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22.021 Botschaft zum Bundesgesetz über die Einführung eines vereinfachten Verfahrens zur Vernichtung von Kleinsendungen im Immaterialgüterrecht vom 26. April 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Einführung eines vereinfachten Verfahrens zur Vernichtung von Kleinsendungen im Immaterialgüterrecht.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. April 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Die Zunahme des Online-Handels führt dazu, dass vermehrt Fälschungen in kleinen Paketen in die Schweiz gelangen. Für das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit haben solche Bagatellfälle einen unverhältnismässigen Aufwand zur Folge. Mit einer Vereinfachung des Verfahrens soll dieser Aufwand reduziert werden, sodass für die eigentliche Kontrolltätigkeit mehr Zeit zur Verfügung steht. Eine weitere Entlastung soll dadurch erzielt werden, dass das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum das administrative Verfahren nach dem Aufgriff von Fälschungen in Kleinsendungen übernimmt.

Ausgangslage Die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums nimmt weltweit zu und verursacht erhebliche Schäden. Das enorme Wachstum des Online-Handels hat das Problem zusätzlich verschärft, indem Fälschungen zunehmend über das Internet bestellt werden und in kleinen Sendungen zu den Empfängerinnen und Empfängern gelangen.

Das stellt die Zollbehörden auch in der Schweiz vor grosse Herausforderungen. Das heutige Verfahren zur Zurückbehaltung und Vernichtung von Waren, die im Verdacht stehen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen, ist sehr aufwendig und entspricht oft nicht den Bedürfnissen der beteiligten Parteien. Das Hauptproblem liegt darin, dass die Rechteinhaberinnen und -inhaber Schritte für ein gerichtliches Verfahren einleiten müssen, bevor sie wissen, ob sich die Empfängerin oder der Empfänger der Ware einer Vernichtung widersetzt. Sie sind deshalb gezwungen, beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) die Übergabe von Proben, Mustern oder Abbildungen oder die Möglichkeit einer Besichtigung der Ware zu beantragen. Dies verursacht erheblichen Administrativaufwand, obschon sich die Person, die die Ware bestellt hat, in den weitaus meisten Fällen einer Vernichtung nicht widersetzt. Dadurch werden zum einen beim BAZG Ressourcen für die Durchführung des Administrativverfahrens gebunden, welche für die Kontrolltätigkeit nicht mehr zur Verfügung stehen. Zum andern ist das heutige Verfahren auch für die Rechteinhaberinnen und -inhaber aufwendig, da sie Vorbereitungen für ein Gerichtsverfahren treffen müssen, obschon es dazu in den allermeisten Fällen gar nicht kommt.

Inhalt der Vorlage Mit der Vorlage soll ein vereinfachtes Verfahren zur Vernichtung von Kleinsendungen eingeführt werden, die
im Verdacht stehen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen. Solche Kleinsendungen mit drei oder weniger Gegenständen machen heute über 90 Prozent der vom BAZG aufgegriffenen Waren aus. Der Kernpunkt der Vereinfachung besteht darin, dass eine Mitteilung der zuständigen Behörde an die Antragstellerin oder den Antragsteller (Rechteinhaberin oder -inhaber) nur noch dann erfolgen soll, wenn feststeht, dass sich die Person, die die Ware bestellt hat, einer Vernichtung widersetzt. Das ist heute in weniger als 5 Prozent der Feststellungen der Fall. Widersetzt sie sich der Vernichtung nicht ausdrücklich oder lässt sie sich innert Frist nicht vernehmen, so wird die Ware von der zuständigen Behörde ohne weiteren Schriftverkehr vernichtet. Eine Information der Antragstellerin oder des Antragstellers über die Menge und die Art der im vereinfachten Verfahren vernichteten Waren sowie über 2 / 28

