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23.018 Botschaft zum Bundesbeschluss über den Assistenzdienst der Armee zur Unterstützung des SEM im Asylbereich vom 1. Februar 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf des Bundesbeschlusses über den Assistenzdienst der Armee zur Unterstützung des SEM im Asylbereich, mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. Februar 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2023-0322

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Übersicht Angesichts der Migrationslage und ihrer raschen Entwicklung in den vergangenen Wochen hat der Bundesrat am 16. Dezember 2022 einen Assistenzdienst von maximal 500 Armeeangehörigen zur Unterstützung des Staatssekretariats für Migration (SEM) im Asylbereich bis längstens zum 31. März 2023 beschlossen. Der Bundesrat stellt den Antrag auf Genehmigung dieses Einsatzes.

Ausgangslage Die Schweiz nimmt weiterhin Schutzsuchende aus der Ukraine auf und ist mit einer anhaltend hohen Zahl von Asylsuchenden konfrontiert. Zwischen März und Ende Dezember 2022 hat die Schweiz über 65 000 Menschen aus der Ukraine Schutz geboten. Mit der Unterstützung der Armee konnte das SEM die Anzahl Unterbringungsplätze seit vergangenem Frühling von 5000 auf 9000 erhöhen und zusätzliches Personal für die Betreuung gewinnen. Ende 2022 belief sich die Zahl der schutzsuchenden Ukrainerinnen und Ukrainer auf rund 75 000 und jene der Asylgesuche auf 24 500. Zusätzliche Ressourcen waren notwendig, um die Unterbringung und die Betreuung dieser Personen in den folgenden Monaten weiterhin sicherzustellen. Aufgrund des Fachkräftemangels auf dem Arbeitsmarkt gelingt es dem SEM nicht, genügend Personal zu rekrutieren. Die Notwendigkeit des Einsatzes sowie die Arbeitsaufteilung und die Koordination der Dienstorganisationen wurden im Rahmen des Sonderstabes Asyl unter Berücksichtigung der Herausforderungen von Bund, Kantonen und Gemeinden geklärt. Als Unterstützung in der Betreuung sind bereits bis zu 140 Zivildienstleistende im Einsatz.

Inhalt der Vorlage Die Armee stellt Armeeangehörige für das SEM zur Verfügung. Der vom Bundesrat beschlossene Einsatz umfasst maximal 500 Armeeangehörige und dauert bis zum 31. März 2023. Die eingesetzten Armeeangehörigen unterstützen das SEM bei der Einrichtung und dem Betrieb der zusätzlich bereitgestellten militärischen Infrastrukturen sowie beim Transport von Asyl- und Schutzsuchenden.

Über die Anzahl und die Verteilung der jeweils benötigten Armeeangehörigen entscheidet das SEM zusammen mit der Armee. Die angeforderten Leistungen werden von Durchdienerinnen und Durchdienern sowie von Formationen erbracht, die ordentlich im Dienst sind. Die Armeeangehörigen übernehmen keine Aufgaben im Bereich Sicherheit.

Der Sonderstab Asyl unter der Leitung der Staatssekretärin für Migration führt regelmässige
Plausibilitätsprüfungen durch, um zu ermitteln, ob das Subsidiaritätsprinzip eingehalten wird. Sobald die Unterstützung der Armeeangehörigen nicht mehr unerlässlich ist oder ihre Aufgaben von anderen Organisationen übernommen werden können, werden die Armeeangehörigen zu ihrer Kommandantin oder ihrem Kommandanten zurückbeordert.

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Botschaft 1

Ausgangslage

Am 16. Dezember 2022 hat der Bundesrat auf Gesuch des Eidgenössischen Justizund Polizeidepartements (EJPD) einen Assistenzdienst der Armee zur Unterstützung des Staatssekretariats für Migration (SEM) bei der Bewältigung der Migrationslage beschlossen. Die Asylbehörden in der Schweiz sehen sich nicht nur mit den Folgen der anhaltenden Krise in der Ukraine, sondern auch mit einer stetig steigenden Zahl neuer Asylgesuche konfrontiert.

