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23.031 Botschaft über die Gewährung eines Darlehens an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen zur Finanzierung der Renovation des Sitzgebäudes der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr in Bern vom 22. Februar 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Gewährung eines verzinsten Darlehens von 3 826 976 Franken mit einer Rückzahlungsdauer von 30 Jahren an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen zur Finanzierung der Renovation des Sitzgebäudes der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr in Bern.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. Februar 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2023-0615

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Übersicht Der Bundesrat ersucht die eidgenössischen Räte, der Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) ein verzinstes Darlehen von 3 826 976 Franken in Form eines Verpflichtungskredits zur Finanzierung der Renovation des Sitzgebäudes der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) in Bern zu gewähren.

Ausgangslage Der Bundesrat will seine Politik zur Stärkung der Position der Schweiz als Gaststaat internationaler Organisationen und wichtiges Zentrum für globale Gouvernanz fortsetzen. Die Schweiz beherbergt seit über 160 Jahren internationale Organisationen und Konferenzen auf ihrem Staatsgebiet. Diese Gaststaatrolle ist in der Tradition der Schweiz und in ihrer Politik der guten Dienste tief verankert. Sie ist Teil ihrer Identität und verschafft ihr eine erhöhte Sichtbarkeit auf der internationalen Bühne. Dieser Erfolg ist zu einem wesentlichen Teil der aktiven Gaststaatpolitik des Bundes und der engen Zusammenarbeit mit den betroffenen Kantonen, Städten und Gemeinden zu verdanken.

Diese Sonderstellung ist jedoch nicht auf Dauer gesichert. Angesichts der anstehenden Herausforderungen, darunter ein hoher Konkurrenzdruck durch andere Gaststaaten und hohe Lebenskosten, muss die Schweiz sicherstellen, dass sie attraktiv und wettbewerbsfähig bleibt. Zu den Herausforderungen zählt auch, dass ein Teil des Immobilienparks, dessen Eigentümer die in der Schweiz ansässigen internationalen Organisationen sind, sich in einem schlechten Zustand befindet und umfangreicher Renovierungen bedarf.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, unterbreitete der Bundesrat dem Parlament am 19. November 2014 eine erste Botschaft zu den Massnahmen zur Stärkung der Rolle der Schweiz als Gaststaat. Die Botschaft verdeutlichte die Strategie und beantragte die zur Umsetzung erforderlichen Mittel innerhalb eines Zahlungsrahmens für den Zeitraum 2016­2019. Das Parlament verabschiedete den Bundesbeschluss, der Gegenstand der zweiten Botschaft für die Periode 2020­2023 war, am 17. September 2019. Im Rahmen dieser Botschaft hob der Bundesrat die Wichtigkeit hervor, die in der Schweiz ansässigen internationalen Organisationen bei ihren Immobilienprojekten zu unterstützen.

Inhalt der Vorlage Der vorliegende Antrag sieht die Gewährung eines Darlehens von maximal 3 826 976
Franken an die FIPOI in Genf vor, das der OTIF zugutekommen soll.

Mit dem Darlehen sollen die Renovationsarbeiten am Sitzgebäude der OTIF in Bern finanziert werden.

Die Genehmigung des Verpflichtungskredits zur Finanzierung des verzinsten Darlehens mit einer Laufzeit von 30 Jahren wird dem Bund einen finanziellen Aufwand in der Höhe von 3 826 976 Franken verursachen. Die Auszahlung des Betrages ist auf

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zwei Jahre verteilt (2024­2025). Der Bundesrat bestimmt den Zinssatz für das Darlehen.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Rolle der Schweiz als Gaststaat

Die Schweiz ist seit über 160 Jahren Gaststaat internationaler Organisationen. Heute beherbergt sie 45 internationale Organisationen, davon ein Grossteil im sogenannten internationalen Genf. Die Gaststaatrolle verleiht der Schweiz ein Gewicht, das deutlich über ihre geographische oder bevölkerungsmässige Grösse hinausgeht. Es ermöglicht unseren Behörden einen einfacheren Zugang zu diesen Organisationen und bietet der Schweiz eine hervorragende Plattform für die Verbreitung ihrer Botschaften. Abgesehen von ihrer politischen Bedeutung stellt die Präsenz dieser zahlreichen internationalen Akteure zudem einen signifikanten wirtschaftlichen Mehrwert für das ganze Land dar. Diese erfolgreiche Gaststaatpolitik ist zu einem wesentlichen Teil auch der engen Zusammenarbeit mit den betroffenen Kantonen, Städten und Gemeinden zu verdanken.

Im Übrigen tragen die Aktivitäten der in der Schweiz ansässigen internationalen Organisationen zur Umsetzung der in Artikel 54 der Bundesverfassung1 verankerten aussenpolitischen Ziele der Schweiz bei. Indem die Schweiz den internationalen Organisationen optimale Bedingungen bietet, trägt sie wesentlich zu reibungslosen internationalen Beziehungen und zur Lösung der grossen Herausforderungen unserer Zeit bei. Die Rolle der Schweiz als Gaststaat und ihre Position als Mitgliedstaat internationaler Organisationen stärken sich gegenseitig.

Auch wenn sich die grösste Konzentration an internationalen Akteuren in der Schweiz in Genf befindet, beschränkt sich die Rolle der Schweiz als Gaststaat keinesfalls auf das internationale Genf. Internationale Organisationen sind auch in den Kantonen Basel, Bern und Waadt angesiedelt. Bern beherbergt seit 1874 den Weltpostverein (UPU) und die Zwischenstaatliche Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF), die 1893 gegründet wurde. Diese Organisationen verleihen der Bundesstadt, zusammen mit dem in Bern stationierten diplomatischen Korps und den dort angesiedelten internationalen Nichtregierungsorganisationen, einen internationalen Charakter. Sie sind zudem ein nicht zu vernachlässigender Wirtschaftsfaktor. Für ihre Tagungen mieten sie Konferenzräume, während die Konferenzteilnehmerinnen und teilnehmer in Berner Hotels logieren und in lokalen Restaurants einkehren. Die Mitarbeitenden der UPU und der OTIF zahlen in der
Bundesstadt Mieten und kurbeln den lokalen Tourismus an. Ausserdem profitieren diese Organisationen von der geographischen Nähe zueinander, da dadurch wertvolle Synergien im Logistikbereich ermöglicht werden.

