.

1.3

Der Kakaomarkt

Die Weltkakaoproduktion beträgt für das Kakao-Jahr 2020/21 (1. Oktober bis 30. September) 5,24 Millionen Tonnen. Davon werden 77 Prozent in Afrika, 18 Prozent in Lateinamerika und 5 Prozent in Asien und Ozeanien produziert. Die Côte d'Ivoire ist mit 43 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion der grösste Kakaoerzeuger, gefolgt von Ghana und Ecuador, welche 20 Prozent und 7 Prozent des global verfügbaren Kakaos produzieren. Die Kakaoexporte sind für die produzierenden Entwicklungsländer eine bedeutende Devisenquelle. Millionen ländlicher Haushalte erzielen daraus einen wichtigen Teil ihrer Einkommen. Im Kakao-Jahr 2020/21 stammten etwa 47 Prozent der weltweiten Kakaobohnen-Exporte aus der Côte d'Ivoire, 14 Prozent aus Ghana und 9 Prozent aus Ecuador.8 Die OECD-Länder sind die Hauptdestination der Exporte aus den Produzentenländern. Dabei sind Deutschland, die Niederlande und die USA die grössten Absatzmärkte. Dort und in vielen weiteren Absatzmärkten werden die Kakaobohnen weiterverarbeitet. Entsprechend ihrer hohen Importnachfrage sind Deutschland und die Niederlande die weltweit grössten Produzenten von Schokolade.9 Schwankungen in der Kakaoproduktion, insbesondere in der Côte d'Ivoire, haben Auswirkungen auf den Weltkakaopreis. Im Vergleich zu den turbulenten Jahren vor dem Kakao-Jahr 2016/17 ist der Kakaopreis seither relativ stabil geblieben. Auch wenn die Corona-Pandemie angebotsseitig nicht zu grossen Verzerrungen führte, sahen sich einige Produktionsländer in Westafrika während derselben Periode mit schlechten Produktionsbedingungen konfrontiert, was sich negativ auf die Produktion auswirkte. Gleichzeitig war aufgrund der Corona-Pandemie auf der Nachfrageseite ein Konsumrückgang spürbar. Die zeitgleichen angebots- und nachfrageseitigen Schwankungen bewirkten somit eine minimale Veränderung des Kakaopreises.10 Unterdessen hat sich die Nachfrage erholt, was zu einem Anstieg des Kakaopreises führte. Derzeit steigen die Preise für Düngemittel aufgrund des Krieges in der Ukraine

8 9 10

International Cocoa Organization. Quarterly Bulletin of Cocoa Statistics, Volume XLVIII No. 2, Cocoa Year 2021/22.

www.trademap.org > Cocoa imports International Cocoa Organization. Quarterly Bulletin of Cocoa Statistics, Volume XLVI No. 4, Cocoa Year 2019/20.

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an, was sich negativ auf die Kakaoproduktion und die Produktionskosten auswirkt.

Dementsprechend ist zu erwarten, dass der Kakaopreis weiter ansteigen wird.11

1.4

Schweizerische Interessenlage

Die Schweizer Interessen haben sich seit der Annahme des Übereinkommens von 2010 nicht verändert. Die Mitgliedschaft am revidierten Übereinkommen gibt der Schweiz weiterhin die Möglichkeit, ihre wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Interessen aktiv zu vertreten.