Seit vergangenem Frühling arbeiten Bund, Kantone, Städte und Gemeinden eng zusammen, insbesondere um eine ausreichende Anzahl Unterkünfte bereitzustellen, damit die Asylverfahren weiterhin rasch und nach den vorgesehenen Prozessen durchgeführt werden können. Angesichts der Krise in der Ukraine und des Zustroms von Migrantinnen und Migranten aus dem Mittelmeerraum rechnet das SEM in seiner Planung seit dem Frühling 2022 mit einer hohen Zahl von Einreisen in die Schweiz.

Entsprechend hat es die Zahl der Unterbringungsplätze in den Bundesstrukturen von 5000 auf 9000 erhöht, namentlich dank von der Armee zur Verfügung gestellten Infrastrukturen.

Am 11. März 2022 hat der Bundesrat den Schutzstatus aktiviert. Seither hat die Schweiz über 70 000 Menschen aus der Ukraine Schutz geboten. Gleichzeitig nimmt insbesondere die Zahl der über die «Balkanroute» eingereisten Asylsuchenden weiter zu. Seit September 2022 verzeichnet die Schweiz bis zu 800 Asylgesuche pro Woche (neben den Schutzsuchenden aus der Ukraine), weshalb die Bundesasylzentren (BAZ) Ende Oktober überlastet waren und nicht mehr genügend freie Betten zur Verfügung hatten. Um Abhilfe zu schaffen, beschloss das SEM, zwischen dem 27. Oktober und dem 15. Dezember 2022 einen Teil der Asylsuchenden früher als zuvor den Kantonen zuzuweisen (Art. 24 Abs. 6 des Asylgesetzes vom 26. Juni 19981, AsylG), um seine Aufnahmekapazität aufrechterhalten zu können. Diese ausserordentliche Massnahme hat zwar die BAZ entlastet, aber zu einer zusätzlichen Belastung für die Aufnahmestrukturen der Kantone geführt.

Da die Zahl neuer Gesuche nach wie vor hoch ist, gilt es, weiterhin eine ausreichende Zahl von Unterbringungsplätzen für Asyl- und Schutzsuchende sicherstellen und gleichzeitig die Kantone zu entlasten. Zu diesem Zweck hat das SEM die Armee darum ersucht, ihm zusätzliche Unterbringungsplätze und Personal zur Verfügung zu
stellen. Daraufhin hat die Armee rund 2100 zusätzliche Plätze bereitgestellt, die durch geeignete Verdichtungsmassnahmen noch auf rund 2700 Plätze ausgebaut werden können. Gemäss dem Beschluss des Bundesrates vom 16. Dezember 2022 kann das SEM ausserdem auf die Unterstützung von bis zu 500 Armeeangehörigen zählen.

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SR 142.31

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Subsidiäre Unterstützung der Armee zugunsten des SEM

2.1

Personalbedarf des SEM

Für die erforderlichen zusätzlichen Unterbringungsplätze braucht es Personal für die Einrichtung und Verwaltung der Plätze, den Betrieb der Unterkünfte sowie die Betreuung der Asyl- und Schutzsuchenden.