Die Schweiz als Gaststaat ist allerdings mit diversen Herausforderungen konfrontiert, darunter einer wachsenden internationalen Konkurrenz um die Ansiedelung neuer Organisationen und die Durchführung internationaler Konferenzen. Die Konkurrenz durch andere Gaststaaten, insbesondere europäische Länder, hat sich in den letzten 1

SR 101

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Jahren verstärkt. Mehrere Staaten haben Gesetze verabschiedet, die dem Schweizer Gaststaatgesetz vom 22. Juni 20072 (GSG) ähnlich sind, und machen grosszügige Angebote, um neue Organisationen oder internationale Konferenzen auf ihrem Gebiet zu beherbergen. Daher ist es für die Schweiz von entscheidender Bedeutung, ihre Attraktivität zu steigern, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Darüber hinaus ist die Fragmentierung der globalen Gouvernanz stärker als zuvor.

Tatsächlich bleibt auch Bern nicht von der internationalen Konkurrenz verschont. So konnte ein drohender Wegzug der OTIF ins Ausland vor einigen Jahren nur durch politische Bestrebungen der Gaststaatbehörden und der Mitgliedstaaten verhindert werden. Ein Wegzug dieser Organisation wäre für Bern sowohl symbolisch als auch wirtschaftlich ein Verlust.

Um den aktuellen Herausforderungen für die Schweiz als Gaststaat zu begegnen, hat der Bundesrat im Jahr 2019 die zweite Botschaft zu den Massnahmen zur Stärkung der Rolle der Schweiz als Gaststaat (2020­2023)3 verabschiedet. Darin hob der Bundesrat die Notwendigkeit hervor, die in der Schweiz angesiedelten internationalen Organisationen bei ihren Immobilienprojekten zu unterstützen. Tatsächlich befindet sich ein Teil des Immobilienparks der hier ansässigen internationalen Organisationen in einem schlechten Zustand und bedarf umfangreicher Renovationsarbeiten.

1.2

Immobilienpolitik und die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI)

Durch die Instandhaltung der in der Schweiz ansässigen internationalen Organisationen wird sichergestellt, dass hier weiterhin hochwertige multilaterale Aktivitäten durchgeführt werden können und das Ansehen gewahrt wird, das die Schweiz über diese Gebäude vermittelt. Investitionen in moderne und funktionale Gebäude tragen zudem dazu bei, internationale Organisationen an die Schweiz zu binden und stärken damit unsere Position im zunehmenden Wettbewerb mit anderen Gaststaaten in Europa und im Rest der Welt.

Um diese Achse der Schweizer Gaststaatpolitik zu stärken, beschloss der Bundesrat am 26. Juni 2013, dass der Bund den internationalen Organisationen über die FIPOI zinsgünstige, innerhalb von 30 Jahren rückzahlbare Darlehen für Renovationsprojekte bereitstellen kann. Als Bedingung wurde eine substanzielle Beteiligung am Darlehen durch den Gastkanton oder die Gaststadt, in dem die internationalen Organisationen ihren Sitz hat, vorgesehen. Diese Bedingung wurde damit begründet, dass die Präsenz von internationalen Organisationen den Kantonen und Städten einen wirtschaftlichen Nutzen bringt und diese bei Renovationen den Organisationen kein Bauland zur Verfügung stellen müssen. Infolge des Entscheides des Bundesrates haben die eidgenössischen Räte seit 2013 sieben Unterstützungsgesuche von internationalen Organisationen mit Sitz in Genf in der Höhe von insgesamt rund 680 Millionen Franken genehmigt. Es handelt sich dabei um die Projekte der Internationalen Arbeitsorgani-

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SR 192.12 BBl 2019 2313

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sationen, der UNO und der Weltgesundheitsorganisation4, der Internationalen Föderation der Rot-Kreuz- und Rot-Halbmond-Gesellschaften5, der Internationalen Fernmeldeunion6 und der Internationalen Organisation für Migration. Der Kanton und die Stadt Genf haben weitere 200 Millionen Franken beigetragen.

Die Immobilienpolitik der Schweiz als Gaststaat hat sich bewährt. Das Interesse seitens der internationalen Organisationen an Projekten zur Renovierung ihres Hauptsitzes oder zum Bau neuer Gebäude zeigt, dass diese Massnahme einem tatsächlichen Bedarf entspricht. Investitionen in moderne und praktische Gebäude tragen dazu bei, diese internationalen Organisationen und ihre Mitarbeitenden in der Schweiz zu halten, und stärken damit unsere Position gegenüber konkurrierenden Gaststaaten in Europa und der ganzen Welt. Schliesslich verbessern diese Projekte auch die Energieeffizienz dieser Gebäude und wirken sich positiv auf die Umwelt aus.

Das Instrument der Gaststaatdarlehen ist für die Schweiz sehr vorteilhaft, da die internationalen Organisationen damit Eigentümer ihrer Immobilien bleiben und somit die volle Verantwortung für ihre Bau- und Renovationsprojekte tragen. Die Rückzahlung der Darlehen erfolgt via Beiträge der Mitgliedstaaten der internationalen Organisationen. Dieses Modell unterscheidet sich von anderen Gaststaaten, die den internationalen Organisationen jeweils schlüsselfertige Gebäude zur Nutzung überlassen, dann aber auch für Unterhalt und Renovation zuständig bleiben. Das Darlehensmodell der Schweiz ist umso vorteilhafter, als ein Grossteil der damit finanzierten Arbeiten von Schweizer Unternehmen ausgeführt wird, was sich positiv auf die nationale und lokale Wirtschaft auswirkt.

Ohnehin sind die internationalen Organisationen ausgesprochen zuverlässige Darlehensnehmer. In den vergangenen 56 Jahren haben die internationalen Organisationen alle Darlehensrückzahlungen und Zinszahlungen an die Schweiz immer vollumfänglich und fristgerecht geleistet, selbst in Zeiten erhöhter Inflation und von Finanzkrisen.

Es gab bislang keinen Fall, bei dem eine internationalen Organisationen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen wäre.