Die Kakaoimporte haben sich in den letzten dreissig Jahren verdreifacht, was auf eine zunehmende wirtschaftliche Aktivität des Sektors hindeutet.12 Im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Interesse ist insbesondere auch der prestigeträchtige Schokoladensektor zu nennen. Dieser beschäftigt aktuell rund 4400 Personen und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von etwa 1,71 Milliarden Schweizerfranken.13 Auch wenn der Exportwert von Schweizer Schokolade im weltweiten Vergleich klein ist, so spielen Schweizer Kakaohändlerinnen und -händler doch eine zentrale Rolle im globalen Kakaosektor.14 Laut dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit werden etwa 70 Prozent der in der Schweiz produzierten Schokolade exportiert. Die wichtigsten Absatzmärkte für den Schweizer Schokoladensektor sind Deutschland (20,4 %), Frankreich (10,3 %), Kanada (9,4 %), das Vereinigte Königreich (8,4 %) und die USA (6,2 %). Die restlichen 30 Prozent der in der Schweiz produzierten Schokolode werden im Inland abgesetzt. Gemäss dem Verband Schweizerischer Schokoladefabrikanten Chocosuisse stand beim Pro-Kopf-Schokoladen-Verbrauch im Jahr 2021 ­ wie auch in den Jahren zuvor ­ die Schweiz mit 11,3 Kilogramm an der Weltspitze.

Mit der weiteren Mitgliedschaft am ICCA kann die Schweiz innerhalb der Organisation ihre Projekterfahrungen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit einbringen und sich weiter für die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung des Kakaosektors einsetzen. Dies schliesst die Erzeugung von Qualitäts-Kakao ein, welcher der Nachfrage der internationalen Märkte und insbesondere des Schweizer Markts nach hochwertigem Kakao (Spezialitäten, Bio und fairer Handel) entspricht. Mit dem Ziel, einen nachhaltigen Kakaohandel zu fördern, setzt sich die Schweiz auch für die Erleichterung des Dialogs zwischen dem Privatsektor, den Nichtregierungsorganisationen und den Produzentenverbänden ein. Namentlich hat sie innerhalb der Internationalen Kakao-Organisation den Runden Tischen zu Herausforderungen und Lösungsansätzen in der nachhaltigen
Entwicklung des Kakaosektors unterstützt. Zusätzlich zeigt sich das Bestreben, die Nachhaltigkeit zu fördern, in den Arbeiten der Schweizer Plattform für nachhaltigen Kakao (Swiss Platform for Sustainable Cocoa, Swissco), deren Aufbau das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) unterstützte. Gemäss Swissco stammten im Jahr 2021 über 70 Prozent aller in die Schweiz importierten Kakaobohnen und Kakaobohnenerzeugnisse aus nachhaltiger 11 12 13 14

International Cocoa Organization. Quarterly Bulletin of Cocoa Statistics, Volume XLVIII No. 2, Cocoa Year 2021/22.

www.gate.ezv.admin.ch/swissimpex, Bereich Waren www.chocosuisse.ch www.trademap.org > Cocoa exports

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Produktion. Unter nachhaltiger Kakao-Produktion versteht man Kakaoäquivalente, die nach international anerkannten Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert werden oder nach Nachhaltigkeitsprogrammen zertifiziert werden, die mit international anerkannten Nachhaltigkeitsstandards vergleichbar sind und von einer unabhängigen dritten Partei glaubwürdig verifiziert werden.

1.5

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202015 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202016 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Die Vorlage entspricht jedoch Ziel 4 der aktuellen Legislaturplanung. Das Übereinkommen sorgt dafür, dass die Schweiz ihren Beitrag zu einer tragfähigen Weltwirtschaftsordnung leistet, und sichert der Schweizer Wirtschaft somit den Zugang zu internationalen Märkten und zum EU-Binnenmarkt.

2

Vernehmlassungsverfahren

In Anwendung von Artikel 3 Absatz 1 Ziffer c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200517 findet ein Vernehmlassungsverfahren bei der Vorbereitung von völkerrechtlichen Verträgen statt, die nach Artikel 140 Absatz 1 Buchstabe b oder nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem Referendum unterliegen oder wesentliche Interessen der Kantone betreffen. Das Übereinkommen betrifft nicht wesentliche Interessen der Kantone. Zudem ist das Übereinkommen weder dem obligatorischen noch dem fakultativen Referendum zu unterstellen (Ziff. 5.3). Zum ICCA 2022 muss daher keine Vernehmlassung durchgeführt werden.