Mit der Erhöhung der Unterbringungsplätze des Bundes auf über 9000 Plätze wurde auch das Personal der Leistungserbringer für die Betreuung und Sicherheit erheblich aufgestockt (von rund 700 Mitarbeitenden im Durchschnitt im Normalbetrieb auf knapp 1700 Mitarbeitende zur Deckung der Dienste im Bereich der Sicherheit; von 868 Vollzeitäquivalenten per Ende September 2022 auf deren 1093 per Ende Dezember 2022 im Bereich der Betreuung). Dabei hat sich gezeigt, dass mangels Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt nicht ausreichend Personal für diese Aufgaben gefunden werden kann. Aufgrund der erhöhten Bedürfnisse in kantonalen Zentren sind die entsprechenden Organisationen zur Betreuung in den BAZ auf dem Arbeitsmarkt nur sehr bedingt verfügbar. Der Einsatz von Freiwilligen für die Betreuung bewährt sich nicht, da sie nur punktuell verfügbar sind und sich nur bedingt dem Betriebskonzept unterordnen können. Deshalb wird das SEM die Betreuungsressourcen in den bestehenden BAZ soweit nötig und möglich vorübergehend reduzieren und mit diesen nur noch eine Minimalbetreuung (Grundversorgung) sicherstellen, um die so frei gewordenen Betreuungsressourcen in den neuen Standorten einzusetzen. Dies bedeutet eine Abweichung vom bestehenden Betriebskonzept der BAZ und sollte so bald als möglich wieder aufgehoben werden. Auch Zivildienstleistende sind in den BAZ für die Betreuung im Einsatz. Vor diesem Hintergrund ist das SEM auch für die Einrichtung der benötigten militärischen Anlagen (Mehrzweck- oder Fahrzeughallen müssen als Unterkünfte ausgerüstet werden) auf personelle Unterstützung sowie auf Unterstützung mit Material angewiesen. Aufgrund des beschränkten Angebots an Arbeitskräften müsste die Einrichtung durch Angehörige der Armee sowie die Mindestbetreuung in den zusätzlichen militärischen Anlagen durch das SEM mit Unterstützung durch Zivildienstleistende sichergestellt werden. Weiterhin bleibt das SEM für die Durchführung der Verfahren nach dem AsylG zuständig.

Die Betreuung schutzsuchender Personen wird grundsätzlich beim Zivilschutz als zweite von fünf Kernaufgaben in Notlagen aufgeführt. Bundesaufgebote sind
möglich in Notlagen, welche mehrere Kantone und die ganze Schweiz betreffen (Art. 46 Abs. 1 Bst. a des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes vom 20. Dezember 20192, BZG).

Da in der aktuellen Situation sowohl der Bund als auch die Kantone, Städte und Gemeinden durch die Schaffung zusätzlicher Unterkünfte gefordert sind, verständigten sich Bund und Kantone im Rahmen des Sonderstabes Asyl (SONAS) darauf, dass sich der Zivilschutz in der aktuellen Bedarfslage als primäres Mittel der Kantone auf die Aufgaben der Kantone, Städte und Gemeinden fokussieren soll. Da die verfügbaren Mittel des Zivilschutzes auf Stufe Kantone, Städte und Gemeinden im Einsatz stehen, verzichtet der Bund derzeit auf ein Bundesaufgebot des Zivilschutzes. Bei

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SR 520.1

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einer Verschärfung der Lage bleibt ein Aufgebot von Schutzdienstpflichtigen durch den Bundesrat nach Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe a BZG vorbehalten.

Der Zivildienst kann zur Vorbeugung und Bewältigung von Katastrophen und Notlagen sowie zur Regeneration nach solchen Ereignissen zum Einsatz kommen. Da der Bedarf an Unterstützung des Asylwesens ausgewiesen ist, unterstützt das Bundesamt für Zivildienst (ZIVI) das SEM seit März 2022 ununterbrochen dem Bedarf entsprechend durch Aufgebote von Zivildienstpflichtigen (über 9000 Diensttage von Mitte April bis Dezember 2022). Um diese Unterstützung im Hinblick auf die neu zu schaffenden Unterbringungsplätze nochmals zu intensivieren, sind das SEM und das ZIVI im Rahmen des SONAS übereingekommen, dass zugunsten des SEM zwischen Januar und April 2023 bis zu 140 zivildienstpflichtige Personen parallel zu Einsätzen von jeweils mindestens 26 Diensttagen aufgeboten werden, gestützt auf die Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe h und 7a des Zivildienstgesetzes vom 6. Oktober 19953 sowie Artikel 8c Absatz 1 Buchstabe a der Zivildienstverordnung vom 11. September 19964.