Mit der FIPOI verfügt die Schweiz zudem über ein wirksames Instrument der Gaststaatpolitik. Die FIPOI wurde 1964 vom Bund und vom Kanton Genf gemeinsam als
privatrechtliche Stiftung gegründet, um die Rolle Genfs als Standort internationaler Organisationen zu festigen.7 Die FIPOI sucht aktiv Räumlichkeiten und Standorte für internationalen Organisationen, die institutionelle Begünstigte im Sinne des GSG beherbergen. Die FIPOI unterhält auch zwei Konferenzzentren, das Internationale Konferenzzentrum Genf und das Konferenzzentrum Varembé. Diese sind Bestandteil der Infrastruktur im Dienst der Gaststaatpolitik der Schweiz. Die FIPOI stellt den internationalen Organisationen zudem Liegenschaften zur Miete zur Verfügung.

Schliesslich ist die FIPOI eines von mehreren Instrumenten, das dem Bund einen guten Überblick über die Entwicklung der Immobilienprojekte und die ordnungsgemässe Verwendung der Darlehen ermöglicht.

4 5 6 7

BBl 2016 1507 BBl 2015 3793 BBl 2020 4269 Bundesbeschluss vom 11. Dezember 1964 über die Gewährung von Darlehen an die Immobilienstiftung für internationale Organisationen in Genf (BBl 1964 II 1490).

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Die FIPOI untersteht der eidgenössischen Stiftungsaufsicht sowie der eidgenössischen und kantonalen Finanzaufsicht. Der Bund und der Kanton Genf als Gründungsmitglieder sind mit je drei Personen im Stiftungsrat vertreten und nehmen alternierend den Vorsitz wahr. Der Kanton Genf hat einen seiner Sitze im Stiftungsrat der Stadt Genf überlassen. Nach Artikel 2 Absatz 6 ihrer Statuten kann die FIPOI ihre Tätigkeiten auch ausserhalb dem Kanton Genf ausüben.

Bisher haben sich die Aktivitäten der Gaststaatpolitik im Immobilienbereich auf Genf konzentriert. Im Rahmen des vorliegenden Renovationsprojektes zeichnete sich jedoch eine Notwendigkeit einer Ausweitung auf den Kanton Bern ab. Die vorliegende Botschaft gliedert sich somit in die Bestrebungen der aktuellen Botschaft zu den Massnahmen zur Stärkung der Rolle der Schweiz als Gaststaat 2020­2023 ein, die vorsieht, die Schweizer Gaststaatpolitik neben dem Kanton Genf auch auf andere Kantone auszuweiten.

1.3

Die zwischenstaatliche Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr

Die OTIF wurde 1893 in der Geburtsstunde des Multilateralismus als Zentralamt für Eisenbahnen (Office central des transports internationaux par chemins de fer à Berne) gegründet und ist somit eine der ältesten internationalen Organisationen. Die Schweiz wurde damals als Sitz dieser Organisation auserkoren, unter anderem weil sie mit ihrer Tradition im Eisenbahnverkehr die Werte und Ziele der OTIF versinnbildlicht.

Die OTIF bezweckt die Förderung, Verbesserung und Erleichterung des internationalen Eisenbahnverkehrs. In diesem Sinne bietet die OTIF ihren 50 Mitgliedstaaten (inklusive der Schweiz) einen Rahmen für die Zusammenarbeit im Eisenbahnverkehr und setzt sich dabei insbesondere für die Einigung auf eine einheitliche globale Rechtsordnung im Eisenbahnrecht sowie für die Konzipierung und Flankierung der Systeme für Kompatibilität und technische Harmonisierung ein. Im Rahmen ihres Ziels, die Kontinente Europa, Asien und Afrika durch ein einheitliches Eisenbahnrecht zu verknüpfen, hat die OTIF mit Schlüsselstaaten der Globalisierung des Verkehrs, wie den Golfstaaten und China, Zusammenarbeitsabkommen geschlossen.

Das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr von 9. Mai 19808 (COTIF) ist der grundlegende Rechtstext der OTIF. Es legt die Funktionsweise der Organisation, ihre Ziele, ihr Aufgabengebiet, ihre Beziehungen zu den Mitgliedstaaten und ihre Aktivitäten im Allgemeinen fest. Seit dem Beitritt der EU zum COTIF im Jahr 2011 hat die OTIF ihre Brückenfunktion zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den Nicht-EU-Mitgliedstaaten verstärkt. Sie garantiert die Kohärenz zwischen den Vorschriften ihrer Mitgliedstaaten, egal ob diese EU-Mitglied sind oder nicht.

Als Mitglied der OTIF seit ihrer Gründung im Jahr 1985 zahlt die Schweiz der Organisation einen jährlichen Pflichtbeitrag. 2022 lag dieser Beitrag bei 88 394 Franken.

8

SR 0.742.403.1

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Die Gouvernanz der OTIF wird von drei Organen sichergestellt: der Generalversammlung, dem Verwaltungsausschuss und dem Generalsekretariat. Die Generalversammlung stellt das oberste Entscheidungsorgan dar, das sich aus Vertretern aller Mitgliedstaaten zusammensetzt. Der Verwaltungsausschuss, der die administrativen und finanziellen Geschäfte des Generalsekretärs überwacht, setzt sich aus einem Drittel der Mitgliedstaaten zusammen, die von der Generalversammlung für einen Zeitraum von drei Jahren bestimmt werden. Die Schweiz wurde für die Jahre 2021­2024 in dieses Gremium gewählt. Der Generalsekretär oder die Generalsekretärin übernimmt die operationelle Führung der Organisation und übt zudem eine Depositar- und Vertretungsfunktion der OTIF aus. Generalsekretär der OTIF ist seit April 2019 der deutsche Wolfgang Küpper. Das Sekretariat der OTIF beschäftigt zurzeit nebst dem Generalsekretär 20 weitere Mitarbeitende.

Das Sitzabkommen vom 10. Februar 19889 regelt das rechtliche Statut der OTIF in der Schweiz. Sie gilt als «zwischenstaatliche Organisation» im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a des Gaststaatgesetzes von 22. Juni 200710.

2

Renovation des Sitzgebäudes der OTIF

2.1

Ausgangslage

Die OTIF ist Eigentümerin ihres Sitzgebäudes in Bern, das zwischen 1964 und 1965 errichtet wurde. Das vierstöckige Gebäude mit einer Grundfläche von 1 235 m2 wurde nie renoviert und entspricht nicht mehr den geltenden Normen, namentlich in den Bereichen Erdbebensicherheit und Wärmedämmung.

