BBl 2023 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

23.004 Jahresbericht 2022 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 23. Januar 2023

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen gestützt auf Artikel 55 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation im Jahr 2022 und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über die wichtigsten während des Berichtsjahrs vorgenommenen Kontrollen sowie über ihre Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. Januar 2023

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Die Präsidentin der GPK-N: Prisca Birrer-Heimo Der Präsident der GPK-S: Matthias Michel

2023-0292

BBl 2023 579

BBl 2023 579

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

5

2

Auftrag und Organisation 2.1 Auftrag und Kompetenzen der GPK 2.1.1 Aufgaben der GPK im Rahmen der Oberaufsicht 2.1.2 Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten 2.1.3 Zusammenarbeit der GPK und der GPDel mit ihrem Sekretariat 2.1.4 Zusammenarbeit der GPK mit den Finanzkommissionen, der Finanzdelegation und der Eidgenössischen Finanzkontrolle 2.2 Organisation und Zusammensetzung der GPK

7 7 7 8

3

Arbeiten der GPK im Jahr 2022 3.1 Veröffentlichung im Jahr 2022 3.2 Bereich EDA/VBS 3.2.1 Nachkontrolle zur Inspektion über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee 3.3 Bereich EFD/WBF 3.3.1 Reglementierung des Börsenhandels mit Kryptowährungen 3.3.2 Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat 3.3.3 Probleme beim Transit von Flüchtlingen durch die Schweiz 3.3.4 Interventionen des SECO im Rahmen des konsularischen Schutzes 3.4 Bereich EDI/UVEK 3.4.1 Lokpersonalmangel bei der SBB 3.4.2 Tätigkeiten der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle 3.4.3 Technische Störung bei der Skyguide AG 3.4.4 Risiken für die Stromversorgungssicherheit der Schweiz: bisherige Arbeiten der Bundesbehörden 3.4.5 Biologische Hochsicherheitslabore: Sanierung des Labors in Mittelhäusern 3.4.6 Elektronisches Patientendossier 3.5 Bereich EJPD/BK 3.5.1 Menschenschmuggel 3.5.2 Situation in der Ukraine - Massnahmen des SEM 3.5.3 Gewalt gegen Asylsuchende in Bundesasylzentren 3.6 Bereich Gerichte/BA 3.6.1 Fragen der Koordination mit der Gerichtskommission

2 / 114

9 10 11 15 15 17 18 19 19 22 22 23 25 25 27 29 31 33 34 36 36 37 39 40 40

BBl 2023 579

3.6.2

Amtsgeheimnisverletzung: Einstellungsverfügung durch ausserordentlichen Staatsanwalt 3.6.3 Einführung des elektronischen Gerichtsdossiers (Projekt Justitia 4.0) 3.7 Stand der laufenden Inspektionen der GPK und der GPDel 3.8 Weitere von der GPK behandelte Themen 3.9 Dienststellenbesuche 3.10 Aufsichtseingaben 4

5

41 42 43 46 52 53

Covid-19-Inspektion 4.1 Bereich EFD/WBF 4.1.1 Covid-19-Kredite 4.2 Bereich EDI/UVEK 4.2.1 Internationale Informationsgrundlagen und internationaler Austausch des EDI und des BAG 4.2.2 Wissenschaftliche Informationsgrundlagen des EDI und des BAG 4.2.3 Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen bei der Bewältigung der Covid-19-Pandemie 4.2.4 Gesundheitsdatenmanagement: Arbeiten des EDI und des BAG zur Digitalisierung des Gesundheitssystems 4.2.5 Gesundheitsdatenmanagement: Reform des Koordinierten Sanitätsdienstes 4.2.6 Aufsicht des BAG über die Stiftung «meineimpfungen» 4.2.7 Management der medizinischen Güter: Weitergabe, Weiterverkauf und Vernichtung nicht gebrauchter Impfstoffdosen 4.3 Bereich EJPD/BK 4.3.1 Auswertung des Krisenmanagements durch die Bundeskanzlei

53 56 56 59

Nachrichtendienst und Staatsschutz 5.1 Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel 5.2 Nachkontrolle zur Inspektion zum Fall Crypto AG 5.2.1 Ausgangslage 5.2.2 Empfehlung 4 5.2.3 Empfehlung 8 5.2.4 Empfehlung 9 5.2.5 Empfehlung 11 5.3 Kontakte mit dem Ausland 5.4 Genehmigungspflichtige Informationsbeschaffung sowie Kabel- und Funkaufklärung 5.5 Auskunfts- und Meldepflichten

73 73 74 74 75 76 78 78 80

59 61 62 64 65 66 69 72 72

81 82

3 / 114

BBl 2023 579

5.6 5.7 5.8

Informationssysteme und Datenschutz Abgeltung der Kantone für den Vollzug des NDG Vorkommnisse im Ressort Cyber des NDB 5.8.1 Begleitende Oberaufsicht der GPDel 5.8.2 Erkenntnisse zu den Aktivitäten von Cyber NDB 5.8.3 Aufsichtsprozesse auf Stufe NDB und VBS 5.8.4 Aufsichtstätigkeit der AB-ND 5.8.5 Beurteilung der GPDel 5.9 Dienstleistungsvertrag des NDB mit einer Privatperson 5.9.1 Begleitende Oberaufsicht der GPDel 5.9.2 Erkenntnisse der GPDel 5.10 Sicherheitspolitische Führung des Bundesrats 5.10.1 Oberaufsicht über die sicherheitspolitische Führung 5.10.2 Aufgabe und Funktionsweise von SiA und KGSi 5.10.3 Evakuationsmission in Kabul im August 2021 ­ Einschätzung der GPDel 5.10.4 Russischer Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 5.10.5 Aussprache der GPDel mit dem SiA im Mai 2022 5.10.6 Weitere Arbeiten der IKUR und des SiA 5.10.6.1 Szenarien für die Lageentwicklung 5.10.6.2 Ausländische Anfragen zu Schweizer Kriegsmaterial 5.10.6.3 Vorbereitung auf ein nukleares Ereignis 5.10.7 Aussprache zwischen GPDel und VBS im Oktober 2022 6

Geschäftsberichte 2021 und wiederkehrende Berichte 6.1 Geschäftsbericht 2021 des Bundesrates 6.2 Geschäftsbericht 2021 des Bundesgerichts 6.3 Weitere von der GPK geprüfte Berichte

Abkürzungsverzeichnis

4 / 114

83 85 86 86 87 88 90 91 93 93 94 95 95 96 97 98 100 101 101 102 102 103 104 104 105 106 107

BBl 2023 579

Bericht 1

Einleitung

Der vorliegende Jahresbericht bietet einen Überblick über die Oberaufsichtstätigkeiten der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) im Jahr 2022. Er enthält überdies Informationen zu den Arbeitsmethoden und -prozessen, zu den Problemen im Zusammenhang mit bestimmten Aufsichtsgeschäften und zu den erzielten Ergebnissen.

Die GPK veröffentlichten 2022 14 Untersuchungsberichte, unter anderem zur Transformation der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) in das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), zur versuchten Erpressung von Bundesrat Alain Berset, zum Grundwasserschutz, zum Evaluationsverfahren für das neue Kampfflugzeug und zur neuen Berufungskammer des Bundesstrafgerichts. Vier Berichte betreffen Abklärungen im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krankheit-2019-Pandemie (Covid19-Pandemie) (siehe unten), einer informierte über eine Nachkontrolle zu früheren Untersuchungen der GPK und drei stützen sich auf Evaluationen der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) ab. Eine Liste der Veröffentlichungen der GPK im Jahr 2022 findet sich in den Kapiteln 3.1 (allgemeine Publikationen) und 4 (Publikationen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie).

Der inhaltliche Schwerpunkt des vorliegenden Jahresberichts liegt auf Geschäften, zu denen im Laufe des Jahres nicht bereits öffentlich kommuniziert wurde (vgl. Ziff. 3.2 ff.). Um die Transparenz zu erhöhen, fassen die GPK in ihrem Jahresbericht auch die laufenden Arbeiten zusammen (vgl. Ziff. 3.8 ff.). Entsprechend ihren Weisungen informieren die GPK allerdings erst nach Abschluss der Arbeiten detailliert über ein Dossier.

Im Berichtsjahr setzten die GPK ihre Inspektion über die Massnahmen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie fort. Informationen zu den Ergebnissen der entsprechenden Arbeiten finden sich in Kapitel 4. Gegenstand der Abklärungen der GPK waren namentlich die Covid-19-Kredite (vgl. Ziff. 4.1.1), die Probleme im Zusammenhang mit der Stiftung «meineimpfungen» (vgl. Ziff. 4.2.6) die Weitergabe und der Weiterverkauf von nicht benötigten Impfstoffdosen (vgl. Ziff. 4.2.7) und die Evaluation der Bundeskanzlei (BK) zum Krisenmanagement (vgl. Ziff. 4.3.1). Im Rahmen ihrer Inspektion zur Covid-19-Pandemie veröffentlichten die GPK zudem Berichte über den Covid-19-Erwerbsersatz für
Selbstständigerwerbende, die Beschaffung von Schutzmasken, die Krisenorganisation des Bundes und die wirtschaftliche Landesversorgung.

Im Weiteren leiteten die GPK 2022 zwei neue Inspektionen ein, eine über die Behördenkommunikation vor Abstimmungen und eine über die Wirksamkeitsmessung in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit.1 Die PVK führt aktuell zu beiden Inspektionen eine Evaluation durch (vgl. Bericht der PVK im Anhang, Ziff. 3). Auf 1

GPK und GPDel veröffentlichen ihren Jahresbericht 2021 sowie ihr Jahresprogramm 2022, Medienmitteilung der GPK-N/S vom 27.1.2022.

5 / 114

BBl 2023 579

der Grundlage dieser Evaluationen wird die zuständige Kommission ihre Beurteilungen aus der Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht vornehmen.

Neben den erwähnten Inspektionen befassten sich die GPK 2022 mit verschiedenen weiteren Themen, zu denen bisher nicht kommuniziert wurde und die nun Gegenstand des vorliegenden Berichtes sind. Dazu gehören die Reglementierung des Börsenhandels mit Kryptowährungen (vgl. Ziff. 3.3.1), die technischen Störungen bei Skyguide (vgl. Ziff. 3.4.3), das elektronische Patientendossier (vgl. Ziff. 3.4.6), die Massnahmen des Staatssekretariats für Migration (SEM) in Zusammenhang mit der Ukrainekrise (vgl. Ziff. 3.5.2) sowie die Gewalt gegen Asylsuchende (vgl. Ziff. 3.5.3).

Im Berichtsjahr traten die GPK zu 26 Plenarsitzungen, 1 Sitzung der Koordinationsgruppe und 90 Subkommissions- bzw. Arbeitsgruppensitzungen zusammen. Davon waren 16 Termine Dienststellenbesuchen gewidmet. Die GPDel führte 13 Sitzungen durch. Insgesamt fanden somit 130 Sitzungen statt.

Die GPK haben den vorliegenden Bericht an der gemeinsamen Plenarsitzung vom 23. Januar 2023 einstimmig gutgeheissen und dessen Veröffentlichung beschlossen.

Der Berichtsentwurf wurde den betroffenen Behörden gemäss Artikel 157 des Parlamentsgesetzes (ParlG)2 vorgängig zur Stellungnahme unterbreitet. Die eingegangenen Stellungnahmen sind von den GPK und der GPDel geprüft und soweit wie möglich berücksichtigt worden.

Die Struktur des Jahresberichts der GPK wurde leicht verändert. Bisher war das Kapitel über die Arbeiten der GPK im Berichtsjahr (Ziff. 3) nach Themenbereichen unterteilt (z. B. soziale Sicherheit und Gesundheit; Staat und Verwaltung; Umwelt, Verkehr und Infrastruktur usw.). Diese vordefinierten Kategorien trugen der Komplexität und der Vielfalt der Aufgaben der Bundesverwaltung jedoch nicht optimal Rechnung.

Zur besseren Nachvollziehbarkeit ist die Berichterstattung neu gemäss den Zuständigkeitsbereichen der Subkommissionen3 ­ und dementsprechend nach den Aufgabenbereichen der Departemente, der BK, der Bundesgerichte und der Bundesanwaltschaft (BA) ­ strukturiert und nicht mehr nach Themenbereich.

2 3

Bundesgesetz vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10).

Die Zuständigkeiten der Subkommissionen der GPK sind wie folgt unterteilt: EDA/VBS, EFD/WBF, EDI/UVEK, EJPD/BK, Gerichte/BA.

6 / 114

BBl 2023 579

2

Auftrag und Organisation

2.1

Auftrag und Kompetenzen der GPK

2.1.1

Aufgaben der GPK im Rahmen der Oberaufsicht

Die GPK nehmen als parlamentarische Kommissionen im Auftrag der eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte sowie der anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahr (Art. 169 der Bundesverfassung [BV]4, Art. 52 ParlG). Die Aufgaben, Zuständigkeiten und Kompetenzen der GPK werden in den Artikeln 26-27, 52-55 und 153-158 ParlG sowie in weiteren Gesetzes-5 und Verordnungstexten6 definiert.

Bei der Ausübung ihres Auftrags überprüfen die GPK hauptsächlich, ob die Bundesbehörden im Sinne der Verfassung und der Gesetze handeln und ob die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben richtig erfüllt werden (Überprüfung der Rechtmässigkeit). Zudem achten sie darauf, dass die vom Staat getroffenen Massnahmen sinnvoll sind und dass die Bundesbehörden ihren Entscheidungsspielraum angemessen nutzen (Überprüfung der Zweckmässigkeit). Schliesslich kontrollieren sie auch die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen mit Blick auf die vom Gesetzgeber gesetzten Ziele (Überprüfung der Wirksamkeit).

Die GPK erfüllen ihre Aufgaben, indem sie:

4 5

6

­

Inspektionen durchführen;

­

die PVK mit Evaluationen beauftragen;

­

die jährlichen Geschäftsberichte des Bundesrates und des Bundesgerichtes sowie die Jahresberichte anderer Verwaltungseinheiten des Bundes prüfen;

­

die Berichte behandeln, welche ihnen der Bundesrat, die Departemente und weitere Stellen vorlegen müssen;

­

Behörden und Dienststellen des Bundes besuchen;

­

von Dritten eingereichte Aufsichtseingaben behandeln;

­

Empfehlungen an den Bundesrat, an die Departemente, an die eidgenössischen Gerichte und an die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) oder an die Bundesanwaltschaft (BA) richten;

­

die Umsetzung früherer Empfehlungen kontrollieren.

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101).

Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51), Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes vom 24.3.2000 (BPG; SR 172.220.1), Art. 20 des Bundesgesetzes vom 4.10.1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (AtraG; SR 742.104) oder Art. 10 des Bundesgesetzes vom 18.3.2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (HGVAnG; SR 742.140.3).

Handlungsgrundsätze der GPK vom 29.8.2003 und 4.9.2003 (BBl 2015 4841).

7 / 114

BBl 2023 579

Die GPK erstatten dem Parlament über die Hauptergebnisse ihrer Arbeit einmal jährlich Bericht (Art. 55 ParlG). Dieser Jahresbericht wird in der Frühlingssession in beiden Räten behandelt.

Der Aufsichtsbereich der GPK umfasst sämtliche Tätigkeiten des Bundesrates und der Einheiten der Bundesverwaltung sowie der eidgenössischen Gerichte und der BA, wobei die Rechtsprechung der Gerichte und die Entscheide des Bundesanwalts von der Kontrolle ausgeschlossen sind (Art. 191c BV, Art. 26 Abs. 4 ParlG).

Auch alle öffentlich-rechtlichen und privaten Körperschaften sowie die natürlichen und juristischen Personen, die Träger von Bundesaufgaben sind, unterliegen der parlamentarischen Oberaufsicht, auch wenn die GPK die Oberaufsicht in diesem Bereich ­ im Vergleich zu den Dienststellen der Zentralverwaltung ­ nur sehr zurückhaltend wahrnehmen. Die Kantone sind ebenfalls der Aufsicht der GPK unterstellt, soweit sie mit der Umsetzung von Bundesrecht beauftragt sind (Art. 46 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 2 BV).

2.1.2

Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten

Für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe verfügen die GPK über weitreichende Auskunftsrechte (Art. 150 und 153 ParlG), die mit der Änderung des ParlG vom 17. Juni 2011 verstärkt und präzisiert wurden.7 Die Kommissionen haben insbesondere das Recht, alle amtierenden und ehemaligen Behördenvertreter, Mitarbeitenden von Dienststellen sowie Vertreterinnen und Vertreter von übrigen Trägern von Bundesaufgaben direkt zu befragen, und sie können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte verlangen. Sie haben zudem die Möglichkeit, auskunftspflichtige Personen vorzuladen und nötigenfalls vorführen zu lassen. Das Amtsgeheimnis findet bei Anhörungen von Bediensteten des Bundes durch die GPK keine Anwendung. Es kann deshalb durch die angehörten Personen nicht vorgebracht werden, um eine Aussage vor den GPK zu verweigern.

Bei den Informationsrechten der GPK gibt es nur zwei Einschränkungen: Erstens haben die GPK keinen Anspruch auf Einsichtnahme in Protokolle der Bundesratssitzungen. Zweitens sind die GPK nicht berechtigt, Informationen zu verlangen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste oder aus anderen Gründen geheim zu halten sind (Art. 153 Abs. 6 ParlG).

Die Aufsichtskommissionen «entscheiden endgültig über die Ausübung ihrer Informationsrechte» (Art. 153 Abs. 6 erster Satz ParlG). Diese abschliessende Entscheidungskompetenz der Aufsichtskommissionen gewährleistet, dass nicht die Exekutive als kontrolliertes Organ, sondern die GPK als das kontrollierende Organ über die Tragweite und Ausübung der Informationsrechte im Einzelfall bestimmen. Wird vom Bundesrat geltend gemacht, das verlangte Dokument falle in die Kategorie des Staatsschutzes, ziehen die GPK die GPDel bei, um über diese Frage zu befinden.

7

ParlG: Präzisierung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen, Änderung vom 17.6.2011 (AS 2011 4537); Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel vom 27.1.2012, Ziff. 2.1.4. (BBl 2012 6783, hier 6797).

8 / 114

BBl 2023 579

Die beiden erwähnten Vorbehalte bei den Informationsrechten der GPK gelten nicht für die GPDel: Diese verfügt gemäss Artikel 169 Absatz 2 BV und Artikel 154 ParlG über uneingeschränkte Informationsrechte gegenüber den ihrer Aufsicht unterstellten Behörden und Organen. Sie kann nicht nur alle für die Ausübung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen verlangen, sondern dazu auch formelle Zeugeneinvernahmen anordnen (Art. 155 ParlG). Weder das Amts- noch das Militärgeheimnis können ihr entgegengehalten werden.

Die weitgehenden Auskunftsrechte der GPK und der GPDel erfordern im Gegenzug die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit vertraulichen Informationen. Die GPK sind deshalb gehalten, geeignete Vorkehren für den Geheimnisschutz zu treffen (Art. 150 Abs. 3 ParlG).8 Sie haben dazu entsprechende Weisungen erlassen, die u. a. den Zugang zu Mitberichten von Departementsvorstehenden zu Bundesratsgeschäften restriktiv regeln.9 Die Mitglieder der GPK sind zudem hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie im Rahmen ihres Mandats Kenntnis erhalten, an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG).

Untersuchungsberichte werden in aller Regel veröffentlicht, sofern der Publikation keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG). Die betroffenen Behörden erhalten vorgängig zur Publikation die Möglichkeit zur Stellungnahme (Art. 157 ParlG).

Die Mittel, über welche die GPK gegenüber den beaufsichtigten Stellen verfügen, sind v. a. politischer Natur. Die Kommissionen teilen ihre Schlussfolgerungen den obersten verantwortlichen Behörden in der Regel in der Form von öffentlichen Berichten oder Briefen mit. Diese enthaltenen Empfehlungen, zu denen die verantwortlichen Behörden Stellung beziehen müssen. Mit ihrer Arbeit verpflichten die Kommissionen demnach die Behörden, Rechenschaft über ihre Tätigkeiten (oder Unterlassungen) abzulegen. Daneben stehen ihnen die parlamentarischen Instrumente zur Verfügung (Einreichung einer Motion, eines Postulats oder einer parlamentarischen Initiative), um eine Gesetzesänderung in die Wege zu leiten.

2.1.3

Zusammenarbeit der GPK und der GPDel mit ihrem Sekretariat

Die Federführung und die Verantwortung bei allen Arbeiten der GPK/GPDel liegen bei den Kommissionen oder der Delegation selbst. Sie bestimmen die Themen, die

8

9

Von der GPK-N in Auftrag gegebene Gutachten: Biaggini, Giovanni: Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus verfassungsmässiger Sicht, 5.6.2008; Oberholzer, Niklaus: Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus strafprozessualer Sicht: Gutachten im Auftrag der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, 5.6.2008, www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Aufsichtskommissionen > GPK > Grundlagenpapiere / Informationsrechte (Stand: 2.12.2022).

Weisungen der GPK der eidgenössischen Räte über ihre Massnahmen zum Geheimnisschutz vom 27.1.2012, www.parlament.ch > Organe > Aufsichtskommissionen > GPK > Grundlagenpapiere / Informationsrechte (Stand: 2.12.2022).

9 / 114

BBl 2023 579

durch die GPK oder die GPDel vertieft werden. Auch die Festlegung der Vorgehensweise bei den Abklärungen obliegt ausschliesslich den GPK oder der GPDel.

Das Sekretariat der GPK/GPDel als Teil der Parlamentsdienste unterstützt und berät die Kommissionen bzw. die GPDel bei ihren Aufgaben.10 Es verfügt gemäss Artikel 67 ParlG über dieselben Informationsrechte wie die GPK/GPDel, in deren Auftrag es tätig ist. Nach Artikel 153 Absatz 1 Satz 2 ParlG können die GPK/GPDel einzelne Sachverhaltsabklärungen ihrem Sekretariat übertragen. Die GPK sowie die GPDel erteilen ihrem Sekretariat Aufträge und begleiten und kontrollieren deren Umsetzung.

Aufgrund des Milizsystems und der gebotenen Unabhängigkeit der GPK gegenüber den beaufsichtigten Stellen kommt dem Sekretariat der GPK/GPDel bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags der GPK/GPDel eine wichtige Rolle zu. Es unterstützt die Kommissionen und die GPDel bei der Auswahl, Konzeption und Durchführung von Untersuchungen und Evaluationen sowie bei allen weiteren Massnahmen der Oberaufsicht.11 Es nimmt überdies die Eingaben gemäss Artikel 129 ParlG entgegen und bereitet die Beschlüsse vor.

2.1.4

Zusammenarbeit der GPK mit den Finanzkommissionen, der Finanzdelegation und der Eidgenössischen Finanzkontrolle

Im Rahmen ihrer Tätigkeiten stehen die GPK regelmässig in Verbindung mit den anderen Organen, die für die Aufsicht und Oberaufsicht über die Bundesfinanzen verantwortlich sind. Dabei handelt es sich um die Finanzkommissionen (FK), die Finanzdelegation (FinDel) und die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK).

Die beiden Bereiche der parlamentarischen Oberaufsicht ­ über den Finanzhaushalt und über die Geschäftsführung ­ lassen sich in der Praxis nicht immer klar trennen: Die Art und Weise der Geschäftsführung hat oft auch finanzielle Auswirkungen, während staatliches Handeln nahezu ausnahmslos einen Bezug zum Finanzhaushalt hat.

Probleme im Bereich der Finanzaufsicht haben ihre Ursache oft in der Geschäftsführung und umgekehrt.

Aus diesem Grund bedarf es der Koordination und der Zusammenarbeit zwischen den FK, der FinDel und den GPK: Im Allgemeinen wird so verfahren, dass Angelegenheiten, bei denen finanzpolitische Fragen im Vordergrund stehen, prioritär von den FK und der FinDel, während Angelegenheiten, welche vorwiegend die Geschäftsführung betreffen, vorrangig von den GPK bearbeitet werden. Bestimmte Geschäfte ­ etwa die Geschäftsberichte der eidgenössischen Gerichte und ausgewählter öffentlicher Unternehmen sowie die Rechnung und der Voranschlag der eidgenössischen Gerichte, der BA und der AB-BA ­ beraten die FK und die GPK zusammen. Darüber hinaus koordinieren die Sekretariate der beiden Kommissionen ihre Befassungen, indem sie viermal jährlich ­ und die Sekretärinnen und Sekretäre der Subkommissionen so oft wie dies ihre Geschäfte erfordern ­ zusammenkommen und sich austauschen.

10 11

Art. 64 Abs. 1 und Art. 64 Abs. 2 Bst. b und d ParlG.

Art. 7 Bst. a der Geschäftsordnung der Parlamentsdienste vom 16.5.2014 (GOPD), www.parlament.ch > Über das Parlament > Parlamentsdienste (Stand: 2.12.2022).

10 / 114

BBl 2023 579

Die GPK unterhalten auch Kontakte zur EFK, dem obersten Finanzaufsichtsorgan des Bundes, dessen Kompetenzen im Finanzkontrollgesetz (FKG)12 geregelt sind. Gemäss Artikel 15 Absatz 1 FKG sind die FK und die FinDel die direkten Ansprechpartner der EFK im Parlament. Im Gesetz wird dazu präzisiert, dass die EFK mit ihren Prüfungsbefunden an die FinDel gelangt (Art. 14 Abs. 1 FKG). Dies galt bisher auch für Prüfungsbefunde, welche die Geschäftsführung betreffen. Mit der Revision des FKG, die am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, wurde der Informationsfluss zwischen der EFK, den Departementen, den mit Querschnittsaufgaben betrauten Bundesämtern, dem Bundesrat, der FinDel und den GPK in einer gesetzlichen Grundlage verankert. Die Gesetzesänderung sieht u. a. vor, dass die Information der EFK über festgestellte wesentliche Mängel in der Geschäftsführung an die GPK bzw. die GPDel gleichzeitig mit der Berichterstattung an die FinDel erfolgt.13 Die GPK erhalten das Prüfprogramm der EFK jeweils Ende Januar und nutzen diese Gelegenheit für einen Austausch mit der EFK über allfällige Grundsatzfragen. Auch nehmen die GPK jeweils im Frühling den Jahresbericht der EFK zur Kenntnis.14

2.2

Organisation und Zusammensetzung der GPK

Wie die übrigen parlamentarischen Kommissionen setzen sich die GPK aus 25 Mitgliedern des Nationalrates und 13 Mitgliedern des Ständerates zusammen. Die Mitglieder werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt; das Mandat ist verlängerbar.

Die Zusammensetzung der Kommissionen und die Zuteilung der Präsidien und Vizepräsidien richten sich nach der Stärke der Fraktionen im jeweiligen Rat (Art. 43 Abs.

3 ParlG). Soweit als möglich werden ausserdem die Amtssprachen und die Landesgegenden berücksichtigt.

Jede Kommission ist in mehrere ständige Subkommissionen unterteilt (Art. 45 Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Nationalrates [GRN]15 und Art. 11 Abs. 1 des Geschäftsreglements des Ständerates [GRS]16), welche alle Departemente, die Bundeskanzlei (BK), die eidgenössischen Gerichte, die BA und deren Aufsichtsbehörde (AB-BA) abdecken.

Die Bereiche werden wie folgt zugewiesen: Subkommissionen EDA/VBS:

­ Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ­ Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)

12 13 14

15 16

Bundesgesetz vom 28.6.1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG; SR 614.0).

Art. 14 Abs. 1 FKG Die GPK befassten sich im Jahr 2018 vertieft mit der Frage der Abgrenzung der parlamentarischen Oberaufsicht zur EFK, vgl. dazu Jahresbericht 2018 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 29.1.2019 (BBl 2019 2729, hier: 2746).

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3.10.2003 (GRN; SR 171.13).

Geschäftsreglement des Ständerates vom 20.6.2003 (GRS; SR 171.14).

11 / 114

BBl 2023 579

Subkommissionen EJPD/BK:

­ Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)

Subkommissionen EFD/WBF:

­ Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD)

Subkommissionen EDI/UVEK:

­ Eidgenössisches Departement des Innern (EDI)

Subkommissionen Gerichte/BA:

­ Bundesgericht (BGer)

­ Bundeskanzlei (BK)

­ Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)

­ Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

­ Militärkassationsgericht (MKG) ­ Bundesstrafgericht (BStGer) ­ Bundesverwaltungsgericht (BVGer) ­ Bundespatentgericht (BPatGer) ­ Bundesanwaltschaft (BA) ­ Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Die Subkommissionen verfolgen im Auftrag der Plenarkommissionen die Arbeit der ihnen zugeteilten Behörden. Sie leisten die eigentliche Untersuchungsarbeit (z. B.

Durchführung von Anhörungen, Aufträge für Expertisen, Anfordern von Unterlagen) und erstatten den Plenarkommissionen ­ den Entscheidungsgremien ­ Bericht. Es obliegt den Plenarkommissionen, Beschlüsse zu fassen, Berichte zu genehmigen und zu publizieren sowie den verantwortlichen politischen Behörden Empfehlungen zu unterbreiten (Art. 158 ParlG).

Die GPK können auch Arbeitsgruppen oder Ad-hoc-Subkommissionen einsetzen, um Themen zu untersuchen, die beispielsweise besondere Fachkenntnisse erfordern.

Im Jahr 2022 tagten zwei Arbeitsgruppen, bestehend aus Mitgliedern der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) wie auch der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S). Die Arbeitsgruppe Risikomanagement Bund, der auch eine Vertretung der FinDel angehört, setzt sich mit dem Risikomanagement und dem Risikoreporting an den Bundesrat auseinander. Die Arbeitsgruppe Hochseeschifffahrts-Bürgschaften befasste sich mit den Folgearbeiten zur Inspektion Hochseeschifffahrts-Bürgschaften aus dem Jahre 201817.

Daneben bestimmt jede Kommission drei Mitglieder aus ihrer Mitte, welche die GPDel bilden. Diese befasst sich mit der Oberaufsicht über die Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste. Die Dele-

17

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, Bericht der GPK-N/S vom 26.6.2018 (BBl 2018 6205).

12 / 114

BBl 2023 579

gation verfügt gemäss Verfassung und Gesetz über sehr weitgehende Auskunftsrechte (vgl. Ziff. 5.).

Die Subkommissionen der GPK-N bestehen jeweils aus neun Mitgliedern, jene der GPK-S aus fünf Mitgliedern. Die Mitglieder der GPDel dürfen neben ihrem GPDelMandat höchstens noch in einer GPK-Subkommission Einsitz nehmen. Diese Massnahme dient der Entlastung der GPDel-Mitglieder.

Das Präsidium der GPK-N hatte 2022 Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo inne; Nationalrätin Manuela Weichelt übte das Vizepräsidium aus. Die GPK-S wurde von Ständerat Matthias Michel präsidiert; Ständerat Werner Salzmann amtete als Vizepräsident. Das Präsidium der GPDel nahm im Jahr 2022 Ständerätin Maya Graf wahr; das Vizepräsidium hatte Nationalrätin Yvonne Feri inne.

Eine namentliche Auflistung der Mitglieder der GPK, ihrer Subkommissionen und Arbeitsgruppen sowie der GPDel im Jahr 2022 findet sich in der folgenden Tabelle.

Zusammensetzung der GPK, ihrer Subkommissionen und Arbeitsgruppen sowie der GPDel im Berichtsjahr 2022 GPK-N (Plenarkommission)

GPK-S (Plenarkommission)

Prisca Birrer-Heimo (Präsidentin), Angelo Barrile, Marianne Binder-Keller, Katja Christ, Thomas de Courten, Yvette Estermann, Yvonne Feri, Corina Gredig, Alfred Heer, Erich Hess, Alois Huber, Christian Imark, Matthias Samuel Jauslin, Fabian Molina, Stefan Müller-Altermatt, Nicolo Paganini, Isabelle Pasquier-Eichenberger, Katharina Prelicz-Huber, Daniela Schneeberger (neu seit 30.5.2022) Priska Seiler Graf, Andri Silberschmidt (bis 29.5.2022), Marianne Streiff-Feller (bis 16.8.2022), Lilian Studer (neu seit 17.8.2022), Michael Töngi, Erich von Siebenthal, Laurent Wehrli, Manuela Weichelt (Vizepräsidentin)

Matthias Michel (Präsident), Philippe Bauer, Elisabeth Baume-Schneider, Thierry Burkart, Marco Chiesa, Daniel Fässler, Maya Graf, Charles Juillard, Othmar Reichmuth, Werner Salzmann (Vizepräsident), Carlo Sommaruga, Hans Stöckli, Heidi Z'graggen

Subkommissionen EDA/VBS Nicolo Paganini (Präsident), Yvette Charles Juillard (Präsident), Philippe Estermann, Corina Gredig, Alois Huber, Bauer, Elisabeth Baume-Schneider, Matthias Samuel Jauslin, Fabian Werner Salzmann, Hans Stöckli Molina, Isabelle Pasquier-Eichenberger, Priska Seiler Graf, Erich von Siebenthal

13 / 114

BBl 2023 579

Subkommissionen EJPD/BK Alfred Heer (Präsident), Angelo Barrile, Daniel Fässler (Präsident), Corina Gredig, Erich Hess, Fabian Thierry Burkart, Marco Chiesa, Molina, Nicolo Paganini, Katharina Carlo Sommaruga, Heidi Z'graggen Prelicz-Huber, Andri Silberschmidt (bis29.5.2022), Daniela Schneeberger (neu seit 30.5.2022), Marianne StreiffFeller (bis 16.8.2022), Lilian Studer (neu seit 17.8.2022) Subkommissionen EFD/WBF Yvonne Feri (Präsidentin), Marianne Othmar Reichmuth (Präsident), Maya Binder-Keller, Prisca Birrer-Heimo, Graf, Charles Juillard, Matthias Michel, Thomas de Courten, Stefan Müller-Al- Hans Stöckli termatt, Katharina Prelicz-Huber, Daniela Schneeberger (neu seit 30.5.2022), Andri Silberschmidt (bis 29.5.2022), Erich von Siebenthal, Manuela Weichelt Subkommissionen EDI/UVEK Thomas de Courten (Präsident) Angelo Barrile, Katja Christ, Alois Huber, Christian Imark, Matthias Samuel Jauslin, Priska Seiler Graf, Marianne Streiff-Feller (bis 16.8.2022), Lilian Studer (neu seit 17.8.2022), Michael Töngi

Marco Chiesa (Präsident), Elisabeth Baume-Schneider, Matthias Michel, Othmar Reichmuth, Heidi Z'graggen

Subkommissionen Gerichte/BA Manuela Weichelt (Präsidentin), Hans Stöckli (Präsident), Thierry Marianne Binder-Keller, Prisca Birrer- Burkart, Marco Chiesa, Daniel Fässler, Heimo, Katja Christ, Yvette Estermann, Carlo Sommaruga Erich Hess, Christian Imark, Isabelle Pasquier-Eichenberger, Laurent Wehrli GPDel Maya Graf (Präsidentin), Philippe Bauer, Yvonne Feri (Vizepräsidentin), Alfred Heer, Stefan Müller-Altermatt, Werner Salzmann

14 / 114

BBl 2023 579

Arbeitsgruppe Risikomanagement Bund (nur GPK-Mitglieder) Prisca Birrer-Heimo (Präsidentin), Manuela Weichelt, Yvonne Feri, Matthias Michel (Vizepräsident), Werner Salzmann, Othmar Reichmuth, Ursula Schneider Schüttel (Mitglied FinDel) Arbeitsgruppe Hochseeschifffahrts-Bürgschaften Yvonne Feri (Präsidentin), Thomas de Courten, Maya Graf, Charles Juillard, Matthias Michel, Othmar Reichmuth, Daniela Schneeberger (neu seit 30.5.2022), Andri Silberschmidt (bis 29.5.2022), Hans Stöckli, Erich von Siebenthal, Manuela Weichelt

3

Arbeiten der GPK im Jahr 2022

In diesem Kapitel informieren die GPK über Themen und Geschäfte, mit denen sie sich im Berichtsjahr befasst haben, unter speziellen Berücksichtigung jener, welche nicht schon in irgendeiner Art veröffentlicht wurden. Für die Geschäfte, zu denen während des Jahres ein Bericht, eine Medienmitteilung oder andere Unterlagen publiziert wurden, verweisen die GPK auf die entsprechenden Publikationen, die in folgender Tabelle aufgelistet werden (Ausnahme: Die Veröffentlichungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Inspektion finden sich im Kap. 4).

3.1

Veröffentlichung im Jahr 2022

Veröffentlichte Berichte und Medienmitteilungen der GPK Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Controlling von Offset-Geschäften

Bericht der GPK-S vom 25. Januar 2022 (BBl 2022 261)

Controlling von Offset-Geschäften erlaubt keine relevante Aussage zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie

Medienmitteilung der GPK-S vom 25. Januar 2022

Jahresbericht 2021 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte

Bericht der GPK-N/S vom 25.

Januar 2022 (BBl 2022 513)

Jahresbericht 2021 der GPK und der GPDel sowie Jahresprogramm 2022

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 27. Januar 2022

Informatiksicherheit RUAG ­ Situation 2021

Bericht der GPK-N vom 18. Februar 2022 (BBl 2022 491) 15 / 114

BBl 2023 579

Thema

Veröffentlichte Unterlagen

RUAG: GPK-N erachtet die Reaktion Medienmitteilung der GPK-N vom 22. Februar 2022 der zuständigen Bundesstellen auf den mutmasslichen Hackerangriff vom Mai 2021 als angemessen, fordert aber zusätzliche Sicherheitsmassnahmen vor einem Verkauf von Unternehmensteilen Adressierungsprobleme bei Radiound Fernsehabgabe: GPK-S begrüsst Verbesserungen trotz weiterhin offener Punkte

Medienmitteilung der GPK-S vom 24. Mai 2022

Transformation der EZV in das BAZG: rechtliche Aspekte und Zweckmässigkeit

Bericht der GPK-S vom 23. Mai 2022 (BBl 2022 1702)

Zollverwaltung: Zweckmässigkeit gewisser Aspekte der Reorganisation in politischer Hinsicht fragwürdig

Medienmitteilung der GPK-S vom 30. Mai 2022

Abklärungen zur versuchten Erpressung Bericht der GPK-N/S vom 14. Juni 2022 von Bundesrat Alain Berset (BBl 2022 2083) Abklärungen der GPK zur versuchten Medienmitteilung der GPK-N/S Erpressung von Bundesrat Alain Berset vom 14. Juni 2022 Grundwasserschutz in der Schweiz

Bericht der GPK-N vom 28. Juni 2022 (BBl 2022 1771)

Grundwasserschutz: Angesichts der Vollzugsdefizite erwartet die GPK-N aktiveres Eingreifen des Bundesrates

Medienmitteilung der GPK-N vom 30. Juni 2022

Evaluationsverfahren Neues Kampfflugzeug

Bericht der GPK-N vom 9. September 2022 (BBl 2022 2484)

Neues Kampfflugzeug: Die GPK-N beurteilt das Evaluationsverfahren als rechtmässig, kritisiert aber, dass der Bundesrat seinen Handlungsspielraum von Beginn an unnötigerweise einschränkte

Medienmitteilung der GPK-N vom 9. September 2022

Planung und Aufbau der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts

Bericht der GPK-N/S vom 20. September 2022 (BBl 2022 2429)

16 / 114

BBl 2023 579

Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Abklärungen der GPK zur Planung Medienmitteilung der GPK-N/S vom und zum Aufbau der Berufungskammer 22. September 2022 des Bundesstrafgerichts Sicherstellung der Unabhängigkeit von Bericht der GPK-S vom 21. Oktober 2022 Aufsichts- und Regulierungsbehörden (BBl 2022 2979) der dezentralen Bundesverwaltung: Stand der Umsetzung der Empfehlungen der GPK-S Unabhängigkeit der Aufsichts- und Medienmitteilung der GPK-S vom 24. Oktober 2022 Regulierungsbehörden: Trotz Fortschritten müssen die Vorgaben nach Ansicht der GPK-S stärker harmonisiert werden Ausserparlamentarische Verwaltungskommissionen

Bericht der GPK-S vom 15. November 2022 (BBl 2022 3006)

Ausserparlamentarische Verwaltungs- Medienmitteilung der GPK-S vom 17. November 2022 kommissionen: Handlungsbedarf bei den Einsetzungsverfügungen und der Überprüfung im Rahmen der Gesamterneuerung

3.2

Bereich EDA/VBS

Die GPK-N hat im Jahr 2022 im Bereich EDA/VBS verschiedene grössere Untersuchungen abgeschlossen und jeweils in einem Bericht über ihre Erkenntnisse informiert (Berichte zur Maskenbeschaffung in der ersten Phase der Covid-19-Pandemie, zur Informatiksicherheit RUAG und zum Evaluationsverfahren des neuen Kampfflugzeugs [NKF], vgl. dazu Kap. 3.1).

Um die Untersuchung zum Evaluationsverfahren NKF möglichst rasch vorantreiben und abschliessen zu können, wurden Anfang 2022 verschiedene Massnahmen getroffen. Die GPK-N bzw. ihre für die Untersuchung zuständige Subkommission stellte bis im Herbst 2022 alle übrigen Geschäfte zurück. Gleichzeitig verzichtete die GPK-S bzw. deren Subkommission EDA/VBS im ersten Halbjahr 2022 auf Sitzungen und Abklärungen, so dass die Ressourcen ihres Sekretariats in dieser Zeit vollumfänglich für die Inspektion zum Evaluationsverfahren NKF eingesetzt werden konnten.

Der Fokus auf die Inspektion zum Evaluationsverfahren NKF und die oben erwähnten Massnahmen führten dazu, dass fast alle anderen Themen zurückgestellt und noch nicht abgeschlossen wurden, so dass im Folgenden lediglich über ein Dossier berichtet werden kann.

17 / 114

BBl 2023 579

Die ständerätliche Subkommission führte ab dem 29. Juni 2022 wieder regulär Sitzungen durch, während die nationalrätliche Subkommission ab Oktober 2022 den aufgeschobenen Geschäften nachging. Die Berichterstattung zu diesen Arbeiten wird im Jahresbericht 2023 erfolgen.

