BBl 2023 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

23.028 Botschaft zur Standortförderung 2024­2027 vom 25. Januar 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe zu folgenden Bundesbeschlüssen: A.

Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen für die Jahre 2024­2027

B.

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) für die Jahre 2024­2027

C.

Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2024­2027

D.

Bundesbeschluss über die Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2024­2031 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik

E.

Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung

F.

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2024­2027

G.

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz (Standortpromotion) für die Jahre 2024­ 2027

2023-0232

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Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. Januar 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Die Standortförderung des Bundes dient dem Ziel, die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit der KMU-geprägten Schweizer Volkswirtschaft zu erhalten und zu steigern. Dadurch trägt sie zur Stärkung der Wertschöpfung und zur Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen bei. Um die Instrumente der Standortförderung 2024­2027 fortzuführen und weiterzuentwickeln, unterbreitet der Bundesrat dem Parlament sechs Finanzierungsbeschlüsse im Gesamtumfang von 646,13 Millionen Franken.

Ausgangslage Die Schweiz gehört zu den wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt. Ein wesentlicher Grundstein dieses Erfolgs sind die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz, unter anderem der flexible Arbeitsmarkt, die moderate Steuerbelastung und die gesunden öffentlichen Finanzen. Gleichzeitig ist die Schweizer Volkswirtschaft mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Die Schweiz befindet sich in einem intensiven internationalen Standortwettbewerb und die Schweizer Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, stehen unter einem Innovations- und Kostendruck. Hinzu kommen die Digitalisierung der Schweizer Wirtschaft, die Reduktion regionaler wirtschaftlicher Disparitäten, die Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung, die Klima- und Biodiversitätskrise sowie die wirtschaftlichen Effekte globaler Handelsstreitigkeiten. Die Covid-19-Pandemie sowie geopolitische Entwicklungen haben jüngst vor Augen geführt, dass sich die Rahmenbedingungen rasch ändern und neue, für die Standortförderung relevante Herausforderungen auftreten können.

Inhalt der Vorlage Die Standortförderung des Bundes verfolgt für die Jahre 2024­2027 die folgenden fünf Ziele: Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen verbessern, Regionen stärken, zur nachhaltigen Entwicklung beitragen, Chancen der Digitalisierung nutzen sowie die Attraktivität des Wirtschafts- und Tourismusstandorts stärken. Im Vergleich zur Periode 2020­2023 wird der Nachhaltigkeit und der Digitalisierung eine grössere Bedeutung beigemessen. Zudem wird die Standortförderung stärker auf die Bedürfnisse der Zielgruppen ausgerichtet. Für die Umsetzung der Ziele werden Aktivitäten definiert. Die Umsetzung erfolgt anhand der Instrumente der KMUPolitik, der Tourismuspolitik, der Neuen Regionalpolitik sowie der Aussenwirtschaftsförderung.
Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament sechs Finanzierungsbeschlüsse, um die Instrumente der Standortförderung, deren Finanzierung Ende 2023 ausläuft, in den Jahren 2024­2027 fortzuführen und weiterzuentwickeln. Im Vergleich zur Periode 2020­2023 wird ein Schwerpunkt auf den Ausbau von E-Government und der Exportförderung gelegt. Bei der Weiterentwicklung der Instrumente der Standortförderung werden in den Jahren 2024­2027 folgende Schwerpunkte gesetzt: ­

KMU-Politik: Die Digitalisierung bildet den Schwerpunkt der KMU-Politik.

Im Fokus steht der Ausbau des Online-Schalters für Unternehmen (EasyGov).

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­

Tourismuspolitik: Im Mittelpunkt steht die Umsetzung der 2021 vom Bundesrat gutgeheissenen Tourismusstrategie. Inhaltlich liegen die Schwerpunkte auf der Weiterentwicklung der Investitionsförderung, der nachhaltigen Entwicklung des Tourismus sowie der digitalen Transformation des Tourismus.

­

Regionalpolitik: Mit der vorliegenden Botschaft unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung das Mehrjahresprogramm der Neuen Regionalpolitik für die Programmperiode 2024­2031. Inhaltlich liegen die Schwerpunkte bei den bewährten Förderschwerpunkten Innovation und Tourismus, bei der Ergänzung des Exportbasisansatzes um Elemente der lokalen Wirtschaft, bei der Erweiterung der punktuellen Infrastrukturförderung sowie bei der digitalen Transformation und der nachhaltigen Regionalentwicklung.

­

Aussenwirtschaftsförderung: Das Angebot zur Unterstützung der Exportwirtschaft und insbesondere der Zugang von Schweizer Exporteuren zu grossen ausländischen Infrastrukturprojekten wird bedarfsgerecht weiterentwickelt und der Team-Switzerland-Ansatz wird erweitert. Die Bewerbung des Technologie- und Innovationsstandortes Schweiz wird gezielt verstärkt.

Finanzierungsbeschlüsse Gesamthaft beantragt der Bundesrat mit dieser Botschaft Finanzierungsbeschlüsse im Umfang von 646,13 Millionen Franken: ­

Verpflichtungskredit zur Finanzierung der E-Government-Aktivitäten zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen für die Jahre 2024­2027 (32,8 Mio.

CHF)

­

Verpflichtungskredit zur Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) für die Jahre 2024­2027 (45,43 Mio. CHF)

­

Zahlungsrahmen für die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2024­2027 (233 Mio. CHF)

­

Zahlungsrahmen für Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung in den Jahren 2024­2031 (217,3 Mio. CHF)

­

Zahlungsrahmen für die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2024­2027 (99,1 Mio. CHF)

­

Zahlungsrahmen für die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz (Standortpromotion) für die Jahre 2024­ 2027 (18,5 Mio. CHF)

Weiterer Bundesbeschluss Des Weiteren beantragt der Bundesrat einen Bundesbeschluss über die Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2024­2031 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht 1

2

3

3

Die Standortförderung des Bundes 1.1 Ausgangslage 1.2 Strategische Grundlagen 1.2.1 Dachstrategie 1.2.2 Nachhaltige Entwicklung als Ziel der Standortförderung 1.2.3 Digitalisierung als Ziel der Standortförderung 1.3 Beitrag zur Bewältigung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie 1.3.1 Covid-19-Kredite 1.3.2 Härtefallhilfen 1.3.3 Weitere Massnahmen 1.4 Landesausstellung (Expo) 1.5 Überblick über laufende Gesetzgebungsarbeiten mit Bezug zur Standortförderung 1.6 Einbettung in die Standortpolitik des Bundes 1.7 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates 1.7.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 1.7.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

9 9 10 10 15 17

KMU-Politik 2.1 Strategische Grundlagen 2.2 Schwerpunkt 2024­2027 2.3 Administrative Entlastung 2.3.1 Ziele und Aufgaben 2.3.2 Wirksamkeit 2.4 E-Government zugunsten der KMU 2.4.1 Ziele und Aufgaben 2.4.2 Wirksamkeit 2.4.3 Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen für die Jahre 2024­2027 2.5 Unternehmensfinanzierung 2.5.1 Ziele und Aufgaben 2.5.2 Wirksamkeit 2.6 Bürgschaftswesen für KMU 2.6.1 Ziele und Aufgaben 2.6.2 Wirksamkeit

26 26 27 28 28 29 30 30 32

Tourismuspolitik 3.1 Strategische Grundlagen

45 45

19 20 21 22 23 24 25 25 25 25

36 39 39 40 41 41 42

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3.2 3.3

3.4

3.5

4

3.1.1 Lageanalyse zum Schweizer Tourismus 3.1.2 Tourismusstrategie des Bundes 3.1.3 Finanzieller Gesamtrahmen der Tourismuspolitik Schwerpunkte 2024­2027 Innotour 3.3.1 Ziele und Aufgaben 3.3.2 Wirksamkeit 3.3.3 Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) für die Jahre 2024­2027 Touristische Landeswerbung 3.4.1 Ziele und Aufgaben 3.4.2 Wirksamkeit 3.4.3 Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2024­2027 Beherbergungsförderung 3.5.1 Ziele und Aufgaben 3.5.2 Wirksamkeit

Regionalpolitik 4.1 Strategische Grundlagen 4.1.1 Evaluation des MJP2 2016­2023 4.1.2 Grundlagenarbeiten 4.1.3 Prägende räumliche Politiken 4.1.4 Prägende thematische Politiken 4.1.5 Nachhaltige Entwicklung 4.2 Ziele und Aufgaben 4.2.1 Ziel der NRP 4.2.2 Projektförderung und flankierende Massnahmen 4.2.3 Entwicklungen und Veränderungen in den Zielgebieten 4.3 Drittes Mehrjahresprogramm des Bundes 2024­2031 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik 4.3.1 Inhaltliche Konzeption des Mehrjahresprogramms: Grundsätze und Stossrichtungen 4.3.2 Projektförderung 4.3.3 Flankierende Massnahmen 4.3.4 Interreg / Europäische territoriale Zusammenarbeit 4.3.5 Umsetzung Projektförderung 4.3.6 Finanzen 4.3.7 Controlling und Evaluation 4.4 Wirksamkeit der NRP 4.5 Bundesbeschluss über die Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2024­2031 zur Umsetzung der NRP

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45 45 47 48 49 49 52 54 55 55 58 58 61 61 62 63 63 64 65 66 67 69 70 70 71 71 73 74 77 85 86 87 87 89 89 90

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4.6 4.7 5

6

7

Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung Steuererleichterungen

Aussenwirtschaftsförderung 5.1 Strategische Grundlagen 5.2 Schwerpunkt 2024­2027 5.3 Exportförderung 5.3.1 Ziele und Aufgaben 5.3.2 Wirksamkeit 5.3.3 Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2024­2027 5.4 Standortpromotion 5.4.1 Ziele und Aufgaben 5.4.2 Wirksamkeit 5.4.3 Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz (Standortpromotion) für die Jahre 2024­2027 5.5 Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) 5.5.1 Ziele und Aufgaben 5.5.2 Wirksamkeit

91 91 92 92 93 96 96 98 100 103 103 105 106 108 108 109

Auswirkungen der beantragten Bundesbeschlüsse 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.1.2 Personelle Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.3 Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen 6.4 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.5 Auswirkungen auf die Gesellschaft 6.6 Auswirkungen auf die Umwelt

109 110 110 112

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.4 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz 7.5 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

117 117 117 117

Abkürzungsverzeichnis

113 113 114 115 116

118 119 122

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Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-GovernmentAktivitäten zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen für die Jahre 2024­2027 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) für die Jahre 2024­2027 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2024­2027 (Entwurf)

BBl 2023 557

Bundesbeschluss über die Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2024­2031 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (Entwurf) BBl 2023 558 Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung (Entwurf)

BBl 2023 559

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2024­2027 (Entwurf)

BBl 2023 560

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz (Standortpromotion) für die Jahre 2024­2027 (Entwurf)

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Botschaft 1

Die Standortförderung des Bundes

1.1

Ausgangslage

Die Schweiz gehört zu den wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt. Ein wesentlicher Grundstein dieses Erfolgs sind die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz. Dazu zählen insbesondere die hohe Bildungsqualität, die internationale Offenheit, der flexible Arbeitsmarkt, die moderate Steuerbelastung und die gesunden öffentlichen Finanzen.1 Gleichzeitig ist die Schweizer Volkswirtschaft mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Die Schweiz befindet sich in einem intensiven internationalen Standortwettbewerb, das zeigen unter anderem die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Unternehmenssteuern, und die Schweizer Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), stehen unter einem Innovations- und Kostendruck. Ferner ist die Sicherung des Zugangs zum Binnenmarkt und zu Forschungsprogrammen der Europäischen Union (EU) von grosser Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Hinzu kommen die Digitalisierung der Schweizer Wirtschaft, die Reduktion regionaler wirtschaftlicher Disparitäten, die Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung, die Klima- und Biodiversitätskrise und die wirtschaftlichen Effekte globaler Handelsstreitigkeiten. Die Covid-19-Pandemie sowie geopolitische Entwicklungen ­ etwa der Krieg in der Ukraine und die Spannungen in verschiedenen Weltregionen ­ haben jüngst vor Augen geführt, dass sich die Rahmenbedingungen rasch ändern und neue, für die Standortförderung relevante Herausforderungen auftreten können. Zu nennen sind insbesondere negativ beeinträchtigte globale Handelsströme, welche zu Lieferengpässen und zur Verknappung von Gütern führen und letztlich die Versorgungssicherheit gefährden können. Ebenfalls relevant ist das Risiko einer Energiemangellage, welche volkswirtschaftliche Schäden zur Folge hätte und eine Störung der wirtschaftlichen Landesversorgung mit sich bringen würde.

Die Direktion für Standortförderung im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ist für den Vollzug der Standortförderung des Bundes zuständig. Mit der Standortförderung unterstützt der Bund die Schweizer KMU und die Regionen bei der Bewältigung der Herausforderungen und trägt zur Stärkung der Resilienz der KMU und Regionen bei. Insbesondere bei der Bewältigung der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie konnte die Standortförderung des Bundes
ihre Aktions- und Reaktionsfähigkeit unter Beweis stellen. Mit der vorliegenden Botschaft formuliert der Bundesrat seine Politik im Bereich der Standortförderung für die Jahre 2024­ 2027. Gleichzeitig beantragt er die entsprechenden Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die er für die Umsetzung und die Weiterentwicklung der Standortförderung als erforderlich erachtet.

1

Bundesrat (2022): Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz ­ Gesamtschau des Bundesrates vom 16. Februar 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bundesrat treibt Vorhaben zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz voran.

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1.2

Strategische Grundlagen

1.2.1

Dachstrategie

Die Dachstrategie der Standortförderung2 hat sich bewährt. Externe Untersuchungen zeigen, dass die Zufriedenheit der Zielgruppen mit den Dienstleistungen und Angeboten hoch ist. Gleiches gilt für die Leistungen der Förderinstrumente bzw. der ausführenden Organisationen.3 Basierend auf den Ergebnissen dieser Analysen wurde die Dachstrategie kontinuierlich weiterentwickelt. Abbildung 1 zeigt die Struktur der aktualisierten Dachstrategie.

Abbildung 1 Dachstrategie der Standortförderung des Bundes in den Jahren 2024­2027

Vision Der Wirtschaftsstandort Schweiz ist attraktiv und leistungsfähig. Die KMU-geprägte Volkswirtschaft bietet dank hoher Wertschöpfung zukunftsfähige Arbeitsplätze

Ziel 1 Rahmenbedingungen für KMU verbessern

Ziel 2 Regionen stärken

Ziel 3 Zur nachhaltigen Entwicklung beitragen

Ziel 4 Chancen der Digitalisierung nutzen

Ziel 5 Attraktivität des Wirtschafts- und Tourismusstandorts stärken

Aktivitäten 1-5

Aktivitäten 6-10

Aktivitäten 11-14

Aktivitäten 15-19

Aktivitäten 20-23

KMU-Politik
Admin. Entlastung E-Government Unternehmensfinanzierung Bürgschaftswesen KMU

Neue Regionalpolitik (NRP)
Neue Regionalpolitik
(NRP)
Steuererleichterungen
im Rahmen der NRP

Tourismuspolitik
Innotour Schweiz Tourismus
(ST)
Schw. Gesellschaft für
Hotelkredit (SGH)

Aussenwirtschaftsförderung
Exportförderung (S-GE) Standortpromotion (S-GE) Exportrisikoversicherung
(SERV)

Die Vision der Standortförderung lautet: «Der Wirtschaftsstandort Schweiz ist attraktiv und leistungsfähig. Die KMU-geprägte Volkswirtschaft bietet dank nachhaltiger Produktion und hoher Wertschöpfung zukunftsfähige Arbeitsplätze». Die 2

3

SECO (2017): Standortförderung 2020+: Mehrwert für KMU und Regionen von Dezember 2017, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Botschaft über die Standortförderung des Bundes 2020­2023 > Dachstrategie für die Standortförderung des Bundes 2020.

Ecoplan und Accelerom (2022): Zielgruppenorientierte Weiterentwicklung der Standortförderung des Bundes ­ Schlussbericht von September 2021, abrufbar unter > www.seco.admin.ch > Standortförderung > Botschaft über die Standortförderung des Bundes 2020­2023 > Zielgruppenorientierte Weiterentwicklung der Standortförderung des Bundes.

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Standortförderung verfolgt fünf Ziele, wobei der nachhaltigen Entwicklung (Ziel 3) und der Digitalisierung (Ziel 4) bei der Aktualisierung der Dachstrategie eine grössere Bedeutung beigemessen wurde.

Betreffend den zusätzlichen Mittelbedarf im Vergleich zur Periode 2020­2023 legt der Bundesrat bei der Standortförderung 2024­2027 einen Schwerpunkt auf den Ausbau von E-Government für KMU und der Exportförderung. Im Bereich E-Government hat die Schweiz im Vergleich zu anderen OECD-Ländern einen deutlichen Aufholbedarf. Die Exportförderung steht angesichts der starken internationalen Konkurrenz vor zusätzlichen Herausforderungen.

Die Ziele der Standortförderung 2024­2027 werden im Folgenden näher beschrieben: Ziel 1 «Rahmenbedingungen für KMU verbessern» Mit der Standortförderung setzt sich der Bundesrat für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für KMU ein. KMU bilden die primäre Zielgruppe der Standortförderung. Gute Rahmenbedingungen sind eine wesentliche Voraussetzung für wettbewerbsfähige KMU und damit für einen prosperierenden Wirtschaftsstandort. Die Rahmenbedingungen sind aus der Perspektive der Standortförderung in der Regel weitgehend vorgegeben und können nur langfristig angepasst werden. Aufgrund dessen stellt die Verbesserung der Rahmenbedingungen für KMU eine Daueraufgabe der Standortförderung dar.

Ziel 2 «Regionen stärken» Mit der Standortförderung setzt sich der Bundesrat dafür ein, dass die Schweizer Bevölkerung in allen Regionen über intakte Lebens- und Arbeitsbedingungen verfügt.

Eine wichtige Voraussetzung dafür sind vielversprechende Perspektiven und Opportunitäten für Unternehmerinnen und Unternehmer. Der Bundesrat unterstützt mit der Standortförderung die Akteurinnen und Akteure in den Regionen dabei, ihre regionalen wirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen, und trägt damit auch zur Reduktion regionaler Disparitäten bei.

Ziel 3 «Zur nachhaltigen Entwicklung beitragen» Die Standortförderung ist eine langfristig orientierte Politik. Sie positioniert die Schweiz als dauerhaft erfolgreichen, innovativen, wettbewerbsfähigen und krisenfesten Wirtschaftsstandort und stärkt damit dessen Resilienz. Ihre Strategien und Instrumente unterstützen und fördern die nachhaltige und chancenorientierte wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz. Die Standortförderung ist eine Wirtschaftspolitik,
die zur Sicherung und Inwertsetzung der natürlichen Ressourcen beiträgt und die gesellschaftliche Solidarität festigt. Sie leistet dadurch konkrete Beiträge zur Umsetzung der Strategie Nachhaltige Entwicklung Schweiz (SNE 2030)4.

4

Schweizerischer Bundesrat (2021): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030, abrufbar unter www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Publikationen > Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030.

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Ziel 4 «Chancen der Digitalisierung nutzen» Die Digitalisierung ist ein wichtiger Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung. Dieser Trend hat sich mit der Covid-19-Pandemie weiter akzentuiert. Mit der Standortförderung setzt sich der Bundesrat dafür ein, dass die Chancen der Digitalisierung konsequent genutzt werden. Dabei handelt es sich um ein Ziel mit einem ausgeprägt transversalen Charakter und wesentlichen Bezügen zu den übrigen vier Zielen der Standortförderung.

Ziel 5 «Attraktivität des Wirtschafts- und Tourismusstandorts stärken» Die Attraktivität des Wirtschafts- und Tourismusstandorts ist ein wichtiger wirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Neben optimalen Rahmenbedingungen (vgl. Ziel 1) zählen hierzu eine hochwertige Angebotsqualität, die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften5 sowie ein erstklassiger und koordinierter Marktauftritt. Mit der Standortförderung leistet der Bundesrat einen Beitrag zur weiteren Stärkung der Attraktivität des Wirtschafts- und Tourismusstandorts. Damit leistet die Standortförderung auch einen Beitrag zur Resilienz und zur Krisenfestigkeit der Schweizer Wirtschaft.

Die fünf Ziele werden anhand von 23 Aktivitäten umgesetzt. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Ziele und Aktivitäten. Die Inhalte der Aktivitäten werden in den Ziffern 1.2.2 und 1.2.3 sowie in den Ziffern 3­ 6 beschrieben. Über die Umsetzung der Aktivitäten wird dann mit der Botschaft zur Standortförderung 2028­2031 Bericht erstattet.

Tabelle 1 Ziele und Aktivitäten der Standortförderung im Überblick Ziele

Aktivitäten

Ziel 1 «Rahmenbedingungen für KMU verbessern»

1. Regulierungsvorhaben möglichst KMU-freundlich ausgestalten 2. Unternehmen administrativ entlasten 3. Koordination mit relevanten Stakeholdern sicherstellen und regelmässigen Austausch pflegen 4. Zentrales elektronisches Portal für Unternehmen (EasyGov) ausbauen 5. Zugang für KMU zu Finanzierung erleichtern

5

In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat Massnahmen zur Optimierung der Zulassung von qualifizierten Erwerbstätigen aus Drittstaaten beschlossen (Medienmitteilung des Bundesrates (4.3.2022), abrufbar unter www.admin.ch > Dokumentation > Bundesrat baut administrative Hürden bei der Zuwanderung aus Drittstaaten ab).

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Ziele

Aktivitäten

Ziel 2 6. Wirtschaftliche Potenziale der ländlichen Räume, «Regionen stärken» Berggebiete und Grenzregionen nutzen 7. Technologische, unternehmerische und touristische Innovation fördern 8. Kohärente Raumentwicklung fördern 9. Wissensaufbau und -transfer bezüglich Regionalentwicklung fördern 10. Unternehmensansiedlungen in regionalen Zentren in ländlichen Regionen und Berggebieten unterstützen Ziel 3 «Zur nachhaltigen Entwicklung beitragen»

11. Nachhaltigkeitsverständnis der Standortförderung umsetzen 12. Nachhaltigkeitsaspekte bei geförderten Projekten überprüfen und entsprechende Anreize setzen 13. Schweiz als nachhaltigen und resilienten Wirtschafts- und Tourismusstandort gestalten 14. Zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen

Ziel 4 «Chancen der Digitalisierung nutzen»

15. Digitale Transformation der KMU unterstützen 16. Angebote der Standortförderung und mandatierter Organisationen digitalisieren 17. Digitalisierung der für Unternehmen relevanten Behördenleistungen unterstützen 18. Wissensvermittlung und Vernetzung zu digitalen Themen anbieten 19. Vernetzung und Nutzung von digitalen Daten unterstützen

Ziel 5 20. Dauerhafte Ansiedlungen aus dem Ausland unterstützen «Attraktivität des 21. Exportorientierte KMU unterstützen Wirtschafts- und Tourismusstandorts 22. Marktbearbeitung für den Tourismusstandort Schweiz betreiben stärken» 23. Team-Switzerland-Ansatz weiterentwickeln Die Umsetzung der Standortförderung erfolgt anhand der insgesamt zwölf Instrumente der KMU-Politik, der Neuen Regionalpolitik (NRP), der Tourismuspolitik sowie der Aussenwirtschaftsförderung (vgl. Abb. 1).

Im Zuge der Weiterentwicklung der Dachstrategie wurden umfassende Grundlagenarbeiten durchgeführt mit dem Ziel, die Standortförderung stärker auf die Bedürfnisse

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der Zielgruppen auszurichten. In einer Grundlagenstudie6 konnte gezeigt werden, dass die Zielgruppen der Standortförderung sehr vielschichtig und heterogen sind. Insgesamt konnten die Zielgruppen der Standortförderung fünf Kategorien zugeordnet werden: ausländische Akteure, Tourismusakteure, Akteure der Regionalentwicklung, inländische Akteure auf der Suche nach Vernetzung, Austausch und Optimierung sowie exportorientierte Unternehmen. Die Studie zeigt ferner, dass die Zufriedenheit der Zielgruppen mit den Dienstleistungen und Angeboten der Standortförderung hoch ist: Mehr als zwei Drittel der befragten Stakeholder sind mit dem Nutzen des in Anspruch genommenen Angebots eher oder sehr zufrieden. Ebenfalls zufrieden sind die befragten Stakeholder mit den Förderinstrumenten bzw. den mandatierten Organisationen: Bürgschaftsorganisationen, Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV), Switzerland Global Enterprise (S-GE), Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) und Schweiz Tourismus (ST). Die aktuellen Förderinstrumente der Standortförderung werden als ausreichend beurteilt. Optimierungsbedarf besteht hinsichtlich der Koordination und der Übersichtlichkeit. Knapp zehn Prozent der befragten Stakeholder sind mit der Einfachheit der Abwicklung und dem Aufwand, das richtige Angebot zu finden, (eher) nicht zufrieden. Aufgrund dessen wurde ausgehend von diesen Arbeiten ein Standortförderguide (im Internet zugänglich ab Anfang 2023) entwickelt und implementiert mit dem Ziel, die Übersicht über die Angebote und Dienstleistungen der Standortförderung zu verbessern und den Zugang dazu zu vereinfachen (vgl. Ziff. 1.2.3).

Im Herbst 2022 wurden durch gfs.bern im Auftrag des SECO unabhängige Zufriedenheitsbefragungen der Partnerinnen und Partner von ST7 und der Kundinnen und Kunden von S-GE8 durchgeführt. Die Zufriedenheit mit ST wurde mit 7,9 und die Zufriedenheit mit S-GE mit 8,1 auf einer Skala von 1 bis 10 beurteilt, was dem Prädikat «gut bis sehr gut» entspricht. Im Vergleich zu den analogen Befragungen aus dem Jahr 2019 hat sich die Zufriedenheit mit beiden Organisationen weiter verbessert.

Bei der Konzeption und der Umsetzung der Standortförderinstrumente ist die Wirkungsorientierung oberster Grundsatz. So sind es in erster Linie die konkreten Resultate für die Schweizer Wirtschaft in allen
Landesregionen, an denen sich der Erfolg der Standortförderung messen kann. Vor diesem Hintergrund wurden in den letzten Jahren wichtige Grundlagen für die Wirkungsmessung erarbeitet. Jedes der zwölf Instrumente der Standortförderung orientiert sich an Schlüsselindikatoren, die grösstenteils jährlich erhoben werden. Die Entwicklung dieser Kennzahlen über die Zeit wird der Leitung der Direktion für Standortförderung in Berichten vorgelegt und unterstützt sie bei ihren strategischen Diskussionen und Entscheiden. Eine übergeordnete Wirkung der Standortförderung insgesamt lässt sich daraus aber nur schwer ermitteln, 6

7

8

Ecoplan und Accelerom (2022): Zielgruppenorientierte Weiterentwicklung der Standortförderung des Bundes von September 2021, abrufbar unter > www.seco.admin.ch > Standortförderung > Botschaft über die Standortförderung des Bundes 2020­2023 > Zielgruppenorientierte Weiterentwicklung der Standortförderung des Bundes.

gfs.bern (2022): Studie zur unabhängigen Zufriedenheitsbefragung der Partner von Schweiz Tourismus, abrufbar unter > www.seco.admin.ch > Standortförderung > Tourismuspolitik > Aktuell.

gfs.bern (2022): Studie zur unabhängigen Zufriedenheitsbefragung der Kunden von Switzerland Global Enterprise von Dezember 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Exportförderung / Standortpromotion > Exportförderung.

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dazu sind das Instrumentarium und die Zielgruppenbedürfnisse zu heterogen. Konkretere Rückschlüsse auf die Resultate und Wirkungen ergeben sich aus Massnahmen zur Wirkungsmessung für die einzelnen Instrumente, wie jährliche Fallstudien und verschiedene Evaluationen. Aus diesen Massnahmen zur Wirkungsmessung geht hervor, dass die Instrumente konzeptionell solide und methodisch robust aufgebaut sind.

Bei der Weiterentwicklung der Wirkungsmessung stehen punktuelle Anpassungen an.

Beispiele dazu finden sich in den Kapiteln der einzelnen Instrumente. Darüber hinaus eröffnet die neu lancierte Initiative zur Stärkung der Zielgruppenorientierung die Möglichkeit, Messgrössen zu identifizieren, welche weitere Wirkungsaussagen zu den Standortförderinstrumenten ermöglichen.

1.2.2

Nachhaltige Entwicklung als Ziel der Standortförderung

Die nachhaltige Entwicklung stellt neu ein eigenes Ziel der Standortförderung 2024­ 2027 dar. Daher werden hier die entsprechenden Aktivitäten separat erläutert.

Mit der Strategie Nachhaltige Entwicklung Schweiz (SNE 2030)9 zeigt der Bundesrat, wie die globale Agenda 203010 und die «Sustainable Development Goals (SDG)» in der Schweiz umgesetzt werden sollen. Wie alle Bereiche des Bundes ist die Standortförderung aufgefordert, die Ziele der Agenda 2030 und der SNE 2030 ausgewogen in die Ausgestaltung und Umsetzung ihrer Instrumente einzubeziehen. Entsprechend ist die nachhaltige Entwicklung sowohl in der Dachstrategie der Standortförderung als auch in den Rechtsgrundlagen, Leistungsvereinbarungen und Programmen der einzelnen Instrumente als Ziel verankert. Mit der Standortförderung unterstützt der Bundesrat die resiliente wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz, die auch zur Sicherung und Inwertsetzung der natürlichen Ressourcen beiträgt und die gesellschaftliche Solidarität festigt. Die Beiträge der Standortförderung zur nachhaltigen Entwicklung umfassen im Wesentlichen vier Aktivitäten: Nachhaltigkeitsverständnis der Standortförderung umsetzen Im Hinblick auf die Legislatur 2024­2027 verstärkt der Bundesrat mit der Standortförderung die Unterstützung ihrer Zielgruppen bei der nachhaltigen Entwicklung. Die Grundlage bildet eine geschärfte, proaktive und chancenorientierte Positionierung.

KMU-, Tourismus- und Regionalpolitik sowie die Aussenwirtschaftsförderung legen dafür in enger Zusammenarbeit mit ihren Partnern Nachhaltigkeitsziele mit messbaren Indikatoren und realistischen Zielwerten fest. Für die NRP wurde dazu ein Nachhaltigkeitskonzept mit Nachhaltigkeitszielen und Indikatoren erarbeitet, die sich direkt aus der SNE 2030 ableiten. Die kantonalen und überkantonalen Umsetzungsprogramme der NRP übernehmen davon eine Auswahl in ihre Wirkungsmodelle und legen Massnahmen fest, welche die entsprechende Zielerreichung ermöglichen. In der 9

10

Schweizerischer Bundesrat (2021): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030, abrufbar unter www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Publikationen > Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030.

United Nations (2015): 2030 Agenda for Sustainable Development, abrufbar unter www.un.org > UN Sustainable Development Goals.

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Tourismuspolitik ist die Nachhaltigkeit ein eigener Zielbereich, der sich in den Zielen und Prozessen der tourismuspolitischen Instrumente niederschlägt. Eine einfache Berichterstattung im Rahmen bestehender Instrumente und Prozesse ermöglicht das Monitoring der Zielerreichung und erlaubt erfahrungsbasierte Optimierungen in einem lernenden System.

Nachhaltigkeitsaspekte bei geförderten Projekten überprüfen und entsprechende Anreize setzen Bei der Projektförderung werden die relevanten Aspekte der nachhaltigen Entwicklung anhand der bestehenden Vorgaben und Strategien des Bundes sowie der gesetzten Nachhaltigkeitsziele und Indikatoren überprüft. Finanzielle und andere Anreize unterstützen die Ausrichtung der Projekte auf die Nachhaltigkeitsziele. In der Tourismuspolitik werden ausgewählte Nachhaltigkeitsprojekte und -initiativen aktiv begleitet und der Wissenstransfer wird verstärkt. Damit sollen insbesondere die Vernetzung und Koordination zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Tourismuswirtschaft und anderen betroffenen Akteurinnen und Akteuren verstärkt werden. Die NRP identifiziert und nutzt die wirtschaftlichen Chancen, die sich bei der nachhaltigen Entwicklung der Regionen ergeben, und unterstützt Bestrebungen, dass dabei die ökologische und die soziale Dimension in der Regionalwirtschaft noch stärker berücksichtigt werden. Schwerpunkte sind die Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Infrastrukturen, aber auch klima- und ressourcenschonende sowie soziale Innovationen.

Die Schweiz als nachhaltigen und resilienten Wirtschafts- und Tourismusstandort gestalten Der Bundesrat trägt mit der Standortförderung zu einem effizienten Einsatz der wirtschaftlichen, sozialen und natürlichen Ressourcen bei. Sie steigert die Krisenfestigkeit der KMU und Regionen, baut räumliche Disparitäten ab und trägt somit dazu bei, die Schweiz als nachhaltigen und zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort zu sichern. Die innovations-, wettbewerbs- und wertschöpfungsfördernden Rahmenbedingungen für KMU und im Rahmen der SERV auch für Grossunternehmen werden erhalten und auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet. Als zentraler Pfeiler für die nationale und internationale Positionierung als nachhaltiges Tourismusland dient das von Schweiz Tourismus initiierte Nachhaltigkeitsprogramm «Swisstainable» sowie der Aufbau des beim
Schweizer Tourismus-Verband angesiedelten «Kompetenzzentrums Nachhaltigkeit (KONA)».

Zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen Der Klimawandel ist für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Schweiz mit Risiken verbunden, bringt aber auch Chancen mit sich. Mit der Standortförderung trägt der Bundesrat im Einklang mit der Schweizer Klimapolitik sowohl zum Schutz des Klimas als auch zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels bei. Die Tourismus- und die Regionalpolitik unterstützen die Angebotsentwicklung und die Diversifikation, insbesondere durch die Förderung des Sommer- und Ganzjahrestourismus.

Zudem wird die nachhaltige Mobilität im Tourismus gefördert. Den Zielgruppen der NRP werden die nötigen Informationen und Handlungskompetenzen für die Berücksichtigung des Klimawandels in der wirtschaftlichen Entwicklung vermittelt. Die

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SERV optimiert mit ihrer Klimastrategie das Management der Klimarisiken und trägt zur Dekarbonisierung bei.

1.2.3

Digitalisierung als Ziel der Standortförderung

Bereits in der Botschaft vom 20. Februar 201911 zur Standortförderung 2020­2023 wurde die Digitalisierung als übergeordnetes Ziel identifiziert. Dieses Ziel wird in der Legislatur 2024­2027 akzentuiert weiterverfolgt.

Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft eröffnet den KMU und den Regionen neue Entwicklungsmöglichkeiten. Mit der Standortförderung setzt sich der Bundesrat dafür ein, dass diese Chancen konsequent genutzt werden. Dabei orientiert sie sich an den Zielen und Handlungsfeldern der Strategie «Digitale Schweiz»12 des Bundesrats und zeigt auf, welche Kernthemen in Bezug auf die Digitalisierung zu adressieren sind und wie diese in den Instrumenten der Standortförderung zu berücksichtigen sind. Um die Entwicklung der digitalen Transformation zu beeinflussen, bieten sich zahlreiche Möglichkeiten an. Diese werden in fünf Aktivitätsfelder eingeteilt: Digitale Transformation der KMU unterstützen Die digitale Transformation der Wirtschaft wird seitens der Standortförderung insbesondere finanziell unterstützt. Im Vordergrund steht die Mitfinanzierung von Projekten, z. B. für die Implementierung von neuen, digitalen Geschäftsmodellen oder für die Sensibilisierung und Vernetzung der KMU. Das via die NRP und via das Regionalprogramm der EU zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (Interreg) bis 2023 unterstützte Projekt «Künstliche Intelligenz zum Nutzen von KMU» beispielsweise hatte zum Ziel, die Aufmerksamkeit der KMU in der Oberrheinregion für die Thematik Künstliche Intelligenz zu wecken, Erfahrungen auszutauschen, Projekte zu identifizieren und Kooperationen zwischen mehreren Unternehmen zu realisieren. Ein weiterer Ansatz ist, die Förderung vermehrt auf übertragbare Projekte und «offene» Lösungen, die Kooperation ermöglichen und zukunftsgerichtet sind, auszurichten. Durch das Förderinstrument Innotour wird in den Jahren 2020­2023 z. B. das Kooperationsprojekt «discover.swiss» substanziell mitfinanziert. Das Projekt verfolgt als ein Hauptziel die Entwicklung einer Backend-Serviceplattform für den Schweizer Tourismus. «Digitaler Marktplatz für die Erlebnisregion Luzern-Vierwaldstättersee» ist ein weiteres Projekt, das durch Innotour in den Jahren 2021­2023 unterstützt wird.

Ziel des Projektes ist der Aufbau und der Betrieb eines überregionalen, digitalen Marktplatzes als attraktive Verkaufsplattform für touristische Partner.

11 12

BBl 2019 2365 Bundeskanzlei (2019), Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023 ­ Strategie der Bundesverwaltung im Bereich der digitalen Transformation und der Informatik, abrufbar unter www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT Lenkung > Strategie und Planung > Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023. https://www.digitaldialog.swiss/de/

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Angebote der Standortförderung und mandatierter Organisationen digitalisieren Damit die Zielgruppenorientierung der Standortförderung weiter gestärkt werden kann, werden die Dienstleistungen und Prozesse der Standortförderung und der mandatierten Organisationen laufend überprüft und weiterentwickelt. Im Vordergrund stehen die Stärkung der digitalen Informationstätigkeit, z. B. mit einem neuen Standortförderguide (im Internet zugänglich ab Anfang 2023). Ziel ist, den SECO-Webauftritt der Standortförderung zu aktualisieren und mit einem interaktiven Beratungstool zu versehen, das die Nutzenden zum richtigen Unterstützungs- und Förderangebot führt.

Vorbild dafür ist u. a. der Innosuisse-Guide13. Ein weiteres Beispiel ist das «GoGlobal Cockpit» von S-GE14. Es handelt sich dabei um eine interaktive Online-Plattform für Unternehmen in der Schweiz, die mit Produkten, Software oder Dienstleistungen ins Ausland expandieren möchten. Es eignet sich für Startups ohne Internationalisierungserfahrung genauso wie für erfahrene Unternehmen, die operative Fragen haben.

Digitalisierung der für Unternehmen relevanten Behördenleistungen unterstützen Mit der Standortförderung verantwortet der Bundesrat den Betrieb und die Weiterentwicklung des Online-Schalters für die Unternehmen (EasyGov). Bundesstellen sowie kantonale und kommunale Stellen werden in der Digitalisierung ihrer Behördenleistungen für Unternehmen konkret unterstützt. Schwerpunkt der Standortförderung in den Jahren 2024­2027 bildet ein verstärkter und permanenter Ausbau von EasyGov mit neuen Behördenleistungen für KMU (vgl. Ziff. 2.2 und 2.4.2). Die zentrale Plattform soll auch zur Umsetzung der neuen gesetzlichen Verpflichtungen aus dem Unternehmensentlastungsgesetz, dessen Entwurf der Bundesrat am 9. Dezember 202215 zuhanden des Parlaments verabschiedet hat, weiter ausgebaut werden.

Wissensvermittlung und Vernetzung zu digitalen Themen anbieten In Ergänzung zur Mitfinanzierung von Projekten liegt ein weiterer Schwerpunkt der Standortförderung beim Wissenstransfer sowie der Vernetzung zu digitalen Themen.

Hierfür wird laufend relevantes Grundlagenwissen zur Digitalisierung erarbeitet und den Akteurinnen und Akteuren zur Verfügung gestellt, z. B. in Form von Veranstaltungen und Webinaren. Um Austausch und Wissen unter den Projekten zu fördern, sollen
die bewährten Aktivitäten (Innotour «Walk the Talk»-Anlässe, Austauschplattformen und Wissensgemeinschaften von regiosuisse, der Plattform für Regionalentwicklung in der Schweiz16, und die NRP) weitergeführt werden.

13

14 15 16

innosuisse.guide ­ Mit dem Innossuisse Guide finden Sie das passende Förderangebot, abrufbar unter www.innosuisse.ch > Guide zu passendem Förderangebot > Innosuisse Guide.

www.goglobal.s-ge.com.

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Vernetzung und Nutzung von digitalen Daten unterstützen Mit der Standortförderung setzt sich der Bundesrat für einen einfachen Zugang zu digital verfügbaren Daten und Statistiken ein, z. B. mit dem Monitoring der regionalwirtschaftlichen Entwicklung durch regiosuisse.17 Gleichzeitig zielt der Bundesrat mit der Standortförderung in der Projektförderung und in der Zusammenarbeit mit den relevanten Stakeholdern darauf ab, Mehrwerte in der Anwendung von Daten und Statistiken zu schaffen. Das durch die NRP in den Jahren 2021 und 2022 unterstützte Projekt «Smarter data for smarter destinations» nutzt Daten aus dem Mobilfunknetz, um die Kundenkenntnis zu verbessern und die Verwaltung und Antizipation der Touristenströme in den Destinationen zu optimieren. Dieses Pilotprojekt, das von der Fachhochschule Westschweiz, HES-SO, Wallis, über deren Tourismusobservatorium getragen wurde, ist in Partnerschaft mit Swisscom und rund 20 Walliser Tourismusdestinationen durchgeführt worden. Ein anderes Beispiel sind die Feedbacks der EasyGov-Userinnen und -user, die unmittelbar in die Optimierung der Prozesse des Portals einfliessen. Damit wird eine evidenzbasierte bzw. bedarfsorientierte Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen gefördert. Öffentliche Daten und Statistiken sollen möglichst rasch und anwenderfreundlich zur Verfügung gestellt werden. Trends sollen rechtzeitig erkannt und sich bietende Chancen genutzt werden.

1.3

Beitrag zur Bewältigung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie

In nie dagewesenem Ausmass musste die Schweizer Wirtschaft zur Eindämmung der Verbreitung von Covid-19 mittels weitgehender gesundheitspolitischer Massnahmen eingeschränkt werden. Dies hatte den stärksten Konjunktureinbruch der jüngeren Zeit zur Folge. Dank den staatlichen Stützungsmassnahmen wie den Covid-19-Krediten, der stark erweiterten Kurzarbeitsentschädigung, dem Corona-Erwerbsersatz, den Härtefallhilfen und weiteren Massnahmen konnten das Einkommen der Arbeitnehmenden weitgehend erhalten und Konkurswellen vermieden werden.

Der Bundesrat ist mit der Standortförderung und mit ihrem bewährten und flexiblen Förderinstrumentarium sowie aufgrund ihrer Nähe zum Markt in der Lage, rasch auf Wirtschaftskrisen zu reagieren und die betroffenen KMU und Regionen gezielt und wirkungsvoll zu unterstützen. Damit leistet der Bundesrat mit der Standortförderung einen wichtigen Beitrag zu einem krisenfesten Wirtschaftsstandort Schweiz. Mit der Standortförderung konnte der Bundesrat massgebend zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie beitragen. Im Vordergrund standen die Mit-Konzeption und die Umsetzung der Covid-19-Kredite (vgl. Ziff. 1.3.1) und Härtefallhilfen (vgl. Ziff. 1.3.2) in Zusammenarbeit mit weiteren Bundesstellen, den Kantonen sowie Dritten.18 Hinzu kamen weitere, gezielte Stützungsmassnahmen 17

18

Monitoring der regionalwirtwschaftlichen Entwicklung, abrufbar unter www.regiosuisse.ch > Regionenmonitoring > Monitoring der regionalwirtschaftlichen Entwicklung.

Auf der Webseite www.covid19.easygov.swiss werden umfassende und regelmässig aktualisierte Informationen zu den Covid-19-Krediten, den Härtefallunterstützungen und zum Schutzschirm für Publikumsanlässe veröffentlicht.

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(vgl. Ziff. 1.3.3). Die Massnahmen der Standortförderung wurden schwerpunktmässig in den Jahren 2020­2022 umgesetzt, werden aber die Standortförderung in den Jahren 2024­ 2027 und darüber hinaus beschäftigen ­ z. B. durch die Bewirtschaftung der Covid-19-Kredite und Härtefallhilfen, Berichterstattung und Evaluationen.

Für die Umsetzung der Covid-19-Massnahmen wurden ab 2021 befristete Stellen geschaffen.19 Es gilt jedoch festzuhalten, dass die Instrumente der Standortförderung keine «Kriseninstrumente» per se darstellen. Die vorliegende Botschaft sieht demnach keine weiteren Ausführungen zu den genannten Instrumenten für eine allfällige zukünftige Bewältigung von Krisen vor.

1.3.1

Covid-19-Kredite

Die Direktion für Standortförderung war unmittelbar nach Ausbruch der Pandemie gemeinsam mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) ­ Eidgenössische Finanzverwaltung und Staatssekretariat für internationale Finanzfragen ­ , den Bürgschaftsorganisationen und der Finanzbranche massgeblich am Aufbau des Covid-19Kreditprogramms beteiligt. Damit wurde sichergestellt, dass Unternehmen zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen rasch und unbürokratisch Überbrückungskredite (Covid-19-Kredite) erhalten. Die Covid-19-Kredite wurden oft durch die Hausbank ausbezahlt und zu 100 Prozent durch eine der vier vom Bund anerkannten Bürgschaftsorganisationen verbürgt (vgl. Ziff. 2.6.1). Gemäss dem Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz vom 18. Dezember 202020 übernimmt der Bund die Bürgschaftsverluste, die den Bürgschaftsorganisationen aus den Covid-19-Krediten entstehen, sowie die Verwaltungskosten, die bei den Bürgschaftsorganisationen aufgrund des Covid-19-Kreditprogramms anfallen. Die Direktion für Standortförderung ist für die Sicherstellung der gesetzeskonformen Umsetzung, die Aufsicht sowie für die Übernahme der Kosten des Programmes zuständig.