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Das 2022 revidierte Internationale KakaoÜbereinkommen von 2010

3.1

Verhandlungsverlauf

Nach mehreren Jahren der Diskussion in informellen Arbeitsgruppen und Verhandlungen zur Ausarbeitung eines revidierten Internationalen Kakao-Übereinkommens als Nachfolge des ICCA 2010 haben sich die Mitgliedstaaten am 9. August 2022 auf einen Schlusstext geeinigt.

Ein Schlüsselbegriff in den Verhandlungen war das existenzsichernde Einkommen («living income»), dessen Einführung in den Text der Tatsache Rechnung trägt, dass das Einkommen der Kakaobäuerinnen und Kakaobauern oft nicht für ein Leben ohne Armut und Entbehrung ausreicht. Des Weiteren wurde lange um eine Definition des «fine flavour cocoa» gerungen, der auf dem Weltmarkt zu einem höheren Preis gehan15 16 17

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delt wird. Hier standen sich in den Verhandlungen vor allem verschiedene Produzentenländer gegenüber, die aufgrund ihrer verschiedenen Anbaustrategien ­ Menge oder Qualität ­ Interesse an einer möglichst engen bzw. weiten Definition hatten.

Eine Regel zur Einführung einer Rotation zwischen Produzenten- und Konsumentenländern für die Position der Exekutivdirektorin oder des Exekutivdirektors konnte mit Unterstützung der Schweiz verhindert werden. Angesichts des sehr spezifischen Anforderungsprofils dieses wichtigen Postens sollen die Kompetenzen das erste Auswahlkriterium sein. Erst bei gleichwertigen Kandidaturen und unter der Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung soll es eine Rotation geben.

Schliesslich wurde ebenfalls lange um die Einführung und Formulierung der Artikel zu sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit diskutiert. Entscheidend für die Aufnahme dieser Artikel waren die Diskussionen zum EU-Lieferkettengesetz. Das Gesetz verpflichtet Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette, Nachhaltigkeitsstandards einzuhalten, und droht bei Nicht-Einhaltung mit Haftbarkeit.

3.2

Inhalt des Übereinkommens

Das revidierte Übereinkommen ist jenem von 2010 grundsätzlich ähnlich. Die Hauptaufgabe des Übereinkommens bleibt die Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Kakaosektor sowie die Bereitstellung eines Rahmens für Konsultationen mit dem Privatsektor.

Aus Schweizer Sicht stellt die Integration der wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklungsziele den grössten Fortschritt im revidierten Übereinkommen dar. Ferner gibt es auf institutioneller und rechtlicher Ebene punktuelle Verbesserungen.

Das ICCA 2022 fordert die Mitglieder zu einer effizienten Wirtschaftspolitik auf, um die Produktivität, den Marktzugang und die Transparenz des Marktes zu verbessern.

Dies soll unter anderem sicherstellen, dass Kakaobäuerinnen und Kakaobauern einen lukrativen Preis auf allen Absatzmärkten erhalten und ein existenzsicherndes Einkommen («living income») erreichen. Zudem ist die soziale Nachhaltigkeit ein integraler Bestandteil des revidierten Übereinkommens. Mit dem ICCA 2022 bekennen sich die Mitglieder zum ersten Mal explizit zum Kampf gegen die Kinderarbeit sowie zur Förderung der Beteiligung von Frauen und jüngeren Generationen an der Kakaoproduktion und am Kakaohandel. Zudem führt das ICCA 2022 verschiedene Massnahmen auf, die zu einer Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit beitragen sollen.

Auf institutioneller Ebene sieht das ICCA 2022 eine Erweiterung des beratenden Ausschusses («Consultative Board») vor, in dem die Mitgliederzahl nicht mehr auf 16 beschränkt ist. Die Schweiz ist momentan durch den Branchenverband Chocosuisse und die Plattform Swissco im beratenden Ausschuss vertreten. Somit können die Erfahrungen und Anliegen des Schweizer Privatsektors und der Zivilgesellschaft in die Diskussionen und Verhandlungen des Rates einfliessen.