Die Zahl von höchstens 140 Einsatzplätzen wurde festgelegt, weil diese Zahl von Zivildienstleistenden an den rund 40 Standorten durch das SEM als anerkannter Einsatzbetrieb des Zivildiensts geführt werden kann und das Verhältnis an unterstützenden Hilfskräften gegenüber den zu betreuenden Schutz- und Asylsuchenden sowie gegenüber den Dienstleistenden verantwortbar ist (Zivildienstleistende werden 10 bis 20 % der in den Betreuungsteams tätigen Personen pro Standort ausmachen). Mangels eigener Führungsstrukturen und Logistik kann der Zivildienst eine Unterbringungsstruktur für Geflüchtete nicht selber einrichten und betreiben.

2.2

Auftrag des Bundesrates an die Armee

Angesichts der Migrationslage und ihrer voraussichtlichen Entwicklung hat der Bundesrat am 16. Dezember 2022 das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) beauftragt, die Armee mit einem Truppenaufgebot von maximal 500 Armeeangehörigen bis zum 31. März 2023 im Assistenzdienst zur Unterstützung des SEM einzusetzen.

Bei diesem Personalbestand handelt es sich um eine Obergrenze, innerhalb derer der Einsatz der Armee erfolgen muss. Die Anzahl effektiv eingesetzter Armeeangehöriger wird aufgrund des Bedarfs des SEM bestimmt, das die Ressourcen in Zusammenarbeit mit der Armee zuweist. Die Leistungen werden unter der Voraussetzung erbracht, dass gewisse Subsidiaritätsbedingungen erfüllt sind (Ziff. 2.3).

Die Armee unterstützt das SEM bei der Einrichtung und dem Betrieb der zusätzlich zur Verfügung gestellten militärischen Infrastrukturen sowie beim Transport von Asyl- und Schutzsuchenden.

Die Leistungen der Armee zugunsten des SEM umfassen folgende Aufgaben: a.

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personelle und materielle Unterstützung beim Aufbau, Einrichten und Abbau der zusätzlich zur Verfügung gestellten militärischen Infrastrukturen; SR 824.0 SR 824.01

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b.

personelle Unterstützung beim Betrieb der zusätzlich zur Verfügung gestellten militärischen Infrastrukturen im Sinne einer Anschubleistung, bis das erforderliche zivile Personal verfügbar ist;

c.

personelle Unterstützung bei der medizinischen Erstversorgung der Asyl- und Schutzsuchenden.

Die Einsatzverantwortung liegt bei den zivilen Behörden, im vorliegenden Fall beim SEM. Die Führungsverantwortung für die eingesetzten Armeekräfte liegt bei der Armee. Die zivilen Behörden haben die Aufgabe, während der Dauer des Einsatzes die Bevölkerung über Aufgaben und Tätigkeiten der zu ihren Gunsten eingesetzten Truppen zu informieren.

2.3

Sicherstellung der Einhaltung der Subsidiarität

Um zu gewährleisten, dass das Subsidiaritätsprinzip (Art. 67 Abs. 1 Bst. d und 2 Bst. b des Militärgesetzes vom 3. Februar 19955, MG) eingehalten wird, müssen die zivilen Ressourcen und Instrumente ausgeschöpft worden sein. Nach Praxis des Bundesrates müssen zudem folgende Kriterien erfüllt sein: a.

Die Möglichkeit, dass der Privatsektor (z. B. private Sicherheitsunternehmen) zusätzliche Leistungen erbringt, ist ausgeschöpft;

b.

die Möglichkeiten der Rekrutierung von zusätzlichem Personal auf dem zivilen Arbeitsmarkt sind ausgeschöpft;

c.

die Möglichkeit, arbeitslose Personen anzustellen, ist in Koordination mit den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren ausgeschöpft worden;

d.

der Zivildienst ist um Unterstützung angefragt worden und hat die verfügbaren Zivildienstleistenden eingesetzt;

e.