Insgesamt wurden knapp 138 000 Covid-19-Kredite mit einem totalen Kreditvolumen von knapp 17 Milliarden Franken gewährt. Bezogen auf die Anzahl Unternehmen in der Schweiz haben rund 22 Prozent aller Unternehmen einen Covid-19-Kredit erhalten. Ein bedeutender Teil der Schweizer Wirtschaft konnte somit mit Liquidität versorgt werden, was eine starke Signalwirkung erzeugte und die Unternehmen kurz- bis mittelfristig zu stabilisieren vermochte.

Die einfachen und schlanken Prozesse bringen ein gewisses Missbrauchspotenzial mit sich. Dieses Risiko wurde mit einem effektiven Prüfkonzept adressiert. Für aktuelle Informationen zu den Covid-19-Krediten wird auf die Webseite www.covid19.easygov.swiss verwiesen.

Die Aufsicht der Direktion für Standortförderung über das Covid-19-Kreditprogramm wird sich über 2030 hinaus erstrecken. Neben der Verwaltung der Covid-19-Kredite über die Höchstlaufzeit von zehn Jahren werden in den kommenden Jahren auch die 19

20

Anzahl zusätzlich bewilligte Vollzeitstellen pro Jahr: 2021: 10; 2022/23: 11; 2024­2026: 8; 2027­2030: 6; 2031/32: 3. Ab 2033 sind keine zusätzlichen Vollzeitstellen mehr vorgesehen.

SR 951.26

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Missbrauchsbekämpfung sowie die Forderungsbewirtschaftung nach der Inanspruchnahme der Bürgschaft durch die Banken weiterhin interne personelle und finanzielle Ressourcen erfordern.

1.3.2

Härtefallhilfen

Aufgrund der anhaltenden Pandemie hat das Parlament in der Herbstsession 2020 mit dem Covid-19-Gesetz vom 25. September 202021 die Möglichkeit geschaffen, dass sich der Bund an kantonalen Härtefallmassnahmen zugunsten von Unternehmen beteiligt, die im Vergleich zum Niveau von vor der Pandemie mehr als 40 Prozent ihres Umsatzes eingebüsst hatten.

Die Covid-19-Härtefallverordnung 2020 vom 25. November 202022 (HFMV 20) konkretisiert die Bedingungen für eine Bundesbeteiligung für die Jahre 2020 und 2021.

Unterstützungen erfolgten in Form von A-fonds-perdu-Hilfen, Darlehen, Bürgschaften oder Garantien. Für die Umsetzung sind die Kantone zuständig. Die Direktion für Standortförderung nimmt für die Umsetzung eine wichtige Koordinationsrolle wahr.

Mit der Weiterentwicklung der Pandemie musste die HFMV 20 mehrmals angepasst werden.

Auch beschloss das Parlament in der Wintersession 2021, die gesetzliche Grundlage für die Beteiligung des Bundes an Härtefallmassnahmen zu verlängern, da viele Unternehmen auch noch 2022 von der Pandemie stark betroffen waren. Härtefallhilfen für 2022 wurden über die Covid-19-Härtefallverordnung 2022 vom 2. Februar 202223 (HFMV 22) gesprochen, die Unterstützungsbeiträge wurden maximal für das erste Halbjahr 2022 ausgerichtet. Per 30. Oktober 2022 waren 35 104 Unternehmen mit Afonds-perdu-Hilfen in der Höhe von 5086,0 Millionen Franken und mit Darlehen, Bürgschaften oder Garantien in der Höhe von insgesamt 217,0 Millionen Franken unterstützt worden.

Das Verfahren zur Gewährung von Härtefallmassnahmen richtet sich nach kantonalem Recht. Für die Aufsicht und die Missbrauchsbekämpfung sind daher primär die Kantone zuständig. Sie führen entsprechende Missbrauchskonzepte. Der Bund kommt über Datenanalysen, Stichprobenkontrollen und die Prüfung der kantonalen Rechnungen seiner Aufsichtspflicht nach. Für aktuelle Informationen zu den Härtefallhilfen wird auf die Webseite www.covid19.easygov.swiss/haertefaelle verwiesen.

Die Aufsicht zur Umsetzung der Härtefallverordnungen wird bis 2032 andauern. Neben den zu verwaltenden Darlehen, Bürgschaften und Garantien mit einer maximalen Laufzeit von zehn Jahren gilt es, das vierjährige Verbot des Beschlusses und der Ausschüttung von Dividenden und Tantiemen zu monitoren und bei grossen Unternehmen im Falle eines Gewinnes im Unterstützungsjahr einen Anteil, maximal in der Höhe der gewährten Unterstützungen, zurückzufordern.

21 22 23

SR 818.102 SR 951.262 SR 951.264

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1.3.3

Weitere Massnahmen

Tourismusspezifische Stützungsmassnahmen ST hat in den Jahren 2020 und 2021 einen Recovery Plan zur Stützung der Tourismusnachfrage umgesetzt. Hierfür standen ST zusätzliche Bundesmittel im Umfang von 40 Millionen Franken zur Verfügung, wobei mit 20 Millionen Franken die Hälfte für die Tourismuspartner von ST zur Verfügung standen. Die SGH hat ihre Kunden mit einer vereinfachten Sistierung der Amortisationen auf ihren Darlehen sowie mit der rückwirkenden Finanzierung von Investitionen unterstützt. In den Jahren 2022­ 2026 wird das Recovery Programm für den Schweizer Tourismus umgesetzt. In diesem Rahmen stehen für die Nachfrageförderung durch ST weitere 30 Millionen Franken (wiederum die Hälfte für die Tourismuspartner von ST) zur Verfügung, für die Innotour-Projektförderung 20 Millionen Franken und für die NRP-Projektförderung 10 Millionen Franken.

Weitere NRP-Massnahmen Um die Liquidität der Darlehensnehmer zu stärken, erlaubte der Bund den Kantonen, bei Bedarf die Amortisationen 2020, 2021 und 2022 von IHG24- und NRP-Darlehen in einem erleichterten Verfahren zu stunden und die Laufzeit der Darlehen entsprechend zu verlängern. Die NRP und HotellerieSuisse haben im April 2021 ein auf drei Jahre angelegtes Coaching-Programm für die Beherbergungsbranche lanciert.

Damit sollen kleinere und mittlere Betriebe insbesondere vor dem Hintergrund der Covid-19-bedingten Herausforderungen für die Zukunft gestärkt werden.

Exportförder-Massnahmen Aufbauend auf einer starken Marktpräsenz via Swiss Business Hubs (SBH) und einem breiten Netzwerk von Partnern wurden Beratungs- und Markterschliessungs-Leistungen des Exportförderers S-GE im Kontext der Covid-19-Pandemie an neue Problemstellungen angepasst und ausgebaut. S-GE standen dafür in den Jahren 2020 und 2021 zusätzliche Mittel in der Höhe von insgesamt 5,6 Millionen Franken zur Verfügung.

Weiter genehmigte der Bundesrat unter anderem eine temporäre Anpassung der Verordnung vom 25. Oktober 200625 über die Schweizerische Exportrisikoversicherung.

Damit erleichterte er den Zugang zu den Produkten der SERV, welche Schweizer Exporteure mit zusätzlicher Liquidität versorgen und die Exportgeschäfte mit verringerten administrativen Anforderungen absichern konnten.

Covid-19-Startup-Bürgschaften Startups konnten nur sehr eingeschränkt oder gar nicht von den
Unterstützungsmassnahmen vom März 2020 ­ insbesondere von den Covid-19-Krediten ­ profitieren.

Deswegen hat der Bundesrat am 22. April 2020 entschieden, dass aussichtsreiche Startups mithilfe des bereits existierenden Bürgschaftswesens für KMU vor einer 24

25

Das Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Investitionshilfe für Berggebiete (IHG) wurde mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006 über Regionalpolitik (SR 901.0) auf den 1. Januar 2008 aufgehoben. Bis zur vollständigen Rückzahlung der Darlehen gelten die Bestimmungen des IHG.

SR 946.101

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Covid-bedingten Insolvenz bewahrt werden sollen. Hierbei konnten Startups vom 7. Mai 2020 bis zum 31. August 2020 einen Antrag auf eine Bürgschaft stellen, die zu 65 Prozent vom Bund und zu 35 Prozent vom jeweiligen Kanton oder vom Kanton vermittelten Dritten getragen wird. Auf diesem Weg verbürgten Bund und Kantone (bzw. Dritte) gemeinsam zu 100 Prozent einen Kreditbetrag von bis zu 1 Million Franken pro Startup. Insgesamt wurden hierbei 359 Bürgschaften für rund 99 Millionen Franken gewährt.

Schutzschirm für Publikumsanlässe Der Schutzschirm für Publikumsanlässe bot den von der Covid-19-Pandemie besonders stark betroffenen Veranstaltungsunternehmen für die Organisation öffentlicher Veranstaltungen von überkantonaler Bedeutung eine gewisse Planungssicherheit. Die Veranstaltungen mussten die Anforderungen der Covid-19-Verordnung Publikumsanlässe vom 26. Mai 202126 und die kantonalen Anforderungen erfüllen, um die Zusicherung zur Unterstellung unter den Schutzschirm zu erhalten. Die Federführung des Schutzschirms liegt bei der Direktion für Standortförderung, einschliesslich der Koordination mit den Kantonen. Bis zum 1. Juli 2022 erhielten 413 Veranstaltungen mit einem gesamten Verpflichtungsvolumen von 242 Millionen Franken eine Zusicherung zur Unterstellung unter den Schutzschirm.

1.4

Landesausstellung (Expo)

Landesaustellungen haben in der Schweiz Tradition. Sie übernehmen als Generationenprojekte eine identitätsstiftende Funktion und tragen zum inneren Zusammenhalt der Schweiz bei. Zudem fördern sie eine Diskussion über die Zukunftsperspektiven und bieten die Möglichkeit, sich gegen innen und aussen zu präsentieren. Nicht zuletzt können und sollen Landesausstellungen einen kulturellen, gesamtwirtschaftlichen und dauerhaften Nutzen für die ganze Schweiz generieren.

Der Bundesrat hat sich Ende Juni 2022 gemeinsam mit der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) in Bezug auf eine nächste Landesausstellung positioniert. Bundesrat und KdK haben dabei die Durchführung einer zukünftigen «Expo» begrüsst und erste Eckwerte von Rahmenbedingungen bekanntgegeben. Im Jahr 2023 verabschiedet der Bundesrat einen Bericht über die Rahmenbedingungen für eine Landesaustellung. Darin werden die Rollen und Aufgaben von Bund, Kantonen und Trägerschaften, rechtliche Grundlagen für eine Bundesbeteiligung sowie wichtige Prozesse im Hinblick auf eine mögliche Landesausstellung vertieft. Damit legt der Bundesrat die Grundlagen zum weiteren Vorgehen im Hinblick auf die mögliche Durchführung einer Landesausstellung fest.

Innerhalb der Bundesverwaltung koordiniert bis auf weiteres die Direktion für Standortförderung die Arbeiten im Hinblick auf eine nächste Landesaustellung. Sie leistet diese Arbeiten mit bestehenden Ressourcen. Mit dem Bericht über die Rahmenbedingungen für eine Landesausstellung werden neben der Rollenteilung und wichtigen

26

SR 818.101.28

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Prozessen insbesondere die Fragen der Rechtsgrundlage und der notwendigen Ressourcen erörtert.

1.5

Überblick über laufende Gesetzgebungsarbeiten mit Bezug zur Standortförderung

Zurzeit werden folgende gesetzliche Grundlagen mit einem Bezug zur Standortförderung erarbeitet und überarbeitet: KMU-Politik Mit dem Unternehmensentlastungsgesetz sollen gezielte Massnahmen zur administrativen Entlastung der Unternehmen verankert werden. Weiter sollen Behörden des Bundes und der Kantone sowie externe Verwaltungsträger des Bundes und der Kantone beim Vollzug von Bundesrecht verpflichtet werden, ihre elektronischen Behördenleistungen für Unternehmen über die Plattform EasyGov zugänglich zu machen.

Die Vernehmlassung zum Vorentwurf des Unternehmensentlastungsgesetzes wurde im August 2021 beendet.27 Der Bundesrat hat den Entwurf am 9. Dezember 202228 zuhanden des Parlaments verabschiedet.

Tourismuspolitik Im Rahmen des Recovery-Programms für den Schweizer Tourismus wird eine bis 2026 befristete Anpassung des Bundesgesetzes vom 30. September 201129 über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus umgesetzt. Damit wird sichergestellt, dass der Bundesbeitrag an die anrechenbaren Kosten von touristischen Innovationsprojekten zeitlich befristet von 50 Prozent auf maximal 70 Prozent erhöht werden kann.

Die Förderung der Beherbergungswirtschaft durch die SGH soll im Rahmen einer Revision des Bundesgesetzes vom 20. Juni 200330 über die Förderung der Beherbergungswirtschaft weiter optimiert werden. Die Förderung der SGH soll noch stärker auf die Verbesserung der Strukturen und den Strukturwandel sowie die nachhaltige Entwicklung ausgerichtet werden.

Regionalpolitik Gewisse kleine Infrastrukturvorhaben, die für den investierenden Projektträger keine oder nur marginale direkte Cash-Flows generieren, können von regionalwirtschaftlicher Bedeutung sein, wenn sie anderen wirtschaftlichen Akteuren kommerziellen Nutzen stiften. An entsprechende Projekte soll die NRP künftig in beschränktem Rahmen A-fonds-perdu-Beiträge ausrichten können (vgl. Ziff. 4.3.1). Diese Neuerung bedingt eine Anpassung des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 200631 über die 27 28 29 30 31

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2021 > WBF > Vernehmlassung 2021/43.

BBl 2023 167 SR 935.22 SR 935.12 SR 901.0

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Regionalpolitik sowie der dazugehörigen Verordnung (Verordnung vom 28. Nov.

200732 über Regionalpolitik). Die Anpassung des Bundesgesetzes über die Regionalpolitik wird von den eidgenössischen Räten 2023 diskutiert, das Inkrafttreten ist für Anfang 2024 geplant.

1.6

Einbettung in die Standortpolitik des Bundes

Die Standortpolitik umfasst sämtliche Massnahmen des Bundes, die auf den Wirtschaftsstandort Schweiz wirken. Nebst der Standortförderung betreibt der Bund Standortpolitik auch über Steuern, Infrastruktur, Bildung, Innovationsförderung, Forschung und weitere Rahmenbedingungen. Zusätzlich wirken exogene, also kaum beeinflussbare Faktoren wie die Weltwirtschaftslage auf die Standortattraktivität. Die Standortförderung des Bundes ist somit nur ein Element der Standortpolitik unter vielen. Um Kohärenz zwischen den relevanten Politikbereichen herzustellen, verfolgt der Bundesrat mit der Standortförderung verschiedene Koordinations- und Kooperationsaktivitäten, so z. B. mit dem Bundesnetzwerk für kohärente Raumentwicklung StadtLand (BN KoRE, vgl. Ziff. 4.1.3), der Teilnahme an den Modellvorhaben für nachhaltige Raumentwicklung33 oder mit dem Team-Switzerland-Ansatz (vgl. Ziff. 5.2).

1.7

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

1.7.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 29. Januar 202034 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 und im Bundesbeschluss vom 21. September 202035 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

1.7.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage zur Standortförderung 2024­2027 ist abgestimmt auf die Aussenwirtschaftsstrategie36 und die Wachstumspolitik des Bundesrates. Ferner ist die Vorlage kohärent mit der Strategie «Nachhaltige Entwicklung 2030»37 des Bundesrates.

32 33 34 35 36 37

SR 901.021 Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung, abrufbar unter www.are.admin.ch > Raumentwicklung & Raumplanung > Modellvorhaben Nachhaltige Entwicklung.

BBl 2020 1777 S. 1838 BBl 2020 8385 S. 8386 Schweizerischer Bundesrat (2021): Strategie zur Aussenwirtschaftspolitik.

Schweizerischer Bundesrat (2021): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030, abrufbar unter www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Publikationen > Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030.

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Die im Bereich E-Government für KMU verfolgten Massnahmen und Projekte sind Teil der Strategie des Bundesrates für eine digitale Schweiz38 sowie der EGovernment-Strategie Schweiz von Bund, Kantonen und Gemeinden39.

Die Tourismus- und die Regionalpolitik stehen im Einklang mit der Politik des Bundes für die ländlichen Räume und Berggebiete sowie mit der Agglomerationspolitik (AggloPol). Diese beiden Querschnittpolitiken bilden die Grundlage für eine kohärente Raumentwicklung der Schweiz.

2

KMU-Politik

2.1

Strategische Grundlagen

Der Wirtschaftsstandort Schweiz lebt von vielen flexiblen und innovativen KMU. Sie stellen über 99 Prozent aller Betriebe in der Schweiz, beschäftigen mehr als zwei Drittel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, tragen über 60 Prozent zur Wertschöpfung bei und bilden über 70 Prozent der Lernenden aus. Sie sind eine wichtige Basis für eine leistungsfähige Wirtschaft, die offen ist für den ständigen Strukturwandel. Die Anliegen der KMU geniessen beim Bundesrat aus diesen Gründen einen hohen Stellenwert. Mit einer auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmten Politik werden die Rahmenbedingungen der bestehenden Unternehmen ständig optimiert, Neugründungen erleichtert und die fortwährende Entwicklung der Unternehmen ermöglicht. Sie arbeitet zu diesem Zweck insbesondere mit Kantonen, Bürgschaftsorganisationen und der ausserparlamentarischen Kommission KMU-Forum zusammen.

Die Politik zugunsten der KMU ist eine Querschnittspolitik, die faktisch in fast alle Bereiche der Bundespolitik strahlt. Die Direktion für Standortförderung ist beauftragt, diese Politik zu koordinieren und einzelne ihrer Elemente umzusetzen. Der Fokus liegt dabei auf den Bereichen administrative Entlastung und Unternehmensfinanzierung. Beide Bereiche tragen dazu bei, die Rahmenbedingungen für KMU zu verbessern (Ziff. 1.2.1, Aktivitäten 1, 2 und 5) und die Chancen der Digitalisierung zum Beispiel über E-Government besser zu nutzen (Ziff. 1.2.1, Aktivitäten 4 und 17).

Die administrative Entlastung bildet einen Hauptbereich der KMU-Politik, zu der auch das E-Government zugunsten der KMU gehört. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind besonders von Regulierungskosten und bürokratischen Aufwänden betroffen. Der Bundesrat hat in seiner Gesamtschau zur Stärkung des

38

39

Bundeskanzlei (2019), Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023 ­ Strategie der Bundesverwaltung im Bereich der digitalen Transformation und der Informatik, abrufbar unter www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT Lenkung > Strategie und Planung > Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023.

Schweizerischer Bundesrat (2019): E-Government-Strategie Schweiz 2020­2023, abrufbar unter www.digitale-verwaltung-schweiz.ch > über uns > Digitale Verwaltung Schweiz > Die Digitale Verwaltung Schweiz > Strategie > E-Government-Strategie Schweiz 2020­2023.

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Wirtschaftsstandorts Schweiz40 erneut den Abbau von unnötiger Bürokratie als Daueraufgabe zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit definiert. Mit der vorliegenden Botschaft wird die Finanzierung des E-Government für KMU, als operatives Instrument zur administrativen Entlastung, für die nächste Legislaturperiode mittels eines entsprechenden Finanzierungsbeschlusses gewährleistet.

Zweiter Hauptbereich der KMU-Politik ist die Unternehmensfinanzierung. Sie wird mittels politikberatender und operativer Leistungen unterstützt. Die Erarbeitung von Berichten und Studien gehört zur politikberatenden Tätigkeit wie auch die Mitarbeit bei regulatorischen Arbeiten zur Verbesserung der Rahmenbedingungen. Auf operativer Ebene erleichtert der Bund den KMU den Zugang zu Bankdarlehen, indem er den anerkannten Bürgschaftsorganisationen Finanzhilfen gewährt und diese beaufsichtigt.

2.2

Schwerpunkt 2024­2027

Die Digitalisierung bildet den Schwerpunkt 2024­2027 der KMU-Politik. Sie kann u. a. mittels E-Government bedeutend zur administrativen Entlastung der Unternehmen beitragen. Im Fokus der KMU-Politik steht der weitere Ausbau des OnlineSchalters für Unternehmen (EasyGov).

EasyGov hat sich 2020 im Rahmen der vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Ausbreitung des Coronavirus als schlagkräftiges Instrument bewährt. Innerhalb von rund 14 Tagen konnten in Zusammenarbeit mit Akteurinnen und Akteuren aus der Privatwirtschaft zwei neue Behördenprozesse live geschaltet werden: einerseits die Covid-19-Überbrückungskredite, wo über EasyGov knapp 138 000 Anträge mit einem totalen Kreditvolumen von knapp 17 Milliarden Franken eingereicht wurden; andererseits die Covid-19-StartupBürgschaften: über EasyGov wurden Anträge für 636 Bürgschaften an Startups in Zusammenarbeit mit den Kantonen abgewickelt.

EasyGov wurde Ende 2017 als zentrale elektronische Plattform zur Abwicklung von Transaktionen zwischen Unternehmen und Behörden lanciert. Das Portal unterstützt die digitale Transformation weg von verwaltungs- hin zu kundenzentrierten Behördenleistungen. Auf EasyGov können die Unternehmen alle angebotenen Behördenleistungen effizient und sicher über einen einzigen Account mit weitgehend einheitlicher Benutzerführung abwickeln ­ über alle Behördenstufen vom Bund über den Kanton bis zur Gemeinde. In der Periode 2024­2027 soll der Leistungsumfang von EasyGov weiter ausgebaut werden. Wie die nationale E-Government-Studie 2022 zeigt, besteht seitens der Unternehmen ein klares Bedürfnis nach weiteren elektronischen Behördenleistungen.41 Zudem soll das E-Government-Angebot gezielt bekannt gemacht, permanent weiterentwickelt und verbessert werden.

40

41

Bundesrat (2022): Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz, Gesamtschau des Bundesrates vom 16. Februar 2022, abrufbar unter www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bundesrat treibt Vorhaben zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz voran > Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz, Gesamtschau des Bundesrates vom 16. Februar 2022.

Demoscope (2022): nationale E-Government Studie, abrufbar unter www.demoscope.ch.

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Die Nutzung von E-Government zur Optimierung der Verwaltungstätigkeiten in der Interaktion zwischen den Behörden und der Wirtschaft sowie der Bevölkerung gehört auch zu den Zielen der bundesrätlichen Dachstrategie «Digitale Schweiz». Die Strategie sieht insbesondere vor, dass die Geschäftsprozesse der Verwaltung konsequent auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet, vereinfacht, standardisiert und in ihrer Effizienz optimiert werden. Dazu soll das elektronische Leistungsangebot für Unternehmen, insbesondere über EasyGov, ausgebaut werden.42 Die Weiterentwicklung von EasyGov wird auch mit der Organisation «Digitale Verwaltung Schweiz» (DVS) koordiniert, insbesondere um den Ausbau der Plattform in enger Zusammenarbeit mit Kantonen und gegebenenfalls Gemeinden umzusetzen.

Mit dem zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Botschaft in Erarbeitung befindlichen Unternehmensentlastungsgesetz will der Bundesrat bestehende Regulierungen und neue Vorlagen konsequent auf ihr Entlastungspotenzial prüfen. Weiter sollen Behörden des Bundes und der Kantone sowie externe Verwaltungsträger des Bundes und der Kantone beim Vollzug von Bundesrecht verpflichtet werden, ihre elektronischen Behördenleistungen für Unternehmen über EasyGov zugänglich zu machen. Die Vernehmlassung zum Vorentwurf des Unternehmensentlastungsgesetzes wurde im August 2021 beendet.43 Den Entwurf hat der Bundesrat am 9. Dezember 202244 zuhanden des Parlaments verabschiedet.

2.3

Administrative Entlastung

2.3.1

Ziele und Aufgaben

Eine moderne arbeitsteilige und global vernetzte Gesellschaft kommt nicht ohne staatliche Regulierungen aus. Sie sollen einerseits politisch erwünschten Nutzen stiften, verursachen bei Unternehmen, Einwohnerinnen und Einwohnern und Behörden jedoch auch Kosten. Hohe Regulierungskosten wirken sich negativ auf die Produktivität und damit die Wirtschaftsentwicklung aus. Der Staat muss deshalb ein vitales Interesse haben, diese Kosten zu minimieren, damit die verfügbaren Ressourcen möglichst effizient eingesetzt werden können. Die administrative Entlastung trägt zu Produktivitätsgewinnen und damit zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und letztlich des Wohlstandes bei.

Der Bundesrat versteht die administrative Entlastung sowie eine KMU-freundliche Ausgestaltung bestehender und neuer Regulierungen als Daueraufgabe und als Hauptbereich der KMU-Politik (vgl. Ziff. 1.2.1, Aktivitäten 1 und 2).

42

43 44

Bundeskanzlei (2019), Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023 ­ Strategie der Bundesverwaltung im Bereich der digitalen Transformation und der Informatik, abrufbar unter www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT Lenkung > Strategie und Planung > Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023.

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2021 > WBF > Vernehmlassung 2021/43.

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Bei der administrativen Entlastung geht es in erster Linie darum, Regulierungskosten zu senken bzw. tief zu halten, ohne die Ziele einer Regulierung signifikant zu beeinträchtigen. Dazu werden drei komplementäre Instrumente eingesetzt, die ausserparlamentarische Kommission «KMU-Forum», der Bürokratiemonitor und das E-Government. Letzteres wird in Ziffer 2.4 separat behandelt. Mit dem geplanten Unternehmensentlastungsgesetz sollen ausserdem gezielte Massnahmen zur administrativen Entlastung von Unternehmen gesetzlich verankert und mit einer Erweiterung des Angebots auf der elektronischen Plattform EasyGov die Digitalisierungsvorteile bei Behördengängen für Unternehmen besser ausgeschöpft werden.

2.3.2

Wirksamkeit

Das internationale wirtschaftspolitische Umfeld ist geprägt von zunehmendem Wettbewerb unter den Staaten mit Bezug auf die Rahmenbedingungen. Bestrebungen zur administrativen Entlastung von Unternehmen geniessen deshalb in den meisten Ländern der OECD und der EU einen hohen Stellenwert.

In mehreren internationalen Vergleichen ist die Schweiz in den letzten Jahren insbesondere in den Bereichen der administrativen Belastung oder der Regulierungsdichte zurückgefallen, bspw. in den «Indicators of Product Market Regulation» der OECD (PMR) oder im WEF Global Competitiveness Report. Die Schweiz droht ihre gute Position schleichend zu verlieren.

Die ausserparlamentarische Kommission «KMU­Forum» leistet einen wichtigen Beitrag zur administrativen Entlastung und hat einen spürbaren Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess. In der grossen Mehrheit der Fälle konnten Vorlagen mit schädlichen Auswirkungen für die KMU rechtzeitig identifiziert und konkrete Vereinfachungsvorschläge eingebracht werden. In der Legislaturperiode 20162019 lag die Erfolgsquote des KMU-Forums im Durchschnitt bei rund 70 Prozent. Zahlen zu 2020­2023 werden im Januar 2024 vorliegen. Erste Anzeichen deuten auf eine Fortsetzung der Erfolgsquote hin.

Im Rahmen des Bürokratiemonitors des SECO wurden 2012, 2014 und 2018 Unternehmen nach ihrer subjektiven Wahrnehmung der administrativen Belastung in verschiedenen Regulierungsbereichen befragt. Über alle Regulierungsbereiche hinweg beklagten sich 2018 67,5 Prozent der befragten Unternehmen über eine hohe oder eher hohe Belastung. Gegenüber der letzten Befragung 2014 hat in diesen Bereichen keine nachweisliche Veränderung stattgefunden. 2018 hat mit 67 Prozent ein grösserer Teil der Unternehmen über eine Zunahme der administrativen Belastung berichtet als noch 2014 (56 %). Es kann somit von einem Anstieg der wahrgenommenen Zunahme der administrativen Belastungen zwischen 2014 und 2018 ausgegangen werden. Die nächste Erhebung des Bürokratiemonitors ist 2023 vorgesehen. Eine weitere Befragung ist in der Legislaturperiode 2024­2027 geplant.

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2.4

E-Government zugunsten der KMU

2.4.1

Ziele und Aufgaben

E-Government ist ein Mittel, um die administrative Belastung der Unternehmen zu reduzieren und die Produktivität der öffentlichen Verwaltungen zu steigern (vgl.

Ziff. 1.2.1, Aktivitäten 2, 4 und 17). Ziel ist es, die Verwaltungstätigkeit mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnik so unternehmensorientiert wie möglich zu gestalten. Im Zentrum steht die Vereinfachung von Bewilligungs-, Antrags- und Meldeverfahren. E-Government hilft, die Anzahl, die Dauer und die Komplexität der Behördengänge zu reduzieren. Dies ermöglicht den Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung einen besseren und zielgerichteteren Einsatz der Ressourcen.

Die vom Bundesrat 2019 verabschiedete E-Government-Strategie Schweiz für die Jahre 2020­202345 verfolgt die nachstehenden Ziele: (1) Digitale Interaktions- und Partizipationsangebote national ausbauen. (2) Nationale Basisdienste für den elektronischen Behördenverkehr bereitstellen. (3) Gesamtschweizerische Zusammenarbeit für die digitale Transformation verbindlich regeln. (4) Wissen zur Digitalisierung der Verwaltung fördern und Vertrauen stärken. E-Government Schweiz und die Schweizerische Informatikkonferenz (SIK) haben sich am 1. Januar 2022 in der neuen Organisation «Digitale Verwaltung Schweiz» (DVS) zusammengeschlossen.

Das SECO ist eine der verantwortlichen Stellen, die im Rahmen der E-GovernmentStrategie Schweiz sogenannte strategische Projekte umsetzen. So ist im E-Government-Umsetzungsplan der DVS namentlich der Ausbau von EasyGov als zentrales Zugangsportal für Unternehmen verankert. Ebenso basieren die Aktivitäten auf der Strategie «Digitale Schweiz»46.

Das Aufgabenspektrum des Bereichs E-Government für KMU umfasste 2020­2023 schwergewichtig folgende digitale Angebote und Aktivitäten: EasyGov: Das als «One-Stop-Shop» konzipierte Transaktionsportal ist der OnlineSchalter der Verwaltung für Unternehmen und kann elektronische Behördenleistungen auf Stufe Bund, Kantone und Gemeinden anbieten. Es vereinfacht den Austausch zwischen der Wirtschaft und der Verwaltung und reduziert die administrativen Aufwände von Unternehmen und Behörden. EasyGov fokussiert auf die Behördenprozesse und andere staatliche Angebote für Unternehmen und bietet keine Beratung an. Auf der Plattform EasyGov können Unternehmen alle angebotenen Behördengänge über einen einzigen
Account weitgehend mit einheitlicher Benutzerführung abwickeln. Auch private Dienstleister wie Treuhänderinnen und Treuhänder oder Notarinnen und Notare können auf EasyGov im Auftrag eines Unternehmens Behördenleistungen erledigen. Regelmässig benötigte Firmendaten wie die UnternehmensIdentifikationsnummer oder Adressdaten müssen nur einmal erfasst werden oder 45

46

Schweizerischer Bundesrat und KdK (2019): E-Government-Strategie Schweiz 2020­ 2023, abrufbar unter www.digitale-verwaltung-schweiz.ch > über uns > Digitale Verwaltung Schweiz > Die Digitale Verwaltung Schweiz > Strategie > E-Government-Strategie Schweiz 2020­2023.

Bundeskanzlei (2019), Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023 ­ Strategie der Bundesverwaltung im Bereich der digitalen Transformation und der Informatik, abrufbar unter www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT Lenkung > Strategie und Planung > Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023.

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werden aus Registern importiert. Das Angebot soll in der Legislaturperiode 2024­ 2027 stark ausgebaut werden.

Praxisbeispiel EasyGov: MVB AG, Gesuche um Arbeitszeitbewilligungen Der in Ecublens (VD), Neuendorf (SO), Suhr (AG) und Volketswil (ZH) domizilierte Logistikdienstleister MVB beliefert als grösster und modernster Logistikbetrieb der Migros-Gruppe täglich rund 600 Migros-Filialen, 300 Migrolino-Shops und externe Partner. Um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten, ist es für die MVB unumgänglich, ihre Arbeiten in der Nacht oder auch an Sonn- und Feiertagen zu verrichten.

MVB reicht über EasyGov laufend Gesuche um Arbeitszeitbewilligungen für Nacht- und Sonntagsarbeit, Pikettdienste oder Arbeiten im ununterbrochenen Betrieb online ein. Die Gesuche treffen bei der zuständigen kantonalen Behörde ein, werden auf Vollständigkeit, Gesetzeskonformität und inhaltliche Konsistenz geprüft, und sobald eine Bewilligung erteilt wird, kann diese auf EasyGov heruntergeladen werden. Bei Bedarf kann MVB bestehende Arbeitszeitbewilligungen ändern oder verlängern.

Praxisbeispiel EasyGov: Restaurant «Bay» in Bern, Unternehmensgründung Das Restaurant «Bay» bzw. die Bayleaf AG war das erste auf der Plattform EasyGov gegründete Unternehmen. Der Gastronomiebetrieb im Zentrum von Bern verwöhnt seit 2018 seine Gäste mit ästhetisch präsentierten Gerichten und auserlesenen Weinen in einem urbanen Ambiente. In wenigen Schritten registrierte sich das Wirtepaar auf EasyGov und meldete ihr Unternehmen bei der AHVAusgleichskasse, bei der Mehrwertsteuer, bei der Unfallversicherung und beim Handelsregister an. Für die Gründung der Aktiengesellschaft bereitete EasyGov alle erforderlichen Dokumente in Form eines Auftrages an das Notariat vor. Der Eintrag im Handelsregister erfolgte nach dem Gründungsakt beim Notar.

Bewilligungsdatenbank: Die Webseite bewilligungen.easygov.swiss bietet eine zentrale Übersicht über Bewilligungen, die für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in der Schweiz notwendig sind. Mit der Bewilligungsdatenbank wird eine zentrale Datenbank angeboten, wo Berufstätige ihre Bewilligungspflichten abklären können.

Die Datenbank ist seit 2019 auch im Firmengründungsprozess (Pflichtenabklärungen) von EasyGov integriert.

KMU-Portal: Die Webseite www.kmu.admin.ch ist eines der ersten E-GovernmentProdukte
der Schweiz. Das Informationsportal ist als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen der KMU konzipiert. Es wird seit 2001 betrieben und laufend weiterentwickelt. Das Portal stellt praxisrelevante Informationen, einschlägige Regulierungen und staatliche Angebote für kleine und mittlere Unternehmen zur Verfügung ­ von der Gründung bis zur Nachfolgeregelung. Weiter beinhaltet das Portal unter www.online-services.admin.ch eine eigenständige Angebotsübersicht von Online-Behördenleistungen auf Stufe Bund und Kantone.

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2.4.2

Wirksamkeit

EasyGov: Seit der Lancierung im November 2017 haben sich auf der Plattform EasyGov innerhalb von viereinhalb Jahren über 60 000 Unternehmen registriert. Wenn die Entwicklung weitergeht wie bisher, kann diese Zahl bis Ende 2027 rund 150 000 Unternehmen erreichen. EasyGov startete 2017 mit den Behördenleistungen, die für die Unternehmensgründung benötigt werden. Seither wurde das Angebot kontinuierlich ausgebaut. 2022 wurde den Unternehmen die elektronische Abwicklung von über 40 unterschiedlichen Bewilligungs-, Antrags- und Meldeverfahren angeboten. Über die Funktionen zur Unternehmensgründung hinaus können über die Plattform abgewickelt werden: Handelsregister-Mutationen, Betreibungsbegehren und auskünfte, Kontaktaufnahmen mit den Bürgschaftsorganisationen, Suva-Lohndeklarationen, Erfassung und Publikationen von SHAB-Meldungen, Arbeitszeitgesuche, im Bereich der Schutzrechte Registrierungen von Marken und Aktualisierungen von Registereinträgen sowie ausländerrechtliche Meldungen und Bewilligungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Im Bereich der ausländerrechtlichen Meldungen und Bewilligungen steht das Meldeverfahren für die Erwerbstätigkeit von vorläufig Aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen in allen 26 Kantonen zur Verfügung sowie für Bewilligungen für Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus der EU/EFTA und für Bewilligungen für Erwerbstätige aus Drittstaaten in ausgewählten Pilotkantonen (aktuell Thurgau und Zürich, weitere Kantone folgen). Zahlreiche weitere Behördenleistungen sind in Planung. Abbildung 2 zeigt, wie parallel zur Weiterentwicklung von EasyGov auch die Zahl der registrierten Unternehmen kontinuierlich angewachsen ist.

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Abbildung 2 Wachstum der neu registrierten Unternehmen auf EasyGov(*)

(*) In dieser Abbildung nicht inbegriffen ist die Nutzung von Behördenleistungen im öffentlichen Bereich von EasyGov, die keine Registrierung erfordert. Dies betraf insbesondere die Covid-19-Kreditgesuche sowie die Startup-Bürgschaften, welche von über 137 000 Unternehmen via EasyGov beantragt wurden.

Quelle: SECO, Dashboard Betrieb EasyGov, Stand September 2022.

Der Nutzen von EasyGov für die Unternehmen wurde von der Universität St. Gallen 2021 erneut in einer Studie47 empirisch quantifiziert. Der Online-Schalter wird gemäss dieser Studie von den Nutzerinnen und Nutzern aus der Wirtschaft sehr geschätzt. Über 60 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer gab an, dass EasyGov ihnen einen grossen bis sehr grossen Mehrwert bringt. Neben dem generellen Qualitätsgewinn im Sinne einer korrekten, weil angeleiteten Abwicklung der verschiedenen Behördenprozesse, werden vor allem Effizienzgewinne in Form von Zeit-, aber auch Kosteneinsparungen geltend gemacht. Die Monetarisierung der genannten Zeit- und Kosteneinsparungen weist seit der Lancierung von EasyGov im November 2017 bis Ende August 2021 einen Nutzen über alle Behördenprozesse von rund 27 Millionen Franken aus. Mit der Angebotspalette von 2021 und den damaligen Nutzerzahlen wurde gemäss der Studie ein Gesamtnutzen von EasyGov für all seine Nutzerinnen und Nutzer von rund 8,3 Millionen Franken pro Jahr generiert. Im Schnitt über alle 47

Universität St. Gallen, IMP-HSG (2022): Aktualisierung der Nutzenbewertung EasyGov.swiss. von März 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > E-Government > Nutzerbewertung KMU Portal und EasyGov > Aktualisierung der Nutzenbewertung EasyGov.swiss 2021.

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Unternehmen, die bereits aktiv einen Dienst über EasyGov abgeschlossen haben, liegt der generierte Nutzen durch abgeschlossene Behördenprozesse bei rund 1300 Franken, die ein Unternehmen seit 2017 durch die Nutzung von EasyGov einsparen konnte.

Die Kundenzufriedenheit bei EasyGov ist hoch. Die Nutzerbefragung der Universität St. Gallen zeigt, dass mehr als die Hälfte der registrierten Unternehmen angeben, sehr oder eher zufrieden zu sein, und dass etwa ein Viertel sich als neutral und weniger als zehn Prozent sich als unzufrieden bezeichnen. Die direkte Zufriedenheitsabfrage auf EasyGov, bei der die Nutzerinnen und Nutzer direkt nach Abschluss eines Behördenprozesses Sterne vergeben können, zeichnet ein noch positiveres Bild: Bei über 60 Prozent der Bewertungen wurden alle fünf möglichen Sterne, also die Bestnote, vergeben. Dies signalisiert eine sehr hohe Zufriedenheit direkt nach erfolgreichem Abschluss eines Behördenprozesses. Die Analyse der Befragung weist aber auch auf Optimierungsmöglichkeiten hin. Neben der Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit besteht bei den Nutzerinnen und Nutzern insbesondere der Wunsch nach einem Ausbau des Angebots mit weiteren Behördentransaktionen und einer Weiterentwicklung in Richtung einer zentralen Plattform für staatliche Behördendienstleistungen.

KMU-Portal: Im Jahr 2021 haben insgesamt rund 1,9 Millionen Besucherinnen und Besucher das KMU-Portal genutzt. Gemäss der Studie «Nutzenbewertung KMU Portal und EasyGov 2018»48 der Universität St. Gallen generiert das KMU-Portal für die Schweizer Unternehmen einen jährlichen Nettonutzen von rund 38 Millionen Franken. Den grössten Nutzen sehen die Unternehmen im Wissens- und Qualitätsgewinn für die eigene Arbeit, gefolgt von Kosten- und Zeitersparnissen.

Nationale E-Government-Studie: Im Auftrag der Geschäftsstelle der DVS und des SECO wird periodisch eine nationale E-Government-Studie49 durchgeführt, die das Befinden bezüglich E-Government bei der Bevölkerung, den Unternehmen und der Verwaltung ermittelt. Die letzte Befragung der Unternehmen im Jahr 2021 ergab, dass die Unternehmen elektronische Behördendienste ausgeprägter und häufiger nutzen als die Bevölkerung. Die wichtigsten Gründe für die Bevorzugung des digitalen Wegs sind die zeitliche Flexibilität und die Zeitersparnis. Gleichzeitig geben die Unternehmen
an, dass das E-Government-Angebot zwar zufriedenstellend, aber ausbaufähig ist. Es besteht der Wunsch nach zusätzlichen, medienbruchfreien Behördenleistungen.

Zudem haben die Unternehmen noch immer Schwierigkeiten, die passenden Angebote der Behörden zu finden. Sie wünschen sich eine übersichtliche Darstellung und gezielte Bekanntmachung von bestehenden Angeboten. Die Transaktionsplattform EasyGov zielt darauf ab, diesen Bedürfnissen der Unternehmen Rechnung zu tragen.

48

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Universität St. Gallen, IMP-HSG (2022): Aktualisierung der Nutzenbewertung EasyGov.swiss. von März 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > E-Government > Nutzerbewertung KMU Portal und EasyGov > Aktualisierung der Nutzenbewertung EasyGov.swiss von März 2022.

Demoscope (2022): Nationale E-Government-Studie 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > E-Government > Nationale EGovernment-Studie 2021.

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Internationaler Vergleich Mit einer Gesamtleistung von 52,3 Prozent befindet sich die Schweiz im «E-Government-Benchmark 2021»50 der Europäischen Union auf dem tiefen Rang 30 von 36 Ländern. Die Schweiz schneidet nicht nur im Vergleich zu den Spitzenreitern im E-Government (Malta: 96,3 %, Estland: 91,6 % und Dänemark: 85,4 %) schlecht ab.

Auch die föderal aufgebauten Nachbarländer, wie Österreich (84,1 %) und Deutschland (62,1 %) sind deutlich bessergestellt. Nebst den fehlenden Basisdiensten (wie insbesondere der staatlichen elektronischen Identität) erklärt sich das schlechte Abschneiden der Schweiz durch die noch geringe Anzahl an verfügbaren elektronischen Behördenleistungen und die Defizite in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit der Leistungserbringung, insbesondere bei den bürgerbezogenen Online-Diensten.

Abbildung 3 E-Government-Angebote im europäischen Vergleich

LEs steht für Lebensereignisse oder Situationen: Zwei Ereignisse im Lebenslauf betreffen Unternehmen: ein Unternehmen gründen, regelmässige Geschäfte führen. Sechs Ereignisse oder Situationen im Lebenslauf betreffen private Nutzerinnen und Nutzer: eine Stelle verlieren und finden, ein Studium beginnen, ein Familienleben führen, umziehen, ein Auto besitzen und fahren, ein einfaches Gerichtsverfahren einleiten.

Bei den untersuchten Online Diensten für Unternehmen «Firma gründen» und «Regulärer Geschäftsbetrieb» kann die Schweiz mit einem Gesamtwert von 70,9 Prozent mit dem EU-Durchschnitt mithalten (EU27+: 77,4 %). Diese positive Ausgangslage ist weitgehend auf die Lancierung von EasyGov und dessen Berücksichtigung in der Benchmark-Studie zurückzuführen. 2018 verzeichnete die Schweiz bei diesen 50

Europäische Kommission (2021): eGovernment Benchmark 2021 ­ Entering a New Digital Government Era from October 2021, abrufbar unter www.digitale-verwaltungschweiz.ch > aktuelles > News > eGovernment Benchmark-Bericht der EU 2021 > eGovernment Benchmark 2021 > eGovernment Benchmark ­ Background Report.

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Diensten einen Wert von 59,13 Prozent (EU27+: 69,5 %). Die Plattform hat eine positive Auswirkung auf die Anzahl der untersuchten Behördenleistungen, die elektronisch angeboten werden (CH: 94,3 %; EU27+: 94,5 %). Sie trägt auch zu einer Verbesserung der digitalen Schlüsselinfrastrukturen bei. EasyGov unterstützt den Einsatz von elektronisch rechtsgültigen Signaturen und setzt im Rahmen der rechtlichen und technischen Möglichkeiten das «Once-Only»-Prinzip um.

Im OECD-Länderbericht 2022 zur Schweizer Wirtschaftspolitik51 begrüsst die OECD den positiven Beitrag der 2017 lancierten Plattform EasyGov zur Reduktion der administrativen Belastung der Unternehmen. Die OECD empfiehlt explizit dessen weiteren Ausbau insbesondere durch die Integration kantonaler Behördenleistungen.

2.4.3

Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen für die Jahre 2024­2027

Antrag des Bundesrates Der Bundesrat beantragt mit dieser Botschaft einen Verpflichtungskredit für die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten des Bundes zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen im Umfang von 32,8 Millionen Franken, was eine Erhöhung von insgesamt 18,3 Millionen Franken gegenüber den in der aktuellen Periode eingestellten Mitteln bedeutet und einem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von 84 Prozent entspricht (aktueller Verpflichtungskredit von 21,7 Millionen Franken52, davon insgesamt voraussichtlich rund 21,7 Millionen Franken beansprucht; vgl. Tabelle 2).