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deren Absender im In- oder Ausland erfolgt erst im Nachhinein in periodischen Sammelmitteilungen. Dadurch wird der Administrativaufwand für die zuständige Behörde spürbar verringert. Diejenigen Antragstellerinnen und -steller, welche das vereinfachte Verfahren wählen, werden ebenfalls erheblich entlastet, indem sie nur noch in den wenigen Fällen weitere Vorkehrungen treffen müssen, in denen sich die Person, die die Ware bestellt hat, einer Vernichtung widersetzt. Die Rechtsstellung dieser Person hingegen erfährt mit der Vorlage keine Änderung: Ihre Möglichkeiten, die Vernichtung abzulehnen und eine gerichtliche Überprüfung zu verlangen, bleiben unverändert. Mit der Übernahme des administrativen Verfahrens durch das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum nach dem Aufgriff von Kleinsendungen soll das BAZG zudem von Aufgaben entlastet werden, die nicht zu seiner Kerntätigkeit gehören. Das ermöglicht nicht nur eine weitere Effizienzsteigerung, sondern trägt auch zu dem im Rahmen der Revision des Zollrechts angestrebten Ziel bei, die Prozesse beim Vollzug nichtzollrechtlicher Erlasse zu standardisieren.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Studien insbesondere der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Europäischen Union (EU) zeigen, dass die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, insbesondere von Marken und Herkunftsangaben, Patenten, Designs sowie Urheberrechten, erhebliche Schäden verursacht. Diese Schäden reichen von Gewinneinbussen bei den betroffenen Originalherstellern über Ausfälle von Steuern und Sozialabgaben bis hin zu Gesundheitsrisiken für Konsumentinnen und Konsumenten. Die OECD und das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) schätzten 2019 den Handel mit gefälschten Produkten weltweit auf einen Umfang von bis zu 509 Milliarden US-Dollar, was einem Anteil am Welthandel von 3,3 Prozent entspricht. Bei bis zu 6,8 Prozent der Importe in die EU handelt es sich um Produkte, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen. Das entspricht einem Wert von 121 Milliarden Euro. Dabei sind Schweizer Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums weltweit am viertstärksten betroffen.1 Laut einer vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) in Auftrag gegebenen OECD-Studie2 erlitten Unternehmen in der Schweiz jährlich Umsatzeinbussen von rund 4,5 Milliarden Schweizerfranken aufgrund von Verletzungen ihrer Immaterialgüterrechte. Ohne diese Verletzungen hätten diese Unternehmen über 10 000 zusätzliche Arbeitsplätze anbieten können. Der öffentlichen Hand entgehen laut der Studie jährlich rund 160 Millionen Schweizerfranken an Steuer- und anderen Einnahmen.

Bei der Bekämpfung von Fälschung und Piraterie kommt den Zollbehörden eine zentrale Rolle zu. Der Moment, in dem eine Sendung die Grenze passiert, ist oft die einzige Gelegenheit, sie zu überprüfen und bei Verdacht auf einen Rechtsverstoss zurückzubehalten. Die Anforderungen an die Arbeit der Zollbehörden sind in den letzten Jahren stark angestiegen. So haben insbesondere der Boom im Online-Handel und der damit verbundene starke Anstieg an kleineren Post- und Kuriersendungen dazu geführt, dass das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) nur noch einen kleinen Teil der Sendungen tatsächlich kontrollieren kann.

Die Schweiz ist aus offensichtlichen Gründen kein Land, in dem Fälschungen ­ also Waren, die ein Originalprodukt nachahmen und dadurch Rechte des geistigen Eigentums verletzen ­ in grosser Zahl
hergestellt werden. Die Kosten für die Herstellung solcher Waren wären so hoch, dass der wesentliche Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Original ­ der billigere Preis ­ entfallen würde. Fälschungen werden aber auch in der Schweiz gekauft. Laut der Statistik des BAZG wurden 2021 im Handelswaren1

2

Vgl. OECD / EUIPO (2019): Trends in Trade in Counterfeit and Pirated Goods, insbesondere S. 33; abrufbar unter: www.oecd-ilibrary.org > Browse By Theme > Trade > Book Series > Illicit Trade > 18.03.2019.

OECD (2021): Counterfeiting, Piracy and the Swiss Economy; abrufbar unter www.ige.ch > Geistiges Eigentum > Fälschungen und Piraterie > Studien.

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verkehr einschliesslich Post- und Kuriersendungen 5959 Sendungen zurückbehalten, weil sie im Verdacht standen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen. Im Reiseverkehr waren es 2880 Feststellungen. Diese Waren gelangen praktisch ausschliesslich aus dem Ausland in die Schweiz, was die wichtige Rolle der Zollbehörden unterstreicht. Eine weitere Eigenheit ist, dass Fälschungen zum weitaus grössten Teil in Kleinsendungen mit drei oder weniger Gegenständen in die Schweiz gelangen (nach Angaben des BAZG handelt es sich bei über 90 Prozent der zurückbehaltenen Sendungen um Kleinsendungen). Anders als im Ausland finden sich hierzulande keine Märkte oder Strassenhändlerinnen und -händler, die offen Fälschungen anbieten.

