Ablauf der Referendumsfrist: 7. Juli 2005

Bundesgesetz über das Vernehmlassungsverfahren (Vernehmlassungsgesetz, VlG) vom 18. März 2005

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 147 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 21. Januar 20042, beschliesst: Art. 1 1

Geltungsbereich

Dieses Gesetz regelt die Grundzüge des Vernehmlassungsverfahrens.

Vernehmlassungsverfahren werden vom Bundesrat oder von einer parlamentarischen Kommission eröffnet.

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Art. 2

Zweck des Vernehmlassungsverfahrens

Das Vernehmlassungsverfahren bezweckt die Beteiligung der Kantone, der politischen Parteien und der interessierten Kreise an der Meinungsbildung und Entscheidfindung des Bundes.

1

Es soll Aufschluss geben über die sachliche Richtigkeit, die Vollzugstauglichkeit und die Akzeptanz eines Vorhabens des Bundes.

2

Art. 3 1

Gegenstand des Vernehmlassungsverfahrens

Ein Vernehmlassungsverfahren findet statt bei der Vorbereitung von: a.

Verfassungsänderungen;

b.

Gesetzesbestimmungen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 Buchstaben a­g der Bundesverfassung;

c.

völkerrechtlichen Verträgen, die nach den Artikeln 140 Absatz 1 Buchstabe b und 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung dem Referendum unterliegen oder wesentliche Interessen der Kantone betreffen.

Zu anderen Vorhaben wird ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt, wenn sie von grosser politischer, finanzieller, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer oder

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SR 101 BBl 2004 533

2003-2737

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Vernehmlassungsgesetz

kultureller Tragweite sind oder wenn sie in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen werden.

Ein Vernehmlassungsverfahren zu Verordnungserlassen wird bei den Kantonen durchgeführt, wenn sie in erheblichem Mass betroffen sind.

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Art. 4

Teilnahme

Jede Person und jede Organisation kann sich an einem Vernehmlassungsverfahren beteiligen und eine Stellungnahme einreichen.

1

2

Zur Stellungnahme eingeladen werden: a.

die Kantone;

b.

die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien;

c.

die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete;

d.

die gesamtschweizerischen Dachverbände der Wirtschaft;

e.

die weiteren, im Einzelfall interessierten Kreise.

Die Bundeskanzlei führt die Liste der Vernehmlassungsadressaten nach Absatz 2 Buchstaben a­d.

3

Art. 5 1

Eröffnung

Der Bundesrat eröffnet das Vernehmlassungsverfahren über seine Erlassentwürfe.

Die zuständige parlamentarische Kommission eröffnet das Vernehmlassungsverfahren zu einem von ihr ausgearbeiteten Erlassentwurf.

2

Die Bundeskanzlei koordiniert die Vernehmlassungen und gibt jede Eröffnung eines Vernehmlassungsverfahrens unter Angabe der Vernehmlassungsfrist und der Stelle für den Bezug der Vernehmlassungsunterlagen öffentlich bekannt.

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Art. 6

Durchführung

Das Departement oder die Bundeskanzlei bereitet das Vernehmlassungsverfahren vor, führt es durch, stellt die Vernehmlassungsergebnisse zusammen und wertet sie aus.

1

Die zuständige parlamentarische Kommission führt das von ihr eröffnete Vernehmlassungsverfahren (Art. 5 Abs. 2) durch. Sie kann für die Vorbereitung sowie die Zusammenstellung der Vernehmlassungsergebnisse Dienststellen der Bundesverwaltung beiziehen.

2

Art. 7

Form und Frist

Das Vernehmlassungsverfahren wird schriftlich, in Papierform und in elektronischer Form, durchgeführt.

1

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Vernehmlassungsgesetz

Die Vernehmlassungsfrist beträgt drei Monate. Sie wird unter Berücksichtigung von Ferien- und Feiertagen sowie Inhalt und Umfang der Vorlage angemessen verlängert.

2

3

4

Bei Dringlichkeit kann ausnahmsweise: a.

die Frist verkürzt werden;

b.

das Vernehmlassungsverfahren ganz oder teilweise konferenziell durchgeführt werden.

Über ein konferenzielles Vernehmlassungsverfahren ist Protokoll zu führen.

Art. 8

Behandlung der Stellungnahmen

Die Stellungnahmen werden zur Kenntnis genommen, gewichtet und ausgewertet.

Art. 9 1

Öffentlichkeit

Öffentlich zugänglich sind: a.

die Vernehmlassungsunterlagen;

b.

nach Ablauf der Vernehmlassungsfrist die Stellungnahmen und die Protokolle von konferenziellen Vernehmlassungsverfahren;

c.

nach der Kenntnisnahme durch den Bundesrat die Zusammenstellung der Vernehmlassungsergebnisse.

Die Stellungnahmen werden durch Gewährung der Einsichtnahme, Abgabe von Kopien oder Veröffentlichung in elektronischer Form zugänglich gemacht und können zu diesem Zweck technisch aufbereitet werden.

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3

Das Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 20043 findet keine Anwendung.

Art. 10

Anhörungen zu Vorhaben von untergeordneter Tragweite

Das Departement oder die Bundeskanzlei kann zu Vorhaben von untergeordneter Tragweite die betroffenen Kreise ausserhalb der Bundesverwaltung anhören.

1

2

Das Ergebnis einer Anhörung ist öffentlich zugänglich zu machen.

Art. 11

Ausführungsbestimmungen

Der Bundesrat regelt in einer Verordnung die Einzelheiten, namentlich:

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a.

die Planung und die Koordination der einzelnen Vernehmlassungsverfahren;

b.

den Inhalt der Vernehmlassungsunterlagen, deren Bereitstellung und Abgabe;

c.

die Durchführung des Vernehmlassungsverfahrens in elektronischer Form;

d.

die Behandlung der eingereichten Stellungnahmen, namentlich deren Auswertung, technische Aufbereitung, Veröffentlichung und Archivierung.

SR ...; AS ... (BBl 2003 2047)

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Vernehmlassungsgesetz

Art. 12

Änderung bisherigen Rechts

Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert: 1. Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 20024 Art. 112 Abs. 2 Sie gibt den Vorentwurf samt erläuterndem Bericht nach den Bestimmungen des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20055 in die Vernehmlassung.

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2. Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 19836 Art. 39 Abs. 3 Aufgehoben 3. Gewässerschutzgesetz vom 24. Januar 19917 Art. 47 Abs. 2 Aufgehoben Art. 13

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

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Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Ständerat, 18. März 2005

Nationalrat, 18. März 2005

Der Präsident: Bruno Frick Der Sekretär: Christoph Lanz

Die Präsidentin: Thérèse Meyer Der Protokollführer: Christophe Thomann

Datum der Veröffentlichung: 29. März 20058 Ablauf der Referendumsfrist: 7. Juli 2005

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SR 171.10 SR ...; AS ... (BBl 2005 2267) SR 814.01 SR 814.20 BBl 2005 2267

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