Beim Vergleich mit der Vorperiode muss berücksichtigt werden, dass in Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau und aufgrund von erhöhten Sicherheitsanforderungen bisher extern vergebene sowie zukünftige neue Aufgaben durch SECO-internes Personal wahrgenommen werden sollen. Diese Internalisierung hat zur Folge, dass jährlich 1,8 Millionen vom Sach- in den Personalaufwand verschoben werden. Da der Personalaufwand nicht über den Verpflichtungskredit gesteuert wird, reduziert sich der Verpflichtungskredit c. p. über 4 Jahre um 7,2 Millionen Franken. Dem Bereich E-Government soll somit 40 Millionen Franken zur Verfügung gestellt werden, zusammengesetzt aus 32,8 Millionen Franken für Sachmittel und 7,2 Millionen Franken für zusätzliche Personalaufwendungen. Hinzu kommen Aufwendungen für das bestehende Personal.

Tabelle 2 in Mio. CHF

E-Government 51

52

2024­2027 Antrag

32,80

2020­2023 Bundesbeschluss

21,70

2020­2023 Eff./geplante Ausgaben

21,70

Differenz Antrag/Eff.

11,10

Durchschn.

Differenz Antrag/Eff.

(in % pro Jahr)

12,79

OECD (2022): OECD Economic Surveys: Switzerland 2022, abrufbar unter www.oecd.org > Topics > Economy > By Country: Economic Snapshots > Switzerland > Economiv Survey of Switzerland (January 2022).

BBl 2019 2449

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Gegenüber der aktuellen Finanzplanung führen die Zahlungen aufgrund des höheren Verpflichtungsvolumens zu jährlichen Mehrausgaben von 4,6 Millionen Franken (vgl. Tabelle 3). Die Weiterentwicklung von EasyGov hat auch einen Bezug zum Ziel der DVS. So ist im E-Government-Umsetzungsplan der DVS aktuell namentlich der Ausbau von EasyGov als zentrales Zugangsportal für Unternehmen verankert. Daher ist anzustreben, dass in der neuen Periode 2024­2027 der Ausbau von EasyGov erneut in ihrer Strategie verankert wird und ein Teil des Ausbaus der Plattform über die Mittel der DVS finanziert wird. Da die Mittel der DVS für das Jahr 2024 bereits weitgehend für andere Projekte verplant sind, wird sich die DVS voraussichtlich erst ab 2025 finanziell am Ausbau der Plattform EasyGov beteiligen können unter Vorbehalt entsprechender Entscheide. Dies betrifft namentlich auch die Strategie und den Finanzierungsrahmen 2024­2027. Die geplante Finanzierung ist zudem abhängig von Finanzierungsbeschlüssen in den Kantonen bzw. dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG)53, das dafür Grundlage ist. Dabei sollen die Mittel für den beschleunigten Ausbau möglichst im Umfang der geplanten Aufstockung gegenüber dem aktuellen Finanzplan (rund 4,6 Mio. pro Jahr) in der strategischen Planung der DVS ab 2025 berücksichtigt werden; das SECO wird einen entsprechenden Antrag bei der DVS einreichen. Die Aufstockung im Jahr 2024 erfolgt zulasten des Bundeshaushalts. Die Gremien der DVS werden über den Antrag des SECO für die Periode 2025­2027 selbstständig entscheiden. Indem die Bundesversammlung den Verpflichtungskredit genehmigt, schafft sie die nötige Planungssicherheit für EasyGov, unabhängig davon, über welche Kanäle innerhalb des Bundesbudgets die Finanzierung erfolgt.

Tabelle 3 Ausgaben E-Government in Mio. CHF

2024

2025

2026

2027

Aktuelle Finanzplanung (gemäss bisherigem Verpflichtungskredit)

5,4

5,4

5,4

5,5

Aktuelle Finanzplanung (unter Berücksichtigung Internalisierung Personal)

3,6

3,6

3,6

3,7

Geplante Ausgaben gemäss Antrag (abzüglich Internalisierung Personal)

8,2

8,2

8,2

8,2

+4,6

+4,6

+4,6

+4,5

Differenz zur Finanzplanung (unter Berücksichtigung Internalisierung Personal) Begründung des Bundesrates

Eine moderne, effiziente öffentliche Verwaltung ist eine wesentliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes. Die Möglichkeit für die Unternehmen, mittels EasyGov ihre Behördenleistungen kostengünstig und unabhängig von Büroöffnungszeiten und Lokalitäten an einem einzigen virtuellen Ort online zu beziehen, 53

Entwurf des Bundesrates, BBl 2022 805, sowie Botschaft vom 4. März 2022 zum Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben, BBl 2022 804.

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bietet einen handfesten Standortvorteil für Schweizer Unternehmen wie auch für ausländische Unternehmen mit der Absicht einer Ansiedlung in der Schweiz.

Der Rückstand der Schweiz bezüglich E-Government ist im internationalen Vergleich nach wie vor beträchtlich. Die administrative Entlastung der Unternehmen und die Priorität der Digitalisierung für den Bund erfordern 2024­2027 eine hohe Geschwindigkeit beim Ausbau von EasyGov. Wie in Ziffer 2.3 erläutert, sollen mit dem Unternehmensentlastungsgesetz54 Bundesstellen und Kantone dazu verpflichtet werden, beim Vollzug von Bundesrecht, ihre elektronischen Behördenleistungen gegenüber Unternehmen über EasyGov zugänglich zu machen. Mit der Botschaft vom 9. Dezember 202255 zum Unternehmensentlastungsgesetz erfüllt der Bundesrat den parlamentarischen Auftrag der Motion Sollberger vom 7. Juni 2016 (16.3888 «Entwurf für ein Bundesgesetz über die Reduktion der Regelungsdichte und den Abbau der administrativen Belastung für Unternehmen»).

Unter der Federführung des SECO wurde 2020 und 2021 gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Bund und Kantonen eine Integrations-Sollarchitektur für Behördenleistungsportale erarbeitet.56 Die Sollarchitektur-Studie wurde insbesondere auf Wunsch kantonaler Vertreterinnen und Vertreter des Planungsausschusses von EGovernment Schweiz (neu DVS) realisiert. Entsprechend wird in den nächsten Jahren in den Umbau von EasyGov gemäss dieser Sollarchitektur investiert werden müssen.

Nebst der Integration neuer Behördenleistungen muss auch stetig in funktionale Verbesserungen investiert werden. Insbesondere wenn die staatliche elektronische Identität eingeführt wird, müssen auf EasyGov grössere Anpassungen vorgenommen werden.

Vor der Integration einer Behördenleistung auf EasyGov wird stets eine umfassende Analyse gemeinsam mit der zuständigen Verwaltungseinheit durchgeführt (Analyse der Prozesse, Datenschutz, Cybersicherheit usw.). Um Synergien zu nutzen, strebt EasyGov die Zusammenarbeit mit E-Government-Entwicklungen anderer Verwaltungseinheiten des Bundes an. Die Weiterentwicklung von EasyGov wird auch mit der DVS koordiniert, insbesondere, um den Ausbau gegenüber den Kantonen und Gemeinden zu kommunizieren und zu fördern. Gemäss der DVS soll der Ausbau von EasyGov in ihrer Strategie weiterhin verankert bleiben. Zudem soll
ein Teil der für den Ausbau der Plattform benötigten finanziellen Mittel von der DVS zur Verfügung gestellt werden. Das SECO wird hierfür einen Finanzierungsantrag gegenüber der DVS stellen. Die Gremien der DVS werden über diesen Antrag entscheiden. Indem die Bundesversammlung den Verpflichtungskredit genehmigt, schafft sie die nötige Planungssicherheit für EasyGov, unabhängig davon, über welche Kanäle innerhalb des Bundesbudgets die Finanzierung erfolgt.

Mit den beantragten finanziellen Mitteln können auch Verwaltungseinheiten des Bundes zur Bereitstellung von Angeboten auf EasyGov finanziell unterstützt werden. Dies insbesondere dann, wenn eine zuständige Behörde selber nicht genügend Mittel 54 55 56

Entwurf des Bundesrates, BBl 2023 167 BBl 2023 166 SECO (2022): Studie Architekturreview EasyGov ­ Integrations-Sollarchitektur für Behördenleistungsportale von Januar 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > E-Government > Studie Architekturreview EasyGov > Studie Architekturreview EasyGov.

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aufbringen kann, um ihre Lösung auf EasyGov integrieren zu können (z. B. Schnittstellen und «Single-Sign-On»-Funktionalitäten zwischen verschiedenen Behördenleistungsportalen). Neben der Einführung neuer Behördenleistungen kommt der Kommunikation ein hoher Stellenwert zu. Die nationale E-Government-Studie zeigt, dass sich die Unternehmen eine gezielte Bekanntmachung der bestehenden Angebote wünschen. Entsprechend sollen limitierte finanzielle Mittel auch in die Kommunikation und die Steigerung des Bekanntheitsgrads der E-Government-Lösungen fliessen.

Rechtliche Aspekte Als gesetzliche Grundlage stützt sich der Bundesbeschluss über die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen für die Jahre 2024­2027 auf das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 199757, das in Artikel 8 Absatz 2 festhält, dass der Bundesrat die Leistungsund Innovationsfähigkeit der Bundesverwaltung fördert. Der Beschluss ist abgestimmt mit der E-Government-Strategie Schweiz, der Strategie «Digitale Schweiz» des Bundesrates und insbesondere mit der in Ziffer 2.2 erwähnten Botschaft zum Unternehmensentlastungsgesetz.

Der mit dem Bundesbeschluss beantragte Verpflichtungskredit stellt die Finanzierung der E-Government-Aktivitäten des Bundes für kleine und mittlere Unternehmen für die Jahre 2024­2027 sicher.

2.5

Unternehmensfinanzierung

2.5.1

Ziele und Aufgaben

Der adäquate Einsatz des Produktionsfaktors Kapital ist wesentlich für die Produktivität des Wirtschaftssystems. Die Ermöglichung eines optimalen Zugangs zur Unternehmensfinanzierung und das Bereitstellen von wettbewerbsfördernden Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt ­ insbesondere auch für KMU ­ sind wichtige Elemente der Standortförderpolitik und der Standortpolitik im Allgemeinen.

Die Unternehmensfinanzierung wird mittels politikberatender und operativer Aufgaben unterstützt. Der Bund konzentriert seine Anstrengungen vorab auf die Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen und unterstützt subsidiär (vgl. Ziff. 1.2.1, Aktivitäten 1 und 5). Das SECO beobachtet die Entwicklungen der Kreditversorgung für KMU. Es erarbeitet die notwendigen Entscheidungsgrundlagen in Form von Berichten und Studien und arbeitet bei regulatorischen Projekten zur Verbesserung der Rahmenbedingungen mit. Diese Arbeiten basieren oft auf Aufträgen aus parlamentarischen Vorstössen.

Als Förderinstrument existiert auf Bundesebene das Bürgschaftswesen für KMU. Es ermöglicht den KMU über die vom Bund unterstützten Bürgschaftsorganisationen einen erleichterten Zugang zu Bankdarlehen. Auf dieses Instrument wird in einem separaten Kapitel näher eingegangen (vgl. Ziff. 2.6). Zudem ermöglicht die SERV den Exporteuren, ihre Liquidität zu schützen bzw. zu verbessern (vgl. Ziff. 5.5).

57

SR 172.010

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2.5.2

Wirksamkeit

Die Schweiz beteiligt sich seit 2010 am OECD-Projekt «Scoreboard zur KMUFinanzierung»58, in dessen Rahmen die Kreditsituation von KMU zahlreicher Länder miteinander verglichen wird. Die Ergebnisse des Scoreboards zeigen, dass der Zugang zur Finanzierung in der Schweiz im internationalen Vergleich gut ist.

Eine vom SECO 2021 in Auftrag gegebene Umfrage59 zeigt, dass rund 37 Prozent aller KMU in der Schweiz ausschliesslich eigenfinanziert sind. Ihr Anteil hat seit 2016 (62 %) stark abgenommen. Den grössten Einfluss auf diese Veränderung hatten die Covid-19-Kredite. Diese waren und sind für die Unternehmen und die Volkswirtschaft insgesamt von grosser Bedeutung. Lieferanten- und Bankfinanzierungen bleiben die zentrale Finanzierungsform der KMU. Der aktuelle Zugang zu Bankkrediten ist gut. Lediglich 3 Prozent aller Kreditanträge wurden abgelehnt, was auch international ein tiefer Wert ist.

In den letzten Jahren hat sich der Risikokapitalmarkt der Schweiz gut entwickelt und die getätigten Investitionen haben sich vermehrfacht. Im internationalen Vergleich bewegen sich die Risikokapitalinvestitionen in der Schweiz aber im Mittelfeld, sowohl im Vergleich zur Grösse des Landes als auch im Vergleich zur Wirtschaftsleistung. Neben den bekannten Vorbildern im Bereich Risikokapital wie Israel, Singapur und USA schneiden etwa auch Estland, Schweden, das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Dänemark zum Teil deutlich besser ab als die Schweiz.60 Die Schweiz gehört zu den Ländern mit einem aktiven Venture-Capital-Markt, der jedoch noch viel Entwicklungspotenzial hat. Der Bundesrat versteht es deshalb als Daueraufgabe, die Rahmenbedingungen im Bereich der Unternehmensfinanzierung und damit die Standortattraktivität im Auge zu behalten und bei Bedarf Massnahmen zu treffen.

Beispielsweise prüft der Bundesrat die Einrichtung eines öffentlich-privaten Innovationsfonds als neue Massnahme der Standortförderung.

58

59

60

OECD (2022): Financing SMEs and Entrepreneurs 2022: An OECD Scoreboard, abrufbar unter www.oecd.org > Center for Entrepreneurship, SMEs, Regions and Cities > SMEs and entrepreneurship > Financing SMEs and Entrepreneurs 2022 ­ An OECD Scoreboard.

Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ, Hochschule Luzern ­ Wirtschaft (2021): Studie zur Finanzierung der KMU in der Schweiz von November 2021, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > Finanzierung der KMU > Studie zur Finanzierung der KMU in der Schweiz 2021.

Institut für Wirtschaftsstudien Basel IWSB, Hochschule Luzern (2022): Prüfauftrag zur Einführung eines Schweizer Innovationsfonds von April 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > Finanzierung der KMU > Prüfauftrag zur Einführung eines Schweizer Innovationsfonds.

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2.6

Bürgschaftswesen für KMU

2.6.1

Ziele und Aufgaben

Das Bürgschaftswesen für KMU ist ein traditionsreiches Instrument, das sich ursprünglich auf einen Bundesbeschluss von 1949 stützte. Es handelt sich um eine subsidiäre Hilfe mit dem Ziel, leistungs- und entwicklungsfähigen KMU in der Schweiz den Zugang zu Bankdarlehen zu erleichtern (vgl. Ziff. 1.2.1, Aktivität 5). Vom Bund anerkannte Bürgschaftsorganisationen können Bürgschaften an KMU gewähren, wodurch diese Bankkredite aufnehmen können, die ihnen andernfalls nicht gewährt würden. Der Bund hingegen vergibt im Rahmen dieses Systems keine Bürgschaften, sondern beteiligt sich an den Bürgschaftsverlusten der Bürgschaftsorganisationen und richtet Finanzhilfen an die Verwaltungskosten der Bürgschaftsorganisationen aus.

Das Bürgschaftswesen ist ein Nischeninstrument, zumal 2022 rund 1900 Unternehmen von diesem Instrument profitierten, während der marktwirtschaftliche Sektor der Schweiz rund 600 000 KMU (mit 1­249 Beschäftigten) umfasst. Neben den ordentlichen Bürgschaften an KMU verwalten die vier anerkannten Bürgschaftsorganisationen auch die Covid-19-Kredite (vgl. Ziff. 1.3.1).

Das Bürgschaftswesen kann grundsätzlich aus zwei unterschiedlichen sich gegenseitig beeinflussenden Perspektiven betrachtet werden: einerseits als Förderinstrument im KMU-Kreditmarkt mit regionalpolitischer Dimension, andererseits als Instrument zur Dämpfung möglicher Marktineffizienzen bei der Kreditvergabe. Die Beteiligung des Bundes an den Bürgschaftsverlusten beträgt 65 Prozent und die Beiträge des Bundes an die Verwaltungskosten der Bürgschaftsorganisationen belaufen sich auf höchstens 3 Millionen Franken pro Jahr. Derzeit sind drei regionale Bürgschaftsorganisationen (BG OST-SÜD Bürgschaftsgenossenschaft für KMU, BG Mitte Bürgschaftsgenossenschaft für KMU, Cautionnement romand société coopérative) sowie eine nationale Bürgschaftsorganisation für Unternehmerinnen (Bürgschaftsgenossenschaft SAFFA) vom Bund anerkannt.

Mit der Gesetzesänderung vom 14. Dezember 201861 wurde die Bürgschaftslimite, die bis dahin bei 500 000 Franken lag, erhöht und beträgt seither gemäss Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 200662 über die Finanzhilfen an Bürgschaftsorganisationen für KMU 1 Million Franken. In der aktuellen Finanzplanung sind derzeit zwischen 11 und 12 Millionen Franken pro Jahr eingestellt, knapp 9 Millionen Franken
für die Bildung von Rückstellungen zur Deckung von Bürgschaftsverlusten und 3 Millionen Franken für Verwaltungskostenbeiträge an die Bürgschaftsorganisationen. Da der maximale Bürgschaftsbestand gesetzlich auf 600 Millionen beschränkt ist, wird für dieses Förderinstrument kein Verpflichtungskredit benötigt. Der Bundesrat beantragt dem Parlament daher jeweils im Rahmen des ordentlichen Budgetprozesses jährlich die Mittel zur Bildung von Rückstellungen zur Deckung der Bürgschaftsverluste und für die Finanzierung der Verwaltungskostenbeiträge.

61 62

AS 2019 1781 SR 951.25

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Praxisbeispiel Bürgschaftswesen für KMU: Schreinereimanufaktur Röthlisberger AG Die Bürgschaftsorganisationen begleiten Firmen manchmal über mehrere Generationen. Die regionalökonomische Bedeutung der Schreinereimanufaktur Röthlisberger AG ist beachtlich. Das Unternehmen hat sich auf den Küchen-, Schrank- und Innenausbau spezialisiert, es wird inzwischen von den beiden Söhnen von Walter Röthlisberger, Adrian und Christoph, sowie ihren Cousins Stefan und Andreas Meister, gemeinsam geführt. Als wichtiger Arbeitgeber bietet das Unternehmen an seinem Standort in einer kleinen Emmentaler Gemeinde über 150 Arbeitsplätze sowie 22 Ausbildungsplätze für Lernende an. Der im Jahr 2017 von der BG Mitte verbürgte vierjährige Bankkredit zur Finanzierung der hohen Vorleistungen und der Betriebsliquidität ist in der Zwischenzeit vollständig zurückgeführt und das Unternehmen ist für die Zukunft gut aufgestellt. Im Unternehmenslebenszyklus stand die Bürgschaftsorganisation beim Neubau im Jahr 1972 erstmals der Familie Röthlisberger zur Seite und wiederum rund 45 Jahre später, während der Neuausrichtung des Unternehmens.

2.6.2

Wirksamkeit

Im Jahr 2012 gab das SECO eine externe Wirkungsanalyse als Grundlage einer Gesamtschau in Auftrag. Externe Teilstudien, welche die Wirkung, die Marktstellung, den Vollzug sowie das Schweizer Bürgschaftswesen im internationalen Vergleich untersuchten, wurden durchgeführt. Diese bildeten die Grundlage für den Bericht des Bundesrates vom 20. November 201363 über die Zweckmässigkeit, die Wirksamkeit sowie die Wirtschaftlichkeit des Bundesgesetzes über die Finanzhilfen an Bürgschaftsorganisationen für KMU. In seinem Bericht zog der Bundesrat insgesamt eine positive Bilanz über die Wirksamkeit des Bürgschaftswesens für KMU. In den KMU mit Bürgschaften würden zahlreiche Arbeitsplätze angeboten, die ohne das Bürgschaftswesen in dieser Form und in diesen Regionen nicht existierten. In diesem Sinne sei das Bürgschaftswesen erfolgreich. Zudem wurden die Mitnahmeeffekte bei diesem Instrument als gering eingeschätzt. KMU nutzten Bürgschaften meist nur dann, wenn sonst keine Kredite gewährt würden. Andererseits dürften die Verdrängungseffekte ziemlich gross sein. Langfristig würden die entsprechenden Arbeitsplätze ohne die Existenz der mit Bürgschaften unterstützten Firmen gesamtschweizerisch betrachtet trotzdem entstehen, allerdings nicht notwendigerweise bei Kleinunternehmen und wohl auch nicht in den betroffenen Regionen. Insgesamt wurde das System des Bürgschaftswesens für KMU als zweckmässig beurteilt. Mit Blick auf die Zahlen scheint dieses Urteil heute weiterhin Bestand zu haben. So schufen Unternehmen mit Bürgschaften nach dem Bürgschaftsantrag in den Jahren 2016­2021 im Durchschnitt pro Jahr und pro Unternehmen rund 2,11 Arbeitsplätze. Im Jahr 2021 wurden 312 neue Bürgschaften für Kredite von insgesamt rund 88 Millionen Franken gesprochen.

Diese Bürgschaften wurden zu 27 Prozent für Betriebskapital, zu 24 Prozent für die 63

www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 20.11.2013 > «Bürgschaftswesen für KMU auf solider Grundlage» > Dokumente > Bericht des Bundesrates.

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Gründung neuer Betriebe, zu 23 Prozent für die Übernahme bestehender Betriebe und je zu 13 Prozent für Investitionen in Liegenschaften und Investitionen in Maschinen bzw. Betriebseinrichtungen beantragt.

Das Bürgschaftswesen für KMU hat sich seit der Neuorganisation im Jahre 2007 positiv entwickelt, hat sich etabliert und steht heute auf einer soliden Basis. Innerhalb von 14 Jahren (2008­2021) wurde das Bürgschaftsvolumen von 85 auf rund 322 Millionen Franken gesteigert. Jedoch könnte das Wachstum des Bürgschaftsbestands aufgrund der Covid-19-Kredite, welche eine Liquiditätszufuhr zu guten Konditionen ermöglichten, in den Jahren 2020 und 2021 etwas tiefer ausgefallen sein, als dies ohne die Covid-19-Unterstützungsmassnahmen der Fall gewesen wäre. In der Tabelle 4 sind die relevanten Kennzahlen zusammengestellt: Tabelle 4 Kennzahlen zum Bürgschaftswesen für KMU

Anzahl eingereichte Bürgschaftsgesuche Anzahl bewilligte Gesuche Bewilligungsquote Bewilligte Bürgschaften in Mio. CHF Total bestehende und geschaffene Arbeitsplätze* Bürgschaftsbestand am 31.12 in Mio. CHF Anzahl KMU mit laufenden Bürgschaften Durchschnittlicher Bürgschaftsbetrag in CHF

2016

2017

2018

2019

2020

2021

768

706

657

677

682

563

405

421

392

393

366

312

53 %

60 %

60 %

58 %

54 %

55 %

81

84

83

96

99

88

4575

6227

5629

6258

5529

2776

254

255

262

286

316

322

1775

1811

1822

1859

1866

1853

143 343 140 555 143 998 153 723 169 285 173 772

Anzahl Bürgschaftsverluste

58

46

67

60

52

42

Verlustbeteiligung des Bundes in Mio. CHF

4,3

2,7

3,9

3,8

3,7

3,6

Nettoverlustquote ([BürgschaftsverlusteWiedereingänge] / Bürgschaftsbestand)

1,50 %

1,54 % 1,60 % 1,70 % 1,21 % 1,27 %

Anteil Erträge ohne Verwaltungskostenbeitrag des Bundes am Aufwand

68 % 119 %** 129 %**

85 %

68 %

93 %

Total Ausgaben des Bundes pro Arbeitsplatz in CHF

1499

1087

1211

2377

893

1225

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2016

2017

2018

2019

2020

2021

Eventualverbindlichkeiten der Bürgschaftsorganisationen in Mio. CHF

68

70

83

89

100

102

Eigene Mittel der Bürgschaftsorganisationen in Mio. CHF

61

77

77

89

90

95

Anteil Eventualverbindlichkeiten Bürgschaftsorganisationen an Eigenmittel

110 %

92 %

108 %

100 %

111 %

107 %

Eventualverbindlichkeiten Bund in Mio. CHF

187

184

179

197

216

220

* Gemäss Deklaration der Bürgschaftsnehmer. Der ursächliche Zusammenhang zwischen den Bürgschaften und den geschaffenen Arbeitsplätzen ist nicht separat ausgewiesen.

** 22 Mio. CHF ausserordentlicher Ertrag aus der Liquidation der Zentralstelle für das gewerbliche Bürgschaftswesen (GBZ).

Internationaler Vergleich Praktisch alle OECD-Länder sowie zahlreiche Nicht-OECD-Staaten kennen Bürgschaftsinstrumente, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen. Die Bürgschaftslimite liegt in der Schweiz mit 1 Million Franken deutlich tiefer als in den Vergleichsländern. In Deutschland beispielsweise können Kredite bis zu einem Maximalbetrag von 2,5 Millionen Euro verbürgt werden, in Österreich bis 25 Millionen Euro, in Frankreich bis 3 Millionen Euro. Der durchschnittliche Betrag einer Einzelbürgschaft jedoch liegt in der Schweiz mit rund 174 000 Franken im Jahr 2021 zum Teil deutlich über dem Durchschnittswert anderer Länder (Italien rund 11 000 Euro, Frankreich 8 300 Euro, Deutschland 123 000 Euro und Österreich 223 100 Euro). Die Schweiz hat also eine vergleichsweise tiefe Bürgschaftslimite, die aber überdurchschnittlich gut ausgeschöpft wird. Im Jahr 2021 lag der Betrag von 76 Prozent aller laufenden Bürgschaften in der Schweiz bei 100 000 Franken oder mehr. Relativ zur gesamten Wirtschaftsleistung besitzt das Bürgschaftswesen in anderen Ländern eine deutlich höhere Bedeutung als in der Schweiz. Während der Anteil des Bürgschaftsvolumens am Bruttoinlandprodukt in der Schweiz 0,04 Prozent beträgt, weisen z. B. Portugal und Italien mit 1,8 bzw. 1,4 Prozent deutlich höhere Anteile auf. Dies ist vor allem auf den hohen Verbreitungsgrad von Bürgschaften in anderen Ländern zurückzuführen. In Frankreich z. B. profitieren schätzungsweise 40 Prozent der Unternehmen von einer Bürgschaft, in Italien 26 Prozent, während in der Schweiz mit gut 1900 Unternehmen lediglich ein Anteil von 0,3 Prozent erreicht wird.

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3

Tourismuspolitik

3.1

Strategische Grundlagen

3.1.1

Lageanalyse zum Schweizer Tourismus

Im Schweizer Tourismus sind rund 173 700 Personen beschäftigt (Vollzeitäquivalente); das entspricht einem Anteil von 4,2 Prozent der Gesamtwirtschaft. Der Beitrag des Tourismus zur wirtschaftlichen Wertschöpfung der Schweiz beträgt 2,9 Prozent.64 Die Nachfrage im Schweizer Tourismus stieg in den Jahren 2016­2019 nach mehreren Jahren der Stagnation deutlich an (kumuliert +11 %). Im Jahr 2019 wurde gesamtschweizerisch sogar ein historischer Höchststand mit rund 39,6 Millionen Hotellogiernächten erreicht.

Die Covid-19-Pandemie hat den Schweizer Tourismus rasch und hart getroffen. Für das Jahr 2020 resultierte ein historischer Einbruch der Nachfrage. Die Logiernächte in der Hotellerie gingen im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 40 Prozent zurück.

Seit dem Frühling 2021 profitiert der Schweizer Tourismus von den schrittweisen Lockerungen der Massnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie und konnte sich schrittweise erholen.

Gemäss aktueller Prognose der BAK Economics AG65 vom November 2022 dürfte das Nachfrageniveau von vor der Covid-19-Pandemie im Jahr 2023 knapp noch nicht erreicht werden. In Bezug auf den Geschäftstourismus (insb. im MICE-Bereich, d. h. «Meetings, Incentives, Conventions and Exhibitions») ist denkbar, dass das Niveau von vor der Covid-19-Pandemie gar nicht bzw. für lange Zeit nicht mehr erreicht wird.

3.1.2

Tourismusstrategie des Bundes

Die Tourismuspolitik des Bundes basiert auf der Tourismusstrategie des Bundes vom 10. November 2021.66 Mit der neuen Strategie setzt der Bundesrat die Stossrichtungen der bisherigen, bewährten ­ aus dem Jahr 2017 stammenden ­ Strategie fort. Mit der neuen Tourismusstrategie verfolgt der Bundesrat die Vision, dass die Schweizer Tourismuswirtschaft international wettbewerbsfähig ist und der Tourismusstandort Schweiz attraktiv und leistungsfähig ist.

Die Ziele der Tourismusstrategie geben die Stossrichtungen der Tourismuspolitik des Bundes vor und adressieren die wichtigsten Herausforderungen des Schweizer Tourismus. Die bisherigen Ziele «Rahmenbedingungen verbessern», «Unternehmertum fördern», «Chancen der Digitalisierung nutzen» und «Attraktivität des Angebots und den Marktauftritt stärken» sind weiterhin geeignet für eine wirkungsvolle Umsetzung 64 65 66

Jährliche Indikatoren zum Satellitenkonto Tourismus, abrufbar unter www.bfs.admin.ch > Tourismus > Monetäre Aspekte.

BAK Economics AG (2022): Prognosen für den Schweizer Tourismus, Ausgabe abrufbar unter > www.seco.admin.ch > Standortförderung > Tourismuspolitik > Aktuell.

Schweizerischer Bundesrat (2021): Tourismusstrategie des Bundes vom 10. November 2021, abrufbar unter > www.seco.admin.ch > Standortförderung > Tourismuspolitik > Tourismusstrategie des Bundes.

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der Tourismuspolitik des Bundes. Hinzu kommt als neues Ziel, zur nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die nachhaltige Entwicklung für die Standortförderung und die Tourismuspolitik an Bedeutung gewonnen hat und insbesondere auch für den Tourismus zahlreiche Chancen bietet, die es zu nutzen gilt.

Zur Zielerreichung sind die vier tourismuspolitischen Förderinstrumente von zentraler Bedeutung: die Förderung von Innovation, die Zusammenarbeit und der Wissensaufbau im Tourismus (Innotour, vgl. Ziff. 3.3), Schweiz Tourismus (ST, vgl. Ziff. 3.4) Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH, vgl. Ziff. 3.5), sowie die Neue Regionalpolitik (NRP, vgl. Ziff. 4).

Die Entwicklung des Tourismus wird massgebend durch vielfältige Einflussfaktoren beeinflusst. Die Covid-19-Pandemie hat das eindrücklich vor Augen geführt. Obwohl die akute Pandemiephase überwunden werden konnte, gestalten sich die Rahmenbedingungen für den Tourismus weiterhin herausfordernd. Die geopolitischen Entwicklungen im Jahr 2022 haben weltweit die ökonomischen Risiken erhöht. Aus Sicht des Tourismus relevant sind insbesondere die sprunghaft ansteigende Teuerung, die Wechselkursentwicklung, Beschaffungsengpässe sowie die drohende Energiemangellage. Die daraus resultierenden Unsicherheiten gepaart mit möglichen Rezessionsszenarien und Kaufkraftverlusten stellen Risiken für die zukünftige Entwicklung der Tourismusnachfrage, insbesondere aus den ausländischen Herkunftsmärkten, dar.

Gleichzeitig ist von weiter steigenden Regulierungskosten auszugehen, etwa im Zusammenhang mit der Eindämmung des Klimawandels, was Reisen in Zukunft tendenziell verteuern dürfte.

Hinzu kommen weitere relevante Herausforderungen. So spitzt sich der Personal- und Fachkräftemangel im Tourismus weiter zu. Die Tourismusunternehmen sind gefordert, neue Wege zu gehen, z. B. bezüglich der Personalführung oder bezüglich Arbeitszeitmodellen. Ebenfalls gefordert sind die touristischen Bildungsinstitutionen, welche in der jüngeren Vergangenheit einen signifikanten Rückgang der Einsteigerinnen und Einsteiger in die touristischen Bildungsgänge verzeichnet haben. Insgesamt gilt es die Bemühungen zur Steigerung der Attraktivität des touristischen Arbeitsmarktes zu verstärken.

Des Weiteren ist der Schweizer Tourismussektor
gefordert, die Nachhaltigkeit entlang der gesamten touristischen Wertschöpfungskette, z. B. im Bereich regional produzierter Lebensmittel, weiter zu stärken. Dies wird zunehmend von den Gästen erwartet.

So werden über Innotour auch Projekte entlang der Wertschöpfungskette Landwirtschaft­Tourismus gefördert (vgl. Ziff. 3.3). Für den Schweizer Tourismussektor ist prioritär, zur Vermeidung des Klimawandels beizutragen sowie sich an den Klimawandel anzupassen. Es bedarf nachhaltiger Lösungen im Bereich der Mobilität (Anund Abreise der Gäste) und der Gebäude und im Bereich des Energie- und Ressourcenverbrauchs. Der Tourismus muss Nachhaltigkeitskonzepte entwickeln und gleichzeitig sein Angebot diversifizieren und die Risiken senken. In diesem Zusammenhang ist auch der Schutz vor Naturgefahren von relevanter Bedeutung. Bei wichtigen touristischen Ressourcen wie der Landschaftsqualität, der Baukultur oder der Biodiversität sind zudem die Bemühungen zu deren Erhalt und touristischen Inwertsetzung zu verstärken.

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Handlungsbedarf besteht ferner in Bezug auf die digitale Durchdringung des Tourismus. Lückenlose digitale Interaktionsmöglichkeiten entlang der gesamten «Customer Journey» entsprechen einem Gästebedürfnis. Der vielfach kleinstrukturierte Tourismus ist gefordert, unter anderem noch konsequenter zu kooperieren und noch rascher als bisher digitale Anwendungen zu implementieren.

Die Tourismuspolitik des Bundes unterstützt die Tourismusakteure bei der Bewältigung der beschriebenen Herausforderungen. Zudem unterstützt die Tourismuspolitik des Bundes die Tourismusakteurinnen und -akteure dabei, Chancen wahrzunehmen und produktiver und wettbewerbsfähiger zu werden. Inhaltlich wird bei der Umsetzung der Tourismusstrategie des Bundes deshalb ein Schwerpunkt bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen gelegt. Der Fokus liegt auf der Koordination und der Kooperation der Tourismuspolitik sowie den Bemühungen für ein tourismusfreundliches Regulierungsumfeld. Weitere Schwerpunkte werden bei der Weiterentwicklung der Investitionsförderung, der nachhaltigen Entwicklung des Tourismus sowie bei der digitalen Transformation des Tourismus gelegt (vgl. Ziff. 3.2).

Die Umsetzung der Tourismusstrategie des Bundes wird von einer Begleitgruppe begleitet. Die Begleitgruppe Tourismuspolitik wird vom Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) eingesetzt und begleitet die Umsetzung der Tourismusstrategie des Bundes als «Sounding Board». Im Hinblick auf die Umsetzung der Tourismusstrategie des Bundes hat der Vorsteher des WBF das Mandat und die Zusammensetzung der Begleitgruppe Tourismuspolitik für die Periode 2022­2025 erneuert.

Das WBF wird dem Bundesrat per Ende 2025 über die Umsetzung und die Wirkung der Tourismuspolitik des Bundes Bericht erstatten. Dabei werden die strategischen Grundlagen der Tourismuspolitik des Bundes überprüft und bei Bedarf angepasst. Der Zeitpunkt der Berichterstattung erfolgt abgestimmt auf die übergeordneten Prozesse der Standortförderung des Bundes. Mit diesem Rhythmus wird sichergestellt, dass strategische Anpassungen bei der Tourismuspolitik des Bundes im Rahmen der jeweils im Jahr darauffolgenden Botschaft zur Standortförderung berücksichtigt werden können.

3.1.3

Finanzieller Gesamtrahmen der Tourismuspolitik

Für Schweiz Tourismus werden 233 Millionen Franken beantragt. Damit soll ein Teil der erwarteten Teuerung für die Jahre 2024­2027 in der Schweiz ausgeglichen werden (vgl. Ziff. 3.4.3). Für Innotour werden 45,43 Millionen Franken beantragt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus denselben ordentlichen Mitteln wie in den Jahren 2020­2023 (inkl. eines teilweisen Teuerungsausgleichs) sowie den Mitteln für das Recovery Programm in den Jahren 2024­2026 (vgl. Ziff. 3.3.3).

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3.2

Schwerpunkte 2024­2027

Die Umsetzung der Tourismusstrategie steht im Zentrum der Tourismuspolitik des Bundes in den Jahren 2024­2027. Inhaltlich liegen die Schwerpunkte auf der Weiterentwicklung der Investitionsförderung, der nachhaltigen Entwicklung des Tourismus sowie der digitalen Transformation des Tourismus. Damit wird ein Beitrag zu den Aktivitäten 5 (Zugang zu Finanzierung), 11 bis 14 (nachhaltige Entwicklung) sowie 15, 18 und 19 (Digitalisierung) der Dachstrategie Standortförderung geleistet (vgl.

Ziff. 1.2.1). Ebenfalls bedeutend ist die Förderung des Unternehmertums, wobei der Erschliessung der Potenziale des touristischen Arbeitsmarktes eine zentrale Bedeutung zukommt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Lage auf dem touristischen Arbeitsmarkt angespannt ist. Viele Unternehmen bekunden Schwierigkeiten, Personal bzw. Fachkräfte in der notwendigen Quantität und Qualität zu rekrutieren.

Umfassende Grundlagenarbeiten des SECO haben gezeigt, dass bei der Investitionsförderung des Bundes Handlungsbedarf besteht. Das SECO bereitet aufgrund dessen eine Revision der gesetzlichen Grundlagen der Beherbergungsförderung vor (vgl. Ziff. 3.5.1). Es ist vorgesehen, dass das revidierte Bundesgesetz 20. Juni 200367 über die Förderung der Beherbergungswirtschaft im Jahr 2025 in Kraft treten wird.

Auch im Rahmen der NRP erfolgt eine Weiterentwicklung der Förderpolitik ­ unter anderem der Investitionsförderung ­ im Rahmen des Mehrjahresprogramms NRP 2024­2031 (vgl. Ziff. 4).

Die Tourismuspolitik des Bundes unterstützt mit ihrem Nachhaltigkeitsverständnis schwerpunktmässig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Tourismusakteure, wozu auch deren Krisenfestigkeit gehört. Wichtige Themen betreffen die Steigerung der Produktivität im wirtschaftlichen Sinne sowie der Ressourceneffizienz im erweiterten Sinne. Die Schweizer Tourismuswirtschaft soll sich ökonomisch erfolgreich entwickeln können und gleichzeitig verantwortlich mit der Umwelt umgehen sowie ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen.

Konkret stehen zwei strategische Ziele im Vordergrund. Erstens soll sich das Tourismusland Schweiz international als Nachhaltigkeits-Leader in möglichst vielen Bereichen positionieren. Gemessen werden soll dies sowohl mittels internationalem Benchmarking als auch über Erhebungen von Schweiz Tourismus zur Wahrnehmung
der Schweiz durch die Gäste. Zur Operationalisierung dieser Zielsetzung optimiert und erweitert das SECO die Daten- und Statistikgrundlagen zur nachhaltigen Entwicklung im Schweizer Tourismus. So ist u. a. in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Statistik (BFS) die Erweiterung des auf internationalen Standards beruhenden Tourismus-Satellitenkontos (TSA) um Indikatoren zur Messung der nachhaltigen Entwicklung im Tourismus vorgesehen. Zweitens soll die Tourismuspolitik einen Beitrag zur übergeordneten Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 (SNE 2030)68 sowie insbesondere zu deren drei Schwerpunktthemen leisten. Damit verbunden ist auch, dass die

67 68

SR 935.12 Schweizerischer Bundesrat (2021): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030, abrufbar unter www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Publikationen > Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030.

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Tourismuspolitik der Schweiz zur Erreichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der UNO beiträgt.

In der Tourismusstrategie sind bereits erste Konkretisierungen bezüglich der umzusetzenden Aktivitäten und Massnahmen aufgeführt. Erfolgsvoraussetzung ist insbesondere eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem SECO und weiteren Stellen innerhalb der Bundesverwaltung sowie mit bundesexternen Partnern. Hierzu gehört neben der Zusammenarbeit mit dem BFS zur Erweiterung des TSA auch die sehr gut funktionierende Zusammenarbeit in der Thematik Baukultur, Landschaftsqualität und Biodiversität, wo eine Arbeitsgruppe mit Mitgliedern aus dem SECO, dem Bundesamt für Umwelt und dem Bundesamt für Kultur aufgebaut worden ist. Das Resultat dieser Zusammenarbeit sind konkrete Massnahmen, die in den nächsten Jahren angegangen und umgesetzt werden sollen, so z. B. die Entwicklung eines Leitfadens «Landschaft und Baukultur lesen» als Hilfestellung für touristische Akteurinnen und Akteure.

Mit Blick auf die Digitalisierung ist festzuhalten, dass im globalisierten Tourismus die geschickte Nutzung der vorhandenen Technologien immer mehr zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor wird. Dieser Trend dürfte sich aufgrund Erfahrungen während der Covid-19-Pandemie weiter verstärken. Gerade die vielfältigen Möglichkeiten, Geschäftsprozesse effizienter auszugestalten, bieten Chancen um Kosten zu senken und die Produktivität zu steigern. Aufgrund der zunehmenden Komplexität der Digitalisierung und der Kleinstrukturiertheit des Schweizer Tourismus wird es für viele touristische Leistungsträger herausfordernd sein, bei der Entwicklung und Anwendung von ausgeklügelten digitalen Instrumenten (z. B. Artificial Intelligence) Schritt zu halten. Der Schweizer Tourismus ist zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit herausgefordert, die sich bietenden Chancen aus der Digitalisierung konsequent zu nutzen. Der Bund unterstützt mit seiner Tourismusstrategie die Tourismusunternehmen und -organisationen bei dieser Transformation.

Einen tourismuspolitischen Schwerpunkt stellt 2024­2027 zudem die Umsetzung des vom Bundesrat am 1. September 2021 verabschiedeten Recovery-Programms für den Schweizer Tourismus dar. Das von 2022 bis 2026 laufende Recovery-Programm ­ das die drei tourismuspolitischen Förderinstrumente ST, Innotour sowie die NRP umfasst
­ trägt zur Wiederbelebung der Nachfrage sowie zum Erhalt und Stärkung der Innovationsfähigkeit bei. Bei ST und der NRP wird das Recovery Programm im Zeitraum 2022­2023 umgesetzt (vgl. Ziff. 1.3.3 und 3.4.1). Bei Innotour ist eine Anpassung des Bundesgesetzes notwendig, der Bundesrat hat hierzu am 22. Juni 2022 seine Botschaft69 verabschiedet (vgl. Ziff. 3.3.1).

3.3

Innotour

3.3.1

Ziele und Aufgaben

Die touristische Innovations- und Kooperationsförderung sowie die Förderung des Wissensaufbaus durch den Bund mit dem Förderinstrument Innotour basiert auf 69

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dem Bundesgesetz vom 30. September 201170 über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus. Für den Vollzug ist das SECO zuständig.

Der Tourismus ist ein fragmentierter Wirtschaftssektor, weshalb bei der Bündelung von kompletten Tourismusangeboten hohe Transaktionskosten entstehen. Innovative integrierte Angebote sind nicht einfach zu realisieren, da die Innovationskosten und die Renditen schwer teilbar und internalisierbar sind. Diese Aspekte führen zu Unsicherheit und zu mangelnder Kooperation. Entsprechend hat bei Innotour die Entwicklung von überbetrieblichen Tourismusangeboten eine hohe Bedeutung.

Zudem leistet Innotour durch die Förderung des Wissensaufbaus und dessen Diffusion einen wichtigen Beitrag für die Weiterentwicklung des Tourismusstandortes Schweiz.

So finanziert Innotour auch Wissensgrundlagen wie die Tourismusprognosen oder Wissenstransferveranstaltungen wie das Tourismus Forum Schweiz (TFS).

Innotour ist ein Förderinstrument, das grundsätzlich allen touristischen Akteurinnen und Akteuren offensteht und bei dem die touristischen Kreise den grösseren Teil der Kosten selbst tragen (mindestens 50 %). Mit Innotour werden Anreize geschaffen, die Finanzierungs- und Managementverantwortung bleibt aber bei den Projektträgern.

Diese Eigenverantwortung wird verstärkt indem Finanzhilfen aus Innotour auf einmalige Anschubhilfen beschränkt werden.

In den vergangenen Jahren wurde bei Innotour ein Fokus auf die Digitalisierung gelegt. Entsprechend wurden zahlreiche wegweisende Projekte in verschiedenen Themenfeldern wie Blockchain, Cybersicherheit, digitale Marktplätze, Digitalisierung im Meldewesen, Internet of Things, Revenue Management oder Robotik unterstützt.

Aber auch in anderen Themenfeldern wie dem Unternehmertum, der touristischen Angebotsentwicklung oder auch der nachhaltigen Entwicklung konnte der Schweizer Tourismus dank Innotour wesentliche Schritte vorwärts machen.

Schwerpunkte 2024­2027 Im Zeitraum 2024­2027 wird Innotour mittels Projektförderung und Wissensaufbau und -transfer einen Beitrag zu allen fünf Zielen der Tourismusstrategie des Bundes leisten (vgl. Ziff. 3.1.2). Von besonderer Relevanz ist Innotour insbesondere bei den beiden strategischen, prioritären Innovationsthemen der nachhaltigen Entwicklung sowie der Digitalisierung. Damit
leistet Innotour als Ganzes einen Beitrag zur Umsetzung von Aktivität 7 der Dachstrategie Standortförderung (vgl. Ziff. 1.2.1).