Freiwillige (z. B. Samariter) sind angefragt worden und sind nicht mehr verfügbar.

Aufgrund des Fachkräftemangels auf dem Arbeitsmarkt und des ebenfalls stark erhöhten Personalbedarfs bei Kantonen und Gemeinden reichen in der aktuellen Lage die zivilen Mittel für die Aufgabenbewältigung auf Stufe Bund nicht mehr aus. Der SONAS unter der Leitung der Staatssekretärin für Migration ist deshalb zum Schluss gekommen, dass es zusätzlich die Unterstützung mit personellen Mitteln der Armee braucht und die Subsidiaritätskriterien für einen Assistenzdienst erfüllt sind. Der SONAS wird weiterhin eine regelmässige Plausibilitätsprüfung durchführen, um zu ermitteln, ob die Subsidiaritätskriterien noch erfüllt sind. Damit wird überprüft, wann die angeforderten Leistungen wieder vom Personal des SEM oder von privaten oder zivilen Leistungserbringern übernommen werden können.

Die vom VBS zur Verfügung gestellten Armeeangehörigen werden ausschliesslich für die vereinbarten Aufgaben eingesetzt, für die sie geschult wurden. Sobald ihre Unterstützung nicht mehr unerlässlich ist oder ihre Aufgaben von anderen Organi5

SR 510.10

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sationen (z. B. Personal des SEM oder Privatsektor) übernommen werden können, werden die Armeeangehörigen zu ihrer Kommandantin oder ihrem Kommandanten zurückbeordert.

Vor Einsatzbeginn legt die Kommandantin oder der Kommandant der Truppe gemeinsam mit der verantwortlichen Person des unterstützten Zentrums den Rahmen der zu erbringenden militärischen Leistungen fest. Die Kommandantin oder der Kommandant ist gehalten, die Unterstützung zu reduzieren oder zu beenden, wenn diese nicht mehr der Vereinbarung entspricht. Dadurch können Kräfte für Unterstützungsleistungen anderswo freigespielt werden.

2.4

Dauer und Umfang des Einsatzes, Anrechenbarkeit der Diensttage

Der Einsatz der Armee ist bis zum 31. März 2023 befristet. Da der Assistenzdienst länger als drei Wochen dauert, bedarf er gemäss Artikel 70 Absatz 2 MG der Genehmigung durch die Bundesversammlung. Eine allfällige Unterstützung über dieses Datum hinaus wird regelmässig geprüft und bei Bedarf dem Bundesrat beantragt.

Die Armeeangehörigen leisten ihren Assistenzdienst unbewaffnet. Jegliche Sicherheitsleistungen von Armeeangehörigen innerhalb wie ausserhalb der zusätzlich zur Verfügung gestellten militärischen Infrastrukturen sind ausgeschlossen.

Die Dienstleistungen im Assistenzdienst werden von Durchdienerinnen und Durchdienern sowie von Armeeangehörigen, die ihren ordentlichen Dienst leisten, erbracht.

Der Assistenzdienst wird bei Durchdienerinnen und Durchdienern an die Ausbildungsdienstpflicht angerechnet. Bei Formationen, die sich im Wiederholungskurs befinden, wird der Assistenzdienst an den regulären Dienst angerechnet.

2.5

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage wurde weder in der Botschaft vom 29. Januar 20206 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 20207 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Der vorliegende Bundesbeschluss entspricht jedoch den Zielen 13 («Die Schweiz steuert die Migration, nutzt deren wirtschaftliches und soziales Potenzial und setzt sich für die internationale Zusammenarbeit ein») und 15 («Die Schweiz kennt die Bedrohungen ihrer Sicherheit und verfügt über die notwendigen Instrumente, um diesen wirksam entgegenzutreten») der Botschaft8. Er ermächtigt zum subsidiären Einsatz der Armee im Assistenzdienst zugunsten des SEM im Asylbereich, der vom Bundesrat am 16. Dezember 2022 beschlossen wurde.