Vielmehr finden solche Waren in kleinen Stückzahlen im Reisegepäck oder durch Post- oder Kuriersendungen ihren Weg zur Käuferin oder zum Käufer. Dieses Problem hat sich mit dem enormen Wachstum des Online-Handels zusätzlich verstärkt: Über das Internet können Fälschungen ­ ob bewusst oder in Verkennung der Sachlage ­ gekauft und dann per Post oder Kurier nach Hause bestellt werden.

Um dem BAZG die Möglichkeit zu geben, Fälschungen an der Grenze zurückzubehalten, sieht die Schweizer Gesetzgebung das Instrument der Hilfeleistung im Immaterialgüterrecht vor. Rechteinhaberinnen und -inhaber können beim BAZG einen Antrag stellen, dass Waren, die im Verdacht stehen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen, zurückbehalten werden. Behält das BAZG eine Ware aufgrund eines solchen Antrags tatsächlich zurück, so informiert es zum einen die Antragstellerin oder den Antragsteller (also die Rechteinhaberin oder den Rechteinhaber) selbst und zum andern die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Ware darüber. Die Person, die den Antrag gestellt hat, hat die Möglichkeit, die Ware freizugeben, wenn sie zum Schluss kommt, dass es sich nicht um eine Fälschung handelt. Die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Ware wiederum hat die Möglichkeit, sich der Vernichtung zu widersetzen. Stimmt sie oder er der Vernichtung zu oder lässt sich innert Frist nicht vernehmen, so vernichtet das BAZG die Ware, bewahrt jedoch Proben oder Muster für allfällige Schadenersatzklagen auf. Widersetzt sie oder er sich hingegen
der Vernichtung, so muss die Antragstellerin oder der Antragsteller innert einer kurzen Frist von 10 und in begründeten Fällen 20 Arbeitstagen bei einem Gericht vorsorgliche Massnahmen erwirken, sodass anschliessend in einem Zivilverfahren geklärt werden kann, ob tatsächlich Rechte des geistigen Eigentums verletzt wurden.

Andernfalls wird die Ware herausgegeben.

Dieses Verfahren ist aufwendig und verursacht nicht nur beim BAZG hohen Verwaltungsaufwand,3 sondern entspricht oft auch nicht den Bedürfnissen der beteiligten Parteien. Das Kernproblem liegt darin, dass die Fristen zur Stellungnahme durch die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer und diejenige zur Erwirkung von vorsorglichen Massnahmen durch die antragstellende Person zum gleichen Zeitpunkt zu laufen beginnen und auch gleich lange dauern: Erstere haben ab der Mitteilung der Zurückbehaltung 10 oder in begründeten Fällen 20 Arbeitstage Zeit, sich der Vernichtung zu widersetzen. Die antragstellende 3

Vgl. Bericht des Bundesrates vom 13. September 2019 «Vollzug nichtzollrechtlicher Erlasse durch die Eidgenössische Zollverwaltung. Wer steuert, wie werden die Prioritäten gesetzt?»; abrufbar unter www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Medienmitteilungen des Bundesrats > 13.09.2019.

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Person verfügt über dieselbe Frist, um vorsorgliche Massnahmen bei einem Gericht nicht nur einzuleiten, sondern zu erwirken, also ein Urteil zu erlangen. Konkret bedeutet dies, dass sie gezwungen ist, bereits zu Beginn der Frist sämtliche Vorkehrungen zu treffen, um für den Fall, dass die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Ware die Vernichtung ablehnt, rechtzeitig zu einem Urteil im Massnahmeverfahren zu gelangen. Würde sie diese Vorkehrungen erst einleiten, wenn sie von der Ablehnung Kenntnis erhält, so würde nicht mehr genügend Zeit verbleiben. Dadurch wird auch dem BAZG ein hoher Aufwand verursacht. Es muss nach der Zurückbehaltung beide Parteien gleichzeitig informieren und die Fristen überwachen. Die Antragstellerinnen und -steller beantragen zudem regelmässig die Zustellung von Abbildungen der Ware oder von Proben oder Mustern, damit sie einschätzen können, ob es sich um Fälschungen handelt und die Einleitung eines Verfahrens angezeigt ist. In der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle erweist sich dies allerdings im Nachhinein als unnötig, weil die Vernichtung der Ware gar nicht abgelehnt wird. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass es sich bei deutlich über 90 Prozent der zurückbehaltenen Waren um Kleinsendungen von drei oder weniger Gegenständen handelt, und dass den Käuferinnen und Käufern dieser Waren in der Regel bewusst ist, dass sie eine Fälschung gekauft haben. Sie haben deshalb ein Interesse, sich der Vernichtung nicht zu widersetzen und möglichst ohne weitere Folgen «aus der Sache wieder herauszukommen». Abgelehnt wird die Vernichtung der Ware es in weniger als 5 Prozent der Fälle.