So sollen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung in den kommenden Jahren bspw.

die Verankerung der von Schweiz Tourismus lancierten Initiative «Swisstainable» in der Schweizer Tourismuswirtschaft, die Weiterentwicklung von «Swisstainable» sowie der Aufbau des beim Schweizer Tourismus-Verband angesiedelten «Kompetenzzentrums Nachhaltigkeit (KONA)» prioritär unterstützt und gefördert sowie aktiv begleitet werden. Damit wird ein Beitrag zur Umsetzung von Aktivität 12 der Dachstrategie Standortförderung geleistet (vgl. Ziff. 1.2.1). Im Bereich Digitalisierung braucht es, um international mithalten zu können, neben einzelbetrieblichen

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Innovationen auch innovative und kooperative Ansätze auf regionaler und nationaler Ebene. Hier soll ein Fokus gelegt werden.

Die Tourismuspolitik des Bundes setzt entsprechend auch künftig in der Projektförderung einen Schwerpunkt auf die Digitalisierung. Die Förderung über Innotour soll aber teilweise adjustiert werden. Indem die Förderanforderungen präzisiert und mögliche förderbare Projektinhalte verstärkt kommuniziert werden, soll die Förderung noch wirkungsorientierter als bisher erfolgen. Im Digitalisierungsbereich sollen grundsätzlich nur übertragbare Projekte und «offene» Lösungen, die Kooperation ermöglichen und zukunftsgerichtet sind, finanziell unterstützt werden. Interoperabilität und damit die Fähigkeit zur Zusammenarbeit von verschiedenen Systemen, Techniken oder Organisationen sind bspw. bei Innotour eine Unterstützungsvoraussetzung.

Im Fördervollzug soll zudem dem Management und der Governance von Digitalisierungsprojekten eine grössere Beachtung geschenkt werden.

Inhaltlich sollten sich die Finanzierungshilfen vermehrt nicht nur am potenziellen Markterfolg und damit vor allem an der Ertragsseite der Erfolgsrechnung ausrichten, sondern vermehrt auch an der Kostenseite. Damit soll das Potenzial von Digitalisierungsprojekten für Kosteneinsparungen verstärkt genutzt werden. Besondere Beachtung wird kooperativen Projekten geschenkt. Allgemein hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass Kooperationen neue Chancen und Möglichkeiten bieten. In Zukunft wird die Digitalisierung wohl immer stärker zu einem wesentlichen Treiber von Kooperationen werden, insbesondere da sich damit die Hürden für Kooperationen senken lassen. Neben der Finanzierung von Digitalisierungslösungen sollten gleichermassen auch das Know-what und Know-how bei den Nutzerinnen und Nutzern ebendieser Lösungen verbessert werden.

Recovery Programm Ein Schwerpunkt stellt bei Innotour 2024­2027 die Umsetzung des Recovery Programms dar (vgl. Ziff. 3.2). Mit der geplanten ­ auf 2023 bis 2026 befristeten ­ Erhöhung des Bundesbeitrages von aktuell maximal 50 Prozent auf neu maximal 70 Prozent kann die touristische Innovationstätigkeit gezielt verstärkt unterstützt werden, womit die von den Projektträgern zu tragenden Kosten für Innovationen im Tourismus sinken werden. Mit der zeitlich befristeten Ausweitung der Innovationsförderung
soll die Tourismuswirtschaft insbesondere bei den zwei obenstehend genannten strategischen, prioritären Innovationsthemen nachhaltige Entwicklung und Digitalisierung unterstützt werden. Hinzu kommt als dritter Fokus die Entwicklung neuer Angebote und Geschäftsmodelle für den Städte- und Geschäftstourismus. Im Bereich Städteund Geschäftstourismus gilt es die bisherigen Geschäftsmodelle zu hinterfragen und neue Angebote zu entwickeln um den Betrieben und Destinationen neue Perspektiven zu ermöglichen. Die befristete Zusicherung von höheren Beitragssätzen während vier Jahren verursacht Mehrausgaben von insgesamt 20 Millionen Franken (vgl.

Ziff. 3.3.3).

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3.3.2

Wirksamkeit

In der Innotour-Periode 2020­2023 wurden bis September 2022 62 Projekte mit insgesamt rund 24,6 Millionen Franken unterstützt. Im Vergleich zur Vorperiode 2016­ 2019 ist über den gleichen Zeitraum betrachtet eine ähnliche Zahl der Gesuche sowie der unterstützten Projekte zu verzeichnen, wobei die Schwankungen innerhalb der Periode aufgrund der Covid-19-Pandemie stark ausgeprägt waren.

Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie führte im Innotour-Vollzug zu Projektverzögerungen und -unterbrechungen, Anträge auf Projektverlängerungen sowie zu einem Rückgang der eingereichten Gesuche. Die Anzahl der Gesuche nahm in den Jahren 2020 und 2021 um rund ein Drittel gegenüber der Zeit vor der Covid-19-Pandemie ab. Seit Winter 2021/22 ist eine Trendwende zu beobachten. Es werden wieder deutlich mehr Gesuche eingereicht, dies gerade auch in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. So ist in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 eine Zunahme bei den eingereichten Gesuchen von rund 35 Prozent gegenüber demselben Zeitraum in den beiden Vorjahren festzustellen. Die starke Zunahme der Gesuche seit Winter 2021/22 dürfte auf gewisse Nachholeffekte zurückzuführen sein. Zudem ist es auch ein Indiz dafür, dass die Tourismusakteure die Zeit der Covid-19-Pandemie genutzt haben, um Bestehendes zu hinterfragen und neue Ideen zu entwickeln. Insgesamt lässt diese Entwicklung die Hoffnung zu, dass die Schweizer Tourismuswirtschaft am Ende gestärkt aus der Pandemie herauskommen könnte.

Als Folge der starken Zunahme der Gesuche hat das SECO im Juni 2022 eine bereits in früheren Perioden erstellte und angewendete Prioritätenordnung kommuniziert. Gemäss Subventionsgesetz vom 5. Oktober 199071 muss eine Prioritätenordnung kommuniziert werden, wenn die eingereichten oder zu erwartenden Finanzhilfegesuche die verfügbaren Mittel übersteigen. Die bei Innotour angewendete Prioritätenordnung besagt, dass Gesuche um Innotour-Finanzhilfen aufgrund der Begrenztheit der verfügbaren finanziellen Mittel nach der zeitlichen Rangfolge ihrer vollständigen Einreichung behandelt werden.

Die Finanzierungsaufteilung zwischen Innotour und den Projektträgern von 1:3 belegt die Hebelwirkung von Innotour. Rund 74 Prozent der Mittel entfielen auf nationale Projekte. Dank dem Instrument der Modellvorhaben konnten aber auch 24 regionale und lokale
Projekte unterstützt werden. Mit der Unterstützung von regionalen und lokalen Projekten wird ein Beitrag zur Umsetzung von Aktivität 6 der Dachstrategie Standortförderung geleistet (vgl. Ziff. 1.2.1).

Praxisbeispiel Innotour: OK:GO Initiative ­ Informationen zur Zugänglichkeit von Angeboten im Schweizer Tourismus Die OK:GO Initiative des Fördervereins Barrierefreie Schweiz erfasst Informationen über die Zugänglichkeit von touristischen Angeboten. Dies erlaubt Menschen mit Behinderungen, Seniorinnen und Senioren sowie Familien die passenden Tourismusangebote für ihre jeweiligen Bedürfnisse zu finden. Die zurzeit laufende zweite Projektphase beabsichtigt eine breitere Bekanntmachung und 71

SR 616.1

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Verankerung im Tourismus, damit das Fortbestehen der Initiative sichergestellt wird. Dabei sollen weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer akquiriert sowie eine Optimierung und Weiterentwicklung der eingesetzten Technologie realisiert werden.

Entsprechend leistet das Projekt einen zentralen Beitrag zur sozialen Dimension der nachhaltigen Entwicklung und damit auch zur Erreichung der Ziele der Tourismusstrategie des Bundes. Die zweite Projektphase dauert von 2022 bis 2025. Innotour unterstützt das Projekt mit Bundesmitteln in der Höhe von 900 000 Franken.

Das SECO hat in den letzten Jahren ­ basierend auf den Ergebnissen durchgeführter Evaluationen72 ­ den Erfahrungs- und Wissensaustausch zu von Innotour geförderten Projekten deutlich ausgebaut. So führt das SECO u. a. mehrmals im Jahr themenspezifische Innotour Transfer-Workshops unter dem Motto «Walk the Talk» durch. Ziel der Workshops ist es, den Erfahrungs- und Wissensaustausch zu forcieren, damit wichtige Erkenntnisse aus beispielhaften Projekten transferiert werden und möglichst viele Akteurinnen und Akteure von den gemachten Projekterfahrungen profitieren können. Damit soll die dauerhafte und langfristige Breitenwirkung der Projekte gesteigert werden. Die Rückmeldungen zu den Anlässen sind sehr erfreulich, weshalb die Workshops auch zukünftig durchgeführt werden sollen. Thematisch soll beim Innotour Wissenstransfer in den kommenden Jahren ein Schwerpunkt auf die nachhaltige Entwicklung gelegt werden. Damit wird ein Beitrag zur Umsetzung der Aktivitäten 9 und 18 der Dachstrategie Standortförderung geleistet (vgl. Ziff. 1.2.1).

Das SECO führt alle zwei Jahre eine Vollzugsbefragung bei den Innotour-Gesuchstellenden durch. Die Ergebnisse der letzten Befragung aus dem Jahr 2022 waren erfreulich. Die Gesuchstellenden sind zufrieden mit dem Vollzug von Innotour. Die Phasen der Gesuchseinreichung, der Gesuchsprüfung und auch die Phase nach der Verfügung werden positiv beurteilt.

In den kommenden Jahren wird die Wirkungsmessung bei Innotour mit Fokus auf den Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung (vgl. Ziff. 3.2) weiterentwickelt und im Zeitraum 2025­2026 wird das SECO Innotour einer erneuten Evaluation unterziehen. Zudem soll auch die im Rahmen des Recovery Programms für den Schweizer Tourismus geplante Massnahme zur befristeten Ausweitung der touristischen Innovationsförderung im Jahr 2027 abschliessend evaluiert werden.

72

INFRAS / IMP-HSG (2018): Evaluation Innotour vom 28. August 2018, abrufbar unter > www.seco.admin.ch > Standortförderung > Tourismuspolitik > Innotour > Evaluationen; Hochschule Luzern / BHP Brugger und Partner AG (2020): Evaluation tourismuspolitisches Massnahmenpaket 2013 vom 31. August 2020, abrufbar unter > www.seco.admin.ch > Standortförderung > Tourismuspolitik > Innotour > Evaluationen.

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3.3.3

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) für die Jahre 2024­2027

Antrag des Bundesrates Der Bundesrat beantragt, für die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus für die Jahre 2024­2027 einen Verpflichtungskredit im Umfang von insgesamt 45,43 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen. Dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 7,68 Prozent (vgl. Tabelle 5).

Tabelle 5 in Mio. CHF

2024­2027 Antrag

2020­2023 Bundesbeschluss

2020­2023 Eff./geplante Ausgaben

Differenz Antrag/Eff.

Durchschn.

Differenz Antrag/Eff.

(in % pro Jahr.)

45,43

35,0073

34,75

10,68

7,68

Innotour

Gegenüber der aktuellen Finanzplanung führt der beantragte Verpflichtungskredit zu keiner Mehrbelastung (vgl. Tabelle 6): Tabelle 6 Ausgaben Innotour (Transferaufwand) in Mio. CHF

2024

2025

2026

2027

12,4 12,4

12,5 12,5

12,7 12,7

7,8 7,8

­ davon Innotour 2020­2023

1,5

0,8

­ davon Innotour 2024­2027

5,9

6,7

7,7

7,8

­ davon Recovery Programm

5,0

5,0

5,0

0

0

0

Aktuelle Finanzplanung Geplante Ausgaben gemäss Antrag

Differenz zur Finanzplanung

73

2028

2029

1,5

0,8

0

Der Verpflichtungskredit 2020­2023 gemäss Bundesbeschluss betrug 30 Millionen Franken. Im Zusammenhang mit dem Recovery-Programm (vgl. Ziff. 3.3.1) beantragte der Bundesrat mit der Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus einen Zusatzkredit im Umfang von 5 Millionen Franken zum bestehenden Verpflichtungskredit Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) 2020­ 2023. Diese zusätzlichen im Voranschlag 2023 beantragten Mittel im Umfang von 5 Millionen Franken bleiben bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten gesetzlichen Grundlage gesperrt.

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Begründung des Bundesrates Gegenüber der in der Vorperiode effektiv zur Verfügung stehenden Mittel in der Höhe von 34,75 Millionen Franken steigen die beantragten Mittel um 10,68 Millionen Franken (vgl. Tabelle 5). Der Anstieg beruht auf einem teilweisen Teuerungsausgleich sowie auf den zusätzlichen Mitteln für das Recovery Programm in den Jahren 2024­2026 (vgl. Ziff. 3.3.1). Die befristete Zusicherung von höheren Beitragssätzen während vier Jahren verursacht Mehrausgaben von insgesamt 20 Millionen Franken (5 Mio. CHF pro Jahr 2023­2026). Die Aufstockung des Verpflichtungskredits für die Zusicherungen ab 2024 im Umfang von 15 Millionen Franken werden mit der vorliegenden Botschaft beantragt; sie sind in der Finanzplanung des Bundesrats vom Sommer 2022 bereits eingestellt.

Basierend auf den Artikeln 6 («Verfahren») und 7 («Information und Evaluation») des Bundesgesetzes vom 30. September 201174 über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus verfügt das SECO über Mittel für Eigenaufwand wie statistische Grundlagen, Informationstätigkeiten sowie für den Vollzug von Innotour. In der Periode 2024­2027 sind für diese Zwecke Mittel von insgesamt 2,9 Millionen Franken (rund 100 000 CHF/Jahr für den Vollzug, rund 60 000 CHF/Jahr für die Tourismusprognose, rund 213 000 CHF/Jahr für statistische Grundlagenarbeiten beim BFS, welche seit dem Jahr 2023 über die kreditwirksame Leistungsverrechnung beglichen werden, und rund 350 000 CHF/Jahr für Informationstätigkeiten) vorgesehen.

Damit stehen dem Förderinstrument Innotour in der Periode 2024­2027 insgesamt 48,33 Millionen Franken, davon 45,43 Millionen Franken im Transferbereich und 2,9 Millionen Franken im Eigenbereich, zur Verfügung.

Rechtliche Aspekte Der Verpflichtungskredit zur Finanzierung des Förderinstruments Innotour für die Jahre 2024­2027 stützt sich auf das Bundesgesetz über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus. Artikel 8 des Gesetzes hält fest, dass die Bundesversammlung alle vier Jahre die zur Verfügung stehenden Mittel als Verpflichtungskredit mit einfachem Bundesbeschluss festlegt.

3.4

Touristische Landeswerbung

3.4.1

Ziele und Aufgaben

Schweiz Tourismus (ST) ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft sui generis, die auf der Basis des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 195575 über Schweiz Tourismus im Auftrag des Bundes die Nachfrage für die Schweiz als Reise- und Tourismusland fördert. Die gesetzliche Aufgabe von ST umfasst zum einen das Basismarketing für das Tourismusland Schweiz wie etwa die Pflege der Marke, die Bearbeitung der Märkte und die Kundeninformation. Zum anderen hat ST einen Koordinations- und 74 75

SR 935.22 SR 935.21

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Beratungsauftrag. Im Rahmen des Koordinations- und Beratungsauftrags leistet ST unter anderem einen Beitrag zum Team-Switzerland-Ansatz und damit zu einem koordinierten Aussenauftritt der Schweiz. Damit leistet ST einen Beitrag zur Umsetzung der Aktivitäten 22 und 23 der Dachstrategie Standortförderung (vgl. Ziff. 1.2.1).

Ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit von ST bildet die Entwicklung und Umsetzung von Produkten und Initiativen. Ein Beispiel für eine in Koordination mit den Branchenakteuren erfolgreich lancierte Initiative ist «Swisstainable»76. Mit Swisstainable wird eine nachhaltigkeitsorientierte Tourismus- und Produktentwicklung in der Schweiz gezielt gefördert und die Schweiz als die nachhaltigste Reisedestination der Welt positioniert. Betriebe und Organisationen, die sich im Bereich nachhaltige Entwicklung engagieren, dokumentieren dies durch die Verwendung des Signets von «Swisstainable». Dabei wird keine neue Zertifizierung geschaffen, sondern es wird auf bestehende Zertifizierungen und Programme abgestützt. Dadurch wird eine bessere Orientierung für die Gäste angestrebt. Bis Ende 2023 soll die Wahrnehmung der Schweiz als nachhaltige Destination bei den Gästen gegenüber 2020 um 5 Prozent zunehmen und bis Ende 2024 sollen 4000 Betriebe und Organisationen Teil des Swisstainable-Programms sein. Damit wird ein Beitrag zur Umsetzung von Aktivität 13 der Dachstrategie Standortförderung geleistet (vgl. Ziff. 1.2.1). Im Jahr 2022 wurde die Umsetzung und Weiterentwicklung von Swisstainable an das nationale Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit beim Schweizer Tourismus-Verband (STV) übertragen. Unter der Leitung des STV und unterstützt durch ST wird Swisstainable zurzeit noch gezielter auf die touristischen Destinationen und Regionen ausgerichtet.

Neben Swisstainable setzt ST weitere Massnahmen zur Stärkung der nachhaltigen Entwicklung im Schweizer Tourismus um. So versucht ST mit ihrer Werbung die Gästeströme über die ganze Schweiz zu verteilen und fördert den Ganzjahrestourismus. Zudem fördert ST die Verlängerung der Aufenthaltsdauer der Gäste und klimafreundliche Reiseformen, um insbesondere bei Gästen aus Fernmärkten die CO2-Bilanz pro Übernachtung zu verbessern. Die Gäste aus den Fernmärkten (knapp 20 % aller Hotellogiernächte) sind für den Schweizer Tourismus von entscheidender Bedeutung und
werden von ST auch in Zukunft beworben. Gäste aus den Fernmärkten buchen mit erheblichem zeitlichem Vorlauf, was den Leistungsträgern Planungssicherheit gibt, und sie reisen während des ganzen Jahres, d. h. auch in den Nebensaisons und an Wochentagen, und ermöglichen den Leistungsträgern dadurch oft einen Ganzjahresbetrieb und sichern so wertvolle Ganzjahresarbeitsplätze. Zudem sind die durchschnittlichen Tagesausgaben der Gäste aus den Fernmärkten im Vergleich zu denjenigen der übrigen Gäste deutlich höher. Im globalen Märktemix haben die Fernmärkte ausserdem in der vorpandemischen Zeit substantiell zum Wachstum beigetragen und dadurch stabilisierend zum nachhaltigen Wachstum der Schweizer Tourismuswirtschaft beigetragen. Bei der Bearbeitung der Märkte strebt ST einen ausgewogenen Gästemix an: 45 Prozent Schweiz, 35 Prozent Europa und 20 Prozent Fernmärkte. Mit einem global gespannten Märkte-Netzwerk bestehend aus derzeit 34 Niederlassungen in 23 Märkten sichert ST die Präsenz der Reisedestination Schweiz in den Tourismusmärkten.

76

Schweiz Tourismus, abrufbar unter www.stnet.ch > Events & Marketing > Swisstainable.

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Praxisbeispiel Schweiz Tourismus ST arbeitet mit Persönlichkeiten zusammen wie Roger Federer, Mike Horn, Michelle Hunziker, Beatrice Egli aber auch mit Stars aus Märkten wie z. B. Korea, USA und Indien. Dank der grossen Reichweite der Plattformen und Kanäle dieser bekannten Personen erreichen strategische Themen wie z. B. «Swisstainable», aber auch Stärken der Schweiz wie die Vielfalt der Outdoor-Aktivitäten, punktgenau ein neues, affines Publikum. Die Glaubwürdigkeit dieser persönlichen Social Media Berichte, Bilder und Erlebnisse ist hoch. Dazu kommt die hohe Medienwirkung, die solche Persönlichkeiten auslösen. So führte das Engagement von Roger Federer für den Schweizer Tourismus weltweit zu 1 300 Medienartikeln und 1,4 Milliarden Medienkontakten.

Die Digitalisierung dynamisiert unter anderem auch die touristische Vermarktung.

Um den Anforderungen der Gäste gerecht zu werden, legt ST einen Schwerpunkt auf die Digitalisierung des Marketings ­ ST denkt und handelt in sämtlichen Disziplinen und Bereichen digital. Dreh- und Angelpunkt der Gästekommunikation von ST bildet die Webplattform «MySwitzerland.com». MySwitzerland.com umfasst drei HauptWebsites für die Bereiche Leisure, Business sowie das Extranet für die Branche und zielt auf eine lückenlose digitale Interaktion mit den Gästen während der ganzen Customer Journey ab. Die Webplattform bildet die Basis für die Integration von technologischen Entwicklungen wie z. B. Anwendungen im Bereich künstlicher Intelligenz und Virtual Reality. ST entwickelt MySwitzerland laufend weiter. Darüber hinaus übernimmt ST die Rolle eines «digital leader» für den Schweizer Tourismus. Das bedeutet, dass ST als «early adopter» neue Anwendungen testet und implementiert.

Die Erfahrungen werden mit der Branche geteilt und die Branchenakteure werden befähigt, die neuen Anwendungen gewinnbringend einzusetzen. Als Beispiel kann der Trendradar von ST genannt werden. Mit dem Trendradar werden relevante Trends erkannt und kommuniziert. Ein relevanter Trend, den ST identifiziert hat, ist die Individualisierung der Gästebedürfnisse. Aus diesem Grund strebt ST an, die Kundenansprache künftig persönlicher zu gestalten. Wichtig sind ferner die Arbeiten von ST im Bereich Daten und Statistiken. So nutzt ST neue Datenquellen bspw. für die Gästelenkung. Anhand von Telekommunikationsdaten
informiert ST die Gäste über MySwitzerland.com an rund 500 «Point of Interests» über das erwartete Besucheraufkommen mit einer Drei-Tages-Prognose. Damit wird ein Beitrag zur Umsetzung der Aktivitäten 16 und 19 der Dachstrategie Standortförderung geleistet (vgl. Ziff. 1.2.1).

Während der Covid-19-Pandemie hat ST massgebend zur Stärkung der Tourismusnachfrage beigetragen (vgl. Ziff. 1.3.3). Im Rahmen von zwei Recovery Programmen in den Jahren 2020­2023 legt ST inhaltliche Schwerpunkte bei der Binnennachfrage, der Rückgewinnung der ausländischen Gäste, der Belebung des Städte- und Geschäftstourismus sowie der nachhaltigen Tourismusentwicklung. Der Bund unterstützt ST dabei mit zusätzlichen 70 Millionen Franken, wobei die Hälfte davon für die finanzielle Entlastung der Tourismuspartner von ST eingesetzt wird.

ST wird im Regelfall durch etwas mehr als die Hälfte durch den Bund finanziert. Im Durchschnitt der Jahre 2016­2019 betrug der Anteil der Bundesmittel am Budget von ST 56,7 Prozent. Während der Covid-19-Pandemie ist der Anteil der Bundesmittel am 57 / 124

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Budget von ST angestiegen und betrug in den Jahren 2020 und 2021 im Durchschnitt 70,6 Prozent. Der Bund erwartet, dass sich die Tourismuspartner von ST ab 2024 wieder im Umfang von vor der Covid-19-Pandemie an den Marketingaktivitäten von ST beteiligen. Weiter erwartet der Bund von ST, Drittmittel für das Landesmarketing zu generieren. Dazu kann ST Mitgliedern und Dritten Dienstleistungen anbieten, die im gesetzlichen Auftrag von ST liegen. Für die Beschaffung von Drittmitteln relevant sind zudem die von ST eingegangenen Partnerschaften mit Wirtschaftspartnern. Daneben finanziert sich ST über Mitgliederbeiträge.

3.4.2

Wirksamkeit

ST verfügt über ein umfassendes Modell zur Wirkungsmessung. Dieses zeichnet den Zusammenhang zwischen den Marketingtätigkeiten von ST und den dadurch beeinflussten Logiernächten und Umsätzen repräsentativ nach. Gemäss Modellschätzungen werden die Reiseziel- und Übernachtungsentscheide von ST in der Regel bei rund 14 Prozent der Übernachtungen in der Schweizer Hotellerie und Parahotellerie beeinflusst.77 In den Jahren 2020 und 2021 kam die Wirkung der Recovery Programme (vgl. Ziff. 1.3.3) hinzu. Gemäss den Ergebnissen einer Gästebefragung hat ST mit den Zusatzmitteln im Bereich «Campaigning & Activation» rund jede hundertste Logiernacht in der Schweizer Hotellerie und Parahotellerie beeinflusst. In den Jahren 2020 und 2021 entspricht dies knapp 1,4 Millionen Übernachtungen und rund 190 Millionen Franken Umsatz (jeweils rund 30 % der Logiernächte und des Umsatzes entfallen auf die ausländischen Gäste). Das SECO beabsichtigt, die Wirksamkeit der Recovery Programme von ST nach deren Abschluss im Zeitraum 2024/2025 zu überprüfen.

Im Herbst 2022 wurde im Auftrag des SECO bei den Tourismuspartnern von ST eine Zufriedenheitsbefragung durchgeführt.78 Die Zufriedenheit mit ST insgesamt wurde mit 7,9/10 bewertet, was als «gut bis sehr gut» beurteilt werden kann. Besonders zufrieden sind die Partnerinnen und Partner mit der Professionalität, der Zuverlässigkeit und der Kompetenz von ST.

3.4.3

Bundesbeschluss über die Finanzhilfe an Schweiz Tourismus für die Jahre 2024­2027

Antrag des Bundesrates Der Bundesrat beantragt für ST einen Zahlungsrahmen des Bundes für die Jahre 2024­2027 von insgesamt 233 Millionen Franken, d. h. von durchschnittlich 58,25 Millionen Franken pro Jahr (vgl. Tabelle 7).

77

78

Die letzten Schätzungen beziehen sich auf das Tourismusjahr 2017. Aufgrund des nicht-repräsentativen Gästemixes während der Pandemie wurde die für 2021 geplante ordentliche Gästebefragung (Tourismus Monitor Schweiz) auf das Tourismusjahr 2023 verschoben.

gfs.bern (2022): Studie zur unabhängigen Zufriedenheitsbefragung der Partner von Schweiz Tourismus, abrufbar unter > www.seco.admin.ch > Standortförderung > Tourismuspolitik > Aktuell.

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Tabelle 7 in Mio. CHF

ZR Schweiz Tourismus

2024­2027 Antrag

2020­2023 Bundesbeschluss

2020­2023 Eff./geplante Ausgaben

Differenz Antrag/Eff.

Durchschn.

Differenz Antrag/Eff.

(in % pro Jahr)

233,00

230,00

227,97

5,03

0,55

Gegenüber der aktuellen Finanzplanung führt der Zahlungsrahmen zu einer Minderbelastung von 3,84 Millionen Franken (vgl. Tabelle 8). Das ist darauf zurückzuführen, dass bei der Standortförderung in den Jahren 2024­2027 ein Schwerpunkt auf den Ausbau des E-Government und auf die Exportförderung gelegt wird.

Tabelle 8 Ausgaben Schweiz Tourismus in Mio. CHF

2024

2025

2026

2027

Aktuelle Finanzplanung

57,78

58,70

59,64

60,71

Geplante Ausgaben gemäss Antrag

57,77

58,09

58,41

58,73

Differenz zur Finanzplanung

­0,01

­0,62

­1,23

­1,99

Begründung des Bundesrates Mit der Standortförderbotschaft 2020­2023 hatte das Parlament einen Zahlungsrahmen für ST im Umfang von 230 Millionen Franken beschlossen. Im Budgetvollzug hat das Parlament in den Jahren 2020­2023 ordentliche Beiträge an ST im Umfang von insgesamt 227,97 Millionen Franken bewilligt. Hinzu kommen 70 Millionen Franken für die Recovery Programme in den Jahren 2020 bis 2023, wobei 35 Millionen Franken davon für die finanzielle Entlastung der Tourismuspartner von ST vorgesehen sind.

Der Bundesrat beantragt, mit dem Zahlungsrahmen für den Beitrag an ST für die Periode 2024­2027 einen Teil der erwarteten Teuerung in der Schweiz auszugleichen. Ausgehend vom aktuellen Wert für den Voranschlag 2023 ergibt das für die Jahre 2024­2027 insgesamt einen Betrag von 233 Millionen Franken.

ST geht in der Finanzplanung 2024­2027 davon aus, dass sich der Bundesanteil an den Einnahmen von ST wieder dem Niveau von vor der Covid-19-Pandemie annähern und etwas mehr als die Hälfte betragen wird. Die Mittel werden mehrheitlich (zu rund 61 %) für das Marketing eingesetzt (vgl. Tabelle 9).

Tabelle 9 Finanzplan von Schweiz Tourismus 2024­2027 in Mio. CHF

2024

2025

2026

2027

2024­2027

57,77

58,09

58,41

58,73

233,00

2,70

2,70

2,70

2,80

10,90

Einnahmen Schweizerische Eidgenossenschaft Übrige Mitgliederbeiträge

59 / 124

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in Mio. CHF

2024

2025

2026

2027

2024­2027

Tourismuspartner

27,80

28,30

28,10

28,80

113,00

Wirtschaftspartner

9,10

9,30

9,50

9,70

37,60

Betriebsfremder Ertrag

1,50

1,50

1,50

1,50

6,00

99,89 100,21 101,53

400,50

Total in Mio. CHF

98,87 2024

2025

2026

2027

2024­2027

Marketingaufwand

61,00

61,50

61,30

62,00

245,80

Personalaufwand

31,27

31,69

32,21

32,73

127,87

Übriger Aufwand

4,80

4,90

4,90

5,00

19,60

Finanzaufwand

0,10

0,10

0,10

0,10

0,40

Abschreibungen

0,70

0,70

0,70

0,70

2,80

Betriebsfremder Aufwand

1,00

1,00

1,00

1,00

4,00

99,89 100,21 101,53

400,50

Ausgaben

Total

98,87

ST hat ursprünglich eine Erhöhung der Bundesmittel auf 258 Millionen Franken beantragt (Aufstockung gegenüber 2020­2023 um 28 Mio. CHF). Damit wären die im Vergleich zu den ordentlichen Bundesmitteln in den Jahren 2020­2023 zur Verfügung stehenden Mittel (227,97 Mio. CHF) bedeutend aufgestockt worden. ST begründet die Aufstockung mit dem zusätzlichen Mittelbedarf für die Förderung der nachhaltigen Tourismusentwicklung (+10 Mio. CHF), die Unterstützung der digitalen Transformation und das Sicherstellen der Datenhoheit (+5 Mio. CHF) sowie der Stärkung des Geschäftstourismus (+5 Mio. CHF). Zudem wird der Ausgleich der Teuerung (Schweiz und Herkunftsmärkte) im Umfang von 8 Millionen Franken eingepreist, was in der der Summe einer Aufstockung der Bundesmittel um 28 Millionen Franken entspricht.

Diese beträchtliche Aufstockung ist aus Sicht des Bundesrates nicht gerechtfertigt. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass das Tourismusmarketing von ST in den Jahren 2024­2027 im Rahmen der bisherigen ordentlichen Bundesmittel umgesetzt werden soll. Des Weiteren sind aus Sicht des Bundesrates die Förderung der nachhaltigen Tourismusentwicklung, die Unterstützung der digitalen Transformation und die Sicherstellung der Datenhoheit sowie die Stärkung des Geschäftstourismus Bestandteil der ordentlichen Aufgaben von ST. ST soll mit einer Priorisierung sicherstellen, dass diese Aufgaben im Rahmen des ordentlichen Budgets umgesetzt werden können.

Der Bundesrat sieht zudem keine Notwendigkeit, die Teuerung in den Herkunftsmärkten auszugleichen. Das wurde auch in der Vergangenheit so gehandhabt.

Für die Förderung der Nachfrage für die Schweiz als Reise- und Tourismusland unterhält ST auch Vertretungen im Ausland. Zurzeit beschäftigt ST im Ausland rund 111 Mitarbeitende. Die Beschäftigung von Mitarbeitenden im Ausland erfolgt flexibel 60 / 124

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und in Abhängigkeit der sich bietenden Marktpotenziale und variiert dementsprechend. Wo es aus administrativen Gründen oder zur Gewährleistung der Sicherheit der Mitarbeitenden sinnvoll und möglich ist, werden die Vertretungen von ST in das Aussennetz des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) integriert. Zurzeit arbeiten 27 Mitarbeitende (26,5 Vollzeitstellen) im Aussennetz des EDA für ST. Diese Mitarbeitenden haben aus völkerrechtlichen Gründen einen Arbeitsvertrag mit dem EDA. Das EDA verrechnet ST für diese Mitarbeitenden jährlich Personalkosten von rund 2,4 Millionen Franken. Um die Vorgaben des Finanzhaushaltsgesetzes vom 7. Oktober 200579 in Bezug auf die Aufstellung und den Vollzug des Voranschlags zu erfüllen (Art. 31), werden die für die Mitarbeitenden von ST mit einem Arbeitsvertrag mit dem EDA benötigten Mittel seit 2020 nach dem Bruttoprinzip im Aufwand und im Ertrag des EDA eingestellt. Die Personalkosten der Mitarbeitenden von ST mit einem Arbeitsvertrag des EDA werden vollumfänglich durch ST getragen.

Rechtliche Aspekte Der Zahlungsrahmen für die Finanzhilfe an ST für die Jahre 2024­2027 stützt sich auf das Bundesgesetz über Schweiz Tourismus. Artikel 6 des Gesetzes hält fest, dass die Bundesversammlung alle vier Jahre den Zahlungsrahmen für ST mit einfachem Bundesbeschluss bestimmt.

3.5

Beherbergungsförderung

3.5.1

Ziele und Aufgaben

Die SGH ist für den Vollzug des Bundesgesetzes vom 20. Juni 200380 über die Förderung der Beherbergungswirtschaft zuständig. Sie ist eine öffentlich-rechtliche Genossenschaft, die zwecks Erfüllung des gesetzlichen Auftrages über ein zinsfreies Darlehen des Bundes im Umfang von rund 236 Millionen Franken verfügt. Zusätzlich stehen der SGH ein Genossenschaftskapital von rund 28,4 Millionen Franken (Stand per 31. Dez. 2021) sowie Reserven zur Verfügung. Genossenschafter sind neben dem Bund auch Banken, Kantone, Hotellerie, Wirtschaft und Verbände sowie viele Private. Für den Vollzug der Überwachung der SGH ist das SECO zuständig, das zu diesem Zweck mit der SGH eine Vereinbarung über das politische Controlling, Reporting und Monitoring abgeschlossen hat.

Die SGH verfolgt das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Beherbergungswirtschaft zu erhalten und zu verbessern. Dazu gewährt sie subsidiär zu privaten Kapitalgebern Darlehen an Beherbergungsbetriebe in Fremdenverkehrsgebieten und Badekurorten für die Erneuerung und den Kauf von Beherbergungsbetrieben, Neubauten und Ablösungen. Per Ende 2021 betrug der Darlehensbestand 229 Millionen Franken, aufgeteilt auf 284 Betriebe. Zusätzlich bietet die SGH in der ganzen Schweiz Beratungsdienstleistungen an. Hier stehen Unternehmensbewertungen und Machbarkeitsstudien im Vordergrund. Damit die Beratung durch die SGH keine 79 80

SR 611.0 SR 935.12

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Marktverzerrung hervorruft, müssen die Einnahmen aus der Beratung deren Kosten decken. Der Wissenstransfer zugunsten der Beherbergungsbranche rundet das Tätigkeitsfeld der SGH ab.

Praxisbeispiel zur SGH: Berg & Bett Die Berg & Bett Betriebs AG im Toggenburg hat das Hotel Säntis zum Hub «Berg & Bett Säntis Lodge» transformiert. Damit wurde eine Basis geschaffen, um die in der Destination schon vorhandenen Einzelteile zu einem Gesamtangebot zusammenzuführen. Das entspricht den heutigen Gästebedürfnissen. Das Hotel Säntis wurde revitalisiert und dient heute einerseits als Plattform für die Buchung der Ferienwohnungen, andererseits aber auch als Dienstleistungserbringer für die Gäste und die Eigentümerinnen und Eigentümer der Wohnungen.

Die SGH hat in diesem Projekt die Betriebsgesellschaft mit einem Darlehen unterstützt sowie ein Kurzgutachten zuhanden der Berghilfe erstellt, als Grundlage für deren A-fonds-perdu-Beitrag.

Die Förderung der Beherbergungswirtschaft durch die SGH soll im Rahmen einer Revision der gesetzlichen Grundlagen weiter optimiert werden. Die Förderung der SGH soll noch stärker auf die Verbesserung der Strukturen und den Strukturwandel sowie die nachhaltige Entwicklung ausgerichtet werden. Zur Schwerpunktsetzung in der Förderung soll die SGH insbesondere finanzielle Anreize ­ in Form von vorteilhafteren Darlehenskonditionen ­ setzen, die nur besonders förderwürdigen Vorhaben gewährt werden. Die SGH hat sich als Kompetenzzentrum für die Beherbergungsförderung etabliert. Diese Funktion soll gestärkt werden. Dazu gehört auch die Unterstützung von Jungunternehmern und der betrieblichen Nachfolge bspw. mittels Information, Beratung oder vorteilhaften Darlehenskonditionen. Zudem soll der heute auf bauliche Investitionen fokussierte Investitionsbegriff flexibilisiert werden. Insgesamt soll mit der Optimierung der Beherbergungsförderung der Beitrag der SGH zur Aktivität 5 der Dachstrategie Sandortförderung weiter verbessert werden (vgl. Ziff. 1.2.1).

3.5.2

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit der SGH und der Investitionsförderung des Bundes im Tourismus insgesamt wurde im Rahmen von mehreren Studien untersucht. Aus diesen Untersuchungen geht hervor, dass die Investitionsförderung des Bundes durch die SGH grundsätzlich zielführend ausgestaltet und mit hinreichend finanziellen Mitteln ausgestattet ist. Dies gilt auch im internationalen Vergleich, wo die Förderung von Investitionen in der Beherbergungswirtschaft ähnlich aufgebaut ist.

Die SGH vermochte ihre Fördertätigkeit kontinuierlich auszubauen. So konnte der Bestand an gewährten Darlehen von 156 Millionen Franken im Jahr 2015 auf 229 Millionen Franken im Jahr 2021 erhöht werden (+47 %). In den Jahren der Covid19-Pandemie 2020 und 2021 hat die SGH ihre Kunden bei Liquiditätsengpässen unterstützt, insbesondere durch Amortisationssistierungen in der Höhe von rund 22 Millionen Franken. Aufgrund der erhöhten Unsicherheiten bezüglich der Auswirkungen 62 / 124

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der Covid-19-Pandemie auf die Beherbergungsbranche war die SGH gezwungen auf den gewährten Darlehen zusätzliche globale Wertberichtigungen zu bilden, bevor effektive Darlehensverluste eingetreten sind. Die SGH ist dadurch in eine technische Überschuldung geraten. Damit die Handlungsfähigkeit der SGH trotz technischer Überschuldung wiederhergestellt werden konnte, wurde eine Vereinbarung über die Übernahme von Verlusten für das Jahr 2021 und 2022 zwischen der SGH und dem Bund (vertreten durch das WBF) abgeschlossen.

Die durchgeführten Untersuchungen zeigen eine hohe Zufriedenheit der touristischen Akteurinnen und Akteure mit dem Finanzierungsangebot der SGH. Positiv beurteilt wird sowohl das grosse Know-how der SGH bei Finanzierungsthemen wie auch die Verfügbarkeit einer zusätzlichen Finanzierungsquelle. Das Know-how der SGH wird auch von Banken und Kantonen sehr geschätzt und wirkt sich auch positiv auf die Verfügbarkeit von Bankfinanzierungen und kantonalen Unterstützungen aus.

4

Regionalpolitik

Die Neue Regionalpolitik (NRP) unterstützt die Berggebiete, den weiteren ländlichen Raum und die Grenzregionen in ihrer regionalwirtschaftlichen Entwicklung. Die Instrumente der NRP haben sich bewährt und starten 2024 in ihr drittes achtjähriges Mehrjahresprogramm (MJP3 2024­2031).

4.1

Strategische Grundlagen

Das Raumkonzept Schweiz81, die Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete (P-LRB)82, die Agglomerationspolitik (AggloPol)83 sowie das Bundesgesetz vom 6. Oktober 200684 über Regionalpolitik (nachfolgend BRP) mit der Verordnung vom 28. November 2007 über Regionalpolitik85 sind die übergeordneten strategischen bzw. rechtlichen Grundlagen der Regionalpolitik.

Die Regionalpolitik ist in der Dachstrategie der Standortförderung des Bundes verankert und trägt wesentlich zu deren Zielen bei. Im Vordergrund stehen dabei Ziel 2 «Regionen stärken», Ziel 3 «Zur nachhaltigen Entwicklung beitragen» und Ziel 4 «Chancen der Digitalisierung nutzen» (vgl. Ziff. 1.2.1). Dank der NRP werden regionalwirtschaftliche Potenziale genutzt, Wirtschaftsakteurinnen und -akteure vernetzt, 81

82

83

84 85

Schweizerischer Bundesrat, KdK, BPUK, SSV, SGV (2012): Raumkonzept Schweiz, abrufbar unter www.are.admin.ch > Raumentwicklung & Raumplanung >Strategie und Planung > Raumkonzept Schweiz.

Schweizerischer Bundesrat (2015): Politik des Bundes für die ländlichen Räume und Berggebiete, Bericht in Erfüllung der Motion 11.3927 Maissen vom 29. Sept. 2011, abrufbar unter www.are.admin.ch > Agglomerationen & ländliche Räume > Strategie und Planung > Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete.

Schweizerischer Bundesrat (2015): Agglomerationspolitik des Bundes 2016+, Für eine kohärente Raumentwicklung Schweiz, abrufbar unter www.are.admin.ch > Agglomerationen & ländliche Räume > Strategie und Planung > Agglomerationspolitik.

SR 901.0 SR 901.021

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Wissen transferiert und Arbeitsplätze erhalten und geschaffen, so dass in ihren Zielgebieten im Zusammenspiel mit den anderen Instrumenten der Standortförderung langfristige Perspektiven für Wirtschaft und Bevölkerung entstehen und erhalten bleiben.

Mit der vorliegenden Botschaft unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung das MJP3 2024­2031. Es definiert mit den Förderinhalten und Förderschwerpunkten den Handlungsspielraum, mit dem Kantone, Regionen sowie Akteurinnen und Akteure die NRP so umsetzen, dass sie optimal auf die lokalen und regionalen Bedürfnisse und Besonderheiten abgestimmt ist. Das MJP3 2024­2031 stützt sich auf die umfassende Evaluation des zweiten Mehrjahresprogramms der NRP für die aktuelle Programmperiode (MJP2 2016­2023) ab, die von einem unabhängigen, externen Expertenteam durchgeführt und im Februar 2022 veröffentlicht wurde (vgl.

Ziff. 4.1.1).86 Dazu kamen verschiedene Grundlagenarbeiten (vgl. Ziff. 4.1.2), auf deren Basis die kantonalen NRP-Fachstellen und das SECO die NRP in enger Zusammenarbeit weiterentwickelt haben. Diskussionen und Konsultationen mit an der NRP interessierten Kreisen aus Wirtschaft, Politik, Verbänden, Bundesverwaltung, Regionen und Zivilgesellschaft lieferten wichtige inhaltliche Elemente, die sich nun im MJP3 2024­2031 widerspiegeln.

Das MJP3 2024­2031 hat wie seine beiden Vorgänger eine Gültigkeitsdauer von acht Jahren, da die Regionalpolitik eine langfristig ausgerichtete Wirtschafts- und Strukturpolitik ist, die sich in der Umsetzung an kantonalen und (über-)regionalen Entwicklungsstrategien orientiert und entsprechend auf längere Zeiträume ausgerichtet ist. Auch der aufwändige Erarbeitungsprozess zwischen Bund und Kantonen spricht für mehrjährige Programme.

4.1.1

Evaluation des MJP2 2016­2023

Die unabhängige Evaluation des MJP2 2016­2023 attestiert der NRP, dass sie ihren Zweck erfüllt und die gewünschte Wirkung erzielt. Sie fördert in den Zielregionen eine breite Palette an wertschöpfungsorientierten Projekten. Von 2016 bis Ende 2020 wurden 1 614 Projekte umgesetzt und vom Bund mit 391 Millionen Franken unterstützt. Diese Unterstützung führte zu Investitionen von total 2,2 Milliarden Franken.

Jeder vom Bund eingesetzte Franken mobilisierte somit das Fünffache an Investitionen für die Schweizer Regionen. Die grosse Mehrheit der Projekte wird dauerhaft weitergeführt oder weiterentwickelt, so dass die NRP eine anhaltende Wirkung entfaltet.

Die Kantone nutzen die NRP vielfältig, um neue Ideen zu testen, Innovationen zu fördern und überbetriebliche Netzwerke zu stärken. Die bisherige ausschliessliche Fokussierung auf den Exportbasisansatz bei der Projektförderung wird von den meisten Akteurinnen und Akteuren kritisch beurteilt. Dies geht darauf zurück, dass die Standortattraktivität einer Region, speziell ausserhalb der regionalen Zentren, zunehmend 86

SECO (Hrsg.) 2022: Unabhängige Evaluation des Mehrjahresprogramms 2016­2023 der Neuen Regionalpolitik (NRP), Evaluationsbericht mit Management Response, abrufbar unter www.improve-nrp.ch.

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durch Aspekte der lokalen Wirtschaft, z. B. Tätigkeiten im Bereich des Wohnens und Arbeitens, bestimmt wird. Die Evaluation kommt zudem zum Schluss, dass die NRP zwar Projekte fördert, die zur nachhaltigen Entwicklung beitragen, sie ihr diesbezügliches Potenzial aber noch nicht ausschöpft.