3.2.1

Nachkontrolle zur Inspektion über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee

Im Rahmen ihrer zweiten Nachkontrolle zur Inspektion der GPK-N über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee18 konzentrierte sich die GPK-N auf verschiedene Fragen im Zusammenhang mit der Durchführung von Personensicherheitsprüfungen (PSP).19 Da einige dieser Fragen mit der Schaffung des Informationssicherheitsgesetzes (ISG)20 verknüpft waren und diese mehrmals verzögert wurden, lief auch die Nachkontrolle über mehrere Jahre. In dieser Zeit wurde die Kommission auf neue Fragestellungen aufmerksam, u.a. betreffend die Archivierung der Daten aus den PSP und betreffend Zuständigkeiten der Fachstellen PSP im Generalsekretariat (GS) des VBS und in der BK. Die GPK-N nahm diese Themen daher bei ihren Abklärungen ebenfalls auf.

Ende 202121 kam die GPK-N zum Schluss, dass die aufgeworfenen Fragen geklärt sind. Sie stellte fest, dass die Durchführung der PSP und die Zuständigkeiten dafür heute klar geregelt sind. Mit dem ISG, der Verordnung über die PSP22 und den departementalen Vorgaben bestehen zweckmässige Regelungen. Durch die beiden Fachstellen PSP im Generalsekretariat des VBS und in der BK ist gewährleistet, dass diese unabhängig prüfen können und keine Interessenskonflikte bestehen. Schliesslich nahm die Kommission zur Kenntnis, dass die BK und das Bundesarchiv (BAR) im Herbst 2020 definiert haben, welche Personendaten bzw. Unterlagen als archivwürdig einzustufen sind; diese Regelung gilt auch für die Akten zu PSP des VBS. Die GPK-N hat daher entschieden, ihre Nachkontrolle und das Dossier endgültig abzuschliessen.

18 19 20 21 22

Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee, Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 (BBl 2009 3425).

Die Ergebnisse der ersten Nachkontrolle zu dieser Inspektion wurden 2013 veröffentlicht (BBl 2013 6241).

Bundesgesetz vom 18.12.2020 über die Informationssicherheit beim Bund (Informationssicherheitsgesetz, ISG; SR 128).

Weil die Nachkontrolle erst spät im Jahr 2021 abgeschlossen wurde, war eine Berichterstattung im Jahresbericht 2021 nicht mehr möglich und wird nun hier nachgeholt.

Verordnung vom 4.3.2011 über die Personensicherheitsprüfungen (PSPV, SR 120.4).

18 / 114

BBl 2023 579

3.3

Bereich EFD/WBF

3.3.1

Reglementierung des Börsenhandels mit Kryptowährungen

Die GPK-N schloss im Berichtsjahr ihre Arbeiten zum Thema der Reglementierung des Börsenhandels mit Kryptowährungen ab, die sie nach einer Aufsichtseingabe im Mai 2021 aufgenommen hatte. Diese Eingabe unterstützte zum einen die Eingabe der Stiftung Greenpeace Schweiz von 2020 betreffend den Umgang mit den klimabedingten Finanzrisiken, über deren Bearbeitung die GPK-N in ihrem Jahresbericht 202123 Bericht erstattet. Zum anderen wurde in der Eingabe die Ansicht vertreten, dass Kryptowährungen nicht die rechtlichen Voraussetzungen für den Börsenhandel erfüllen, insbesondere deshalb nicht, weil nicht erkennbar ist, wer diese Währungen ins Leben gerufen oder herausgegeben hat. Die GPK-N holte 2021 und 2022 zu diesem zweiten Aspekt Informationen bei der Finanzmarktaufsicht (FINMA) und beim EFD ein.

Das Finanzmarktrecht findet in der Schweiz grundsätzlich unabhängig von der verwendeten Technologie Anwendung (Technologieneutralität). Gemäss Geldwäschereigesetz (GwG)24 unterliegt ein Schweizer Finanzintermediär, der für Dritte Kryptowährungen aufbewahrt oder bei deren Transfer behilflich ist, denselben Pflichten, die auch in Bezug auf Fiatwährungen wie den Schweizer Franken gelten, darunter auch die Pflicht zur Identifizierung der wirtschaftlich berechtigten Personen. Um die erkannten spezifischen Risiken25 im Bereich der Kryptowährungen zu verringern, wurden verschiedene gesetzgeberische Massnahmen ergriffen, die 2021 in Kraft traten.26 Im Übrigen ist zu unterscheiden zwischen dem Börsenhandel von Finanzinstrumenten in Zusammenhang mit Kryptowährungen, dem Börsenhandel von Finanzinstrumenten in Zusammenhang mit der Technologie verteilter elektronischer Register (DLT)27 oder der Blockchain-Technologie28 sowie der Verwendung und dem Handel von Kryptowährungen.

In Bezug auf den Börsenhandel von Finanzinstrumenten in Zusammenhang mit Kryptowährungen ist festzuhalten, dass Effekten im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b des

23 24 25

26 27

28

Jahresbericht der GPK und der GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 3.2.4).

Bundesgesetz vom 10.10.1997 über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (Geldwäschereigesetz, GwG; SR 955.0).

Siehe insbesondere zweiter nationaler Bericht über die Risiken der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung, Medienmitteilung des SIF vom 29.10.2021, www.sif.admin.ch > Dokumentation > Fachdokumentation > Zweiter nationaler Bericht über die Risiken der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung.

Bundesgesetz vom 25.9.2020 zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (DLT, AS 2021 33).

Ein verteiltes Register ist ein Register, das gleichzeitig in einem Computernetzwerk gespeichert und synchronisiert ist und sich durch das Hinzufügen neuer unveränderlicher und unlöschbarer Informationen, die zuvor vom gesamten Netzwerk validiert wurden, weiterentwickelt; Übersetzung, https://vitrinelinguistique.oqlf.gouv.qc.ca (Stand: 31.10.2022).

Der Ausdruck Technologie verteilter Register (Distributed-Ledger-Technologie, DLT) umfasst verschiedene Systeme, die verteilte Register nutzen. Die Blockchain-Technologie ist eine der möglichen Formen der Datenspeicherung in einem solchen System.

19 / 114

BBl 2023 579

Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG)29 und DLT-Effekten im Sinne von Artikel 2 Buchstabe bbis FinfraG zum Handel zugelassen und an Handelsplätzen30, die der FINMA-Aufsicht unterstehen, gehandelt werden können (vgl. Art. 26 Bst. b FinfraG).

Kryptowährungen sind weder Effekten noch DLT-Effekten und können deshalb aktuell nicht an Schweizer Börsen gehandelt werden.

Das DLT-Gesetz, das seit dem 1. August 2021 vollständig in Kraft ist, hat allerdings die Möglichkeit geschaffen, Token in der Form von Registerwertrechten im Sinne von Artikel 973d des Obligationenrechts (OR)31 herauszugeben. Diese Wertrechte können als Effekten im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b FinfraG betrachtet werden. So ist es möglich, Effekten in Form von Blockchain-Tokens herauszugeben und diese an DLTHandelsplätzen zu handeln, zu verwahren und abzurechnen (gemäss Artikel 73a ff.

FinfraG).32 Es gelten die gleichen Zulassungsvoraussetzungen wie für andere Effekten, d. h. auch die Pflicht zur Erkennbarkeit des Emittenten bzw. der Emittentin. DLTHandelssysteme müssen von der FINMA bewilligt werden; bislang hat die FINMA jedoch noch kein solches DLT-Handelssystem bewilligt.

Die blosse Nutzung von Kryptowährungen als Zahlungsmittel für Waren und Dienstleistungen ist in der Schweiz nicht reguliert. Es braucht dafür also keine spezielle Bewilligung. Aus Sicht der FINMA steigt mit der Verbreitung von Kryptowährungen das Risiko, dass diese für die Finanzierung illegaler Aktivitäten, wie Geldwäscherei, verwendet werden. Das EFD ist allerdings der Ansicht, dass Kryptowährungen bislang kaum als Zahlungsmittel eingesetzt werden und deshalb keine weitergehende Reglementierung notwendig ist. Es verweist zudem auf Artikel 305 des Strafgesetzbuches33, der Handlungen unter Strafe stellt, die geeignet sind, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, von denen bekannt oder zu vermuten ist, dass sie aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kryptowährungen nicht an Handelsplätzen gehandelt werden, die der Aufsicht der FINMA unterstehen. An der Börse gehandelt werden hingegen Finanzinstrumente mit Bezug zu Kryptowährungen, sogenannte Exchange Trades Products (ETP)34. Für diese gelten die Zulassungsvoraussetzungen, welche in den Reglementen der Börsen definiert sind, inklusive der Vorgaben zur Transparenz betreffend Emittentinnen und Emittenten.

29 30

31 32

33 34

Bundesgesetz vom 19.6.2015 über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (Finanzmarkinfrastrukturgesetz, FinfraG, SR 958.1).

Handelsplatz im Sinne von Artikel 26 FinfraG sind alle Börsen oder multilateralen Handelssysteme. Eine Börse ist eine Einrichtung zum multilateralen Handel von Effekten, an der Effekten kotiert werden, wohingegen multilaterale Handelssysteme keine Kotierung kennen.

Bundesgesetz vom 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) [OR; SR 220].

Diese Blockchain-Token können hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Funktion wie eine Aktie, Obligation oder ein derivatives Finanzinstrument gewertet werden und sind von den Kryptowährungen im engeren Sinne zu unterscheiden.

Strafgesetzbuch vom 21.12.1937 (SR 311.0).

Ein ETP oder an der Böse gehandeltes Produkt ist ein an einer nationalen Börse erworbenes Wertpapier. Die ETP können aktiv verwaltet werden, bilden aber oft die Kursentwicklung von anderen Finanzinstrumenten wie Indizes, Aktien, Rohstoffen oder eben Kryptowährungen ab.

20 / 114

BBl 2023 579

Im Zusammenhang mit der Frage nach der Erkennbarkeit der Person, die eine Kryptowährung ins Leben gerufen oder herausgegeben hat, ist festzuhalten, dass neue Kryptowährungen durch Mining35 oder Initial Coin Offering (ICO)36 geschaffen oder herausgegeben werden können. Das Mining ist im Finanzmarktrecht nicht geregelt.

Die Herausgabe von Kryptowährungen via ein ICO gilt unter Schweizer Recht hingegen als finanzintermediäre Dienstleistung, weshalb die Dienstleistungsanbietenden die entsprechenden Pflichten aus dem Geldwäschereigesetz einzuhalten haben. Auch dem Geldwäschereigesetz unterstellt sind Dienstleistungen wie der Wechsel oder Zahlungsdienstleistungen in Zusammenhang mit Kryptowährungen. Die Sammelverwahrung von Kryptowährungen erfordert zudem eine Bewilligung als Bank oder eine Finanztechnologie (Fintech)-Lizenz gemäss Artikel 1b des Bankengesetzes (BankG)37. Die Kundinnen und Kunden von solchen Schweizer Dienstleistern müssen identifiziert werden. Eine Ausnahme besteht nur für den Wechsel von Kryptowährungen unter 1000 Franken mit Laufkundinnen bzw. -kunden (z. B. über Bitcoin-Automaten). Dieser Schwellenwert entspricht dem von der Financial Action Task Force (FATF) empfohlenen internationalen Standard und wurde ins Schweizer Recht überführt. Finanzintermediäre Dienstleistungen mit Bezug zu Kryptowährungen sind nicht in allen Rechtsordnungen reguliert und nicht jede solche Dienstleistung kann eindeutig einer verantwortlichen Person zugewiesen werden. Dies führt laut FINMA zu einer grösseren Anonymität und erhöht das Geldwäscherei-Risiko.

Die GPK-N ist angesichts der Erläuterungen der FINMA und des EFD der Ansicht, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausgabe und den Handel von Kryptowährungen unter Schweizer Recht derzeit klar sind. Sie hat zur Kenntnis genommen, dass das geltende Schweizer Finanzmarktrecht nach Auffassung des EFD mit seinem technologieneutralen Ansatz sowohl für die traditionellen Aktiva als auch für Kryptoaktiva einen angemessenen Rahmen bietet. Das EFD sieht aktuell keine Notwendigkeit, Massnahmen gegen die allfälligen Risiken von Kryptowährungen zu ergreifen.

Die GPK-N ist zum Schluss gekommen, dass auch aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht kein Handlungsbedarf besteht, und hat ihre Arbeiten deshalb abgeschlossen. Sie begrüsst aber, dass das EFD ­
namentlich im Rahmen der internationalen Organisationen, in denen die Schweiz Mitglied ist ­ und die FINMA die weiteren Entwicklungen im Auge behalten werden, um allfälligen Handlungsbedarf rasch zu erkennen.

35 36

37

Das Mining ist eine Dienstleistung ­ die Verifizierung eines Blocks aus mehreren Transaktionen ­, für die der Miner entlohnt wird.

Bei einem ICO überweisen die Anlegerinnen und Anleger finanzielle Mittel (üblicherweise in Form von bereits bestehenden Kryptowährungen) an die ICO-Organisatorin bzw. den ICO-Organisator und erhalten im Gegenzug Blockchain-Token.

Bundesgesetz vom 8.11.1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG; SR 952.0).

21 / 114

BBl 2023 579

3.3.2

Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat

Die GPK-N hat 2022 ihre zweite Nachkontrolle zur ihrer auf einer PVK-Evaluation38 basierenden Inspektion von 2013 über die Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat39 abgeschlossen. Die GPK-N hatte damals die Verfahren für die Auswahl und Wahl des obersten Kaders der Bundesverwaltung sowie die Vorbereitung und Präsentation der entsprechenden Bewerbungen durch die verschiedenen Departemente untersucht und sechs Empfehlungen zuhanden des Bundesrates formuliert. Diese Inspektion führte namentlich dazu, dass der Bundesrat eine Weisung über die Wahl des obersten Kaders und das diesbezügliche Verfahren40 verabschiedete.

Nach einer ersten Nachkontrolle, an deren Ende sich die GPK-N zufrieden gezeigt hatte, dass die grosse Mehrheit ihrer Empfehlungen umgesetzt worden war41, leitete die Kommission am 22. Oktober 2021 eine zweite Nachkontrolle ein, in deren Mittelpunkt die Angabe der Interessenbindungen der Kandidatinnen und Kandidaten stand.

Die GPK-N hatte gefordert, dass der Bundesrat präziser und systematischer über diese Interessenbindungen informiert wird.

Die GPK-N stellte fest, dass die Vorlage zur Einreichung von Wahlanträgen an den Bundesrat vervollständigt wurde ­ neu sind darin alle von den Departementen zu liefernden Angaben aufgeführt ­ und dass die einzureichenden Informationen nun ausführlicher und transparenter sind. Laut dem Eidgenössischen Personalamt (EPA) ist die Zahl der unvollständigen Anträge gering. Das Bundesamt erhält alle Anträge und nur in wenigen Fällen muss es die Departemente darauf hinweisen, dass Informationen fehlen und ergänzt werden müssen.

Die GPK-N ist aufgrund der getroffenen Massnahmen zufrieden mit der Umsetzung der Empfehlungen und dem Vollzug der Weisungen. Sie hat daher beschlossen, ihre Arbeiten abzuschliessen und hat dies dem Bundesrat mit Schreiben vom 28. Juni 2022 mitgeteilt.

3.3.3

Probleme beim Transit von Flüchtlingen durch die Schweiz

Die GPK-N schloss im Berichtsjahr ihre Arbeiten zu den Problemen beim Transit von Flüchtlingen durch die Schweiz ab. Sie liess sich vom BAZG darüber informieren, welche Massnahmen das Amt ergriffen hat, nachdem 2014 eine Syrerin, die sich auf dem Transit einer Flüchtlingsgruppe von Vallorbe bis Domodossola in der Obhut des schweizerischen Grenzwachtkorps befand, eine Totgeburt erlitten hatte.

38 39 40

41

Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK vom 20.6.2013 (BBl 2014 2799).

Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der GPK-N vom 15.11.2013 (BBl 2014 2778).

Weisung des Bundesrates vom 28.11.2014 über die Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat (Grundelemente für die Vorbereitung von Wahlgeschäften durch die Departemente und die Bundeskanzlei) (BBl 2014 9737).

Nachkontrolle zur Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Kurzbericht der GPK-N vom 2.4.2019 (BBl 2019 3969).

22 / 114

BBl 2023 579

Die GPK-N nahm Kenntnis vom Urteil des Militärappellationsgerichts 242, das 2020 rechtskräftig geworden war. Sie wurde vom BAZG darüber unterrichtet, dass seither verschiedene Massnahmen ergriffen und einzelne Prozesse angepasst wurden, um die Sicherheit in diesem Bereich zu erhöhen. So werden die Personen seit 2015 mit dem Bus und nicht mehr mit dem Zug befördert. Zudem absolvieren seit mehreren Jahren alle Grenzwächterinnen und Grenzwächter einen zweiwöchigen Rettungs- und ErsteHilfe-Kurs. Ausserdem wurde das Personal 2014 und 2020 für das Notfallkonzept sensibilisiert.

Ferner wurden 2015 mehrere Kontroll- und Aufnahmezentren für die Betreuung von grösseren Flüchtlingsgruppen ausgestattet. Es wurden zusätzliche Ausrüstungsgegenstände wie Rollstühle, Handläufe, Kindersitze, Matratzen, Notfallnahrung und Wickeltische angeschafft. Seit 2016 werden Personen, die nicht sofort rückübernommen werden können, ­ je nach Situation ­ in geeignete Unterkünfte verlegt.

Darüber hinaus wurden Mitarbeitende des BAZG zu «Conversation Leader Migration» (CLM) ausgebildet. Diese mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) konzipierte Spezialistenausbildung beinhaltet sowohl die interkulturelle Kommunikation als auch die spezifische Befragung von Migrantinnen und Migranten. Nach einem Pilotprojekt wurden jährlich bedarfsgerecht weitere Spezialistinnen und Spezialisten ausgebildet und erfolgreich bei den Migrationseinfallsachsen eingesetzt. Im Jahr 2022 zählte das BAZG 150 Mitarbeitende, die nach diesem Konzept ausgebildet wurden. Zudem wurden in Zusammenarbeit mit dem UNHCR Karten mit Piktogrammen erstellt (ärztliche Versorgung, WC, Verpflegung usw.), welche die Migrantinnen und Migranten über den Ablauf der Kontrolle informieren und die Kommunikation erleichtern sollen.

Die GPK-N kam auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen zum Schluss, dass die vom BAZG ergriffenen allgemeinen Massnahmen angemessen sind, weshalb sie entschied, dieses Dossier abzuschliessen.

3.3.4

Interventionen des SECO im Rahmen des konsularischen Schutzes

Im Juli 2022 wurde eine Intervention des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) bei den mexikanischen Behörden zu einer Regulierung der Nahrungsmitteletikettierung aus dem Jahr 2019 von mehreren Organisationen der Zivilgesellschaft kritisiert. Dieses Vorgehen war auch Gegenstand mehrerer parlamentarischer Vorstösse43. Die betroffene gesundheitspolitische Regulierung, welche in der Zwischenzeit in Kraft getreten ist, hat zum Ziel, die Konsumentinnen und Konsumenten auf Produkte aufmerksam zu machen, die zu viel Zucker, Salz oder Fett enthalten, und so gegen die grassierende Fettleibigkeit in Mexiko vorzugehen. Ausgehend von diesem Einzelfall 42 43

Urteil des Militärappellationsgerichts 2 17 900031 vom 5. und 6.11.2018 (nicht veröffentlicht).

Ip. Fehlmann Rielle «Ernährung. Wenn die Schweiz die Verabschiedung von Vorschriften verhindern will, die die südamerikanische Bevölkerung vor Fettleibigkeit schützen» vom 15.9.2022 (22.3924); Ip. Arslan «Alleingang des SECO gegen Warnhinweise auf Junk Food in Mexiko» vom 30.9.2022 (22.4242).

23 / 114

BBl 2023 579

liess sich die GPK-N über die Rechtsgrundlagen und die allgemeine Praxis des SECO bei Interventionen im Rahmen des konsularischen Schutzes orientieren.

Laut BV44 wahrt der Bund die Interessen der schweizerischen Wirtschaft im Ausland.

Im Rahmen des konsularischen Schutzes ­ der insbesondere im Auslandschweizergesetz (ASG) und in der Auslandschweizerverordnung (V-ASG)45 verankert ist ­ hilft der Herkunftsstaat seinen Staatsangehörigen, ihre Rechte gemäss der Rechtsordnung des Aufenthaltsstaates wahrzunehmen. Der Herkunftsstaat ­ im vorliegenden Fall die Schweiz ­ handelt hierbei im Namen und Auftrag seiner Staatsangehörigen. Die Schweizer Vertretungen im Ausland bieten konsularischen Schutz, indem sie zum Beispiel bei den zuständigen Behörden des Aufenthaltsstaates vorstellig werden. Der konsularische Schutz kann sowohl natürlichen als auch juristischen Personen gewährt werden, sofern sie eine hinreichende Verbindung zur Schweiz haben.46 Es besteht kein Rechtsanspruch auf konsularischen Schutz (Art. 43 Abs. 1 ASG). Eine Intervention der Schweiz im Rahmen ausländischer Gerichtsverfahren ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Bei juristischen Personen entscheidet das SECO über Gewährung, Umfang und Beschränkung des konsularischen Schutzes (Art. 47 V-ASG). Dieser ist subsidiär (Art. 42 ASG), d. h., er wird nur gewährt, wenn die natürlichen und juristischen Personen im Ausland nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu wahren. Die Interventionsmodalitäten des SECO sind in einschlägigen Leitlinien47 geregelt. Diese Interventionen müssen wettbewerbsneutral und verhältnismässig sein. Im Einzelfall entscheidet das WBF im Einvernehmen mit dem EDA über die Gewährung von konsularischem Schutz für Unternehmen. Dabei wird den wirtschafts-, aussen- und sozialpolitischen Interessen, dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit sowie dem kulturellen Kontext und der Reputation des Unternehmens Rechnung getragen.

Bei Ersuchen um konsularischen Schutz von Seiten der Unternehmen führt das SECO eine Einzelfallprüfung durch und interveniert nur bei Anliegen, die für die Schweiz von öffentlichem Interesse sind. Die entsprechenden Überlegungen finden in Absprache mit dem EDA und den Schweizer Vertretungen vor Ort, insbesondere mit den Wirtschaftsattachés, statt. Nach Kenntnisnahme der Einschätzungen der einzelnen Verwaltungseinheiten
wird eine Interessenabwägung vorgenommen.

Im Zusammenhang mit der mexikanischen Regulierung intervenierte das SECO auf Ersuchen des Unternehmens Nestlé SA im Rahmen der Welthandelsorganisation

44 45

46

47

Art. 101 Abs. 1 BV Bundesgesetz vom 26.9.2014 über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland (Auslandschweizergesetz, ASG; SR 195.1); Verordnung vom 7.10.2015 über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland (Auslandschweizerverordnung, V-ASG; SR 195.11).

Damit juristischen Personen konsularischer Schutz gewährt werden kann, müssen diese dem Schweizer Recht unterstehen, nach dessen Vorschriften organisiert sein und das Zentrum ihrer tatsächlichen Verwaltung in der Schweiz haben. Subsidiär kann der konsularische Schutz juristischen Personen im Ausland gewährt werden, wenn diese von einem oder einer Schweizer Staatsangehörigen oder von einer Schweizer juristischen Person kontrolliert werden; siehe diesbezüglich Art. 40 ASG.

Leitlinie des SECO vom 20.10.2017 «Interessenwahrung von schweizerischen Unternehmen im Ausland» (nicht veröffentlicht).

24 / 114

BBl 2023 579

(WTO), nachdem Mexiko eine Notifikation48,49 an den Ausschuss für technische Handelshemmnisse (Committee on Technical Barriers to Trade, CTBT) gerichtet hatte.

Das SECO teilte der GPK-N mit, dass die Schweiz die Anliegen und Absicht Mexikos, die öffentliche Gesundheit zu schützen und transparente Information an Konsumentinnen und Konsumenten sicherzustellen, unterstützt, aber ­ wie andere Mitglieder50 ­ die internationalen Standards und wissenschaftlichen Grundlagen, auf welche sich Mexiko stützte, um diese technische Vorschrift zur Nahrungsmitteletikettierung durchzusetzen, infrage stellt. Die Schweiz erkundigte sich zudem, ob Alternativen in Betracht gezogen wurden, wie die Risiken beurteilt wurden und ob eine Übergangsfrist für die Unternehmen vorgesehen ist. Mit diesem multilateralen Verfahren im Rahmen der WTO soll sichergestellt werden, dass sich technische Vorschriften nicht negativ auf den Handel auswirken und verhältnismässig sind. Die Stellungnahme der Schweiz zur mexikanischen Regulierung51 ist öffentlich und kann ­ wie alle anderen Stellungnahmen der Schweiz im Rahmen der WTO ­ online eingesehen werden.

Die GPK-N zeigt sich nach diesen Abklärungen mit den Antworten des SECO zufrieden. Sie erachtet die Rechtsgrundlagen als klar und die Rahmenbedingungen für solche Interventionen des SECO als angemessen. Aus diesen Gründen hat sie ihre Arbeiten in diesem Dossier abgeschlossen.

3.4

Bereich EDI/UVEK

3.4.1

Lokpersonalmangel bei der SBB

Die GPK-N setzte ihre 2021 begonnenen Arbeiten52 zum Lokpersonalmangel bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) im Berichtsjahr fort und schloss diese letztlich ab.

Die Vertreterinnen und Vertreter der SBB hatten der Kommission im April 2021 versichert, den Mangel an Lokführerinnen und Lokführern dank einer aktiven Rekrutierungskampagne verringert zu haben. Dennoch mussten im Herbst 2021 wegen des weiterhin bestehenden Lokpersonalmangels erneut mehrere Zugverbindungen in der Genferseeregion gestrichen werden. Die GPK-N beschloss deshalb, sich erneut mit diesem Dossier zu befassen und weitere Abklärungen vorzunehmen.

48

49

50

51

52

Gemäss internationalen Abkommen muss die Verabschiedung oder Änderung technischer Vorschriften den WTO-Mitgliedern mitgeteilt werden. Diese Mitteilung wird als «Notifikation» bezeichnet. Notifikationen dienen als Information der Anspruchsgruppen.

Insbesondere die Industrie kann sich so auf das Inkrafttreten einer Vorschrift vorbereiten.

Notifikation G/TBT/N/MEX/178/Add.9 Mexikos vom 14.10.2019 zuhanden des CTBT der WTO, https://eping.wto.org > Search > Notifications & trade concerns (Stand 15.11.2022).

Im Februar 2020 waren dies die Mitgliedstaaten der Europäische Union, die USA, Costa Rica und Guatemala, im Mai 2020 schlossen sich El Salvador und Kanada diesen WTO-Mitgliedern an. Die Diskussionen über diese Norm wurden im CTBT fortgesetzt.

Die letzte Sitzung zu dieser Angelegenheit fand im Juli 2022 statt.

Mexiko ­ Draft Amendment to Mexican Official Standard NOM-051-SCFI/SSA1-2010: General specifications for the labelling of pre-packed food and non-alcoholic beverages (ID 608), www.eping.wto.org > Search > Trade concerns (Stand 15.11.2022).

Jahresbericht 2021 der GPK und der GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 3.8.2).

25 / 114

BBl 2023 579

Im Februar 2022 hörte die Kommission eine Delegation der SBB zu diesem Thema an. Die Vertretung des Unternehmens räumte erneut ein, dass der Mangel auf interne Planungsfehler zurückzuführen sei. Ein Audit zeigte, dass sich die SBB in der Vergangenheit in Bezug auf die Auswirkungen bestimmter Bauarbeiten und Grossanlässe auf den Personalbedarf zu optimistisch gezeigt und die Zahl der Krankheitstage des Lokpersonals unterschätzt hatte. Der Chief Executive Officer (CEO) der SBB erklärte, dass in Sachen Personalplanung verschiedene Massnahmen ergriffen worden sind, um zu verhindern, dass sich solche Fehler wiederholen.

Die SBB nannte der Subkommission auch die Gründe für die Streichung von Zugverbindungen in der Genferseeregion im Herbst 2021 und machte dafür neben den bereits erwähnten Planungsproblemen auch einen erhöhten Krankenstand, durch die Covid19-Pandemie bedingte Verzögerungen bei der Ausbildung des Nachwuchses und die Einführung von neuem ausbildungsintensiven Rollmaterial für den grenzüberschreitenden Schienenverkehr verantwortlich. Laut SBB konnte die Situation ab November 2021 mit dem Abschluss neuer Ausbildungsklassen von Lokführerinnen und Lokführern verbessert werden.

Allgemein versicherte die SBB, dass sich die Lage bei den Lokführerinnen und Lokführern entspannt. Die Unternehmensvertretung teilte mit, dass die Ausbildungsklassen dank der Rekrutierungskampagne voll sind, 260 Personen im Jahr 2022 ihre Lokpersonalausbildung abschliessen und im Laufe des Jahres ein Personalbestand erreicht werden sollte, mit dem der Gesamtschweizer Personalbedarf gedeckt werden kann. Ausserdem wurde die Absicht erklärt, Zeitguthaben abzubauen und das Lokpersonal zur Erhöhung der Einsatzflexibilität auf mehr Fahrzeugarten und Strecken zu schulen. Im Weiteren wurde versichert, dass der Lokführerberuf attraktiv bleibt und sehr nachgefragt ist.53 Zu den bestehenden Herausforderungen gehören laut SBB der geringe Frauenanteil und die schwierige Vereinbarkeit der Teilzeit- und Arbeitszeitwünsche der Mitarbeitenden mit den betrieblichen Anforderungen.

Die GPK-N nahm im November 2022 eine erneute Standortbestimmung vor. Sie nahm Kenntnis davon, dass in der Zwischenzeit keine Bahnverbindungen mehr wegen Lokpersonalmangel gestrichen werden mussten. Die SBB teilte mit, dass die Rekrutierungskampagne weiterhin
Früchte trägt, der Personalbestand den Erwartungen entspricht und die Situation schweizweit gesehen grundsätzlich ausgeglichen ist. Per Ende September 2022 belief sich der Lokpersonalbestand auf 2477 Vollzeitäquivalente (VZÄ), d. h. 89 VZÄ mehr als im Jahr zuvor. Die SBB kündigte an, dass per Ende 2023 ein Bestand von 2561 VZÄ angestrebt wird. Die GPK-N nahm zur Kenntnis, dass der hohe Krankenstand in der Region Genf nach wie vor Probleme bereitet und dass hierzu Abklärungen im Gange sind. Im Übrigen führte eine Baustelle im Raum Basel zu zusätzlichem Personalbedarf. Der Bedarf sollte spätestens im Herbst 2023 mit dem Abschluss zusätzlicher Ausbildungsklassen gedeckt werden können.

Im Bereich des Güterverkehrs steht laut SBB ausreichend Personal zur Verfügung (rund 500 Lokführerinnen und Lokführer sowie 1000 Rangier-Angestellte). Die grössten Herausforderungen in diesem Bereich sind, wie die SBB der Kommission mitteilte, zahlreiche anstehende Pensionierungen und die geringe Attraktivität des Rangierberufs.

53

Laut SBB sind innert zwei Jahren mehr als 16 500 Bewerbungen eingegangen.

26 / 114

BBl 2023 579

Die GPK-N ist zum Schluss gekommen, dass die SBB der Behebung des Lokpersonalmangels grosse Priorität einräumt und dass die Entwicklung grundsätzlich positiv zu sein scheint. Sie hält fest, dass nach wie vor einige Herausforderungen bestehen, das Unternehmen diese aber proaktiv angeht. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission beschlossen, ihre Arbeiten in diesem Dossier abzuschliessen. Sie wird sich an ihren jährlichen Sitzungen betreffend die Erfüllung der strategischen Ziele der SBB weiterhin punktuell über die Lageentwicklung informieren.

3.4.2

Tätigkeiten der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle

Die GPK-N setzte im Berichtsjahr ihre 2020 begonnenen Arbeiten54 betreffend die Tätigkeiten der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) fort. Die SUST ist eine ausserparlamentarische Kommission, die den Auftrag hat, Unfälle und Zwischenfälle im Verkehrswesen zu untersuchen. Die SUST verfügt entsprechend dem gesetzgeberischen Willen über eine grosse Unabhängigkeit, die in der Verordnung über die Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen (VSZV)55 konkretisiert wird. Die GPK zeigen sich gemäss ihren Handlungsgrundsätzen sehr zurückhaltend bei der Wahrnehmung ihrer Oberaufsicht über solche verselbstständigten Einheiten und äussern sich insbesondere nicht zu operativen Fragen im Zusammenhang mit einzelnen Untersuchungen der SUST.

Die Kommission hatte 2021 dem UVEK und der SUST ­ ausgehend von dem Zugunfall in Baden56 und dem Absturz der «Ju-52» der Fluggesellschaft «Ju-Air»57 ­ ihr Zwischenfazit zu vier allgemeinen Aspekten58 zukommen lassen. Im Frühjahr 2022 informierte das UVEK die Kommission über den Stand der Arbeiten in diesem Bereich. Das Departement erklärte unter anderem, dass das Thema der Verwendung von SUST-Berichten für Strafuntersuchungen als Teilaspekt der «Just Culture»59

54 55 56 57 58

59

Jahresbericht 2021 der GPK und der GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 3.8.4 und 3.8.5).

Verordnung vom 17.12.2014 über die Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen (VSZV; SR 742.161).

Im August 2019 starb ein SBB-Mitarbeiter bei der Abfahrt eines Zuges aus dem Bahnhof Baden (AG) aufgrund eines defekten Einklemmschutzes einer Türe.

Beim Absturz der Maschine «Ju-52» der Gesellschaft «Ju-Air» in der Nähe von Flims (GR) kamen im August 2018 17 Passagiere und 3 Besatzungsmitglieder ums Leben.

Namentlich: Verfahren zur Meldung von Zwischenfällen im Verkehrswesen, Verwendung der SUST-Berichte für Strafuntersuchungen, Nachverfolgung der Umsetzung der SUST-Empfehlungen im Bereich des Luftverkehrs, Funktion des «Civil Aviation Safety Office». Mehr hierzu siehe Jahresbericht 2021 der GPK und der GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 3.8.4).

Unter der «Just Culture» (auch Redlichkeits-, Fehler- oder Sicherheitskultur), die in bestimmten Bereichen mit hohem Gefahrenpotenzial zu Anwendung kommt (z. B. zivile Luftfahrt oder Atomsicherheit), versteht man den Ansatz, unmittelbar Beteiligte oder andere Personen nicht für ihre Handlungen, Unterlassungen oder Entscheide zu bestrafen, wenn diese gemessen an ihrer Erfahrung und Ausbildung verhältnismässig waren. Auf diese Weise sollen Bedingungen geschaffen werden, in denen Zwischenfälle gemeldet werden und so auf eine Verbesserung der Sicherheitslage hingearbeitet werden kann.

27 / 114

BBl 2023 579

angesehen und im Rahmen der Arbeiten in Erfüllung des Postulats 20.346360 geprüft wird. Im Weiteren teilte es mit, dass es vorhat, im Rahmen einer Revision der VSZV zu prüfen, ob die Regeln für die Nachverfolgung der Umsetzung der SUSTEmpfehlungen der Klärung bedürfen. Die GPK-N wird sich weiterhin über den Stand dieser Arbeiten informieren.

Die GPK-N erhielt 2022 mehrere Aufsichtseingaben von Akteuren aus dem Verkehrswesen, namentlich aus dem Bereich der Leichtaviatik, welche die Tätigkeiten der SUST betrafen. In diesen Eingaben wurde das Vorgehen der SUST bei ihren Sicherheitsuntersuchungen, die Fachkenntnisse der SUST und die Qualität ihrer Berichte bemängelt. Ebenfalls kritisiert wurde, dass sich die SUST in ihren Unfallberichten unrechtmässigerweise zu Schuld und Haftung äussere, was Auswirkungen auf allfällige hängige Strafverfahren habe. Die GPK-N ersuchte das UVEK und die SUST, zu dieser Kritik Stellung zu nehmen. Zudem nahm sie Kenntnis von verschiedenen Dokumenten, darunter ein Peer-Review-Bericht, der Ende 2019 im Rahmen des «European Network of Civil Aviation Safety Investigation Authorities» (ENCASIA) über die SUST erstellt worden war.

Die Kommission erkannte nach der Analyse der ihr vorliegenden Informationen keine konkreten und stichhaltigen Hinweise auf Mängel, die das ordnungsgemässe Funktionieren der SUST im Allgemeinen gefährden könnten. Sie kam zum Schluss, dass die SUST in ihrer Stellungnahme auf überzeugende Weise auf die Kritikpunkte der Eingaben eingegangen war. Das UVEK wiederum teilte mit, keine systemischen Mängel bei der SUST erkennen zu können und die in den Eingaben geäusserten Vorwürfe nicht zu teilen. Die GPK-N nahm ausserdem zur Kenntnis, dass die Peer-Review, welcher die SUST 2019 im Rahmen von ENCASIA unterzogen worden war, keine strukturellen Mängel bei der SUST zutage gefördert hatte. Die SUST wird im entsprechenden Bericht als kompetente Untersuchungsbehörde bezeichnet, die mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet ist und Erfahrung in der Untersuchung einer grossen Bandbreite von schweren Unfällen und Zwischenfällen aufweist. Die GPK-N nahm darüber hinaus zur Kenntnis, dass die SUST gewisse Vorwürfe aus dem Jahr 2020 durch einen externen Juristen hatte prüfen lassen und dieser in den untersuchten Fällen keine Verletzung der Rechtsgrundlagen und
Verfahrensrechte festgestellt hatte.

Auch wenn sie keine allgemeinen Mängel bei der SUST feststellte, erkannte die GPK-N doch einige punktuelle Aspekte, die aus Sicht der Oberaufsicht weiterer Abklärungen bedürfen. Es handelt sich dabei insbesondere um das Verhältnis zwischen SUST-Untersuchungen und Strafverfahren, die Ressourcen der SUST61 und die Strukturen für die Aufsicht über die SUST. Im November 2022 unterhielt sich die Kommission mit einer Delegation des UVEK über diese Aspekte. Ihre abschliessende Beurteilung wird sie zu einem späteren Zeitpunkt kommunizieren.

60

61

Postulat (Po.) RK-S «Redlichkeitskultur im Schweizer Recht» vom 25.5.2020 (20.3463).

Mit der Ausarbeitung des Postulatsberichts wurde das BJ beauftragt. Dieser Bericht wurde am 9.12.2022 publiziert (Fehlerkultur: Möglichkeiten und Grenzen ihrer rechtlichen Verankerung, Bericht des Bundesrates vom 9.12.2022).

Die SUST teilte der GPK-N mit, dass die derzeitigen Ressourcen ihres Untersuchungsdienstes nicht ausreichen, um alle hängigen Untersuchungen im Bereich des Luftverkehrs fristgerecht abzuschliessen. Die grosse Zahl der hängigen Untersuchungen wird auch im Peer-Review-Bericht über die SUST erwähnt. Das UVEK hat eingeräumt, dass hier Handlungsbedarf besteht.

28 / 114

BBl 2023 579

Die GPK-N informierte sich im Berichtsjahr auch mehrfach über das neue «Safety Office» des UVEK. Diese dem Generalsekretariat des Departements angegliederte Einheit, die seit 2021 das «Civil Aviation Safety Office» (CASO) ersetzt, übt eine systemische Aufsicht im Bereich der Sicherheit aus, die sämtliche UVEK-Ämter abdeckt und nicht mehr nur den Luftverkehr. Das UVEK erläuterte der Kommission die Aufgaben und Zuständigkeiten der neuen Einheit. Die GPK-N nahm insbesondere zur Kenntnis, dass das «Safety Office» bei der Nachverfolgung der SUST-Empfehlungen künftig eine systemische Herangehensweise verfolgen und sich auf die Empfehlungen konzentrieren wird, die für alle Ämter des Departements eine systemische Relevanz haben.

Im Zusammenhang mit diesem Dossier informierte sich die Kommission beim UVEK und beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) über die Umsetzung der Empfehlungen aus dem SUST-Bericht über den Absturz der «Ju-52». Sie nahm Kenntnis davon, dass das BAZL den Grossteil der SUST-Empfehlungen, die hauptsächlich die Regeln für historische Flugmaschinen betrafen, hatte umsetzen können. Das UVEK teilte ausserdem mit, dass die meisten Empfehlungen aus der Überprüfung der Aufsichtstätigkeiten des BAZL, welches das niederländische Institut «Royal Netherlands Aerospace Centre» (NLR)62 2021 im Auftrag des UVEK realisiert hatte, umgesetzt worden oder in Umsetzung befindlich sind. Laut UVEK hat das BAZL verschiedene Massnahmen zur Stärkung der internen Sicherheitskultur und der Sicherheitsmanagementsysteme ergriffen. Die GPK-N wird 2023 prüfen, ob es in diesem Bereich weiterer Abklärungen bedarf.

3.4.3

Technische Störung bei der Skyguide AG

Am 15. Juni 2022 kam es zu einer grösseren technischen Störung bei der Skyguide Aktiengesellschaft (AG), durch die das Unternehmen seine Flugsicherungstätigkeit einstellen musste, was wiederum eine mehrstündige Sperre des Schweizer Luftraums zur Folge hatte.

Ende Juni richtete die GPK-N eine Reihe schriftlicher Fragen zu diesem Vorfall an das UVEK, das den Bund als Mehrheitsaktionär der Skyguide AG vertritt. Diese Fragen bezogen sich insbesondere auf die Ursachen und die Folgen der Störung, den Austausch zwischen dem Departement und dem Unternehmen sowie auf das Risikomanagement der Skyguide AG.

In seiner Antwort von Ende August informierte das UVEK die Kommission, die Störung sei durch eine fehlerhafte Netzwerkkomponente verursacht worden, für welche das Notfallsystem (Redundanz) nicht ausgelöst wurde. Da bestimmte für die Erbringung von Flugsicherungsdienstleistungen erforderliche Daten nicht mehr verfügbar waren, beschloss Skyguide am 15. Juni gegen 3 Uhr morgens, eine «Zero Rate» anzuwenden, d. h. den von Skyguide überwachten Luftraum für den gesamten Luftverkehr zu schliessen. Die folgende fast fünfstündige Sperre wirkte sich auf mehrere Dutzend Flüge im europäischen Flugnetz aus. Nach der Behebung der Störung konnte 62

Review of the FOCA supervision of Swiss civil aviation, Bericht des «NLR ­ Royal Netherlands Aerospace Centre» vom Mai 2021 (nur auf Englisch).