Der hohe Aufwand, welcher durch das gegenwärtige Verfahren verursacht wird, bindet beim BAZG Ressourcen und führt letztlich dazu, dass weniger Sendungen kontrolliert werden können. Dadurch gelangen mehr Fälschungen in die Schweiz. Das BAZG hat als Folge des Stabilisierungsprogramms 2017­2019 nach einer Straffung der Prozesse unter anderem im Bereich des Immaterialgüterrechts Stellen abgebaut, während sich z. B. der Import von Kleinwarensendungen aus dem asiatischen Raum zwischen 2014 und 2018 nahezu versechsfacht hat. Ab dem 1. Januar 2017 ist die Anzahl Feststellungen insbesondere im wichtigen Handelswarenverkehr einschliesslich Post- und
Kuriersendungen zunächst spürbar zurückgegangen (2015: 3621, 2016: 3125, 2017: 1633, 2018: 1686). 2019 wurden zwar wieder 2905 Sendungen festgestellt, und 2020 und 2021 waren es sogar 4433 bzw. 5959 ­ eine Zunahme, die insbesondere auf die gesteigerte Kontrolltätigkeit des BAZG im Postverkehr vor dem Hintergrund der Covid-19-bedingten zunehmenden Attraktivität des Online-Handels infolge geschlossener Läden und verbotenem Einkaufstourismus zurückzuführen ist.

Aber auch wenn es bei der Anzahl Feststellungen naturgemäss zu Schwankungen kommt, führen die limitierten Ressourcen des BAZG verbunden mit dem aufwendigen Verfahren dazu, dass weniger Fälschungen aufgegriffen werden können. Mit einer Vereinfachung des Verfahrens zur Vernichtung von Kleinsendungen könnte der Aufwand des BAZG spürbar verringert werden, was wiederum dazu führen kann, dass mehr Sendungen geprüft und gegebenenfalls mehr Feststellungen gemacht werden können. Schliesslich verbindet der Bundesrat mit dem Digitalisierungs- und Transformationsprogramm DaziT auch in organisatorischer Hinsicht die Erwartung, dass in allen Verwaltungseinheiten die durch Effizienzgewinne frei gewordenen Ressourcen mitunter zur gezielten Vollzugsoptimierung eingesetzt werden. Wie die eingangs erwähnte Studie der OECD und des EUIPO zeigt, hat der Handel mit Fälschungen in den letzten Jahren gleichzeitig deutlich zugenommen (2013: Anteil am Welthandel 6 / 28

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von 2,5 % und ein Umfang von 461 Mrd. USD, 2016: 3,3 % und ein Umfang von 509 Mrd. USD). Die OECD und das EUIPO schätzen diese Resultate als alarmierend ein.

Die EU hat mit der Verordnung (EU) Nr. 608/20134 vom 12. Juni 2013 ein vereinfachtes Verfahren für die Vernichtung von Waren in Kleinsendungen eingeführt. Es zeichnet sich im Wesentlichen dadurch aus, dass zunächst nur die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Ware von der Zurückbehaltung und bevorstehenden Vernichtung unterrichtet wird; nur wenn sie oder er sich der Vernichtung widersetzt, wird dies der antragstellenden Person notifiziert. Erst ab diesem Zeitpunkt beginnt die Frist von 10 oder in begründeten Fällen 20 Arbeitstagen zu laufen, innert welcher diese gegebenenfalls vorsorgliche Massnahmen erwirken kann. Dieses Verfahren hat gegenüber dem heute in der Schweiz geltenden eine Reihe von Vorteilen: Die Antragstellerin oder der Antragsteller muss nur dann tätig werden, wenn die Vernichtung der Ware abgelehnt wird, was in weniger als 5 Prozent der Feststellungen der Fall ist. Dadurch entstehen den Antragstellerinnen und -stellern weniger Kosten, welche diese unter Umständen auf die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer abzuwälzen versuchen. Diese wiederum können die Angelegenheit unkompliziert beilegen, wenn sie tatsächlich eine Fälschung einzuführen versucht haben. Sie laufen nicht Gefahr, von den Antragstellerinnen und -stellern nachträglich für eine Entschädigung der Umtriebe belangt zu werden. Sie haben aber uneingeschränkt die Möglichkeit, sich einer Vernichtung zu widersetzen und die Antragstellerin oder den Antragsteller zu zwingen, die Rechtslage auf gerichtlichem Weg zu klären. Für die zuständige Behörde bedeutet ein solches Verfahren schliesslich einen geringeren Aufwand: In der überwiegenden Zahl der Fälle kann eine Information der antragstellenden Person unterbleiben, weil die Vernichtung nicht abgelehnt wird. Dadurch müssen auch keine Abbildungen erstellt oder Proben oder Muster entnommen und zugesandt werden. Auf diese Weise lassen sich Bagatellfälle mit Kleinsendungen unkomplizierter erledigen, was im Interesse aller Beteiligten und der Zollbehörden liegt.