Gestützt auf ihre Ergebnisse formuliert die Evaluation 15 Empfehlungen zur Schärfung des Profils, zur Stärkung der strategischen Stosskraft der NRP und zur Optimierung ihrer operativen Umsetzung. Besonders relevant ist die Empfehlung, dass die NRP als wirtschaftspolitisches Instrument und als Verbundaufgabe von Bund und Kantonen weitergeführt werden soll. Ebenso zentral sind die Empfehlungen, dass mittels Anreizsystemen vermehrt Projekte entwickelt und gefördert werden sollen, die noch ausgeprägter zur nachhaltigen Entwicklung beitragen, dass die Instrumentenpalette überschaubar bleiben soll und die Einstiegshürden für Akteurinnen und Akteure möglichst tief gehalten werden sollen. Diese und weitere Empfehlungen tragen dazu bei, die NRP für die Akteurinnen und Akteure sowie die Bevölkerung in den Zielgebieten noch besser, einfacher und vor allem noch wirksamer zu machen.

4.1.2

Grundlagenarbeiten

Das «Weissbuch Regionalpolitik»87 gab im Sommer 2020 den Startschuss in die Überlegungen zur Weiterentwicklung der NRP ab 2024 (NRP 2024+). In zahlreichen thematischen Konsultationen und mittels verschiedener Formate wurden zentrale Stakeholder der Regionalentwicklung (Kantone, Regionen, Bundesstellen, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft) anschliessend über zwei Jahre hinweg laufend in die Weiterentwicklung der NRP einbezogen. Formal und inhaltlich zentrales Element der Grundlagenarbeiten ist die Evaluation des Mehrjahresprogramms 2016­2023, welche die bisherige Umsetzung analysiert und Empfehlungen für die künftige Umsetzung festhält (vgl. Ziff. 4.1.1). Für die NRP 2024+ zentrale Aspekte wie die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Grundlagen88 und Themen wie die Investitionsförderung89, die Digitalisierung90 oder die nachhaltige Entwicklung (vgl.

Ziff. 4.1.5) wurden mit Studien, Arbeitsgruppen und Pilotprojekten vertieft. Mit den «Pilotmassnahmen für die Berggebiete»91 konnten neue Ansätze getestet und Erfahrungen gesammelt werden, die sich nun im MJP3 2024­2031 niederschlagen.

87

88

89

90 91

SECO (2020): Weissbuch Regionalpolitik, Ideen zur Weiterentwicklung der Regionalpolitik vom 30. Juli 2020, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Regional- und Raumordnungspolitik > Publikationen > Weissbuch Regionalpolitik, Denkanstösse für die Gestaltung der zukünftigen Regionalpolitik.

Universität Bern (2021): Theorien und Ansätze der Regionalentwicklung: Eine Anwendung auf die Neue Regionalpolitik (NRP) der Schweiz, abrufbar unter www.boris.unibe.ch.

SECO (2021): Weiterentwicklung der NRP-Investitionsförderung 2024+: Bericht und Management Response von September 2021, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Regional- und Raumordnungspolitik > Publikationen > Weiterentwicklung der NRP-Investitionsförderung 2024+.

Plattform «Digitalisierung und Regionalentwicklung», www.regiosuisse.ch > Angebote und Werkzeuge > Plattform Digitalisierung und Regionalentwicklung.

Pilotmassnahmen für die Berggebiete, www.regiosuisse.ch > Politiken und Programme > NRP-Pilotmassnahmen Berggebiete.

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In die Umsetzung der NRP 2024­2031 fliessen zudem Erkenntnisse aus internationalen Studien ein, so etwa Empfehlungen aus Arbeiten des European Regional Policy Research Consortiums92) und der OECD zur ländlichen Entwicklung («Rural Innovation 4.0»93). Auch die Berichterstattung an den Bundesrat zur Umsetzung der Agglomerationspolitik (AggloPol) und der Politik des Bundes für die ländlichen Räume und Berggebiete (P-LRB, vgl. Ziff. 4.1.3) sind wichtige Grundlagen dafür. Von grosser Bedeutung sind zudem der Bericht «Megatrends und Raumentwicklung Schweiz»94 des Rats für Raumordnung (ROR) von 2019 sowie die laufende Erarbeitung des neuen ROR-Berichts «Lebendige Peripherien: Entwicklungsperspektiven für das 21. Jahrhundert». Letzterer wird aufzeigen, wie Peripherien als Chancenräume wahrgenommen und gestärkt sowie in ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstützt werden können.

Prägenden Einfluss haben schliesslich auch die Vollzugserfahrungen und Entwicklungen im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld der vergangenen Jahre.

4.1.3

Prägende räumliche Politiken

Die themen- und sektorübergreifende Zusammenarbeit und Abstimmung im Sinne einer kohärenten Raumentwicklung bleibt gerade auch im Hinblick auf die nachhaltige räumliche Entwicklung der Schweiz von grosser Bedeutung. Den politischen und konzeptionellen Rahmen für eine kohärente Raumentwicklung (KoRE) bilden das Raumkonzept Schweiz, die Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete (P-LRB) sowie die Agglomerationspolitik (AggloPol).

Kohärente Raumentwicklung (KoRE): Die raumspezifischen Herausforderungen und die starken Verflechtungen zwischen Stadt und Land zeigen die hohe Bedeutung des im Raumkonzept Schweiz geforderten Denkens und Planens in funktionalen Räumen.

Deshalb hatte der Bundesrat mit der AggloPol 2016+ und der P-LRB im Jahr 2015 eine Gesamtsicht über die Raumentwicklungspolitiken der Schweiz vorgelegt und dabei ein differenziertes Bild der städtischen und ländlichen Räume und Berggebiete entworfen. Mit der Umsetzung dieser Politiken wird sowohl den spezifischen als auch den gemeinsamen Herausforderungen dieser Räume Rechnung getragen und ein Beitrag zur Erhaltung und Stärkung des inneren Zusammenhalts der Schweiz geleistet.

Raumkonzept Schweiz: Das Raumkonzept Schweiz ist der Orientierungsrahmen für die nachhaltige Raumentwicklung auf allen drei Staatsebenen. Es wurde gemeinsam mit den Dachorganisationen der Gemeinden, Städte und Kantone erarbeitet und 2012 mit dem Ziel verabschiedet, die Siedlungsqualität und die regionale Vielfalt zu fördern, die natürlichen Ressourcen zu sichern, die Mobilität zu steuern, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Solidarität zu leben. Zentrales Element ist die Definition funktionaler Handlungsräume, die auch ein prägendes Element der NRP sind.

92 93 94

European Regional Policy Research Consortiums, https://eprc-strath.org > Featured Research > EoRPA: Regional Policy in Europe.

OECD (2022): Enhancing Innovation in Rural Regions, Swiss Case Study von September 2022, abrufbar unter www.oecd.org > Publications.

Rat für Raumordnung (2019): Megatrends und Raumentwicklung Schweiz, abrufbar unter www.are.admin.ch > Raumentwicklung und Raumplanung > Koordinationsorgane und Zusammenarbeit > Rat für Raumordnung ROR.

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Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete (P-LRB): Mit der Verabschiedung der P-LRB erhielten diese Räume ab 2016 erstmals eine Vision und langfristige Ziele, an denen sich die raumrelevanten Sektoralpolitiken und ihre Instrumente orientieren sollen. Es sind dies: ein attraktives Lebensumfeld schaffen, natürliche Ressourcen sichern und in Wert setzen, Wettbewerbsfähigkeit stärken, kulturelle Vielfalt gestalten.

Agglomerationspolitik (AggloPol): Mit der AggloPol 2016+ hat der Bundesrat die 2001 eingeführte Agglomerationspolitik konsolidiert und weiterentwickelt. Dabei stützte er sich auf die tripartite Strategie zur schweizerischen Agglomerationspolitik, die gemeinsam von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden erarbeitet wurde, sowie auf das Raumkonzept Schweiz. Die AggloPol 2016+ verfolgt vier langfristige Ziele: hohe Lebensqualität, hohe Standortattraktivität, qualitätsvolle Siedlungsentwicklung und wirksame Zusammenarbeit. Um diese Ziele zu erreichen, sollen die wirtschaftliche Dimension gestärkt und neben dem Thema Siedlung und Verkehr weitere Handlungsfelder aus gesellschaftsrelevanten und raumwirksamen Politikbereichen einbezogen werden.

Evaluation und Weiterentwicklung der KoRE, der P-LRB und der AggloPol: Parallel zur Erarbeitung des MJP3 2024­2031 der NRP werden KoRE, AggloPol und P-LRB evaluiert und unter gemeinsamer Führung des Bundesamtes für Raumentwicklung und des SECO weiterentwickelt. Im Einklang mit Ziel 3 der Dachstrategie Standortförderung «Regionen stärken» (vgl. Ziff. 1.2.1) und den Empfehlungen der Evaluation des MJP2 2016­2023 beteiligt sich die NRP an der Umsetzung und Weiterentwicklung der KoRE, der P-LRB und der AggloPol im Rahmen des Bundesnetzwerks kohärente Raumentwicklung Stadt-Land (BN KoRE). Die Schlussfolgerungen aus diesem Prozess fliessen laufend in die Ausgestaltung und Umsetzung der NRP ein.

Damit ist eine proaktive, chancenorientierte Ausrichtung der NRP an den Schnittstellen mit anderen raumwirksamen Politiken ­ vor allem der Umwelt- und Raumplanungspolitik ­ gewährleistet.

4.1.4

Prägende thematische Politiken

Innovationspolitik: Innovation bezeichnet die Fähigkeit einer Gesellschaft, sich erfolgreich an veränderte Umstände anzupassen, auf bedeutende Veränderungen erfolgreich reagieren zu können oder aber wichtige Veränderungen zum eigenen Vorteil vorausschauend herbeizuführen. Innovation ist für die Schweiz, mit ihrer wissensbasierten Wirtschaft ohne nennenswerte Rohstoffe, von zentraler Bedeutung, und die Schweiz ist bei vielen Innovationsrankings vorne mit dabei. Die Schweiz verfügt über eine Innovationspolitik, die sich aus verschiedenen Instrumenten zusammensetzt. Sie ist nicht nur in unterschiedlichen Sachpolitiken, sondern auch auf verschiedenen staatspolitischen Ebenen angesiedelt. Es bestehen sowohl institutionalisierte als auch informelle Prozesse, welche die Zusammenarbeit innerhalb des nationalen Innovationssystems ermöglichen.

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Die wichtigsten Prinzipien und Strukturen des Schweizer Innovationssystems wurden 2018 in der «Gesamtschau der Innovationspolitik» des Bunderats dargelegt.95 Abbildung 4 Prinzipien und Strukturen des Schweizer Innovationssystems

Die Schweiz verfügt über eine Innovationspolitik, die alle drei zentralen Funktionen (den wissensbasierten Blickwinkel, den wirtschaftsorientierten Blickwinkel und den Blickwinkel der Innovationsfähigkeit) von Innovation abdeckt. Sie tut dies dezentral und innerhalb mehrerer eigenständiger, nach Bedarf aber sachlich koordinierter Politikbereiche. Diese Organisation gesteht den einzelnen Akteurinnen und Akteuren einen hohen autonomen Handlungsspielraum zu, ermöglicht damit anderseits aber auch unterschiedliche, passgenaue Antworten auf neue Herausforderungen und Chancen.

Einen Masterplan oder ein eigenes Gesetz zur Innovation lehnt der Bundesrat ab. Er erachtet die bestehenden Förderinstrumente einschliesslich ihrer gesetzlichen Grundlagen als ausreichend. Die dezentrale Innovationspolitik führt zu einem vielfältigen, stabilen und agilen, aber auch komplexen Innovationssystem.

Die NRP trägt bspw. mit den von ihr unterstützen Regionalen Innovationssystemen (RIS) dazu bei, die Unternehmen auf regionaler Ebene in ihrer Innovationtätigkeit zu unterstützen und dadurch ihre Voraussetzungen im Wettbewerb weiter zu verbessern: Know-how vermitteln und aufbauen, Schnittstellen klären und Andockmöglichkeiten bei bestehenden Anbietern aufzeigen, oder, wo angezeigt, thematisch komplementäre Angebote bereitstellen.

Tourismuspolitik: Mit der neuen Tourismusstrategie des Bundes vom November 2021 will der Bund die Schweizer Tourismuswirtschaft international wettbewerbsfähig und 95

SBFI (2018): Gesamtschaut der Innovationspolitik, Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 13.3073 Derder vom 14. Februar 2018, abrufbar unter www.sbfi.admin.ch > Im Brennpunkt > Publikationen und Dienstleistungen > Publikationen > Publikationsdatenbank > Gesamtschau der Innovationspolitik.

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den Tourismusstandort Schweiz attraktiv und leistungsfähig erhalten (vgl. Ziff. 3).

Die NRP ist eines der vier tourismuspolitischen Förderinstrumente des Bundes und konzentriert sich auf Initiativen und Projekte zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit auf regionaler Ebene. Der Tourismus spielt als exportorientierte Branche im Schweizer Berggebiet und in den ländlichen Regionen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus hängen Geschäfts-, Freizeit- und gastronomische Aktivitäten stark von der lokalen Nachfrage ab, insbesondere in Regionen, die weniger auf den internationalen Tourismus ausgerichtet sind. Untersuchungen aus Bergkantonen zeigen, dass bis zu 30 Prozent der kantonalen Bruttowertschöpfung direkt oder indirekt durch den Tourismus erwirtschaftet werden. Entsprechend dieser Bedeutung bildet der Tourismus denn auch einen der Förderschwerpunkte in den meisten kantonalen Umsetzungsprogrammen der NRP.

Digitalisierungsstrategie: Die Strategie «Digitale Schweiz»96 gibt die Leitlinien für das staatliche Handeln vor und zeigt auf, wo und wie Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik zusammenarbeiten müssen, damit sie den Transformationsprozess zum Nutzen des Gemeinwesens gestalten können. Die Strategie ist für alle Aktivitäten des Bundes ­ somit auch für die Standortförderung und die NRP ­ verbindlich. Die Wirtschaft, als klassisches Querschnittsthema, ist in verschiedenen Strategiebereichen erfasst (Rahmenbedingungen, Infrastruktur, Digitale Behördendienstleistungen). Besonders relevant für die Regionalentwicklung ist der Strategiebereich Rahmenbedingungen. Die Strategie hält fest, dass es für ein ressourcenarmes Land wie die Schweiz wichtig ist, die Potenziale, die sich durch die Digitalisierung ergeben, bestmöglich zu nutzen.

4.1.5

Nachhaltige Entwicklung

Im Einklang mit dem entsprechenden Ziel der Standortförderung 2024­2027 und den dazugehörigen Aktivitäten (vgl. Ziff. 1.2.2) orientiert sich auch die NRP in der Mehrjahresperiode 2024­2031 verstärkt an der Agenda 2030 und den strategischen Stossrichtungen und Schwerpunktthemen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 (SNE 2030). Die Kernanliegen der NRP werden dabei nicht verändert. Die übergeordneten Ziele bleiben die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Regionen und das Erhöhen ihrer Wertschöpfung, so dass Arbeitsplätze geschaffen und erhalten bleiben, eine dezentrale Besiedelung gefördert und regionale Disparitäten abgebaut werden.

Die NRP bleibt ein wirtschaftspolitisches Instrument, arbeitet aber aktiver als bisher darauf hin, die Anforderungen und Erwartungen einer nachhaltigen Regionalentwicklung aufzunehmen. Auf der Grundlage eines eigens erarbeiteten Nachhaltigkeitskonzepts unterstützt die NRP in ihren Zielgebieten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, stärkt die Krisenfestigkeit der Regionen und schafft Perspektiven für eine zukunftsfähige Entwicklung. Gleichzeitig fördert sie die gesellschaftliche Solidarität in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den regionalen Akteurinnen und Akteuren, 96

Bundeskanzlei (2019), Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023 ­ Strategie der Bundesverwaltung im Bereich der digitalen Transformation und der Informatik, abrufbar unter www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT Lenkung > Strategie und Planung > Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023.

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trägt zur Sicherung der natürlichen Ressourcen bei und setzt diese in Wert. Damit werden auch Risiken reduziert, die sich aus der fortschreitenden wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen ergeben können.

Um dies zu erreichen, wurden in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Evaluation des MJP2 2016­2023 (vgl. Ziff. 4.1.1)97 und in Zusammenarbeit mit den kantonalen NRP-Fachstellen konkrete und messbare Nachhaltigkeitsziele entwickelt. Zu jedem Nachhaltigkeitsziel gehören Indikatoren und Zielwerte. In ihren Umsetzungsprogrammen konzentrieren sich die NRP-Programme bewusst auf einige wenige, aber realistische und aussagekräftige Nachhaltigkeitsziele, auf die sie in ihren Wirkungsgebieten mit gezielten Massnahmen hinarbeiten. Damit sind verlässliche, nachvollziehbare und überprüfbare Aussagen über die Beiträge der NRP an die SNE 2030 möglich. Mögliche Massnahmen sind etwa niederschwellige Unterstützungsangebote zur Entwicklung und Umsetzung von Projekten der Kreislaufwirtschaft; oder auch die standortgerechte Inwertsetzung von Biodiversität und Landschaft in Übereinstimmung mit dem Landschaftskonzept Schweiz (LKS)98. Die Kreislaufwirtschaft ist ein ganzheitlicher Ansatz, der den gesamten Kreislauf von der Rohstoffgewinnung über die Design-, Produktions-, Distributions- und eine möglichst lange Nutzungsphase bis hin zum Recycling betrachtet. Gelingt es, Material- und Produktekreisläufe zu schliessen, können Rohstoffe immer wieder von neuem verwendet werden. Dies kommt sowohl der Umwelt als auch der Regionalwirtschaft zugute.

Für die konkrete Umsetzung im Rahmen der NRP-Programme stehen Anreize und Wissensaufbau bei den Akteurinnen und Akteuren im Vordergrund, während auf Verbote oder zusätzliche Anforderungen, die über die bestehenden gesetzlichen Grundlagen z. B. im Rahmen der Umwelt- und Raumordnungsgesetzgebung hinausgehen, verzichtet wird. Die Nachhaltigkeitsziele werden vollständig in die Wirkungsmodelle der NRP integriert (vgl. Ziff. 4.4), wo sie die regionalwirtschaftlichen Zielsetzungen ergänzen, welche die NRP-Programme gemäss ihren kantonalen und regionalen Schwerpunkten festlegen. Damit erfolgt die Umsetzung im bewährten Rahmen und mit den erprobten Instrumenten der NRP.

4.2

Ziele und Aufgaben

4.2.1

Ziel der NRP

Die NRP unterstützt Berggebiete, ländliche Räume und Grenzregionen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung. Bund und Kantone finanzieren gemeinsam mit privatwirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren sowie Dritten konkrete Projekte sowie Vernetzungs- und Coaching-Angebote, mit denen die Regionen wettbewerbsfähiger werden und ihre Wertschöpfung steigern können. Die NRP fördert in 97

98

SECO (Hrsg.) 2022: Unabhängige Evaluation des Mehrjahresprogramms 2016­2023 der Neuen Regionalpolitik (NRP), Evaluationsbericht mit Management Response, abrufbar unter www.improve-nrp.ch.

BAFU (Hrsg.) 2020: Landschaftskonzept Schweiz. Landschaft und Natur in den Politikbereichen des Bundes. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Info Nr. 2011, abrufbar unter www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Landschaft > Fachinformationen > Massnahmen > Nachhaltige Nutzung > Kohärente Politik > Landschaftskonzept Schweiz (LKS).

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den Zielregionen die wirtschaftliche Nutzung endogener Potenziale auf Basis konkreter Programmziele. Damit trägt sie wesentlich zu den Aktivitäten 6­10 von Ziel 2 «Regionen stärken» sowie den Aktivitäten 15, 18 und 19 von Ziel 4 «Chancen der Digitalisierung nutzen» der Standortförderung bei (vgl. Ziff. 1.2.1). Mit ihrem Nachhaltigkeitskonzept stellt sich die NRP den Erwartungen und Anforderungen der SNE 2030, deren Herausforderungen sie chancenorientiert aufnimmt und damit Beiträge an die Aktivitäten 11­14 von Ziel 3 «Zur nachhaltigen Entwicklung beitragen» der Standortförderung leistet.

Die NRP grenzt sich weiterhin von den ungebundenen Mitteln des Finanzausgleichs (NFA) ab, der allen Kantonen eine Mindestausstattung an öffentlichen Dienstleistungen ermöglichen soll. Den Empfehlungen der Evaluation99 des MJP2 2016­2023 entsprechend wird die NRP als wirtschaftspolitisches Instrument der Regionalpolitik weitergeführt. Das Engagement des Bundes in der NRP erfolgt subsidiär; die Umsetzungsverantwortung liegt bei den Kantonen.

4.2.2

Projektförderung und flankierende Massnahmen

Die NRP umfasst in ihren Zielgebieten die Förderung von Projekten, Initiativen, Programmen und Infrastrukturvorhaben. Mit flankierenden Massnahmen unterstützt sie die Stärkung von Kooperationen sowie die Nutzung von Synergien zwischen der Regionalpolitik und anderen raumrelevanten Politiken des Bundes. Damit leistet sie einen entscheidenden Beitrag zur kohärenten Raumentwicklung der Schweiz. Ebenfalls zu den flankierenden Massnahmen gehört die Plattform für Regionalentwicklung in der Schweiz, regiosuisse100, die ein integrales Wissensmanagement und Qualifizierungsangebote für kantonale, regionale und lokale Akteurinnen und Akteure sicherstellt.

Sonderprogramme wie z. B. überkantonale Umsetzungsprogramme fördern Projekte und Initiativen in grösseren funktionalen Räumen, die besondere Synergiemöglichkeiten bieten oder bedeutenden strukturellen Herausforderungen gegenüberstehen.

4.2.3

Entwicklungen und Veränderungen in den Zielgebieten

Die regionalwirtschaftliche Ausgangslage in den verschiedenen Schweizer Regionen hat sich in den letzten Jahren nicht grundsätzlich verändert. Bekannte Faktoren wie bspw. die strukturellen Herausforderungen, denen ländliche Regionen und Berggebiete gegenüberstehen, haben sich weiter verstärkt. Für die Standortwahl von Unternehmen sind die urbanen Gebiete ­ vor allem die Städte und Grossstädte ­ nach wie vor am attraktivsten. Diese Räume sind am besten erschlossen, was u. a. Zugang zu einem grossen Arbeitskräftepotenzial bietet. Die Wettbewerbsfähigkeit der Kantone 99

SECO (Hrsg.) 2022: Unabhängige Evaluation des Mehrjahresprogramms 2016­2023 der Neuen Regionalpolitik (NRP), Evaluationsbericht mit Management Response, abrufbar unter www.improve-nrp.ch.

100 www.regiosuisse.ch.

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unterscheidet sich abhängig von ihrer Nähe zu grossen urbanen Zentren, ihrer kritischen Masse und anderen Aspekten wie z. B. Bildungsangeboten. Ländliche Kantone wie Graubünden, Wallis oder Jura sind weniger als halb so wettbewerbsfähig wie der führende Kanton Zug.101 Betrachtet man die Standortqualität, gab es zwischen 2013 und 2021 wenig Verschiebungen zwischen den Kantonen. Basel-Stadt, Genf und Waadt konnten aufgrund von Unternehmenssteuerreformen Sprünge nach vorne machen.102 Sowohl in den ländlichen Räumen, den Berggebieten als auch den urbanen Zentren hat sich die Beschäftigungsentwicklung in den letzten Jahren verändert. Darin widerspiegelt sich der von Technologie, Demographie und Globalisierung getriebene Strukturwandel. Grösstenteils sind es in ländlichen und urbanen Gebieten dieselben Branchen, die durch den Strukturwandel grössere Beschäftigungsveränderungen erfahren haben. An Bedeutung gewonnen haben in den letzten Jahren insbesondere das Gesundheits- und Sozialwesen sowie das Grundstücks- und Wohnungswesen. Andere Wirtschaftszweige weisen dagegen ein rückläufiges Beschäftigungsvolumen auf, so z. B. das verarbeitende Gewerbe oder die Landwirtschaft.103 Der Anteil der Firmen, die Prozess- und/oder Produktinnovation betreiben, hat seit 2000 stark abgenommen, wobei sich zwischen städtischen, intermediären und ländlichen Räumen keine grossen Unterschiede zeigen.104 Es handelt sich dabei aber mehr um eine Konzentration der Aktivitäten auf wenige Unternehmen als um eine Abnahme von Innovationstätigkeiten dieser Art.

Die Entwicklung wurde seit 2020 stark von der Covid-19-Pandemie geprägt, wobei noch nicht alle mittel- und langfristigen Auswirkungen absehbar sind. Die Covid-19Pandemie hat zu einem Konjunktureinbruch geführt, gewisse Branchen wie die Kultur- und Eventbranche, der Tourismus (Gastronomie und Beherbergung) sowie die Reisebranche wurden von den zum Schutze der Bevölkerung getroffenen Massnahmen besonders stark beeinträchtigt. Die regionalen Unterschiede in der Branchenzusammensetzung führen dazu, dass die Schweizer Regionen von der Pandemie unterschiedlich stark getroffen wurden.105 So mussten in den Berggebieten ­ wichtige Zielgebiete der NRP ­ etwa überdurchschnittlich viele Arbeitnehmende zu Hause bleiben, da ihre Arbeitsstätte pandemiebedingt geschlossen wurde.106 Aufgrund
der grösseren relativen Bedeutung des Tourismus wurden die Berggebiete insgesamt durch die Covid-19-Pandemie stärker in Mitleidenschaft gezogen als die Städte. In welchen Regionen die mittelfristigen Auswirkungen länger anhalten werden, kann derzeit aber noch nicht abschliessend beurteilt werden. Hingegen zeichnet sich ab, dass die Covid-19-Pandemie bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit kein Gamechanger 101 102 103

UBS (2021): Kantonaler Wettbewerbsindikator 2021 der UBS Switzerland AG.

Credit Suisse (2021): Standortqualität 2021.

regiosuisse (2020): Der Strukturwandel beeinflusst die Beschäftigungsentwicklung, abrufbar unter www.regiosuisse.ch > Angebote und Werkzeuge > Regionenmonitoring > Der Strukturwandel beeinflusst die Beschäftigungsentwicklung.

104 Konjunkturforschungsstelle KOF (2018): Innovationserhebung 2016, ETH Zürich.

105 regiosuisse (2021): Coronavirus führt zu Konjunktureinbruch, abrufbar unter www.regiosuisse.ch > Angebote und Werkzeuge > Regionenmonitoring > Coronavirus führt zu Konjunktureinbruch.

106 UBS (2021): Kantonaler Wettbewerbsindikator 2021 der UBS Switzerland AG vom 25. August 2021, abrufbar unter www.ubs.com.

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war. Vielmehr haben sich die wirtschaftlichen Chancen, Risiken und Herausforderungen verändert, denen die Regionen gegenüberstehen und auf die es Antworten zu finden gilt.

Mit der Verbreitung des Homeoffice gewannen ländliche Räume zusätzliche Attraktivität. Die periurbanen Räume konnten sich in den vergangenen Jahren als attraktive Wohnstandorte positionieren, weil sie einerseits gut erschlossen sind und dadurch eine bessere Versorgung mit Dienstleistungen aufweisen als ländliche Räume. Andererseits sind die Lebenshaltungskosten in den periurbanen Gebieten deutlich tiefer als in den Städten. Die Covid-19-Pandemie hat einen grundlegenden Trend zu veränderten Lebens- und Arbeitsweisen mit sich gebracht und aufgezeigt, dass die allein auf Export ausgerichtete Wirtschaftsförderung den heutigen Anforderungen nicht mehr genügend gerecht wird und hingegen die lokale Wirtschaft an Bedeutung gewinnt.

Die Voraussetzungen für die regionalwirtschaftliche Entwicklung haben sich seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 nochmals verschlechtert. Risiken und Unsicherheiten infolge von Teuerung, Rezessionsängsten und einer drohenden Energiemangellage sind auch auf regionaler und lokaler Ebene entwicklungshemmende Faktoren.

Diese Entwicklungen sind ausserhalb der regionalen Zentren, dort wo eine kritische Masse an Akteurinnen und Akteuren sowie Angebotskomponenten insbesondere im Tourismus fehlt, von grosser Bedeutung. Hier sind die lokalen Wirtschaftsstandorte äusserst fragil und es fehlt ihnen die Investitionskraft, die in den regionalen Zentren zu finden ist. Die NRP nimmt diesen Umstand im MJP3 2024­2031 auf, in dem es die regionalwirtschaftliche Förderung im Sinne der NRP weiterentwickelt, um die Regionen bei diesen Herausforderungen gezielt zu unterstützen. Dies geschieht bspw.

durch die Finanzierung von Projekten der lokalen Wirtschaft, die nicht direkt exportorientiert sind (vgl. Ziff. 4.3.1). Zudem legt die NRP weiterhin grosses Gewicht auf die Unterstützung von Unternehmen, Regionen und Gemeinden, um die Möglichkeiten der Digitalisierung innovativ für die wirtschaftliche Regionalentwicklung zu nutzen (vgl. Ziff. 4.3.2).

4.3

Drittes Mehrjahresprogramm des Bundes 2024­2031 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik

Im Folgenden werden die wichtigsten Eckpunkte, Neuerungen und Akzente des MJP3 2024­2031 dargestellt. Sie berücksichtigen die Vollzugserfahrungen und Entwicklungen im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld der vergangenen Jahre. Die Zielregionen der NRP stehen auch in Zukunft anspruchsvollen Herausforderungen gegenüber. Neben wirtschaftlichen Fragen wie der geeigneten Wachstumsstrategie und notwendigen Strukturanpassungen betrifft dies zunehmend auch bedeutende gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen.

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4.3.1

Inhaltliche Konzeption des Mehrjahresprogramms: Grundsätze und Stossrichtungen

Den Empfehlungen der Evaluation des MJP2 2016­2023 entsprechend schliesst das MJP3 2024­2031 an die vorangehenden Mehrjahresprogramme an (vgl. Ziff. 4.1.1).

Die Grundausrichtung ist weiterhin richtig und die Förderung der Räume, die vom Strukturwandel besonders stark betroffen sind, durch Innovation und Steigerung der Wertschöpfung wird beibehalten. Punktuelle, bedarfsorientierte Weiterentwicklungen stellen sicher, dass die NRP weiterhin ein relevantes und wirksames Instrument für die wirtschaftliche Regionalentwicklung bleibt.

Fokus auf ländlichen Raum, Berggebiete und Grenzregionen mit ihren regionalen Zentren weiterentwickeln: Ländliche Räume, Berggebiete und Grenzregionen sind weiterhin Zielgebiete der NRP. Hier stellen sich im Vergleich zu den grossen urbanen Zentren besondere Herausforderungen; die Wirtschaftsentwicklung ist oft weniger dynamisch. Die regionalen Zentren bleiben wichtige Entwicklungsmotoren für diese Regionen. Die kantonalen und interkantonalen NRP-Programme sind jedoch herausgefordert, ihre Entwicklungsschwerpunkte entsprechend den spezifischen Bedürfnissen auf ihrem Gebiet zu differenzieren, bspw. auch durch die Stärkung der lokalen Wirtschaft.

NRP als Gemeinschaftsinstrument Bund-Kantone umsetzen: Die NRP bleibt ein gemeinsames Instrument von Bund und Kantonen. Der Bund gibt unter Einbezug der Kantone mit dem Mehrjahresprogramm den Rahmen vor, die Kantone legen davon ausgehend ihre Schwerpunkte fest. Sie vereinbaren mit dem Bund Ziele, prüfen die eingereichten Projektanträge, fällen die Finanzierungsentscheide und stellen das Monitoring der Projekte sicher.

Fokus auf regionalwirtschaftliche Entwicklung weiterentwickeln, den Exportbasisansatz ergänzen: Die regionalwirtschaftliche Entwicklung steht nach wie vor im Vordergrund. Es geht darum, die Standortentwicklung zu unterstützen, d. h. die Standortfaktoren und Rahmenbedingungen in den Regionen zu verbessern. In erster Linie werden Projekte gefördert, die neue Wertschöpfung in die Region bringen. Die NRP bleibt somit dem Exportbasisansatz verbunden, nach welchem der Anstieg der Einkommen in Sektoren, die Güter oder Dienstleistungen aus einer Region exportieren, für die Entwicklung derselben zentral sind, da sie zu einem Multiplikatoreffekt im lokalen Sektor führen. Die Rahmenbedingungen für regionale wirtschaftliche
Entwicklung haben sich seit Einführung NRP 2008 jedoch verändert. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen bezüglich der Faktoren, die sich auf die regionale Entwicklung auswirken, legen nahe, die NRP künftig nicht mehr ausschliesslich auf den Exportbasisansatz zu beschränken. Neu werden deshalb Aspekte der lokalen Wirtschaft bzw. der residentiellen Ökonomie aufgenommen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass insbesondere in periurbanen und ländlichen Räumen nicht mehr nur die produktiven ökonomischen Aktivitäten, sondern auch die residentiellen Aktivitäten bzw. die Präsenz einer einkommensstarken Bevölkerung die Treiber wirtschaftlicher Entwicklung sind. Dies wird mit dem vorliegenden Mehrjahresprogramm umgesetzt.

In Ergänzung des Exportbasisansatzes (Einnahmen durch exportorientierte Wertschöpfung) können Projekte der lokalen Wirtschaft (Einnahmen durch lokale Wertschöpfung) unterstützt werden. Solche Projekte zielen darauf ab, insbesondere in 74 / 124

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weniger dicht besiedelten Gebieten lokale Akteurinnen und Akteure zu mobilisieren.

Wenn diese bei der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen z. B. im handwerklichen oder touristischen Bereich zusammenarbeiten, um eine lokale und regionale Nachfrage auf innovative Art und Weise zu bedienen, entsteht wirtschaftliche Dynamik. In diesem Zusammenhang liefern etwa auch in die lokale Wirtschaft eingebettete Coworking Spaces wichtige Impulse. Klare Spielregeln sorgen dafür, dass die wirtschaftliche Ausrichtung der NRP nicht verwässert wird.

Praxisbeispiele Coworking Spaces / lokale Wirtschaft Fuchs und Specht107: Im Zentrum der Altstadt von Burgdorf werden zwei ehemalige Restaurations- und Retailflächen innovativ genutzt. Im SPECHT ist nebst einem konstanten Grundangebot Gastro-Sharing möglich. Dabei können Neueinsteiger gastronomische Ideen ausprobieren. Startup-Gastronomen verwenden vorwiegend regionale Produkte, was wiederum die regionale Wertschöpfung fördert. Im FUCHS nebenan besteht eine vielseitig nutzbare Fläche für Coworking (Arbeitsbereich) und Coselling (Laden). Produkte aus dem Umkreis von 30 km können hier erworben werden, Coiffeur- und Coachingdienstleistungen vervollständigen das Angebot.

Pioniergeist Flums108: Aus einer früheren Spinnerei in Flums wurde der Gewerbepark der «Flumserei» entwickelt. Grosse Teile der Liegenschaft sind genutzt, ein Teil wird als Loft ausgebaut. Einige Räumlichkeiten, wie ein altes Kraftwerk oder eine Werkstatt, sind noch ungenutzt. Das Projekt will eine lokale Gemeinschaft aufbauen, welche unter anderem diese Räume bespielen soll. Das Ziel ist, kreatives Wirken, Werken und Machen zu ermöglichen und damit Pionierprojekte ansiedeln. Die Flumserei soll eine «Garage» für zukunftsfähige Ideen bieten sowie neuartige Produktions- und Verkaufsplattformen schaffen.

Strategische Handlungsfähigkeit regionaler Akteurinnen und Akteure stärken: Mit einer akteurszentrierten Ausgestaltung der NRP erhalten regionale Akteurinnen und Akteure die Fähigkeiten, Kompetenzen und Ressourcen um sich zu vernetzen und neue, strategisch verankerte Ideen und Initiativen für die regionale Wirtschaft zu entwickeln. Daraus gehen exportorientierte Projekte und Projekte der lokalen Wirtschaft hervor, die einerseits das lokale Unternehmertum und Gewerbe stärken, andererseits aber auch
auf die Bewältigung lokaler und regionaler Herausforderungen im Zusammenhang mit der regionalwirtschaftlichen Entwicklung ausgerichtet sind. Insbesondere in peripheren Regionen kann die NRP damit experimentelle Ansätze ermöglichen und ein breites Spektrum von Akteurinnen und Akteuren einbeziehen.

Finanzierungsmöglichkeiten für kleine Infrastrukturen erweitern: Darlehen bleiben in der NRP das wesentliche Instrument für die Finanzierung von Infrastrukturvorhaben.

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen aber, dass Darlehen für gewisse kleine Infrastrukturvorhaben und deren Projektträger nicht zweckmässig sind und deshalb vielversprechende Projekte mit regionalwirtschaftlicher Wirkung nicht realisiert werden.

107 108

Fuchs und Specht, www.fuchsundspecht.ch.

Pioniergeist Flums, www.flumserei.ch.

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Im Fokus stehen kleine Infrastrukturvorhaben, die für den investierenden Projektträger keine oder nur marginale direkte Cash-Flows generieren, die aber von regionalwirtschaftlicher Bedeutung sind, wenn sie von anderen wirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren kommerziell genutzt werden können. Denkbar sind z. B. die Finanzierung baulicher Massnahmen zur Realisierung eines Biketrails, für den kein Eintritt verlangt werden kann. Einmal realisiert, ergänzt er das regionale touristische Angebot und schafft entsprechende kommerzielle Möglichkeiten für Hotels, Restaurants, geführte Touren sowie für die Vermietung und den Verkauf von Mountain Bikes. Solche Infrastrukturen sollen daher in beschränktem Masse auch mit A-fonds-perdu-Mitteln unterstützt werden können, wobei die Kohärenz mit anderen Sektoralpolitiken und Instrumenten des Bundes sicherzustellen ist. Diese Neuerung bedingt eine Anpassung des Bundesgesetzes über die Regionalpolitik, die von den eidgenössischen Räten 2023 diskutiert wird und dann gegebenenfalls Anfang 2024 in Kraft treten kann.

Kohärente Raumentwicklung als zentralen Rahmen der Regionalpolitik mittragen: Die auf Regionalwirtschaft ausgerichtete NRP bleibt ein im Raum verankertes Instrument mit zahlreichen Schnittstellen zu anderen Sektoralpolitiken und Förderinstrumenten. Die Einbettung der NRP in die Kohärente Raumentwicklung, das Nutzen von Synergien, das proaktive Bearbeiten von Zielkonflikten und damit die Reduktion entsprechender Risiken bleiben wichtige Anliegen der NRP (vgl. Ziff. 4.1.3).

Nachhaltige Entwicklung stärken: Im Einklang mit der SNE 2030 und der Dachstrategie der Standortförderung gilt es, die nachhaltige Ausrichtung chancenorientiert und proaktiv zu stärken. Ein klares Nachhaltigkeitsverständnis mit konkreten Zielen und Indikatoren trägt dazu bei, die regionalwirtschaftlichen Ziele im ökologischen und gesellschaftlichen Bereich zu stärken (vgl. Ziff. 4.1.5). Im Vordergrund steht die Vermittlung von entsprechenden Handlungskompetenzen an die Akteurinnen und Akteure in den Regionen sowie die Unterstützung konkreter Projekte bspw. im Bereich der Kreislaufwirtschaft oder für die Inwertsetzung von Landschaft und Biodiversität.

Kantons- und grenzübergreifende Zusammenarbeit hervorheben: Die NRP soll nicht an administrativen Grenzen enden, sondern in funktionalen
Räumen umgesetzt werden. Die kantonsübergreifende Zusammenarbeit z. B. im Rahmen der Regionalen Innovationssysteme (RIS) und die grenzübergreifende Zusammenarbeit im Rahmen von Interreg (vgl. Ziff. 4.3.4) bleiben wichtige Ansätze.

Ziel- und wirkungsorientierte Steuerung weiterführen: Die Mittel der NRP werden ziel- und wirkungsorientiert eingesetzt. Dazu werden auf Programmebene Wirkungsmodelle erarbeitet, die aufzeigen, welche Leistungen (Output) und welche Wirkungen bei den Zielgruppen (Outcome) angestrebt werden. Die Wirkung auf die Regionalwirtschaft (Impact) dient dabei immer als Leitgedanken. Die Wirkungsmodelle werden als Steuerungs- und Controllinginstrumente genutzt und bilden die Grundlage für die Berichterstattung.

Die Projektförderung mit flankierenden Massnahmen ergänzen: Die NRP soll in erster Linie dazu dienen, im Rahmen kantonaler und überkantonaler Programme konkrete Projekte zu fördern. 85 Prozent der Mittel sollen daher auch in Zukunft in diese Programme fliessen. Für die Nutzung von Synergien mit anderen Sektoralpolitiken, die Kommunikation und den Wissenstransfer sind jedoch auch weiterhin

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flankierende Massnahmen nötig. Diese sollen sich auf insgesamt 15 Prozent der Mittel beschränken.

Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Weiterführungen und Neuerungen im MJP3 2024­2031 im Vergleich zum Vorgängerprogramm zusammen.

Tabelle 10 Weiterführungen und Neuerungen im MJP3 2024­2031 der NRP Weiterführungen

Bemerkungen

Wirtschaftspolitische Zielsetzung

NRP als wirtschaftliches Förderinstrument mit Fokus auf Innovationen, Wertschöpfung und Arbeitsplätze

Wirkungsbereich

Ländlicher Raum, Berggebiete, Grenzregionen

Thematische Förderschwerpunkte

Wertschöpfungssysteme Industrie und Tourismus, Querschnittsthema Digitalisierung

Wichtigste Instrumente Nicht rückzahlbare Beiträge, Darlehen für Infrastrukturvorhaben Aufgabenteilung Bund Ausgeprägte dezentrale Umsetzung als Erfolgsfaktor ­ Kantone Förderkriterien

Beitrag an die wirtschaftliche Regionalentwicklung durch Innovation, Wertschöpfungsorientierung, Anschubfinanzierung

Mehrjahresprogramm über acht Jahre

Mehrjahresprogramm 2024­2031 mit zwei vierjährigen Botschaftsperioden (2024­2027; 2028­2031)

Flankierende Massnahmen

Kohärente Raumentwicklung, Sonderprogramme, Aufbau und Vermittlung von Wissen und Erfahrungen

Neuerungen

Bemerkungen

Nachhaltige Entwicklung stärken

Neues Querschnittsthema mit Zielen und Indikatoren

Exportbasisansatz ergänzen

Lokale, innovative Wirtschaft als neues Querschnittsthema

Infrastrukturförderung Möglichkeit zur Finanzierung spezieller, kleiner flexibilisieren Infrastrukturvorhaben mit nicht rückzahlbaren Beiträgen

4.3.2

Projektförderung

Das Mehrjahresprogramm 2024­2031 baut wie die Vorgängerprogramme auf Förderinhalte, thematische Förderschwerpunkte und Querschnittsthemen auf. Industrie und Tourismus bleiben die zentralen Wertschöpfungssysteme der NRP. Digitalisierung, Nachhaltigkeit und lokale Wirtschaft sind wichtige Querschnittsthemen (Beitrag zu den Zielen 2, 3 und 4 der Dachstrategie Standortförderung).

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Abbildung 5 Förderinhalte, Förderschwerpunkte und Querschnittsthemen

Förderinhalte Wissenstransfer und Innovationsunterstützung für KMU fördern: Wissenstransfer und Innovationsförderung stellen in der Regionalpolitik als zentrale Wettbewerbsfaktoren eine Priorität dar. Während KMU in Ballungsräumen bei ihren Innovationsaktivitäten von Agglomerationsvorteilen profitieren (grosse Dichte an potenziellen Zulieferbetrieben und Produzentendiensten, qualitativ hochstehender Arbeits- und Absatzmarkt, verfügbares hochwertiges Wissen und Know-how), fallen letztere im ländlichen Raum geringer aus. KMU in ländlichen Räumen haben deshalb andere Unterstützungsbedürfnisse als zentrumsnahe KMU. Die Konzeption der NRP mit ihrem integralen Verständnis von Innovation ­ das über das wissenschafts- und technologiebasierte Verständnis hinausgeht und etwa auch Innovationen organisatorischer Art umfasst, die zu Wertschöpfung in Regionen und Unternehmen führen ­ erlaubt es, für Regionen massgeschneiderte Unterstützungsangebote bereitzustellen. Adressat ist in erster Linie die Privatwirtschaft, Innovation aufseiten der öffentlichen Hand kann ebenfalls einen Beitrag zur regionalen Wettbewerbsfähigkeit leisten.

Vor diesem Hintergrund umfasst dieser Förderinhalt auch die Leistungsangebote und Projektinhalte, die insbesondere im Rahmen der Regionalen Innovationssysteme (RIS) unterstützt werden. Projektinhalte umfassen z. B. den Einsatz von Coaches, die den KMU Innovationspotenziale aufzeigen, Kontakte vermitteln oder die Realisierung von Innovationsprojekten begleiten, wie auch überbetrieblich orientierte Leistungsangebote zur Verbesserung der Rahmenbedingungen, Fachkräfteinitiativen oder die Förderung der Kooperation und Vernetzung. In diesem Zusammenhang ist die 78 / 124

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Abstimmung der Innovationsförderung auf regionaler Ebene im Rahmen der NRP mit den Aktivitäten des Bundes zur Ausschöpfung des Innovationspotentials auf nationaler Ebene (insbesondere Innosuisse) ein wichtiger Faktor.

Qualifizierung der regionalen Arbeitskräfte sowie der Akteurinnen und Akteure fördern: Der intensive Standortwettbewerb zwingt die Unternehmen zu laufenden Produktivitätsfortschritten und zu einer verstärkten Innovationstätigkeit. Dieser Druck ist auch auf Arbeitsmärkten im ländlichen Raum und Berggebiet spürbar. Der Bedarf an solide ausgebildeten Fachkräften und die Bedeutung von regelmässiger Weiterbildung nehmen auch hier laufend zu. Abwanderung und demografische Entwicklungen entziehen den betreffenden Arbeitsmärkten gleichzeitig wertvolle Fachkräfte. Ebenso droht ein Mangel an qualifizierten Entscheidungsträgern in Behörden und regionalen Institutionen. Unternehmen und Regionen müssen sich deshalb aktiv um die Qualifizierung des regionalen Humankapitals bemühen, um damit die Voraussetzung für dessen effizientere Nutzung zu verbessern.