Anfänglich wurden verschiedene Optionen in Betracht gezogen, darunter die Verlegung des Sitzes an einen anderen Standort in Bern, in eine andere Schweizer Stadt oder sogar ins Ausland. Schlussendlich entschied sich der Verwaltungsausschuss der OTIF während seiner 133. Session am 3.­4. November 2020 auf Vorschlag des Generalsekretärs für die Beibehaltung des Sitzes in Bern und für eine Renovation des aktuellen Sitzgebäudes.

Am 29. September 2021 bewilligte die Generalversammlung bei ihrer 15. Tagung das Renovationsprojekt der OTIF und billigte als Teil des Rahmenhaushaltes 2022­2027 Höchstausgaben von CHF 7 400 000 für die Renovationen und den Umzug. Nachdem die Mitgliedstaaten dem Renovationsprojekt der OTIF zugestimmt hatten, wurde die Organisation mit der FIPOI in Kontakt gebracht, die wiederum vom EDA ein Mandat zur Begleitung des Projekts erhalten hatte. In Begleitung der FIPOI erarbeitete die OTIF ein Renovationsprojekt und reichte am 5. September 2022 ein formelles Gesuch für ein Gaststaatdarlehen beim EDA ein. Es handelt sich um das erste derartige Gesuch eine internationale Organisation ausserhalb des Kantons Genf.

Die Unterstützung des vorliegenden Renovationsprojekts liegt im Interesse der Schweiz. Die OTIF verfügt damit über optimale Rahmenbedingungen für die Fort9 10

SR 0.192.122.742 SR 192.12

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setzung ihrer Aktivitäten in einem zweckmässigen, sicheren und den geltenden Normen entsprechenden Gebäude. Diese Unterstützung ist ausserdem zentral für das Image der Schweiz als Gaststaat internationaler Organisationen und stärkt den Standort Bern. Mit einem Darlehen wird so eine traditionsreiche internationale Organisation, die den Schweizer Gaststaat durch ihren Tätigkeitsbereich so gut versinnbildlicht wie kaum eine andere, über Jahrzehnte fester in Bern verankert und werden gut bezahlte Arbeitsplätze gesichert. Auch die Renovationsarbeiten selber, die schlussendlich durch die Mitgliedstaaten der OTIF bezahlt werden, erwirtschaften eine Rentabilität, da die Arbeiten durch lokale Unternehmen (Bauspektrum, Emch+Berger) durchgeführt werden.

Das Risiko, dass die OTIF das Darlehen nicht zurückzahlt, ist äusserst gering. Die finanzielle Lage der OTIF ist tadellos und die Organisation steuert eigene Mittel zur Renovation bei. Zudem hat die Schweiz als Mitglied im Verwaltungsausschuss der OTIF wichtige Aufsichtskompetenzen in Budgetfragen, auch in Bezug auf das vorliegende Renovationsprojekt.

2.2

Renovationsprojekt

Das Projekt sieht die Renovation des aktuellen Sitzes der OTIF vor. Damit wird die der Infrastruktur an aktuell gültige Normen angepasst und die Arbeitsbereiche sowie die Aussenanlagen werden neu gestaltet. Bei der Konzipierung der Arbeitsbereiche wurden auch neue Arbeitsmethoden (Co-Working, Homeoffice usw.) berücksichtigt.

Das Projekt trägt nicht nur den langfristigen Bedürfnissen der OTIF Rechnung, sondern ermöglicht auch einen optimierten Betrieb bei tieferen Kosten, namentlich dank modernerer Installationen. Gleichzeitig passt sich die OTIF mit diesem Projekt den örtlichen Vorschriften in Bezug auf den Brandschutz, Menschen mit körperlicher Behinderung und die Ökologie an. Das neue Gebäude wird somit den Standards des Labels Minergie ECO entsprechen (mit Wärmepumpen und Geothermie). Das Projekt wird auch darauf achten, die verschiedenen Kunstwerke der OTIF und insbesondere das Fresko des Künstlers Hans Erni in der Empfangshalle zu erhalten und hervorzuheben. Die Aussenfassade wird ebenfalls wie vor den Bauarbeiten wiederhergestellt und der Garten wird neugestaltet, um einen geselligen Bereich zu beherbergen. Der Parkplatz wird modernisiert, um ihn sicherer zu machen, und elektrifiziert.

Das Projekt umfasst zudem die Erweiterung des derzeitigen Konferenzraums. Bisher musste die Organisation Räume für die Sitzungen der verschiedenen Organe und Arbeitsgruppen anmieten, da in den heutigen Räumlichkeiten Simultanübersetzungen in die drei Arbeitssprachen der Organisation (FR, EN, DE) nicht möglich sind. Derzeit laufen Gespräche mit anderen Staaten, die an einem Beitritt zum COTIF interessiert sind, wie die Staaten des Golfkooperationsrates, was auf eine mögliche zukünftige Erweiterung der OTIF und eine mögliche vierte Arbeitssprache hindeutet. Die Erweiterung des Konferenzraums umfasst daher die Einrichtung von vier Dolmetscherkabinen für den Fall, dass eine vierte Arbeitssprache benötigt wird.

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Die Renovierung des Gebäudes und die Abhaltung von Sitzungen am Sitz der OTIF würden eine engere Verbindung zu den Delegationen ermöglichen und der Organisation eine höhere Sichtbarkeit verleihen. Ebenso könnte die Organisation erhebliche Einsparungen bei der Saalmiete oder sogar zusätzliche Einnahmen erzielen, indem sie ihren Konferenzsaal an andere in Bern ansässige Institutionen oder Organisationen vermietet.

Der Vertrag für die Bauleitung wurde im Januar 2022 mit einem Berner Unternehmen unterzeichnet. Das Gesuch für eine Baubewilligung wurde von der OTIF bei der Stadt Bern am 24. Juni 2022 eingereicht. Die eigentlichen Arbeiten werden im Januar 2024 beginnen, weshalb die Organisation ab diesem Zeitpunkt über das Gaststaatdarlehen verfügen müsste. Der Abschluss der Arbeiten ist im Februar 2025 vorgesehen.