Die Hilfeleistung des BAZG zur Durchsetzung von Immaterialgüterrechten
stellt einen Vollzug von nichtzollrechtlichen Erlassen (ab Inkrafttreten des BAZG-Vollzugsaufgabengesetzes5: «nichtabgaberechtliche Erlasse») dar. Im Rahmen des Digitalisierungs- und Transformationsprogramms DaziT und mit der entsprechenden Revision des Zollrechts strebt der Bundesrat eine Standardisierung im Vollzug dieser Erlasse an, um die Effizienz und Effektivität in diesem Bereich zu verbessern.6 Mit einem Übergang der Zuständigkeit für das administrative Verfahren nach dem Aufgriff von Kleinsendungen auf das sachlich zuständige IGE wird diesem Ziel Rechnung getragen. Das BAZG wird dadurch von Aufgaben entlastet, die nicht zu seinen Kerntätigkeiten gehören. Damit können weitere Effizienzsteigerungen erzielt werden. Ziel 4

5 6

Verordnung (EU) Nr 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates, ABl. L 181 vom 29. Juni 2013, S. 15.

Entwurf des Bundesrates: BBl 2022 2725.

Vgl. Botschaft vom 24. August 2022 zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil der Abgabenerhebung und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit sowie zur Totalrevision des Zollgesetzes zum neuen Zollabgabengesetz, BBl 2022 2724 S. 53.

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dieser Vorlage ist es somit, mit einer Vereinfachung des Verfahrens zur Vernichtung von Waren in Kleinsendungen und einer Verlagerung der Zuständigkeit bei Kleinsendungen die Erledigung von Bagatellfällen zu vereinfachen und dadurch den Aufwand des BAZG zu verringern. Dadurch steht mehr Zeit für die Durchführung von Kontrollen zur Verfügung, was wiederum ermöglicht, mehr Fälschungen an der Grenze aufzugreifen.

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Die Hauptschwierigkeit beim heutigen Verfahren liegt darin, dass die Fristen zur Stellungnahme durch die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer und diejenige zur Erwirkung von vorsorglichen Massnahmen durch die antragstellenden Personen zum gleichen Zeitpunkt zu laufen beginnen und auch gleich lange dauern. Dadurch entsteht sowohl den antragstellenden Personen als auch dem BAZG ein hoher Aufwand, der sich in der Mehrzahl der Fälle im Nachhinein als unnötig erweist, weil sich die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Vernichtung nicht widersetzt.

Zunächst wurde deshalb geprüft, welche Verfahrensvereinfachungen bereits unter geltendem Recht möglich wären. Dabei wurde erwogen, beim heutigen Verfahren die Fristen zur Mitteilung an die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer und Eigentümer einerseits und zur Information der Antragstellerin oder des Antragstellers andererseits nacheinander laufen zu lassen, das heisst, Letztere oder Letzteren also nur zu informieren und weitere Verfahrensschritte erst dann durchzuführen, wenn sich die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Vernichtung ausdrücklich widersetzt. Der Gesetzeswortlaut verlangt jedoch die gleichzeitige Mitteilung (siehe statt vieler Art. 72 des Markenschutzgesetzes vom 28. August 19927; MSchG), weshalb diese Lösung ohne Gesetzesänderung nicht möglich ist. Zudem stellt der Gesetzestext die Umsetzung der Bestimmungen des Abkommens vom 15. April 19948 über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen) dar, welches in Artikel 54 eine gleichzeitige Information der antragstellenden Person und der Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder des Anmelders, Besitzers oder Eigentümers vorsieht. Allerdings können die Mitglieder geringe, nicht zum Handel geeignete Mengen von Waren, die sich im persönlichen Gepäck von Reisenden oder in Kleinsendungen befinden, von der Anwendung ausnehmen, also im nationalen Recht abweichend regeln.