Im Unterschied zum aktuellen Übereinkommen, welches eine maximale Geltungsdauer hat, bleibt das ICCA 2022 so lange in Kraft, bis der Rat beschliesst, dieses zu terminieren (Art. 63). Damit wird verhindert, dass gegen Ende der Gültigkeitsdauer 7 / 10

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des Übereinkommens unter Zeitdruck Verhandlungen geführt werden müssen. Unabhängig von dieser Neuerung steht es jedem Mitgliedsland weiterhin frei, mit einer Frist von 90 Tagen vom Übereinkommen zurückzutreten (Art. 61 Abs. 2). Der Verteilschlüssel für die Mitgliederbeiträge bleibt unverändert und berechnet sich je hälftig nach dem Länderanteil am Gesamthandelsvolumen und am Gesamthandelswert.

3.3

Inkrafttreten

Das ICCA 2022 tritt am 1. Oktober 2024 endgültig in Kraft, wenn bis am 30. September 2023 zwei Bedingungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1). Erstens sollen 75 Prozent der exportierenden Mitglieder, die über mindestens 85 Prozent der Stimmen der exportierenden Mitglieder verfügen, ihre Annahmenotifikation hinterlegt haben. Zweitens sollen 75 Prozent der importierenden Mitglieder, die über mindestens 85 Prozent der Stimmen der importierenden Mitglieder verfügen, ihre Annahmenotifikation hinterlegt haben. Sofern der Internationale Kakaorat nicht eine Verlängerung der Frist für die Hinterlegung der Annahmenotifikation beschliesst, werden diejenigen Mitglieder, welche ihre Annahmenotifikation bis zum endgültigem Inkrafttreten nicht hinterlegen, vom Übereinkommen ausgeschlossen (Art. 64 Abs. 2).

Gemäss Artikel 64 sind weitere Revisionen des Übereinkommens zu treffen. Es findet das soeben beschriebene Verfahren Anwendung.

Gemäss Artikel 1 Absatz 2 des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des 2022 revidierten Internationalen Kakao-Übereinkommens von 2010 wird der Bundesrat ermächtigt, das Übereinkommen zu ratifizieren.

3.4

Allgemeine Würdigung

Generell stärkt das revidierte Übereinkommen den Grundsatz des nachhaltigen Wachstums des Kakaosektors, indem es ausdrücklich den Schwerpunkt auf die drei Grundpfeiler der Nachhaltigkeit legt, nämlich ihre wirtschaftliche, soziale und ökologische Dimension. Somit entspricht das ICCA 2022 den Schweizer Interessen bezüglich der Förderung des Kakaosektors und dessen nachhaltiger Entwicklung zum Vorteil aller an der Wertschöpfungskette Beteiligten, um zur Armutsbekämpfung beizutragen. Diese Resultate sind im Einklang mit den im Schweizer Verhandlungsmandat formulierten Zielen, namentlich die Bekräftigung der Rolle der Internationalen Kakao-Organisation als Austauschplattform für Nachhaltigkeitsthemen, die Stärkung der Gouvernanz und Transparenz der Organisation sowie die intensivere Zusammenarbeit mit dem Privatsektor. Weiter ist das Übereinkommen im Einklang mit den Grundsätzen der Aussenwirtschaftsstrategie und der Agenda 2030 der Schweiz.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Vertragsstaaten finanzieren mit Pflichtbeiträgen die Verwaltungskosten der Internationalen Kakao-Organisation. Die Jahresbeiträge basieren auf dem Budget der Organisation und dem in Kapitel 3.2 beschriebenen Verteilschlüssel. Die Höhe des jährlichen Pflichtbeitrags der Schweiz lag in den letzten fünf Jahren zwischen 30 000 und 40 000 Franken. Die Grössenordnung der Schweizer Beiträge wird im Rahmen des revidierten Übereinkommens keine wesentliche Änderung erfahren.

Der Schweizer Beitrag an die Internationale Kakao-Organisation wird via den Voranschlagkredit des SECO A231.0200 «Internationale Rohstoffabkommen» ausgerichtet.