Phase

Zeitraum

Vorprojekt- und Projektphasen

Januar 2022­Juni 2022

Antrag der Baugenehmigung/Prüfung

Juni 2022­Februar 2023

Abschluss der Einzellastenhefte für die Bauarbeiten

April 2023­November 2023

Ausschreibung und Wahl des Bauunternehmens

Juli 2023­August 2023

Ausführung der Bauarbeiten

Februar 2024­März 2025

Inbetriebnahme des renovierten Gebäudes

April­Mai 2025

Während der Bauarbeiten wird das Gebäude vollständig geräumt werden müssen. Die OTIF evaluiert momentan die verschiedenen Möglichkeiten für die Unterbringung der Mitarbeitenden, darunter die Miete im Sitzgebäude des UPU, der ebenfalls in Bern ansässig ist. Für die Durchführung grösserer Treffen, wie die Generalversammlung der OTIF im September 2024, visiert die Organisation die Konferenzsäle der UPU als temporäre Lösung an.

2.3

Kosten des Projekts

Die voraussichtlichen Kosten für die Renovation des OTIF-Gebäudes, inklusive der Umzugskosten, werden auf 7 333 885 Franken veranschlagt. Ohne den Umzug liegen sie bei 6 833 885 Franken. Die von der OTIF als Bauherrin beantragten Arbeiten unterliegen nicht der Mehrwertsteuer (MWST). Das Darlehen der Schweiz (Bund, Kanton und Stadt Bern) beläuft sich auf maximal 5 467 108 Millionen Franken, was 80 Prozent der darlehensberechtigten Summe abzüglich der Umzugskosten darstellt.

Die übrigen Kosten werden von der Organisation durch ihre Eigenreserven getragen.

Die folgende Tabelle zeigt die Aufteilung der Kosten.

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Kostenaufstellung nach Baukostenplan (BKP) BKP

Kategorien Hauptgruppen

Kosten (in Franken)

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Vorbereitungsarbeiten Gebäude Betriebseinrichtungen Umgebungsarbeiten Baunebenkosten Honorare Nicht unter das Darlehen fallende Honorare Übergangskonten/Reserve Nicht unter das Darlehen fallende mobile Einrichtungen

471 300 3 962 200 151 950 244 900 83 300 1 140 200 ­ 780 035 500 000

6,4 54,0 2,0 3,3 1,1 15,5 ­ 10,6 6,8

Gesamtsumme (ohne MWST)

7 333 885

100,0

Total darlehensberechtigt ­ exkl. BKP 9 (ohne MWST)

6 833 885

93,1

Darlehen der Schweiz

%

5 467 108 Franken

Die aufgeführten Rubriken des BKP umfassen insbesondere folgende Positionen: Vorbereitungsarbeiten (BKP 1) Arbeiten, die vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten durchzuführen sind, einschliesslich der Baustelleneinrichtung.

Gebäude (BKP 2) Bauarbeiten, die das Gebäude nach Abschluss der Bauarbeiten für seine Benutzerinnen und Benutzer dauerhaft nutzbar machen (inkl. Baumeisterarbeiten, Elektro-, Heizungs-, Lüftungs- und Sanitäranlagen sowie Innenausbau).

Betriebseinrichtungen (BKP 3) Feste Einrichtungen, die einen bestimmten Zweck im Gebäude erfüllen, Nebeneinrichtungen und betriebsnotwendige Einrichtungen.

Umgebungsarbeiten (BKP 4) Aufwendungen für die Aussengestaltung und die Aussenanlagen innerhalb der Grundstücksgrenzen (z. B. Gärtnerarbeiten).

Baunebenkosten (BKP 5) Kosten für Bewilligungen und Gebühren, Vervielfältigungen und Modelle, Versicherungen und übrige Auslagen.

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Honorare der Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer (BKP 6) 15,5 Prozent der Gesamtkosten des Projekts entfallen auf Honorare, was für ein Projekt von dieser Komplexität vertretbar ist. In der Regel sollte dieser Wert bei vergleichbaren Bauvorhaben bei 14­18 Prozent liegen.

Nicht unter das Darlehen fallende Honorare (BKP 7) Es wurden keine Ausgaben für Honorare getätigt, die nicht unter das Darlehen fallen.

Reserve für Unvorhergesehenes (BKP 8) Diese Kategorie umfasst eine Reserve für Auslagen, die nach Baubeginn unerwartet anfallen können, sowie für die Teuerung.

Nicht unter das Darlehen fallende mobile Einrichtungen (BKP 9) Umzug, temporäre Bürovermietung, Mobiliar, Beleuchtungskörper, Textilien, Geräte und Maschinen sowie Einrichtungen, die in keinem Zusammenhang mit dem Gebäude stehen.

3

Finanzierung der Renovation

3.1

Finanzieller Beitrag des Bundes

Die OTIF beantragte im September 2022 ein verzinstes Darlehen in der Höhe von 5 467 108 Franken für die Finanzierung der Renovation des Sitzgebäudes. Mit den Berner Behörden wurde in Anlehnung an die Praxis mit den Genfer Gaststaatbehörden eine Aufteilung von 70 Prozent Bund und 30 Prozent Gastkanton/Gaststadt vereinbart.

Somit entfallen maximal 3 826 976 Franken auf das Bundesdarlehen. Der Restbetrag von 1 640 132 Franken wird von der Stadt und vom Kanton Bern bereitgestellt, die einer gleichmässigen Aufteilung zugestimmt haben.

Die OTIF ist eine Organisation mit grosser symbolischer Bedeutung für den Bund und den Kanton Bern. Um die Sichtbarkeit der Bundesstadt auf dem internationalen Parkett zu erhöhen und den thematischen Pfeiler des internationalen Eisenbahnverkehrs zu erhalten und zu stärken, liegt es im Interesse der Schweiz, der OTIF vorteilhafte Bedingungen zu bieten, damit die Organisation des Eisenbahnverkehrs in Bern bleibt.

Es ist davon auszugehen, dass der Zugverkehr als eines der umweltfreundlichsten Verkehrsmittel und somit auch die OTIF in der Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werden.

3.2

Beitrag des Kantons und der Stadt Bern

Wie unter Ziffer 1.1 ausgeführt, wurden der Gastkanton und die Gaststadt aufgerufen, einen substanziellen Beitrag an die Unterstützung des Bundes zu leisten, da sie wirtschaftlich und politisch ebenfalls profitieren, wenn sich internationalen Organisationen auf ihrem Gebiet niederlassen.