29 / 114

BBl 2023 579

Skyguide seinen Betrieb wieder voll aufnehmen. Das UVEK teilte der GPK-N mit, dass die Sicherheit des Luftverkehrs zu jeder Zeit vollumfänglich gewährleistet war.

Die Kommission nahm zur Kenntnis, dass die Skyguide AG das UVEK und das BAZL sehr rasch über die Störung informiert hat und dem Departement eine Woche nach dem Vorfall ein erster Zwischenbericht vorgelegt wurde. Einige Tage später berief die Vorsteherin des UVEK eine Sitzung mit einer Delegation des Unternehmens sowie mit Vertretungen des UVEK, des VBS und des BAZL ein, um die Erkenntnisse dieses Berichts zu besprechen. Das Departement forderte die Skyguide AG auf, eine ausführliche Untersuchung über die Ursachen der Störung und allenfalls erforderliche Massnahmen durchzuführen. Im Herbst 2022 beauftragte das UVEK eine unabhängige Organisation mit einer zusätzlichen Prüfung des Sachverhalts und der Ergebnisse der Untersuchung der Skyguide AG.63 Bei diesen beiden Untersuchungen sollte insbesondere geklärt werden, weshalb für die fehlerhafte Komponente keine Redundanz ausgelöst wurde.

Das UVEK teilte der GPK-N mit, dass ein Unterbruch der Flugsicherungsdienste im Risikomanagementsystem der Skyguide SA enthalten ist und verschiedene Massnahmen zur Risikoreduktion vorgesehen sind (u. a. Frühwarnsysteme, Information Security Management System, Notfallprozeduren und Notfallpläne, Notstromversorgungssystem). Das Departement ist der Ansicht, dass das Risikomanagement der Skyguide AG den Industriestandards entspricht und die Indikatoren für die Leistungsziele von Skyguide ­ insbesondere in Sachen Sicherheit und Kapazität ­ im Einklang mit den europäischen Standards stehen und angemessen sind. Die Kommission geht davon aus, dass die von der Skyguide AG und vom UVEK in Auftrag gegebenen Untersuchungen Aufschluss darüber geben werden, ob das Risikomanagement des Unternehmens angemessen ist oder allenfalls Verbesserungsmassnahmen in diesem Bereich ergriffen werden müssen.

Die Kommission erkundigte sich beim UVEK auch nach den finanziellen Folgen dieser Störung. Das Departement teilte mit, dass diese schwer zu beziffern sind, aber in Millionenhöhe liegen dürften, und präzisierte, dass gemäss dem Verantwortlichkeitsgesetz (VG)64 die Fluggesellschaften für die Schäden haften, die den Passagierinnen und Passagieren entstanden sind. Direkt haftbar könne
Skyguide nur bei Widerrechtlichkeit (Tun oder Unterlassen) im Rahmen einer Kausalhaftung gemacht werden.

Dafür gab es laut UVEK im August 2022 keine Anzeichen.

Auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen hält die Kommission fest, dass das UVEK, das den Bund als Mehrheitsaktionär der Skyguide AG vertritt, nach dem Vorfall rasch reagiert und das Dossier aufmerksam verfolgt hat. Sie wird 2023 von den Schlussfolgerungen der durchgeführten Untersuchungen Kenntnis nehmen und die Ergebnisse sowie die Lehren aus diesem Vorfall mit dem Departement und dem Unternehmen besprechen.

63

64

Der entsprechende Prüfbericht wurde am 19.12.2022 veröffentlicht. Siehe: Unabhängige Untersuchung zur Skyguide-Störung vom 15. Juni abgeschlossen, Medienmitteilung des UVEK vom 19.12.2022.

Bundesgesetz vom 14.3.1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG; SR 170.32), insbesondere Art. 19.

30 / 114

BBl 2023 579

3.4.4

Risiken für die Stromversorgungssicherheit der Schweiz: bisherige Arbeiten der Bundesbehörden

Nachdem der Bundesrat verschiedene Beschlüsse in Sachen Stromversorgungssicherheit der Schweiz65 gefasst hatte und im Herbst 2021 verschiedene Berichte zu diesem Thema66 veröffentlicht wurden, hörte die GPK-S im Februar 2022 Delegationen des Bundesamtes für Energie (BFE) und der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) an, um die Herausforderungen dieses Dossiers aus Sicht der Oberaufsicht zu eruieren. Die Vertretung des BFE erläuterte der Kommission, wie die Verantwortlichkeiten und Kompetenzen zur Sicherstellung der Stromversorgungssicherheit verteilt sind, und ging auf die Arbeiten des Bundesamts und des UVEK in diesem Bereich ein, namentlich auf den Gesetzesentwurf zur Versorgungssicherheit und die Massnahmen zur Bewältigung allfälliger Mangellagen. Die Vertretung der Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) beschrieb der Kommission ihre Arbeiten der vergangenen Jahre und legte ihre Einschätzung der aktuellen Lage sowie der Zukunftsaussichten dar.

Die GPK-S erkannte nach dieser Anhörung keinen unmittelbaren Handlungsbedarf aus Sicht der Oberaufsicht in Bezug auf die Versorgungslage, die Massnahmen des Bundes, die Kompetenzverteilung zwischen den Strommarktakteuren und die künftigen Entwicklungen, da diese Aspekte des Dossiers bereits von den zuständigen Sachbereichskommissionen der eidgenössischen Räte (UREK) bearbeitet wurden.

Die Kommission beschloss allerdings, sich eingehender mit der Frage zu befassen, ob der Bundesrat und die Bundesverwaltung in der Vergangenheit die Risiken im Zusammenhang mit den Verhandlungen über ein Stromabkommen mit der Europäischen Union (EU) angemessen eingeschätzt haben, namentlich bei der Ausarbeitung der Energiestrategie 2050 (neues Energiegesetz [EnG])67 zwischen 2012 und 2017.

65

66

67

Siehe insbesondere: Bundesrat verabschiedet Botschaft zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, Medienmitteilung des Bundesrates vom 18.6.2021; Bundesrat treibt Vorsorgeplanung für Stromversorgungssicherheit voran, Medienmitteilung des Bundesrates vom 13.10.2021.

Analyse Stromzusammenarbeit CH-EU, Schlussbericht Frontier Economics vom September 2021; Stromversorgungssicherheit Schweiz 2025, Bericht des BFE vom Oktober 2021; Netzseitige Massnahmen für die Sicherstellung der kurz- und mittelfristigen Versorgungssicherheit und der Netzstabilität, Bericht der ElCom vom 13.10.2021.

Energiegesetz vom 30.9.2016 (EnG; SR 730.0). Nach der Nuklearkatastrophe vom 11.3.2011 in Fukushima beauftragte das Parlament den Bundesrat Ende 2011, eine umfassende Energiestrategie auszuarbeiten, die eine vom Ausland möglichst unabhängige Stromversorgung ohne Nutzung der Kernenergie vorsieht. Im September 2013 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zum neuen EnG (als Teil des ersten Massnahmenpakets der Energiestrategie 2050). Die eidgenössischen Räte berieten den Gesetzesentwurf zwischen 2014 und 2016 und nahmen ihn im September 2016 an. Nachdem das Referendum gegen das Gesetz ergriffen worden war, wurde dieses in der Volksabstimmung vom 21.5.2017 angenommen. Das neue EnG trat am 1.1.2018 in Kraft. Parallel dazu legte der Bundesrat dem Parlament im April 2016 seine Botschaft zum Bundesgesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze (Strategie Stromnetze) vor. Dieses Gesetz wurde von den eidgenössischen Räten 2016 und 2017 beraten und im Dezember 2017 angenommen. Die neuen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen traten mehrheitlich am 1.6.2019 in Kraft.

31 / 114

BBl 2023 579

Sie nahm zu diesem Zweck eine eingehende Analyse der damaligen Veröffentlichungen und Parlamentsdebatten vor.

Aus der Analyse der GPK-S ging hervor, dass der Bundesrat ab 2012 in mehreren Botschaften68 betont hatte, wie wichtig der Abschluss eines Stromabkommens mit der EU für die Versorgungssicherheit der Schweiz ist und welche Risiken das Nichtzustandekommen eines solchen Abkommens birgt. Die ElCom wiederum wies spätestens ab 2014 auf die Herausforderungen einer zunehmenden Abhängigkeit der Schweiz von Stromimporten und ab 2015 auf die Notwendigkeit eines stabilen Rechtsrahmens für den grenzüberschreitenden Stromhandel hin.

Ab Mai 2016 wurde in verschiedenen Dokumenten der Bundesbehörden darauf hingewiesen, dass die Verhandlungen über das Stromabkommen festgefahren sind und dessen Abschluss von der Lösung der institutionellen Fragen abhängt. Die ElCom hob in ihrem Bericht vom Juni 2016 über die Stromversorgungssicherheit der Schweiz69 hervor, wie wichtig ein Stromabkommen ist und dass bei dessen Nichtzustandekommen mittelfristig vor allem im Winter die Gefahr von Versorgungsdefiziten droht.

Die Abklärungen der Kommission zeigten, dass das Stromabkommen mit der EU in den Ratsdebatten über das neue EnG zwischen 2014 und 2016 nur punktuell und in den Ratsdebatten über die Strategie Stromnetze im Jahr 2017 quasi überhaupt nicht thematisiert wurde.

Die GPK-S stellte zudem fest, dass dieses Thema auch in der Abstimmungskampagne zum EnG im Frühjahr 2017 kaum eine Rolle spielte. In einem Faktenblatt des BFE70 wurde auf das Abkommen hingewiesen, im Abstimmungsbüchlein des Bundesrates hingegen wurde es nicht explizit erwähnt. In den Medien wies die damalige Vorsteherin des UVEK jedoch wiederholt darauf hin, wie wichtig der Abschluss eines solchen Abkommens ist, und zeigte sich diesbezüglich recht zuversichtlich. Der damalige Präsident der ElCom, Carlo Schmid-Sutter, äusserte sich in einem im März 2017 veröffentlichten Referat71 zum diesem Thema weitaus pessimistischer. Er wies insbesondere auf die Risiken im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU im Energiebereich hin und kritisierte die Haltung der EU gegenüber der Schweiz im Rahmen der Verhandlungen über das Stromabkommen.

Auf der Grundlage dieser Analyse gelangte die GPK-S zum Schluss, dass beim früheren Umgang des
Bundesrates mit diesem Dossier keine wesentlichen Mängel zu erkennen sind. Der Bundesrat hatte das Parlament in seinen Botschaften transparent über den Stand der Verhandlungen mit der EU und über die Risiken im Zusammenhang mit dem Nichtzustandekommen eines Stromabkommens informiert. Die Tat68

69 70 71

Botschaft des Bundesrates vom 4.9.2013 zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 (Revision des Energierechts) und zur Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» (BBl 2013 7561); Botschaft des Bundesrates vom 13.4.2016 zum Bundesgesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze (Änderung des Elektrizitätsgesetzes und des Stromversorgungsgesetzes) (BBl 2016 3865).

Stromversorgungssicherheit der Schweiz 2016, Bericht der ElCom vom Juni 2016, Kap. 5.1.1 Energieversorgung der Schweiz und internationale Entwicklung, Faktenblatt des BFE vom 21.3.2017.

Importstrategie funktioniert bei Strom nicht. In: Basler Zeitung, 7.3.2017.

32 / 114

BBl 2023 579

sache, dass dieser Aspekt in den Ratsdebatten und in der Abstimmungskampagne nicht im Vordergrund stand, lässt sich nach Ansicht der Kommission mit dem damaligen politischen Kontext erklären. Es war zu jenem Zeitpunkt noch nicht vorherzusehen, dass die Schweiz einige Jahre später mit einer grösseren Energiekrise konfrontiert sein würde und dass die Verhandlungen mit der EU abgebrochen werden würden.

Vor diesem Hintergrund beschloss die GPK-S, ihre Arbeiten zu diesem Aspekt des Dossiers abzuschliessen.

Die beiden GPK haben sich im vergangenen Jahr auch vom Bundesrat über die Krisenorganisation der Bundesverwaltung zur Bewältigung der aktuellen Energiesituation und der drohenden Energieknappheit im Winter 2022/2023 informieren lassen.

Sie haben dazu im Herbst 2022 insbesondere die Vorsteherin des UVEK, den Vorsteher des WBF sowie Vertreterinnen und Vertretern der BK angehört. Die Kommissionen werden sich diesbezüglich im 2023 weiter informieren lassen.

3.4.5

Biologische Hochsicherheitslabore: Sanierung des Labors in Mittelhäusern

Die EFK übermittelte den GPK im Mai 2021 in Anwendung von Artikel 14 Absatz 1 FKG eine Kopie ihres Berichts72 über die Sanierung und Vergrösserung des zum Institut für Virologie und Immunologie (IVI) gehörenden Hochsicherheitslabors in Mittelhäusern, in welchem sie hinweist, dass «das Betreiben von sanierungsbedürftigen Hochsicherheitslaboren, in denen mit vermehrungsfähigen Erregern von hochansteckenden Tierseuchen und Zoonosen gearbeitet wird, aus Sicht der EFK einige wesentliche Risiken birgt»73.

Die GPK-N ersuchte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), dem das IVI angegliedert ist, schriftlich zur Kritik der EFK Stellung zu nehmen und die Kommission über die Massnahmen zu informieren, die als Reaktion auf den Bericht der EFK ergriffen wurden. Im November 2021 teilte sie ihre diesbezüglichen Schlussfolgerungen dem EDI und der EFK mit. Auf der Grundlage ihrer ersten Abklärungen vertiefte sie im Laufe des Jahres 2022 verschiedene allgemeine Aspekte betreffend den Rechtsrahmen für die Hochsicherheitslabore.74 Hinsichtlich des Labors in Mittelhäusern erkannte die Kommission keinen Handlungsbedarf aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht. Sie nahm insbesondere die Aussagen des BLV zur Kenntnis, dass dieses Labor seit der Inbetriebnahme im Jahr 1993 stets den höchsten Biosicherheitsstandards entsprach und die verschiedenen

72 73

74

Unsere Abklärungen zum Bauprojekt Sanierung und Erweiterung der Hochsicherheitsanlage Mittelhäusern, Bericht der EFK vom 20.4.2021.

In ihrem Brief an die GPK vom Mai 2021 betonte die EFK, dass ihre Prüfung auf «erhebliche Risiken im Bereich der Nutzung und Betriebssicherheit des Hochsicherheitslabors [von Mittelhäusern]» hinweist.

Als «Hochsicherheitslabore» versteht die GPK-N Labore, die mit Organismen der Gruppen 3 und 4 im Sinne von Art. 6 der Verordnung vom 9.5.2012 über den Umgang mit Organismen in geschlossenen Systemen (Einschliessungsverordnung, ESV; SR 814.912) arbeiten und demzufolgende Tätigkeiten der Klassen 3 und 4 im Sinne von Art. 7 ESV (Tätigkeiten, bei denen ein mässiges oder hohes Risiko besteht) durchführen.

33 / 114

BBl 2023 579

seither vorgenommenen Anpassungen und Umbauten das Sicherheitsniveau nicht geschwächt hatten.

Das BLV räumte gegenüber der GPK-N ein, dass die Problematik des Umbaus einer Hochsicherheitsanlage bei laufendem Betrieb unterschätzt worden war, als 2011 die Renovationsarbeiten geplant wurden, mit denen der Betrieb bis 2035 sichergestellt werden sollte, und dass der ausgewählte Generalplaner mit dem Sanierungsprojekt überfordert war. Aus diesen Gründen sei das Projekt 2019 sistiert und in reduzierter Form neu aufgegleist worden. Die GPK-N bedauerte dies, begrüsste aber, dass daraus Lehren gezogen wurden, die Projektorganisation geklärt wurde und die Sanierung letztlich unter der Leitung eines neuen Generalplaners fortgeführt werden konnte. Sie nahm ferner zur Kenntnis, dass die Planungen für den Bau eines neuen Gebäudes am Standort Mittelhäusern für die Zeit nach 2035 auf gutem Wege zu sein scheinen.

Die Kommission begrüsste im Weiteren, dass das IVI als Reaktion auf den EFKBericht ein neues externes Gutachten über die Folgen des Verzichts auf gewisse Teile des Sanierungsprojekts für die Sicherheit des Labors in Mittelhäusern in Auftrag gegeben hat. Laut BLV zeigt dieses Gutachten klar auf, dass die weggelassenen Teilprojekte nicht sicherheitsrelevant und die umgesetzten sowie geplanten Ersatzmassnahmen ausreichend sind, um den sicheren Betrieb des IVI zu gewährleisten. Das Gutachten bestätige zudem, dass die Labore des IVI vollumfänglich die Anforderungen der Einschliessungsverordnung (ESV)75 erfüllen. Die Kommission nahm Kenntnis vom genannten Gutachten und kam zum Schluss, dass dieses detailliert auf die Fragen und Empfehlungen der EFK eingeht.

Die GPK-N geht davon aus, dass das EDI, das IVI und das BLV den Sicherheitsaspekten im Rahmen der bevorstehenden Sanierungsarbeiten weiterhin besondere Aufmerksamkeit schenken und bei Zweifeln bezüglich der Sicherheit rasch die erforderlichen Korrekturen vornehmen.

Die Kommission vertiefte im Laufe des Jahres 2022 verschiedene allgemeine Aspekte betreffend den Rechtsrahmen für biologische Hochsicherheitslabore. Im Februar tauschte sie sich mit einer Delegation der EFK über dieses Thema aus und im März und im August richtete sie per Schreiben verschiedene Fragen an das EDI und das UVEK. Auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen wird sie 2023 eine Beurteilung aus Sicht der Oberaufsicht vornehmen.

3.4.6

Elektronisches Patientendossier

Anknüpfend an ihre Arbeiten in den Jahren zuvor, verfolgte die GPK-N auch im Berichtsjahr die Entwicklungen rund um die Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD).76 75 76

Verordnung vom 9.5.2012 über den Umgang mit Organismen in geschlossenen Systemen (Einschliessungsverordnung, ESV; SR 814.912).

Jahresbericht 2021 der GPK und der GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 3.3.1), Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26.1.2021 (BBl 2021 570, Ziff. 3.3.1), Jahresbericht 2018 der GPK und der GPDel vom 28.1.2019, Ziff. 3.3.1 (BBl 2019 2729, hier 2755).

34 / 114

BBl 2023 579

Der Bundesrat gab im April 2022 einige Massnahmen bekannt, mit denen er das EPD weiterentwickeln will, und beauftragte das EDI, einen Entwurf zur Revision des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG)77 auszuarbeiten.78 Im Juni 2022 unterhielt sich die GPK-N mit einer Delegation des EDI und des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) über dieses Thema.

Die Kommission nahm zur Kenntnis, dass die Einführung des EPD voranschreitet, auch wenn die Zahl der eröffneten Dossiers (Juni 2022: rund 10 000) weit unter den Erwartungen liegt. Sie wurde vom EDI darüber informiert, dass inzwischen quasi alle Stammgemeinschaften79 operativ sind und für 2023 eine Kampagne zur Förderung des EPD geplant ist, sofern dieses bis dahin schweizweit angeboten werden kann und ausreichend Eröffnungsstellen verfügbar sind.

Laut EDI plant der Bundesrat, dem Parlament zwei Botschaften zu unterbreiten: eine Botschaft über eine Übergangsfinanzierung zur Unterstützung der Stammgemeinschaften (Vernehmlassung voraussichtlich im Februar 2023) und eine Botschaft über die Totalrevision des EPDG (Vernehmlassung voraussichtlich im Juni 2023). Mit der zweiten Vorlage soll die Verteilung der Kompetenzen und der finanziellen Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Kantonen geklärt werden. Der Bundesrat sieht vor, dass die Kantone die Finanzierungsverantwortung für den Betrieb der Stammgemeinschaften übernehmen und der Bund die Kosten für die Weiterentwicklung des EPD trägt.

Der Bundesrat schlägt in seinem Revisionsprojekt zudem vor, dass das EPD künftig als Instrument der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gilt. Es soll sich dafür neu zusätzlich auf Artikel 117 BV stützen, womit dem Bund eine weitreichende Regelungskompetenz zukäme, die ihm bislang fehlt. Auf die Frage nach der Rechtsgültigkeit dieser Verankerung in der Verfassung teilte das EDI der GPK-N mit, ein von ihm in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten sei zum Schluss gekommen, dass Artikel 117 BV eine geeignete Rechtsgrundlage darstellt. Das Bundesamt für Justiz (BJ) teilt laut EDI diese Auffassung.

Die Kommission diskutierte mit den Vertreterinnen und Vertretern des EDI und des BAG verschiedene andere Massnahmen, die der Bundesrat in seinem Entwurf zur Revision des EPDG vorsieht, um die Attraktivität des EPD zu erhöhen, namentlich das Opt-Out-Modell, den Zugriff
auf Daten des EPD für Forschende, die Einführung einer zentralen Ablage für dynamische Daten und die Nutzung der technischen Infrastruktur des EPD für Zusatzdienste. Die Kommission begrüsst, dass die Frage der Wiedererlangung der EPD-Daten im Falle der Insolvenz einer Stammgemeinschaft im Rahmen der Revision geklärt wird, wie von den Vertretungen des EDI und des BAG versichert wurde. Ein anderer zentraler Aspekt ist nach Ansicht der GPK-N die Frage, wie die Aufgaben im Zusammenhang mit dem EPD von den Leistungserbringern im Gesundheitsbereich abgerechnet werden und ob es hier eventuell eine Tarifanpassung braucht.

77 78 79

Bundesgesetz vom 19.6.2015 über das elektronische Patientendossier (EPDG; SR 816.1) Der Bundesrat will das elektronische Patientendossier weiterentwickeln, Medienmitteilung des Bundesrates vom 27.4.2022.

eHealth Schweiz: Gemeinschaften und Stammgemeinschaften, www.e-health-suisse.ch > Gemeinschaften & Umsetzung > EPD-Gemeinschaften (Stand: 18.11.2022).

35 / 114

BBl 2023 579

Die Kommission nahm zur Kenntnis, dass die finanzielle Lage der Stammgemeinschaften angespannt bleibt, da diese erheblichen Summen in die Schaffung des EPD investieren mussten, bisher aber kaum Einnahmen hatten. Sie begrüsst deshalb die Absicht des Bundesrates, bis zum Inkrafttreten des revidierten EPDG eine Übergangsfinanzierung auf die Beine zu stellen. Allerdings kann diese Übergangsfinanzierung frühestens im Juli 2024 wirksam werden. Welche Handlungsmöglichkeiten der Bund und die Kantone haben, falls eine Stammgemeinschaft in der Zwischenzeit in finanzielle Schwierigkeiten gerät, ist nach wie vor ungeklärt. Die Kommission stellt fest, dass der Bund mangels Rechtsgrundlage derzeit keinerlei Einsichtsrecht hat, was die finanzielle Lage der Stammgemeinschaften angeht.

Eine andere Herausforderung liegt in der Koordination des EPD mit der künftigen elektronischen Identität (e-ID), die vom Bund entwickelt wird. Das BAG teilte mit, dass zu diesem Punkt derzeit Abklärungen mit dem BJ laufen. Der Bundesrat schickte am 29. Juni 2022 eine entsprechende Gesetzesvorlage in die Vernehmlassung, mit dem Ziel, eine solche e-ID bis 2025 einzuführen.80 In der Zwischenzeit werden die Stammgemeinschaften die bestehenden elektronischen Identitäten nutzen. Die Direktorin des BAG versicherte, dass ihr Bundesamt einen reibungslosen Übergang zur e-ID des Bundes sicherstellen wird.

Die GPK-N kam auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen zum Schluss, dass das EDI und das BAG die Schwächen, die in der Vergangenheit in Bezug auf das EPD erkannt wurden, aktiv angehen, die Situation aber nach wie vor wenig zufriedenstellend ist und noch zahlreiche Unsicherheiten und Herausforderungen bestehen. Da sich das Parlament bei der Behandlung der beiden Bundesratsbotschaften zu den verschiedenen Aspekten der Weiterentwicklung des EPD äussern kann, erkennt sie für die parlamentarische Oberaufsicht keinen weiteren unmittelbaren Handlungsbedarf.

Sie wird sich weiter über die Entwicklungen in diesem Dossier informieren und nach der Veröffentlichung der Bundesratsbotschaften prüfen, ob diese angemessen auf die von ihr erkannten Schwächen eingehen.

3.5

Bereich EJPD/BK

3.5.1

Menschenschmuggel

Nach dem sich die GPK-S bereits im Jahr 2019 ein erstes Mal mit der Bekämpfung des Menschenschmuggels befasste, wollte sie sich im Berichtsjahr über die neusten Entwicklungen informieren lassen. Hierzu führte die Kommission eine Anhörung mit der stellvertretenden Direktorin vom Bundesamt für Polizei (fedpol) durch.

Die stv. Direktorin machte geltend, dass es eine dringliche Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden sei, Menschenschmuggel zu bekämpfen. Eine wichtige Rolle bei der Erkennung von Menschenschmuggel komme dem BAZG zu, da es unrechtmässige Grenzübertritte feststellen und gefälschte Reisedokumente erkennen kann.

Die Strafverfolgung von Menschenschmuggel fällt indes in die Kompetenz der 80

E-ID: Bundesrat eröffnet Vernehmlassung, Medienmitteilung des Bundesrates vom 29.6.2022.

36 / 114

BBl 2023 579

Kantone. Fedpol stützt sich bei der Bekämpfung von Menschenschmuggel auf drei Säulen: Prävention, Koordination und internationale Kooperation. Seit der letzten Befassung der Kommission mit dem Thema haben sich folgende Entwicklungen ergeben: ­

Menschenschmuggel als solches wurde in die Strategie «Kriminalitätsbekämpfung 2020 bis 2023» des EJPD aufgenommen. Hierbei wird in erster Linie die Erkennung von Menschenschmuggel angestrebt.

­

Fedpol ist das Koordinations- und Kompetenzzentrum. In diesem Rahmen sollen neue Ermittlungsansätze angegangen werden, insbesondere sollen die Geldflüsse stärker in den Fokus der Polizeiarbeit rücken. Weiter sollen die Organe der Arbeitsmarktkontrolle zur Identifizierung von Menschenschmuggel eingesetzt werden.

Allerdings gab die stv. Direktorin von fedpol zu bedenken, dass die Bekämpfung des Menschenschmuggels eine grosse Herausforderung sei und bleibe. Internationale Krisen und die daraus resultierende Migration sind der Nährboden für Menschenschmuggel. Die Bekämpfung des Menschenschmuggels muss in zweifacher Weise erfolgen. Einerseits sind Ermittlungshinweisen an der Grenze konsequent nachzugehen. Andererseits kommen gerade dem SEM und den Arbeitsmarktbehörden im Inland eine zentrale Funktion zu.

Abschliessend stellte die Kommission fest, dass fedpol in Bezug auf den Krieg in der Ukraine nicht von einer grossen Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von Menschenschmuggel ausgeht, da Ukrainerinnen und Ukrainer legal in die Schweiz einreisen dürfen. Die GPK-S erkannte, gestützt auf die Anhörung der stv. Direktorin von fedpol, keinen unmittelbaren Handlungsbedarf aus Sicht der Oberaufsicht.

3.5.2

Situation in der Ukraine - Massnahmen des SEM

Als zu Beginn des Jahres 2022 russische Streitkräfte in die Ukraine einmarschiert sind und verschiedene Teile des ukrainischen Staatsgebietes besetzt haben, strömten sehr viele ukrainische Staatsangehörige nach Westeuropa, auch in die Schweiz. Der Bundesrat beschloss an seiner Sitzung vom 11. März 2022 die Aktivierung des Schutzstatus S für schutzsuchende Personen aus der Ukraine.81 Dies bedeutet, dass schutzsuchende Personen aus der Ukraine rasch in den Besitz eines Aufenthaltsrechts gelangten, ohne dabei ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen zu müssen.

Die Subkommission EJPD/BK der GPK-N beschloss, sich mit der Aktivierung des Schutzstatus S und den weiteren, SEM-spezifischen Massnahmen des Bundesrates und des SEM im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine, zu befassen. Hierzu führte sie an der Sitzung vom 25. Mai 2022 eine Anhörung der Staatssekretärin des SEM durch.

Die Staatssekretärin machte anlässlich dieser Anhörung geltend, dass bis zum 25. Mai 2022 fast 53 000 Schutzsuchende aus der Ukraine in die Schweiz gelangt seien. Das 81

Ukraine: Bundesrat aktiviert Schutzstatus S für Menschen aus der Ukraine, Medienmitteilung des Bundesrates vom 11.3.2022.

37 / 114

BBl 2023 579

sind mehr Menschen als während der Migrationskrise im Jahr 2015 in die Schweiz gekommen sind (rund 40 000 Personen). Die Vorsteherin des EJPD hat am 21. März 2022 erstmals überhaupt den Sonderstab Asyl (SONAS) eingesetzt.82 Der Stab wurde von der Staatssekretärin des SEM geleitet. In diesem Rahmen sind vier Arbeitsgruppen eingesetzt worden (Unterbringung Bund, Kantonsverteilung und Kantonswechsel, Sicherheit sowie eine Subsidiärplanung).

Die Arbeitsgruppe Unterbringung war dafür verantwortlich, den Notfallplan, welcher im Nachgang zur Migrationskrise im Jahr 2016 mit den Kantonen vereinbart wurde, rasch aufstocken zu können. Im Regulärbetrieb weist der Bund eine Kapazität von 5000 Plätzen auf. Der Notfallplan hingegen sieht 9000 Plätze vor. Gemäss den Angaben der Staatssekretärin des SEM gelang es, noch weitere Plätze für Schutzsuchende sowie Asylsuchende bereit zu stellen. Aufgrund der unklaren Weiterentwicklung der Situation in der Ukraine war ungewiss, wie sich der Bedarf nach Unterbringungsplätzen weiterentwickeln würde. Zu Spitzenzeiten hatte das SEM 1850 Eingänge pro Tag zu verzeichnen. Ein wichtiges Anliegen des SEM war es, die Schutzsuchenden sehr rasch auf die Kantone zu verteilen. Im SONAS liefen auch die Vorbereitungen und die Koordination zur Verteilung der Personen auf die Kantone und die Bereitstellung von Unterkünften in genügender Anzahl. Nach gewissen Anlaufschwierigkeiten bei der Verteilung auf die Kantone wurde der Verteilschlüssel angewandt, allerdings unter der Berücksichtigung von Härtefällen.

Weiter hat das SEM bzw. der SONAS sehr früh Massnahmen ergriffen, um dem Menschenhandel vorzubeugen. Eine entsprechende Informationskampagne wurde lanciert.

Die Staatssekretärin des SEM stellte jedoch klar, dass der Schutzstatus S in erster Linie auf die Rückkehr der betroffenen Personen ausgerichtet ist. Da jedoch absehbar wurde, dass die Situation in der Ukraine länger andauern wird, hat der Bundesrat entschieden, pro schutzsuchende Person 3000 CHF zusätzlich zu einer Grundpauschale von 1556 CHF auszurichten, womit insbesondere der Spracherwerb gefördert werden sollte, um die Erwerbstätigkeit der Betroffenen zu steigern.

Die hohen Zahlen an schutzsuchenden Personen in der Schweiz hätten ein historisches Ausmass angenommen. Das SEM musste zusätzlich Personal einstellen: Mitarbeitende
von der Zentrale in Wabern seien umverteilt, zusätzliche Personen angestellt und weitere Personen aus der Bundesverwaltung zur Bewältigung der Gesuche eingesetzt worden.

An der Sitzung der Subkommission vom 31. Oktober 2022 informierte die Staatssekretärin erneut über die aktuellsten Entwicklungen in diesem Bereich. Gegenstand der neuerlichen Anhörung waren die monetären Leistungen, welche der Bund den Kantonen für die Aufnahme von Personen mit Schutzstatus S ausrichtet. Die Verwendung dieser Gelder liegt in der Kompetenz der Kantone.

Die Kommission wird sich im Jahr 2023 weiter mit diesem Thema und den damit in Zusammenhang stehenden Massnahmen befassen.

82

Ukraine: Bundesrätin Keller-Sutter setzt den Sonderstab Asyl ein, Medienmitteilung des EJPD vom 21.3.2022.

38 / 114

BBl 2023 579

3.5.3

Gewalt gegen Asylsuchende in Bundesasylzentren

Nachdem im Jahr 2020 verschiedene Mängel und Missstände in Bezug auf die Behandlung von Asylsuchenden in den Bundesasylzentrum öffentlich wurden, beschloss die GPK-N, diese Anschuldigungen gegenüber dem privaten Sicherheitspersonal vertieft abzuklären.

Die ersten Abklärungen zeigten, dass sich das SEM dem Thema der Gewalt gegen Asylsuchende annahm und dieses priorisierte. Das SEM mandatierte alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer mit der Aufarbeitung der Missstände. Herr Oberholzer erarbeitete einen Bericht zuhanden des SEM. Darin formulierte er 12 Empfehlungen ans SEM.

Die Empfehlungen betrafen folgende Bereiche: Anwendbarkeit des Zwangsanwendungsgesetzes (1), Beizug von privaten Sicherheitsdiensten (2), Verstärkte Präsenz des SEM vor Ort (3), Ausbildungskonzept für die Mitarbeitenden im Bereich Sicherheit (4), Rapportierung über besondere Vorkommnisse (5), Institutionalisiertes Debriefing bei schwerwiegenden Vorkommnissen (6), Anonymes Meldesystem für kritische Vorfälle (7), Instrument zur Bewältigung von Krisensituationen (8), Disziplinarwesen (9), Durchsuchung und Kontrolle von Asylsuchenden (10), Besinnungsraum (11) und Strafverfahren gegen Mitarbeitende (12).

Die zuständige Subkommission EJPD/BK der GPK-N liess sich den Schlussbericht vom 30. September 2021 durch Herrn Oberholzer und den damaligen Staatssekretär des SEM an der Sitzung vom 11. November 2021 präsentieren. Gemäss den Aussagen des damaligen Staatssekretärs wurde Herr Oberholzer nicht lediglich mit der Prüfung von Einzelfällen beauftragt, sondern auch um systematische Fragen zu analysieren.

Die Subkommission kam an der internen Sitzung im Anschluss an die Anhörung zum Schluss, dass das SEM den Ernst der Lage erkannt und einen ersten wichtigen Schritt zur Beseitigung der teils weitreichenden Mängel unternommen hat.

Gleichzeitig hielt die Subkommission fest, dass noch verschiedene Fragen offen sind, weshalb sie sich an der Sitzung vom 5. September 2022 erneut mit dem Thema, insbesondere mit der Umsetzung der Empfehlungen befasste. Aus diesem Grund wurde eine weitere Anhörung ­ diesmal mit der neuen Staatssekretärin des SEM ­ durchgeführt. Die Staatssekretärin präsentierte der Subkommission die Umsetzung der verschiedenen Empfehlungen. Das SEM habe zur Prüfung und Umsetzung der Empfehlungen aus dem Bericht Oberholzer ein Projekt
mit der Bezeichnung «Prävention und Sicherheit in den Bundesasylzentren (Préséc)» eingeführt. Aufgrund des fast gleichzeitigen Kriegsausbruchs in der Ukraine seien die Arbeiten des Projektteams allerdings kurz nach deren Beginn sistiert und erst im Juli 2022 wieder aufgenommen worden.

Insgesamt seien drei Bereiche eruiert worden, die prioritär behandelt werden sollen: ­

Fehlende gesetzliche Grundlage für die Anwendung von Zwangsmassnahmen durch privates Sicherheitspersonal: Die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage wird angestrebt. Bis dahin wurden kurzfristige Massnahmen ergriffen.

Diese beinhalten eine genaue Definition, wann das private Sicherheitspersonal trotzdem im Einzelfall noch Zwang anwenden darf und eine Anpassung auf Verordnungsebene, um die vorübergehende Festhaltung von Personen von maximal zwei Stunden klar zu regeln.

39 / 114

BBl 2023 579

­

Ausbildung des Personals: Das SEM wird die Empfehlung Oberholzers, sämtliches Sicherheitspersonal durch Mitarbeitende des SEM zu ersetzen, nicht umsetzen, da sich an der Qualität und der Qualifikation der Arbeit des Personals nicht zwingend etwas ändern würde und diese Massnahme sehr teuer wäre. Zudem kann das SEM mit dem Einsatz von privaten Sicherheitskräften flexibler auf die Schwankungen der Asylzahlen reagieren. Jedoch soll die Ausbildung des eingesetzten Personals verbessert werden, etwa indem in jeder Asylregion eine Fachexpertin bzw. ein Fachexperte mit erstklassiger Ausbildung in den Bereichen der Personensicherheit, interkulturellen Mediation und Erwachsenenbildung eingesetzt werden soll. Diese Personen sollen das Personal vor Ort entsprechend ausbilden.

­

Anwesenheit von Mitarbeitenden des SEM in den Bundesasylzentren: Künftig soll in jedem Bundesasylzentrum eine Führungsperson des SEM präsent sein. Hierfür wird eine geringfügige Umstrukturierung notwendig sein.

Auch Massnahmen zur Umsetzung der weiteren Empfehlungen werden derzeit erarbeitet, so etwa ein Pilotprojekt mit einer externen Meldestelle zur besseren und frühzeitigen Erkennung von allfälligen negativen Entwicklungen. Nicht zuletzt hat das SEM auch ein umfassendes Gewaltpräventionskonzept erarbeitet, welches jeder Form von Gewalt vorbeugen soll.

Die Subkommission kam an der internen Sitzung zum Schluss, sich in etwa einem Jahr erneut mit der Umsetzung der verschiedenen Empfehlungen zu befassen. Gleichzeitig wird das SEM aufgefordert, der Subkommission vor der neuerlichen Befassung mit dem Thema schriftlich über die Empfehlungsumsetzungen Bericht zu erstatten.

3.6

Bereich Gerichte/BA

3.6.1

Fragen der Koordination mit der Gerichtskommission

In den letzten Jahren stellten sich wiederholt Fragen der Koordination und der Abgrenzung der Kompetenzen zwischen den GPK bzw. deren Subkommissionen Gerichte/BA und der Gerichtskommission (GK).

Die GPK und die GK klärten deshalb im Berichtsjahr ihren gegenseitigen Koordinations- und Kompetenzabgrenzungsbedarf näher ab. Auf der Grundlage ihrer Analysen und eines Treffens zwischen einer Delegation der GK und der Subkommission Gerichte/BA der GPK vom September 2022 gelangten sie zu folgenden Schlussfolgerungen: ­

Das Verfahren in Bezug auf die Mitteilungen der GPK an die GK aufgrund von Artikel 40a Absatz 6 ParlG im Zusammenhang mit Wiederwahlen hat sich eingespielt und entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Da jeder Kommission ein allgemeines Antragsrecht an eine andere Kommission zusteht, kann die GK den GPK einen Antrag stellen, einen bestimmten Sachverhalt zu untersuchen oder abzuklären. Die GPK können frei über einen Antrag entscheiden. Es ist dabei zu beachten, dass der Fokus der Abklärungen bei den GPK ein anderer ist als bei der GK: Die Oberaufsicht der GPK fokussiert auf das

40 / 114

BBl 2023 579

rechtmässige, zweckmässige und wirksame Funktionieren der Bundesbehörden (Art. 26 Abs. 3 i.V.m. Art. 52 Abs. 2 ParlG). Erst wenn die GPK im Rahmen dieser Oberaufsichtstätigkeit Sachverhalte feststellt, die auf eine mögliche Amtspflichtverletzung einer von der Bundesversammlung gewählten Person schliessen lassen, sind sie zur Information an die GK gemäss Artikel 40a Absatz 6 ParlG aufgerufen.

­

Der Informationsfluss von Seiten der AB-BA in Bezug auf deren Aufsicht über die Bundesanwaltschaft sowohl an die GK als auch an die GPK war zielführend und entsprach den jeweiligen Kompetenzen. Sowohl die GK als auch die GPK können aufgrund ihrer Informationsrechte jederzeit die erforderlichen Informationen von der AB-BA erhalten.

­

Bei Aufsichtsverfahren des BGer und der Prüfung von Amtsenthebungsverfahren durch die GK bestand Klärungsbedarf, da der GK keine Aufsichtskompetenz zusteht, sie jedoch zuständig ist für die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens beim Verdacht einer Amtspflichtverletzung eines Bundesanwalts, einer Bundesanwältin, eines stv. Bundesanwalts, einer stv. Bundesanwältin, eines Richters oder einer Richterin eines erstinstanzlichen eidgenössischen Gerichts. Detaillierte Zuständigkeitsabgrenzungen sind von Fall zu Fall zu konkretisieren. Künftig soll ein regelmässiger Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Kommissionen und den Sekretariaten stattfinden. Ergebnisse von veröffentlichten Untersuchungen der GPK sollen der GK präsentiert werden.

Damit wird die Koordination zwischen GK und den Subkommissionen der GPK und deren Sekretariaten auch künftig sichergestellt.

3.6.2

Amtsgeheimnisverletzung: Einstellungsverfügung durch ausserordentlichen Staatsanwalt

Im Zusammenhang mit der versuchten Erpressung von Bundesrat Alain Berset gelangten verschiedene, klassifizierte Informationen durch die Medien an die Öffentlichkeit. Die Bundesanwaltschaft erstattete am 17. September 2021 Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verdachts einer Amtsgeheimnisverletzung, woraufhin die AB-BA am 27. Oktober 2021 einen ausserordentlichen Staatsanwalt mit der Verfolgung beauftragte. Die Einsetzung erfolgte gestützt auf Artikel 67 des Strafbehördenorganisationsgesetzes (StBOG)83, wonach ein ausserordentlicher Staatsanwalt oder eine ausserordentliche Staatsanwältin eingesetzt wird, wenn sich die Strafverfolgung wegen Straftaten im Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit gegen einen Leitenden Staatsanwalt, eine leitende Staatsanwältin, einen Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin richtet.