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BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 BBl 2020 1777, S. 1856 und 1859

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Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Die Vorlage war nicht Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben d und e des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20059 (VlG). Gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG kann auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden, wenn keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die Standpunkte der interessierten Kreise bekannt sind. Ein ständiger Dialog mit den Kantonen und Gemeinden ist im Rahmen des SONAS dadurch sichergestellt, dass die verschiedenen kantonalen Konferenzen und der Schweizerische Städteverband im SONAS vertreten sind (Ziff. 2.1). In den Gesprächen vor dem Beschluss des Bundesrates vom 16. Dezember 2022 sprachen sich alle diese Partner für eine subsidiäre Unterstützung der Armee zugunsten des SEM aus.

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

In finanzieller Hinsicht wird erwartet, dass das ordentliche Budget des VBS den Mehraufwand auffängt, der durch diesen Assistenzdienst der Armee nach Artikel 67 Absatz 1 MG anfällt.

Die Erfahrungen aus früheren Assistenzdiensten der Armee, insbesondere den Einsätzen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie, haben gezeigt, dass diese Art von Einsatz zugunsten der zivilen Behörden für das VBS nur geringe Zusatzkosten verursacht. Das VBS kann jedoch allfällige Mehrausgaben nachträglich dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement in Rechnung stellen.

4.2

Auswirkungen auf die Kantone

Der Assistenzdienst der Armee im Asylbereich hat keine Auswirkungen auf die Kantone.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Laut Artikel 58 Absatz 2 der Bundesverfassung (BV)10 dient die Armee «der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen». Artikel 1 Absatz 2 MG präzisiert, dass die Armee die zivilen Behörden im Inland unterstützt, wenn deren 9 10

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Mittel nicht mehr ausreichen. Nach der gleichen Bestimmung kann diese Unterstützung insbesondere für folgende Zwecke gewährt werden: zur Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit (Bst. a), zur Bewältigung von Katastrophen und anderen ausserordentlichen Lagen (Bst. b) und zur Bewältigung von Spitzenbelastungen oder von Aufgaben, die die Behörden mangels geeigneter Personen oder Mittel nicht bewältigen können (Bst. e).

Die vorliegende Botschaft betrifft einen subsidiären Einsatz im Assistenzdienst nach Artikel 67 Absatz 1 Buchstabe d MG zur Unterstützung der zivilen Behörden, die mit einer Spitzenbelastung bei der Verwaltung der Aufnahmeeinrichtungen für Schutzund Asylsuchende konfrontiert sind. Gemäss Artikel 67 Absatz 2 MG erfolgt die Unterstützung auf Gesuch der zivilen Behörden des Bundes, jedoch nur soweit der Einsatz im öffentlichen Interesse liegt und die zivilen Behörden die Aufgabe in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht nur mit einem unverhältnismässigen Einsatz von Mitteln erfüllen könnten. Das derzeitige Unvermögen des SEM, mit zivilem Personal sämtliche für die Verwaltung der Aufnahmeeinrichtungen erforderlichen Aufgaben zu bewältigen, wurde weiter oben ausgeführt (Ziff. 2.2). Die fortwährende Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips wird durch eine regelmässige Prüfung sichergestellt werden (Ziff. 2.3). Gemäss Artikel 67 Absatz 4 MG bestimmt der Bundesrat, welche Bewaffnung der Truppe für den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen sowie für die Erfüllung ihres Auftrags erforderlich ist.

Gestützt auf Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe a MG ist der Bundesrat für das Aufgebot der Truppen und deren Zuweisung an die zivilen Behörden zuständig. Da der Einsatz länger als drei Wochen dauert, muss die Bundesversammlung gemäss Artikel 70 Absatz 2 MG den Einsatz in der nächsten Session genehmigen. Gewisse von der Armee zur Verfügung gestellte zusätzliche Infrastrukturen mussten im Januar 2023 für die Aufnahme von Asylsuchenden bereit sein, weshalb es notwendig war, schon im Dezember 2022 mit dem Einsatz zu beginnen.