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Im vorliegenden Fall werden der Kanton Bern und die Stadt Bern insgesamt 1 640 132 Franken, d. h. je 820 066 Franken, zum Bauprojekt beitragen, sofern der Grosse Rat und der Stadtrat dem Darlehen zustimmen. Der Regierungsrat des Kantons Bern hat seinerseits an seiner Sitzung vom 31. August 2022 zugestimmt, sich am Gaststaatdarlehen zu beteiligen. Der definitive Entscheid der Stadt Bern ist noch nicht gefallen.

3.3

Auswirkungen der Teuerung

Für eine allfällige Teuerung infolge steigender Materialkosten oder der Inflation werden 297 000 Franken vorgesehen, was ungefähr 5 Prozent der gesamten Baukosten einschliesslich Honorare entspricht. Da es sich um ein festes Darlehen handelt, wird der Betrag des Verpflichtungskredits nicht an die Inflation angepasst.

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund und den Kanton Bern

4.1.1

Finanzielle Auswirkungen für den Bund

Die Gewährung eines Darlehens an die FIPOI für die Renovation des Sitzgebäudes der OTIF in Bern wird den Bund mit einem finanziellen Aufwand von insgesamt 3 826 976 Franken belasten. Dieser Betrag wird über die Jahre 2024­2025 gestaffelt ausgezahlt.

Im Rahmen seiner Politik zur Unterstützung von Immobilienprojekten internationaler Organisationen möchte der Bundesrat das Projekt durch die Gewährung eines verzinslichen und über 30 Jahre rückzahlbaren Renovationsdarlehens unterstützen. Auf dieser Grundlage schlägt er den Eidgenössischen Räten vor, einen Verpflichtungskredit von 3 475 576 Franken zu bewilligen, der zur Finanzierung des beschriebenen Renovationsprojekts beitragen soll.

Die notwendigen Mittel werden im Kredit A235.0108 «Darlehen Immobilienstiftung FIPOI» eingestellt und wie folgt gestaffelt: 3 475 576 Franken im Jahr 2024 und 351 400 Franken im Jahr 2025.

Der Zinssatz wird vom Bundesrat zu gegebener Zeit, kurz vor Abschluss des Darlehensvertrags zwischen der OTIF und der FIPOI, festgelegt. Der Zinssatz wird in Abhängigkeit von den Refinanzierungskosten des Bundes festgelegt.

Der Bundesrat entscheidet über die Gewährung des Darlehens.

2024

2025

Total

%

Bund Kanton Stadt

3 475 576 744 766 744 766

351 400 75 300 75 300

3 826 976 820 066 820 066

70 15 15

Total

4 965 108

502 000

5 467 108

100%

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4.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Realisierung des Projekts hat keine Auswirkungen auf den Personalbestand des Bundes.

4.2

Finanzielle Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Dem Kanton Bern und der Stadt Bern entstehen durch den Darlehensantrag Kosten von insgesamt 1 640132, d. h. je 820 066 Franken. Die Zahlungen werden wie folgt gestaffelt: 744766 Franken im Jahr 2024 und 75 300 Franken im Jahr 2025.

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Das vorliegende Bauprojekt hat keine direkten Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Die Instandhaltung der Gebäude der internationalen Organisationen mit Sitz in Bern trägt jedoch wie erwähnt zur Stärkung der Attraktivität und der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz als Gaststaat bei. Zudem ist zu erwähnen, dass sich lokale Unternehmen ebenfalls an den Ausschreibungen der Organisation beteiligen können, was einen zusätzlichen wirtschaftlichen Nutzen generieren kann. Die Bauherrenvertretung sowie die Generalplanung des Renovationsprojekts der OTIF wurden lokalen Unternehmen übertragen.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu den Strategien des Bundesrates

Die Steigerung der Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz als Gaststaat gehört zu den Schwerpunkten der Aussenpolitischen Strategie 2020­2023 des Bundesrates11. Wie in Ziffern 1.2 beschrieben, stellt die Instandhaltung der Immobilien der in der Schweiz ansässigen internationalen Organisationen einen wichtigen Bestandteil der Gaststaatpolitik unseres Landes dar.

11

Abrufbar unter: www.eda.admin.ch > Strategien und Grundlagen > Aussenpolitische Strategie.

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6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Nach Artikel 18 Buchstabe a GSG kann der Bund finanzielle Beiträge und andere Unterstützungsmassnahmen gewähren, um die Voraussetzungen für die Aufnahme, Arbeit, Integration und Sicherheit von Begünstigten nach Artikel 19 GSG in der Schweiz zu verbessern. Dazu gehören Organisationen wie die OTIF, die eine zwischenstaatliche Organisation im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a GSG ist.

Artikel 20 Buchstabe b GSG sieht vor, dass der Bund der FIPOI zinslose, innerhalb von 50 Jahren rückzahlbare Baudarlehen gewähren kann. Das Instrument der Darlehen für Renovationen von Gebäuden internationaler Organisationen, das der Bundesrat in seinem erwähnten Beschluss vom 26. Juni 2013 genehmigte, stützt sich ebenfalls auf diese Bestimmung. Im Antrag vom 19. Juni 2013 an den Bundesrat wurde präzisiert, dass der Bund, wenn er berechtigt ist, Baudarlehen zu gewähren, erst recht auch Renovierungsdarlehen gewähren kann. Artikel 22 GSG sieht im Übrigen vor, dass bei Verpflichtungen, deren Finanzierung über ein Voranschlagsjahr hinausgeht, was hier der Fall ist, Verpflichtungskredite beantragt werden müssen.

Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den vorliegenden Kreditbeschluss ergibt sich aus Artikel 167 der Bundesverfassung.

6.2

Erlassform

Nach den Artikeln 163 Absatz 2 der Bundesverfassung und 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200212 ist für den vorliegenden Fall ein Erlass in der Form eines einfachen, also nicht dem Referendum unterstehenden, Bundesbeschlusses vorgesehen.

6.3

Ausgabenbremse

Der beiliegende Entwurf für einen Bundesbeschluss sieht in Artikel 1 die Gewährung eines Verpflichtungskredits nach Artikel 21 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 200513 im Umfang von 3 826 976 Franken zugunsten der OTIF vor. Es handelt sich um eine neue einmalige Ausgabe von weniger als 20 Millionen Franken. Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung muss Artikel 1 des beiliegenden Beschlussentwurfs deshalb nicht der Ausgabenbremse unterstellt werden.