Der ausserordentliche Staatsanwalt stellte das Verfahren mit Einstellungsverfügung vom 30. Januar 2022 ein. Zur Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung war niemand legitimiert. Der ausserordentliche Staatsanwalt beschränkte seine Abklärungen 83

Bundesgesetz vom 19.3.2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71).

41 / 114

BBl 2023 579

auf die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Bundes und zog nicht in Betracht, dass die Amtsgeheimnisverletzung auch aus einem anderen Kreis (bspw. Fedpol) hätte erfolgen können.

Die GPK-N/S gingen der Frage nach, ob es einer Revision der StBOG bedarf und hörte hierzu sowohl den BA als auch die Präsidentin der AB-BA an. Diese kamen zum Schluss, dass der ausserordentliche Staatsanwalt den Auftrag im konkreten Fall falsch verstanden, bzw. Artikel 67 StBOG nicht richtig ausgelegt hat und es deshalb zur Einstellungsverfügung kam, ohne dass die Amtsgeheimnisverletzung ganzheitlich abgeklärt wurde. Sobald ein ausserordentlicher Staatsanwalt oder eine ausserordentliche Staatsanwältin eingesetzt ist, sei dieser/diese keinerlei Einschränkungen unterworfen. Die Institutionen hätten funktioniert, womit kein systemisches Problem, sondern ein unbefriedigender Einzelfall vorliege. Beide Akteure sprachen sich gegen eine Revision des StBOG aus.

Setzt die Bundesanwaltschaft einen ausserordentlichen Staatsanwalt des Bundes ein, muss der Bundesanwalt bzw. die Bundesanwältin oder ein Leitender Staatsanwalt des Bundes bzw. eine Leitende Staatsanwältin des Bundes eine allfällige Einstellungsverfügung des eingesetzten Staatsanwaltes genehmigen. Eine analoge Genehmigung durch die AB-BA ist nicht vorgesehen, wenn diese einen ausserordentlichen Staatsanwalt des Bundes einsetzt. Die GPK prüfen derzeit, ob diesbezüglich eine Lücke in den rechtlichen Vorgaben und damit ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.

3.6.3

Einführung des elektronischen Gerichtsdossiers (Projekt Justitia 4.0)

Die Subkommissionen Gerichte/BA der GPK befassen sich seit längerem mit der Einführung des elektronischen Gerichtsdossiers (Projekt Justitia 4.0). Das Projekt betrifft nicht nur die Eidgenössischen Gerichte, sondern auch die kantonalen Gerichte, die Staatsanwaltschaften der Kantone, vertreten durch die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und ­direktoren (KKJPD) und die BA. Das wichtigste Ziel des Projekts ist die Umstellung auf den elektronischen Rechtsverkehr. Dazu wird eine einheitliche Plattform geschaffen, über welche künftig elektronisch Daten ausgetauscht werden sollen, sei es zwischen Privaten (bzw. deren Anwältinnen oder Anwälten) mit einer Justizbehörde oder zwischen Justizbehörden.

Die zuständigen Subkommissionen stellten fest, dass das Projekt gemessen am ursprünglichen Zeitplan bereits mehr als ein Jahr im Rückstand ist. Sie nahmen ebenso zur Kenntnis, dass noch wesentliche Fragen geklärt werden müssen. Dazu gehört die Frage, ob die elektronische Kommunikation für die Justizbehörden und die involvierten Personen obligatorisch sein soll. Die dafür notwendigen gesetzlichen Grundlagen müssen erst geschaffen werden, sowohl auf Stufe Bund als auch in den Kantonen.

Andere Fragen betreffen die elektronischen Gerichtsdossiers oder die Datensicherheit.

Die Kommissionen erachten es als wichtig, dass dem Schutz der Daten eine hohe Bedeutung beigemessen wird. Sie ist zudem der Ansicht, dass das Obligatorium für die elektronische Kommunikation nicht zu einer Benachteiligung von Personen führen darf, welchen digitale Kompetenzen oder Mittel fehlen. Gemäss den zuständigen Personen des Bundesgerichts ist man sich dieser Problematik bewusst. Das Obligatorium 42 / 114

BBl 2023 579

soll daher nur für jene Personen gelten, die zur berufsmässigen Vertretung von Parteien in Justizverfahren befugt sind. Für alle anderen gibt es kein Obligatorium. Somit kann jemand, der sich nicht anwaltlich vertreten lassen will, auch auf dem analogen Weg klagen. Die GPK haben keinen unmittelbaren Handlungsbedarf erkannt, ihre zuständigen Subkommissionen werden sich aber über die erwähnten offenen Fragen und die Einführung des elektronischen Gerichtsdossiers weiterhin informieren.

3.7

Stand der laufenden Inspektionen der GPK und der GPDel

Wie bereits weiter oben ausgeführt, sind Inspektionen das Hauptinstrument der GPK.

Bei einer Inspektion der GPK werden drei Hauptetappen unterschieden: Erstens die eigentliche Inspektion, die auf Untersuchungen der Kommission und/oder einer Evaluation der PVK beruht. Diese Etappe wird mit der Verabschiedung eines ­ grundsätzlich öffentlichen ­ Berichts zuhanden der verantwortlichen Behörde, i.d.R. der Bundesrat, abgeschlossen. Zweitens die Stellungnahme der verantwortlichen Behörde: Gemäss Artikel 158 ParlG muss die verantwortliche Behörde die Aufsichtskommissionen über die Umsetzung der Empfehlungen informieren. Diese Stellungnahme wird veröffentlicht, sofern keine schützenswerten Interessen entgegenstehen.

Die GPK beurteilen diese und führen gegebenenfalls zusätzliche Untersuchungen durch oder veröffentlichen gar einen zweiten Bericht. Drittens die Nachkontrolle: In der Regel lässt die betreffende GPK zwei bis drei Jahre nach der Veröffentlichung des Inspektionsberichts eine Nachkontrolle durch die zuständige Subkommission durchführen. Dabei wird geprüft, inwieweit die betreffende Behörde sich der festgestellten Probleme angenommen und die Empfehlungen der GPK umgesetzt hat. Falls bestimmte Punkte offenbleiben, führt die GPK bisweilen zusätzliche Untersuchungen oder ­ nach Ablauf einer weiteren Frist ­ eine weitere Nachkontrolle durch.

Im Folgenden werden alle Ende 2022 laufenden Inspektionen der GPK aufgeführt, das heisst diejenigen, bei denen die drei Etappen noch nicht abgeschlossen sind. Die definitiv abgeschlossenen Inspektionen, bei denen die Nachkontrolle beendet wurde und/oder die nicht weiter behandelt werden, werden in Ziffer 3.1 und 3.2 aufgeführt.

Die Inspektionen werden mit dem ältesten Datum aufgelistet, das dem (ersten) Inspektionsbericht der GPK zu diesem Thema entspricht. Die weiteren Daten entsprechen den Kurzberichten, die im Rahmen der Inspektionen oder der Nachkontrollen veröffentlich wurden.

43 / 114

BBl 2023 579

Laufende Inspektionen ­ GPK-N/S Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Massnahmen des Bundesrates und ­ der Bundesverwaltung zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie

(vgl. dazu Kap. 4)

Planung und Einführung der Berufungs- 2022 kammer des Bundesstrafgerichts

Behandlung der Stellungnahme der Gerichte (2023)

Geschäftsverteilung bei den eidgenössi- 2021 schen Gerichten

Veröffentlichung Kurzbericht (2023)

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften

Veröffentlichung Kurzbericht (2023)

2019 2018

Aufsichtsverhältnis zwischen der AB-BA und der BA

­

Mitbericht zu künftigen Gesetzgebungsarbeiten (2023)

Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Behördenkommunikation vor Abstimmungen

­

Veröffentlichung Bericht (2023)

Evaluationsverfahren für das neue Kampfflugzeug

2022

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2023)

Grundwasserschutz in der Schweiz

2022

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2023)

Öffentlichkeitsarbeit des Bundes

2019

Weiterführung der Nachkontrolle (2023)

Laufende Inspektionen ­ GPK-N

Administrativ- und Disziplinaruntersu- 2019 chungen in der Bundesverwaltung

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2023)

Administrativhaft im Asylbereich

2019 2018

Veröffentlichung Kurzbericht (2023)

Evaluation zu den Auswirkungen von Freihandelsabkommen

2019 2017

Weiterführung der Nachkontrolle (2023)

44 / 114

BBl 2023 579

Thema

Bericht(e) der GPK

Elektronische Auszählung von Stimmen 2018 (e-counting) 2017

Nächster Schritt

Weiterführung der Nachkontrolle (2023)

Laufende Inspektionen ­ GPK-S Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Messung der Wirkung in der Entwicklungszusammenarbeit

­

Veröffentlichung Bericht (2023)

Transformation der EZV in das BAZG: 2022 rechtliche Aspekte und Zweckmässigkeit

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2023)

Ausserparlamentarische Verwaltungskommissionen

2022

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2023)

Controlling von Offset-Geschäften

2022

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2023)

Schutz der Biodiversität in der Schweiz 2021

Nachkontrolle (2023)

DNA-Analysen in Strafverfahren

2019

Nachkontrolle (2023)

Erfüllung angenommener Motionen und Postulate

2019

Nachkontrolle (2023)

Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht

2019

Abschluss der Inspektion (2023)

Revision der Mittel- und Gegenstände- 2018 liste

Nachkontrolle (2024)

Beteiligung des Bundes an Wirtschafts- 2019 sanktionen 2018

Weiterführung der Nachkontrolle (2023)

Zweckmässigkeit der Bevölkerungs2019 szenarien des Bundesamtes für Statistik 2018

Weiterführung der Nachkontrolle (2023)

45 / 114

BBl 2023 579

Bericht(e) der GPK

Thema

Nächster Schritt

Überwachung der Interessenbindungen 2019 in den Verwaltungsräten der bundesna- 2018 hen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB

Weiterführung der Nachkontrolle (2023)

Einführung der neuen Radiound Fernsehabgabe

Nachkontrolle (2024)

2020 2017

Aufnahme und Überprüfung von 2014 Medikamenten in der Spezialitätenliste

Abschluss der Nachkontrolle (2023)

Erwerbsersatzordnung: Unregelmässigkeiten bei der Abrechnung von freiwilligen Militärdienstleistungen

Zweite Nachkontrolle (2023)

2013

Laufende Inspektionen ­ GPDel Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Fall Crypto AG

2020

Nachkontrolle (2023)

3.8

Weitere von der GPK behandelte Themen

Subkommissionen EDA/VBS Thema

Laufendes Geschäft

Informatiksicherheit RUAG

X

Führungs- und Einsatzkommunikationssysteme Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) (inkl. Projekte Sicheres Datenverbundnetz [SDVN+] und Polycom Werterhalt)

X

Vorwürfe zu den Trainingsmethoden des Schweizerischen Turnverbands (STV)

X

Belastete Standorte und Vollzug der Störfallverordnung im VBS

X

46 / 114

Behandlung abgeschlossen

BBl 2023 579

Thema

Laufendes Geschäft

Bevölkerungsschutz: Bericht «Auslegeordnung Telematikprojekte»

X

Top-Projekte des VBS ­ Aufklärungsdrohnensystem 15

X

Beschaffung des 12cm Mörser 16 durch armasuisse

X

Sponsoring im VBS

X

Rüstungsstrategie VBS

X

Ausbildungsverfahren für den diplomatischen Dienst

X

Behandlung abgeschlossen

Supportvertrag der Pilatus-Werke mit Saudiarabien

X

Erbringung privater Sicherheitsdienstleistungen im Ausland

X

Personensicherheitsprüfung (PSP)

X

Immobilienmanagement VBS

X

Subkommissionen EFD/WBF Thema

Laufendes Geschäft

Folgen des Korruptionsfalles im SECO

X

Digitale Verwaltung Schweiz

X

Wirksamkeit des Cassis-de-Dijon-Prinzip

X

Prozess bei der Beschaffung von Gütern durch den Bund

X

Überprüfung der Verwaltungstätigkeit des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) und des WBF in Zusammenhang mit der Ausrichtung von Direktzahlungen

X

Umsetzung des Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA)-Abkommen

X

Behandlung abgeschlossen

47 / 114

BBl 2023 579

Thema

Laufendes Geschäft

Vollzug der Holzdeklarationspflicht durch das WBF

X

Anerkennung ausländischer Diplome

X

Prävention der sexuellen Belästigung beim Bund: Prozesse und Meldemöglichkeiten

X

Cybersicherheit

X

Aufsichtstätigkeiten der Schweizer Behörden im Ausland

X

Übergabe von Daten Dritter im Rahmen der Amtshilfe durch die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV)

X

Umsetzung der Stellenmeldepflicht

X

Behandlung abgeschlossen

Überprüfung der Verteilung der Bundesgelder an die medizinischen Fakultäten

X

Immobilienportfolio des Bundesamtes für Bauten und Logistik (BBL)

X

Härtefallmassnahmen im Zusammenhang mit der Coronakrise

X

Subkommissionen EDI/UVEK Thema

Laufendes Geschäft

SBB: Bestellung von Doppelstockzügen bei Bombardier

X

Netzstörungen bei Swisscom

X

Bauarbeiten am Bahnhof Lausanne

X

«Just culture» in der Bundesverwaltung und in den bundesnahen Unternehmen

X

Beteiligung der Schweiz an den europäischen Gesundheitsalarmsystemen

X

Impfstoffmangel in der Schweiz

X

48 / 114

Behandlung abgeschlossen

BBl 2023 579

Thema

Laufendes Geschäft

Behandlung von Zulassungsgesuchen betreffend innovative Arzneimittel

X

Aufsicht vom Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic) im Spitalbereich und Qualitätsmanagement in den Spitälern

X

Behandlung abgeschlossen

Revision des Personenbeförderungsgesetzes (Mitbericht)

X

Gesetzgebung zur Stilllegung von Kernkraftwerken

X

«2000-Watt-Areal»-Label

X

Personalsituation beim Institut für Virologie und Immunologie (IVI)

X

Bericht 2020 über die Sozialversicherungen

X

Stärkung der Aufsicht im Invalidenversicherung (IV)-Bereich

X

Zugangsmöglichkeiten für die Forschung im BAR

X

Zielerreichung von Swissmedic in der Periode 2019­2021

X

Verunreinigte Medikamente aus dem Ausland: Aufsicht von Swissmedic

X

Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz

X

Subkommissionen EJPD/BK Thema

Laufendes Geschäft

Ärztliche Betreuung bei Ausschaffungen

X

Radikalisierung und gewalttätiger Extremismus

X

eRetour

X

Modernisierung des Kompetenzzentrums Amtliche Veröffentlichungen (KAV)

X

Behandlung abgeschlossen

49 / 114

BBl 2023 579

Thema

Laufendes Geschäft

Bundeszentren für beschleunigte Asylverfahren

X

Neuausrichtung Strategische Führungsübungen (SFU) und Sicherheitsverbundsübungen (SVU)

X

Gewalt gegen Frauen in Bundesasylzentren

X

Versuchte Erpressung von Bundesrat Alain Berset

X

Cloud-Ausschreibungen des Bundes

X

Behandlung abgeschlossen

Schweiz 2035

X

Digitale Transformation und Informatik (DTI)Schlüsselprojekte der Bundesverwaltung ­ Systemplattform Biometriedatenerfassung (ESYSP)

X

Geldspielgesetz

X

Internationale Rechtshilfe

X

Frontex / Migrationsmanagement

X

Causa Dick Marty

X

Subkommissionen Gerichte/BA Thema

Laufendes Geschäft

Aufsicht des Bundesgerichts über die erstinstanzlichen Gerichte

X

Weiteres Vorgehen nach der gescheiterten Revision des Bundesgerichtsgesetzes (BGG)

X

Einfluss der Parteizugehörigkeit der Richterinnen und Richter auf die Rechtsprechung

X

Abklärungen der AB-BA zum Fall Magnitsky

X

Rolle der BA im Fall des Attentäters von Morges (2020)

X

Kontakte der BA zum Weltfussballverband (FIFA)

X

50 / 114

Behandlung abgeschlossen

BBl 2023 579

Thema

Laufendes Geschäft

Umsetzung von Artikel 260ter des Strafgesetzbuches (StGB) (Pa. Iv. GPK-S)

X

Gerichtsgebühren der eidgenössischen Gerichte

X

Indiskretionen im Zusammenhang mit Bundesratsgeschäften

X

Kennzahlen zur Ressourcensteuerung der Strafverfolgungsbehörden

Behandlung abgeschlossen

sistiert

Plenarkommissionen Thema

Laufendes Geschäft

DTI-Schlüsselprojekte der Bundesverwaltung ­ Rechenzentren VBS / Bund 2020

X

Krisenorganisation der Bundesbehörden für die Bewältigung der Energiekrise

X

Behandlung abgeschlossen

AB-BA ­ Gesamterneuerung für die Amtsperiode 2023­2026

X

Parlamentarische Initiative 15.451: «Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen»

X

Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2021 ­ Bericht des Bundesrates

X

Herausforderungen der Digitalisierung für die Bundesverwaltung

X

Die Gewalten auf Bundesebene ­ «Checks and Balances» im Wandel

X

Bewältigung der Covid-19-Pandemie durch die Bundesbehörden: Evaluationsbericht des Büros Interface im Auftrag des BAG

X

51 / 114

BBl 2023 579

3.9

Dienststellenbesuche

Dienststellenbesuche sind ein weiteres wichtiges Instrument der GPK. Die Subkommissionen besuchen ein Amt, ein Gericht oder einen anderen Träger von Bundesaufgaben, um sich im Gespräch mit den Dienstverantwortlichen über die Aufträge, Aufgaben und Kompetenzen der betreffenden Verwaltungsstelle sowie über deren laufende oder besonders interessante Geschäfte orientieren zu lassen. Diese Besuche können unabhängig von einer aktuellen Untersuchung oder im Zusammenhang mit einer Inspektion oder Nachkontrolle stattfinden. So statteten etwa die Subkommissionen Gerichte/BA der GPK-N/S der Bundesanwaltschaft einen Besuch ab. Die Subkommissionen konnten sich hierbei einen Überblick über die Organisation und Aufgaben der BA verschaffen, welche nach einer schwierigen Übergangsphase ohne leitenden Bundesanwalt nun wieder in einem ruhigeren Umfeld ihre Aufgaben wahrnehmen kann.

Im Berichtsjahr statteten die GPK folgenden Behörden und Dienststellen des Bundes einen Besuch ab: Dienststellenbesuche EDA/VBS

­ Felslabor Mont Terri in St-Ursanne, Bundesamt für Landestopografie (swisstopo) ­ Ständige Mission der Schweiz beim Büro der Vereinten Nationen in Genf

EDI/UVEK

­ Schweizerisches Bundesarchiv (BAR) ­ Bundesamt für Strassen (ASTRA) ­ Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) ­ MeteoSchweiz in Zürich-Flughafen

EFD/WBF

­ Preisüberwachung ­ Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) ­ Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) ­ Eidgenössisches Personalamt (EPA)

EJPD/BK

­ Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (EDÖB) ­ Bundesamt für Justiz (BJ) ­ Eidgenössisches Institut für Metrologie (METAS) ­ Generalsekretariat des EJPD (GS-EJPD)

Gerichte/BA

52 / 114

­ Bundesanwaltschaft (BA)

BBl 2023 579

3.10

Aufsichtseingaben

Eingaben gemäss Artikel 129 ParlG sind Hinweise von Privatpersonen oder Organisationen zur Geschäftsführung und zum Finanzgebaren des Bundesrates, der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und anderer Träger von Aufgaben des Bundes, die der Oberaufsicht der eidgenössischen Räte unterstellt sind. Sofern sich diese Hinweise auf allfällige Missstände oder Mängel im Rechtsvollzug oder in der Geschäftsführung einer Bundesbehörde beziehen, werden sie den GPK zugewiesen.

Die allgemeinen Einschränkungen der Oberaufsicht gelten auch bei Eingaben. So sind die GPK insbesondere nicht befugt, Einzelentscheide aufzuheben oder zu ändern; auch dürfen sie keine inhaltlichen Kontrollen richterlicher Entscheidungen vornehmen (Art. 26 Abs. 4 ParlG). Die GPK entscheiden nach freiem Ermessen, ob und wie sie die ihnen zugewiesenen Eingaben behandeln wollen. In der Regel befassen sich die GPK mit Einzelfällen, soweit diese eine allgemeine Problematik betreffen. Im Übrigen stehen den Eingebern weder Parteirechte zu, noch können sie gegen die Entscheide der GPK Beschwerde einlegen.

Im Berichtsjahr haben die GPK 25 Eingaben erhalten. Davon konnten 18 abschliessend behandelt werden. Im selben Zeitraum haben sich die Kommissionen mit 3 Eingaben aus dem Vorjahr befasst.

4

Covid-19-Inspektion

Die beiden GPK haben am 18. Mai 2020 beschlossen, im Rahmen einer Inspektion die Massnahmen des Bundesrates und der Bundesverwaltung zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie zu überprüfen. Der Schwerpunkt der Abklärungen soll dabei auf dem Zeitraum der ausserordentlichen Lage im Frühling 2020 liegen. Um den besonderen Umständen, der Dynamik und der thematischen Breite Rechnung zu tragen, haben die GPK entschieden, die Inspektion dezentral in den Subkommissionen durchzuführen. Die Subkommissionen sollten selber Schwerpunkte festlegen und diese bei Bedarf auch anpassen oder auf geplante Abklärungen verzichten können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn bestimmte Themen bereits vertieft durch den Bundesrat, die Departemente oder andere Organe aufgearbeitet wurden bzw. werden. Je nach dem berücksichtigen die Subkommissionen die Erkenntnisse aus diesen Arbeiten oder verzichten auf eigene Abklärungen. Auf die Behandlung von einigen im Jahresprogramm 2022 genannten Covid-19-Themen verzichteten die Subkommissionen aus anderen Gründen (keine erhärteten Problemhinweise, geringe Bedeutung).

Einige Abklärungen im Rahmen der Covid-19-Inspektion haben die GPK bereits abgeschlossen und ihre Erkenntnisse veröffentlicht (siehe Tabelle hiernach). Der Jahresbericht 2020 und 2021 der GPK/GPDel legt Rechenschaft über verschiedene, von den Kommissionen behandelte Themen im Zusammenhang mit Covid-19 ab. Die GPK-N/S haben beschlossen, die verschiedenen Abklärungsresultate auf ihrer Internetseite unter einer eigenen Rubrik übersichtlich aufzulisten (siehe Medienmitteilung der GPK-N/S vom 29. März 2022).84 84

Siehe hierzu www.parlament.ch > Services > News > GPK-N/S (Stand: 8.12.2022).

53 / 114

BBl 2023 579

Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Die GPK leiten eine Inspektion zur Aufarbeitung der Bewältigung der Covid-19-Pandemie durch die Bundesbehörden ein

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 26. Mai 2020

Impfstoffbeschaffung: GPK-N befasst sich mit den Kontakten zwischen Bund und Lonza

Medienmitteilung der GPK-N vom 30. März 2021

Umsetzung der Covid-19-Massnahmen an der Grenze

Bericht der GPK-S vom 22. Juni 2021 (BBl 2021 2393)

Covid-19-Massnahmen an der Grenze: Einschränkungen brauchen gesetzliche Grundlage sowie gute Koordination und Kommunikation

Medienmitteilung der GPK-S vom 25. Juni 2021

Kontakte der Bundesbehörden mit den Unternehmen Lonza und Moderna betreffend Herstellung und Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen

Bericht der GPK-N vom 16. November 2021 (BBl 2022 450)

Covid-19 Impfstoffe: Bundesbehörden haben Verhandlungen mit Lonza und Moderna angemessen geführt

Medienmitteilung der GPK-N vom 18. November 2021

Covid-19 Erwerbsersatz für Selbständiger- Bericht der GPK-N vom werbende 18. Februar 2022 (BBl 2022 515) GPK-N zieht insgesamt positive Bilanz über Covid-19-Erwerbsersatz für Selbständigerwerbende in den ersten Krisenmonaten

Medienmitteilung der GPK-N vom 18. Februar 2022

Covid-19-Pandemie: Beschaffung von Schutzmasken

Bericht der GPK-N vom 18. Februar 2022 (BBl 2022 490)

GPK-N sieht Mängel bei der Maskenbeschaffung in der ersten Phase der Pandemie

Medienmitteilung der GPK-N vom 21. Februar 2022

Übersicht über die Arbeiten der GPK Medienmitteilung der GPK-N/S vom zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie 29. März 2022

54 / 114

BBl 2023 579

Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Krisenorganisation des Bundes für Bericht der GPK-N/S vom 17. Mai 2022 den Umgang mit der Covid-19-Pandemie (BBl 2022 1801) (Januar bis Juni 2020) Covid-19-Pandemie: GPK fordern grundsätzliche Überlegungen zur Krisenorganisation des Bundes

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 24. Mai 2022

Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der Landesversorgung während der Covid-19-Pandemie

Bericht der GPK-N vom 9.

September 2022 (BBl 2022 2358)

Empfehlungen des Bundes zur Medienmitteilung der GPK-N vom wirtschaftlichen Landesversorgung müssen 12. September 2022 verbindlicher sein GPK-N fordert Bundesrat auf, Nutzen aus den allgemeinen Lehren aus dem Covid-19-Erwerbsersatz zu ziehen

Medienmitteilung der GPK-N vom 8. November 2022

Die folgende Tabelle gibt demgegenüber einen Überblick über die wichtigsten, noch laufenden Abklärungen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Krise.

Die Erkenntnisse dieser Abklärungen werden zu gegebener Zeit veröffentlicht.

Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Covid-19: Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen

­

Veröffentlichung Bericht (GPK-S, 2023)

Covid-19: Datenmanagement im Gesundheitsbereich

­

Weiterführung der Abklärungen (GPK-S, 2023)

Covid-19: Kommunikationsverantwortung ­ Rolle der BK

­

Weiterführung der Abklärungen (GPK-S, 2023)

Covid-19: Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG

­

Veröffentlichung Bericht (GPK-N, 2023)

Kurzarbeit in der Corona-Krise

­

Veröffentlichung Bericht (GPK-N, 2023)

Berücksichtigung der Bundesverfassung ­ durch den Bundesrat bei bestimmten Massnahmen zur Pandemiebewältigung

Weiterführung der Abklärungen (GPK-N, 2023)

55 / 114

BBl 2023 579

Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Weitergabe und Weiterverkauf von nicht verwendeten Impfdosen

­

Weiterführung der Abklärungen (GPK-N, 2023)

Krisenorganisation des Bundes für den Umgang mit der Covid-19-Pandemie

2022

Behandlung Stellungnahme des Bundesrates (GPK-N/S, 2023)

Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der Landesversorgung während der Covid-19-Pandemie

2022

Umsetzung der Covid-19-Massnahmen 2021 an der Grenze

Behandlung Stellungnahme des Bundesrates (GPK-N, 2023) Nachkontrolle (GPK-S, 2024)

In den Kapiteln 4.1 bis 4.3 finden sich weitere Auskünfte zu ausgewählten Themen, bei denen die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind oder bei denen keine eigenständige Publikation erfolgte oder vorgesehen ist.

4.1

Bereich EFD/WBF

4.1.1

Covid-19-Kredite

Die GPK-S schloss im Jahr 2022 ihre 2020 lancierten Arbeiten zu den Covid-19-Krediten ab. Die GPK-S hatte bereits in ihrem Jahresbericht 202085 darüber informiert, unter welchen Umständen dieses Instrument eingeführt wurde. In den Jahren 2021 und 2022 vertiefte sie insbesondere die von der Verwaltung in Betracht gezogenen Ansätze, die vom Bund eingegangenen finanziellen Risiken und die Missbrauchsbekämpfung. Sie hörte hierzu die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV), das SECO, das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) und die EFK an.

Die GPK-S erkundigte sich nach den Ansätzen, die zwischen Februar und März 2020 verwaltungsintern und -extern geprüft und diskutiert worden waren. Zu diesen gehörten unter anderem direkte Finanzhilfen des Bundes in Form von Darlehen oder À-fonds-perdu-Beiträgen, einfache Bürgschaften im Sinne von Artikel 495 des Obligationenrechts (OR)86 oder die Abwicklung über die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV). Mitte März 2020 erkannte der Bund, dass dringender Bedarf besteht, die vom Lockdown betroffenen und stark verunsicherten Unternehmen mit

85 86

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26.1.2021 (BBl 2021 570, Ziff. 4.3.2).

Bundesgesetz vom 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht; SR 220).

56 / 114

BBl 2023 579

Liquidität zur Deckung ihrer Fixkosten zu versorgen.87 Laut EFV wurde für alle Beteiligten rasch erkennbar, dass sich die Bundeslösung auf die bestehenden Strukturen und insbesondere auf die Ressourcen der Banken, der vier Bürgschaftsorganisationen88 und des SECO stützen muss, um rasch operabel zu sein. Es war eine politische Vorgabe des Vorstehers des EFD, dass die Vergabe von Covid-19-Krediten ab dem 26. März 2020 umgehend und auf unbürokratische Weise zu erfolgen hat, damit bereits ab Ende März auftretende Liquiditätsengpässe der Unternehmen überbrückt und so Konkurse vermieden werden können.

Die GPK-S informierte sich zudem über die Höhe der vom Bund verbürgten Kredite und nach dem vom Bund getragenen Risiko. Der Bund verbürgte die Covid-19-Kredite bis 500 000 Franken zu 100 Prozent und die sogenannten Covid-19-Plus-Kredite (mehr als 500 000 Franken) zu 85 Prozent. Das Risiko für die restlichen 15 Prozent wurde von den Banken getragen. Die EFV informierte die GPK-S, dass in übereinstimmender Analyse zwischen den Behörden und den Banken nur eine zu 100 Prozent direkt oder indirekt vom Bund garantierte Kreditfazilität infrage kam, da diese Kredite schnell und unbürokratisch an Klein- und Kleinstunternehmen fliessen sollten, die zu einem grossen Teil noch keine Kreditbeziehung zu einer Bank hatten. Aufgrund ihrer Sorgfaltspflichten hätten die Banken ­ wie bei den Covid-19-Krediten ab 500 000 Franken ­ eine Kreditprüfung vornehmen müssen. Eine solche Prüfung erfordert Zeit und hätte zu Verzögerungen bei der Bearbeitung der Kreditgesuche geführt, die zwischen Ende März und Anfang Mai 2020 eingereicht wurden.89 Laut EFV hätten die ersten Kredite an Kleinst- und Kleinunternehmen nicht bereits am 26. März 2020 gewährt werden können, wenn bei den Covid-19-Krediten bis 500 000 Franken kein Deckungsgrad von 100 Prozent vorgesehen worden wäre.

Die GPK-S erkundigte sich, welches Konzept für die Missbrauchsbekämpfung erarbeitet wurde. Die EFV teilte der GPK-S mit, dass bewusst eine offene Formulierung bezüglich der Zuständigkeiten bei der Missbrauchsbekämpfung und beim umfassenden Datenschutz gewählt wurde, damit die zuständigen Verwaltungseinheiten in einem nächsten Schritt das entsprechende Prüfkonzept erstellen konnten. Der Bundesrat hatte am 3. April 2020 bereits erste Eckwerte eines Missbrauchsbekämpfungskonzepts
angekündigt und dabei das EFD beauftragt, schärfere Haftungsbestimmungen zu prüfen. Dementsprechend wurde im April 2020 die Solidarbürgschaftsverordnung90 um eine Bestimmung ergänzt, gemäss welcher die Organe der Unternehmen bei missbräuchlicher Kreditverwendung für den Schaden solidarisch haften. Die erste 87

88

89 90

Andere beschlossene Hilfsmassnahmen, wie die Ausweitung und Vereinfachung der Kurzarbeit und die Erwerbsausfallsentschädigung für Selbstständigerwerbende, hatten zu diesem Zeitpunkt ihre Wirkung noch nicht entfaltet.

Die vom Bund unterstützten Bürgschaftsgenossenschaften verschaffen den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) einen leichteren Zugang zu Bankkrediten, denn diese Organisationen können den Banken, die den Unternehmen das Geld leihen, Garantien bieten. Siehe auch www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > Bürgschaften für KMU (Stand 25.10.2022).

In diesem Zeitraum wurden rund 100 000 Kreditanträge gestellt.

Art. 18a der Verordnung vom 25.3.2020 zur Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften infolge des Coronavirus (Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung, Covid-19-SBüV; SR 951.261), eingefügt durch Art. 21 der Verordnung vom 16.4.2020 über insolvenzrechtliche Massnahmen zur Bewältigung der Coronakrise (Covid-19-Verordnung Insolvenzrecht; AS 2020 1233).

57 / 114

BBl 2023 579

Fassung des danach laufend weiterentwickelten Konzepts, die in Zusammenarbeit mit der EFV und der EFK entwickelt wurde, wurde am 12. Mai 2020 veröffentlicht. Dieses Konzept entstand also nicht unter demselben Zeitdruck wie das Covid-19-Kreditbürgschaftssystem. Die EFV teilte mit, dass bei der Kreditantragsstellung aufgrund der Dringlichkeit und der sehr grossen Anzahl von Kreditanträgen bewusst auf eine umfassende Prüfung jedes einzelnen Unternehmens verzichtet wurde. Die Prüfung der Geschäftsberichte aller Gesuchstellenden hätte zu einem sehr grossen Personalaufwand, entsprechend hohen Kosten und einem grossen Zeitverlust bei der Kreditvergabe geführt. Es wurde deshalb auf die Selbstdeklaration der Kreditnehmenden und eine rudimentäre Prüfung durch die kreditgebenden Banken abgestützt. Falsche Angaben im Kontext dieser Selbstdeklaration wurden entsprechend mit strafrechtlichen Konsequenzen verknüpft. Die Strafandrohungen bei Falschdeklarationen waren in der Kreditvereinbarung dabei explizit erwähnt.

Um dem Missbrauch bei der manuellen Angabe des Umsatzerlöses durch die Kreditnehmenden vorzubeugen, wäre für eine allfällige Neuauflage des Covid-19-Kreditbürgschaftssystems vorgesehen gewesen, beim Kreditantragsprozess den Umsatzerlös in einem automatisierten Verfahren direkt von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) zu beziehen. Der hierbei übernommene Umsatzerlös hätte durch die Gesuchstellenden nicht verändert werden können. Zudem wären bei einer Neuauflage dank dem digitalen Antragsprozess Mehrfachanträge direkt unterbunden worden. Allerdings wurden diese Anpassungen nicht umgesetzt, da die Frist für die Beantragung eines Covid-19-Kredits nicht verlängert wurde und somit am 31. Juli 2020 auslief. Die Konzeption und Umsetzung solcher zusätzlichen digitalen Massnahmen ist aufwendig und war im Frühjahr 2020 aufgrund des grossen Zeitdrucks daher nicht möglich.

Die GPK-S befasste sich zudem mit dem Beizug Dritter durch die Verwaltung für die Umsetzung des Vorhabens. Die Leitlinie, sich bei der Bereitstellung der Covid-19Kredite auf die bestehenden Strukturen zu stützen, war laut EFV eine faktische Notwendigkeit. Entsprechend wurde auf die im KMU-Kontext etablierten, vom Bund anerkannten vier Bürgschaftsorganisationen abgestellt. Bereits zu Beginn der Arbeiten war ebenfalls klar, dass das
vorhandene KMU-Kreditbürgschaftssystem ­ wie vom Bundesrat in dessen Botschaft zum Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz91 festgehalten ­ nicht auf ein Massengeschäft ausgerichtet war. Kellerhals Carrard, PricewaterhouseCoopers, Intrum sowie weitere Dritte wurden vom SECO und von den vier Bürgschaftsorganisationen unter anderem damit beauftragt, unter deren Leitung die auf die Bürgschaftsorganisationen übergegangenen Forderungen zu bewirtschaften sowie das Inkasso, die Revision und die rechtliche Beratung zu übernehmen. Aus Sicht der EFV war der Beizug Dritter für den Erfolg des Kreditbürgschaftssystems unerlässlich und bewährte sich grundsätzlich.

Am Rande der Inspektion zu den Covid-19-Krediten liess sich die GPK-S auch über den Cyberangriff auf die Plattform Easygov92 informieren. Dieser war insbesondere darauf zurückzuführen, dass der Korrekturprozess für die Covid-19-Kreditanträge im 91 92

Botschaft vom 18.9.2020 zum Bundesgesetz über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus (BBl 2020 8477, hier 8512).

Cyberangriff auf EasyGov, Medienmitteilung des SECO vom 21.10.2021.

58 / 114

BBl 2023 579

öffentliche Bereich der Plattform zur Verfügung stand und somit ungenügend geschützt war. Die GPK-S hatte bereits in ihrem Jahresbericht 202193 darüber berichtet.

Sie hielt damals fest, wie wichtig es ist, dass sich die Verwaltungseinheiten bei der Entwicklung von Funktionalitäten für ihre Plattformen strikt an das Prinzip «Security by Design» halten.

Vor dem Hintergrund der erhaltenen Informationen begrüsst die GPK-S, dass die Massnahmen zu den Covid-19-Krediten im März 2020 rasch ausgearbeitet wurden.

Sie hat die Kritik der EFK zur Kenntnis94 genommen, dass die nachträglichen Kontrollen leichter gewesen wären, wenn die Unternehmen bei der Antragstellung verpflichtet gewesen wären, detailliertere Angaben zu machen. Dies hätte aus Sicht der Kommission jedoch die Umsetzung der Massnahmen verzögert. Die politische Entscheidung, die Kredite möglichst rasch bereitzustellen, war nach Meinung der Kommission richtig, da im März 2020 schwer abzusehen war, wie sich die Situation weiterentwickeln würde. In Anbetracht dessen und da einer raschen Kreditgewährung Vorrang eingeräumt wurde, ist die GPK-S der Auffassung, dass bei der Einführung des Instruments und der Aufsichtsmechanismen angemessen vorgegangen wurde. Die Frage, ob Tempo oder Effizienz hätte bevorzugt werden sollen, lässt sich erst dann vollständig beantworten, wenn die zuständigen Behörden die Wirksamkeit der Covid19-Kredite evaluiert haben.

4.2

Bereich EDI/UVEK

4.2.1

Internationale Informationsgrundlagen und internationaler Austausch des EDI und des BAG

In Fortsetzung ihrer Arbeiten der Jahre 2020 und 202195 nahm die GPK-N im Berichtsjahr zusätzliche Abklärungen vor zu den Informationsgrundlagen, auf die sich das EDI und das BAG stützten, um die internationale Entwicklung der Pandemie zu verfolgen, und zum internationalen Austausch des Departementes und des Bundesamtes in der Krise. Nach einer Anhörung der genannten Verwaltungseinheiten im Juni 2022 beschloss die Kommission, ihre Arbeiten in diesem Dossier abzuschliessen. Sie wird sich allerdings weiterhin über den Zugang der Schweiz zu den europäischen Warnsystemen im Gesundheitsbereich auf dem Laufenden halten.

Die GPK-N zieht insgesamt eine positive Bilanz hinsichtlich der Nutzung der internationalen Informationen über die epidemiologische Lage und der internationalen Kontakte durch das EDI und das BAG in der Pandemie. Die Nutzung dieser Informationen und Kontakte trug dazu bei, dass die Schweizer Behörden die Krise gut bewältigten. Die Kommission stellte insbesondere fest, dass die internationalen Herausforderungen bei der Krisenbewältigung angemessen berücksichtigt wurden und dass der Bundesrat regelmässig über die epidemiologische Lage in Europa und weltweit informiert wurde. Die Einführung einer international anerkannten Covid-19-Zertifikatsapp 93 94 95

Jahresbericht der GPK und der GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 3.7.3) Protokoll der Subkommission EFD/WBF der GPK-S vom 22.3.2021 (Anhörung EFK).

Jahresbericht 2021 der GPK und der GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 4.1.3), Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26.1.2021 (BBl 2021 570, Ziff. 4.1.3).

59 / 114

BBl 2023 579

ist ein gutes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit der Schweiz mit ihren Nachbarländern.

Die Kommission nahm Kenntnis vom im Juni 2022 veröffentlichten zweiten Evaluationsbericht der BK über die Pandemiebewältigung96, in welchem die internationale Zusammenarbeit der Bundesverwaltung ebenfalls insgesamt positiv bewertet wird.

Die BK sieht allerdings Optimierungspotenzial in Sachen Austausch der Informationen über die Entwicklungen, Lehren und Erfahrungen im Ausland zwischen den Departementen und erachtet es als notwendig, diese Aspekte in die Krisenvorbereitungsübungen aufzunehmen.

Die Kommission zog mit dem EDI und dem BAG eine erste Bilanz des internationalen Contact-Tracings. Das BAG vertritt die Auffassung, dass dieses Instrument während der gesamten Pandemie sehr wichtig war. Die GPK-N wies darauf hin, dass das internationale Contact-Tracing zwei Elemente umfasste: zum einen die direkte Kommunikation mit anderen Ländern, um Infektionsketten nachvollziehen zu können, die vor allem in den ersten Krisenwochen sehr wichtig war, zum anderen die in der Pandemie erfolgte Einführung von Registrierungsformularen für Flugpassagiere aus dem Ausland. Das BAG räumte ein, dass das individuelle internationale Contact-Tracing rasch an seine Grenzen gestossen war, namentlich mit dem Auftreten der Omikron-Variante. Die Kommission begrüsst die Absicht des BAG, Überlegungen über die Nutzung dieser Instrumente in künftigen Krisen anzustellen und sich in den internationalen Organisationen für eine Klärung und Stärkung der einschlägigen Vorschriften starkzumachen.

Die GPK-N stellte zudem erfreut fest, dass sich die Schweiz ­ ausgehend von den Lehren aus der Covid-19-Krise ­ an den Arbeiten zur Stärkung der Rolle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei der Epidemienbewältigung aktiv beteiligt, namentlich was die Verbesserung der internationalen Gesundheitsvorschriften und den internationalen Informationsaustausch angeht.

Die Kommission nahm zur Kenntnis, dass das BAG eine positive Bilanz seiner Zusammenarbeit mit den für das internationale Krisenmanagement zuständigen Stellen des EDA und der anderen Bundeseinheiten zieht. Sie hält fest, dass in den ersten Krisenwochen verschiedene Fragen der Koordination geklärt werden mussten, namentlich in Sachen Umsetzung der Massnahmen an den Grenzen97, sich die
Situation in der Folge aber, auch dank der Schaffung verschiedener Koordinationsgremien, verbesserte. In den Augen der Kommission ist es wichtig, dass darüber nachgedacht wird, ob und in welcher Form diese Gremien künftig weitergeführt werden bzw. im Krisenfall reaktiviert werden können.