5.2

Erlassform

Der vorliegende Bundesbeschluss ist ein in einem Bundesgesetz ausdrücklich vorgesehener Einzelakt, über welchen die Bundesversammlung entscheidet (Art. 173 Abs. 1 Bst. h BV). Artikel 70 Absatz 2 MG sieht vor, dass für einen Einsatz von mehr als 2000 Armeeangehörigen oder eine Einsatzdauer von mehr als drei Wochen die Genehmigung der Bundesversammlung erforderlich ist. Bundesbeschlüsse unterstehen dem Referendum, soweit Verfassung oder Gesetz dies vorsehen (Art. 141 Abs. 1 Bst. c BV). Da im vorliegenden Fall weder die Verfassung noch das Gesetz das Referendum vorsehen, wird der Bundesbeschluss in die Form eines einfachen Bundesbeschlusses gekleidet (Art. 163 Abs. 2 BV).

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5.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder Subventionen noch Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken nach sich ziehen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.

5.4

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips

Artikel 67 Absatz 1 MG sieht verschiedene Situationen vor, in welchen die Armee einen Assistenzdienst zur Unterstützung ziviler Behörden leisten kann. Zu diesen Situationen zählen namentlich: die Bewältigung ausserordentlicher Lagen (Bst. a), die Bewältigung von Katastrophen, Spitzenbelastungen oder von Aufgaben, die die Behörden mangels geeigneter Personen oder Mittel nicht bewältigen können (Bst. d) und die Erfüllung anderer Aufgaben von nationaler oder internationaler Bedeutung (Bst. e). Im vorliegenden Fall ist die Voraussetzung der Spitzenbelastung (Bst. d) erfüllt. Der Assistenzdienst sollte nicht als normale Hilfe dienen. Die zivilen Behörden sind verpflichtet, zuerst mögliche wirtschaftlich vertretbare Alternativen zum Armeeeinsatz zu prüfen und gegebenenfalls diese umzusetzen. Nur wenn diese nicht ausreichen, kann die Armee als Verstärkung zum Einsatz gerufen werden. Hinsichtlich ausserordentlicher Lagen (Bst. a) stellt die Botschaft des Bundesrates vom 3. September 201411 zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Armee klar, dass nur besondere, schwerwiegende Umstände eine ausserordentliche Lage (z. B. Naturkatastrophen und Notlagen) ergeben. Gemäss Artikel 67 Absatz 2 MG erfolgt die Unterstützung auf Gesuch der zivilen Behörden der Kantone und des Bundes nur, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Die Aufgabe liegt im öffentlichen Interesse (Bst. a) und die zivilen Behörden könnten die Aufgabe in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht nur mit einem unverhältnismässigen Einsatz von Mitteln erfüllen (Bst. b). Die Leistungen der Armee werden ersucht, wenn sie von den zivilen Behörden nicht erbracht werden können, sei es, weil die Anfangsleistung oder die Durchhaltefähigkeit in personeller, materieller oder finanzieller Hinsicht nicht gewährleistet ist oder weil die zivilen Behörden nicht über das notwendige Personal verfügen.

Die Fähigkeit der zivilen Behörden, den massiven Zustrom von Schutz- und Asylsuchenden effizient zu bewältigen, liegt im öffentlichen Interesse. Das derzeitige Unvermögen des SEM, mit zivilem Personal sämtliche für die Verwaltung der Aufnahmeeinrichtungen erforderlichen Aufgaben zu bewältigen, wurde weiter oben ausgeführt (Ziff. 2.2). Die fortwährende Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips wird durch eine regelmässige Prüfung sichergestellt werden (Ziff. 2.3). Es ist daher von entscheidender Bedeutung, das SEM bei der Aufnahme und Betreuung dieser Personen zu unterstützen.

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BBl 2014 6955, S. 7013

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