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SR 171.10 SR 611.0

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6.4

Einhaltung der Regeln für das öffentliche Beschaffungswesen und Rolle der FIPOI

Das vorliegende Projekt unterliegt nicht dem Bundesgesetz vom 21. Juni 201914 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB). Bauherrschaft und Auftragsvergabe sind Sache der OTIF. Als zwischenstaatliche Organisation im Sinne des GSG ist die OTIF nicht Auftraggeberin nach Artikel 4 BöB. Sie ist jedoch an die einschlägigen internen Bestimmungen und Verfahren gebunden, die auf den gleichen Grundsätzen wie das BöB beruhen, das heisst auf der Stärkung des Wettbewerbs unter den Anbietern, der Transparenz der Vergabeverfahren und dem wirtschaftlichen Mitteleinsatz. Bei der Vergabe und dem Abschluss von Verträgen ist die OTIF jedoch an ihre eigenen internen Regeln und Verfahren gebunden, wie sie in ihrer Finanz- und Buchführungsordnung, die vom Verwaltungsausschuss der Organisation verabschiedet wurde, festgelegt sind. Die Schweiz hat zudem als Gaststaat die Möglichkeit, durch ihre Beteiligung am Koordinierungsausschuss OTIF­Gaststaat die Leitung und Entwicklung des Projekts genau zu verfolgen. Ausserdem hat die Schweiz als Mitgliedstaat Zugang zu den Berichten und Schlussfolgerungen der internen und externen Prüfungen der OTIF.

Schlussendlich enthalten die Darlehensverträge zwischen der FIPOI und den internationalen Organisationen seit 2016 eine Einsichts- und Informationsrechtsklausel, die es der FIPOI erlaubt, Informationen über die Auftragsvergabe im Zusammenhang mit dem Immobilienprojekt der internationalen Organisationen einzuholen.

6.5

Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung

Für den im Rahmen der vorliegenden Botschaft eingereichten Finanzierungsbeschluss gelten die Bestimmungen des Subventionsgesetzes von 5. Oktober 199015 (SuG), das nach Artikel 2 auf alle im Bundesrecht vorgesehenen Finanzhilfen anwendbar ist.

Nach Artikel 3 können Finanzhilfen unter anderem in Form eines Darlehens zu Vorzugsbedingungen gewährt werden. Dies gilt nicht nur für zinslose, innerhalb von 50 Jahren rückzahlbare Baudarlehen, sondern auch für Renovationsdarlehen, da diese zu niedrigeren Zinssätzen vergeben werden als marktüblich. Der Zinssatz orientiert sich dabei an den Refinanzierungskosten des Bundes in Anlehnung an den üblichen Zinssatz für Darlehen der Bundestresorerie mit einer Laufzeit von 30 Jahren.

Nach Artikel 5 SuG muss der Bundesrat die vom Bund gewährten Finanzhilfen und Abgeltungen periodisch prüfen. In seinem Subventionsbericht vom 30. Mai 200816 hat der Bundesrat den Grundsatz aufgestellt, dass er Subventionen systematisch überprüfen wird, deren Finanzierungsbeschlüsse dem Parlament im Rahmen von Sonderbotschaften vorgelegt werden, wie dies auch bei der vorliegenden Botschaft der Fall ist.

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SR 172.056.1 SR 616.1 BBl 2008 6229

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6.5.1

Bedeutung der Finanzhilfen für die Realisierung der angestrebten Ziele

Die Gaststaatpolitik bildet einen wesentlichen Bestandteil der Schweizer Aussenpolitik. Im Rahmen ihrer langjährigen Tradition als Gaststaat internationaler Organisationen, ausländischer Vertretungen und internationaler Konferenzen gewährt die Schweiz diesen ­ wie andere Länder und gemäss internationalen Gepflogenheiten ­ Vorrechte und Immunitäten. Ein weiteres Element der Gaststaatpolitik besteht darin, diese internationalen Einrichtungen mit finanziellen Beiträgen zu unterstützen und so die Gaststaatrolle der Schweiz zu fördern. In Anbetracht der verschiedenen Herausforderungen strategischer und materieller Art, die unsere Position gegenüber anderen Standorten schwächen, ist die Unterstützung des Gaststaats zur Instandhaltung der Immobilien der in der Schweiz ansässigen internationalen Organisationen wie in Ziffer 1 bereits dargelegt umso notwendiger. Durch die Finanzbeiträge, die im Rahmen des GSG gewährt werden, kann die Schweiz ihre Position als Gaststaat gegenüber der internationalen Konkurrenz behaupten und stärken. Finanzhilfen sind subsidiär geleistete Beiträge in Form von Subventionen und Beiträgen, die von Fall zu Fall geprüft werden. Sie werden gewährt, wenn sie die Kriterien des GSG erfüllen und für die Förderung der Gaststaatpolitik der Schweiz relevant sind. Laut Artikel 18 GSG sollen finanzielle Beiträge und andere Unterstützungsmassnahmen insbesondere die Voraussetzungen für die Aufnahme, Arbeit, Integration und Sicherheit der Begünstigten nach Artikel 19 GSG in der Schweiz verbessern, zu denen Organisationen wie die OTIF als zwischenstaatliche Organisation im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a GSG zählen.

Internationale Organisationen, die in den Genuss eines Bau- oder Renovationsdarlehens kommen, müssen entsprechend ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten Eigenleistungen erbringen (Art. 7 Bst. c SuG). Die OTIF wird einen Teil der Gesamtkosten des Projekts, nämlich 1,86 Millionen Franken, übernehmen.

6.5.2

Materielle und finanzielle Verwaltung des Darlehens

Das Darlehen für die Renovation des Sitzgebäudes der OTIF wird über die FIPOI gewährt. Gemäss einer bewährten Praxis für die Vergabe solcher Darlehen werden die Bedingungen für die Bereitstellung und Rückzahlung des Darlehens in einem Darlehensvertrag zwischen der Organisation und der FIPOI festgelegt, um einen wirksamen Verwaltungs- und Kontrollmechanismus für die Verwendung des Darlehens zu gewährleisten. Gemäss dem Darlehensvertrag wird die Darlehenssumme von der FIPOI in mehreren aufeinanderfolgenden Tranchen und entsprechend dem Bedarf der Organisation zur Deckung der Kosten der Bauarbeiten ausgezahlt. Die Organisation legt dazu einen Zeitplan für die Zahlungen und die bereits geleisteten Ausgaben vor. Während der Ausführung der Arbeiten legt sie der FIPOI regelmässig einen Bericht über ihren Fortschritt sowie einen vierteljährlichen Bericht über die geleisteten Zahlungen und die für das folgende Quartal geplanten Zahlungen vor. Die Rückzahlung beginnt am Ende des Jahres, in dem der Bau vollständig abgenommen wurde, spätestens jedoch ein Jahr nach dem vordefinierten Zieldatum für die Beendigung der Arbeiten.