Ein zentraler Punkt dieses Dossiers ist nach Ansicht der GPK-N der Zugang der Schweiz zu den europäischen Gesundheitsnetzwerken.98 In der Covid-19-Pandemie 96 97 98

Auswertung des Krisenmanagements in der Covid-19-Pandemie (2. Phase / August 2020 bis Oktober 2021), Bericht der BK vom 22.6.2022, siehe insbesondere Ziff. 2.5.

Siehe hierzu Umsetzung der Covid-19-Massnahmen an der Grenze, Bericht der GPK-S vom 22.6.2022 (BBl 2021 2393).

Die Frage der Beteiligung der Schweiz an den europäischen Warnsystemen im Gesundheitsbereich wird bereits seit mehreren Jahren von der GPK-N verfolgt; siehe insbesondere den Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel vom 28.1.2020, Ziff. 3.3.2 (BBl 2020 2971, hier 2989).

60 / 114

BBl 2023 579

räumte die EU der Schweiz einen Ad-hoc-Zugang zu den betreffenden Plattformen und Systemen99 ein. Alle Verwaltungsakteure sind sich einig, dass dieser Zugang für die Krisenbewältigung in der Schweiz entscheidend war. Dessen Bedeutung wird auch von der BK in ihrem Evaluationsbericht unterstrichen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Schweiz nach der Pandemie wieder aus diesen Netzwerken ausgeschlossen wird. Die Vertretungen des EDI und des BAG teilten im Juni 2022 mit, dass der Zugang bislang zwar noch vorhanden ist, der Zugriff auf gewisse Informationen aber bereits schwieriger geworden ist. Das EDI betonte gegenüber der GPK-N, dass die Zusammenarbeit mit der EU im Gesundheitsbereich unbedingt institutionalisiert werden muss, um zu verhindern, dass die Schweiz in künftigen Krisen erneut von einem Ad-hoc-Zugang abhängig ist. Die seit 13 Jahren laufenden Verhandlungen über ein bilaterales Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Gesundheit wurden allerdings 2021 gestoppt, nachdem der Bundesrat die Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen abgebrochen hatte. Der Bundesrat beauftragte das EDA, das EDI und das VBS im Juni 2022 auf Grundlage der BK-Evaluation, ihm bis Mitte 2023 darzulegen, welche Mechanismen, Netzwerke und Plattformen der EU für ein effektives Krisenmanagement der Bundesverwaltung notwendig sind.

Vor diesem Hintergrund hat die GPK-N beschlossen, ihre Arbeiten in diesem Dossier abzuschliessen. Sie geht davon aus, dass die Lehren in Sachen internationaler Informationsgrundlagen und Kontakte von den betroffenen Verwaltungseinheiten bei deren Bilanz der Covid-19-Pandemie berücksichtigt werden. Sie wird sich weiterhin über den Zugang der Schweiz zu den europäischen Warnsystemen im Gesundheitsbereich aktiv auf dem Laufenden halten.

4.2.2

Wissenschaftliche Informationsgrundlagen des EDI und des BAG

Die GPK beschlossen im Januar 2021, die PVK mit einer Evaluation zu beauftragen, in der untersucht wird, wie das BAG in der Covid-19-Pandemie die wissenschaftlichen Erkenntnisse nutzte. Sie betraute die PVK unter anderem damit, die Verarbeitung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG und die Kommunikation dieser Erkenntnisse an die Bevölkerung zu untersuchen.100 Im September 2022 nahm die GPK-N Kenntnis von den Schlussfolgerungen der PVK-Evaluation. Sie wird auf dieser Grundlage im ersten Halbjahr 2023 einen Bericht mit ihren Schlussfolgerungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht und mit ihren Empfehlungen zuhanden des Bundesrates veröffentlichen.

Im Zusammenhang mit dieser Evaluation nahm die GPK-N auch Kenntnis von den Schlussfolgerungen einer Studie über den Umgang der Bundesbehörden mit der 99

Insbesondere zum Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control, ECDC), zum Health Security Committee (HSC) und zum Frühwarn- und Reaktionssystem (Early Warning and Response System, EWRS).

100 Für weitere Informationen zur Evaluation der PVK siehe Jahresbericht 2022 der PVK, Ziff. 3.1.

61 / 114

BBl 2023 579

Covid-19-Krise101, die vom Büro Interface und von verschiedenen externen Fachpersonen im Auftrag des BAG angefertigt worden war. Diese Studie befasst sich unter anderem damit, wie die Bundesbehörden und die Wissenschaft bis im Sommer 2021 zusammenarbeiteten. Die Autorinnen und Autoren kommen zum Schluss, dass diese Zusammenarbeit überdacht und auf der Grundlage der Arbeiten der BK, des Wissenschaftsrates und der PVK neu geregelt werden sollte. Die GPK-N und die GPK-S besprachen die Schlussfolgerungen dieser Studie an ihren jeweiligen Plenarsitzungen vom Juni bzw. Oktober 2022 mit dem Vorsteher des EDI, einer Delegation des BAG und einer Vertretung von Interface. Die in diesem Rahmen gewonnenen Erkenntnisse werden in die Beurteilung der GPK-N einfliessen.

Die GPK-N nahm ferner Kenntnis vom zweiten Evaluationsbericht der BK über das Pandemiemanagement102 und von den darin enthaltenen Schlussfolgerungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesverwaltung und der Wissenschaft. Die Ansichten der befragten Personen zu diesem Thema sind sehr unterschiedlich. Die Mehrheit beurteilt die Form, die für die Zusammenarbeit gewählt wurde, als positiv, sieht aber in verschiedener Hinsicht Verbesserungspotenzial. Die BK, das WBF und das EDI wurden beauftragt, dem Bundesrat bis Ende 2022 verschiedene Optionen für die künftige wissenschaftliche Beratung der politischen Verantwortlichen aufzuzeigen.103 Die GPK-N wird sich im Hinblick auf die Erstellung ihres Berichts über die Ergebnisse dieser Abklärungen informieren.

4.2.3

Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen bei der Bewältigung der Covid-19-Pandemie

Die GPK-S setzte im Berichtsjahr ihre Arbeiten betreffend die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen bei der Bewältigung der Covid-19-Pandemie fort.

Sie nahm Kenntnis vom Schlussbericht der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK)104 zu diesem Thema, der Ende April 2022 veröffentlicht worden war und 15 Empfehlungen enthält. In diesem Bericht üben die Kantone Kritik an der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen sowie daran, wie die kantonalen Interessen im Entscheidprozess des Bundes berücksichtigt worden waren. Im September besprach die Kommission die Schlussfolgerungen dieses Berichts mit einer Delegation der KdK und der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK). Sie nahm zudem

101

Balthasar, Andreas / Essig, Stefan / von Stokar, Thomas / Vettori, Anna / von Dach, Andrea / Trageser, Judith / Trein, Philipp / Rubinelli, Sara / Zenger, Christoph / Perrotta, Maria / Weiss, Günter (2022): Evaluation der Krisenbewältigung Covid-19 bis Sommer 2021. Bericht vom 4.2.2022 zuhanden des BAG, Fachstelle Evaluation und Forschung (E+F).

102 Auswertung des Krisenmanagements in der Covid-19-Pandemie (2. Phase / August 2020­Oktober 2021), Bericht der BK vom 22.6.2022, siehe insbesondere Ziff. 2.3.

103 Siehe Antwort auf das Po. Michel «Wissenschaftliches Potenzial für Krisenzeiten nutzen» vom 5.5.2020 (20.3280).

104 Zusammenarbeit von Bund und Kantonen in der Covid-19-Epidemie: Schlussfolgerungen und Empfehlungen, Schlussbericht der KdK vom 29.4.2022.

62 / 114

BBl 2023 579

Kenntnis von der im Oktober 2022 veröffentlichten Stellungnahme des Bundesrates105 zu den Empfehlungen der KdK.

Die GPK-S nahm im Weiteren Kenntnis von den Schlussfolgerungen einer Studie über den Umgang der Bundesbehörden mit der Covid-19-Krise106, die vom Büro Interface und von verschiedenen externen Fachexperten im Auftrag des BAG erstellt worden war. In dieser Studie wird die Zusammenarbeit des Bundes mit den Kantonen in der Pandemie aus verschiedenen Blickwinkeln (Gesundheitsmassnahmen, Krisenorganisation, Gesundheitsversorgung) thematisiert. Die GPK-N und die GPK-S besprachen die Schlussfolgerungen dieser Studie an ihren jeweiligen Plenarsitzungen vom Juni bzw. Oktober 2022 mit dem Vorsteher des EDI, einer Delegation des BAG und einer Vertretung von Interface.

Die Kommission nahm ferner Kenntnis vom zweiten Evaluationsbericht der BK über das Pandemiemanagement107 und von den darin enthaltenen Schlussfolgerungen über die Zusammenarbeit im föderalen System der Schweiz. Die BK hält in ihrem Bericht fest, dass der Grossteil der befragten Personen die Zusammenarbeit zwischen den Krisenorganen des Bundes und der Kantone kritisch beurteilt. Diese wurde vor allem im Herbst 2020 im Zusammenhang mit der zweiten Pandemiewelle als problematisch erachtet. Diskrepanzen zwischen der Bundesverwaltung und den Kantonen gibt es ferner bei der Beurteilung der Konsultation zu den Massnahmen des Bundes. Die BK weist darauf hin, dass im Rahmen der Anpassung der Krisenorganisation des Bundes, die derzeit auf der Grundlage der Erfahrungen aus der Pandemie vorgenommen wird, unbedingt überprüft werden muss, wie die Kantone ins Krisenmanagement des Bundes einbezogen werden.

Die GPK-S hat vor, zu diesem Thema 2023 einen Bericht zu veröffentlichen, in dem sie den Sachverhalt und ihre Schlussfolgerungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht darlegt.

105

Zusammenarbeit von Bund und Kantonen in der Covid-19-Epidemie: Schlussfolgerungen und Empfehlungen, Stellungnahme des Bundesrates zum Schlussbericht der KdK vom 12.10.2022.

106 Balthasar, Andreas / Essig, Stefan / von Stokar, Thomas / Vettori, Anna / von Dach, Andrea / Trageser, Judith / Trein, Philipp / Rubinelli, Sara / Zenger, Christoph / Perrotta, Maria / Weiss, Günter (2022): Evaluation der Krisenbewältigung Covid-19 bis Sommer 2021. Bericht vom 4.2.2022 zuhanden des BAG, Fachstelle Evaluation und Forschung (E+F).

107 Auswertung des Krisenmanagements in der Covid-19-Pandemie (2. Phase / August 2020 ­ Oktober 2021), Bericht der BK vom 22.6.2022, siehe insbesondere Ziff. 2.2.

63 / 114

BBl 2023 579

4.2.4

Gesundheitsdatenmanagement: Arbeiten des EDI und des BAG zur Digitalisierung des Gesundheitssystems

Anknüpfend an ihre Arbeiten zur Zusammenarbeit zwischen den Bundesbehörden und den Kantonen bei der Bewältigung der Covid-19-Krise108, befasste sich die GPK-S im Berichtsjahr eingehend mit dem Gesundheitsdatenmanagement und den diesbezüglichen Lehren aus der Covid-19-Pandemie.

Die GPK-S nahm Kenntnis von einem Bericht über die Verbesserung des Datenmanagements im Gesundheitsbereich109, den das BAG im Auftrag des Bundesrates110 erarbeitet und im Januar 2022 veröffentlicht hatte. Das BAG definiert darin Grundsätze zum künftigen Datenmanagement und listet zudem fünf konkrete Massnahmen111 auf, mit denen der Umgang mit Gesundheitsdaten nachhaltig verbessert werden soll.

Der Bundesrat erteilte auf der Grundlage dieses Berichts mehrere Aufträge an das EDI, das VBS, das EFD und die BK.112 Im Juli 2022 besprach die GPK-S die Schlussfolgerungen dieses Berichts und die auf dessen Grundlage beschlossenen Massnahmen mit einer Delegation des EDI und des BAG. Das Departement und das Bundesamt räumten gegenüber der Kommission ein, dass die Covid-19-Krise erhebliche Defizite bei der Digitalisierung des Schweizer Gesundheitswesens zutage gefördert hat und dass in diesem Bereich deutlicher Optimierungsbedarf besteht. Sie wiesen allerdings auch darauf hin, dass in der Pandemie erhebliche Fortschritte erzielt werden konnten, und nannten verschiedene Beispiele wie das Online-Dashboard des BAG113, die Covid-19-Zertifikatsapp und das Impfmanagementsystem (Impf-Tools).

Die Kommission kam allerdings zum Schluss, dass in diesem Bereich noch zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen sind, namentlich die Standardisierung der Informatiksysteme und die Sicherstellung von deren Interoperabilität, die Berücksichtigung des Datenschutzes sowie die Flexibilisierung der Systeme und des Rechtsrahmens, um mit der raschen technologischen Entwicklung Schritt halten zu können.

108 109

110

111

112 113

Jahresbericht 2021 der GPK und der GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 4.1.4), Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26.1.2021 (BBl 2021 570, Ziff. 4.1.2).

Verbesserung des Datenmanagements im Gesundheitsbereich, Stand der Umsetzung des Auftrags 8 aus dem Bericht des BAG zur Auswertung des Krisenmanagements in der Covid-19-Pandemie (1. Phase, Februar 2020 bis August 2020) vom 12.1.2022.

Dieser Auftrag wurde dem EDI auf der Grundlage einer Evaluation der BK über die Bewältigung der Covid-19-Pandemie erteilt. Auswertung des Krisenmanagements in der Covid-19-Pandemie (1. Phase / Februar bis August 2020), Bericht der BK vom 11.12.2020, namentlich Ziff. 2.3 und Empfehlung 8.

Aufbau eines Spitalregisters der spitalstationären Leistungserbringer, Harmonisierung von Registern und Einführung fehlender Identifikatoren, Entwicklung gemeinsamer Interaktionen zum Datenaustausch, Weiterentwicklung der Datenauswertungen BAG, Aufbau einer Fachgruppe Datenmanagement im Gesundheitswesen.

Das Datenmanagement im Gesundheitsbereich soll verbessert werden, Medienmitteilung des Bundesrates vom 12.1.2022.

www.covid19.admin.ch (Stand: 21.11.2022).

64 / 114

BBl 2023 579

Das BAG teilte mit, dass es die digitalisierte Erfassung aller meldepflichtigen Krankheiten114 gesetzlich verankern und das Covid-19-Dashboard in ein Informationsportal für übertragbare Krankheiten umwandeln möchte. Die Kommission nahm Kenntnis von den Arbeiten des Bundesamtes zur Schaffung eines nationalen Spitalregisters und eines «Guichet» zum Austausch von Gesundheitsdaten mit anderen Akteuren des Gesundheitssystems. Das BAG erklärte zudem, mit dem Aufbau einer Fachgruppe begonnen zu haben, in der alle Akteure des Gesundheitssystems vertreten sind und die insbesondere die Aufgabe hat, Standards für die Systeme zum Management der Gesundheitsdaten festzulegen.115 Das EDI plant ferner, dem Parlament einen Verpflichtungskredit zu unterbreiten, mit dem das Projekt des BAG zur digitalen Transformation unterstützt werden soll.

Die GPK-S hält fest, dass das EDI und das BAG diesem Thema grosse Priorität einräumen. Sie hat aber auch zur Kenntnis genommen, dass die digitale Transformation des Gesundheitsbereichs eine grosse Herausforderung ist, deren Bewältigung mehrere Jahre und erhebliche Ressourcen in Anspruch nehmen sowie die Änderung von mehreren Rechtsgrundlagen notwendig machen wird. Zudem muss das entsprechende Konzept in Einklang stehen mit dem allgemeinen Projekt der Digitalisierung der Bundesverwaltung. Die Kommission wird dieses Dossier weiterverfolgen und sich 2023 erneut über den Stand der Arbeiten informieren.

4.2.5

Gesundheitsdatenmanagement: Reform des Koordinierten Sanitätsdienstes

Die GPK-S befasste sich im Rahmen ihrer Arbeiten zum Gesundheitsdatenmanagement und zu den diesbezüglichen Lehren aus der Covid-19-Pandemie (siehe Ziff. 4.2.4) auch mit der Reform des Koordinierten Sanitätsdienstes (KSD). Im November 2022 hörte sie eine Delegation des VBS und den ehemaligen Delegierten für den Sicherheitsverbund Schweiz (SVS) zu diesem Vorhaben an.

Der KSD, der bislang der Gruppe Verteidigung des VBS116 angegliedert war, hat in erster Linie die Aufgabe, den Einsatz und die Nutzung der personellen, materiellen und einrichtungsmässigen Mittel der zivilen und militärischen Stellen zu koordinieren, namentlich in Krisen. In der Pandemie spielte der KSD eine wichtige Rolle beim Gesundheitsdatenmanagement, da er das Informations- und Einsatzsystem (IES) betrieb, mit dem Daten über die Belegung der Intensivpflegebetten erhoben wurden.

Die Funktionsweise des IES wurde allerdings verschiedentlich kritisiert.117

114

BAG: meldepflichtige Infektionskrankheiten, www.bag.admin.ch > Krankheiten > Infektionskrankheiten bekämpfen > Meldesysteme für Infektionskrankheiten (Stand: 22.11.2022).

115 Die erste Sitzung dieser Fachgruppe fand im September 2022 statt. Siehe Digitale Transformation im Gesundheitswesen: Fachgruppe Datenmanagement hat ihre Arbeit aufgenommen, Medienmitteilung des BAG vom 20.9.2022.

116 Bislang war der Oberfeldarzt der Schweizer Armee Beauftragter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst.

117 Siehe hierzu insbesondere: Wirksamkeit der interdepartementalen Koordination bei Föderalismusfragen, Bericht der EFK vom 12.10.2021 (namentlich Ziff. 5).

65 / 114

BBl 2023 579

Die Vertretung des VBS bilanzierte in der Anhörung die Nutzung des IES in der Pandemie. Laut VBS bot dieses System den Vorteil, dass es Anfang 2020 bereits in rund 150 Schweizer Spitälern im Einsatz und so die einzige Möglichkeit war, umfassende Daten im Spitalnetz zu erheben. Dieses Instrument wurde deshalb nicht nur genutzt, um die Spitalkapazitäten zu erheben, sondern auch um zahlreiche Informationen über die epidemiologische Lage zu sammeln. Gemäss den angehörten Personen stellte die geringe Meldedisziplin der Spitäler zu Beginn der Pandemie eine grosse Herausforderung dar.

Die Kommission nahm davon Kenntnis, dass das aktuelle 18-jährige System mit dem Projekt «IES 2.0» des VBS ersetzt werden soll. Mit der neuen Version des Instruments sollen insbesondere die Schnittstellen zu den Informatiksystemen der Spitäler vereinfacht werden.

Dieses Projekt wird im Rahmen der Reform des KSD realisiert, an der das VBS seit mehreren Jahren arbeitet. Die Departementsvorsteherin beschloss im März 2022 auf der Grundlage eines externen Gutachtens von 2018118 und eines Berichts des SVS von 2021119, dass der KSD künftig nicht mehr der Gruppe Verteidigung, sondern dem BABS angegliedert ist.120 Der Bundesrat entschied im September 2022, dass diese Änderung per 1. Januar 2023 in Kraft tritt, und genehmigte zudem die Teilrevision der entsprechenden Verordnung.121 Die GPK-S tauschte sich in der Anhörung vom November 2022 mit der Vertretung des VBS über die allgemeinen Ziele und die Herausforderungen der KSD-Reform aus.

Sie nahm Kenntnis davon, dass ein Grossteil der Arbeiten zur Neuausrichtung des KSD und zur Definition von dessen künftiger Rolle in der Krisenorganisation des Bundes im Jahr 2023, d. h. nach der Angliederung ans BABS, stattfindet. Die Kommission entscheidet im Laufe des Jahres 2023, wie sie die Umsetzung der KSDReform und die Modernisierung des IES weiterzuverfolgen gedenkt.

4.2.6

Aufsicht des BAG über die Stiftung «meineimpfungen»

Die GPK-N hat im Berichtsjahr ihre Arbeiten zum Thema der Aufsicht des BAG über die Stiftung «meineimpfungen» abgeschlossen. Diese nicht gewinnorientierte Stiftung bezweckte, «das elektronische Impfdossier auf einer elektronischen Plattform zu betreiben sowie (...) in der Schweizerischen Bevölkerung bekannt zu machen und zu verbreiten.»122 Um diese Ziele zu erreichen, betrieb sie die elektronische Plattform «meineimpfungen.ch». Die Stiftung wurde vom Bund während mehreren Jahren 118 119 120 121 122

Zeltner, Thomas (2018): Zukünftiger Bedarf im Bereich Koordinierter Sanitätsdienst, Gutachten zuhanden des Vorstehers des VBS, Bericht vom 18.12.2018.

Zukünftiger Bedarf im Bereich des Koordinierten Sanitätsdiensts, Bericht Sicherheitsverbund Schweiz vom 9.11.2021.

Neue Ausrichtung für den Koordinierten Sanitätsdienst, Medienmitteilung des VBS vom 14.3.2022.

Bundesrat beschliesst neue Organisation des Koordinierten Sanitätsdienstes KSD, Medienmitteilung des Bundesrates vom 23.9.2022.

Handelsregister des Kantons Bern, https://be.chregister.ch/cr-portal/auszug/auszug.xhtml?uid=CHE-169.700.102 (zuletzt besucht am 5.12.2022)

66 / 114

BBl 2023 579

finanziell unterstützt und Bundesangestellte nahmen zeitweise im Stiftungsrat Einsitz.123 Im Rahmen der Covid-19-Pandemie erhielt die Stiftung vom BAG Ende 2020 zudem den Auftrag, das Modul «myCOVIDvac» für die elektronische Dokumentation der Covid-19-Impfungen zu erstellen. Dadurch wurde ihr eine wichtige Rolle bei der Pandemiebewältigung gegeben und das öffentliche Interesse an der Datensicherheit des elektronischen Impfdossiers stieg.

Im Frühling 2021 wurden schwerwiegende Datenschutz- und Sicherheitsmängel bei der von der Stiftung betriebenen elektronischen Plattform bekannt, die ein Verfahren des EDÖB nach sich zogen. Die Plattform wurde kurz danach vom Netz genommen.

Aufgrund von finanziellen Problemen beantragte die Stiftung im August 2021 die Liquidation. Sie retournierte im November 2021 in unverschlüsselten E-Mails die Impfdaten an einen Teil der Benutzerinnen und Benutzer der Plattform, was nach einer Intervention des EDÖB gestoppt wurde.124 Angesichts der Vorkommnisse und der Bezüge zwischen Bundesverwaltung und Stiftung beschloss die GPK-N, diese aus der Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht zu vertiefen. Sie konzentrierte sich bei ihren Abklärungen darauf, wie das Departement und das BAG ihre Aufsichtsfunktionen in diesem Fall wahrnahmen, ob die ergriffenen Massnahmen zweckmässig waren und welche allgemeinen Lehren daraus gezogen wurden. Die GPK-N führte zwischen Frühling 2021 und Herbst 2022 Anhörungen von Vertreterinnen und Vertretern des EDI und des BAG sowie von ehemaligen Mitarbeitenden des Amtes durch und nahm Kenntnis von verschiedenen relevanten Dokumenten. Die Kommission teilte dem Bundesrat Ende Januar 2023 ihre Schlussfolgerungen brieflich mit.

Die GPK-N bedauert, dass mit dem Scheitern der Einführung eines elektronischen Impfdossiers durch die Stiftung «meineimpfungen» ein wichtiger Baustein der Nationalen Strategie zu Impfungen (NSI) mit grosser Bedeutung für die öffentliche Gesundheit in Rückstand geraten ist. Zudem stellt sie fest, dass die Geschehnisse Nachteile in Form des fehlenden Zugangs und mindestens vorübergehenden Verlusts ihrer elektronischen Impfdaten für die rund 400'000 Nutzerinnen und Nutzer der elektronischen Plattform sowie einen beträchtlichen finanziellen Schaden für den Bund nach sich ziehen. Zudem besteht das Risiko eines Vertrauensverlusts
der Bevölkerung in ein elektronisches Impfdossier. Die Hauptverantwortung für die Geschäftsführung der Stiftung und für die erwähnten Geschehnisse liegt zwar beim Stiftungsrat. Die Kom123

Gestützt auf Art. 50 des Bundesgesetzes vom 28.9.2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.101) und Art. 74 der Verordnung vom 29.4.2015 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemienverordnung, EpV; SR 818.101.1) gewährte das BAG von 2016 bis 2021 Subventionen in der Höhe von rund 1,2 Millionen Franken an die Stiftung. Es empfahl der Bevölkerung zudem, die Möglichkeit des elektronischen Impfausweises zu nutzen.

Daneben wurde für 0,4 Mio. CHF die Erarbeitung des Moduls «myCOVIDvac» in Auftrag gegeben.

124 Während des Konkursverfahrens lagen die Impfdaten zunächst beim Konkursamt BernMittelland als Vertreterin der Konkursmasse, bevor sie im Juni 2022 auf der vom EDÖB verlangten Rechtsgrundlage einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung dem Kanton Aargau und der Stammgemeinschaft eHealth Aargau übertragen wurden, damit diese im Rahmen eines Vorprojekts evaluieren können, ob und unter welchen Voraussetzungen eine daten-schutzkonforme Rückgabe der Impfdaten an die Betroffenen möglich wäre (vgl. weiter unten).

67 / 114

BBl 2023 579

mission ist jedoch der Ansicht, dass dem EDI und dem BAG in ihrer Aufsichtsfunktion eine subsidiäre Verantwortung zukommt.

Die Kommission liess sich über sechs Aspekte genauer informieren. Bezüglich der Datensicherheit kommt die Kommission zum Schluss, dass das BAG angemessen handelte und die ungenügende Umsetzung derselben in der Verantwortung der Stiftung lag. Die grosse Bedeutung der Datensicherheit und des Datenschutzes wurde von Seiten des BAG gegenüber der Stiftung in mehreren Gesprächen betont und ihm wurde seitens der Stiftung stets versichert, dass alle notwendigen Massnahmen ergriffen wurden. Die GPK-N hat den Bundesrat eingeladen, sicherzustellen, dass die Bundesbehörden bei der Zusammenarbeit mit privatrechtlichen Stiftungen der Datensicherheit auch in Zukunft eine hohe Beachtung schenken.

Betreffend die Aufsicht des BAG über die Stiftung kam die GPK-N zum Schluss, dass diese zu zurückhaltend war. Obwohl die Geschäftsführung der Stiftung offensichtlich nicht zufriedenstellend war125, wurden die festgestellten Mängel vom Amt, das als Subventionsgeber eine Aufsichtspflicht über die verfügungskonforme Verwendung der Finanzhilfen hatte, nicht in genügendem Ausmass kritisch hinterfragt.

Ebenfalls kritisch beurteilt sie den Einsitz im Stiftungsrat von zwei ehemaligen Mitarbeitenden des BAG vom Mai 2018 bis im Januar 2020 und vom Januar 2021 bis im April 2021. Die zwei ehemaligen Mitarbeitenden sagten gegenüber der GPK-N, dass sie in privater Funktion Einsitz im Stiftungsrat genommen hatten. Für die Kommission ist es schwer nachvollziehbar, weshalb das Bundesamt keine Lösung fand, um als Institution im Stiftungsrat vertreten zu sein.126 Sie stellt fest, dass eine klare Trennung zwischen einem Einsitz in privater bzw. in beruflicher Funktion nicht möglich ist. Weiter stellt sie fest, dass die Personen, die zeitweise im Stiftungsrat sassen, für die Betreuung des Dossiers seitens des BAG verantwortlich waren, was die Kommission aus organisatorischer Sicht als unangemessen betrachtet. Die GPK-N ist der Ansicht, dass diese Konstellation zu Interessenskonflikten, in einigen Fällen zur Nichteinhaltung von Ausstandsregeln und schlussendlich zur Schwächung der Aufsichtstätigkeit des BAG führen konnte. Die GPK-N kommt zum Schluss, dass klare und kohärente Regeln auf Bundesebene für den Einsitz von Vertreterinnen und Vertretern des Bundes in privatrechtlichen Stiftungen notwendig sind.

125

So war die Dokumentation zu Subventionsgesuchen und Abrechnungen lückenhaft oder nicht nachvollziehbar, die Einreichung von Berichten und Rechnungen erfolgte verspätet oder gar nicht.

126 Das EDI hat gegenüber den GPK im Rahmen der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht wie folgt zu diesem Aspekt Stellung genommen: «Aus Sicht des EDI ist diese Wertung insofern nachvollziehbar, als dass eine formelle Vertretung als Institution einer privaten Vertretung von Mitarbeitenden eines Amtes vorzuziehen ist. Das EDI ist jedoch der Ansicht, dass die Erkenntnisse der vorliegenden Abklärungen dafürsprechen, dass in Zukunft auf den Einsitz in Führungsorganen von Organisationen, die Finanzhilfen des BAG erhalten, verzichtet werden soll. Es ist nicht möglich, einerseits die Aufsichtsfunktion des Amtes wahrzunehmen und gleichzeitig als Mitglied eines Führungsorgans die Interessen der Organisation zu vertreten. Ziel- und Interessenkonflikte sind insbesondere dann nicht ausgeschlossen, wenn die Organisation mit grundlegenden Herausforderungen konfrontiert ist. Zumindest wären klare Kriterien zu definieren, in welchen Fällen eine institutionelle Vertretung als sinnvoll erscheint, über welche Kompetenzen die Vertreterin oder der Vertreter der BAG in dieser Führungsorganisation verfügt und welche Rolle sie im Rahmen der Aufsicht wahrnimmt.».

68 / 114

BBl 2023 579

Das Departement und das Amt haben im Nachgang zu den Vorkommnissen verschiedene Massnahmen ergriffen und Lehren gezogen. Erstens liess das EDI eine externe Vorabklärung zur Ermittlung des Sachverhalts durchführen. Zweitens ergriff das BAG verschiedene Massnahmen, darunter die Vergabe eines externen Prüfmandats betreffend das Vertrags- und Subventionscontrolling im Amt, die Überprüfung auf ähnliche Fälle bei der Unterstützung von Stiftungen und die Sensibilisierung der Mitarbeitenden bezüglich der Prüfung der Zahlungsvoraussetzungen. Die GPK-N begrüsst die Reaktionen und Massnahmen des EDI und des BAG, die sie als angemessen und zweckmässig einschätzt. Schlussendlich ist die Kommission der Ansicht, dass aus diesem Fall Lehren im Zusammenhang mit der Information der Öffentlichkeit und der Kommunikation ihr gegenüber betreffend der Sammlung und Verwendung von Daten aus der Bevölkerung im Rahmen von Aktivitäten von durch den Bund unterstützen Privaten zu ziehen sind.

Bezüglich der Zukunft anerkennt die GPK-N, dass das BAG auch nach der Einstellung der Aktivitäten der Stiftung «meineimpfungen» mit ihr sowie mit der Konkursbehörde nach Lösungen suchte, damit die Impfdaten nicht gelöscht werden müssen127. Die Kommission begrüsst, dass das BAG ein Vorprojekt der Stammgemeinschaft eHealth Aargau finanziell unterstützt, das evaluiert, ob und unter welchen Umständen eine Rückgabe der Impfdaten möglich wäre und wie viel dies kosten würde. Das BAG befasst sich auch mit einer langfristigen Nachfolgelösung des elektronischen Impfausweises durch die Integration eines solchen ins EPD. Die GPK-N hat den Bundesrat gebeten, im Rahmen der laufenden Revision des EpG zu prüfen, ob ein nationales Impfregister geschaffen werden sollte.

Aus Sicht der Kommission ergibt sich aus den beschriebenen Vorkommnissen die allgemeine Frage, wie sich der Bund bei privatrechtlichen Stiftungen, die Finanzhilfen erhalten, engagiert und diese beaufsichtigt. Die GPK-N hat den Bundesrat aufgefordert, sicherzustellen, dass diese Frage durch die Departemente geprüft wird, und zu klären, welche Regelungen oder Vorgaben diesbezüglich aktuell vorliegen und ob ein zusätzlicher Gesetzgebungsbedarf in diesem Bereich besteht. Sie wird sich über die laufenden Arbeiten weiterhin informieren.

4.2.7

Management der medizinischen Güter: Weitergabe, Weiterverkauf und Vernichtung nicht gebrauchter Impfstoffdosen

Anknüpfend an ihre Arbeiten der Vorjahre zum Management der medizinischen Güter in der Covid-19-Pandemie128 befasste sich die GPK-N im Berichtsjahr mit dem Management der in der Schweiz nicht gebrauchten Covid-19-Impfstoffbestände durch die Bundesbehörden.

127

Das BAG kann gestützt auf Art. 50 EpG finanzielle Unterstützung für Projekte von Dritten leisten. Es verfügt jedoch über keine rechtliche Grundlage, um Impfdaten selbst zu erhalten..

128 Jahresbericht 2021 der GPK und der GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 4.1.5), Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26.1.2021 (BBl 2021 570, Ziff. 4.1.5).

69 / 114

BBl 2023 579

Im Mai 2022 informierte das EDI die Kommission über die Zahl der an die Schweiz gelieferten und dort verimpften Impfstoffdosen. Die GPK-N nahm Kenntnis davon, dass bis zum 22. April 2022 rund 20,8 Millionen Dosen von den Herstellern geliefert und dass ungefähr 15,6 Millionen Dosen verimpft wurden. Die restlichen Dosen wurden von der Logistikbasis der Armee (LBA) gelagert.

Das EDI stellte der GPK-N die Strategie für die Weitergabe nicht gebrauchter Impfdosen129 vor, die der Bundesrat im Februar 2022 verabschiedet hatte. Es teilte mit, dass die erste Priorität des Bundes der Weiterverkauf der überschüssigen Dosen ist, sich diesbezüglich bisher allerdings keine Möglichkeit ergeben hätte. Mit zweiter Priorität prüfe der Bund die Möglichkeit, die Impfstofflieferungen aufzuschieben, d. h.

auf den momentanen Bezug von Impfdosen zu verzichten und diese zu einem späteren Zeitpunkt abzurufen. Mit dritter Priorität würden definitiv überschüssige Dosen kostenlos an andere Staaten abgegeben, prioritär im Rahmen der Covax-Initiative130. Die Vernichtung von Impfstoffdosen sei die letzte Option. Das Departement hielt fest, dass bis Ende April 2022 keine Dosen vernichtet werden mussten.

Die Kommission nahm Kenntnis davon, dass der Bundesrat im Juni 2021 beschloss, vier Millionen Dosen des Impfstoffs AstraZeneca an das Covax-Programm zu spenden, und im Februar 2022 seine Absicht bekundete, maximal 15 Millionen Impfdosen an andere Länder weiterzugeben. Das EDI hielt indes fest, dass die Weitergabe bereits an die Schweiz gelieferter Dosen nur dann über die Covax-Initiative möglich ist, wenn ein Minimalvolumen von 10 Millionen Dosen übergeben werden kann. Dies war dem Departement zufolge zu jenem Zeitpunkt jedoch nicht der Fall, weshalb für bereits in der Schweiz gelagerte Impfstoffdosen bilaterale Weitergaben angestrebt wurden.

Die GPK-N stellte zudem fest, dass das EDI die Weitergabe von Impfstoffen regelmässig im Rahmen seines Austauschs mit den Herstellern thematisiert und dass die Verträge die Spende von Impfdosen an das Covax-Programm oder an Drittstaaten sowie den Weiterverkauf ohne Gewinn131 explizit gestatten.

Die Kommission erkundigte sich, ob der Bundesrat bei der Impfstoffbeschaffung davon ausgegangen sei, dass ein Teil der bestellten Dosen «verloren» gehen könnte, woraufhin das EDI die Grundsätze der
Beschaffungsstrategie erläuterte. Es teilte mit, der Bundesrat habe in erster Linie sicherstellen wollen, dass jederzeit eine ausreichende Menge an sicheren und wirksamen Impfstoffen zur Verfügung steht. Der Bundesrat habe einerseits Kompensationen eingeplant, falls sich gewisse Impfstoffe als nicht wirksam genug erweisen oder es zu Lieferproblemen kommt, und andererseits mitberücksichtigt, dass die Beschaffung von Impfstoffen deutlich kostengünstiger ist als einschneidende Massnahmen im Falle neuer Infektionswellen. Laut EDI legte der Bundesrat diese Strategie im ausdrücklichen Wissen darum fest, dass die Schweiz nicht alle eingekauften Dosen wird verimpfen können und Überschüsse zu erwarten 129

Weitergabe von Covid-19-Impfstoffen und Beschaffung von Arzneimitteln zur passiven Immunisierung gegen Covid-19, Medienmitteilung des Bundesrates vom 23.2.2022.

130 Das Covax-Programm, das gemeinsam von der internationalen Organisation Alliance GAVI (Global Alliance for Vaccines and Immunization), der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) und der WHO geleitet wird, hat zum Ziel, die Entwicklung und Herstellung von Covid-19-Impfstoffen zu beschleunigen und weltweit für einen gerechten Zugang zu diesen Impfstoffen zu sorgen.

131 Je nach Hersteller ab 2022 oder 2023.

70 / 114

BBl 2023 579

sind. Das Departement wies darauf hin, dass der Anteil an letztlich nicht verimpften Impfdosen von verschiedenen, nicht präzise vorhersehbaren Faktoren abhängt. Es sei ihm ein grosses Anliegen gewesen, in seinen Anträgen an den Bundesrat die Chancen und Risiken der Impfstoffbeschaffung transparent darzulegen und aufzuzeigen, dass zur Festlegung der erforderlichen Sicherheitsmarge letztlich eine Abwägung der politischen Interessen notwendig ist. Es erinnerte zu guter Letzt daran, dass die Strategie des Bundesrates die ausdrückliche Forderung des Parlaments berücksichtigt, immer über ausreichend Impfstoff zu verfügen.

Ende Oktober 2022 nahm die GPK-N eine erneute Standortbestimmung mit dem EDI vor. Das Departement orientierte die Kommission darüber, dass ungefähr 2,6 Millionen in den Lagern der LBA gelagerte Dosen und rund 450 000 in den Kantonen gelagerte Dosen abgelaufen sind und vernichtet werden müssen. Die GPK-N nahm zudem Kenntnis vom Beschluss des Bundesrates, 5,8 Millionen im Ausland gelagerte, abgelaufene Dosen zu entsorgen.132 Sie stellte fest, dass das BAG vor der Vernichtung der Dosen systematisch bei Swissmedic nachprüft, ob die Hersteller Anträge zur Haltbarkeitsverlängerung eingegeben haben oder ob solche Anträge in Aussicht stehen.

Die GPK-N nahm weiter zur Kenntnis, dass die Schweiz seit Mai 2022 1,4 Millionen Impfstoffdosen kostenlos an fünf Drittstaaten133 abgegeben hat, und zwar entweder im Rahmen des Covax-Programms oder ­ in Absprache mit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ­ über bilaterale Kontakte.134 Das EDI erläuterte der Kommission, weshalb die im Februar 2022 festgelegte Obergrenze von 15 Millionen Dosen bei Weitem nicht erreicht wurde. Es teilte mit, dass die internationale Nachfrage nach diesen Impfstoffen im Laufe des Jahres stetig abgenommen hatte und die Ursachen für diese geringe Nachfrage (Infrastruktur- und Logistikprobleme, Skepsis der Bevölkerung gegenüber Covid-19-Impfungen) struktureller Natur sind und daher nicht ohne Weiteres überwunden werden können. Das Departement berichtete zudem, dass die Schweiz keine Impfstoffdosen an andere Länder verkaufen konnte. Dies sei insbesondere darauf zurückzuführen, dass sich die Situation bei der Herstellung und Auslieferung von Covid-19-Impfstoffen deutlich verbessert hat, sodass die Staaten ihren
Bedarf durch den Kauf von Impfstoffen der neuesten Generation direkt bei den Herstellern decken konnten.

Die GPK-N beschloss, dieses Thema 2023 weiter zu vertiefen. Sie wird sich insbesondere über die Entwicklungen in Bezug auf die Vernichtung abgelaufener Impfstoffdosen und über die vom EDI und vom BAG im Hinblick auf künftige Impfstoffbeschaffungen gezogenen Lehren informieren. Ihre Beurteilung aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht wird die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen.

132

Covid-19: Entsorgung von abgelaufenen Impfstoffen, Medienmitteilung des Bundesrates vom 19.10.2022.

133 Kirgistan, Honduras, Liberia, Nauru, Guatemala.

134 Gemäss den Angaben des EDI vom Mai 2022 (vgl. oben) war die Weitergabe bereits an die Schweiz gelieferter Dosen nur dann über die Covax-Initiative möglich, wenn ein Minimalvolumen von 10 Millionen Dosen erreicht wurde. Die GPK-N folgert daraus, dass diese Bedingungen in der Zwischenzeit geändert wurden oder dass die betreffenden Dosen nicht vorab an die Schweiz geliefert wurden..

71 / 114

BBl 2023 579

Am Rande dieses Dossiers erkundigte sich die GPK-N unter anderem auch nach der Umsetzung der Strategie zur langfristigen Förderung der Erforschung, Entwicklung und Herstellung von Covid-19-Impfstoffen in der Schweiz. Ziel dieser Strategie, die vom Bundesrat im Mai 2021 lanciert wurde,135 ist es, die Schweizer Position in diesem Bereich weltweit zu festigen.136 Die Kommission nahm Kenntnis davon, dass der Bundesrat das EDI und das WBF im Dezember 2021 damit beauftragte, elf entsprechende Massnahmen zu prüfen und gegebenenfalls Vorschläge für deren Umsetzung zu formulieren. Laut EDI werden diese Arbeiten voraussichtlich im zweiten Quartal 2023 abgeschlossen sein. Die GPK-N wird sich über das Ergebnis dieser Abklärungen informieren.