Aus NRP-Sicht denkbare Projektinhalte sind bspw. arbeitsmarktliche Potenzialanalysen, der Aufbau von Netzwerken, die Konzipierung oder Implementierung von für die regionale Wirtschaft massgeschneiderten Weiterbildungsangeboten und Fachkräfteinitiativen oder Programme zur Förderung des innovativen und unternehmerischen Denkens und Handelns im Bildungsbereich. Dabei sind in erster Linie Synergien mit bewährten Programmen zu nutzten (z. B. Innosuisse Startup Coaching, Innosuisse Training oder Young Enterprise Switzerland). Direkte Stellenvermittlung sowie Ausund Weiterbildungsangebote fallen nicht in den Geltungsbereich der NRP.

Unternehmerische Vernetzung und Kooperationen voranbringen: Trotz gegebener Wettbewerbsfähigkeit sind Unternehmen in den NRP-Zielgebieten nicht immer in der Lage, ihre Güter und Dienstleistungen erfolgreich abzusetzen. Häufige Ursachen sind eine nicht erreichte kritische Masse für stabile Angebote wie auch fehlende unternehmerische Kompetenzen im Umgang mit externen Vertriebsorganisationen oder allfälligen Exportrisiken. Die unternehmerische Zusammenarbeit und die Nutzung von gemeinsamen Ressourcen sowie temporärer Ressourcentausch schaffen bessere Voraussetzungen auf dem Markt und ermöglichen Skalenerträge. Die Vernetzung
zwischen Unternehmen erhöht überdies die Wahrscheinlichkeit von Innovationen. Sie kann auch als Schritt hin zur Clusterbildung mit positiven Effekten auf Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsmärkte, regionales Profil und Image dienen.

Als Projektinhalte kommen die Begleitung von Zusammenarbeitsprojekten, die Zusammenführung von KMU (Personal, Maschinen, Produktionsflächen) sowie der Aufbau von Koordinationsplattformen oder Erfahrungsaustauschgruppen in Betracht.

Wertschöpfungsketten verlängern und Lücken schliessen: Der Strukturwandel wie auch historische Entwicklungen führten in strukturschwachen und peripheren Regionen häufig zu lückenhaften Wertschöpfungsketten, was Unternehmen in diesen Räumen bislang vor besondere Herausforderungen stellte. Inzwischen erlauben es jedoch veränderte Erreichbarkeiten und Errungenschaften der Informationstechnologie solchen Unternehmen vermehrt, Wertschöpfungsketten zu schliessen. Hierbei müssen nicht zwingend anderen regionalen Akteurinnen und Akteuren Marktanteile streitig gemacht werden. Als Massnahme bietet sich z. B. an, die Wertschöpfungskette vertikal oder horizontal zu erweitern. Bei der vertikalen Erweiterung werden 79 / 124

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Wertschöpfungsanteile der vor- und/oder nachgelagerten Stufe in die eigenen Tätigkeiten integriert. Mittels horizontaler Erweiterung wird angestrebt, sogenannte Koppelprodukte zu schaffen, welche gebunden an die herkömmlichen Produkte und Dienstleistungen nachgefragt werden.

Projektinhalte umfassen die Unterstützung von Abklärungen zu Wertschöpfungsprozessen und Marktpotenzialen oder von Anstrengungen zur Ergänzung von Wertschöpfungsketten.

Wertschöpfungsorientierte Infrastrukturen und Angebote sichern und realisieren: Die NRP konzentriert sich im Infrastrukturbereich auf Vorhaben, die die Standortgunst von Regionen und Unternehmen steigern. Derartige Infrastrukturen können Defizite in Bezug auf Erreichbarkeit und Topographie kompensieren helfen sowie als räumliche Ankerpunkte für Netzwerke und Kooperationen dienen. Teilweise werden Infrastrukturen auch gezielt erstellt und betrieben, um natürliche Wertschöpfungspotenziale zu nutzen. Darunter kann auch touristische Infrastruktur fallen, die als Voraussetzung zur Inwertsetzung von landschaftlicher Attraktivität dient. Dabei ist der Natur- und Landschaftsverträglichkeit der Infrastruktur entsprechendes Gewicht beizumessen, und selbstverständlich kommt bei Infrastrukturvorhaben das ordentliche planungs- und umweltrechtliche Instrumentarium zur Anwendung.

Infrastrukturen weisen häufig Eigenschaften von öffentlichen und/oder meritorischen Gütern auf. Das heisst, mangels privatwirtschaftlicher Investitionsbereitschaft erweist es sich oftmals als schwierig, die Infrastruktur zu realisieren und langfristig zu betreiben. Hier kann die öffentliche Hand ein Marktversagen beheben. Als Projektinhalte kommen z. B. die Gewährung von Darlehen, nicht rückzahlbare Beiträge an kleine Infrastrukturvorhaben sowie Markt- und Machbarkeitsabklärungen oder Standortevaluationen in Frage.

Thematische Förderschwerpunkte Wertschöpfungssystem Industrie Das Wertschöpfungssystem Industrie bleibt auch in den Jahren 2024­2031 eine Priorität. Angesichts des anhaltenden nationalen und internationalen Wettbewerbsdrucks müssen sich die KMU ständig weiterentwickeln und Innovationen hervorbringen, um mit der Marktentwicklung Schritt zu halten. Das gilt umso mehr für die ländlichen Räume und die Berggebiete.

Im Rahmen der NRP liegt der Fokus speziell auf den Regionalen Innovationssystemen
(RIS) als zentrale Innovationsplattformen, weshalb von 2016 bis 2023 sechs RIS unterstützt wurden. Dank den RIS profitieren zahlreiche KMU von Coachings oder werden mit wichtigen Partnern vernetzt, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

Die Evaluation des Mehrjahresprogramms der NRP und die OECD-Studie zur Innovationslandschaft in den ländlichen Räumen bestätigen die Bedeutung des RISAnsatzes. Diese Studien belegen ebenfalls, dass die RIS bei den Kantonen grundsätzlich breite Unterstützung geniessen und dass die Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen dem SECO und den Kantonen zweckmässig ist. Darüber hinaus wird darin betont, dass sich die Koordination hinsichtlich der Innovationsförderung verbessert hat, dass aber die Schnittstelle zwischen den verschiedenen Akteurinnen und 80 / 124

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Akteuren der schweizerischen Innovationslandschaft noch Potenzial aufweist. Die RIS erhalten daher auch in den Jahren 2024­2031 Unterstützung, wobei der Schwerpunkt auf der Weiterführung jener Eckwerte liegt, die den bisherigen Erfolg der RIS ausmachen. Es werden weiterhin Beiträge zur Finanzierung bestimmter Leistungen gewährt, sei es, um eine Anlaufstelle für Unternehmen zu bieten, oder für Coaching-, Cluster- oder Vernetzungsaktivitäten oder in einem beschränkten Masse auch für Steuerungs- und Entwicklungsaktivitäten. Ferner haben sich die in der vorherigen Periode festgelegten Wirkungsindikatoren bewährt, weshalb sie weiterhin verwendet werden, um eine transparente Finanzierung sicherzustellen.

Für die Periode 2024­2031 ist vorgesehen, dass die NRP die RIS zudem bei den «thematischen Vertiefungen», beispielsweise bei den Themen Nachhaltigkeit, touristische und soziale Innovation, digitale Transformation, nachhaltige Ernährungssysteme, und bei Zusammenarbeitsprojekten unterstützen kann. Experimentelle Projekte sollen ebenfalls gefördert werden.

Schliesslich wird es auch möglich sein, unternehmerische Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu unterstützen, sofern sie mehrere Unternehmen einschliessen. Dabei können mehrere voneinander unabhängige Unternehmen wesentlich zum Inhalt und zur Finanzierung des Projekts beitragen. Damit ein überbetriebliches Projekt Unterstützung erhält, muss es allerdings einen wirtschaftlichen Mehrwert für die Region bieten.

Praxisbeispiel Industrie/Innovation: «Zentralschweiz Innovativ»109 Die sechs Zentralschweizer Kantone (LU, NW, OW, SZ, UR, ZG) betreiben mit dem Verein InnovationsTransfer Zentralschweiz (ITZ) und dem Einsatz von NRP-Geldern das RIS «zentralschweiz innovativ». Dieses RIS unterstützt Unternehmen, ihre Ideen ­ seien es neue Produkte, Dienstleistungen, Geschäftsmodelle oder Prozessverbesserungen ­ hin zu marktreifen Innovationen zu entwickeln.

Dabei können KMU und Startup-Unternehmen bspw. kostenlose CoachingStunden, Patent- und Technologierecherchen, aber auch Netzwerk- und Sensibilisierungsaktivitäten beanspruchen. Innovative Ideen werden gemeinsam vorangetrieben, Kooperationspartner und Fördermittel gesucht, Machbarkeiten, Marktpotenziale und gesetzliche Rahmenbedingungen abgeklärt sowie erste Prototypen gebaut.

Wertschöpfungssystem Tourismus
Dem Tourismus kommt in den Zielgebieten der NRP eine hohe Bedeutung zu. Er bildet deshalb auch im MJP3 2024­2031 einen thematischen Förderschwerpunkt. Der Bund unterstützt damit den Strukturwandel mit dem Ziel, die einzelnen Destinationen wettbewerbsfähiger und das Tourismusland Schweiz insgesamt gegenüber dem internationalen Umfeld konkurrenzfähiger zu machen. Die Entwicklung in den letzten Jahren hat allerdings gezeigt, dass die Herausforderungen mit der Frankenstärke, der Zweitwohnungsinitiative und der Covid-19-Pandemie für die Tourismuswirtschaft besonders stark gestiegen sind.

109

Zentralschweiz Innovativ, www.itz.ch.

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Durch die Förderung von Kooperationen, attraktiven Infrastrukturen sowie innovativen und gut qualifizierten Leistungsträgern können sich Destinationen und Regionen mit ihren spezifischen Angeboten auf dem Markt strategisch positionieren. Damit wird insbesondere auch die Resilienz im Hinblick auf künftige Herausforderungen gestärkt.

Im Rahmen der NRP unterstützt der Bund die Qualitäts- und Produkteentwicklung zur Verlängerung der Wertschöpfungsketten im Tourismus. Unterstützt wird die Entwicklung marktfähiger Tourismusprodukte und -dienstleistungen wie Erlebnis-Packages, Indoor-/Outdoor-Aktivitäten oder Markenentwicklungsprozesse. Neue, innovative Produkte und Angebote generieren zusätzliche Einkommensmöglichkeiten.

Projekte können z. B. Analysen zu Wertschöpfungsprozessen und Marktpotenzialen oder Bündelungen von Angeboten zu erweiterten Wertschöpfungsketten umfassen.

Mit Kooperationen und überbetrieblicher Vernetzung sowie Umstrukturierungen von Tourismusorganisationen werden verschiedene Leistungserbringer und Beherbergungsbetriebe auf Destinationsebene dabei unterstützt, die Nachteile der oft kleinstrukturierten Tourismuswirtschaft abzubauen. Im Vordergrund stehen Projektansätze wie branchenübergreifende Kooperationen, Projekte zur gemeinsamen Nutzung von strategischen Ressourcen sowie Koordinations- oder Marketingplattformen.

Der sich intensivierende Standortwettbewerb zwingt die Unternehmen zu laufenden Produktivitätsfortschritten und zu einer verstärkten Innovationstätigkeit. Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind dabei regional verfügbare, gut qualifizierte Arbeitskräfte sowie innovative Unternehmerinnen und Unternehmer. Mit Qualifizierungsmassnahmen und Coachings von touristischen Leistungsträgern wie z. B. der Entwicklung von Weiterbildungsangeboten, mit Coachings für touristische Leistungstragende oder durch Programme zur Förderung des Unternehmertums kann die NRP diese Entwicklungen gezielt unterstützen.

Wertschöpfungsorientierte Infrastrukturen von Tourismusdestinationen müssen eine «Basis» bilden, auf der sich Destinationen entwickeln können, oder das bestehende Angebot als Teil der touristischen Wertschöpfungskette substanziell ergänzen. Die einzelnen Vorhaben müssen innovativ und wertschöpfungsorientiert sein, aber auch abgestimmt mit den Vorgaben für eine nachhaltige Entwicklung. Förderfähig
sind bspw. prioritäre Infrastrukturen auf Destinationsebene wie touristische Transportanlagen, Thermalbäder, Kongressinfrastrukturen, Sporteinrichtungen von überregionaler Bedeutung oder Indoor-Anlagen. Im Bereich der Beherbergungswirtschaft kann die NRP öffentlich zugängliche Seminareinrichtungen, Wellness- oder Sportanlagen von Hotelbetrieben unterstützen, welche ein relevantes Angebot auf Destinationsebene darstellen.

Die Kantone müssen über aktuelle Seilbahnkonzepte verfügen, um Bergbahnen oder Beschneiungsanlagen fördern zu können. Das SECO hat zuhanden der Kantone entsprechende Leitlinien erlassen.

Praxisbeispiel Tourismus: Mountain Hub Adelboden Der im Tourismusbüro integrierte «Mountain Hub Adelboden» ist eine Begegnungszone für Gäste, lokale Leistungsträger und das Gewerbe. Kurse und Weiter82 / 124

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bildungsangebote machen den Mountain Hub zu einem attraktiven, pulsierenden Ort, wo Wissen und persönliche Erfahrungen aus dem Tourismus geteilt werden.

Projektentwicklerinnen und Projektentwickler verschiedener Branchen, Coworkerinnen und Coworker, Zweitwohnungsbesitzende, Feriengäste, das lokale Gewerbe und andere Leistungstragende beziehen einen fixen oder variablen Arbeitsplatz und profitieren im gegenseitigen Austausch voneinander. Das Projekt ist ein Pilot, welcher schweizweite Grundlagen für weitere ähnliche Projekte in den Berggebieten schafft. Es dient als Motor für lokale touristische Leistungstragende, für die Steigerung der Gästezahl insbesondere in der Zwischensaison und für die Verlängerung der Aufenthaltsdauer der Gäste.

Weitere Wertschöpfungssysteme Für eine NRP-Förderung kommen auch Projekte aus weiteren Wertschöpfungssystemen in Betracht, so namentlich der Agrar- und Waldwirtschaft, der Energiewirtschaft, der Bildungs- und Gesundheitswirtschaft oder der Kreativwirtschaft. Die NRP kann mit ihrer Wertschöpfungs- und Innovationsorientierung wichtigen Zusatznutzen für derartige Wertschöpfungssysteme in Berggebieten, den ländlichen Räumen und den Grenzregionen schaffen. Da jeder Kanton und jede Region über unterschiedliche Potenziale verfügt, stehen aus der regionalen Perspektive jeweils andere Wertschöpfungssysteme im Förderfokus. Bei Projekten in räumlich wirksamen Wertschöpfungssystemen ist die Frage der Kohärenz mit anderen sektoralen Politiken und Instrumenten auf Bundes- und Kantonsebene besonders relevant. Die flankierenden Massnahmen (vgl. Ziff. 4.3.3) der NRP tragen besonders in solchen Wertschöpfungssystemen dazu bei, die räumliche und inhaltliche Kohärenz und damit das Wertschöpfungspotenzial zu stärken. Wie alle Projekte der NRP müssen auch die Vorhaben in «weiteren Wertschöpfungssystemen» aufzeigen, wie sie einen Beitrag an die regionalwirtschaftliche Entwicklung leisten.

Querschnittsthemen Digitalisierung: Die NRP legt im Rahmen des MJP3 2024­2031 weiterhin einen Fokus auf die Digitalisierung. Sie steht damit im Einklang mit der Strategie «Digitale Schweiz» und der Tourismusstrategie des Bundes (vgl. Ziff. 4.1.4). Mit ihren Investitionen und Aktivitäten im Bereich Digitalisierung trägt die NRP insbesondere zur Erreichung des Ziels 4 «Chancen der Digitalisierung nutzen»
der Standortförderung des Bundes bei (vgl. Ziff. 1.2.1).

Die NRP setzt in den Regionen Impulse bei der digitalen Transformation, indem sie regionale Projekte mit Digitalisierungsbezug mitfinanziert. Die unterstützten Projekte und Aktivitäten sollen die (digitale) Wettbewerbsfähigkeit einer Region, deren Akteurinnen und Akteure sowie deren Unternehmen stärken. Die NRP kann im Bereich Digitalisierung z. B. Vorstudien und Strategiearbeiten, innovative Projekte wie neue Geschäftsmodelle und neue Angebote oder Kooperationen unterstützen. In Bezug auf Infrastrukturen kommt unter gewissen Bedingungen die Förderung von Coworking Spaces in Frage, oder auch die Mitfinanzierung von Vorarbeiten im Zusammenhang mit digitalen Erschliessungen oder mit deren Nutzbarmachung.

Vorwiegend über die Wissens- und Netzwerkplattform regiosuisse stellt die NRP den regionalen Akteurinnen und Akteuren relevante Informationen zu Digitalisierungs83 / 124

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themen zur Verfügung ­ via Webseite oder in Form von Veranstaltungen und Qualifizierungsangeboten. Diese ermöglichen es ihnen, sich auszutauschen und sich zu vernetzen sowie sich weiterzubilden. Akteurinnen und Akteure im alpinen Tourismus bspw. stehen vor der Herausforderung, die neuen digitalen Möglichkeiten zu nutzen.

Fähigkeiten und Wissen sind Schlüsselressourcen, um der zunehmenden Komplexität der digitalen Prozesse zu begegnen. Projekte rund um digitale Kompetenzen sind mit der NRP ebenfalls förderbar.

Auch im Rahmen der Innovationsförderung durch die Regionalen Innovationssysteme (RIS) behandelt die NRP Aspekte der Digitalisierung (z. B. beim Coaching und den überbetrieblichen Plattformen) und treibt damit die digitale Transformation voran.

KMU, die gerade auch im Zielgebiet der NRP breit vertreten sind, machen den Grossteil der Wirtschaftslandschaft der Schweiz aus. Die digitale Transformation bei diesen Unternehmen ist ein wichtiges Element, um die Regionen wettbewerbsfähig zu machen und zu halten.

Daten und Statistiken sollen einfach zugänglich sein, um Mehrwerte durch deren Anwendung zu schaffen, wie z. B. die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen basierend auf den Erkenntnissen von Datenanalysen. Die NRP stellt zum Thema Daten Wissen zur Verfügung, ermöglicht Vernetzung und kann entsprechende Projekte unterstützen.

Praxisbeispiel: Data & Content Hub Region Luzern-Vierwaldstättersee Mit dem «Data & Content Hub LUV» wird die gemeinsame Nutzung der Daten und des digitalen Contents der Region über die Grenzen der einzelnen Organisationen und Unternehmen hinweg ermöglicht. Der Data & Content Hub dient als gemeinsame Plattform für verschiedene Anwendungen (Apps, Websites usw.), welche die Tourismusorganisationen und Leistungsträger der Region entwickeln und betreiben. Weiter dient diese Plattform dazu, die Daten und den Content der Region über offene Schnittstellen für globale Plattformen und weitere Anwender sichtbar, zugänglich und nutzbar zu machen («Open Data»). Zudem wird im Front-End die Vision einer Plattform für eine Erlebnisregion Luzern-Vierwaldstättersee angestrebt.

Nachhaltige Entwicklung: Die nachhaltige Entwicklung nimmt in allen thematischen Förderschwerpunkten der NRP eine wichtige Rolle ein (vgl. Ziff. 4.1.5). Die Herausforderung besteht einerseits darin, den
Anforderungen und Erwartungen einer nachhaltigen Regionalentwicklung proaktiv zu begegnen und damit entsprechende Risiken zu reduzieren. Andererseits geht es für die NRP darum, Opportunitäten und Chancen zu erkennen, die sich für die wirtschaftliche Entwicklung der verschiedenen Regionen der Schweiz eröffnen. Akteurinnen und Akteure, die eine nachhaltige Entwicklung als entscheidenden Zukunfts- und Wettbewerbsfaktor für ihre Unternehmen, Regionen und Gemeinden erkannt haben, sollen von der NRP gezielt und niederschwellig unterstützt werden können. Im Vordergrund steht die Aktivierung der Innovationskraft von Akteurinnen und Akteuren und deren Nutzung für Ideen und Projekte, die positive regionalwirtschaftliche Wirkung haben und gleichzeitig auch Beiträge leisten

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an die ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, denen die ländlichen Räume, die Berggebiete und die Grenzregionen heute gegenüberstehen.

Die Operationalisierung der nachhaltigen Entwicklung geschieht im MJP3 2024­ 2031 nicht mittels Nachhaltigkeitsüberlegungen und -beurteilungen auf Programmebene. Vielmehr werden konkrete Nachhaltigkeitsziele in den Wirkungsmodellen der NRP-Umsetzungsprogramme verankert und entfalten damit entlang der wirtschaftlichen Potenziale, Schwerpunkte und Gegebenheiten der jeweiligen Regionen ihre entsprechende Wirkung.

Lokale Wirtschaft: Die lokale Wirtschaft («économie résidentielle», «économie présentielle») ist insbesondere ausserhalb der urbanen Zentren ein wichtiger Faktor der regionalwirtschaftlichen Entwicklung, auch wenn sie keine direkten Finanzflüsse von aussen in eine Region generiert. Ergänzend zum Exportbasisansatz können daher Projekte der lokalen Wirtschaft unterstützt werden (vgl. Ziff. 4.3.1). Auch Projekte der lokalen Wirtschaft müssen zu den Zielen der wirtschaftlichen Entwicklung der Region beitragen und überbetrieblich ausgerichtet sein. Oft enthalten «lokale, wirtschaftliche Projekte» auch (exportorientierte) touristische oder industrielle Komponenten. Aufgrund der stark gestiegenen Mobilität von Gütern, Dienstleistungen und Kapitel, aber gleichzeitig auch der Konsumentinnen und Konsumenten, sind Angebote von Industrie, Handwerk und Tourismus nie ausschliesslich lokal. Entsprechend ist die lokale Wirtschaft in der NRP ein Querschnittsthema: ein Angebot kann dazu beitragen, Exporteinnahmen zu generieren, gleichzeitig aber auch lokale Kreisläufe stärken. Solche Bestrebungen, geschaffene Wertschöpfung verstärkt in der Region zu behalten bzw. Ausgabenströme aus der Region zu vermindern, können insbesondere in peripheren Regionen unterstützt werden.

4.3.3

Flankierende Massnahmen

Die Mitfinanzierung und Unterstützung konkreter Projekte der regionalwirtschaftlichen Entwicklung bildet den Kern der NRP. Für die zielgerichtete Vorbereitung und wirkungsorientierte Umsetzung dieser Projekte braucht es jedoch auch flankierende Massnahmen. Über die NRP werden daher auch der Wissensaufbau- und die Wissensverbreitung unterstützt sowie Programme und Projekte an Schnittstellen mit anderen räumlichen Politiken und in Regionen mit besonderen Problemen gefördert und begleitet. Mit diesen Beiträgen zu den Zielen 1 und 2 der Dachstrategie Standortförderung (vgl. Ziff. 1.2.1) leistet die NRP einen wesentlichen Beitrag an die kohärente, nachhaltige Regionalentwicklung.

Mit der Wissens- und Netzwerkplattform regiosuisse110 wurde ein integrales Wissensmanagement aufgebaut, welches auch die Qualifizierung der kantonalen und regionalen Akteurinnen und Akteure sicherstellt. Die Netzwerkstelle bereitet Wissen zur Regionalentwicklung auf und macht es der Allgemeinheit zugänglich. Sie vernetzt Akteurinnen und Akteure und bietet Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen an. In den Jahren hat sich regiosuisse als wichtiger Katalysator für eine effektive Umsetzung der NRP etabliert und weiterentwickelt. Entsprechend behält die 110

www.regiosuisse.ch.

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Netzwerkstelle auch 2024­2031 ihre Wichtigkeit als breite Wissensplattform zur Regionalentwicklung. Neben der Aufarbeitung von NRP-Spezialthemen fördert die regiosuisse auch die Einbettung der NRP in die kohärente Raumentwicklung, z. B. in dem sie Übersichten über verschiedene Förderinstrumente liefert. Dabei werden die Empfehlungen aus der Zwischenevaluation111 mit einbezogen und z. B. das Kernangebot neu definiert und die Leistungen zur kohärenten Raumentwicklung weiter geklärt.

Die NRP ist eine raumrelevante Politik mit Projekten, die sich oftmals auch direkt auf den Raum auswirken. Eine gute Abstimmung mit anderen räumlichen Politiken, eine «kohärente Raumentwicklung», ist daher wichtig. Im Rahmen der flankierenden Massnahmen wirkt die NRP gemeinsam mit anderen Aktivitäten, die Raum beanspruchen.

Schnittstellen zu anderen Politiken werden dabei aktiv bearbeitet, etwa im Rahmen der Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung112. Die NRP ist ein wichtiger Baustein der Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete (P-LRB) des Bundes und trägt auch zur Agglomerationspolitik bei, den beiden übergeordneten Politiken zur kohärenten Raumentwicklung, die auf dem Raumkonzept Schweiz113 basieren und 2024 in eine neue Phase starten (vgl. Ziff. 4.1.3).

4.3.4

Interreg / Europäische territoriale Zusammenarbeit

Die Schweiz nimmt im Rahmen der NRP an verschiedenen grenzübergreifenden Interreg-Programmen der Europäischen Union sowie an der Makroregionalen Strategie für den Alpenraum (EUSALP) teil. Diese Instrumente sind Teil der EU-Kohäsionspolitik. Evaluationen zur Schweizer Teilnahme an Interreg114 haben die Wichtigkeit dieser Teilnahme bestätigt. Der Bund wird die Teilnahme an den Interreg-Programmen daher auch weiterhin über die NRP unterstützen. Die Interreg-Projekte tragen insbesondere zu Ziel 2 «Regionen stärken», Ziel 3 «Zur nachhaltigen Entwicklung beitragen» und Ziel 4 «Chancen der Digitalisierung nutzen» der Dachstrategie der Standortförderung bei (vgl. Ziff. 1.2.1). Auf EU-Seite wurde das Ziel der nachhaltigen Entwicklung für die Periode 2021­2027 zusätzlich aufgewertet.

Für Interreg VI 2021­2027 stellt der Bund im Rahmen der NRP gut 56 Millionen Franken zur Verfügung, die Kantone leisten in den verschiedenen Programmen jeweils mindestens äquivalente Beiträge.

111

SECO (2019): Regional- und Raumordnungspolitik: Zwischenevaluation der Netzwerkstelle Regionalentwicklung regiosuisse ­ Management Response und Schlussbericht, abrufbar unter www.regiosuisse.ch > Download.

112 Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung, www.modellvorhaben.ch.

113 Schweizerischer Bundesrat, KdK, BPUK, SSV, SGV (2012): Raumkonzept Schweiz, abrufbar unter www.are.admin.ch > Raumentwicklung & Raumplanung >Strategie und Planung > Raumkonzept Schweiz.

114 B,S,S. Volkswirtschaftliche Planung und evaluanda (2018): Evaluation der Schweizer Teilnahme an Interreg sowie Infras (2018): Teilevaluation der Interreg V B-Programme Alpenraum und Nordwesteuropa.

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4.3.5

Umsetzung Projektförderung

Die Projektförderung erfolgt im Rahmen von mehrjährigen Umsetzungsprogrammen, die auf kantonaler oder überkantonaler Ebene erarbeitet werden. Gestützt auf die Vorgaben des Bundes erarbeiten die Kantone zusammen mit ihren Entwicklungsträgern, regionalen Geschäftsstellen oder anderen regionalen Akteurinnen und Akteuren gemäss Artikel 15 BRP kantonale oder überkantonale Umsetzungsprogramme (UP) und aktualisieren diese periodisch. Das Kernelement der UP sind die Wirkungsmodelle (vgl. Ziff. 4.4). In diesen werden die Ziele des Programms auf drei Ebenen abgebildet: die konkreten Resultate der Projekte (Output), ihre Wirkung auf die Zielgruppen (Outcome) und die regionalwirtschaftliche Wirkung (Impact), welche dadurch angestossen werden soll. Gestützt auf diese Programme schliesst der Bund mit den Kantonen mehrjährige Programmvereinbarungen (PV) ab (Art. 16 BRP) ab. Die UP und PV weisen in der Regel eine Laufzeit von vier Jahren auf. Die PV bilden die Grundlage für einen pauschal bemessenen Beitrag des Bundes.

In der PV werden auch Anforderungen an die Wirkungsmessung und Berichterstattung festgelegt. Der Prozess der Planung und der Berichterstattung wurde in den letzten Jahren verschlankt und digitalisiert. Die jährliche Berichterstattung wird so vereinfacht und Auswertungen werden erleichtert.

Mit der Zwischenbilanz nach vier Jahren und der Schlussevaluation der Wirksamkeit der Massnahmen nach acht Jahren schliessen sich die Zyklen. Für die Teilnahme an Interreg-Programmen der EU werden die jeweiligen «Operationellen Programme» als UP anerkannt. Die Programmvereinbarungen sind in diesem Fall abgestimmt auf die EU-Förderperioden und erstrecken sich über sieben Jahre.

Die konkreten Projektanforderungen und Ausschlussprinzipien basieren auf den Zielsetzungen und Kriterien gemäss den Artikeln 4­7 BRP. Die Projektselektion liegt in der Verantwortung der Kantone. Der Bund unterstützt die Kantone mit einer Arbeitshilfe, in welcher die jeweiligen Anforderungen und Prinzipien erläutert werden. Die Kantone legen in den Umsetzungsprogrammen dar, wie sie die Projektselektion vornehmen.

4.3.6

Finanzen

Die NRP wird gemäss Artikel 21 BRP aus dem Fonds für Regionalentwicklung finanziert. Dessen Finanzierungsmechanismus ist in der Botschaft vom 16. November 2005115 über die Neue Regionalpolitik (NRP) erläutert. Das nominale Fondsvermögen wird per Ende 2023 auf ca. 1,1 Milliarden Franken geschätzt. Dies bedeutet eine Reduktion des nominalen Fondswerts seit Anfang 2008 um rund 130 Millionen Franken bzw. rund 8 Millionen Franken jährlich.

Gemäss Artikel 22 des BRP bewilligt die Bundesversammlung mit einfachem Bundesbeschluss einen auf acht Jahre befristeten Zahlungsrahmen für weitere Einlagen in den Fonds. Der Bundesrat schlägt für 2024­2031 Neueinlagen in Höhe von 217,3 Millionen Franken vor (reduziert um 12,7 Mio. CHF gegenüber den früheren 115

BBl 2006 231 S. 269 ff.

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Achtjahresperioden 2008­2015 und 2016­2023), d. h. budgetwirksame Jahresbeiträge von durchschnittlich rund 27 Millionen Franken.

Demgegenüber sieht der Bundesrat für die Periode 2024­2031 folgende finanziellen Leistungen vor, die aus dem Fonds für Regionalentwicklung finanziert werden: ­

Darlehen: maximal 400 Millionen Franken (d. h. 50 Mio. CHF/Jahr; Richtgrösse unverändert im Vergleich zu den vorangegangenen Programmperioden);

­

A-fonds-perdu-Beiträge: maximal 400 Millionen Franken (d. h. 50 Mio.

CHF/Jahr; entspricht einer Erhöhung der Richtgrösse um 25 %).

Der erhöhte Mittelbedarf bei den A-fonds-perdu-Leistungen ist durch die Weiterentwicklung der NRP begründet: die neuen Finanzierungsbeihilfen für kleine Infrastrukturvorhaben, die Ausweitung der NRP auf die lokale Wirtschaft und die verstärkte Orientierung an der SNE 2030 lassen einen Mittelmehrbedarf der kantonalen und überkantonalen NRP-Programme von 15­25 Prozent erwarten.

Die Erhöhung der A-fonds-perdu-Richtgrösse auf 400 Millionen Franken wird den Reserven des Fonds für Regionalentwicklung entnommen. Dies könnte bei voller Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Mittel einen Abbau des Fondswerts von jährlich maximal rund 21 Millionen Franken zur Folge haben. Die gegenwärtig im Fonds vorhandenen liquiden Mittel erlauben derartige Entnahmen, die das Bundesbudget nicht belasten.

Tabelle 11 in Mio. CHF

Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung nominal in Mia. CHF

Entwicklung des Fonds für Regionalentwicklung nominal in Mia. CHF

Entwicklung der Liquidität des Fonds für Regionalentwicklung

2024­2031 Antrag

2016­2023 Bundesbeschluss

Geplante Ausgaben 2024­2031

Geplante Ausgaben pro Jahr

217,30

230,00

400,00

50,00 max. 22,84

2008 Beginn MJP1 2008­2015

2015 Ende MJP1 2008­2015

2023 Ende MJP2 2016­2023 (Schätzung)

2031 Abnahme Ende MJP3 Fondswert seit 2024­2031 2008 (Schätzung)

1,24

1,19

1,11

2008 Beginn MJP1 2008­2015

2015 Ende MJP1 2008­2015

2023 Ende MJP2 2016­2023 (Schätzung)

0,26

0,44

0,53

0,93

Abnahme Fondswert pro Jahr

­0,31

2031 Zunahme Ende MJP3 Fondsliquidität 2024­2031 seit 2008 (Schätzung)

0,35

0,09

Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hat 2022 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung von Tourismusinfrastrukturprojekten der Neuen Regionalpolitik abgeschlossen 88 / 124

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(EFK-20028). Sie kommt dabei zum Schluss, dass die Höhe des Fonds in keinem ausgewogenen Verhältnis zum laufend abnehmenden Bedarf nach diesen Mitteln stehe. Die EFK hat dem SECO empfohlen abzuklären, wie der Fonds entsprechend angepasst werden kann. Zur Möglichkeit, den Liquiditätsbestand des Fonds durch vermehrte A-fonds-perdu-Beiträge zur verringern, äussert sich die Prüfung nicht. Das SECO teilt diese Einschätzung nicht, weil von der Prüfung der Tourismusinfrastrukturprojekte (Darlehen) nicht auf den ganzen Fonds geschlossen werden kann.

Die EFK-Prüfung der Tourismusinfrastrukturen hat ergeben, dass die hohen Betriebskosten ein langfristiges Risiko und eine hohe Belastung der öffentlichen Hand darstellen können. Gemäss EFK läuft die NRP damit Gefahr, Fehlanreize zu setzen. Die EFK hat im Rahmen ihrer Prüfung daher empfohlen, den Aspekt der längerfristigen wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Projektträger bei der Mittelvergabe für Tourismusinfrastrukturprojekte stärker zu verankern und damit entsprechende Risiken zu minimieren. Die NRP kommt diesem Anliegen in den gemeinsam mit den kantonalen NRP-Fachstellen vereinbarten Ausführungsbestimmungen nach.

4.3.7

Controlling und Evaluation

Die NRP ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Kantonen. Die Wirkungsmodelle auf Programmebene (vgl. Ziff. 4.4) sind das zentrale Instrument für die Steuerung und das Controlling der NRP und damit auch für deren Wirkungsmessung und Evaluation. Sie werden ex ante festgelegt und zeigen auf, welche Ziele erreicht werden sollen und welche Indikatoren durch die Umsetzung der NRP auf Bundes- und Kantonsebene beeinflusst werden können.

Der Fokus beim Controlling liegt auf den Wirkungsebenen Output und Outcome, da die angestrebte langfristige Entwicklung (Impact) in den Zielgebieten der NRP von zahlreichen externen Effekten beeinflusst wird. Die Zielerreichung auf Output- und Outcome-Ebene wird in regelmässigen, protokollierten Gesprächen zwischen Bund und Kantonen thematisiert und in einem IT-basierten Controlling-Tool festgehalten.

Mit Abschluss der vierjährigen Programmperiode rapportiert jedes Programm in einem Schlussbericht über die Umsetzung seiner Ziele und die Verwendung der Bundes- und Kantonsmittel.

4.4

Wirksamkeit der NRP

Die konsequent wirkungsorientierte Umsetzung der NRP, die Bund und Kantone ab 2016 auf allen Vollzugsebenen eingeführt haben, bewährt sich. Der Bund gibt auf nationaler Ebene die übergeordneten Wirkungsziele vor, die Kantone leiten daraus ihre programmspezifischen Wirkungsmodelle ab. Die Projekttragenden zeigen schliesslich auf, wie ihre Vorhaben zur Zielerreichung beitragen.

Die Wirkungsmodelle zeigen die geplante Wirkung entlang der vier relevanten Zielebenen auf. Input-Ziele beinhalten finanzielle und personelle Mittel, Output-Ziele beschreiben die direkten Projektresultate, Outcome-Ziele die Wirkungen bei den Zielgruppen und Impact-Ziele die langfristige Wirkung in der Region. Die Wirkungs89 / 124

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modelle bilden den Kern der kantonalen und überkantonalen Umsetzungsprogramme und sind Bestandteil von Programmvereinbarungen, die von Bund und Kantonen unterzeichnet werden. Den Zielen sind jeweils Indikatoren mit Zielwerten zugeordnet (Ausnahme: Impact-Ziele).

Ziele, Indikatoren und Zielwerte sind in einer Datenbank abgebildet, die den Kantonen auch für die Berichterstattung bezüglich der Umsetzung ihrer Programme zur Verfügung steht.

Die Evaluation der MJP2 2016­2023116 (vgl. Ziff. 4.1.1), sowie die Wirkungsmessungen bei 34 beispielhaften Einzelprojekten zwischen 2012 und 2020117 zeigen ein insgesamt positives Gesamtbild der Wirkung, die mit der NRP erzielt wird. Die Gesamteinschätzung für mehr als 80 Prozent der Projekte fällt mit «sehr befriedigend» oder «befriedigend» sehr positiv aus. Nur gerade 5 Projekte (15 %) wurden als insgesamt «unbefriedigend» eingestuft. Nie vergeben wurde die Note «sehr unbefriedigend».

Angesichts von mehr 1 600 NRP-Projekten alleine zwischen 2016 und 2020 deckt die Wirkungsmessung bei Einzelprojekten nur einen kleinen Teil der NRP- und InterregAktivitäten ab. Sie stellen daher kein repräsentatives Bild dar. Trotz diesen Einschränkungen in der Aussagekraft bringen die Einschätzungen einen Mehrwert zur qualitativen Beurteilung. Dies bestätigt auch die Evaluation der MJP2 2016­2023. Zudem liefern die Wirkungsmessungen Hinweise, in welchen Dimensionen noch Optimierungspotenzial besteht und welche Erfolgsfaktoren wichtig sind. Diese Erkenntnisse können wiederum für die Entwicklung neuer Projekte genutzt werden.

Für die kommende Förderperiode wird die wirkungsorientierte Umsetzung der NRP weitergeführt. Die Qualität der Wirkungsmodelle und damit die Messbarkeit der erzielten Wirkungen in den Regionen soll aber weiter verbessert werden. Die Wirkungszusammenhänge sollen nachvollziehbar dargestellt, die Zielsetzungen prägnanter und die entsprechenden Indikatoren noch leichter messbar werden. Damit dies gelingt, stellt der Bund den kantonalen Fachstellen unter anderem digitale Instrumente zur Verfügung.

4.5

Bundesbeschluss über die Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2024­2031 zur Umsetzung der NRP

Der Bundesbeschluss über die Festlegung des NRP-Mehrjahresprogramms des Bundes 2024­2031 (BB MJP 2024­2031) regelt die Förderinhalte und die Förderschwerpunkte, die für die Projektförderung der NRP (inklusive europäische territoriale Zusammenarbeit) in Betracht kommen (früher: Ausrichtung 1 der NRP). Zudem definiert er die flankierenden Massnahmen gemäss Artikel 13 BRP (früher: Ausrichtungen 2 116

SECO (Hrsg.) 2022: Unabhängige Evaluation des Mehrjahresprogramms 2016­2023 der Neuen Regionalpolitik (NRP), Evaluationsbericht mit Management Response, abrufbar unter www.improve-nrp.ch.

117 Wirkungsmessung NRP- und Interreg-Projekte, www.regiosuisse.ch > Angebote und Werkzeuge > Wirkungsmessung NRP- und Interreg-Projekte.

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und 3 der NRP). Der Bundesrat beantragt der Bundesversammlung die Genehmigung des Beschlusses.

4.6

Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung

Zur Äufnung des Fonds für Regionalentwicklung sollen in den Jahren 2024­2031 maximal 217,3 Millionen Franken zulasten der Finanzierungsrechnung des Bundes aufgewendet werden. Die jährlichen Einlagen werden der Bundesversammlung im Rahmen der Voranschläge des Bundes zur Beschlussfassung unterbreitet.

Für die Evaluation des Mehrjahresprogramms 2024­2031 gemäss Artikel 18 BRP und die Weiterentwicklung der NRP werden Mittel von höchstens 1 Million Franken aus dem Fonds für Regionalentwicklung eingesetzt.

4.7

Steuererleichterungen

Vor dem Hintergrund der Evaluation des MJP2 2016­2023 zur Umsetzung der Regionalpolitik hat das SECO die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen der nach Artikel 12 BRP gewährten Steuererleichterungen auf die Anzahl Vollzeitarbeitsplätze im Industriesektor von schweizerischen Gemeinden zwischen 2008 und 2016 untersuchen lassen.118 Die Analyse bestätigt erstmalig einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Instrument der Steuererleichterungen und einem weniger starken Rückgang der Anzahl Arbeitsplätze. Gemäss der Studie gingen die Arbeitsplätze im Industriesektor in den strukturschwachen Gebieten zwischen 2008 und 2016 zurück.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Arbeitsplatzrückgang durch das Instrument der Steuererleichterungen aber leicht abgeschwächt wurde. In den Gemeinden der Anwendungsgebiete wurden im Durchschnitt rund 30 Arbeitsplätze weniger abgebaut als in den übrigen strukturschwachen Gebieten. Die Gesamtzahl der Arbeitsplätze im Industriesektor ist in den strukturschwachen Gebieten gering. Daher ist die erwähnte absolute Abschwächung des Rückgangs verhältnismässig von hoher Bedeutung.

Damit leisten die Steuererleichterungen einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Regionen, indem sie Unternehmensansiedlungen in regionalen Zentren in ländlichen Regionen und Berggebieten unterstützen (Beitrag an Ziel 2, Aktivität 10 der Dachstrategie Standortförderung, vgl. Ziff. 1.2.1).

Im Einklang mit der Verordnung vom 3. Juni 2016119 über die Gewährung von Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik prüft das WBF einmal pro Legislaturperiode eine allfällige Änderung der Anwendungsgebiete im Rahmen des bestehenden Steuerungsmodells. Demnach wurde 2021 eine Aktualisierung vorbereitet, um die Veränderungen in den Gemeindestrukturen und aktuelle wirtschaftliche Daten 118

Dr. Thomas Kurer (2020): Regressions-Diskontinuitäts-Analyse von Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik von Januar 2020, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Berichte > Regressions-Diskontinuitäts-Analyse von Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik.

119 SR 901.022

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in die Beurteilung der Anwendungsgebiete zu integrieren. Die revidierte Verordnung ist nach Anhörung der Kantone am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. In der Legislaturperiode 2024­2027 soll das Steuerungsmodell überprüft und anschliessend die Anwendungsgebiete entsprechend aktualisiert werden. Die Resultate und allfällige Empfehlungen werden in die Botschaft über die Standortförderung 2027­2031 einfliessen.

Die Gewährung von Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik soll gemäss Botschaft vom 22. Juni 2022120 zum Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft) weiterhin zulässig sein. Eine entsprechende Berücksichtigung, d. h. Reduktion des steuerbaren Reingewinns, für die Bemessungsgrundlage ist nicht vorgesehen. Bei von der Mindestbesteuerung betroffenen Unternehmen, welche Steuererleichterungen beanspruchen, kann es daher zu einer Ergänzungssteuer kommen. Im Umfang der Ergänzungssteuer wird die Wirkung der Steuererleichterung neutralisiert. Für Unternehmen, die nicht unter die Mindestbesteuerung gemäss OECD/G20 fallen, behalten die Steuererleichterungen ihre volle Wirkung.

5

Aussenwirtschaftsförderung

5.1

Strategische Grundlagen

Die Instrumente der Aussenwirtschaftsförderung tragen insbesondere zur Stärkung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes bei (vgl. Ziff. 1.2.1, Aktivitäten 20 und 21).

Sie sind darauf ausgelegt, die Leistungsfähigkeit von exportorientierten KMU zu steigern und in der Schweiz Arbeitsplätze zu schaffen. Die Massnahmen dienen dazu, die wirtschaftliche Tätigkeit von Schweizer Unternehmen im Ausland zu erleichtern und Risiken zu verringern (Exportförderung und SERV) sowie Ansiedlungen ausgewählter ausländischer Firmen in der Schweiz zu fördern (Standortpromotion). Zentral für ein erfolgreiches Exportgeschäft oder auch für eine dauerhafte Ansiedlung in der Schweiz bleiben aber die Initiative, Leistung und die Innovationskraft der Unternehmen selbst. Die Massnahmen der Aussenwirtschaftsförderung erfolgen subsidiär zu denjenigen der Privatwirtschaft und der Kantone.

Angesichts des begrenzten Binnenmarktes sind die Schweizer Unternehmen auf ausländische Absatzmärkte angewiesen, in denen ein geregelter Handel möglich ist. Bei der Erschliessung von neuen sowie beim Ausbau von bestehenden Märkten stossen die Firmen aber vermehrt auf Exporthürden und -risiken. Die bereits vorgängig beobachteten Tendenzen zu mehr Protektionismus, Industriepolitik sowie zur Bildung von Wirtschaftsblöcken und den damit verbundenen Bestrebungen zur Durchsetzung der eigenen Regelungsansätze121 akzentuierten sich in der Folge der Covid-19-Pandemie und des Ukraine-Krieges. Nebst Informationsdefiziten zu Marktentwicklungen oder fehlenden Beziehungsnetzen umfassen die Exporthürden und -risiken daher 120 121

BBl 2022 1700 Schweizerischer Bundesrat (2021): Strategie zur Aussenwirtschaftspolitik, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Aussenwirtschaft & Wirtschaftliche Zusammenarbeit > Aussenwirtschaftspolitik > Strategie zur Aussenwirtschaftspolitik.