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Der Beitrag wird von der OTIF in Form von 30 gleichen Jahresraten per Ende Jahr, spätestens am 31. Dezember, an die FIPOI zurückbezahlt.

Beschliesst die OTIF, das Bauvorhaben aus allein ihr zuzuschreibenden Gründen nicht zu realisieren, so sieht der Darlehensvertrag die Rückzahlung des bereits ausgezahlten Teils des Darlehens innerhalb von höchstens fünf Jahren vor. Sollte die OTIF vor der Rückzahlung des Darlehens das betreffende Gebäude verkaufen, ihre Selbstauflösung erklären oder ihren Sitz an einen Standort ausserhalb der Schweiz verlegen, so ist die Darlehenssumme sofort fällig.

6.5.3

Verfahren für die Gewährung eines Baudarlehens

Internationale Organisationen, die eine Finanzhilfe für ein Bauprojekt beantragen möchten, kontaktieren prozessgemäss als erstes das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Wenn eine international Organisation das EDA über ihren Wunsch informiert, ihr Gebäude zu renovieren, prüft das Staatssekretariat des EDA das Gesuch und konsultiert dann die FIPOI als technischen Experten. Wenn die erste Einschätzung des Bedarfs positiv ausfällt, führt das Staatssekretariat des EDA anschliessend zahlreiche Gespräche mit der FIPOI und der internationalen Organisationen über die Situation, die Bedürfnisse, die verschiedenen Optionen und die Unterstützungsmöglichkeiten des Bundes, bevor die internationalen Organisationen ein offizielles Unterstützungsgesuch einreichen. Der Antrag wird geprüft und es werden dazu verschiedene betroffenen Stellen konsultiert (EDA Finanzen, Eidgenössische Finanzverwaltung, FIPOI und Gastkanton). Bei der Prüfung des Antrags stützt sich das Staatssekretariat-EDA auf die geltenden gesetzlichen Grundlagen. Jeder Darlehensantrag wird einzeln erwogen. Dabei wird insbesondere der Plausibilität des Darlehensantrags und somit des Renovationsbedarfs, der strategischen Bedeutung der internationalen Organisation für die Schweizer Gaststaatpolitik und der Situation des Bundeshaushalts Rechnung getragen.

Falls sich die involvierten Stellen im Grundsatz über die Unterstützungswürdigkeit des Projekts einig sind, wird über mögliche Beteiligungshöhen zwischen Bund und Kanton verhandelt. Dabei erwartet der Bundesrat laut Bundesratsentscheid vom 26. Juni 2013 eine substanzielle Beteiligung des Gastkantons. Ausserdem werden gemeinsam mit der internationalen Organisation Wege gesucht, die Gesamtkosten oder den gewünschten Darlehensbeitrag zu reduzieren, z. B. durch den Verkauf von Land, das der internationalen Organisation gehört. Parallel dazu wird eine Begleitgruppe gegründet. Diese setzt sich im Normalfall aus Vertreterinnen und Vertretern des Staatssekretariat-EDA, des Gastkantons, der FIPOI und der internationalen Organisation zusammen. Die Projektgruppe trifft sich regelmässig und informiert sich gegenseitig über den Projektverlauf.

Falls die internationale Organisation dies nicht bereits getan hat, werden Planungsarbeiten lanciert, um den Umfang des Projekts, seine Kosten
und weitere Eckpunkte zu spezifizieren. Diese Planungsarbeiten können durch ein Darlehen des Gaststaates oder durch die internationale Organisation selbst finanziert werden. Der für die Planungsarbeiten gewährte Kredit ist anschliessend Teil des Gesamtdarlehens, das der Bund

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für das Bauvorhaben gewährt. Im Falle der OTIF finanziert die Organisation die Planungsarbeiten selbst.

Sind sich alle Akteure in der Finanzierungsfrage des Darlehens einig, erarbeitet das EDA eine Botschaft mitsamt einem Entwurf eines Bundesbeschlusses zuhanden des Parlaments und legt diese zunächst dem Bundesrat zur Genehmigung vor. Anschliessend wird die Botschaft (inkl. Bundesbeschluss) dem Parlament zum Entscheid unterbreitet. Das Parlament hat die Möglichkeit, sich gegen ein Projekt auszusprechen. In diesem Fall müssen die Mitgliedstaaten entscheiden, wie sie ohne Schweizer Darlehen vorgehen möchten.

Die Vergabe von Darlehen für Bauprojekte ist im Vergleich zu anderen Gaststaaten eine Besonderheit der Schweizer Gaststaatpolitik. Während andere Staaten mit grossem finanziellem Aufwand auf eigene Kosten Gebäude errichten, mit denen sie internationalen Organisationen anziehen wollen, verfolgt die Schweiz bei der Beherbergung von internationalen Organisationen eine völlig andere Immobilienpolitik. Sie nimmt die internationalen Organisationen als Bauherren der Projekte in die Verantwortung. Die internationalen Organisationen sollen realistische Bauprojekte umsetzen und mit den öffentlichen Mitteln der Mitgliedstaaten sorgfältig umgehen, denn im Endeffekt müssen letztere die Schweizer Darlehen zurückzahlen. Dank dieses Modells wird das Risiko der Verschwendung öffentlicher Gelder vermieden. Ausserdem soll der Prozess die langfristige Präsenz der internationalen Organisationen in der Schweiz sichern, indem ein regelmässiger Kontakt zu den Schweizer Behörden entsteht (Gemeinde, Kanton, Bund).

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Anhang 1

Lageplan

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Anhang 2

Ansicht des aktuellen Sitzgebäudes

Wandfresken von Hans Erni (Eingangshalle)

Aussenansicht

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Anhang 3

Plan der Renovationen

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