4.3

Bereich EJPD/BK

4.3.1

Auswertung des Krisenmanagements durch die Bundeskanzlei

Die GPK-S befasste sich bereits mehrmals mit dem Thema der Auswertung des Krisenmanagements der Covid-19-Pandemie durch die Bundeskanzlei. Eine erste Auswertung wurde von der Bundeskanzlei mit Bericht vom 11. Dezember 2020 abgeschlossen und betraf die erste Phase der Pandemie. Eine zweite Auswertung durch die Bundeskanzlei erfolgte mit Bericht vom 22. Juni 2022. Diese befasste sich mit der Zeitspanne zwischen August 2020 und Oktober 2021. Der Bericht der Bundeskanzlei vom 22. Juni 2022 enthielt auch Ausführungen zum Umsetzungsstand der Empfehlungen aus dem ersten Bericht.

Die GPK-S liess sich diese Auswertung von Bundeskanzler präsentieren. Die Krisenorganisation war dabei nicht Gegenstand der Anhörung, da diese im Rahmen anderer Arbeiten der GPK thematisiert und die Erkenntnisse in einem eigenen Bericht veröffentlicht wurden. Der zweite Bericht der Bundeskanzlei enthält 13 Empfehlungen, welche durch den Bundesrat angenommen und in konkrete Aufträge an Departemente und Bundeskanzlei umformuliert wurden.

Der Bundeskanzler hielt fest, dass das Krisenmanagement insgesamt gut funktioniert hat, dass aber neun Bereiche eruiert wurden, die verbessert werden müssen und schliesslich zu den 13 Empfehlungen führten. Vorliegend sollen zwei zentrale Bereiche erwähnt werden: Einerseits handelt es sich um die Koordination und Konsultation im föderalen System mit Kantonen und Gemeinden. Andererseits war der Einbezug der Wissenschaft ein wesentlicher Schwachpunkt.

Koordination und Konsultation im föderalen System: Die Koordination zwischen Bund und Kantonen hat im Herbst 2020 gemäss Einschätzung der Bundeskanzlei nur ungenügend funktioniert. Dabei steht die Klärung der Frage im Vordergrund, wie der Einbezug der Kantone und der verschiedenen Fach- und Regierungskonferenzen 135

Coronavirus: Bundesrat beschliesst Förderprogramm für Covid-19-Impfstoffe und -Arzneimittel, Medienmitteilung des Bundesrates vom 19.5.2021.

136 Siehe diesbezüglich Kontakte der Bundesbehörden mit den Unternehmen Lonza und Moderna betreffend die Herstellung und die Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen, Bericht der GPK-N vom 16.11.2021 (BBl 2022 450, Ziff. 5.8).

72 / 114

BBl 2023 579

sinnvollerweise sichergestellt werden kann. Zudem gilt es auch, die Positionen von besonders stark betroffenen Kantonen über ein digitales Instrument rasch erfassen zu können (vgl. auch Kap. 4.2.3).

Zusammenarbeit mit der Wissenschaft: Da der Einbezug der Wissenschaft immer wichtiger werde, wird die BK dem Bundesrat bis Ende 2022 grundsätzliche Überlegungen und Vorschläge darüber unterbreiten, wie die Wissenschaft besser miteinbezogen werden kann. Derartige Überlegungen sollen jedoch nicht zu stark von einer Gesundheitskrise gesteuert werden, da in Zukunft weitere Krisen auftreten werden (vgl. auch Kap. 4.2.2).

Die Kommission wird die Umsetzung der Empfehlungen zu gegebener Zeit wiederum aufgreifen und mit Vertretern der BK thematisieren.

5

Nachrichtendienst und Staatsschutz

5.1

Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel

Im Berichtsjahr konnte die GPDel auf eine dreissigjährige Tätigkeit zurückblicken, denn die GPDel hatte sich am 4. März 1992 zum ersten Mal konstituiert. Die gesetzliche Grundlage für die Bildung einer Delegation der GPK war zuvor am 1. Februar 1992 mit dem neuen Artikel 47quinquies des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG)137 in Kraft getreten, welchen die Eidgenössischen Räte noch in der ersten Wintersession der 44. Legislatur verabschiedet hatten. Den Anstoss für die neue Delegation hatten die parlamentarischen Untersuchungskommissionen (PUK) von 1989 und 1990 zu den Vorkommnissen im EJPD, respektive im damaligen Eidgenössisches Militärdepartement (EMD) mit den Parlamentarischen Initiativen 89.243 und 90.266 gegeben.

Das primäre Ziel beider PUK war es, die parlamentarische Oberaufsicht über den Staatsschutz im Inland und den Auslandnachrichtendienst zu stärken.

Heute überwacht die GPDel alle Aktivitäten des Bundes im Bereich des zivilen und militärischen Nachrichtendienstes. Konkret beaufsichtigt die GPDel den zivilen NDB, welcher für den Inlandnachrichtendienst (Staatsschutz) und den Auslandnachrichtendienst zuständig ist. Die GPDel kontrolliert auch die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten der Armee, insbesondere diejenigen des Militärischen Nachrichtendienstes (MND), sowie des Zentrums für Elektronische Operationen (ZEO), welches im Auftrag von NDB und MND Funkaufklärung betreibt und Aufträge des NDB zur Kabelaufklärung ausführt. Die gerichtspolizeilichen Verfahren der BA im Bereich des Staatsschutzes sind ebenfalls Gegenstand der Oberaufsicht durch die GPDel.

Die parlamentarische Oberaufsicht der GPDel erstreckt sich ferner auf die kantonalen Vollzugsorgane, wenn sie im Auftrag des NDB Informationen beschaffen oder Daten bearbeiten. Da diese Aufgabe gleichzeitig in die Zuständigkeit der kantonalen parlamentarischen Aufsichtsorgane fällt, wird die GPDel nur nach Rücksprache mit dem zuständigen kantonalen Organ in einem Kanton tätig.

137

AS 1992 639, hier 641

73 / 114

BBl 2023 579

Der Oberaufsicht der GPDel unterstehen ausserdem die Unabhängige Kontrollinstanz für die Funk- und Kabelaufklärung (UKI), die durch das Nachrichtendienstgesetz (NDG)138 geschaffene Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (AB-ND) und das BVGer, wenn es über genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen oder Anträge zur Kabelaufklärung des NDB befindet.

Während eine inhaltliche Kontrolle richterlicher Entscheide durch die Oberaufsicht ausgeschlossen ist (Art. 26 Abs. 4 ParlG), kann die GPDel die Zusammenarbeit der beteiligten Stellen und generell die Funktionsfähigkeit des Genehmigungsverfahrens überprüfen.

Die GPDel ist ein ständiger Ausschuss aus beiden GPK, der aus drei National- und drei Ständeräten besteht, wobei stets auch eine Nichtregierungspartei vertreten ist. Sie setzt sich aus je drei Mitgliedern der GPK-N und der GPK-S zusammen. Die GPDel konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG) und wählt ihr Präsidium in der Regel für zwei Jahre.

Die GPDel verfügt zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben über besonders weitreichende Informationsrechte (Art. 169 Abs. 2 BV; Art. 154 ParlG): Sie hat das Recht auf Herausgabe von Unterlagen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste als geheim klassifiziert werden. Weiter erhält die GPDel laufend die Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Anträge und der Mitberichte. Sie kann ausserdem die Protokolle der Bundesratssitzungen verlangen.

Ebenso wie die GPK legt auch die GPDel den Schwerpunkt ihrer Kontrolltätigkeit auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit. Ihre Oberaufsicht versteht die GPDel in erster Linie als Kontrolle darüber, wie die Exekutive ihre Aufsicht wahrnimmt. Der Bundesrat ­ und nicht das Parlament ­ trägt letztlich die Verantwortung für die Tätigkeit der Nachrichtendienste. So prüft die Delegation insbesondere, ob der Bundesrat und das zuständige Departement ihre gesetzlich vorgeschriebene Führungs- und Aufsichtsfunktion korrekt wahrnehmen.

5.2

Nachkontrolle zur Inspektion zum Fall Crypto AG

5.2.1

Ausgangslage

Am 2. November 2020 verabschiedete die GPDel ihren Inspektionsbericht zum Fall Crypto AG.139 Am 26. Mai 2021 erfolgte fristgerecht die Stellungnahme des Bundesrats.140 Von den insgesamt 12 Empfehlungen erklärte sich der Bundesrat bereit, 6 vollständig und 3 teilweise oder soweit als möglich umzusetzen.

Im Hinblick auf ihre Nachkontrolle zur Inspektion bat die GPDel den Bundesrat am 25. August 2021, der Delegation innert zwei Jahren einen Bericht über die Umsetzung der Empfehlungen zu liefern. Gleichzeitig verlangte die GPDel per Ende 2021 konkrete Vorarbeiten der BK, um die Zustellung von geheimen Informationsnotizen an die GPDel in der Praxis zu regeln (Empfehlung 11). Zudem wurde das VBS gebeten, 138 139 140

Bundesgesetz vom 25.9.2015 über den Nachrichtendienst (NDG; SR 121).

Fall Crypto AG, Bericht der GPDel vom 2.11.2020 (BBl 2021 156).

Fall Crypto AG, Stellungnahme des Bundesrates vom 26.5.2021 (BBl 2021 1222).

74 / 114

BBl 2023 579

Kriterien dafür vorzuschlagen, wann der Bundesrat über Beschaffungsaktivitäten des NDB zu informieren ist und allenfalls darüber zu entscheiden hat (Empfehlung 4).

Am 21. November 2021 bestellte die GPDel überdies im Zusammenhang mit Empfehlung 8 Detailinformationen zur Archivierungspraxis im GS-VBS.

Am 10. Dezember 2021 äusserte sich der Bundesrat zum weiteren Vorgehen bezüglich der Empfehlungen 4 und 11 und die GPDel verfolgte ihre Umsetzung im Berichtsjahr mit dem VBS und der BK. Weiter besprach die GPDel die zusätzlichen Auskünfte zu Empfehlung 8 mit dem VBS und nahm die eigenständigen Arbeiten des NDB und des BAR zu Empfehlung 9 zur Kenntnis.

5.2.2

Empfehlung 4

Empfehlung 4 Umfasst die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit des NDB mit einem Partnerdienst ein Schweizer Unternehmen, so informiert das VBS den Bundesrat. Der Bundesrat legt die Kriterien fest, nach welchen er über eine solche Zusammenarbeit selbst entscheiden will.

Der Fall Crypto AG hat gezeigt, wie eine gemeinsame Operation von amerikanischen und schweizerischen Nachrichtendiensten mit einer Schweizer Firma politisch von grosser Tragweite sein kann. Reale Konsequenzen hatte die Operation zudem nicht erst, als sie schrittweise in den Jahren 2019 und 2020 publik wurde. Über Dekaden hinweg hatte die gemeinsame Operation unmittelbare Auswirkungen auf die Sicherheit einer Vielzahl von Staaten. Wie die Affäre Bühler zeigte, konnten zudem unwissende Mitarbeitende der Firma an Leib und Leben gefährdet sein.141 In Empfehlung 4 ihres Inspektionsberichts schlug die GPDel deshalb vor, dass gemeinsame Operationen dieser Art immer dem Bundesrat gemeldet werden. Der Bundesrat soll Kriterien festlegen, nach welchen er über eine solche Zusammenarbeit entscheidet.

Der Bundesrat war mit Empfehlung 4 nur teilweise einverstanden und lehnte es ab, zwingend über jede gemeinsame Operation des NDB mit einem Partnerdienst, in welcher eine Schweizer Firma zwecks Informationsbeschaffung involviert wird, informiert zu werden. Über die Information des Bundesrats sollte vielmehr im Einzelfall und bezüglich aller Aktivitäten des NDB entschieden werden. Der Bundesrat wollte deshalb Kriterien dafür definieren, welche nachrichtendienstlichen Tätigkeiten das VBS ihm melden muss und wann er über ihre Durchführung entscheiden will. Mit einer entsprechenden Regelung wollte der Bundesrat allerdings bis zur nächsten Revision des NDG oder der Verordnung über den Nachrichtendienst (NDV)142 zuwarten.

141 142

Fall Crypto AG, Bericht der GPDel vom 2.11.2020 (BBl 2021 156, Ziff. 3.1.3) Verordnung vom 16.8.2017 über den Nachrichtendienst (NDV; SR 121.1).

75 / 114

BBl 2023 579

Weil die GPDel eine solche Regelung als dringlich erachtete, verlangte sie in ihrer Replik auf die Stellungnahme des Bundesrats, dass das VBS ihr bereits auf Ende 2021 Vorschläge für solche Kriterien unterbreitet. Der Bundesrat hielt einen solchen Bericht jedoch nicht für notwendig, wie er die GPDel am 10. Dezember 2021 wissen liess.

An ihrer Aussprache mit dem VBS vom Mai 2022 hielt die GPDel an ihrer Forderung nach einem Bericht mit Vorschlägen für die Kriterien zur Umsetzung der Empfehlung 4 fest. Mit Brief vom 15. September 2022 lieferte das VBS einen ersten Vorschlag dazu. Darin waren Kriterien zur Frage enthalten, wann das VBS eine operative Tätigkeit im Sicherheitsausschuss des Bundesrates (SiA) zu besprechen hat, jedoch nicht dafür, wann der Bundesrat zu informieren ist oder selbst über eine operative Tätigkeit des NDB entscheidet.

Gemäss dem Wortlaut des Schreibens sollte der SiA im Einzelfall über eine Information des Bundesrats bestimmen. Wie die Aussprache zwischen der GPDel und der Vorsteherin des VBS am 11. Oktober 2022 ergab, blieb der Entscheid über die Information des Bundesrats jedoch letztlich Sache des VBS und die Information des EDA und des EJPD sollte im Sinne einer Konsultation erfolgen. Aus Sicht der GPDel ist diese Präzisierung wichtig, da einem Ausschuss des Bundesrats keine Entscheidungsbefugnis zukommt.

Die GPDel nahm zur Kenntnis, dass die vorgeschlagenen Kriterien von nun an Anwendung finden werden und die Delegation über die konkreten Fälle, die im SiA behandelt werden, orientiert wird. Die GPDel erwartet zudem, dass die Erfahrungen mit den neuen Kriterien in die Erarbeitung der rechtlichen Bestimmung zur Umsetzung von Empfehlung 4 einfliessen werden.

5.2.3

Empfehlung 8

Empfehlung 8 Das VBS regelt, wie Unterlagen der obersten Departementsleitung, welche ihre direkte Führungs- und Aufsichtstätigkeit in nachrichtendienstlichen Belangen dokumentieren, sicher und gesetzeskonform zu archivieren sind. Weiter sorgt das GS-VBS für die Archivierung von persönlichen Unterlagen früherer Vorsteher des VBS und erstattet Bericht an die GPDel.

Im Rahmen ihrer Inspektion stellte die GPDel fest, dass das VBS seine Führungs- und Aufsichtstätigkeit über nachrichtendienstliche Belange ungenügend dokumentiert und die existierenden Dokumente nicht gesetzeskonform archiviert hatte. Mit Empfehlung 8 wollte die GPDel sicherstellen, dass jederzeit nachvollzogen werden kann, in welchem Ausmass die politische Führung über nachrichtendienstliche Geschäfte informiert war, respektive über sie entschieden hatte.

In seiner Stellungnahme vom 26. Mai 2021 hielt der Bundesrat fest, die Unterlagen des GS-VBS würden systematisch im Geschäftsverwaltung-System (GEVERSystem) «Acta Nova» geführt und die archivwürdigen Akten über den 76 / 114

BBl 2023 579

standardisierten Archivierungsprozess auf elektronischem Weg dem BAR abgeliefert.

Die Stellungnahme des Bundesrates bezog sich allerdings nur auf Akten des VBS, welche im GEVER-System «Acta Nova» abgelegt werden. Anlässlich der Aussprache mit der Vorsteherin des VBS vom 28. Oktober 2021 legte die GPDel dar, dass dieses System nur eine Ablage bis zur Stufe «vertraulich», nicht aber «geheim» zulässt.143 Die Delegation verlangte deshalb am 12. November 2021 vom VBS einen klärenden Bericht.

Die Vorsteherin des VBS bestätigte der GPDel am 31. Januar 2022 schriftlich, dass Unterlagen der Klassifikationsstufe «geheim» nicht im System «Acta Nova» abgelegt, sondern ausschliesslich durch den nachrichtendienstlichen Berater der Vorsteherin VBS auf einem separaten System redigiert und in Papierform in einem Tresoraufbewahrt werden. Zur Archivierung solcher Akten äusserte sich das Schreiben jedoch nicht. Die GPDel hat bislang auch keine Hinweise, dass für die Amtsleitungssitzungen zwischen der Vorsteherin des VBS und dem Direktor NDB auch geheim klassifizierte Protokolle erstellt wurden.

Als problematisch erachtete die GPDel überdies den verschlüsselten E-Mail-Verkehr zwischen dem ehemaligen Direktor NDB und der Vorsteherin des VBS. Die Frage, wie die Entschlüsselung und Archivierung derartiger Korrespondenz sichergestellt werden kann, wurde anlässlich der Anhörung vom 2. Mai 2022 nicht restlos geklärt.

Deshalb erscheint es der GPDel als essentiell, dass der NDB Informationen zu geheimen Geschäften der Vorsteherin des VBS immer in Papierform zukommen lässt.

Ferner wurden im Rahmen der Inspektion in der Bibliothek am Guisanplatz (BiG) zwei Notizhefte mit handschriftlichen Aufzeichnungen von alt Bundesrat Samuel Schmid gefunden. Die GPDel hatte am 12. November 2021 das VBS um eine schriftliche Information gebeten, wie der weitere Zugang zu diesen Unterlagen geregelt ist.

Ebenso wollte die GPDel wissen, welche Schutzfristen für diese Handnotizen gelten.

Die Vorsteherin des VBS informierte die GPDel am 31. Januar 2022, dass die Unterlagen von der BiG zusammen mit dem BAR verzeichnet worden sind. Das digital erstellte Verzeichnis dieser Unterlagen wurde anschliessend in das Archivinformationssystem des Bundesarchivs importiert. Die Schutzfristen für die Aufzeichnungen zu den Führungsgesprächen mit dem ehemaligen
Direktor des Strategischen Nachrichtendienstes beträgt 80 Jahre. Für die anderen Dossiers beträgt die Schutzfrist 50 Jahre.

Per E-Mail vom 10. März 2022 bestätigte der nachrichtendienstliche Berater der Vorsteherin des VBS gegenüber der GPDel, dass die Handakten von alt Bundesrat Schmid dem BAR vollständig übergeben worden sind. Zwanzig Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Amt wurden damit nun auch die Vorgaben des Merkblattes «Handakten und Privatarchive von Magistratspersonen des Bundes»144 erfüllt. Diesen Teilaspekt von Empfehlung 8 erachtet die GPDel daher als umgesetzt.

143

Vgl. Art. 11 der Verordnung vom 3.4.2019 über die elektronische Geschäftsverwaltung in der Bundesverwaltung (GEVER-Verordnung, SR 172.010.441).

144 Schweizerisches Bundesarchiv: Handakten und Privatarchive von Magistratspersonen des Bundes, undatiert, www.bar.admin.ch > Informationsmanagement > Archivwürdigkeit (Stand: 14.10. 2022).

77 / 114

BBl 2023 579

5.2.4

Empfehlung 9

Empfehlung 9 Die GPDel erachtet es als notwendig, dass der NDB im Bedarfsfall rasch das verfügbare Wissen über frühere nachrichtendienstliche Aktivitäten zur Hand hat.

Parallel zur Archivierung der Unterlagen, die aus der operativen Beschaffung und dem Verkehr mit ausländischen Diensten seiner Vorgängerorganisationen stammen, erstellt der NDB zu diesem Zweck eine Übersicht über die Operationen und Quellen, zu denen noch Akten existieren.

Die GPDel stellte fest, dass das VBS nicht rechtzeitig auf das vorhandene Wissen zum Fall Crypto AG zugreifen konnte, da eine Übersicht über die vorhandenen Unterlagen fehlte. Insbesondere erfuhr die Leitung des NDB nur per Zufall von der Existenz der umfangreichen Unterlagen, welche in der zur Aufbewahrung von operativen Akten umgebauten K-Anlage145 des Dienstes lagerten. Aufgrund dieser Vorgänge erachtete es die GPDel als notwendig, dass der NDB im Bedarfsfall das notwendige Wissen über frühere nachrichtendienstliche Aktivitäten rasch verfügbar machen kann. Empfehlung 9 zielte darauf ab, dass sich der NDB eine Übersicht über die Operationen und Quellen, zu denen noch Akten existieren, verschafft.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2022 informierte die Vorsteherin des VBS die GPDel, dass sich der NDB am 20. Dezember 2021 mit dem BAR darauf geeinigt hatte, «besonders sensitive Daten» i.S.v. Artikel 7 der Verordnung über die Informations- und Speichersysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (VIS-NDB)146 bei jeder Ablieferung an das Bundesarchiv mit einem zusätzlichen Findmittel zu erschliessen. Diese Findmittel werden dem Bundesarchiv zwecks rascher Auffindung zusammen mit den Unterlagen in Papierform übergeben. Die GPDel wurde über die Inhalte dieser Findmittel, die Modalitäten der Aufbewahrung und die allfällige Einsicht in die Unterlagen durch Mitarbeitende des NDB orientiert.

Nach diesen Vorarbeiten meldete der NDB am 9. Februar 2022, dass er dem BAR mehrere Schachteln Unterlagen über nachrichtendienstliche Operationen ­ inklusive solcher zum Fall Crypto AG ­ samt Findmittel zur gesetzeskonformen Archivierung übergeben hatte. Die GPDel geht davon aus, dass damit im Bedarfsfall eine zeitnahe Auffindbarkeit sämtlicher Akten zu Operationen gewährleistet ist und erwartet bis am 31. August 2023 vom Bundesrat die Bestätigung, dass Empfehlung 9 umgesetzt ist.

5.2.5

Empfehlung 11

Empfehlung 11

145 146

Fall Crypto AG, Bericht der GPDel vom 2.11.2020 (BBl 2021 156, Ziff. 6.1.2).

Verordnung vom 16.8.2017 über die Informations- und Speichersysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (VIS-NDB; SR 121.2).

78 / 114

BBl 2023 579

Die GPDel erhält laufend die geheimen Informationsnotizen, welche der Bundesrat zu nachrichtendienstlichen Angelegenheiten oder solchen mit Bezug zu laufenden Geschäften der GPDel zur Kenntnis genommen hat. Der Bundesrat unterbreitet der GPDel einen Vorschlag für das Verfahren.

Gemäss Artikel 154 Absatz 3 ParlG erhält die GPDel laufend sämtliche Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Anträge und der Mitberichte. In einer Vereinbarung der FinDel und der GPDel wird präzisiert, dass die Bundeskanzlei der GPDel sämtliche Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Anträge und der Mitberichte zustellt, sofern die Unterlagen geheim oder vertraulich nummeriert klassifiziert sind.147 In der Praxis erhält die GPDel durch einen Kurier der Bundeskanzlei spätestens 24 Stunden nach einem Bundesratsbeschluss über Verfügungen zur Wahrung der Interessen des Landes oder zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit eine Kopie des Beschlusses inklusive der Anträge und der Mitberichte (Artikel 53 Abs. 3bis ParlG).

Der Bundesrat fällt allerdings nicht nur Beschlüsse, die geheim klassifiziert sind, sondern nimmt auch geheim klassifizierte Informationsnotizen ohne entsprechenden Bundesratsbeschluss zur Kenntnis. Über solche Informationsnotizen wurde die GPDel bislang nicht informiert, was eine Informationslücke für die parlamentarische Oberaufsicht darstellte.

In Empfehlung 11 verlangte die GPDel deshalb, dass ihr nach dem gleichen Verfahren wie für geheime Bundesratsbeschlüsse laufend alle geheimen Informationsnotizen zugestellt werden, welche der Bundesrat zu nachrichtendienstlichen Angelegenheiten oder solchen mit Bezug zu laufenden Geschäften der GPDel zur Kenntnis genommen hat. Der Bundesrat war mit dieser Empfehlung einverstanden und beauftragte die Bundeskanzlei mit der GPDel zu prüfen, wie das Erfordernis «Angelegenheiten mit Bezug zu laufenden Geschäften der GPDel» umgesetzt werden könnte.

Am 25. August 2021 bat die GPDel den Bundesrat einerseits, ihr eine Liste zu allen geheimen Informationsnotizen ab dem 1. Januar 2018 zuzustellen. Nach dem Erhalt der Liste bestellte die GPDel retrospektiv all jene Notizen, welche Bezüge zu ihrem Oberaufsichtsgebiet haben, und nahm diese am 21. März 2022 zur Kenntnis.

Andererseits bat die GPDel den Bundesrat am 25. August 2021, ihr ab sofort alle geheimen
Informationsnotizen zu «Angelegenheiten mit Bezug zu laufenden Geschäften der GPDel» zuzustellen. Diese Umschreibung konkretisierte die GPDel am 26.

Januar 2022, indem sie beschloss, dass ihr alle geheimen Informationsnotizen mit einem sicherheitspolitischen Bezug von VBS, EJPD und EDA automatisch zugestellt werden sollen. Bei Unklarheiten sollte die BK das Sekretariats der GPDel konsultieren. Der Bundeskanzler wurde am 7. Februar 2022 schriftlich über diesen Beschluss orientiert.

Am 2. März 2022 besprachen der Bundeskanzler und die damalige Sekretärin der GPDel die Modalitäten der Zusammenarbeit und vereinbarten zusätzlich, dass die Bundeskanzlei der GPDel jeden Monat eine Liste mit den vertraulich klassifizierten 147

Vereinbarung der FinDel und der GPDel vom 6.12.2006 betreffend die Oberaufsicht über den Staatsschutz und die Nachrichtendienste (Ziff. 9 Bst. b).

79 / 114

BBl 2023 579

Informationsnotizen zustellt. Bei Bedarf kann die GPDel die sie interessierenden Notizen anfordern. Auf Wunsch der GPDel werden ihr seit Ende Februar 2022 alle vertraulich klassifizierten Informationsnotizen zum Krieg in der Ukraine und seinen Auswirkungen zugestellt.

5.3

Kontakte mit dem Ausland

Dem Bundesrat obliegt die Aufgabe, die jährliche Zusammenarbeit des NDB und des MND mit ausländischen Behörden festzulegen (Art. 70 Abs. 1 Bst. f NDG; Art. 99 Abs. 6 des Militärgesetzes [MG]148). Bevor der Bundesrat die Liste mit jenen Partnerdiensten, mit denen der NDB und der MND regelmässige Kontakte unterhalten, genehmigt, wird sie vom SiA besprochen (Art. 7 Abs. 1 NDV). Nach der Genehmigung durch den Bundesrat nimmt auch die GPDel die Liste der Auslandkontakte zur Kenntnis.

Im Jahr 2021 kritisierte die GPDel die kontinuierliche Zunahme der Anzahl Partnerdienste des NDB und MND/Dienst für den präventiven Schutz der Armee (DPSA) und stellte fest, dass aus damaliger Sicht problematische oder unergiebige Dienste nicht von der Liste gestrichen, sondern lediglich in die Kategorien «inaktiv» oder «zur Evaluation» versetzt wurden. Aufgrund ihrer Erkenntnisse bat die GPDel den Bundesrat am 8. September 2021, die Liste der Auslandkontakte einer grundlegenden Überprüfung zu unterziehen. Insbesondere sollte der Bundesrat überprüfen, welche Kontakte von der Liste gestrichen werden können, welchen konkreten Nutzen die Kategorien «inaktiv» und «in Evaluation» bringen und welche Informationen der Bundesrat für die politische Steuerung der Auslandkontakte effektiv benötigt.149 Am 17. Dezember 2021 bestätigte der Bundesrat gegenüber der GPDel, dass künftig auf die Kategorie «inaktiv» verzichtet werde. Allerdings wollte der Bundesrat an der Kategorie «in Evaluation» festhalten. Die Frage der GPDel, welche Informationen zur Steuerung der Auslandkontakte benötigt würden, beantwortete der Bundesrat jedoch nicht.

Am 22. Juni 2022 genehmigte der Bundesrat die jüngste Liste der Auslandkontakte.

Infolge der Analyse der neuen Liste und der Anhörung des Direktors NDB vom 24. August 2022 konnte die GPDel feststellen, dass die Anzahl der Partnerdienste des NDB reduziert wurde. Namentlich wurden verschiedene Partnerdienste von der Liste gestrichen, die sich im Vorjahr in der Kategorie «in Evaluation» befanden und zudem all jene Partnerdienste von der Liste entfernt, die im Vorjahr in der Kategorie «inaktiv» aufgeführt waren. Auch alle Partnerdienste des MND/DPSA, dessen Chef die GPDel ebenfalls am 24. August 2022 anhörte, waren gestrichen worden, wenn sie vormals der Kategorie «inaktiv» angehört hatten. Die Anzahl
Partnerdienste des MND/DPSA hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr fast halbiert.

Insgesamt war die Konsolidierung der Partnerdienst-Liste aus Sicht der GPDel erfolgreich. Indes ist die Komplexität der sehr umfangreichen und unübersichtlichen Listen 148

Bundesgesetz vom 3.2.1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG; SR 510.10).

149 Jahresbericht 2021 der GPK und GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 5.5).

80 / 114

BBl 2023 579

nicht geringer geworden. Für die GPDel ist wenig nachvollziehbar, wie der Bundesrat mit der existierenden Dokumentation jene Informationen erhält, die er für eine aktive und präzise Steuerung der Auslandkontakte bräuchte. Nach wie vor unklar ist für die GPDel, nach welchen «Grundsätzen der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit» der Bundesrat die Kooperation der Nachrichtendienste festlegt, wie es Artikel 7 NDV verlangt.

5.4

Genehmigungspflichtige Informationsbeschaffung sowie Kabel- und Funkaufklärung

Das NDG hat dem NDB die Möglichkeit eröffnet, Überwachungs- und Durchsuchungsmassnahmen vorzunehmen, die zuvor nur der Strafverfolgung zur Verfügung standen. Im Gegenzug müssen solche Massnahmen durch das BVGer genehmigt werden. Nach Artikel 29 Absatz 8 NDG erstattet das BVGer hierzu der GPDel jedes Jahr Bericht. Die GPDel besprach diesen Tätigkeitsbericht im Februar 2022 mit der verantwortlichen Präsidentin der Abteilung I des BVGer und dem Präsidenten der Kammer NDG.

Die GPDel erhielt dabei einen Gesamtüberblick über die Arbeit des BVGer und liess sich auch über einzelne Fälle informieren. So legte das Gericht dar, dass es im Jahr 2021 drei Anträge des NDB für genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen vollständig abgelehnt hatte. Einer dieser abgelehnten Anträge betraf die Wie-dererwägung bezüglich einer bereits ergangenen Genehmigungsverfügung. Dabei lehnte das Gericht die Anpassung dieser Verfügung an neue Erkenntnisse ab. In einem vierten Fall erfolgte die Genehmigung unter Auflage.

Die GPDel informiert die Öffentlichkeit über die Anzahl der vollständig oder teilweise abgelehnten Anträge des NDB gestützt auf einen Entscheid aus dem Jahr 2019.150 Damit will die GPDel die Kennzahlen ergänzen, die der NDB jährlich in Erfüllung eines parlamentarischen Vorstosses (17.5640) publiziert.151 Im Anhang seines Lageberichts vom Juni 2022 wies der NDB für das Jahr 2021 insgesamt 64 genehmigte und freigegebene Massnahmen aus.152 Am 11. Oktober 2022 besprach die GPDel zudem mit dem NDB den jährlichen Leistungsausweis zu den genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen und der Informationsbeschaffung in ausländischen Computersystemen gemäss Artikel 37 Absatz 2 NDG. Letztere Massnahmen bedürfen der vorgängigen Genehmigung durch die Vorsteherin des VBS. Ein weiterer Schwerpunkt der Anhörung waren die Bestrebungen des NDB, mittels genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen die Informationen bei Netzzugangsdiensten («Provider») einzuholen, welche vom Ressort

150 151

Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel, Ziff. 4.4 (BBl 2020 2971, hier 3039).

Im Jahr 2018 hat das BVGer drei Anträge des NDB nur teilweise genehmigt, im Jahr 2019 gab es zwei solche Fälle (Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28.1.2020 [BBl 2020 2971, hier 3038]). Im Jahr 2020 hat das BVGer erstmals drei Anträge des NDB für genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen vollständig abgelehnt (Jahresbericht 2021 der GPK und GPDel vom 25.1.2022 [BBl 2022 513, Ziff. 5.6]).

152 Vgl. Lagebericht des NDB vom Juni 2022, Kennzahlen auf S. 86.

81 / 114

BBl 2023 579

Cyber NDB in früheren Jahren ausserhalb der gesetzlichen Bestimmung bei diesen beschafft wurden (vgl. Ziff. 5.8).

Im Berichtsjahr befasste sich die GPDel auch mit dem jährlichen Leistungsausweis im Bereich der Funk- und Kabelaufklärung. Die GPDel hörte hierzu an ihrer MaiSitzung die Vertreter des ZEO und NDB an und nahm gleichentags den Tätigkeitsbericht der UKI zur Kenntnis. Am 9. September 2022 erhielt die GPDel im Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesgerichts 1C_377/2019 vom 1. Dezember 2020, mit dem eine Streitsache an das BVGer zurückgewiesen wurde, unter Hinweis auf zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)153 einen Fragekatalog des BVGer zu den Kompetenzen und Funktionen der GPDel im Bereich der Kabel- und Funkaufklärung. Die GPDel nahm zu den Fragen am 28. Oktober 2022 Stellung.

5.5

Auskunfts- und Meldepflichten

Der Bundesrat legt jährlich in einer nicht öffentlichen Liste fest, welche Verwaltungsbehörden bestimmte Vorgänge und Feststellungen dem NDB unaufgefordert zu melden haben (Art. 20 Abs. 4 NDG). In dieser vertraulich klassifizierten Liste muss der Bundesrat überdies den Umfang der Meldepflicht sowie das Verfahren der Auskunftserteilung regeln. Die GPDel nahm am 11. Oktober 2022 Kenntnis von dieser Liste.

Am 11. Oktober 2022 befasste sich die GPDel überdies mit der Erhebung von Reisedaten, welche dem NDB erlauben, Informationen über Ein- und Ausreisen sowie Kontrollen von Zielpersonen zu bearbeiten (TRAVINT, Travel Intelligence). Die Delegation stellte fest, dass der jüngste TRAVINT-Bericht die nach der COVID-19 Pandemie langsam wieder zunehmende Reisetätigkeit widerspiegelt.

Im Informationssystem «Quattro P» bearbeitet der NDB die Ausweisdaten und Fotos von ausländischen Personen, die von den Grenzkontrollbehörden erfasst werden.

Betroffen sind Personen aus rund 40 Staaten ausserhalb der EU. Rund 3'300 der im letzten Berichtsjahr erfassten Personen wiesen einen Bezug zum Aufgabenbereich des NDB auf.

Gemäss dem Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG)154 kann das SEM Luftverkehrsunternehmen verpflichten, ihm zu bestimmten Flügen von ausserhalb des Schengen-Raums Daten zu den beförderten Personen zu melden (Art. 104 Abs. 1 AIG).

Betroffen sind auch Schweizer Staatsangehörige. Solche Vorab-Passagierinformationen, auch API-Daten (Advance Passenger Information) genannt, enthalten unter anderem die Personalien der Fluggäste und Angaben zum Reisepass.

Die Meldepflicht dient dem SEM zur Bekämpfung von rechtswidrigen Einreisen. Das fedpol und der NDB nutzen die API-Daten zur Bekämpfung des organisierten und 153

Urteil des EGMR 35252/08 vom 25.5.2021 in Sachen Centrum för Rättvisa gegen Schweden und Urteil des EGMR, 58170/13, 62322/14 und 24960/15 vom 25.5.2021 in Sachen Big Brother Watch gegen Grossbritannien.

154 Bundesgesetz vom 16.12.2005 über Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG; SR 142.20).

82 / 114

BBl 2023 579

international tätigen Verbrechens respektive des Terrorismus, des verbotenen Nachrichtendienstes und der Vorbereitung von verbotenem Handel mit Waffen und radioaktiven Materialien sowie von verbotenem Technologietransfer. Zurzeit besteht für 70 Flughäfen155 eine Meldepflicht, wobei von 24 dieser Flughäfen in 15 Staaten die API-Daten auch an den NDB gehen. Im Berichtsjahr wurden rund 1,9 Millionen Passagierdaten durch den NDB geprüft und bei rund 7000 Personen ein Treffer mit einem Bezug zum Aufgabenbereich des NDB erzielt.

Die GPDel legte im letzten Jahresbericht dar, dass im AIG eine gesetzliche Grundlage für die Beschaffung von API-Daten zum gewalttätigen Extremismus ­ im Gegensatz zu den anderen Aufgaben des NDB ­ fehlt (Art. 104 Abs. 1bis Bst. b AIG e contrario).

Diese Schlussfolgerung wurde seitens des NDB und des EDÖB geteilt.156 In der Folge wurde der NDB gebeten, die Delegation mit der jährlichen TRAVINT-Berichterstattung im Jahr 2022 auch über seine Bearbeitung vom API-Daten zum gewalttätigen Extremismus und deren Rechtmässigkeit zu informieren.

Bereits am 14. Februar 2022 informierte der NDB die GPDel, dass die API-Listen ab sofort nicht mehr mit dem Integralen Analysesystem Gewaltextremismus des NDB (IASA-GEX NDB) abgeglichen werden und die bestehenden Treffer, welche nach Inkrafttreten des AIG am 1. Juni 2019 erfasst worden sind, gelöscht werden. An jenen API-Daten, welche vor dem 1. Juni 2019 im System IASA-GEX NDB erfasst worden sind, wollte der NDB hingegen festhalten. In seinem TRAVINT-Bericht vom 29. Juli 2022 bestätigte der NDB indes, die Qualitätssicherungsstelle des NDB habe inzwischen frühere Erfassungen von API-Treffern gelöscht. Die GPDel geht somit davon aus, dass im System IASA-GEX NDB keine API-Daten mehr im Zusammenhang mit dem gewalttätigen Extremismus abgespeichert sind.

5.6

Informationssysteme und Datenschutz

Als sich die GPDel in den letzten Jahren mit der Datenbearbeitung im NDB befasste, stellte die Delegation zunehmend fest, dass die quartalsweisen Kennzahlen des NDB zur Datenqualität immer weniger repräsentativ für die gesamte Datenmenge im Dienst waren. Die Kennzahlen, deren Konzeption157 noch auf die Zeit vor der Schaffung des NDB zurückgeht, waren letztlich nur für die strukturiert erfassten Datensätze (vgl.

Art. 2 Bst. c und e VIS-NDB) in den Systemen IASA-GEX NDB und Integrales Analysesystem des NDB (IASA NDB) relevant. Anlässlich ihrer Abklärungen zur Aufsichtseingabe des Vereins «grundrechte.ch» stellte die GPDel jedoch fest, dass der NDB 3,3 Millionen Presseartikel mit Personendaten abgelegt hatte, die nicht durch die Kennzahlen erfasst waren.

Die GPDel hatte deshalb bereits im Jahr 2021 das VBS aufgefordert, ein Konzept für die Weiterentwicklung der Kennzahlen zu erarbeiten, welches den Bedürfnissen der 155

vgl. SEM: Informationen für Luftverkehrsunternehmen, www.sem.admin.ch > Einreise, Aufenthalt und Arbeit > Advanced Passenger Information > Informationen für Luftverkehrsunternehmen (Stand: 9.12.2022).

156 Jahresbericht 2021 der GPK und GPDel vom 25.1.2022 (BBl 2022 513, Ziff. 5.10).

157 Jahresbericht 2014 der GPK und GPDel vom 30.1.2015, Ziff. 4.2 (BBl 2015 5217, hier 5276).

83 / 114

BBl 2023 579

Aufsicht durch die Vorsteherin des VBS sowie der parlamentarischen Oberaufsicht entspricht. Im Januar 2022 nahm die GPDel die Vorschläge des VBS zur Kenntnis.

Allerdings vermochte die Delegation nicht zu erkennen, welche Qualitätskriterien zur Anwendung kommen und welche Kennzahlen daraus generiert werden sollten. Die Delegation beschloss deshalb, diese Fragen im Zusammenhang mit der NDGRevision wieder aufzugreifen. Angesichts der ungenügenden Aussagekraft der bisherigen Kennzahlen, verzichtete die GPDel im Rahmen ihres Jahresprogramms auf die weitere Zustellung durch den NDB.

Wegen externer Hinweise, dass der NDB die Frist von 30 Tagen für die Beantwortung von Auskunftsgesuchen nicht einzuhalten vermochte, erkundigte sich die Delegation beim NDB zusätzlich über den Stand der Pendenzen von Ende Juli 2022. Laut Antwort des Dienstes war bei der Hälfte der 223 pendenten Auskunftsgesuchen die vorgeschriebene Antwortfrist abgelaufen.

Gemäss der erhaltenen Notiz verzeichnete der NDB in den Monaten Juni und Juli 2022 eine ausserordentliche Spitze mit rund 380 Auskunftsgesuchen.158 Anlässlich ihrer Aussprache mit der Vorsteherin des VBS vom 11. Oktober 2022 erfuhr die GPDel, dass der NDB im laufenden Jahr bereits 618 Auskunftsgesuche erhalten hatte.

Die speditive Erledigung der Auskunftsgesuche ist seit längerem eine Priorität des VBS, bindet aber laut seiner Vorsteherin im übermässigen Umfang Ressourcen. Der Aufwand für einzelne Auskünfte würde unter anderem durch die vielen Zeitungsartikel erhöht, welche der NDB abgelegt hatte, ohne die Informationen über darin erwähnte Personen überhaupt bearbeiten zu wollen.

In diesem Zusammenhang kam die GPDel auch auf die Antwort der Vorsteherin des VBS in der nationalrätlichen Fragestunde vom 13. Juni 2022 zu zwei Fragen bezüglich der Datenhaltung im NDB (22.7490 und 22.7491) zu sprechen. Dort hatte die Vorsteherin des VBS die Auffassung vertreten, es könne vorkommen, dass der NDB Namen von Parteien oder ihrer Mitglieder bearbeite, die dann bei einer Volltextsuche auffindbar seien. Dies sei jedoch legal, wenn die Informationen einen Bezug zu den gesetzlichen Aufgaben des NDB aufweisen.