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vermehrt auch unterschiedliche und zum Teil rasch ändernde Regulierungen, handelsbeschränkende Massnahmen ausländischer Regierungen, politische Risiken, Unterbrüche von Transport- und Lieferketten sowie Transfer- und Währungsrisiken oder höhere Gewalt (Naturkatastrophen, kriegerische Ereignisse). Damit wird die Realisierung von Geschäften im Ausland immer komplexer und aufwändiger. Dies erhöht den Beratungs- und Unterstützungsbedarf. Dies umfasst bspw. die Erschliessung von neuen Liefer- und Beschaffungsquellen bei einer erwarteten Unterbrechung der Versorgung mit bestimmten Gütern oder Rohstoffen, die Unterstützung vor Ort bspw. bei Reiserestriktionen oder die Schaffung neuer digitaler Absatzkanäle. Gleichzeitig werden auch neue Strategien zur Risikodiversifikation benötigt. Auch könnte die Unsicherheit bezüglich Marktzugang zur EU für bestimmte Schweizer Industriesektoren ein Problem darstellen.

In zahlreichen OECD-Ländern werden vergleichbare Instrumente zur Förderung der Aussenwirtschaft eingesetzt. Vielfach ist ein Trend zu deren Ausbau festzustellen. So bieten diverse Länder staatliche Exportkredite an oder bauen ihre Aussenwirtschaftsförderung in anderen Bereichen kontinuierlich aus. Zum Teil wird Letztere auch mit Instrumenten aus der Entwicklungszusammenarbeit ergänzt.122 Damit sind exportierende Schweizer KMU vermehrt mit Herausforderungen konfrontiert.

Unterschiedliche Voraussetzungen sind zunehmend auch beim internationalen Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen festzustellen, bspw. bezüglich Anreize oder Ressourcenausstattung für die Standortvermarktung. In Verbindung mit den anhaltenden Unsicherheiten zu wesentlichen Standortfaktoren in der Schweiz, so z. B. punkto Marktzugang zur EU, stellt dies erhöhte Anforderungen an die Promotion der Schweiz als Standort für ausländische Unternehmen.

Neue Herausforderungen und Entwicklungen in den Absatzmärkten ergeben neben Risiken immer auch Chancen. So wird die Nachhaltigkeit zu einem zunehmend wichtigen Faktor im weltweiten Handel. Die internationale Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen steigt und eröffnet zusätzliche Opportunitäten für Schweizer Unternehmen. Im Rahmen von grossen ausländischen Infrastruktur- bzw.

Klimaprogrammen wie z. B. der Europäische Grüne Deal ergeben sich ebenfalls neue
Geschäftsmöglichkeiten. Digitale Kanäle zur Erschliessung von Auslandmärkten sind für viele KMU heute oftmals eine Notwendigkeit. Die zunehmende Wichtigkeit von Innovations- und Technologie-Ökosystemen bietet ebenfalls gute Chancen, den Unternehmensstandort Schweiz im internationalen Wettbewerb bestmöglich zu positionieren.

5.2

Schwerpunkt 2024­2027

Um die Subsidiarität zu gewährleisten und die Exportförderung für den Bund möglichst wirkungsvoll und kosteneffizient umsetzen zu können, hatte der Bundesrat dem Exportförderer S-GE in der Botschaft vom 20. Februar 2019123 zur Standort122

Klasen, Andreas (2019): Public Support for Infrastructure Projects, TradeRx, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Exportförderung / Standortpromotion.

123 BBl 2019 2365

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förderung 2020­2023 vorgegeben, Drittanbieter noch stärker einzubeziehen. Entsprechend bietet S-GE heute privaten Exportförderern, bilateralen Handelskammern, Verbänden und weiteren Stakeholdern verschiedene Möglichkeiten zur Koordination und zur verstärkten Zusammenarbeit an. Dies erfolgt bspw. im Rahmen eines neu etablierten Dialogformates mit der Aussenwirtschaftsgemeinschaft. Es werden heute deutlich mehr gemeinsame Projekte ausgeführt und die Exportförderung ist insgesamt breiter abgestützt und verankert.

Dies ist auch Ausdruck des sogenannten Team-Switzerland-Ansatzes (vgl. Ziff. 1.2.1, Aktivität 23). Dieser sieht eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Verbänden, Bundesstellen und Förderinstrumenten vor, welche je nach Projekt unterschiedliche Akteurinnen und Akteure integriert. Dieser Netzwerk-Ansatz soll künftig in unterschiedlichen Aktivitätsfeldern noch stärker angewandt werden, wie z. B. beim Zugang der Schweizer Exporteure zu grossen ausländischen Infrastrukturprojekten bzw.

Klimaprogrammen: um diesen zu verbessern, hat der Bundesrat im April 2021 eine zentrale Koordinationsstelle ­ das Liaison Office ­ bei der Direktion für Standortförderung im SECO eingerichtet. Im Rahmen einer Projektorganisation werden Wissen und Aktivitäten der Verbände Swissmem, Swissrail, usic, economiesuisse sowie der SERV, von S-GE und von Bundesstellen aus dem EDA, dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Umwelt, dem EFD und dem WBF koordiniert und gebündelt. Analog zum Bereich der Landeskommunikation leistet auch hier jedes Mitglied Beiträge im Rahmen seiner eigenen Verantwortlichkeiten und Möglichkeiten. Je nach Projekt tritt das Team in unterschiedlichen Zusammensetzungen auf. Beispiele sind gebündelte Angebote für ausländische Generalunternehmer, welche Schweizer Güter oder Dienstleistungen in ihre Aufträge einbauen und gleichzeitig von SERV-Finanzierungen profitieren möchten, gemeinsame Veranstaltungen am World Economic Forum sowie Wirtschaftsmissionen von Bundesrätinnen und -räten.

Auch in den anderen Bereichen der Exportförderung sowie der Standortpromotion wird diese verstärkte Nutzung von Synergien unter den involvierten Stakeholdern und Förderinstrumenten nach Vorbild des Team-Ansatzes vorangetrieben (vgl. Ziff. 5.3.1 und 5.4.1). Dadurch werden die Ziel- und Anspruchsgruppen
möglichst nahtlos unterstützt und das Gesamtbild der Schweizer Kompetenzen im Ausland noch einheitlicher und besser zur Geltung gebracht.

Die Exportförderung und die Standortpromotion werden weiterhin stark Expertise benötigen, welche vor Ort in den Märkten erworben und den Kunden bei Bedarf auch unmittelbar dort in Form von Informations- und Beratungsleistungen sowie Kontaktvermittlung zur Verfügung gestellt werden kann. Zu diesem Zweck steht ein Netz von 22 SBH zur Verfügung (Stand Juni 2022). Sie sind ein zentraler Erfolgsfaktor der Förderaktivitäten und haben sich insbesondere in Krisenlagen als besonders wertvoll erwiesen, weshalb sie mittelfristig nach Möglichkeit weiter gestärkt werden sollen.

Die SBH werden fachlich von S-GE geführt und sind Teil der schweizerischen Auslandsvertretung. Die Personalkosten werden durch das EDA getragen und belaufen sich auf rund 9,68 Millionen Franken pro Jahr. Dazu kommen Arbeitsplatzkosten (ca.

1 Million Franken) sowie das operative Budget von 1 Million Franken pro Jahr, welche ebenfalls durch das EDA finanziert sind. Diese Kosten sind jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Botschaft. Sie ermöglichen neben der Nutzung der Infrastruktur insbesondere den Einsatz von Hubleitern und lokalen Spezialisten im Umfang von 94 / 124

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85,5 Vollzeitstellen (Stand Juni 2022; vgl. auch Ziff. 6.1.2). Diese Anzahl ist vom EDA zusammen mit den übrigen Modalitäten zum Betrieb der SBH in einer tripartiten Vereinbarung mit dem SECO und S-GE vereinbart worden. Diese Vereinbarung wird periodisch überprüft.

Angesichts des zunehmenden Bedarfs der Schweizer Exporteure nach technischer Beratung und Unterstützung bei immer komplexer werdenden Exportvorhaben sowie nach Vermittlung von konkreten branchenspezifischen Geschäftsopportunitäten soll das Angebot von S-GE gezielt weiterentwickelt und punktuell verstärkt werden. Weiter erfolgt eine thematische Erweiterung des Leistungsangebotes auf Nachhaltigkeitsaspekte sowie die weitere digitale Transformation des Angebotes, um eine zeit- und ortsunabhängige Unterstützung von exportorientierten KMU zu ermöglichen. Dies erfolgt vermehrt über eine Online-Plattform («Go Global Cockpit»), die Exporteuren digitale Services zu exportrelevanten Aspekten wie z. B. Ländervergleiche anbietet (vgl. Ziff. 5.3.1). Den geänderten Bedürfnissen der Exporteure wird auch mit einem neuen elektronischen Antragsprozess bei der SERV sowie die Integration der Förderangebote in EasyGov (vgl. Ziff. 1.2.1, Aktivität 4 und Ziff. 2.4.1), dem Online-Schalter für Unternehmen, Rechnung zu tragen.

Um die Kooperation unter weiteren im Exportförder-Bereich tätigen Akteurinnen und Akteuren auch künftig zu unterstützen und den Ideenwettbewerb sowie die private Initiative anzukurbeln, soll der erfolgreiche und wirkungsvolle Ansatz der von S-GE unabhängigen Messe- und Projektkommission (MPK) auf dem aktuellen Leistungsniveau weitergeführt werden. Gefördert werden dabei bspw. im Rahmen von Schweizer Gemeinschaftsständen an internationalen Leitmessen jene Leistungen, die einer ganzen Branche oder der schweizerischen Wirtschaft im Allgemeinen zu Gute kommen.

Die Bewerbung des Unternehmensstandortes Schweiz (Standortpromotion) wird verstärkt, um ausländische Investoren vertieft über die hiesigen Rahmenbedingungen und über die Vorteile der Schweiz als weltweit führenden Innovations-, Technologie- und Wirtschaftsstandort zu informieren. Letzteres geht einher mit der Weiterführung der Fokussierung auf ausgewählte Technologien und Industrien zwecks dauerhafter Ansiedlung von wertschöpfungsstarken und innovativen Unternehmen. Diese Ausrichtung
wird durch einen Ökosystem-Ansatz ergänzt. Dieser sieht die gezielte Ansprache von ausländischen Firmen vor, deren innovative Produkte und Dienstleistungen das bestehende Schweizer Angebot optimal ergänzen und erweitern. Zudem werden Ansiedlungsprojekte vermehrt auf Nachhaltigkeitsaspekte überprüft. Auch in der Standortpromotion wird der Team-Switzerland-Ansatz verstärkt gelebt: so wird die Zusammenarbeit mit wichtigen Partnerorganisationen erweitert und vertieft. Dies erschliesst zusätzliches Ansiedlungspotenzial für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Schweiz. Gleichzeitig dient diese Kooperation auch dazu, einen einheitlichen und koordinierten Auftritt im Ausland zu fördern.

Mit diesen Schwerpunkten wird insbesondere ein Beitrag zu den Aktivitäten 3 (Koordination mit Stakeholdern), 16 und 17 (Digitalisierung) sowie 20, 21 und 23 (Attraktivität Wirtschaftsstandort) der Dachstrategie Standortförderung geleistet (vgl.

Ziff. 1.2.1).

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5.3

Exportförderung

5.3.1

Ziele und Aufgaben

Mit den Massnahmen der Exportförderung werden exportorientierte Schweizer KMU bei der Ermittlung und Wahrnehmung von internationalen Geschäfts- und Absatzmöglichkeiten sowie beim Zugang zu internationalen Märkten unterstützt. Dies erfolgt via Leistungsangebot von S-GE, den Angeboten der MPK und seit 2021 auch mit den spezifischen Massnahmen, welche das SECO in Bezug auf den Zugang der Schweizer Industrie zu ausländischen Infrastrukturgrossprojekten koordiniert.

Auf Grundlage des Exportförderungsgesetzes vom 6. Oktober 2000124 und einem jeweils für vier Jahre geltenden Leistungsauftrag des SECO unterstützt S-GE Schweizer Unternehmen und insbesondere exportorientierte KMU mittels Informations- und Beratungsleistungen zu Bedingungen, Potenzial und Geschäftsmöglichkeiten in Exportmärkten. S-GE ist ein privater Verein, d. h. eine mit Bundesaufgaben betraute und entsprechenden Bundesmitteln finanzierte juristische Person ausserhalb der Bundesverwaltung. Sie fällt nicht unter Artikel 8 Absatz 5 Buchstabe a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997125, weil keine Kapitalbeteiligung im engeren Sinne und keine stimmenmässige Beherrschung vorliegt. Als privater Verein ist S-GE hinsichtlich Organisation und operativem Handeln grundsätzlich autonom. Der Einfluss des Bundes erfolgt hauptsächlich über die Steuerung der Verwendung der an S-GE ausgerichteten Subvention mittels vierjähriger Leistungsvereinbarungen mit strategischen Zielvorgaben, welche auch den Herausforderungen Rechnung tragen (vgl. Ziff. 5.1). Als nicht-gewinnorientierte private Organisation fokussiert S-GE auf die Erbringung ihrer Leistungen im Sinne des Service Public Auftrages und trägt so dazu bei, Wettbewerbsverzerrungen zu minimieren. S-GE beschäftigt an ihren drei Standorten in der Schweiz (Zürich, Renens und Lugano) 106 Mitarbeitende (93,6 Vollzeitstellen; Stand Ende 2021). Das im Ausland zur Verfügung stehende, wichtige Netz von SBH ist in Ziffer 5.2 beschrieben.

Hauptsächliche Aktivitäten und Neuerung 2024­2027 Um den in Ziffer 5.1 erwähnten internationalen Entwicklungen und dem Kundenbedarf angemessen Rechnung zu tragen, werden die Informations-, Beratungs- und Koordinationsleistungen von S-GE weiterentwickelt. Informationsmassnahmen umfassen bspw. aktuelle Entwicklungen in internationalen Märkten oder
Auskünfte zur Zollabwicklung. Beratungsmassnahmen beinhalten vertiefte Marktanalysen oder die Identifikation von branchenrelevanten Geschäftsopportunitäten. Letzteres soll aufgrund der zunehmenden Kundennachfrage gezielt verstärkt werden, so z. B. mittels Erweiterung bestehender digitaler Match-Making Angebote unter weiterer Optimierung und Verknüpfung des datenbasierten Angebotes. Da angesichts der zunehmenden Komplexität in handelstechnischen Fragen die Nachfrage nach entsprechender Unterstützung weiter steigen wird, soll das Angebot gezielt ausgebaut werden. Dazu wird insbesondere die zentrale Auskunftsstelle «ExportHelp» weiterentwickelt, damit Exporteure bei exporttechnischen Anliegen von der Erstinformation bis hin zur 124 125

SR 946.14 SR 172.010

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Umsetzung der benötigten Formalitäten unterstützt und damit die Exportgeschäfte erleichtert werden. Ein gezieltes und im Bedarfsfall rasch auf neue Bedürfnisse anpassbares Beratungs- und Unterstützungsangebot, bspw. zur Wiederherstellung von Lieferketten, ist weiterhin gerade auch in Krisensituationen besonders wichtig für die Exportwirtschaft.

Des Weiteren werden Nachhaltigkeitsaspekte zunehmend berücksichtigt. Dies z. B. mittels Ausrichtung des Informationsangebotes auf Standards und Bestimmungen in Zielländern sowie auf diesbezügliche Marktopportunitäten. Ein spezifischer Schwerpunktsektor in der Exportförderung ist denn auch Cleantech, welcher für Ressourcen- und Energieeffizienz steht und damit ein wichtiger Eckpfeiler der nachhaltigen Entwicklung ist. Der Export von Schweizer Cleantech-Produkten und Dienstleistungen stärkt die Wettbewerbsposition sowie das Image der Schweiz als Produktions- und Innovationsstandort für ein ressourcenschonendes Angebot und trägt mittels internationaler Diffusion zusätzlich zur nachhaltigen Entwicklung bei.

Zur Umsetzung von spezifischen Massnahmen wurde zusammen mit dem Bundesamt für Energie (BFE) ein Programm etabliert, welches zu gleichen Teilen aus dem Exportförderkredit (via S-GE) und dem BFE finanziert und zusätzlich vom Bundesamt für Umwelt inhaltlich unterstützt wird. Dieses erprobte Modell, welches Synergien und Politikkohärenz ­ insbesondere in Bezug auf das Mandat des Bundesrates für einen besseren Zugang zu Infrastrukturprojekten für Schweizer Unternehmen ­ ermöglicht, soll auch 2024­2027 weitergeführt werden (vgl. Ziff. 1.2.1, Aktivitäten 11, 13, 14 nachhaltige Entwicklung).

Praxisbeispiel Exportförderung: Einsatz für eine nachhaltigere Wasserverwendung Das Westschweizer Cleantech-Unternehmen Droople bietet eine einzigartige digitale Überwachungslösung für die letzte Meile des Wassernetzes. So können Wartungen vorausgesagt und Wasser und Energie gespart werden. Droople bedient heute Kunden in Nordamerika, Westeuropa und Japan. Um seine internationale Präsenz auszubauen, arbeitet das Unternehmen erfolgreich mit dem Netz von SBH und swissnex zusammen.

Die Weiterentwicklung der oben beschriebenen Angebote erfolgt auch künftig unter dem Einbezug Dritter wie Handelskammern oder private Anbieter, damit die subsidiäre Leistungserbringung des Exportförderers
S-GE gewährleistet ist. Zudem werden verstärkt Synergien mit anderen Förderinstrumenten wie Innosuisse oder Präsenz Schweiz genutzt und die bestehende Zusammenarbeit vertieft.

Die ab 2021 eingeleiteten Massnahmen im Bereich Infrastrukturgrossprojekte werden weiterentwickelt und innovative Ansätze umgesetzt, dies in enger Zusammenarbeit mit Verbänden sowie beteiligten Bundesstellen und Förderinstrumenten (vgl.

Ziff. 5.2). Es hat sich dabei rasch bewährt, koordiniert auf ausländische Generalunternehmer (sogenannte Engineering, Procurement and Construction-Firmen EPC) zuzugehen, welche Schweizer Güter und Dienstleistungen in ihre Aufträge einbauen. Ein Jahr nach Projektstart hatten sich sieben EPC-Firmen in der Schweiz angesiedelt. Mit rund 15 weiteren EPC-Firmen führte die SERV im Namen des Team Switzerland 97 / 124

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regelmässige Gespräche, um zukünftige Projekte zu besprechen. 2022 versicherte die SERV im Rahmen des Grossprojekte-Vorhabens Schweizer Lieferungen im Umfang von rund 490 Millionen Franken. Dies unter anderem für ein Eisenbahnprojekt in der Türkei und im Rahmen des Baus von Berufsschulen in Ghana. Die Lieferungen verteilten sich auf rund 60 Exporteure, darunter auch neue Kunden für die SERV und SGE. Weitere Team-Aktivitäten liefen unter der Federführung von S-GE an. Der Exportförderer brachte insbesondere sein Wissen in Bezug auf digitale Geschäftsanbahnung ein, was mittelfristig für den Aufbau einer digitalen Plattform genutzt werden soll. Weiter begann Mitte 2022 die temporäre Verstärkung von sechs SBH mit lokalen Spezialisten, welche vor Ort zur Identifizierung von Geschäftsmöglichkeiten bei grossen Infrastrukturprojekten oder zur Verstärkung der Zusammenarbeit mit internationalen Finanzierungsinstitutionen eingesetzt werden. Die Team SwitzerlandMitglieder profitierten ferner von gemeinsamen Promotionsauftritten im Ausland sowie von koordinierten Missionen verschiedener Departemente. Weiter sind Ausbildungsveranstaltungen für Mitarbeitende im Aussennetz oder die Verbesserung des Zugangs zu Projektinformationen und zu Entscheidungsträgerinnen und -trägern in Schwerpunktländern der Internationalen Zusammenarbeit vorgesehen. Falls die nötigen Ressourcen vorhanden sind und die Rahmenbedingungen vor Ort es erlauben, könnte der «Team Switzerland»-Ansatz gegebenenfalls ausgeweitet werden, um die Beteiligung der Schweizer Industrie am Wiederaufbau der Ukraine zu fördern.

Um modellhafte und innovative Projekte von Dritten im Messebereich und in der Markterschliessung zu ermöglichen und zu erweitern, soll das Unterstützungsangebot der MPK im bisherigen Rahmen weitergeführt werden. Damit wird der Ideenwettbewerb und die Zusammenarbeit im Exportförder-Ökosystem gefördert sowie die Schlagkraft des Schweizer Angebotes durch gemeinsame Markterschliessungsmassnahmen weiter erhöht.

5.3.2

Wirksamkeit

S-GE unterstützt durchschnittlich rund 5500 Schweizer Firmen mit über 15 000 Informations-, Beratungs- und Messedienstleistungen pro Jahr. Um die Wirkung seiner Angebote zu ermitteln, werden alle Kundinnen und Kunden von S-GE sechs Monate nach Bezug einer Dienstleistung durch eine unabhängige Stelle befragt. Dabei geben mittlerweile nahezu 90 Prozent der Kundinnen und Kunden an, dass die bezogenen Dienstleistungen mindestens eine konkrete Wirkung erzielt haben. Demnach gelingt es KMU dank den Dienstleistungen von S-GE inklusive den SBH, Geschäftspartner zu finden und neue Absatzkanäle zu erschliessen. Dies ist einfacher und rascher, als wenn sie dies auf eigene Faust tun müssten. Hervorgehoben wird von Kundinnen und Kunden weiter die Bedeutung von S-GE als Türöffnerin in fremden, auch kulturell anspruchsvollen Märkten.

Gemäss einer unabhängigen Befragung126 sind die Kundinnen und Kunden von S-GE mit dem Angebot an Unterstützungsleistungen grossmehrheitlich zufrieden.

126

gfs.bern (2019): Studie zur unabhängigen Zufriedenheitsbefragung der Kunden von Switzerland Global Enterprise von April 2019, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Exportförderung / Standortpromotion > Exportförderung.

98 / 124

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Hervorgehoben wurde insbesondere, dass die eigene Exportkompetenz dank S-GE gesteigert werden konnte. Diese sehr guten Resultate wurden in einer Neuauflage der Befragung127 bestätigt. Nebst der Kompetenzsteigerung in Exportfragen ragen die Unterstützung bei der Vernetzung mit Geschäftskontakten und bei der Überwindung von Handelsbarrieren heraus.

Generell ziehen gerade KMU konkreten Nutzen aus aktuellen und relevanten Informationen über ausländische Marktgegebenheiten- und -entwicklungen, welche ihnen S-GE meist in einer kostenlosen Erstberatung zur Verfügung stellt. Die kostenpflichtigen Beratungsangebote werden auf die besonderen Anliegen einzelner Firmen zugeschnitten und für diese somit noch besser nutzbar gemacht. Dies wird auch in einer unabhängigen Studie128 bestätigt: gemäss den befragten Unternehmen sind insbesondere die auf ihre spezifischen Herausforderungen zugeschnittenen Dienstleistungen wie Marktanalysen oder Geschäftsreisen besonders wertvoll. Insgesamt bewerten die befragten Unternehmen die Angebote von S-GE als «gut nützlich» bis «sehr nützlich».

Im internationalen Vergleich zählt S-GE gemäss einem Benchmarking des International Trade Center zu den wirksamsten Organisationen. Insgesamt sind die inhaltlichen Aktivitäten der Exportförderung international vergleichbar und umfassen Informationsvermittlung, Beratung und Matchmaking mit Absatz- und Vertriebspartnern sowie Massnahmen im Messewesen. Es lässt sich eine Ausrichtung auf spezifische Branchen und innovative Ökosysteme feststellen, wie dies auch in der schweizerischen Exportförderung der Fall ist.

Des Weiteren bietet der verstärkt gelebte Team-Switzerland-Ansatz der Schweizer Exportwirtschaft zusätzlichen Mehrwert, indem Kundinnen und Kunden und Anspruchsgruppen der verschiedenen Förderinstrumente direkt zu ihren spezifisch gewünschten Dienstleistungen gelangen und so effizient und effektiv unterstützt werden können. So bekräftigt auch eine externe Befragung von Exporteuren, dass die Zusammenarbeit zwischen den im Exportbereich tätigen Organisationen gut und effizient funktioniert, und dass sie bei Bedarf an die richtigen Stellen weitergeleitet werden.129 Die MPK unterstützt jährlich rund 80 Messeprojekte, dem Kundenbedürfnis entsprechend vermehrt auch hybride und digitale Modelle. Das im 2021 neu lancierte Angebot zur
Unterstützung von innovativen, modellhaften Projekten Dritter stösst auf gute Resonanz. So wurden im ersten Jahr (2021) bereits 18 Projekte realisiert, welche auch als Inspiration für die Entwicklung neuer Ansätze und Kooperationsformen im schweizerischen Exportförderdispositiv dienen.

127

gfs.bern (2022): Studie zur unabhängigen Zufriedenheitsbefragung der Kunden von Switzerland Global Enterprise von Dezember 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Exportförderung / Standortpromotion > Exportförderung.

128 Hochschule für Wirtschaft Freiburg (2022): Exportförderung in der Schweiz: Eine Perspektive schweizerischer Unternehmen von August 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Exportförderung / Standortpromotion > Exportförderung.

129 Hochschule für Wirtschaft Freiburg (2022): Exportförderung in der Schweiz: Eine Perspektive schweizerischer Unternehmen von August 2022, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Exportförderung / Standortpromotion > Exportförderung.

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5.3.3

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2024­2027

Für die Jahre 2020­2023 wurden der Exportförderung 90,5 Millionen Franken bewilligt, davon 80,5 Millionen Franken für den Grund-Leistungsauftrag von S-GE und 10 Millionen Franken für die unabhängige MPK. Aufgrund zusätzlicher Aufgaben gemäss dem Beschluss des Bundesrats vom 21. April 2021130 zur Verbesserung des Zugangs von Schweizer Unternehmen zu ausländischen Infrastrukturprojekten wurden diese Beträge in dieser Periode mit 4,3 Millionen Franken für die Verbesserung des Zugangs der Schweizer Exportwirtschaft zu ausländischen Infrastruktur-Grossprojekten ergänzt. Dies ergibt insgesamt 94,8 Millionen Franken für 2020­2023. Hinzu kamen 5,6 Millionen Franken für einmalige Covid-bedingte Massnahmen (vgl.

Ziff. 1.3.3). Im Budgetvollzug hat das Parlament in der Förderperiode Mittel im Umfang von 97,7 Millionen Franken bewilligt.

Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament, dem WBF / SECO für die Exportförderung in den Jahren 2024­2027 einen Zahlungsrahmen von insgesamt 99,1 Millionen Franken zu gewähren (vgl. Tabelle 12). Davon sollen Mittel im Umfang von 84 Millionen Franken für die Leistungen von S-GE eingesetzt werden. Für die Fördermassnahmen der MPK sollen wie bisher 10 Millionen Franken zu Verfügung stehen. Wie bis anhin werden davon rund vier Fünftel der Mittel für Massnahmen im Messebereich und ein Fünftel zur Förderung von modellhaften Projekten von Handelskammern, Verbänden oder Firmen eingesetzt. Zudem werden für die Jahre 2025­2027 weitere 5,1 Millionen Franken zur Unterstützung der Schweizer Exportwirtschaft beim Zugang zu internationalen Infrastrukturprojekten bereitgestellt.

Für 2024 wurden bereits 1,7 Millionen Franken im Rahmen des Bundesratsbeschlusses vom 21. April 2021 zur Verbesserung des Zugangs von Schweizer Unternehmen zu ausländischen Infrastrukturprojekten bewilligt.

Tabelle 12 in Mio. CHF

ZR Exportförderung

2024­2027 2020­2023 Antrag Bundesbeschluss

99,10

94,80*

2020­2023 Eff./geplante Ausgaben

Differenz Antrag/Eff.

Durchschn.

Differenz Antrag/Eff.

(in % pro Jahr)

97,68

1,42

0,36

* 90,5 Mio. Franken plus 4,3 Mio. Franken für Infrastrukturgrossprojekte gemäss Bundesratsbeschluss vom 21.4.2021; exklusiv 5,6 Mio. Franken für einmalige Covid-bedingte Massnahmen.

130

www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 21.4.2021 > «Bundesrat verstärkt den Zugang zu ausländischen Infrastrukturprojekten».

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Gegenüber der aktuellen Finanzplanung führt der höhere Zahlungsrahmen zu einer jährlichen Mehrbelastung von rund 0,75 Millionen Franken (vgl. Tabelle 13): Tabelle 13 Ausgaben Exportförderung SECO in Mio. CHF

2024

2025

2026

2027

2024­2027

Aktuelle Finanzplanung

24,73

23,39

23,77

24,19

96,08

Geplante Ausgaben gemäss Antrag

23,50

25,20

25,20

25,20

99,10

davon Leistungsauftrag S-GE

21,00

21,00

21,00

21,00

84,00

2,50

2,50

2,50

2,50

10,00

davon Messe- und Projektkommission (MPK) Erleichterung des Zugangs zu Infrastrukturgrossprojekten (neu) Differenz zur Finanzplanung

0*

1,70

1,70

1,70

5,10

­1,23

+1,81

+1,43

+1,01

+3,02

* Für 2024 wurden bereits 1,7 Millionen Franken im Rahmen des Bundesratsbeschlusses vom 21.4.2021 zur Verbesserung des Zugangs von Schweizer Unternehmen zu ausländischen Infrastrukturprojekten bewilligt.

Begründung des Bundesrates Die Exportwirtschaft bewegt sich angesichts der internationalen Entwicklungen ­ wie die protektionistischen Tendenzen oder die zunehmenden Wettbewerbsnachteile ­ in einem anspruchsvollen Umfeld. Gezielte und bedarfsgerechte Exportförder-Massnahmen sind daher weiterhin von Bedeutung. Entsprechend begrüsst der Bundesrat die punktuelle Verstärkung des Angebotes von S-GE zur Erschliessung von konkreten Geschäftsopportunitäten und zur Unterstützung der Exporteure bei handelstechnischen Fragestellungen. Die Entwicklung und Umsetzung dieser Massnahmen hat auch weiterhin unter engem Einbezug der Exportwirtschaft und Drittanbietern zu erfolgen.

Die private Initiative wird auch mittels Angebot der MPK gefördert: nebst internationalen Messevorhaben sollen Exporteure, Verbände und private Anbieterinnen und Anbieter auch künftig bei der Umsetzung von innovativen Projekten, welche die Absatzmöglichkeiten im Ausland erhöhen, unterstützt werden. Die ab 2021 eingeleiteten Massnahmen zur Erleichterung des Zugangs zu ausländischen Infrastrukturgrossprojekten sollen entlang der bisherigen Arbeiten und in Kooperation mit den involvierten Akteurinnen und Akteuren gemäss dem Team-Switzerland-Ansatz weiterentwickelt werden. Diese drei sich ergänzenden Elemente sind zentral für die Weiterentwicklung der schweizerischen Exportförderung und tragen als Gesamt-Paket dazu bei, die ungleichlangen Spiesse, mit welchen exportierende KMU gegenüber der ausländischen Konkurrenz zunehmend konfrontiert sind, abzufedern. Der Netzwerk- und Kooperations-Gedanke, welcher im Team-Switzerland-Ansatz zunehmend gelebt wird, wird explizit begrüsst. Der intensivierte Austausch und eine engere pragmatische Kooperation der Bundes- und bundesnahen Akteure mit Aussenbezug erhöht die Schlagkraft der Instrumente und soll wo angebracht und möglich weiter verstärkt werden.

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S-GE plant, die Bundesbeiträge für die Exportförderung gemäss Tabelle 14 einzusetzen: Tabelle 14 in Mio. CHF

2024

2025

2026

2027

2024­2027

21,00

21,00

21,00

21,00

84,00

Kundenumsatz S-GE

7,00

7,00

7,00

7,00

28,00

Total

28,0

28,0

28,0

28,0

112,0

2024

2025

2026

2027

2024­2027

5,30

5,30

5,30

5,30

21,20

Einnahmen Bundesbeiträge

in Mio. CHF

Ausgaben Direkte Kosten Messen u. Beratung Personalaufwand

14,00

14,00

14,00

14,00

56,00

Infrastruktur, IT, Verwaltung

3,40

3,40

3,40

3,40

13,60

Beiträge an Dritte

2,20

2,20

2,20

2,20

8,80

Vermarktung, Repräsentation und Information

1,40

1,40

1,40

1,40

5,60

Übriger Sachaufwand

1,00

1,00

1,00

1,00

4,00

Abschreibung

0,70

0,70

0,70

0,70

2,80

28,00

28,00

28,00

28,00

112,00

Total

Die Bundesbeiträge steigen gegenüber heute um durchschnittlich 0,36 Prozent pro Jahr. Das liegt darin begründet, dass das Exportförderdispositiv punktuell gestärkt wird. Dies mit zusätzlichen Massnahmen im Leistungsangebot von S-GE zur Erschliessung von Geschäftsopportunitäten und zur Unterstützung bei exporttechnischen Fragestellungen sowie durch die Aktivitäten im Bereich Infrastrukturgrossprojekte.

Rechtliche Aspekte Der Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung des Exports für die Jahre 2024­2027 stützt sich auf das Exportförderungsgesetz. Artikel 7 des Gesetzes hält fest, dass die Bundesversammlung jeweils für vier Jahre mit einfachem Bundesbeschluss den Höchstbetrag für die Exportförderung nach diesem Gesetz bewilligt.

Gemäss Artikel 3 Absatz 1 des Exportförderungsgesetzes schliesst das WBF/SECO jeweils einen Leistungsauftrag ab, in dem die Dienstleistungen im Bereich der Exportförderung und weitere sachliche Verpflichtungen sowie die Subvention der Beauftragten festgelegt werden.

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5.4

Standortpromotion

5.4.1

Ziele und Aufgaben

Durch die Ansiedlung von ausländischen Firmen wollen sich Standorte rund um den Globus Zugang zu neuen Arbeitsplätzen, Technologien sowie Fähigkeiten verschaffen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und Infrastruktur kontinuierlich verbessern. Auch in der Schweiz soll so die volkswirtschaftliche Wertschöpfung zusätzlich verstärkt werden. Um in diesem Standortwettbewerb erfolgreich bestehen zu können, sind gezielte Massnahmen zur Bewerbung der Schweiz als attraktiver Standort für Unternehmen notwendig.

Daher fördert der Bund auf Grundlage des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 2007131 zur Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz die nachhaltige Ansiedlung ausländischer Firmen in der Schweiz. So übernimmt die Standortpromotion auf nationaler Ebene zentrale Vermarktungs-, Beratungs- und Koordinationsaufgaben, welche ergänzend zu den kantonalen und regionalen Ansiedlungsmassnahmen erfolgen. Die nationale Standortpromotion ist entsprechend als Verbundaufgabe angelegt, welche S-GE im Auftrag des Bundes sowie aller Kantone ausführt. Nebst gezielten Informations- und Promotionsmassnahmen zu zentralen Standortvorteilen der Schweiz, wie z. B. die weltweit führenden Innovations-Ökosysteme, die gut ausgebildeten Fachkräfte oder die hochwertige Infrastruktur, identifiziert S-GE innovative und wertschöpfungsintensive Ansiedlungsprojekte ausländischer Firmen. Sie betreut diese bis zu dem Punkt, an dem die Kantone die weitere Begleitung dieser Projekte mit Blick auf die konkrete Realisierung einer Ansiedlung übernehmen können.

S-GE führt ihr Mandat über das Netz von SBH, die bei Schweizer Botschaften bzw.

Generalkonsulaten angesiedelt sind. Dies verschafft S-GE Kundennähe und die notwendige Offizialität, welche von den potenziellen Kundinnen und Kunden in vielen Märkten erwartet wird und bei der Investorenansprache generell als Türöffnerin dient.

Da die kantonalen und regionalen Wirtschaftsförderungen auch eigene, auf ihre spezifischen Begebenheiten und Bedürfnisse abgestimmte Massnahmen zur Promotion ihres Wirtschaftsstandorts durchführen, kommt der Koordinationsaufgabe von S-GE hohe Bedeutung zu. Entsprechend ist die Sicherstellung eines möglichst einheitlichen Auftritts im Ausland, welcher die Marke «Schweiz» wirkungsvoll nutzt, eine wichtige Aufgabe der nationalen Standortpromotion. Damit wird die Aussenwirkung der im Ausland betriebenen Promotionsaktivitäten weiter erhöht.

131

SR 194.2

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Praxisbeispiel Standortpromotion: Ansiedlung Trusted Corporation Trusted Corporation ist ein japanisches ICT-Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien. Die Firma verknüpft Technologieanbieter und -abnehmer und erleichtert so den Prozess vom ersten Kontakt bis hin zu den Verhandlungen.

So können innovative Lösungen schneller und effizienter realisiert und der Wissenstransfer beschleunigt werden. Das Unternehmen hat sich mit Unterstützung des SBH Japan und der Wirtschaftsförderung Luzern in der Schweiz angesiedelt.

Mit ihrem Leistungsangebot und den geplanten Stossrichtungen leistet die nationale Standortpromotion einen Beitrag insbesondere zur Umsetzung der Aktivitäten 3, 20 und 23 der Dachstrategie Standortförderung (vgl. Ziff. 1.2.1).

Hauptsächliche Aktivitäten 2024­2027 Die ab 2020 eingeleitete Fokussierung auf zukunftsgerichtete und innovative Industrien und Technologien wie z. B. Advanced Manufacturing oder Life Sciences wird weiterentwickelt und mit einer verstärkten Netzwerkarbeit in den jeweiligen Ökosystemen ergänzt. International erfolgreiche Unternehmen agieren vermehrt in Netzwerken. Die Schweiz kann sich also einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten, wenn sie sich darin als zentralen Knotenpunkt positionieren kann. Deshalb werden die Promotionsund Ansiedlungsmassnahmen stärker darauf ausgerichtet, das schweizerische Angebot durch die Ansprache wertschöpfungsstarker und innovativer ausländischer Firmen gezielt zu ergänzen. Dazu wird diesen insbesondere der spezifische Mehrwert der schweizerischen Innovations- und Technologie-Ökosysteme nähergebracht. Dies soll, in Zusammenarbeit mit Präsenz Schweiz, unter anderem durch gezielte Kampagnen zur Steigerung der Bekanntheit der Schweiz in diesen Bereichen erfolgen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die hiesigen Potenziale, aber auch Entwicklungen zu Standortfaktoren bei ausländischen Investoren angesichts des internationalen Standortwettbewerbs eine erhöhte Sichtbarkeit benötigen.

Um dem Chancenpotenzial, den vorhandenen Ressourcen und Strukturen sowie den kantonalen, regionalen und nationalen Strategien in den Auslandmärkten besser Rechnung zu tragen, soll die Bearbeitung der Fokusmärkte nach einem differenzierteren Ansatz geprüft werden. Durch die engere Abstimmung und erhöhte Transparenz können Schlagkraft und Wirkung der
Massnahmen in den Auslandmärkten weiter erhöht werden. Dazu wurde der Dialog unter den kantonalen, regionalen und nationalen Akteurinnen und Akteuren bereits vertieft ­ unter anderem mittels einem im 2022 eingeführten Sounding Board ­ um die strategischen Ziele gemeinsam zu schärfen und in eine Gesamtsicht einzubetten. Dieser erfolgreiche Ansatz wird weiter vertieft.

Die gut bewährte Zusammenarbeit der nationalen Standortpromotion mit der Stiftung Switzerland Innovation, der Trägerschaft des Schweizerischen Innovationsparks, wird weitergeführt und noch stärker in den oben beschriebenen Ökosystem- und Marktbearbeitungs-Ansatz eingebunden. Diese Kooperation dient der gegenseitigen Erschliessung von Wissen und Netzwerken, festigt den Innovationsfokus der nationalen Standortpromotion weiter und trägt dazu bei, die kantonalen und regionalen Forschungsstandorte der Schweiz zusätzlich zu stärken.

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Angesichts der Unsicherheiten in Bezug auf wesentliche Schweizer Standortfaktoren gewinnt die Pflege der hier bereits ansässigen internationalen Firmen zunehmend an Bedeutung. Mit dem Zugang zu internationalen Hauptsitzen über das Schweizerische Aussennetz bietet die nationale Standortpromotion zusätzlichen Mehrwert. Deshalb soll diese auch weiterhin ­ in Ergänzung zu und in Abstimmung mit den Kantonen ­ gezielte Massnahmen durchführen können, welche dem Erhalt und Ausbau der hiesigen Standorte dieser Firmen dienen

5.4.2

Wirksamkeit

Ausländische Ansiedlungen tragen dazu bei, Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, z. B. durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, Wissenstransfer und die Verflechtung mit der lokalen Wirtschaft. Direkte und indirekte Wertschöpfungseffekte einer Ansiedlung können auch ausserhalb des Standortkantons bedeutend sein.132 Eine Fokussierung auf Ansiedlungen wertschöpfungsintensiver und innovativer Firmen aus Technologien mit Zukunftspotenzial, wie dies die nationale Standortpromotion tut, hilft zudem, den Innovations-, Technologie- und Wirtschaftsstandort zu stärken und wettbewerbsfähig zu halten. Letzteres entspricht auch einer Stossrichtung der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030133 (vgl. Ziff. 1.2.1, Aktivität 11).

Erfolgreiche Ansiedlungen wirken auch als positives Signal in Bezug auf die Standortperspektiven von bereits ansässigen internationalen und Schweizer Firmen. Da die digitale Wirtschaft zu einem wichtigen Motor für Wachstum und Innovation geworden ist, hat sie auch bei der Förderung von Ansiedlungen hohe Priorität. Entsprechend ist die Strategie auf Technologien und Sektoren, welche einen starken Bezug zu Digitalisierung aufweisen, ausgerichtet. So lässt sich auch im internationalen Vergleich eine Fokussierung der Massnahmen auf bestimmte Industrien und Bereiche wie die Digitalwirtschaft erkennen,134 ebenso in Bezug auf ausgewählte Länder und Regionen. Im internationalen Vergleich135 zählt S-GE zu den innovationsstärksten Standortpromotionsorganisationen.

Die Wirksamkeit der Massnahmen der nationalen Standortpromotion bleibt hoch: wie in der Periode 2012­2016 ist auch zwischen 2017­2021 jede siebte Ansiedlung auf ein Projekt zurückzuführen, welches durch die nationale Standortpromotion vermittelt wurde. Die beiden Zielgruppen der nationalen Standortpromotion, die ausländischen 132

Hochschule Luzern (2012): Studie zu den kantonalen und ausserkantonalen Auswirkungen von Firmenansiedlungen vom 9. Juli 2012, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Exportförderung / Standortpromotion > Standortpromotion.

133 Schweizerischer Bundesrat (2021): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030, abrufbar unter www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Publikationen > Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030.

134 OECD (2021): Investment Promotion and the digital economy: a comparative analysis of investment promotion practices across the OECD vom Dezember 2021, abrufbar unter www.oecd.org > Directorate for Financial and Enterprise Affairs > International Investment > Investment policy.

135 OCO Global Ltd. (2021): Innovation Index Awards Report, abrufbar unter www.ocoglobal.com > Oco Innovation Index Awards.

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Investoren und die Kantone als Standorte für die Unternehmen, werden regelmässig zu Zufriedenheit und Wirksamkeit der Massnahmen befragt. Diese Ergebnisse zeichnen ein positives Bild und liefern gleichzeitig wichtige Hinweise zu weiterem Optimierungspotenzial.

Die Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure in den Auslandmärkten wurde durch gemeinsame Projekte ­ so z. B. dasjenige der gemeinsamen Marktbearbeitung der kantonalen, regionalen und nationalen Akteurinnen und Akteure im USamerikanischen Markt ­ weiter gestärkt. Diese engere Form der Zusammenarbeit wird mit der Prüfung einer differenzierten Marktbearbeitung weiter vertieft und kann so zusätzliches Wirkungspotenzial der Massnahmen aller erschliessen.

5.4.3

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz (Standortpromotion) für die Jahre 2024­2027

2020­2023 genehmigte das Parlament einen Zahlungsrahmen von 17,6 Millionen Franken. Dieser Betrag wurde mit insgesamt 5,2 Millionen Franken seitens der Kantone ergänzt. Im Budgetvollzug hat das Parlament in der Förderperiode Mittel im Umfang von rund 16,7 Millionen Franken bewilligt.

Mit dieser Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament, für die Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz (Standortpromotion) in den Jahren 2024­2027 einen Zahlungsrahmen von insgesamt 18,5 Millionen Franken zu genehmigen (vgl. Tabelle 15): Tabelle 15 in Mio. CHF

ZR Standortpromotion

2024­2027 Antrag

2020­2023 Bundesbeschluss

2020­2023 Eff./geplante Ausgaben

Differenz Antrag/Eff.

Durchschn.

Differenz Antrag/Eff.

(in % pro Jahr)

18,50

17,60

16,73

1,77

2,64

Gegenüber der aktuellen Finanzplanung führt der höhere Zahlungsrahmen zu einer jährlichen Mehrbelastung von rund 0,3 Millionen Franken (vgl. Tabelle 16): Tabelle 16 Ausgaben Standortpromotion SECO in Mio. CHF

Aktuelle Finanzplanung Geplante Ausgaben gemäss Antrag Differenz zur Finanzplanung

106 / 124

2024

2025

2026

2027

2024­2027

4,22

4,28

4,35

4,43

17,28

4,70

4,60

4,60

4,60

18,50

+0,48

+0,32

+0,25

+0,17

+1,22

BBl 2023 554

Begründung des Bundesrates Der Bundesrat ist der Ansicht, dass es angesichts der nationalen und internationalen Herausforderungen und des starken Standortwettbewerbs auch in Zukunft eine schlagkräftige, gut abgestimmte Standortpromotion braucht. Standortvorteile sind immer relativ und können sich rasch ändern. Des Weiteren sind Ansiedlungen meist längerfristige Vorhaben. Der Bundesrat anerkennt deshalb die Notwendigkeit von gezielten zusätzlichen Kampagnen, welche kontinuierlich und wirkungsvoll die hiesigen Rahmenbedingungen und Chancenpotenziale des schweizerischen Innovations- und Technologiestandortes aufzeigen. Damit wird zudem die Deutungshoheit über die Standortbedingungen der Schweiz nicht der ausländischen Konkurrenz überlassen.