Die erforderlichen Mittel sind im Voranschlag 2023 und im Finanzplan 2024­2026 eingeplant. Die effektive Höhe des jeweiligen auszuzahlenden Jahresbeitrags kann jedoch von den vorgesehenen Beträgen abweichen. Ferner ist kein zusätzliches Personal erforderlich.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Bezug zu Instrumenten der Handelspolitik und Verhältnis zu europäischen Recht

Das Übereinkommen ist sowohl mit den WTO-Regeln als auch mit den bilateralen Abkommen mit der EU sowie mit der Europapolitik der Schweiz vereinbar. Diese Vereinbarkeit, insbesondere mit dem Agreement on Sanitary and Phytosanitary Standards, wird im revidierten Übereinkommen in Artikel 37 explizit erwähnt. Mit der Genehmigung des Übereinkommens steht die Schweiz ihren vertraglichen Verpflichtungen weder gegenüber der EU noch gegenüber der EFTA entgegen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten, welche Vertragsparteien der vorherigen Kakao-Übereinkommen sind, haben sich aktiv an der Aushandlung des revidierten Übereinkommens beteiligt.

Ihre Unterzeichnung des 2022 revidierten Internationalen Kakao-Übereinkommens von 2010 ist daher sehr wahrscheinlich.

5.2

Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)18 sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung zuständig; ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist, was vorliegend aber nicht der Fall ist. Deshalb wird das Übereinkommen dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet. Schliesslich soll das Übereinkommen in der Amtlichen Sammlung (AS) publiziert werden, da der Bundesrat beschliessen kann, dass auch nicht rechtsetzende Verträge und Beschlüsse

18

SR 101

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in der AS veröffentlicht werden, was auf den vorliegenden Fall zutrifft (Art. 3 Abs. 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200419).

5.3

Erlassform

Das Übereinkommen ist nicht dem obligatorischen Staatsvertragsreferendum zu unterstellen, da es keinen Beitritt zu einer Organisation für kollektive Sicherheit oder einer supranationalen Gemeinschaft vorsieht (Art. 140 Abs. 1 Bst. b BV).

In Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) sowie solche, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3).

Das revidierte Übereinkommen ist von unbeschränkter Dauer und kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 90 Tagen (Art. 60 ICCA 2022) aufgehoben werden.

Somit kommt Ziffer 1 des genannten BV-Artikels nicht zur Anwendung.

Die Revision des Übereinkommens ändert weder die ursprünglichen Ziele noch die Tätigkeit der Organisation. Bei den darin vorgenommenen Anpassungen handelt es sich nicht um materielle Unterschiede im Vergleich zum ICCA 2010. Vorliegend handelt es sich um eine Weiterführung der Mitgliedschaft, weshalb diese nicht als Beitritt zu einer internationalen Organisation zu qualifizieren ist.

Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200220 gelten Bestimmungen eines völkerrechtlichen Vertrages als rechtsetzend, wenn sie in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Eine Bestimmung dieser Art kann sich als wichtig erweisen, wenn ihr Gegenstand im nationalen Recht eine Grundregel darstellen würde. Das ICCA 2022 enthält keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen und erfordert nicht den Erlass von Bundesgesetzen. Es ersetzt keine Bestimmungen des nationalen Rechts und enthält keine Grundsatzentscheide zu Aspekten der nationalen Gesetzgebung. Es erweitert auch nicht die von der Schweiz im Rahmen der früheren Übereinkommen eingegangenen Verpflichtungen. Das ICCA 2022 enthält somit weder wichtige rechtsetzende Bestimmungen, noch erfordert es den Erlass von Bundesgesetzen. Basierend auf den Ausführungen kann festgestellt werden, dass der Bundesbeschluss über die Genehmigung des des 2022 revidierten Internationalen Kakao-Übereinkommens von 2010 somit nicht dem fakultativen Referendum für völkerrechtliche Verträge untersteht (vgl. Art. 141 Abs. 1 Bst. d Ziff. 1­3 BV).

19 20

SR 170.512 SR 171.10

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