Demgegenüber verwies die GPDel auf ihre etablierte Rechtsauslegung, dass der NDB keine Informationen über die politische Betätigung und über die Ausübung der Meinungs-,
Versammlungs- oder Vereinigungsfreiheit in der Schweiz beschaffen oder bearbeiten darf. Ihre Erfassung ist nur zulässig, wenn die politischen Aktivitäten letztlich den Terrorismus, den gewalttätige Extremismus oder die Spionage unterstützen.

Ein Bezug zu einem Aufgabengebiet des NDB, beispielsweise die öffentliche Äusserung eines Ratsmitglieds zur Terrorismusbedrohung, vermag jedoch eine Erfassung nicht zu rechtfertigen.

Die Delegation konnte auch die Ausführungen der Vorsteherin des VBS im Rat nicht bestätigen, dass die zwanzig Massnahmen, welche die GPDel aufgrund der Aufsichtseingabe «grundrechte.ch» in ihrem Jahresbericht 2019 vorgeschlagen hatte, vom NDB vollständig umgesetzt wurden. Die Tatsache, dass das VBS im März 2020 die Dele158

Die Frage, ob mit der Vernehmlassung zur NDG-Revision, die in der zweiten Maihälfte eröffnet wurde, neben einer zeitlichen Koinzidenz auch noch ein kausaler Zusammenhang besteht, liegt ausserhalb der Zuständigkeit der parlamentarischen Oberaufsicht und wurde von der GPDel nicht vertieft.

84 / 114

BBl 2023 579

gation einmal zum Umsetzungsstand der Massnahmen informierte, bietet keine Gewähr, dass die Datenqualität nun den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Vielmehr hat die GPDel in den beiden folgenden Jahresberichten auf weitere Mängel in der Datenbearbeitung des NDB hingewiesen. Die Delegation und die Vorsteherin des VBS waren sich deshalb anlässlich der Aussprache vom 11. Oktober 2022 einig, dass sich der Bundesrat in seinen Antworten auf parlamentarischen Fragen zur Qualität der Daten im NDB nicht mehr auf die GPDel beruft.

5.7

Abgeltung der Kantone für den Vollzug des NDG

Die Kantone beschaffen und bearbeiten Informationen im eigenständigen Vollzug des NDG oder gemäss Auftrag des NDB. Um die Kantone für den Vollzug des Bundesrechts zu entschädigen, sieht Artikel 85 Absatz 5 NDG vor, dass der Bundesrat die Abgeltung im Rahmen der bewilligten Kredite «pauschal» festlegt. In der Praxis geschieht dies alle vier Jahre in Form eines Verteilschlüssels.

Dieser Verteilschlüssel wird aufgrund der Summe der Stellenanteile derjenigen Personen in den Kantonen bestimmt, bei denen der Aufgabenvollzug nach dem NDG einen «wichtigen Anteil» ihrer regelmässigen Arbeit bildet (Art. 6 Abs. 2 NDV).

Intern geht der NDB davon aus, dass eine Person zu 70 Prozent Arbeiten im Rahmen des NDG ausführen muss, um für den Verteilschlüssel angerechnet zu werden. Weitere abgeltungswirksame Kriterien hat der Bundesrat nicht definiert.

Gestützt auf einen gemeinsamen Auftrag der GPDel und der FinDel vom 30. November 2016 führt die EFK jedes Jahr eine Prüfung beim NDB auf der Grundlage von Artikel 5 FKG durch. In ihrem Prüfbericht vom 23. Februar 2021 über die Subventionen an die kantonalen Nachrichtendienste (KND) empfahl die EFK dem NDB, die Qualität der Datenhaltung der KND generell als separates Qualitätskriterium (im Sinne einer Zielvorgabe) aufzunehmen und die abgeltungswirksamen Folgen einer negativen Beurteilung dieses Kriteriums auszuweisen. Laut EFK sollte das Kriterium «Qualität Datenhaltung» spätestens mit der nächsten Anpassung des Verteilschlüssels Ende 2022 in dem entsprechenden Kreisschreiben als verbindlich erklärt werden. In seiner Stellungnahme war der NDB mit dieser Empfehlung einverstanden.

Laut Artikel 85 Absatz 5 NDG ist die Anzahl der von den KND eingesetzten Personen das einzige Kriterium, um die Abgeltungen des Bundes an die Kantone festzulegen.

Andere abgeltungswirksame Kriterien ­ beispielswiese die Qualität der Daten eines KND ­ sind weder im Gesetz noch im Ausführungsrecht vorgesehen. Mit Schreiben vom 31. März 2021 informierte die GPDel deshalb die FinDel, das VBS und die EFK, dass der NDB mit der Umsetzung der fraglichen Empfehlung der EFK das geltende Recht verletzen würde.

Die Kritik der Oberaufsicht wurde indes von der EFK nicht akzeptiert. Dies führte in den folgenden Monaten zu einem schriftlichen Meinungsaustausch zwischen GPDel, FinDel und EFK, der letztlich
sieben Schreiben umfasste. Erst als eine Stellungnahme des BJ die Rechtsauslegung der GPDel stützte, korrigierte die EFK ihre Empfehlung in einer neuen Version des Prüfberichts vom 21. Dezember 2021. In Umsetzung der Stellungnahme des BJ empfahl die EFK dem NDB, die Qualität der Datenhaltung der KND generell als separates Qualitätskriterium (im Sinne einer Zielvorgabe) auf85 / 114

BBl 2023 579

zunehmen und dieses mit den KND zu erarbeiten und im Kreisschreiben ab 2022 verbindlich festzulegen. An ihrer Sitzung vom 23. Februar 2022 nahm die GPDel diese Entwicklung mit Befriedigung zur Kenntnis.

Nach Artikel 6 Absatz 3 NDV legt der NDB den Verteilschlüssel mindestens alle vier Jahre zusammen mit den Kantonen fest. Der aktuelle Verteilschlüssel für die Jahre 2020 bis 2022 hatte der NDB Ende 2019 per Kreisschreiben den Kantonen zugestellt.

Entsprechend galt es im Jahr 2022, einen neuen Verteilschlüssel zu bestimmen und dazu die Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS) anzuhören.

Im Zusammenhang mit den Arbeiten am neuen Verteilschlüssel bat die KKPKS Ende Juli 2022 die EFK um Herausgabe des erwähnten Prüfberichts. Nachdem das Einverständnis der FinDel vorlag, stimmte die GPDel mit Schreiben vom 30. August an die EFK der Weitergabe des Berichts an die KKPKS zu. Diese erfolgte unter der Auflage, dass der Bericht lediglich der KKPKS, den KND sowie den kantonalen Stellen, welche die Dienstaufsicht oder Oberaufsicht ausüben, zugänglich gemacht wird.

Als die GPDel mit der Vorsteherin des VBS am 11. Oktober 2022 die Festlegung des neuen Verteilschlüssel besprach, erfuhr sie, dass die Kantone den ersten Vorschlag des NDB zurückgewiesen hatten. Deshalb habe der NDB entschieden, eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit der KKPKS einzusetzen. Die Gültigkeit des aktuellen Verteilschlüssels wurde deshalb bis Ende 2023 verlängert.

5.8

Vorkommnisse im Ressort Cyber des NDB

5.8.1

Begleitende Oberaufsicht der GPDel

In ihrem Jahresbericht 2021 hatte die GPDel in einem eigenen Unterkapitel auf «problematische Vorgänge, die vor einiger Zeit im NDB festgestellt worden waren», hingewiesen.159 Aus Geheimhaltungsgründen wollte die Delegation zu jenem Zeitpunkt noch nicht offenlegen, dass sich diese Vorkommnisse im Ressort Cyber des NDB, das zur Abteilung Informationsmanagement (NDBI) gehörte, ereignet hatten. Nachdem das VBS den Bundesrat informiert hatte, veröffentlichte dieser dazu am 26. Januar 2022 eine Medienmitteilung.160 Von den problematischen Aktivitäten des Ressorts Cyber hatte die GPDel zum ersten Mal Ende August 2021 erfahren. Am 28. Oktober 2021 liess sie sich von der Vorsteherin des VBS über die laufenden Abklärungen, welche der NDB intern angeordnet und zusätzlich bei einer Anwaltskanzlei in Auftrag gegeben hatte, informieren. Dieses Rechtsgutachten und den Schlussbericht der internen Untersuchung nahm die GPDel am 21. Dezember 2021 zur Kenntnis.

Aus Sicht der GPDel hatten das externe Gutachten und der interne Untersuchungsbericht die Rechtslage und den Sachverhalt weitgehend geklärt. Die Delegation bat deshalb die Vorsteherin des VBS bis Mitte Januar 2022 um Auskunft, was ihr Departe-

159 160

Jahresbericht 2021 der GPK und GPDel vom 25.1.2022, Ziff 5.14 (BBl 2022 513, hier 134).

Administrativuntersuchung im Bereich Cyber des NDB, Medienmitteilung des Bundesrats vom 26.1.2022.

86 / 114

BBl 2023 579

ment aufgrund dieser Erkenntnisse unternehmen werde und forderte sie auf, zeitnah die Frage einer Strafanzeige zu prüfen.

In der Antwort der Vorsteherin des VBS vom 20. Januar 2022 erfuhr die GPDel, dass der NDB als Sofortmassnahme beschlossen hatte, das Ressort Cyber aus der Abteilung NDBI (Informationsmanagement) in die Abteilung NDBA (Auswertung) zu überführen. Die Vorsteherin des VBS hatte zudem die Eröffnung einer administrativen Untersuchung im Themengebiet Cyber beschlossen und forderte die GPDel auf, ihr bis Ende Januar 2022 mitzuteilen, ob die GPDel selber beabsichtigte, zu diesem Sachverhalt eine formelle Untersuchung nach Artikel 154a ParlG durchzuführen.

An ihrer Sitzung vom 26. Januar 2022 erkannte die GPDel in diesem Zeitpunkt keine Veranlassung, ihre laufenden Abklärungen in eine formelle Inspektion zu überführen, weshalb sich auch die Frage ihrer Ermächtigung für die vom VBS mandatierten Administrativuntersuchung nicht stellte. Gleichzeitig orientierte sie in ihrer Medienmitteilung vom 27. Januar 2022, dass sie im Rahmen ihrer begleitenden Oberaufsicht weiterhin verfolgen wird, wie das VBS zukünftig die Cyber-Aufgaben organisiert und wie das Departement den strafrechtlichen Aspekten der Vorkommnisse Rechnung trägt.161 Um ihr Wissen über die Cyber-Abwehr zu vertiefen und sich ein Bild über das Funktionieren der Aufsicht innerhalb des NDB, des VBS sowie seitens der AB-ND zu machen, führte die GPDel im ersten Halbjahr elf Anhörungen mit insgesamt 13 Personen durch und edierte relevante Unterlagen, die mehrheitlich aus den Akten der internen Untersuchung des NDB stammten.

Nachdem die GPDel im Mai 2022 über die Eckwerte der Administrativuntersuchung von alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer orientiert wurde, hörte sie ihn an ihrer Augustsitzung zu seiner Arbeit an. Den Untersuchungsbericht vom 15. August erhielt die GPDel Ende September. Im November schloss die GPDel ihre Abklärungen mit der Anhörung des VBS zum Ergebnis der Administrativuntersuchung und einer Information der AB-ND über den Stand ihrer noch laufenden Überprüfung ab.

5.8.2

Erkenntnisse zu den Aktivitäten von Cyber NDB

Die Erkenntnisse der GPDel über die früheren Aktivitäten des Ressorts Cyber basieren weitgehend auf den Arbeiten und dem Schlussbericht der internen Untersuchung sowie ihren Anhörungen. Laut dem Bericht beschaffte das Ressort Cyber ab dem Jahr 2015 Daten von Servern bei mehreren privaten Providern. Zu diesem Zweck wurden die gespeicherten Daten ab den betroffenen Server kopiert (Server-Abbilder) oder deren Datenverkehr (Inhalt und Randdaten) überwacht und erfasst. Dies erfolgte jeweils mit dem Einverständnis oder der Mitwirkung der kooperativen Provider, aber ohne Wissen der Personen, welche diese Server gemietet hatten.162 Die operativen Tätig-

161 162

Vorkommnisse im Ressort Cyber des NDB, Medienmitteilung der GPDel vom 27.1.2022.

Ein Teil dieser Server war gezielt von Angreifern dazu gemietet worden, um insbesondere Ziele ausserhalb der Schweiz anzugreifen. Der andere Teil der Server wurde von den Angreifern gekapert und ohne Einverständnis ihrer Mieter für solche Angriffe eingesetzt.

87 / 114

BBl 2023 579

keiten des Ressorts Cyber wurden erst eingestellt, nachdem der damalige Direktor NDB Ende April 2021 die interne Untersuchung in Auftrag gegeben hatte.

Die Aktivitäten des Ressorts Cyber konnten mangels Dokumentation nicht mehr im Detail nachvollzogen werden. Als aktenkundig betrachtete die interne Untersuchung jedoch die Erstellung von über 50 Server-Abbildern und rund 100 Massnahmen zur Überwachung des Datenverkehrs. Die beschafften Daten dienten dazu, laufende Cyber-Angriffe zu identifizieren. Die wichtigsten Informationen dazu wurden aus dem Inhalt des Kommunikationsverkehrs der Server und aus den Server-Abbildern gewonnen.163 Elektronische Mitteilungen, die anlässlich der internen Untersuchung gesichert wurden, erlauben ferner den Schluss, wonach so beschaffte Informationen auch mit privaten Sicherheitsfirmen geteilt wurden.

Nach Erkenntnis der GPDel ermöglichte die organisatorische Unterstellung in der Abteilung NDBI dem Ressorts Cyber, ausserhalb der vorgeschriebenen nachrichtendienstlichen Prozesse operative Informationsbeschaffung zu betreiben. Ohne diese Verfahren waren weder die interne Dokumentation noch die Berichterstattung zuhanden der Leitung des NDB und der Aufsichtsorgane sichergestellt.

5.8.3

Aufsichtsprozesse auf Stufe NDB und VBS

Eine Rekonstruktion der Vorgänge im NDB zeigt, dass die Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsleitung des NDB spätestens ab September 2020 die Tragweite der Informationsbeschaffung bei privaten Providern erkannt hatte. Zu diesem Zeitpunkt beschloss der Chef der Abteilung Beschaffung (NDBB) als damaliger Vizedirektor des Dienstes, dass der Leiter des Ressorts Cyber zuhanden seines Linienvorgesetzten (Chef NDBI) eine Notiz über seine Zusammenarbeit mit den Providern erstellen sollte. Ein solcher Bericht, wenn auch undatiert, gelangte vor Mitte Dezember 2020 in den Besitz des Direktors NDB.

Dieses Dokument - vermutlich erst ein Entwurf - wurde jedoch nicht innerhalb der Leitung des NDB besprochen. Es wurde im Herbst 2021 in den Akten gefunden, die der frühere Direktor NDB hinterlassen hatte und die der internen Untersuchung zur Verfügung gestellt wurden. Zur Frage, ob das Papier über die Linie an den Direktor NDB gelangt war, erhielt die GPDel aus den Akten und ihren Anhörungen unterschiedliche Auskünfte.

Anfangs 2021 verliess der ursprüngliche Leiter des Ressorts Cyber den NDB, während innerhalb des Dienstes die Arbeitsweise von Cyber NDB zunehmend hinterfragt wurde. Deshalb sah sich der Direktor NDB Ende April 2021 veranlasst, den Chef Sicherheit des Dienstes mit einer internen Untersuchung zu beauftragen. Untersuchungsgegenstand war die Informationsbeschaffung und -verarbeitung durch Cyber NDB sowie dessen Beziehungen zu Providern und privaten Sicherheitsfirmen. Nicht

163

Diese Methoden sind im Bereich der Cyber-Sicherheit bekannt und in der aktuellen Fachliteratur beschrieben, beispielsweise in Attribution of Advanced Persistent Threats: How to Identify the Actors Behind Cyber-Espionage, Timo Steffens, Springer, ISBN: 978-3-662-61312-2.

88 / 114

BBl 2023 579

Teil des Auftrags war eine umfassende Analyse der gesetzlichen Grundlagen für diese Aktivitäten.

An der Amtsleitungssitzung vom 17. Mai 2021 informierte der Direktor NDB die Vorsteherin das VBS über die eingeleitete Untersuchung zu den Abläufen bei Cyber NDB.164 Eine Rückfrage bei der BA habe zudem ergeben, dass im Bereich Cyber NDB die gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden. Wie die BA im Oktober 2021 der GPDel erläuterte, hatte sie weder Kenntnis von der vom NDB praktizierten Echtzeitüberwachung bei Providern, noch hatte sich die BA zu deren Legalität geäussert.

Im Mai 2021 wurden Geräte und Daten von Cyber NDB gesichert und Befragungen mit rund einem Dutzend Angehörigen des NDB durchgeführt. In seinem ersten Zwischenbericht schlug der Chef Sicherheit dem Direktor NDB im Juni 2021 vor, für die juristische Beurteilung eine externe Anwaltskanzlei beizuziehen, was genehmigt wurde. Die Vorsteherin des VBS erfuhr erst von diesem Auftrag, nachdem er vergeben worden war.

Die ersten Informationen, welche die GPDel am 25. August 2021 erhielt, bewogen die Delegation umgehend, beim NDB eine Chronologie zu den Vorkommnissen zu verlangen. Erst an diesem Tag erhielt die Vorsteherin des VBS vom NDB konkrete Informationen über die vom Ressort Cyber eingesetzten Beschaffungsmethoden.

An der Aussprache vom 28. Oktober 2021 informierte die Vorsteherin des VBS die GPDel über die bisherigen Arbeiten des NDB. Eine Beurteilung zu den Vorkommnissen bei Cyber NDB wollte sie jedoch erst nach Vorliegen des Berichts abgeben.

Der Bericht der internen Untersuchung vom Dezember 2021 enthielt neun Empfehlungen an die Leitung des NDB. Neben einer Prüfung einer organisatorischen Neuunterstellung des Ressorts Cyber wurde vor allem eine externe Administrativuntersuchung zur Klärung der strafrechtlichen Relevanz der Vorgänge im Ressort Cyber empfohlen. Mitte Januar 2022 beschloss die Vorsteherin des VBS eine Administrativuntersuchung, welche die Führungsabläufe und die Entscheide der verantwortlichen Personen untersuchen und offene Detailfragen aus der internen Untersuchung klären sollte.

Am 7. November 2022 orientierten der Generalsekretär des VBS und der Direktor des NDB die GPDel über die Schlussfolgerungen, welche das Departement aus dem Bericht der Administrativuntersuchung zog. Im Vordergrund stand die Erkenntnis,
dass Cyber NDB zwar keine rechtliche Grundlage für seine Aktivitäten hatte, jedoch aus Sicht des Gutachters dennoch kein Anlass besteht, eine Strafanzeige einzureichen.

Das VBS wollte zudem Vorschläge zur Vereinfachung des rechtlichen Dispositivs für die Beschaffung der Randdaten bei der Revision des NDG berücksichtigen. Was die Organisation der Aufgaben des NDB im Cyber-Bereich betraf, so verwies der Direktor NDB darauf, dass die laufende Überprüfung der Strukturen des Bundes im Cyberbereich darauf noch einen Einfluss haben könnte (vgl. Ziff. 5.10.3).

164

An der Amtsleitungssitzung wurde entschieden, die GPDel an der Aussprache vom 27. Mai 2021 über die interne Untersuchung zu informieren, was aber nicht erfolgte.

89 / 114

BBl 2023 579

5.8.4

Aufsichtstätigkeit der AB-ND

In ihrem Prüfplan für das Jahr 2021 hatte die AB-ND unter Ziffer 21­2 eine Überprüfung des Schutzes kritischer Infrastrukturen und der Cyber-Abwehr vorgesehen. Nach einer Vorbesprechung Mitte Mai führte die AB-ND bis Ende Juni 2021 formelle Interviews mit Kadermitarbeitern des NDB durch. Einzelne dieser Personen waren bereits im Rahmen der internen Untersuchung befragt worden.

Anfangs Juni 2021 wurde die AB- ND in einem anonymen Schreiben aufgefordert, die gravierenden Vorkommnisse bei Cyber NDB gründlich zu untersuchen. Ansonsten wurde mit dem Gang an die Medien gedroht. Als der Leiter der AB-ND die Vorsteherin des VBS über diese anonyme Drohung schriftlich informierte und sich mit ihr anfangs August traf, erfuhr sie jedoch nichts vom Aussmass der Probleme im Ressort Cyber.

In ihrem Prüfbericht vom 23. September 2021 wies die AB-ND auf das Risiko hin, dass der NDB mit der Einsichtnahme in die Randdaten von Servern in einem «rechtlichen Graubereich handelt».165 Der NDB sollte deshalb prüfen, unter welchen Voraussetzungen die Praxis des NDB, «Metadaten» bei einem Provider zu beschaffen, rechtmässig sei.166 Die rechtlich ebenfalls problematische Erstellung von Server-Abbildern thematisierte die AB-ND nicht.

Gegenüber der GPDel bestätigte der Leiter der AB-ND im Januar 2022, seine Behörde habe auf eigene rechtliche Abklärungen verzichtet, weil der NDB dazu bereits ein externes Gutachten in Auftrag gegeben hatte. Überdies habe er sich darauf verlassen, dass der damalige Direktor NDB im Mai 2021 den Sachverhalt bereits mit der BA geklärt habe und diese kein strafrechtlich relevantes Vorgehen habe feststellen können (vgl. Ziff. 5.8.3).

Gestützt auf die Unterlagen, die der NDB im Nachgang zur Sitzung vom 25. August 2021 zuhanden der GPDel erstellt hatte, begann die AB-ND im Oktober 2021 umfangreiche, neue Abklärungen bei Cyber NDB. Die Fragen der AB-ND betrafen allerdings wichtige Themen, welche die GPDel mittlerweile im Rahmen ihrer Oberaufsicht verfolgte, oder explizite Fragestellungen, welche die interne Untersuchung bis Ende Jahr beantworten sollte.

Wie die GPDel später erfuhr, eröffnete die AB-ND eine neue Einzelprüfung zum Bereich Cyber und befragte im Januar 2022 zwei Angehörige des NDB. Über die laufenden Arbeiten wurde die GPDel am 22. November 2022 von der neuen Leiterin der AB-ND die GPDel
informiert. Nach Erhalt des Berichts von alt Bundesrichter Oberholzer hatte die AB-ND entschieden, einzelne seiner Fragestellungen mit weiteren Analysen zu vertiefen.

165

Schutz kritischer Infrastrukturen / Cyber-Abwehr: Prüfbericht 21­2 der AB-ND vom 23.9.2021, S. 12.

166 Die Empfehlung wurde fallengelassen, nachdem der NDB in seiner Stellungnahme auf die laufenden Abklärungen durch eine Anwaltskanzlei hingewiesen hatte.

90 / 114

BBl 2023 579

5.8.5

Beurteilung der GPDel

Gestützt auf das externe Rechtsgutachten und die Administrativuntersuchung erachtet es die GPDel als erwiesen, dass die Informationsbeschaffung durch Cyber NDB bei den Providern entgegen der gesetzlichen Vorgaben und damit unrechtmässig erfolgte.

Darüber hinaus wollte sie als Oberaufsicht das Funktionieren der Aufsicht im VBS auf allen Stufen beurteilen. Innerhalb des NDB galt es somit zu klären, ob der Chef NDBI und die Leitung des Dienstes über die Informationsbeschaffung des Ressort Cyber bei privaten Providern informiert waren. Angesichts der widersprüchlichen Auskünfte, welche die GPDel erhalten hat, erscheint eine abschliessende Beurteilung für den Zeitraum vor 2020 als schwierig.

Beurteilen lässt sich hingegen die Wahrnehmung der Aufsicht auf Stufe NDBI nachdem der Vizedirektor NDB und Chef NDBB a.i. im September 2020 den Leiter von Cyber NDB beauftragt hatte, eine Notiz über die Beschaffungsaktivitäten seines Ressorts zuhanden des vorgesetzten Abteilungschefs zu erstellen (vgl. Ziff. 5.8.3). Obwohl diese Arbeit von grosser Bedeutung war, wurde sie vom Chef NDBI in den folgenden Monaten nur ungenügend beaufsichtigt.

Weil eine wirksame Aufsicht in der Linie fehlte, war die Leitung des NDB auch nicht in der Lage, auf ihrer Stufe zweckmässig auf die problematische Arbeitsweise des Ressorts Cyber zu reagieren. Dies führte letztlich dazu, dass dem damaligen Direktor NDB im April 2021 keine Wahl mehr blieb, als zum Mittel der internen Untersuchung zu greifen. Eine Konsequenz der internen Untersuchung war der Unterbruch der wichtigen Tätigkeit von Cyber NDB (Netzwerktrennung, Kontaktverbot mit Vertretern kooperativer Provider). Weil die Untersuchung von NDB-internen Personen geführt wurde, stellten sich auch Fragen nach ihrer persönlichen Befangenheit und ob sie ihre Abklärungen unabhängig und uneingeschränkt durchführen konnten. Zudem wurden nach kurzer Zeit die für die Untersuchung eingesetzten Ressourcen gekürzt.

Trotz den erschwerenden Umständen war es der internen Untersuchung möglich, den Untersuchungsgegenstand auszweiten, als sich dies im Verlauf ihrer Arbeit als notwendig erwies. So wurde für die Beurteilung der Rechtmässigkeit der Informationsbeschaffung von Cyber NDB ein externes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Angesichts der Verpflichtung von Artikel 75 NDG, dass der NDB durch
geeignete Kontrollmassnahmen die Rechtmässigkeit seiner Tätigkeit gewährleisten muss, hätte der damalige Direktor allerdings von Anfang an eine Klärung der Rechtsfragen anordnen müssen.

Wie die Aussprache mit der Vorsteherin der VBS im Oktober 2021 ergab, wurde sie nicht in die Zielsetzung oder den Zeitplan der internen Untersuchung involviert. Sie setzte sich auch nicht mit den Zwischenergebnissen der Untersuchung auseinander, sondern wollte sich erst aufgrund des Schlussberichts eine Meinung zur Problematik machen. Nachdem die Vorsteherin des VBS im Januar 2022 nachgelagert zur NDBinternen Untersuchung und parallel zu weiteren Abklärungen der AB-ND noch eine Administrativuntersuchung anordnete, dauerte es letztlich zwei Jahre, bis seitens des VBS die Aufsichtsprozesse zu den Vorkommnissen bei Cyber NDB abgeschlossen werden konnten.

Aus Sicht der GPDel stellt sich deshalb die Frage, ob mit der Eröffnung einer Administrativuntersuchung im Sommer 2021 die Vorsteherin des VBS nicht einer wirk91 / 114

BBl 2023 579

sameren Aufsichtsstrategie hätte wählen können. Mit einem schnelleren Abschluss der Untersuchungen hätte unter Umständen auch die Verunsicherungen des Personals reduziert und die Einsatzfähigkeit dieses wichtigen Bereichs besser gewährleistet werden können.

Was die Aufsichtstätigkeit der AB-ND betrifft, so kann die GPDel nachvollziehen, dass diese angesichts des Entscheids des NDB, ein externes Rechtsgutachten einzuholen, von einer entsprechenden Empfehlung abgesehen, auf eine abschliessende Rechtsbeurteilung verzichtet und rasch ihren Prüfbericht abgeschlossen hatte. Weniger zweckmässig erscheint die darauffolgende Wiederaufnahme der Abklärungen der AB-ND, insbesondere nachdem die Oberaufsicht mit klaren Aufträgen gegenüber dem NDB aktiv geworden war.

Eine Koordination der Aktivitäten der externen Administrativuntersuchung und der AB-ND durch das VBS erfolgte nicht, wäre aber sinnvoll gewesen. Da die Aufsichtsbehörde ihre Abklärungen jedoch erst nach Abschluss der Administrativuntersuchung intensiviert hat, eröffnet sich nun die Möglichkeit, offene Fragen daraus weiter zu untersuchen.

Im Gegensatz zu den langwierigen Aufsichtsprozessen im VBS anerkennt die GPDel hingegen eine positive Entwicklung bezüglich der Weiterentwicklung der Beschaffungsaktivitäten im Bereich Cyber, die inzwischen unter dem formellen Einbezug der Abteilung NDBB (Beschaffung) erfolgen. Bereits im Oktober 2021 hatte der amtsleitende stellvertretende Direktor in einer internen Weisung festgelegt, dass für eine Informationsbeschaffung bei Providern vorgängig geprüft wird, inwiefern die Vorgaben des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF)167 und des NDG in Bezug auf genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen zu beachten sind.

Um diesen Prozess zu unterstützten, hatte die GPDel bereits im Februar 2022 den NDB gebeten, möglichst rasch das Gutachten der externen Anwaltskanzlei dem BVGer zur Verfügung zu stellen. Im Verlauf des Berichtsjahres hat die GPDel verfolgt, wie der NDB ­ immer unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Genehmigung ­ begann, Erfahrungen mit den gesetzlich vorgesehenen Beschaffungsmitteln zu sammeln. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wird die GPDel über das weitere Vorgehen entscheiden, namentlich in Bezug auf den Revisionsbedarf des NDG. Aufgrund ihrer Abklärungen geht die GPDel davon aus, dass der Erfolg der Cyber-Abwehr mit der Beschaffung von Randdaten allein nicht gewährleistet werden kann.

167

Bundesgesetz vom 18.3.2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1).

92 / 114

BBl 2023 579

5.9

Dienstleistungsvertrag des NDB mit einer Privatperson

5.9.1

Begleitende Oberaufsicht der GPDel

Die Vorsteherin des VBS wurde am 5. November 2021 erstmals über die Existenz eines als Dienstleistungsvertrag bezeichneten Auftrages zwischen dem ehemaligen Direktor NDB und einer Privatperson orientiert. Diese Person hatte «unter aller Geheimhaltung und Verschwiegenheit» für den damaligen Direktor NDB ein Kontaktnetz in unterschiedlichen Bereichen aufzubauen und Informationen daraus für den NDB nutzbar zu machen. Der Vertrag datiert vom Frühjahr 2019, wurde im Frühjahr 2020 verlängert und per 31. März 2021 durch den NDB gekündigt.

Am 9. Dezember 2021 informierte die Vorsteherin des VBS die Präsidentin der GPDel über die Grundzüge des Vertrages. Am selben Tag stellte das VBS der Delegation den Vertrag zu und teilte der GPDel mit, dass die erbrachten Leistungen Gegenstand interner Abklärungen seien und der NDB beauftragt worden sei, sämtliche Unterlagen zu sammeln und dem GS-VBS zuzustellen.

Die GPDel bestellte anschliessend bis Ende Januar 2022 sämtliche Berichte, welche die Privatperson zuhanden des NDB erstellt hatte, und verlangte Details über die geleisteten Zahlungen. Zudem erkundigte sich die GPDel bei der Vorsteherin des VBS, inwiefern mit dem Vertrag eine Quellenbeziehung begründet wurde und ob die verdeckte nachrichtendienstliche Abschöpfung von Personen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik ohne deren Wissen opportun sei.

In einer ersten Beurteilung teilte die Vorsteherin des VBS der GPDel am 1. Februar 2022 mit, dass sie den Dienstleistungsvertrag als «politisch inopportun und bedenklich» sowie als «rechtlich höchst problematisch» erachte. Diese Beurteilung deckt sich im Wortlaut mit einem Gutachten des Rechtsdienstes des GS-VBS vom 20. Januar 2022. Das Gutachten hielt ferner fest, dass ein Verstoss gegen Artikel 5 NDG durchaus gegeben sein könnte und eine Quellenbeziehung nach Artikel 15 NDG nicht per se zu verneinen sei.

Gleichzeitig erhielt die GPDel die Unterlagen, welche im NDB bezüglich der Zusammenarbeit mit der Privatperson noch auffindbar waren, inklusive die Kostenabrechnungen der Privatperson sowie einzelne ihrer E-Mails an den ehemaligen Direktor NDB. Verschiedene Informationen aus diesen Unterlagen waren jedoch bereits vorgängig in den Medien publiziert worden.168 Wie sich herausstellte, hatte der NDB bereits eine Woche vor der Zustellungen der entsprechenden
Unterlagen an die GPDel detailliert Auskunft an Medienschaffende erteilt. In der Folge brachte die Delegation der Vorsteherin des VBS ihr Befremden über dieses Vorgehen zum Ausdruck.

In ihrem Schreiben an die GPDel vom 1. Februar 2022 hatte die Vorsteherin des VBS überdies eine Administrativuntersuchung zur Klärung des Sachverhaltes bezüglich des genannten Dienstleistungsvertrags angekündigt. Gemäss den Weisungen des Bundesrates vom 18. August 2021 über Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen besteht bei Administrativuntersuchungen eine vorgängige Konsultationspflicht mit 168

Oberst S. schiesst scharf, In: Tages-Anzeiger, 22.1.2022; Ein Geheimberater auf Abwegen. In: Tages-Anzeiger, 1.2.2022.

93 / 114

BBl 2023 579

dem BJ und der BK.169 Die GPDel verlangte deshalb mit Schreiben vom 24. Februar 2022 die Zustellung der Unterlagen aus diesem Konsultationsverfahren. Nach mehrfachem Nachfragen konnte die GPDel rekonstruieren, dass das VBS die vorgeschriebene Konsultation zu den Aufträgen für die Administrativuntersuchungen zum Dienstleistungsvertrag und zu den Vorkommnissen im Ressort Cyber NDB (vgl. Kapitel 5.8) erst nach dem Hinweis der GPDel auf die erwähnte Konsultationspflicht an die Hand genommen hatte.

Was den Inhalt des Vertrags anbelangte, stellte die GPDel fest, dass er zahlreiche Unstimmigkeiten enthielt: Obwohl die Summe der monatlichen Pauschalen das jährliche Kostendach vollständig ausschöpfte, wurden darüber hinaus noch Spesen verrechnet. Diese wurden offenbar während der gesamten Vertragslaufzeit ohne Belege abgerechnet und folglich auch nie kontrolliert. Ausserdem widersprachen die Verrechnungen von Spesen wie Telefonkosten und Zeitungs-Abonnementen den AGB des Bundes für Dienstleistungsverträge vom September 2016. Die Privatperson hätte zudem in ihren Rechnungen die Mehrwertsteuer ausweisen müssen, was faktisch nie geschehen ist.

Vor diesem Hintergrund stellte sich aus Sicht GPDel die Frage, inwiefern dieser Auftrag für die Qualität der Dienstleistungsverträge des NDB repräsentativ war. Die Oberaufsicht hatte bis dahin keine Gewähr, dass es sich beim besagten Auftrag um einen Einzelfall handelt oder ob beim NDB allenfalls weitere problematische Verträge dieser Art existieren. Aus diesem Grund regte die GPDel bei der FinDel gestützt auf eine gemeinsame Vereinbarung aus dem Jahre 2016 eine allgemeine Überprüfung der Dienstleistungsverträge des NDB durch die EFK an. Dem Antrag der GPDel vom 25. Februar 2022 stimmte die FinDel am 2. Mai 2022 zu und beauftrage die EFK mit der Fertigstellung des Prüfberichts bis Ende Oktober 2023.

Zusätzlich hörte die GPDel im März und Mai 2022 im Zusammenhang mit der Beauftragung der Privatperson durch den NDB die wichtigsten Protagonisten zu den Führungsprozessen innerhalb des Dienstes an. Die erhaltenen Auskünfte erlaubten eine weitgehende Rekonstruktion der Vorgänge innerhalb des NDB.

5.9.2

Erkenntnisse der GPDel

Ende September erhielt die GPDel den Schlussbericht der externen Administrativuntersuchung vom 30. August 2022. Die Untersuchung bestätigt, dass beim Dienstleistungsvertrag verschiedene einschlägige Weisungen zur Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen beim NDB nicht respektiert und weitere beschaffungsrechtliche Grundsätze missachtet worden sind. Darüber hinaus gelangt die Administrativuntersuchung zum Schluss, dass auf die Einreichung einer Strafanzeige verzichtet werden soll und lässt die Frage offen, ob die beauftragte Person eine Quelle des NDB war.

Die GPDel besprach den Bericht am 7. November 2022 mit dem Generalsekretär des VBS und thematisierte dabei die Nichteinhaltung beschaffungsrechtlicher Vorgaben, 169

Diese Vorgaben sind auf einen Bericht der GPK-N zurückzuführen. Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen in der Bundesverwaltung, Bericht der GPK-N vom 19.11.2019 (BBl 2020 1659).

94 / 114

BBl 2023 579

die internen Prozesse des NDB sowie die Konsequenzen der ausgesprochenen Empfehlungen. Per Medienmitteilung vom 1. Dezember 2022 informierte das VBS die Öffentlichkeit über die Erkenntnisse der Administrativuntersuchung und die daraus abgeleiteten Empfehlungen.170 Abgesehen von der Missachtung der internen beschaffungsrechtlichen Vorgaben nahm die GPDel mit Befremden zur Kenntnis, dass die Privatperson nach den Wahlen vom 20. Oktober 2019 analysierte, welche Mitglieder des Bundesparlamentes dem NDB-Direktor gegenüber «hilfreich» bzw. «negativ eingestellt» sein würden. Da diese Beurteilungen im Auftragsverhältnis mit dem NDB erstellt wurden, fallen sie unter die Schranken von Artikel 5 Absatz 5 NDG und stellen eine unzulässige Bearbeitung von Informationen über die politische Betätigung und die Ausübung der Meinungsfreiheit dar.

Die externe Administrativuntersuchung hat zudem gezeigt, dass die Privatperson verdeckt Informationen zu Themen aus dem Aufgabenbereich des NDB (vgl. Art. 6 NDG) beschafft und an den damaligen Direktor NDB weitergeleitet hat. Die Person traf sich zu diesem Zweck mit einzelnen ausländischen Diplomaten und Vertretern internationaler Organisationen. Diese Vorgehensweise entspricht im Grundsatz einer typischen Tätigkeit einer menschlichen Quelle (vgl. Artikel 15 NDG). Die Privatperson hatte jedoch weder den NDB-intern vorgeschriebenen Rekrutierungsprozess durchlaufen, noch war eine Quellenführerin oder ein Quellenführer aus der Beschaffungsabteilung für sie und die Rechtmässigkeit ihrer Aktivitäten verantwortlich (vgl.

Art. 15 und 16 NDV). Ebenso fehlte eine Berichterstattung an die Vorsteherin des VBS und die GPDel (vgl. Artikel 19 NDV). Diese Vorgaben gelten für jede Person, die im Auftrag des NDB verdeckt Informationen beschafft, und unabhängig davon, wie ihre Zusammenarbeit mit dem NDB sonst noch vertraglich geregelt sein mag.

5.10

Sicherheitspolitische Führung des Bundesrats

5.10.1

Oberaufsicht über die sicherheitspolitische Führung

Mit dem Sicherheitspolitischen Bericht 2000 hatte der Bundesrat im Jahr 1999 seine sicherheitspolitischen Führungsinstrumente neu konzipiert.171 Die GPDel verfolgte seither systematisch die Tätigkeit des SiA und seiner vorbereitenden Stabsorgane Lenkungsgruppe Sicherheit (LGSi) und später Kerngruppe Sicherheit (KGSi).

Als Oberaufsicht interessiert sich die GPDel für die Rolle des Nachrichtendienstes in diesen Gremien und für den Beitrag des SiA zur Aufsicht und Kontrolle des Bundesrats über den Nachrichtendienst (vgl. Art. 80 NDG). Darüber hinaus verfolgt die Delegation die Funktionsweise der Instrumente der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrats im Hinblick auf ihre Zweckmässigkeit und Wirksamkeit.172 Bisher sah 170

Administrativuntersuchung zu Beratungsmandat im NDB: Medienmitteilung des VBS vom 1.12.2022.

171 Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz (SIPOL B 2000) vom 7.6.1999 (BBl 1999 7657).

172 Jahresbericht 2012 der GPK und GPDel der Eidg. Räte vom 24.1.2013, Ziff. 4.5 (BBl 2013 3513, hier 3597).

95 / 114

BBl 2023 579

sich die GPDel acht Mal veranlasst, mit dem SiA eine Aussprache zu führen. Das erste Treffen im November 2004 betraf die damalige Koordination der Nachrichtendienste.173 Anlass für die neueste Aussprache im Mai dieses Berichtsjahres waren die Evakuationsmission in Kabul und der Krieg in der Ukraine.

5.10.2

Aufgabe und Funktionsweise von SiA und KGSi

Laut Artikel 2 der Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates vom 2. Dezember 2016174 beurteilt der SiA die sicherheitsrelevante Lage und koordiniert departementsübergreifende sicherheitspolitische Geschäfte. Ihm gehören die Vorsteherinnen des VBS und des EJPD sowie der Vorsteher des EDA an.

Die KGSi setzt sich aus der Direktorin fedpol, der Staatssekretärin des EDA und dem Direktor NDB zusammen. Die drei in der KGSi vertretenen Departemente stellen der Gruppe ihre Grundlagen für die gemeinsame Lagebeurteilung zuhanden des SiA zur Verfügung. Weiter obliegt der KGSi die Früherkennung von Herausforderungen im sicherheitspolitischen Bereich. Die KGSi kann dem SiA, aber auch anderen Ausschüssen des Bundesrats Anträge stellen. Im Krisenfall koordiniert und integriert die KGSi bundesinternes und -externes Fachwissen.

Das Amt, welches die jährlich alternierende Leitung der KGSi innehat, stellt deren Protokolle jeweils der GPDel zu. Die Delegation erhält auch systematisch alle relevanten Unterlagen des SiA. Dort liegt der ständige Vorsitz beim VBS.

Ab 2019 nahmen die Generalsekretärin des EJPD, respektive die Generalsekretäre des EDA und des VBS auf ständiger Basis an den Sitzungen des SiA teil. In den vorangehenden 25 Jahren war allerdings die Anwesenheit von Generalsekretärinnen oder der ­sekretären im SiA nie ein Thema gewesen. Die drei Mitglieder der KGSi gehörten hingegen immer zum festen Teilnehmerkreis der SiA-Sitzungen. Andere Vertreter der Linie, beispielsweise der Chef der Armee (CdA), wurden ab 2019 nicht mehr eingeladen.