Die dargelegten Stossrichtungen und insbesondere der Fokus auf zukunftsgerichtete Ansiedlungsprojekte ergänzen das schweizerische Wirtschafts- und Innovationsgefüge und tragen zur Weiterentwicklung des Unternehmensstandortes bei. In diesem Kontext wird insbesondere die Weiterführung und Vertiefung der Zusammenarbeit mit der Stiftung Switzerland Innovation begrüsst, welche die Positionierung der Schweiz als führender Innovationsstandort weiter stärkt.

Ebenso wichtig ist, diese Massnahmen mit der kantonalen und regionalen Ebene, aber auch mit weiteren Bundesstellen und bundesnahen Akteuren wie Präsenz Schweiz oder Swissnex, dem Netzwerk der Schweiz für Bildung, Forschung und Innovation, bestmöglich abzustimmen. Damit wird der Schweizer Auftritt im Ausland weiter gestärkt und unterstützt die Wirkung der zusätzlich geplanten Kampagnen weiter.

S-GE plant, die Bundesbeiträge für die Standortpromotion gemäss Tabelle 17 einzusetzen: Tabelle 17 in Mio. CHF

2024

2025

2026

2027

2024­2027

Bundesbeitrag Standortpromotion

4,40

4,30

4,30

4,30

17,30

Bundesbeitrag für Vermarktung Switzerl. Innovation

0,30

0,30

0,30

0,30

1,20

Kantonsbeiträge

1,30

1,30

1,30

1,30

5,20

Total

6,00

5,90

5,90

5,90

23,70

2024

2025

2026

2027

2024­2027

Personalaufwand

1,90

1,90

1,90

1,90

7,60

Infrastruktur, IT, Verwaltung

0,90

0,90

0,90

0,90

3,60

Vermarktung, Repräsentation und Information

2,10

2,00

2,00

2,00

8,10

Einnahmen

in Mio. CHF

Ausgaben

107 / 124

BBl 2023 554

in Mio. CHF

2024

2025

2026

2027

2024­2027

Vermarktung Switzerl. Innovation

0,30

0,30

0,30

0,30

1,20

Übriger Sachaufwand

0,80

0,80

0,80

0,80

3,20

Total

6,00

5,90

5,90

5,90

23,70

Die Bundesbeiträge steigen gegenüber heute um durchschnittlich 2,64 Prozent pro Jahr. Das liegt insbesondere darin begründet, dass für eine wahrnehmbare und effiziente Positionierung des Unternehmensstandortes Schweiz gezielte Kampagnen notwendig sind. Mit diesen zusätzlichen Anstrengungen gewinnt der Wirtschafts- und Forschungsstandort Schweiz in ausgewählten Märkten weiter an Profil. Für die kommende Periode wird von gleichbleibenden Beiträgen der Kantone ausgegangen. Gemäss den Vorentscheiden der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz scheint dies realistisch. Die Kantone werden ihre Leistungsvereinbarungen mit S-GE im 2023 abschliessen und ratifizieren.

Rechtliche Aspekte Der Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz (Standortpromotion) für die Jahre 2024­2027 stützt sich auf das Bundesgesetz vom 5. Oktober 2007136 zur Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz. Artikel 7 des Gesetzes hält fest, dass die Bundesversammlung jeweils für vier Jahre mit einfachem Bundesbeschluss den Höchstbetrag für die Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz nach diesem Gesetz bewilligt. Gemäss Artikel 3 Absatz 1 des Bundesgesetzes zur Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz schliesst das WBF/SECO einen Leistungsauftrag ab, in welchem die Dienstleistungen im Bereich der Standortpromotion und weitere sachliche Verpflichtungen sowie die Subvention festgelegt werden. Dieser Leistungsauftrag wird vom SECO mit den Kantonen abgestimmt, die ihrerseits eine jeweils identische Vereinbarung mit S-GE unterzeichnen.

5.5

Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV)

5.5.1

Ziele und Aufgaben

Auf Basis des Exportrisikoversicherungsgesetzes vom 16. Dezember 2005137 bietet die SERV Versicherungslösungen für Exporteure und Finanzierungsinstitute an und erleichtert damit den Exporteuren die Übernahme von Auslandaufträgen, bei denen der Zahlungseingang aufgrund politisch und wirtschaftlich unsicherer Verhältnisse gefährdet ist. Die Produkte der SERV erleichtern zudem die Exportfinanzierung. Es ergibt sich insbesondere ein Bezug zu den Aktivitäten 5, 14, 21 und 23 der Dachstrategie Standortförderung (vgl. Ziff. 1.2.1).

136 137

SR 194.2 SR 946.10

108 / 124

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Die SERV ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes. Sie erhebt für ihre Leistungen angemessene Prämien und arbeitet im Kernmandat eigenwirtschaftlich, weshalb mit der vorliegenden Botschaft keine Finanzierung erforderlich ist. Die Versicherungsverpflichtungen der SERV betrugen Ende 2021 9,9 Milliarden Franken.

Wesentlich ist der aktive Beitrag der SERV auch im Team Switzerland beim Zugang zu Infrastrukturgrossprojekten (vgl. Ziff. 5.3.1). Besteller solcher Projekte verlangen heutzutage in einer Offerte wettbewerbsfähige Finanzierungskonditionen, was mit Unterstützung der SERV möglich ist. Jedoch profitiert die SERV selber auch von den Synergien, welche im Team Switzerland zugunsten von KMU-Exporteuren erzielt werden, indem ihr dortiger Bekanntheitsgrad zunimmt. Mit ihrer Klimastrategie fördert die SERV klimafreundliche Exporttransaktionen und hilft damit einer aktiven Unterstützung der Dekarbonisierung der globalen Wirtschaft.138

5.5.2

Wirksamkeit

Das Angebot der SERV wird von den Exporteuren generell geschätzt. Beim Ausbruch des Ukraine-Krieges Ende Februar 2022 waren bei der SERV Schweizer Exportgeschäfte in Russland, Belarus und in der Ukraine in der Höhe von rund 980 Millionen Franken versichert, was den versicherten Schweizer Exporteuren deren Liquidität sicherstellt. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer Versicherung der SERV für die Exporteure in Krisensituationen bzw. bei unvorhergesehenen Ereignissen. Im internationalen Vergleich mit anderen Exportkreditagenturen erzielte die SERV gemäss einer Benchmarking-Studie139 in zahlreichen Feldern auf der Ergebnisebene sehr gute bis ausgezeichnete Effizienzwerte.

6

Auswirkungen der beantragten Bundesbeschlüsse

Mit dieser Botschaft werden dem Parlament fünf Finanzierungsbeschlüsse für verschiedene Instrumente der Standortförderung des Bundes für die Jahre 2024­2027 sowie ein Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung für die Jahre 2024­2031 unterbreitet.140 Diese Bundesbeschlüsse wirken sich nicht regulierend und normsetzend aus. Sie stützen sich auf bestehende Gesetze.

138

SERV (2022): Die Klimastrategie der SERV, abrufbar unter www.serv-ch.com > Nachhaltigkeit.

139 TradeRX Public Management Consulting (2020): SERV Benchmarking, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Standortförderung > Exportförderung / Standortpromotion > Exportrisikoversicherung.

140 Hinzu kommt ein Bundesbeschluss über die Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2024­2031 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (NRP).

109 / 124

BBl 2023 554

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Im Rahmen dieser Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament für 2024­2027 zwei Verpflichtungskredite und drei Zahlungsrahmen im Umfang von insgesamt 428,83 Millionen Franken. Hinzu kommt ein Zahlungsrahmen für die Äufnung des Fonds für Regionalentwicklung in den Jahren 2024­2031 im Umfang von 217,30 Millionen Franken (reduziert um 12,70 Mio. CHF gegenüber der vorangehenden Mehrjahresperiode) (vgl. Tabelle 18). Damit wird u. a. eine beschleunigte Umsetzung bei EasyGov sowie eine Weiterentwicklung der Exportförderung/Standortpromotion ermöglicht. Gleichzeitig erlaubt es dieser finanzielle Rahmen, den bisherigen, bewährten Kurs bei den übrigen Instrumenten der Standortförderung beizubehalten.

Tabelle 18 In Mio. CHF

E-Government

2024­2027 Antrag

2020­2023 2020­2023 Differenz Mehrbelastung Bundes- Eff./geplante Antrag/Eff. ggü. Finanzbeschlüsse Ausgaben planung

32,80

21,70

21,70

11,10

45,43

35,00141

34,75

233,00

230,00

227,97

Exportförderung

99,10

94,80142

Standortpromotion

18,50

17,60

428,83

399,10

Innotour Schweiz Tourismus

Total In Mio. CHF

Neue Regionalpolitik

Durchschn.

Differenz Antrag/Eff.

(in % pro Jahr)

18,30

12,79

10,68

0

7,68

5,03

­3,84

0,55

97,68

1,42

3,02

0,36

16,73

1,77

1,22

2,64

398,83

30,00

18,70

1,88

2024­2031 2016­2023 2016­2023 Differenz Mehrbelastung Antrag Bundesbeschl Eff./geplante Antrag/Eff. ggü. Finanzüsse Ausgaben planung

Durchschn.

Differenz Antrag/Eff.

(in % pro Jahr)

217,30

230,00

204,92

12,38

0

0,76

Für die Jahre 2020­2023 wurden vom Parlament Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen im Umfang von 399,10 Millionen Franken für die Standortförderung bewilligt. Der Zahlungsrahmen für die neue Regionalpolitik im Umfang von 230 Millionen Franken wurde bereits im Jahr 2016 für acht Jahre bewilligt. Im Budgetvollzug sprach das Parlament in den Jahren 2020­2023 398,83 Millionen Franken. Hinzu kamen für die NRP in den Jahren 2016­2023 204,92 Millionen Franken. Die gegenüber 141

Darin enthalten sind 5 Millionen Franken für das Jahr 2023 als Bestandteil des Recovery Programms für den Schweizer Tourismus 2023­2026.

142 Darin enthalten sind 4,3 Millionen Franken für die Periode 2020­2023 für Massnahmen für Infrastruktur-Grossprojekte. Die Förderung für Infrastruktur-Grossprojekte 2025­ 2027 ist nicht enthalten.

110 / 124

BBl 2023 554

der Planung reduzierten Ausgaben sind insbesondere auf Entscheide im Budgetprozess sowie auf Teuerungskorrekturen zurückzuführen.

Hinzu kamen für die Bewältigung der Covid-19-Pandemie Zusatzmittel an Schweiz Tourismus zur Förderung der Tourismusnachfrage und zur finanziellen Entlastung der Tourismuspartner von Schweiz Tourismus im Umfang von 70 Millionen Franken sowie Zusatzmittel für die Exportförderung im Umfang von 5,6 Millionen Franken.

Die Weiterentwicklung von EasyGov hat auch einen Bezug zum Ziel der DVS. So ist im E-Government Umsetzungsplan der DVS aktuell namentlich der Ausbau von EasyGov als zentrales Zugangsportal für Unternehmen verankert. Daher ist anzustreben, dass in der neuen Periode 2024­2027 der Ausbau von EasyGov erneut in ihrer Strategie verankert wird und ein Teil des Ausbaus der Plattform über die Mittel der DVS finanziert wird. Da die Mittel der DVS für das Jahr 2024 bereits weitgehend für andere Projekte verplant sind, wird sich die DVS voraussichtlich erst ab 2025 finanziell am Ausbau der Plattform EasyGov beteiligen können unter Vorbehalt entsprechender Entscheide. Dies betrifft namentlich auch die Strategie und den Finanzierungsrahmen 2024­2027. Die geplante Finanzierung ist zudem abhängig von Finanzierungsbeschlüssen in den Kantonen bzw. der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG)143, die dafür Grundlage ist. Dabei sollen die Mittel für den beschleunigten Ausbau möglichst im Umfang der geplanten Aufstockung gegenüber dem aktuellen Finanzplan (rund 4,6 Mio. CHF pro Jahr) in der strategischen Planung der DVS ab 2025 berücksichtigt werden ­ das SECO wird einen entsprechenden Antrag bei der DVS einreichen. Die Aufstockung im Jahr 2024 erfolgt zulasten des Bundeshaushalts.

Die Gremien der DVS werden über den Antrag des SECO für die Periode 2025­2027 selbstständig entscheiden. Indem die Bundesversammlung den Verpflichtungskredit genehmigt, schafft sie die nötige Planungssicherheit für EasyGov, unabhängig davon, über welche Kanäle innerhalb des Bundesbudgets die Finanzierung erfolgt.

Die dem Umfang der Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen zugrundeliegenden Teuerungsannahmen werden in den Bundesbeschlüssen ausgewiesen. Den Teuerungsannahmen liegt der Indexstand des Landesindexes der Konsumentenpreise
vom Dezember 2022 von 104,4 Punkten zugrunde, wobei sich dieser Indexstand auf die Indexreihe «Dezember 2020 = 100 Punkte» bezieht. Die jährlichen Voranschlagskredite werden dann jeweils an die aktuellen Teuerungsannahmen angepasst.

Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredite sind von der Bundesversammlung festgesetzte Höchstbeträge für bestimmte Ausgaben. Sie stellen keine Kreditbewilligung dar. Die erforderlichen Voranschlagskredite für die Ausgaben zugunsten der Standortförderung müssen jährlich im Budget beantragt und vom Parlament beschlossen werden. Angesichts der strukturellen Defizite in Milliardenhöhe in der Finanzplanjahren144 wird der Bundesrat im Februar 2023 ein Bereinigungskonzept mit Eckwerten zur Einhaltung der Schuldenbremse in den kommenden Jahren festlegen. Da die 143

BBl 2022 805 sowie Botschaft vom 4. März 2022 zum Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (BBl 2022 804).

144 Schweizerischer Bundesrat (2022): Zusatzbericht des Bundesrats vom 19.10.2022 zum Voranschlag 2023 mit IAFP 2024­26, abrufbar unter www.efv.admin.ch > Finanzberichte > Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan.

111 / 124

BBl 2023 554

Defizite durch eine Häufung von neuen ausgabenseitigen Vorhaben entstanden sind, werden sie selbst im Fall einer besseren Konjunkturentwicklung nicht ohne Gegenmassnahmen verschwinden. Dabei stehen zumindest in der kurzen Frist Prioritätensetzungen und Querschnittskürzungen im Vordergrund. Solche Kürzungen bei den budgetierten Ausgaben würden dazu führen, dass die mit der vorliegenden Botschaft beantragten Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen nicht vollständig ausgeschöpft würden.

Für die Umsetzung der Standortförderbotschaft sind im Globalbudget WBF/SECO derzeit jährlich knapp 1,5 Millionen Franken für Begleitmassnahmen wie bspw. Evaluationen und Informatikausgaben (ohne E-Government für KMU) vorgesehen.

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Im Jahr 2022 umfasste der Personalbestand der Standortförderung rund 49 Vollzeitstellen. Davon sind 10,5 Vollzeitstellen befristet (Anzahl zusätzlich bewilligte Vollzeitstellen pro Jahr: 2021: 10; 2022/23: 11; 2024­2026: 8; 2027­2030: 6; 2031/32: 3).

Mit den befristeten Stellen werden die Covid-19-Massnahmen umgesetzt (vgl.

Ziff. 1.3).

In Zusammenhang mit dem Ausbau und der Stärkung von Sicherheitsanforderungen sollen im Bereich EasyGov vermehrt internes Personal anstelle von externen Mandaten zum Zuge kommen (Erläuterungen dazu: vgl. Botschaft zum Unternehmensentlastungsgesetz)145. Aufgrund dieser Internalisierung steigt der Personalbestand im SECO um 10 Vollzeitstellen bzw. 1,8 Millionen Franken pro Jahr. Finanziert werden diese zusätzlichen Stellen durch eine entsprechende Kürzung des Verpflichtungskredits zur Finanzierung der E-Government-Aktivitäten im Umfang von insgesamt 7,2 Millionen. Ab 2033 sind abgesehen von der Internalisierung im Bereich EasyGov keine zusätzlichen Vollzeitstellen mehr vorgesehen.

Das EDA finanziert aktuell für die Aussenwirtschaftsförderung Personalkosten im Aussennetz im Umfang von rund 9,68 Millionen Franken pro Jahr. Die Kosten für diese rund 85,5 Vollzeitstellen im Auftrag von S-GE (vgl. auch Ziff. 5.2) sind nicht Gegenstand der vorliegenden Botschaft. Die entsprechenden Mitarbeitenden haben aus völkerrechtlichen Gründen einen Arbeitsvertrag des EDA, werden aber fachlich von S-GE geführt. Zur Umsetzung der Massnahmen im Bereich InfrastrukturGrossprojekte stehen zwischen 2022 und 2024 jährlich zusätzlich 0,6 Millionen Franken zum Einsatz von 6 Vollzeitstellen (temporär angestellte lokale Spezialistinnen und Spezialisten) in Schwerpunktmärkten zur Verfügung. Angesichts der längerfristigen Ausrichtung von internationalen Grossprojekten zeichnet sich ein Personalbedarf über diese Jahre hinaus ab.

Zudem arbeiten zurzeit 27 Mitarbeitende (26,5 Vollzeitstellen) von Schweiz Tourismus im Aussennetz des EDA. Diese Mitarbeitenden haben aus völkerrechtlichen Gründen einen Arbeitsvertrag mit dem EDA (vgl. Ziff. 3.4.3).

145

BBl 2023 166

112 / 124

BBl 2023 554

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Mit der Standortförderung stärkt der Bundesrat in allen Regionen der Schweiz das Unternehmertum, die Innovationskraft, die Wertschöpfung und damit die Wettbewerbsfähigkeit. Damit schafft sie sowohl für Arbeitgebende ­ insbesondere KMU ­ als auch für Arbeitnehmende Perspektiven, die über die rein wirtschaftlichen Aspekte hinausgehen. Weil die meisten Instrumente gesamtschweizerisch angelegt sind, profitieren sowohl urbane Zentren und Agglomerationen, als auch ländliche Räume und Berggebiete von den Anstrengungen des Bundes. Speziell auf die Berggebiete, die ländlichen Räume und die Grenzregionen ausgerichtet ist die Regionalpolitik. Im Zusammenspiel mit den anderen Instrumenten der Standortförderung leistet sie damit einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in den Regionen, zur Erhaltung einer dezentralen Besiedelung und zum Abbau regionaler Disparitäten. Der Perimeter der SGH für die Gewährung von Darlehen ist ebenfalls eingeschränkt und umfasst die Fremdenverkehrsgebiete und Badekurorte.

In finanzieller Hinsicht ergeben sich im Vergleich zur Vorperiode 2020­2023 keine wesentlichen Veränderungen. Im Rahmen der NRP beteiligen sich die Kantone weiterhin mindestens im gleichen Ausmass an der Finanzierung der Umsetzungsprogramme wie der Bund.

In personeller Hinsicht ergeben sich im Vergleich zur Vorperiode 2020­2023 ebenfalls keine wesentlichen Veränderungen. Die finanziellen und personellen Auswirkungen auf die Gemeinden hängen von kantonalen Bestimmungen ab.

6.3

Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen

Die enge, kontinuierliche, partnerschaftliche und auf gegenseitigem Vertrauen basierende Zusammenarbeit mit der Wirtschafts- und Standortförderung der Kantone sowie weiteren betroffenen und interessierten Kreisen ist ein entscheidender Faktor, ohne den eine erfolgreiche Standortförderung des Bundes nicht möglich ist. Bund, Kantone und weitere Partner haben in den letzten Jahren gezielt in diesen Bereich investiert, so dass die Zusammenarbeit insgesamt sehr gut läuft. Um die Akteurinnen und Akteure aus verschiedenen Handlungsfeldern der Standortförderung zusammenzubringen und die eingesetzten Instrumente kontinuierlich einem «reality check» zu unterziehen, stehen mittlerweile verschiedene den Bedürfnissen angepasste Plattformen zu Verfügung. Zu nennen sind etwa die seit 2017 stattfindenden «Standortförderkonferenzen», an denen sich das SECO und die kantonalen Amtsleiter für Wirtschaft und Tourismus austauschen.

Die administrative Entlastung von Unternehmen ist ein Ziel im Bereich der KMU-Politik, das sowohl von Bund wie auch von den Kantonen angestrebt wird. Eine enge Zusammenarbeit erfolgt dabei insbesondere bei der Integration von kantonalen Behördenleistungen auf EasyGov und mit der DVS. Weiter besteht ein institutionalisierter Austausch zwischen Bund und Kantonen über Ansätze zur administrativen Entlastung der Unternehmen.

113 / 124

BBl 2023 554

Im Rahmen der Tourismuspolitik wird mit den kantonalen Tourismusfachstellen ein Jahresgespräch durchgeführt. Die Kantone sind zudem wichtige Partner des Tourismus Forums Schweiz (TFS), welches als Dialog- und Koordinationsplattform der Tourismuspolitik dient.

Im Rahmen der «Konferenz der kantonalen NRP-Fachstellen (FSK)» diskutieren SECO und Kantone quartalsweise über die Umsetzung der NRP sowie über aktuelle Themen der Regionalpolitik. Im Hinblick auf die Erarbeitung des MJP3 2024­2031 haben verschiedene Arbeitsgruppen der FSK ­ je nach Thema erweitert um Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ­ die Entwicklung von Konzepten und Grundlagen begleitet. Solche thematischen Arbeitsgruppen werden auch während der Umsetzungsphase eingesetzt, wenn sich dafür ein Bedarf ergibt.

Im Bereich Exportförderung erfolgt eine punktuelle Zusammenarbeit mit einzelnen Kantonen, so z. B. mit der gemeinsamen Organisation von Informationsveranstaltungen der «Exportdialog-Reihe».

Die Standortpromotion ist als Verbundaufgabe zwischen Bund und Kantonen angelegt. Gesteuert wird das Mandat durch die Steuerungsgruppe Landesmarketing, welche durch die Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz und das SECO co-präsidiert wird und in welcher die Kantone regional oder gruppiert vertreten sind. Die Kantone sind entsprechend eng ins Controlling und die strategische Steuerung sowie in wichtige längerfristige Weichenstellungen eingebunden.

6.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die primäre Zielsetzung der Standortförderung ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der KMU-geprägten Schweizer Volkswirtschaft langfristig zu erhalten und zu steigern, dank hoher Wertschöpfung attraktive Arbeitsplätze zu schaffen und die Schweiz als zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort zu sichern. Als Teil der Wirtschaftspolitik des Bundes fokussiert die Standortförderung auf die Bedürfnisse der KMU und Regionen.

Sie fördert eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz, die auch zur Steigerung der Resilienz der Unternehmen und Standorte sowie zur Sicherung und Inwertsetzung der natürlichen Ressourcen und zur gesellschaftlichen Solidarität beiträgt.

Der Bundesrat setzt sich mit der Standortförderung dafür ein, dass KMU und Regionen die Chancen der nachhaltigen Entwicklung und der Digitalisierung nutzen. Sie trägt zur stetigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für KMU bei und unterstützt die Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsakteure mittels fokussierter Förderinstrumente.

Sie leistet zudem einen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Regionen.

Zudem schärft sie das positive Profil des Wirtschaftsstandortes Schweiz im Ausland und stärkt dessen Marktauftritt. Die Vorlage hat damit positive Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft in allen Regionen der Schweiz.

Die Standortförderung richtet sich an einer marktorientierten und nachhaltigen Wirtschaftspolitik sowie an der föderalistischen Staatsordnung aus. Sie fokussiert in ihren Aktivitäten auf wettbewerbsfördernde Rahmenbedingungen für KMU und auf 114 / 124

BBl 2023 554

Förderinstrumente, die einem politischen Auftrag entsprechen. In der Konzeption und Umsetzung ihres politischen Auftrags bzw. ihrer Förderinstrumente strebt der Bundesrat mit der Standortförderung Lösungen an, die Anreize für Eigeninitiative und Innovation privater Akteurinnen und Akteure setzen und eine Steigerung der Produktivität unterstützen. Die Standortförderung soll dabei im Einklang mit der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 (SNE 2030)146 zur nachhaltigen Ausgestaltung der Produktionsprozesse beitragen.

Über die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der einzelnen Instrumente der Standortförderung geben die Ziffern 2­5 Auskunft. Die Instrumente werden regelmässig evaluiert und deren Wirkungen so weit wie möglich quantifiziert. Auf eine übergeordnete Regulierungsfolgenabschätzung der Sammelvorlage, die im Übrigen keine Regulierungen enthält, wurde deshalb verzichtet.

6.5

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Der Bundesrat leistet mit der Standortförderung und mit ihren Instrumenten und Aktivitäten einen Beitrag zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Sie fördert damit den Wohlstand der Gesellschaft in allen Regionen der Schweiz als wichtige Grundvoraussetzung für Gesundheit und Sicherheit.

Mit der Standortförderung unterstützt der Bundesrat Unternehmertum und Innovation als Basis für neue, resiliente und nachhaltige Geschäftsmodelle der Wirtschaftssubjekte. Über Wissensaufbau und -diffusion, den Aufbau von Bildungsangeboten und die Qualifizierung regionaler Akteurinnen und Akteure leistet sie einen Beitrag an die Bildung. Die wirtschaftliche Stärkung der Regionen wirkt sich zudem positiv auf die regionale Identität aus.

Indem sie Anreize für die Vernetzung der Wirtschaftsakteurinnen und -akteure sowie das Denken und Handeln in funktionalen Räumen und regionalen Kreisläufen setzt, stärkt der Bundesrat mit der Standortförderung die Teilhabe, gesellschaftliche Werte und die nationale Solidarität. Die Inwertsetzung endogener Wirtschaftspotenziale stärkt indirekt den gesellschaftlichen Zusammenhalt in und zwischen den Regionen.

Der Bundesrat trägt mit der Standortförderung dazu bei, die Abwanderung aus den ländlichen Räumen und den Berggebieten zu bremsen und damit die dezentrale Besiedlung aufrecht zu erhalten. Sie trägt zudem zur Erhaltung und Stärkung der baukulturellen Qualitäten der Schweiz ein.

Mit der Standortförderung unterstützt der Bundesrat wirtschaftlich benachteiligte Regionen und trägt zum Abbau sozioökonomischer Disparitäten bei. Durch die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen sowie der Förderung von Unternehmensgründungen durch Frauen erhöht sie die Möglichkeiten für (Teilzeit-)Beschäftigung und damit indirekt die Chancengleichheit der Geschlechter (Bürgschaftswesen). Der Bundesrat setzt mit der Standortförderung auf die Initiative und Selbstverantwortung privater Akteurinnen und Akteure und stärkt den wirtschaftlichen Austausch sowohl 146

Schweizerischer Bundesrat (2021a): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030, abrufbar unter www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Publikationen > Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030.

115 / 124

BBl 2023 554

innerhalb der Schweiz als auch mit dem Ausland, insbesondere durch die Aussenwirtschaftsförderung und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Sie finanziert Projekte mit, die bauliche Hindernisse für Personen mit eingeschränkter Mobilität beseitigen (SGH) oder unterstützt auf ältere Personen zugeschnittene touristische Produktentwicklungen (Innotour). Mit ihren Förderinstrumenten ermöglicht der Bundesrat mit der Standortförderung auch soziale Innovationen, insofern diese auch regionalwirtschaftliche Impulse auslösen (NRP).

Durch die Förderung der allgemeinen Wohlfahrt, des Zusammenhalts zwischen den Regionen, die Zusammenarbeit in funktionalen Räumen und regionalen Systemen sowie die horizontale und vertikale Vernetzung der Akteurinnen und Akteure auf allen Staatsebenen kann sich die Standortförderung indirekt positiv auf die nationale Solidarität in der Gesellschaft auswirken. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Zuwanderung sei auf die letzte Botschaft vom 20. Februar 2019147 zur Standortförderung 2020­2023 verwiesen und wird hier nicht weiter eingegangen.

6.6

Auswirkungen auf die Umwelt

Als nachhaltige und langfristig orientierte Politik strebt der Bundesrat mit der Standortförderung sowohl bei der Entwicklung von Konzepten als auch in der Gestaltung und Umsetzung von Förderinstrumenten Lösungen an, die einen effizienten Einsatz der wirtschaftlichen, sozialen und natürlichen Ressourcen ermöglichen. Potenzielle Konflikte mit umwelt- und gesellschaftspolitischen Zielen werden proaktiv und transparent angegangen, so dass sich die entsprechenden Risiken an diesen Schnittstellen vermeiden oder zumindest verringern lassen. Wie alle Bereiche des Bundes berücksichtigt der Bundesrat mit der Standortförderung die Ziele der Agenda 2030 und der SNE 2030. Bei allen Förderungen werden die relevanten Aspekte der nachhaltigen Entwicklung anhand der bestehenden Vorgaben und Strategien des Bundes sowie der gesetzten Nachhaltigkeitsziele und Indikatoren überprüft. Mit der Standortförderung trägt der Bundesrat durch Wissens- und Kompetenzaufbau sowie finanzielle Anreize dazu bei, dass die wirtschaftlichen Chancen in den Bereichen Klima, Energie und Biodiversität erkannt, genutzt und ökologische Risiken damit reduziert werden. Während ihre wirtschaftspolitischen Ziele und Aufgaben im Vordergrund stehen, unterstützt der Bundesrat mit der Standortförderung damit auch die Zielsetzung anderer Politiken (Klima-, Energie-, Landschaftspolitik u. a.).

Der Bundesrat trägt mit der Standortförderung zu Klimaschutz und -anpassung ebenso wie zur Sicherung und Entwicklung von Biodiversität, Landschaft und Baukultur bei. So unterstützt die Tourismuspolitik bspw. die Angebotsentwicklung und Diversifikation, insbesondere durch die Förderung des Sommer- und Ganzjahrestourismus, die nachhaltige Mobilität im Tourismus sowie die touristische Inwertsetzung der landschaftlichen und baukulturellen Qualitäten. Die SERV arbeitet mit internationalen Standards zur Prüfung von Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsfragen und reduziert mit ihrer Klimastrategie die Klimarisiken. Mit der NRP werden den Akteurinnen und Akteuren in den Regionen die Handlungskompetenzen dafür vermittelt, ihr 147

BBl 2019 2365 Ziff. 6.5

116 / 124

BBl 2023 554

wirtschaftliches Handeln nachhaltiger auszurichten und damit den Herausforderungen des Klimawandels chancenorientiert entgegenzutreten. Investitionen in Infrastrukturen werden bezüglich Klimaschutz, Klimaanpassung sowie Energie- und Ressourcenverbrauch optimiert.

Unterstützte Projekte im Infrastrukturbereich (z. B. Bergbahnen, Industrie- und Gewerbeareale, Beherbergung, Exportrisikoprojekte, Ansiedlung von Unternehmen) können negative Auswirkungen auf Boden, Landschaft und Biodiversität haben. Die ökologischen Risiken sollen frühzeitig erkannt und vermieden oder minimiert werden.

Bei den Infrastrukturprojekten kommt das ordentliche planungs- und umweltrechtliche Instrumentarium zum Einsatz, das die Interessenabwägung unter öffentlicher Mitwirkung sicherstellt (Richt- und Nutzungsplanungen, Plangenehmigungs- und Konzessionsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfungen, Baubewilligungen).

Durch die Standortförderung unterstützte innovative Projekte (KMU-Coaching, Innotour, E-Government für KMU) führen in vielen Fällen zu erhöhter Ressourceneffizienz und Arbeitsproduktivität. Die Standortförderung wirkt sich positiv auf die Nutzung erneuerbarer Energien und regionale Wirtschaftskreisläufe aus. Generell kann Wirtschaftswachstum zu einem erhöhten Verbrauch erneuerbarer sowie nicht erneuerbarer Energien und zu einer erhöhten Belastung von Umwelt und Mensch führen.

Durch die Unterstützung von technologischen, systemischen und Prozessinnovationen werden die erzielten Fortschritte im Umwelt- und Ressourcenschutz weitergeführt und wo möglich intensiviert.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die verfassungsmässigen und gesetzlichen Grundlagen sind unter den jeweiligen Instrumenten aufgeführt.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Mit der Vorlage werden die internationalen Verpflichtungen der Schweiz nicht tangiert.

7.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung (BV)148 müssen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, von der Mehrheit der 148

SR 101

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Mitglieder jedes der beiden Räte gutgeheissen werden. Diese Bestimmung gilt für alle Finanzierungsbeschlüsse dieser Botschaft.

7.4

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Zu den Grundsätzen für die Zuweisung und Erfüllung von Aufgaben und Kompetenzen zählt das in Artikel 5a BV statuierte Subsidiaritätsprinzip. Artikel 43a Absatz 1 BV konkretisiert, dass der Bund nur jene Aufgaben übernehmen soll, welche die Kraft der Kantone übersteigen oder einer einheitlichen Regelung durch den Bund bedürfen.

Gleichzeitig hat der Bund von seinen Kompetenzen einen schonenden Gebrauch zu machen und den Kantonen ausreichend Raum für die Aufgabenerfüllung zu überlassen.

Der Bundesrat erfüllt die Aufgaben der Standortförderung subsidiär zu privaten Akteurinnen und Akteuren und zu den Kantonen und Gemeinden sowie auf der Basis von politischen Aufträgen. Die Subsidiarität schafft Anreize für wirtschaftliches Handeln, Innovation und Eigeninitiative privater sowie staatlicher Akteurinnen und Akteure auf regionaler und lokaler Ebene, wobei sie Eigenleistungen der Nutzniessenden voraussetzt. Sie achtet gleichzeitig darauf, nicht wettbewerbsverzerrend zu wirken.

Subsidiarität bedeutet aber auch, dass staatliche und private bzw. andere öffentliche Leistungsträger zusammenarbeiten. Die Standortförderung umfasst u. a. gemeinsame Aufgaben von Bund und Kantonen. Die Standortförderung des Bundes wirkt in diesen Bereichen ergänzend zu den kantonalen Tätigkeiten. Deshalb werden die Instrumente des Bundes komplementär auf die kantonalen Instrumente abgestimmt. Die Umsetzung der Covid-19-Massnahmen (vgl. Ziff. 1.3) ist ein Beispiel für die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips durch die Standortförderung.

Nach dem in Artikel 43a BV statuierten Prinzip der fiskalischen Äquivalenz trägt das Gemeinwesen, in dem der Nutzen einer staatlichen Leistung anfällt deren Kosten (Abs. 2); das Gemeinwesen, das die Kosten einer staatlichen Leistung trägt, kann über die Leistungen bestimmen (Abs. 3).

Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz verlangt demnach eine Kongruenz zwischen Nutzniessern sowie Kosten- und Entscheidungsträgern von öffentlichen Leistungen: Das Gemeinwesen, in dem der Nutzen einer staatlichen Leistung anfällt, trägt somit auch deren Kosten (Art. 43a Abs. 2 BV), und das Gemeinwesen, das die Kosten einer staatlichen Leistung trägt, kann demnach auch über die Leistung bestimmen (Art. 43a Abs. 3 BV).

Der Bundesrat legt bei der Umsetzung der Standortförderung Wert auf die Einhaltung der fiskalischen
Äquivalenz. Ziehen aus einer staatlichen Leistung Bund und Kantone gleichermassen Nutzen, so wird eine angemessene finanzielle Beteiligung der Kantone angestrebt, wie z. B. beim Vollzug der NRP oder bei der Standortpromotion (vgl. Ziff. 5.4.3).

Damit wird die fiskalische Äquivalenz in Bezug auf die Kongruenz von Kostenträger und Entscheidträger eingehalten.

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7.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Innotour Bei Innovationsaktivitäten im Tourismus liegen oft mehrere Formen von Marktversagen vor. Dazu gehören externe Effekte, öffentliche Güter oder unvollkommene Informationen. Ohne Subvention des Bundes würden Innovationen im Tourismus nicht gleichermassen erfolgen. Die Finanzhilfen von Innotour sind als einmalige, subsidiäre Anschubfinanzierungen in Form von Pauschalbeiträgen ausgestaltet, welche die zumutbaren Selbsthilfemassnahmen voraussetzen. Die Mindestanforderung für Eigenleistungen wäre mit den vorübergehend angepassten gesetzlichen Grundlagen niedrig (vgl. Ziff. 3.3.1). Angesichts der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Tourismus ist aber der damit einhergehende einmalige und befristete Impuls zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit gerechtfertigt. Die touristischen Kreise tragen auch im Zeitraum 2023 bis 2026 einen Teil der Kosten selbst.

Das Finanzierungsverhältnis zwischen Innotour und den Projektträgern liegt etwa bei eins zu drei. Zum finanziellen Umfang wird auf Ziffer 3.3.4 verwiesen. Bezüglich Nachfrage nach Innotour sowie der Wirksamkeit des Instruments gibt Ziffer 3.3.2 Auskunft. Die materielle und finanzielle Steuerung der Subvention erfolgt über öffentlich-rechtliche Verfügungen sowie öffentlich-rechtliche Subventionsverträge.

Das Verfahren für die Beitragsgewährung wird regelmässig überprüft und weiterentwickelt. Die unterstützten Projekte kommuniziert das SECO über das Internet.

Schweiz Tourismus Das touristische Landesmarketing hat den Charakter eines öffentlichen Gutes: viele Akteurinnen und Akteure profitieren davon, sie haben aber lediglich eine geringe Zahlungsbereitschaft dafür. Mit dem finanziellen Beitrag an Schweiz Tourismus (ST) hilft der Staat mit, diese Lücke zu schliessen. Ohne touristisches Landesmarketing würden weniger Gäste aus der ganzen Welt Ferien in der Schweiz verbringen. Die Leistungen von ST ergänzen grundsätzlich subsidiär die private Initiative. ST konzentriert sich auf Leistungen, die im Interesse des gesamtschweizerischen Tourismus bereitgestellt werden und die nicht von privaten Anbieterinnen und Anbietern mit kommerziellen Interessen in vergleichbarer Weise angeboten werden. Über den finanziellen Umfang der Subvention gibt Ziffer 3.4.3 Auskunft. Der Bund finanziert etwas mehr als die Hälfte des Jahresbudgets von ST. Während den Jahren
2020 und 2021 (Covid-19Pandemie) betrug der Anteil der Bundesmittel am Jahresbudget von ST sogar 70,6 Prozent. Daneben finanziert sich ST über Mitgliederbeiträge. Weiter erwartet der Bund von ST, Drittmittel für das Landesmarketing zu generieren. Die materielle und finanzielle Steuerung erfolgt mittels Vereinbarungen über das politische Controlling, Reporting und Monitoring zwischen dem SECO und ST mit Laufzeiten von vier Jahren. Darauf basierend pflegt das SECO mit ST einen regelmässigen Informationsaustausch. Dieser erfolgt formalisiert in halbjährlichen Controlling-Gesprächen sowie in Arbeitsgruppen, die circa viermal jährlich stattfinden. Das SECO überprüft und aktualisiert sein Aufsichtskonzept und die Risikoanalysen zur Aufsicht über ST periodisch. Die Wirkung der Marketingtätigkeiten von ST wird regelmässig überprüft. Gemäss Modellschätzungen werden die Reiseziel- und Übernachtungsentscheide von ST

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in der Regel bei rund 14 Prozent der Übernachtungen in der Schweizer Hotellerie und Parahotellerie beeinflusst.

Exportförderung Bei der Informationsvermittlungsaktivität der Exportförderung handelt es sich um ein öffentliches Gut, welches der Markt nicht im gewünschten Mass erbringt. Ohne staatlich finanzierte Exportförderung könnte einiges an unternehmerischem Potenzial in der KMU-geprägten Volkswirtschaft nicht freigesetzt werden, da beispielsweise das Wissen um internationale Geschäftsmöglichkeiten zu wenig bekannt ist und dieses so nicht erschlossen werden kann. Das Leistungsangebot muss laut Exportfördergesetz in Ergänzung zur privaten Initiative bzw. unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips erbracht werden. Der finanzielle Umfang der Subvention ist Ziffer 5.3.3 zu entnehmen. Das SECO steuert die Verwendung der an den privatrechtlichen Verein S-GE ausgerichteten Subvention über vierjährige Leistungsvereinbarungen (strategische Ziele, jährliche Leistungsziele). Diese werden alle vier Jahre an die neuen Herausforderungen am Markt angepasst. Die Wirksamkeit und Zweckmässigkeit der Exportförderung sowie die Leistungen des Exportförderers werden regelmässig evaluiert.

Standortpromotion Den Massnahmen zur Promotion des Unternehmensstandortes Schweiz liegt Marktversagen zugrunde. Um sich in einem neuen Land anzusiedeln, benötigen Firmen Informationen, bspw. zu Steuern, Arbeitsrecht oder Kapitalmarkt. Deren Beschaffung ist mit Kosten verbunden, die nicht alle Firmen aufbringen können oder wollen. Unter diesen Gegebenheiten stellt der Markt solche Leistungen nicht und ungenügend bereit.

Ohne Standortpromotion würde der Unternehmensstandort Schweiz im Ausland nicht ausreichend positioniert, und damit würden weniger Ansiedlungen wertschöpfungsintensiver Firmen aus dem Ausland in der Schweiz erfolgen. Die Arbeiten der Standortpromotion erfolgen subsidiär zur privaten Initiative. Als Folge der föderalen Kompetenzverteilung in der Wirtschaftsförderung erfolgen sie in Ergänzung zu den Aktivitäten der Kantone. Der finanzielle Umfang kann Ziffer 5.4.3 entnommen werden. Mit der operativen Umsetzung der nationalen Standortpromotion haben der Bund und alle Kantone S-GE beauftragt. Bund und Kantone legen gemeinsam die strategischen Vorgaben an S-GE fest und stellen ein wirksames Controlling der vereinbarten
Ziele und eine effiziente Mittelverwendung sicher. Die Wirksamkeit und Zweckmässigkeit der Standortpromotion sowie die Leistungen des Beauftragten werden regelmässig evaluiert.

Neue Regionalpolitik Die NRP unterstützt regionalwirtschaftliche Projekte mit rückzahlbaren Darlehen und mit A-fonds-perdu-Finanzhilfen, die in den Geltungsbereich des Subventionsgesetzes (SuG) fallen. Neu können in beschränktem Ausmass auch kleine Infrastrukturprojekte mit A-fonds-perdu-Mitteln unterstützt werden. Während die Kantone für die Auswahl, Beurteilung, Bewilligung und Begleitung der Projekte zuständig sind, vereinbaren das SECO und die Kantone die grossen Linien der NRP konsequent in Programmvereinbarungen mit einer Laufzeit von vier Jahren. Diese Vereinbarungen übertragen die Forderungen des SuG auf die NRP-Förderungen und regeln auch die

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finanzielle und materielle Steuerung der NRP-Programme (Monitoring, Berichterstattung, Rechenschaftsablegung usw.).

Die Kantone beteiligen sich mindestens im selben Umfang wie der Bund an der Finanzierung der NRP-Programme. Auf Projektebene setzt sich die Finanzierung entsprechend aus einem gemeinsam von Bund und Kanton finanzierten NRP-Teil, einer Eigenleistung der Projektträger sowie aus Drittmitteln zusammen. Informationen zu Finanzen und Wirksamkeit finden sich in den Ziffern 4.3.6 und 4.4.

Abläufe und Verfahren der NRP werden regelmässig überprüft und weiterentwickelt.

Alle unterstützten Projekte kommuniziert das SECO über die Projektdatenbank der Wissens- und Netzwerkplattform für Regionalentwicklung in der Schweiz, regiosuisse.

KMU-Politik Der Verpflichtungskredit zur Finanzierung der E-Government-Aktivitäten für kleine und mittelgrosse Unternehmen für die Jahre 2020­2023 stellt keine Subvention dar und fällt damit nicht unter das Subventionsgesetz. Der Verpflichtungskredit wird aus diesem Grund hier nicht erörtert.

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Abkürzungsverzeichnis AggloPol

Agglomerationspolitik

BFE

Bundesamt für Energie

BFS

Bundesamt für Statistik

BRP

Bundesgesetz über Regionalpolitik

BV

Bundesverfassung

DVS

Digitale Verwaltung Schweiz

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFTA

Europäische Freihandelsassoziation

EPC

Engineering, Procurement and Construction

EU

Europäische Union

FSK

Konferenz der kantonalen NRP-Fachstellen

IHG

Bundesgesetz über Investitionshilfe für Berggebiete

ITC

International Trade Centre

KdK

Konferenz der Kantonsregierungen

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

KONA

Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit

LKS

Landschaftskonzept Schweiz

KoRE

Kohärente Raumentwicklung

MJP

Mehrjahresprogramm der NRP

MPK

Messe- und Projektkommission

NRP

Neue Regionalpolitik

OECD

Organisation for Economic Cooperation and Development

P-LRB

Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete

PV

Programmvereinbarung

RIS

Regionales Innovationssystem

ROR

Rat für Raumordnung

SBH

Swiss Business Hub

SDG

Sustainable Development Goals

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft

SERV

Schweizerische Exportrisikoversicherung

S-GE

Switzerland Global Enterprise

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SGH

Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit

SHAB

Schweizerische Handelsamtsblatt

SIF

Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen

SIK

Schweizerische Informatikkonferenz

SNE

Strategie Nachhaltige Entwicklung Schweiz

ST

Schweiz Tourismus

STV

Schweizer Tourismus-Verband

SuG

Subventionsgesetz

Suva

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt

TFS

Tourismus Forum Schweiz

TSA

Tourism Satellite Account (Satellitenkonto Tourismus)

UNO

Organisation der Vereinten Nationen

UP

Umsetzungsprogramme

VA

Voranschlag

VRP

Verordnung über Regionalpolitik

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WEF

World Economic Forum

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