In der Regel plant der SiA vier ordentliche Sitzungen pro Jahr, während die Sitzungen der KGSi im Monatsrhythmus folgen. In den Jahren 2019 und 2020 fanden lediglich drei SiA-Sitzungen statt. Im Jahr 2021 führte der SiA noch zwei ordentliche Sitzungen durch. Zur Diskussion möglicher politischer Gegengeschäfte im Beschaffungsverfahren für das neue Kampfflugzeug traf sich der SiA viermal im Spezialformat Air2030 in der ersten Hälfe des Jahres 2021.175 Diese Entwicklung erschwerte es dem SiA, eine systematische Beurteilung der sicherheitsrelevanten Lage zu gewährleisten.

Die zeitlich befristeten Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bunderates traten Ende 2021 ausser Kraft. Am 2. Februar 2022 verlän-

173 174

Aussprache der GPDel mit dem SiA, Medienmitteilung der GPDel vom 22.11.2004 Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates (BBl 2016 8775).

175 Evaluationsverfahren Neues Kampfflugzeug, Bericht der GPK-N vom 9.11.2022 (BBl 2022 2484, Ziff. 2.3).

96 / 114

BBl 2023 579

gerte der Bundesrat rückwirkend ihre Geltungsdauer bis Ende 2022.176 Gleichzeitig wurde das VBS beauftragt, die Koordinationsstrukturen im Bereich Sicherheitspolitik zu überprüfen und dem Bundesrat bis Ende 2022 die Ergebnisse und allfällige Anpassungen der Weisungen zu unterbreiten.

Da der Bundesrat bereits im Jahre 2019 das EFD beauftragt hatte, die Strukturen im Cyberbereich bis Ende 2022 zu evaluieren, setzten das VBS und das EFD im Mai 2022 ein gemeinsame Projektorganisation namens SECORG ein, um die interdepartementale Koordination in den Bereichen Sicherheit und Cyberrisiken gemeinsam zu überprüfen.177 Die Leitung des Projekts wurde dem früheren Direktor des BJ übertragen. Dieser rapportiert an einen Projektausschuss mit Vertretern von VBS, EFD, EJPD und EDA. Aufgrund der Schlussfolgerungen der Arbeiten sollen die Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung revidiert werden und in neuer Form Anfang 2023 in Kraft treten.

5.10.3

Evakuationsmission in Kabul im August 2021 ­ Einschätzung der GPDel

In den letzten Jahren hatte sich die Aufmerksamkeit des SiA zunehmend auf die innere Sicherheit fokussiert, dies auf Kosten der strategischen Lagebeurteilung im Bereich der internationalen Sicherheit. So nahm der SiA im Jahr 2021 keine Notiz von der sukzessiven Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Am 9. August 2021 sagte das VBS die nächste reguläre Sitzung des SiA vom 17. August mangels aktuell dringender Themen ab, obwohl die Taliban am Vortag bereits die nordafghanische Stadt Kunduz erobert hatten. An ihrer ordentlichen Sitzung vom 12. August 2021 sprach die KGSi lediglich über eine vorübergehende Schliessung des Schweizer Kooperationsbüros in Kabul. Der MND und die Spezialkräfte der Armee, welche sich seit Längerem mit der Eventualität eines Evakuationseinsatzes in Afghanistan befassten, waren an der Sitzung nicht vertreten.

Die Organe der sicherheitspolitischen Führung wurden auch nicht involviert, als Deutschland der Schweiz am 13. August 2021 die Teilnahme an einer Evakuationsmission in Kabul angeboten hatte und das EDA mit dem VBS am Wochenende vom 14./15. August den Antrag für den Assistenzdienst von sechs Armeeangehörigen erarbeitete und dem Bundesrat umgehend im schriftlichen Verfahren zum Entscheid vorlegte. Am 17. August 2021 trafen die ersten Angehörigen des Detachements und zwei Sicherheitsexperten des Krisenmanagement-Zentrums des EDA in Kabul ein und die Evakuation konnte bis zum 23. August abgeschlossen werden.

An ihrer Sitzung vom 25. August 2021 stellte die GPDel fest, dass die bestehenden Strukturen der sicherheitspolitischen Führung weder im Vorfeld noch während des Einsatzes in Kabul aktiviert worden waren. Nach Ansicht der Delegation hätte der SiA sicherstellen müssen, dass er jederzeit ausreichend über die Lageentwicklung 176

Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates: Verlängerung vom 2.2.2022 (BBl 2022 258).

177 Die Strukturen für die interdepartementale Koordination in den Bereichen Sicherheit und Cyberrisiken werden überprüft, Medienmitteilung des VBS vom 16.5.2022.

97 / 114

BBl 2023 579

informiert war und bei Bedarf rasch Entscheide des Bundesrats vorberaten konnte.

Diese Notwendigkeit hätte sich wohl ergeben, wenn Schweizer immer noch vor Ort gewesen wären, als am 26. August vor den Toren des Flughafens Kabul über 180 Menschen einem Terroranschlag zum Opfer fielen. Das VBS-Detachement und die zwei EDA-Sicherheitsexperten waren erst am Vortag in die Schweiz zurückgekehrt.

Die GPDel verlangte deshalb mit Brief vom 21. September 2021 eine gemeinsame Aussprache mit den Mitgliedern des SiA, um dessen Aufgaben und diejenigen der KGSi zu klären und ihre Weiterentwicklung zu besprechen. Anfang November 2021 konnte mit den drei Departementen ein Termin vereinbart werden, allerdings erst auf den 5. Mai 2022.

5.10.4

Russischer Angriff auf die Ukraine im Februar 2022

Bevor die GPDel mit dem SiA die vereinbarte Aussprache zur Evakuationsmission in Kabul führen konnte, wurde die sicherheitspolitische Führung des Bundesrats im Februar 2022 vor eine noch grössere Herausforderung gestellt. Rückblickend ist festzustellen, dass die Tragweite der Entwicklung im Verlaufe der Monate, welche dem russischen Angriff auf die Ukraine vorangingen, von den zuständigen Stellen des Bundes nicht antizipiert wurden.

Auf dem Lageradar, welcher der NDB zuhanden der KGSi führte, wurde die Ukrainekrise im Dezember 2021 als aktueller Brennpunkt geführt. Ein konventioneller Krieg zwischen Russland und der North Atlantic Treaty Organization (NATO) figurierte unter der längerfristigen Früherkennung. Diese Einschätzungen waren unverändert aus den vorhergehenden Jahren übernommen worden.178 Am 11. Februar 2022 traf sich die KGSi noch kurz vor dem Wochenende zu einer a.o. Sitzung. Anlass waren vom Ausland erhaltene Informationen über eine anstehende Invasion Russlands in der Ukraine. Laut Medienberichten hatten auch an andere europäische Staaten solche Warnungen erhalten.179 Am Montag des 14. Februar 2022 tagte der SiA, um die Lagebeurteilung des NDB und die Situation der Botschaft in Kiew zu besprechen. Dem SiA war es ein Anliegen, die Lehren aus der Evakuationsoperation in Kabul zu ziehen und frühzeitig die Unterstützung der Armee einzuplanen. Für die nächste Bundesratssitzung sollte deshalb ein Antrag für einen Assistenzdienst der Armee vorbereitet werden. Dieser Einsatz wurde am 16. Februar genehmigt.

Anlässlich ihrer ordentlichen Sitzung vom 15. Februar 2022 beriet die KGSi erneut das Eskalationspotenzial der Ukrainekrise und verabschiedete eine Informationsnotiz mit einer Lagebeurteilung zuhanden des SiA, die bis zum Folgetag aktualisiert werden sollte. Eine umfassende Grossoffensive Russland zwecks (partieller) Annexion der Ukraine wurde als das unwahrscheinlichste (20­35 Prozent) von drei Szenarien betrachtet.180 Für ein solche Militäroperation erachtete der NDB die dafür bereit178 179 180

vgl. Lagebericht des NDB vom August/September 2020, Instrument Lageradar auf S. 15.

CIA rechnet mit russischem Angriff kommende Woche. In: Spiegel, 11.2.2022.

Eine begrenzte militärische Aktion zur Destabilisierung der Ukraine wurde als eher wahrscheinlich (50­65 Prozent) beurteilt.

98 / 114

BBl 2023 579

gestellten militärischen Kräfte Russlands als ungenügend sowie die politischen, wirtschaftlichen, und militärischen Kosten für Russland als zu hoch. Laut dem EDA ging die Interdepartementale Arbeitsgruppe (IDAG) Russland davon aus, dass die bestehende Verordnung181 über Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung von internationalen Sanktionen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine je nach Ausgestaltung der neuen EU-Sanktionen angepasst oder verschärft werden müsse. Das Thema Flüchtlinge wurde nicht angesprochen.

Am 21. Februar 2022 anerkannte Russland die Unabhängigkeit der abtrünnigen ukrainischen Gebiete im Osten der Ukraine und verlegte Truppen dorthin. Die ordentliche Sitzung des SiA vom 22. Februar 2022 befasste sich deshalb schwerpunktmässig mit der Ukrainekrise. Die KGSi wurde beauftragt, im Hinblick auf eine weitere Eskalation alle notwendigen weiteren Massnahmen zu antizipieren und zu besprechen. Es sollten dafür alle relevanten Stellen beigezogen werden, insbesondere zu den Themen Flüchtlinge und Energieversorgung. Im SiA kam klar die Absicht zum Ausdruck, die Gremien der sicherheitspolitischen Führung zu nutzen, um mögliche Auswirkungen der Krise interdepartemental zu antizipieren und allfällige Massnahmen rechtzeitig vorzubereiten.

Am 24. Februar 2022 begann der russische Angriff auf die Ukraine, bevor die KGSi den Auftrag des SiA ausgeführt hatte. Ein Vertreter des NDB, welcher den Vorsitz der KGSi hatte, nahm am ersten Kriegstag an der Pressekonferenz der Bundesbehörden teil. Die KGSi selbst traf sich am Abend zu einer a.o. Sitzung in ihrer üblichen Zusammensetzung. Es wurden keine weiteren Bundesstellen beigezogen.

Das nächste Treffen der KGSi fand am Morgen des 28. Februar 2022 im erweiterten Rahmen (SIPOL VBS, BA, SIF, SEM NCSC, SECO, BFE, BAZL) statt, jedoch ohne Vertretung der Armee. Zum Resultat der Arbeiten, welche der SiA am 22. Februar in Auftrag gegeben hatte, wurde eine Informationsnotiz verabschiedet. Das Papier erhielt eine Übersicht über Aktivitäten der Verwaltung in den Bereichen Aussenpolitik, Sanktionen, Migration, Cybersicherheit, Energieversorgung und Luftraumkontrolle.

Nach seiner Sitzung vom 28. Februar 2022 informierte der Bundesrat am Nachmittag über seinen Entscheid, die Sanktionspakete der EU vom 23. und 25. Februar zu übernehmen und Einreiseverbote
gegen Personen aus dem Umfeld des russischen Präsidenten zu erlassen.182 An der nachfolgenden a.o. Sitzung des SiA informierte das EJPD über die Pläne der EU, den ukrainischen Flüchtlingen Schutz zu gewähren und skizzierte den Handlungsbedarf für die Schweiz. Das VBS nahm die öffentliche Besorgnis um einen russischen Kernwaffeneinsatz zum Anlass, um die Einberufung des Bundesstabs Bevölkerungsschutz (BSTB) zur Diskussion zu stellen. Sein Einsatz als Plattform für die Information und Koordination mit den Kantonen wurde einhellig begrüsst.

Am 15. März 2022 hatte die KGSi ihre nächste Sitzung und behandelte Notizen zu den Themen Beeinflussungsoperationen und Cyber-Abwehr zuhanden des SiA. Diese

181

Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine vom 27. August 2014 (AS 2015 2311), aufgehoben am 4.3.2022.

182 Schweiz übernimmt EU-Sanktionen gegen Russland, Medienmitteilung des Bundesrats vom 28.2.2022.

99 / 114

BBl 2023 579

Arbeiten hatten bereits vor dem Ausbruch des Krieges und unabhängig von der Krise in der Ukraine begonnen.

An der SiA-Sitzung vom 17. März 2022 informierte das EJPD über die Aufnahme von Schutzsuchenden aus der Ukraine und die Aktivierung des SONAS. Das EDA orientierte über die erste Sitzung der Interdepartementalen Koordinationsgruppe Ukraine/Russland (IKUR), die der Bundesrat am 11. März 2022 auf Antrag und unter der Leitung des EDA eingesetzt hatte. Vorgesehen waren wöchentliche Sitzungen der Generalsekretärinnen und Generalsekretäre aller Departemente sowie der BK. Die IKUR ersetzte die bisherige IDAG Ukraine/Russland des EDA. Die Information des Bundesrats über die Arbeiten der IKUR erfolgte über die regelmässigen Informationsnotizen des EDA.

5.10.5

Aussprache der GPDel mit dem SiA im Mai 2022

Bereits am 23. Februar 2022 hatte die GPDel veranlasst, dass ihren Mitgliedern fortan laufend die Analysen des MND und des NDB zur Lage in der Ukraine zugestellt werden. An ihrer Sitzung vom 21. März 2022 stellte die GPDel fest, dass die KGSi und der SiA sich bereits mit der Entwicklung rund um die Ukraine vor dem russischen Angriff befasst hatten, dies im Gegensatz zur Krise in Afghanistan. Jedoch hatte es die KGSi aus Sicht der GPDel verpasst, andere Bundesstellen rechtzeitig beizuziehen und der zeitliche Vorsprung wurde zu wenig genutzt, um die Handlungsfähigkeit des Bundesrats zu stärken. Weil nachrichtendienstliche und polizeiliche Aspekte die Arbeit der KGSi dominierten, fehlten im Lagebild zuhanden des SiA wesentliche Elemente (z.B. Migration, Energie und Sanktionen) für eine umfassende Beurteilung der Auswirkungen des Konfliktes.

Die Abwesenheit der Armee in den Organen der sicherheitspolitischen Führung war für die GPDel unverständlich. Sie hatte bereits in ihrem Inspektionsbericht zum Fall Crypto AG empfohlen, dass der CdA regelmässig an Sitzungen des SiA teilnimmt. In Reaktion auf den Crypto-Bericht hatte sich der Bundesrat mit einer Teilnahme des CdA einverstanden erklärt, wenn ein die Armee betreffendes Thema behandelt wird.183 Aus Sicht der GPDel war es unbestritten, dass auch die Armee vom Ausbruch der grössten militärischen Auseinandersetzung seit dem zweiten Weltkrieg in Europa betroffen war.

Die GPDel zeigte sich auch skeptisch bezüglich des Beitrags, welche die neu geschaffene IKUR zur sicherheitspolitischen Führung des Bundesrats leisten konnte. Gemäss Art. 41 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG)184 dienen die Generalsekretariate als allgemeine Stabsstellen der Departemente. Die sicherheitspolitische Führung des Bundesrats hat hingegen nach dem Verständnis der GPDel entlang der Linie der kompetenten Gruppen und Ämter zu erfolgen.

Angesichts der Entwicklung der Sicherheitslage wollte die GPDel ihre Bedenken nicht mehr allein mit dem SiA teilen, sondern diese auch dem Bundesrat zur Kenntnis 183

Fall Crypto AG, Stellungnahme des Bundesrats vom 26.5.2021 zum Bericht der GPDel vom 2.11.2020 (BBl 2021 1222, S. 10).

184 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (RVOG; SR 172.010).

100 / 114

BBl 2023 579

bringen. Mit Brief vom 4. April 2022 informierte die GPDel deshalb den Bundesrat von ihrer Absicht, mit dem SiA am 5. Mai 2022 das Funktionieren der sicherheitspolitischen Führung auch im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zu besprechen. Die GPDel verlangte zudem die Zustellung aller Protokolle und Produkte der IKUR. Am 26. April 2022 bestätigte die Vorsteherin des VBS den Eingang des Schreibens der GPDel.

Eingangs der gemeinsamen Aussprache vom 5. Mai 2022 äusserten sowohl die GPDel wie auch der SiA ihr Bedauern darüber, dass der Brief der GPDel an den Bundesrat den Medien zugespielt worden war. Die drei Mitglieder des SiA nutzen die Aussprache, um auf die verschiedenen Kritikpunkte aus dem Brief der GPDel zu reagieren.

Es wurde wiederholt betont, dass die Instrumente der sicherheitspolitischen Führung nicht die Funktion eines Krisenstabs hätten und dass in einer Krise diese Aufgabe einem federführenden Departement zukommen würde.

Nach der Aussprache vom 5. Mai 2022 liess die GPDel den SiA wissen, dass sie den Einsatz der sicherheitspolitischen Instrumente des Bundes weiterverfolgen wird.

Ebenfalls wünschte die GPDel, über die laufenden Arbeiten zum Projekt SECORG (vgl. Ziff. 5.10.2) informiert zu werden und erwartete die Zustellung des Schlussberichtes auf Ende Oktober 2022.

5.10.6

Weitere Arbeiten der IKUR und des SiA

5.10.6.1

Szenarien für die Lageentwicklung

Ab der ersten Sitzung der IKUR vom 17. März 2022 war das EDA bestrebt, die zukünftige Lageentwicklung anhand von Szenarien zu beurteilen und den Handlungsbedarf der Schweiz zu antizipieren. Ein erster Entwurf des EDA mit drei Grundszenarien wurde in der IKUR am 24. März besprochen. Am 25. März 2022 besprach auch der SiA die Notwendigkeit, die Entwicklungen des Konflikts in der Ukraine und deren sicherheitspolitische Folgen für den Bund vorausschauend zu beurteilen und einigte sich darauf, die Szenarien der IKUR unter der Federführung des VBS zu konsolidieren. Der IKUR wurde am 31. März ein Papier mit vier Szenarien vorgelegt und am 7. April entschied sich die IKUR für fünf Grundszenarien, die auf eine Gültigkeit von sechs Monate angelegt waren. Im April ergänzten einzelnen Departemente und Ämter die Szenarien mit den für sie relevanten Konsequenzen und Massnahmen. Das EDA informierte am 12. April 2022 den SiA über den Fortschritt der Arbeiten.

Während die Konsequenzen für den Bevölkerungsschutz rasch in die Szenarien einflossen, lieferte das VBS den Beitrag der Armee erst für die IKUR-Sitzung vom 19. Mai 2022. Ihr Aufgabenspektrum umfasste subsidiäre Leistungen für die zivilen Behörden im In- und Ausland bis zum Wechsel in den Verteidigungsauftrag für das Szenario einer Konfrontation Russlands mit der NATO.

Am 12. Mai 2022 präsentierte der NDB der IKUR vier Szenarien für die Entwicklung des Frontverlaufs in der Ukraine. Der NDB erwartete für die nächsten drei Monate keine erfolgreiche Gegenoffensive der Ukrainischen Armee und rechnete auch nicht mit russischen Gebietsgewinnen im Süden der Ukraine. Die Einschätzung des NDB bestätigte damit das bis anhin wahrscheinlichste Szenario der IKUR.

101 / 114

BBl 2023 579

Am 14. Juni 2022 erhielt die KGSi vom SiA den Auftrag, eine Informationsnotiz zur Weiterentwicklung des Krieges in der Ukraine in den kommenden sechs Monaten zu erstellen. Die Notiz wurde am 6. Juli den Mitgliedern des SiA zugestellt und erkannte einen anhaltenden Abnützungskrieg als wahrscheinlichste Szenario.

5.10.6.2

Ausländische Anfragen zu Schweizer Kriegsmaterial

Im Mai 2022 erhielt die Schweiz verschiedene ausländische Gesuche für die Wiederausfuhr von Kriegsmaterial, das schweizerische Hersteller an diese Staaten exportiert hatten. Überdies trat eine europäische Regierung an das VBS mit dem Wunsch heran, ihr eine bereits bestellte Lieferung von Panzerabwehrlenkwaffen an die Schweiz zu überlassen. Im Gegenzug würde die Schweiz Anspruch auf eine spätere Lieferung erhalten.

Diese Anfragen besprach der SiA am 17. Mai und 1. Juni 2022 in reduzierter Zusammensetzung, d.h. ohne die Mitglieder der KGSi. Hingegen wurde der CdA zur zweiten Sitzung beigezogen und äusserte sich zu den Auswirkungen, die eine spätere Lieferung der bestellten Lenkwaffen auf die Ausbildung der Armee und ihre Verteidigungsbereitschaft haben würde.

5.10.6.3

Vorbereitung auf ein nukleares Ereignis

Ab ihrer ersten Sitzung kam in der IKUR das Risiko eines nuklearen Ereignisses in der Ukraine (Einsatz einer Kernwaffe oder Störfall in einem Kernkraftwerk) regelmässig zur Sprache. Zu den Zuständigkeiten und Rechtsgrundlagen für die Reaktion auf ein solches Ereignis verfasste das EDI bereits im April 2022 eine Informationsnotiz an den Bundesrat. Zuständig waren primär das BAG und das BABS, welche am 9. Juni 2022 der IKUR ihre Erkenntnisse präsentierten. In der Folge bat die IKUR das BABS, Vorschläge für eine Krisenorganisation im Ereignisfall zu machen, insbesondere auch auf der politisch-strategischen Ebene.

An der IKUR-Sitzung vom 23. Juni 2022 präsentierte das BABS (Nationale Alarmzentrale [NAZ]) Varianten für die Ausgestaltung des vorgeschlagenen Strategischen Führungsstabs Bund (SFB) für ein nukleares Ereignis in der Ukraine. Diese Arbeiten wurden dem Bundesrat über die Informationsnotiz des EDA vom 28. Juni zur Kenntnis gebracht. Nach einer weiteren Diskussion im August besprach die IKUR am 1. September einen Entwurf des VBS für einen Antrag an den Bundesrat, einen solchen Stab einzusetzen.

Gemäss dem Vorschlag des VBS würde im neuen SFB der BSTB um eine ereignisspezifisch zusammengesetzte Direktorenkonferenz ergänzt. Dem SFB sollten nebst den betroffenen Bundesstellen (BAG, BABS, BAZG, BFE, ein Vertreter der Armee) auch der Bundesratssprecher, die Generalsekretärinnen und -sekretäre der Departemente, der KKJPD sowie der Regierungskonferenz der Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF) angehören.

102 / 114

BBl 2023 579

In seiner Sitzung vom 30. September 2022 ermächtigte der Bundesrat das VBS, im Ereignisfall den SFB einzusetzen und legte die Krisenorganisation für eine schnelle und wirksame Reaktion fest. Die Leitung des SFB wurde dem Generalsekretär des VBS zugewiesen. An der gleichen Sitzung genehmigte der Bundesrat auch den Krisenstab, der bei einer Energiemangellage zum Einsatz kommen soll.

5.10.7

Aussprache zwischen GPDel und VBS im Oktober 2022

Am 11. Oktober 2022 besprach die GPDel mit der Vorsteherin und dem Generalsekretär des VBS die Tätigkeit der IKUR und die Rolle des VBS in dieser Koordinationsgruppe. In der Regel vertritt der Generalsekretär das VBS in der IKUR. Letztere ist ab August 2022 auf einen zweiwöchentlichen Sitzungsrhythmus übergegangen.

Das BABS stellt dem EDA, welches die IKUR leitet, Personal für die administrative Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Sitzungen zu Verfügung.

Die GPDel erkundigte sich auch nach der Relevanz der Entwicklungsszenarien, auf welche sich die IKUR sechs Monate früher geeinigt hatte (vgl. Ziff. 5.10.6.1). Laut dem Generalsekretär hat sich gezeigt, dass eine Anpassung der Grundszenarien mit viel Aufwand verbunden ist, weil auch die Konsequenzen für die einzelnen Bundesstellen angepasst werden müssen. Bei einer wesentlichen Änderung der Lageentwicklung müsste dies jedoch geprüft werden. An ihrer zweiten Sitzung im November 2022 aktualisierte die IKUR ihre Szenarien für die Entwicklung des Krieges in der Ukraine.

Im Sommer 2022 hatte sich die IKUR mehrmals mit den Zuständigkeiten für eine allfällige Behandlung von Patienten aus der Ukraine befasst. Wie der Generalsekretär ausführte, übernahm letztlich kein Departement die Federführung, sondern diese wurde der GDK zugewiesen.

Die GPDel nahm auch zur Kenntnis, dass der Bundesrat inzwischen die Voraussetzungen geschaffen hatte, um den neuen SFB für die Bewältigung eines Nuklearereignisses und einen Krisenstab bei einer Energiemangellage zu aktivieren. Da die Generalsekretärinnen und die -sekretäre nicht nur in der IKUR, sondern auch in diesen zusätzlichen Stäben Einsitz nehmen sollten, stellte die GPDel die Frage der Durchhaltefähigkeit im Fall einer Mehrfachkrise.

Während die GPDel die Schaffung dieser Instrumente begrüsste, zeigte die Reaktion des Bundes auf den Krieg in der Ukraine, dass sehr viel Zeit auf die Diskussion und Schaffung der notwendigen Führungsstrukturen verwendet wurde.

103 / 114

BBl 2023 579

6

Geschäftsberichte 2021 und wiederkehrende Berichte

6.1

Geschäftsbericht 2021 des Bundesrates

Die Überprüfung der Umsetzung der vom Bundesrat festgelegten Jahresziele sowie seiner Geschäftsführung ist eine der Aufgaben der parlamentarischen Oberaufsicht.

Sie wird u. a. anhand des vom Bundesrat gemäss Artikel 144 ParlG jährlich der Bundesversammlung unterbreiteten Berichts über seine Geschäftsführung vorgenommen.

Die GPK berichten in den Räten jeweils über die Geschäftsführung und stellen anschliessend Antrag zur Genehmigung des Geschäftsberichts.

An ihren gemeinsamen Sitzungen im Mai führen die GPK jeweils Aussprachen mit den Mitgliedern des Bundesrates und dem Bundeskanzler. Neben der generellen Berichterstattung über die im Berichtsjahr realisierten Ziele und Massnahmen informieren die Bundesratsmitglieder die GPK dabei jeweils auch über bestimmte, selber gewählte Schwerpunktthemen. Die GPK ihrerseits legen für alle Departemente sowie die BK Querschnittsthemen fest. Für die Aussprache im Jahr 2022 wurden die folgenden beiden Querschnittsthemen gewählt: -

Abbruch der Verhandlungen zum Institutionellen Rahmenabkommen mit der EU: Welche Lehren zieht der Bundesrat aus diesem Dossier für die künftige Ausgestaltung der Verhandlung mit der EU?

-

Einfluss des Ukraine-Krieges auf die Arbeit der Departemente

Im Rahmen der Aussprachen mit den Mitgliedern des Bundesrates und dem Bundeskanzler haben die Kommissionsmitglieder auch die Möglichkeit, selber weitere Themen einzubringen und zu vertiefen.

Die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher informierten im Mai 2022 die Kommissionen über die folgenden, selbst gewählten Schwerpunktthemen: EDA

- Aussenpolitische Strategie 2020­2023: Zwischenbilanz und Ausblick - Europäische Sicherheit

EDI

- Bewältigung Covid-Krise - Impfung und Normalisierung

EFD

- Massnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie - Digitalisierung und Cyber-Risiken - Finanz- und Steuerstandort Schweiz

EJPD

- Kriminalitätslage Schweiz - Ukraine

104 / 114

BBl 2023 579

UVEK

- Stromversorgungssicherheit - Künftige Ausrichtung des Schienengüterverkehrs

VBS

- Sicherheitspolitischer Bericht des Bundesrats - Weiterentwicklung Cyber Defence im VBS - Sanierung Altlasten im ehemaligen Munitionslager Mitholz

WBF

- Horizon und Erasmus+: Abfederungsmassnahmen und Perspektiven - Massnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz

BK

- Digitalisierung - Evaluation Krisenmanagement Covid-19

Im April 2022 fanden zudem mehrere vorbereitende Sitzungen zur Behandlung des Geschäftsberichtes des Bundesrates der Subkommissionen der GPK mit den verschiedenen Behörden, Departementsvorsteherinnen und Departmentsvorstehern, Gerichten und den Vertreterinnen und Vertretern der verselbständigten Einheiten des Bundes statt. Bei Letzteren wird unter anderem der Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele der jeweiligen Einheit thematisiert.

Beide GPK waren der Meinung, dass der Bundesrat und die Bundesverwaltung ihre Aufgaben insgesamt angemessen wahrgenommen haben. Sie beantragten ihren Räten deshalb einstimmig, den Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 2021 zu genehmigen.185 Das Parlament folgte diesen Anträgen in der Sommersession 2022.

6.2

Geschäftsbericht 2021 des Bundesgerichts

Zu den Aufgaben der parlamentarischen Oberaufsicht gehört gemäss Artikel 3 Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG)186 auch die Prüfung der Geschäftstätigkeit des Bundesgerichts und damit verbunden die Genehmigung von dessen Geschäftsbericht. Die GPK behandeln dazu jährlich den Geschäftsbericht des Bundesgerichts und hören Vertreter des Bundesgerichts und der erstinstanzlichen Gerichte an.187 Auf dieser Basis berichten sie in den Räten und stellen Antrag zur Genehmigung des Geschäftsberichts.

Im Rahmen der Behandlung des Geschäftsberichts 2021 im Frühling 2022 wurden dabei unter anderem die folgenden Themen behandelt: Die Personalsituation, die Entwicklung der Fallzahlen und Pendenzen, die für 2022 geplanten Reorganisationsmassnahmen, die Umstellung von Papierdossiers auf elektronische Dossiers sowie die Aufsichtstätigkeit des Bundesgerichts.

185 186 187

vgl. AB 2022 S 565 und AB 2022 N 1122 Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.6.2005 (BGG; SR 173.110).

Die erstinstanzlichen Gerichte des Bundes sind das BVGer, das BStGer und das BPatGer.

105 / 114

BBl 2023 579

Die GPK beantragten ihren jeweiligen Räten, den Geschäftsbericht des Bundesgerichtes für das Jahr 2021 zu genehmigen. Die Räte folgten den Anträgen der GPK und genehmigten den Geschäftsbericht in der Sommersession 2022188.

6.3

Weitere von der GPK geprüfte Berichte

Der Bundesrat erstattet der Bundesversammlung periodisch Bericht über die Erreichung der für die verselbständigten Einheiten des Bundes festgelegten strategischen Ziele (Art. 148 Abs. 3bis ParlG). Für die Einheiten mit besonderer wirtschafts- und finanzpolitischer Bedeutung (Swisscom, Post, SBB, Skyguide, RUAG, FINMA und Bereich der Eidgenössischen Technischen Hochschulen [ETH-Bereich]) stellt der Bundesrat den GPK jährlich ausführliche Berichte über die Erreichung der strategischen Ziele zu. Über die kleineren verselbständigten Einheiten (u. a. Swissmedic, Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat [ENSI], Institut für Geistiges Eigentum [IGE], Schweizerische Agentur für Innovationsförderung [Innosuisse], Pro Helvetia und SERV) erstattet er den GPK alle vier Jahre ausführlich Bericht.

Verschiedene gesetzliche Bestimmungen sehen vor, dass zu gewissen Bereichen der Bundesversammlung Bericht erstattet werden muss. So haben die GPK den Auftrag, den Bericht über die Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr,189 das Reporting im Personalmanagement,190 den Tätigkeitsbericht der BA,191 den Tätigkeitsbericht der AB-BA192 und den Rechenschaftsbericht der Schweizerischen Nationalbank (SNB)193 über die Erfüllung ihrer Aufgaben zu prüfen.

Die GPK haben weiter festgelegt, welche Berichte des Bundesrates über die verselbständigten Einheiten sie jährlich194 oder zu einem bestimmten Zeitpunkt während der Geltungsperiode der strategischen Ziele195 behandeln. Zudem kann ein Mitglied der GPK jederzeit beantragen, dass ein nicht traktandierter Bericht beraten wird.

Ferner beraten die GPK verschiedene Berichte des Bundesrates und der Bundesverwaltung zu spezifischen Themen (z.B. die Beratung des Jahresberichts von fedpol oder die Beratung alle zwei Jahre des Jahresberichts des Bundesamtes für Sozialversicherungen [BSV] über die Sozialversicherungen). Auch hier kann ein Mitglied der GPK jederzeit die Beratung eines nicht traktandierten Berichts beantragen.

Insgesamt befassen sich die GPK jedes Jahr mit 20 bis 40 solchen wiederkehrenden Berichten.

188 189 190 191 192 193 194 195

vgl. AB 2022 S 531 und AB 2022 N 1143.

Gemäss Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialgesetz, KMG; SR 514.51).

Gemäss Art. 5 BPG und Vereinbarung vom 27.1.2010 über das Reporting im Personalmanagement zwischen den GPK und FK und dem Bundesrat.

Gemäss Art. 17 des Bundesgesetzes vom 19.3.2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71).

Gemäss Art. 29 Abs. 1 StBOG.

Gemäss Art. 7 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 3.10.2003 über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankgesetz, NBG; SR 951.11) .

Stand 2022: Swisscom, Post, SBB, Skyguide, RUAG, FINMA und ETH-Bereich.

Stand 2022: Swissmedic, ENSI, Innosuisse und SERV.

106 / 114

BBl 2023 579

Abkürzungsverzeichnis a.o.

AB AB-BA AB-ND AG AGB AIG API AS ASG ASTRA AtraG BA BABS BAG BankG BAR BAZ BAZG BAZL BBl BBL BFE BGer BGG BiG BJ BK BLV BLW BPatGer

ausserordentlich Amtliches Bulletin Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz; SR 142.20) Advance Passenger Information Amtliche Sammlung des Bundesrechts Bundesgesetz vom 26. September 2014 über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland (Auslandschweizergesetz; SR 195.1) Bundesamt für Strassen Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (SR 742.104) Bundesanwaltschaft Bundesamt für Bevölkerungsschutz Bundesamt für Gesundheit Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz; SR 952.0) Bundesarchiv Bundesasylzentrum Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit Bundesamt für Zivilluftfahrt Bundesblatt Bundesamt für Bauten und Logistik Bundesamt für Energie Bundesgericht Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz; SR 173.110) Bibliothek am Guisanplatz Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen Bundesamt für Landwirtschaft Bundespatentgericht

107 / 114

BBl 2023 579

BPG BSTB BStGer BSV BÜPF BV BVGer BWO CASO CdA CEO CEPI CH CLM Covid-19 DEZA DLT DPSA DTI ECDC EDA EDI EDÖB EFD EFK EFV EGMR e-ID Eidg.

EJPD ElCom EMD ENCASIA EnG ENSI EPA 108 / 114

Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1) Bundesstab Bevölkerungsschutz Bundesstrafgericht Bundesamt für Sozialversicherungen Bundesgesetz vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (SR 780.1) Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101) Bundesverwaltungsgericht Bundesamt für Wohnungswesen Civil Aviation Safety Office Chef der Armee Chief executive officer, Direktor Coalition for Epidemic Preparedness Innovations Confoederatio helvetica, Schweizerische Eidgenossenschaft Conversation Leader Migration; Gesprächsführer Migration coronavirus disease 2019; Coronavirus-Krankheit-2019 Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Distributed Ledger Technology; Technik verteilter elektronischer Register Dienst für den präventiven Schutz der Armee Digitale Transformation und Informatik European Centre for Disease Prevention and Control, Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössische Finanzverwaltung Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Elektronische Identität Eidgenössisch(e) Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössische Elektrizitätskommission Eidgenössisches Militärdepartement European Network of Civil Aviation Safety Investigation Authorities Energiegesetz vom 30. September 2016 (SR 730.0) Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat Eidgenössische Personalamt

BBl 2023 579

EPD EPDG EPFL EpG EpV ESTV ESV ESYSP ETH ETP EU EWRS EZV FATCA FATF fedpol FIFA FinDel FinfraG FINMA Fintech FK FKG GAVI GDK GEVER GEVERVerordnung GK GOPD

Elektronisches Patientendossier Bundesgesetz vom 19. Juni 2015 über das elektronische Patientendossier (SR 816.1) École polytechnique fédérale de Lausanne; Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz; SR 818.101) Verordnung vom 29. April 2015 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemienverordnung; SR 818.101.1) Eidgenössische Steuerverwaltung Verordnung vom 9. Mai 2012 über den Umgang mit Organismen in geschlossenen Systemen (Einschliessungsverordnung; SR 814.912) Systemplattform Biometriedatenerfassung Eidgenössische Technische Hochschulen Exchange traded products; Börsengehandeltes Produkt Europäische Union Early Warning Response System, Frühwarn- und Reaktionssystem Eidgenössische Zollverwaltung Foreign Account Tax Compliance Act Financial Action Task Force on Money Laundering Bundesamt für Polizei Fédération internationale de Football Association; Weltfussballverband Finanzdelegation der eidgenössischen Räte Bundesgesetz vom 19. Juni 2015 über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (Finanzmarktinfrastrukturgesetz; SR 958.1) Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finanztechnologie Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (Finanzkontrollgesetz; SR 614.0) Global Alliance for Vaccines and Immunization Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren Elektronische Geschäftsverwaltung der Bundesverwaltung Verordnung vom 3. April 2019 über die elektronische Geschäftsverwaltung in der Bundesverwaltung (SR 172.010.441) Gerichtskommission der eidgenössischen Räte Geschäftsordnung der Parlamentsdienste vom 16. Mai 2014 109 / 114

BBl 2023 579

GPDel GPK GPK-N GPK-S GRN GRS GS-EJPD GS-VBS GVG

GwG HGVAnG HSC IASA NDB IASAGEX NDB ICO IDAG IES IGE IKUR Innosuisse ISG IV IVI KAV KdK Kdo Op KGSi KKJPD KKPKS 110 / 114

Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Oktober 2003 (SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerates vom 20. Juni 2003 (SR 171.14) Generalsekretariat des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Bundesgesetz vom 23. März 1962 über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse (Geschäftsverkehrsgesetz; AS 1992 639) Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (Geldwäschereigesetz; SR 955.0) Bundesgesetz vom 18. März 2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (SR 742.140.3) Health Security Committee Integrales Analysesystem des NDB Integrales Analysesystem Gewaltextremismus des NDB initial coin offering Interdepartementale Arbeitsgruppe Informations- und Einsatzsystem Institut für Geistiges Eigentum Interdepartementale Koordinationsgruppe Ukraine/Russland Schweizerische Agentur für Innovationsförderung Bundesgesetz vom 18. Dezember 2020 über die Informationssicherheit beim Bund (Informationssicherheitsgesetz; SR 128) Invalidenversicherung Institut für Virologie und Immunologie Kompetenzzentrum Amtliche Veröffentlichungen Konferenz der Kantonsregierungen Kommando Operationen Kerngruppe Sicherheit Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten

BBl 2023 579

KMG KMU KND KSD LBA LGSi MAG METAS MG MKG MND Mo.

NATO NAZ NBG NDB NDBB NDBI NDG NDV NKF NLR NSI OR Pa.Iv.

ParlG Po.

PSP PSPV PUK PVK RK MZF

Bundesgesetz vom 13. Dezember 1996 über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialgesetz; SR 514.51) Kleine und mittlere Unternehmen Kantonaler Nachrichtendienst Koordinierter Sanitätsdienst Logistikbasis der Armee Lenkungsgruppe Sicherheit Militärappellationsgericht Eidgenössisches Institut für Metrologie Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz; SR 510.10) Militärkassationsgericht Militärischer Nachrichtendienst Motion North Atlantic Treaty Organization Nationale Alarmzentrale Bundesgesetz vom 3. Oktober 2003 über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankgesetz; SR 951.11) Nachrichtendienst des Bundes Abteilung Beschaffung des NDB Abteilung Informationsmanagement des NDB Bundesgesetz vom 25. September 2015 über den Nachrichtendienst (Nachrichtendienstgesetz; SR 121) Verordnung vom 16. August 2017 über den Nachrichtendienst (SR 121.1) Neues Kampfflugzeug Royal Netherlands Aerospace Centre Nationale Strategie zu Impfungen Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht; RS 220) Parlamentarische Initiative Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Postulat Personensicherheitsprüfung(en) Verordnung vom 4. März 2011 über die Personensicherheitsprüfungen (SR 120.4) Parlamentarische Untersuchungskommission Parlamentarische Verwaltungskontrolle Regierungskonferenz der Militär, Zivilschutz und Feuerwehr 111 / 114

BBl 2023 579

RK-S RUAG RVOG SBB SDVN SECO SEM SERV SFB SFU SiA SIF SNB SONAS SR StBOG StGB STV SUST SVS SVU Swissmedic swisstopo TBT TRAVINT UKI UNHCR UNO UREK UVEK V-ASG VBS

112 / 114

Kommission für Rechtsfragen des Ständerates Rüstungsunternehmen-Aktiengesellschaft Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) Schweizerische Bundesbahnen Sicheres Datenverbundnetz Staatssekretariat für Wirtschaft Staatssekretariat für Migration Schweizerische Exportrisikoversicherung Strategischen Führungsstabs Bund Strategische Führungsübung Sicherheitsausschuss des Bundesrates Staatssekretariat für internationale Finanzfragen Schweizerische Nationalbank Sonderstab Asyl Systematische Rechtssammlung Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz; SR 173.71) Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311.0) Schweizerischer Turnverband Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Sicherheitsverbund Schweiz Sicherheitsverbundsübung Schweizerisches Heilmittelinstitut Bundesamt für Landestopografie Technical barriers to trade; Technische Handelhemmnisse Travel Intelligence Unabhängige Kontrollinstanz für die Funk- und Kabelaufklärung Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen Organisation der Vereinten Nationen Kommissionen für Umwelt, Raumplanung und Energie Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation der eidgenössischen Räte Verordnung vom 7. Oktober 2015 über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland (Auslandschweizerverordnung; RS 195.11) Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

BBl 2023 579

VG VIS-NDB VSZV VZÄ WBF WHO WTO ZEO

Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz; SR 170.32) Verordnung vom 16. August 2017 über die Informations- und Speichersysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (SR 121.2) Verordnung vom 17. Dezember 2014 über die Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen (SR 742.161) Vollzeitäquivalent Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation World Trade Organization; Welthandelsorganisation Zentrum für Elektronische Operationen

113 / 114

BBl 2023 579

114 / 114