Als weitere Vereinfachung wurden Massnahmen geprüft, die den Administrativaufwand verringern sollen, so z. B. die Aufbewahrung der zurückbehaltenen Gegenstände durch eine Drittperson, das Versenden von Mitteilungen per E-Mail
statt mit (eingeschriebener) Post, das gleichzeitige Zusenden der Meldung über eine angehaltene Sendung und der verlangten Fotos an die Rechteinhaberin oder den Rechteinhaber oder das Erstellen einer Sammelrechnung anstelle von Einzelrechnungen pro an7 8

SR 232.11 SR 0.632.20, Anhang 1C

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gehaltene Sendung. Nach Einschätzung des BAZG gibt es dabei aber kein oder lediglich geringes Einsparungspotenzial.

Zudem wurden zwei weitere Ansätze diskutiert, die ebenfalls eine Gesetzesänderung erfordern würden: einerseits die sofortige Vernichtung von zurückbehaltenen Waren an Ort und Stelle in klaren Fällen und eine blosse Mitteilung an die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer (d. h. ohne dass sich diese oder dieser widersetzen kann), andererseits die Überlassung der zurückbehaltenen verdächtigen Gegenstände an die Antragstellerin oder an den Antragsteller (z. B. im Falle von Uhren an den Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH), die oder der dann die weiteren Schritte durchführen muss. Gegen beide Ansätze bestehen rechtsstaatliche Bedenken. Letztlich stehen zwei absolute Rechtspositionen, die durch die Eigentumsgarantie verfassungsrechtlich geschützt sind, in Konkurrenz: Das Sacheigentum an der Ware und das geistige Eigentum am darin verkörperten Immaterialgüterrecht. Anders als z. B. bei widerrechtlich eingeführten Lebensmitteln (wo der Rechtsverstoss allein im Umstand liegt, dass die Ware von einem bestimmten Herkunftsort eingeführt wird, was durch die Zollbehörden ohne Weiteres beurteilt werden kann), ist die Beurteilung, ob im konkreten Fall eine Immaterialgüterrechtsverletzung vorliegt oder nicht, nicht immer einfach. Beim ersten Ansatz würde diese Rechtsfrage abschliessend durch die Zollbehörden (ohne Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts) beurteilt, was problematisch und ­ soweit bekannt ­ in vergleichbaren Rechtsordnungen nirgends der Fall ist. Mit einiger Wahrscheinlichkeit würde ein solches Verfahren auch gegen das TRIPS-Abkommen verstossen, weil der Eigentümerin oder dem Eigentümer der verdächtigen Ware keine Möglichkeit offenstände, die Frage einer Immaterialgüterrechtsverletzung von einem Gericht klären zu lassen.

Auch der zweite Ansatz weckt Bedenken, weil die verdächtigen Waren nicht einer neutralen Behörde, sondern der Gegenpartei in Obhut gegeben werden, bevor sich die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer äussern konnte.

Folglich sind über die Einführung eines vereinfachten Vernichtungsverfahrens bei Kleinsendungen nach dem Vorbild der EU hinaus keine weiteren Verfahrensvereinfachungen bekannt, welche Einsparungen bringen würden und gleichzeitig rechtsstaatlich vertretbar wären.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 20209 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202010 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

Im Rahmen des Digitalisierungs- und Transformationsprogramms DaziT beabsichtigt das BAZG, seine Prozesse zu vereinheitlichen und zu vereinfachen, um so Effizienz-

9 10

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gewinne zu erzielen und die Sicherheit innerhalb der Landesgrenzen zu erhöhen.11 Das Zollrecht soll umfassend revidiert und das heute geltende Zollgesetz vom 18. März 200512 (ZG) soll abgelöst werden durch das neue BAZG-Vollzugsaufgabengesetz sowie das neue Zollabgabengesetz. Die Anliegen der Revision des Zollrechts13 und der hier präsentierten Vorlage decken sich: Es geht namentlich um die Vereinfachung von Verfahren und dadurch um den Abbau von Verwaltungsaufwand. Schliesslich beabsichtigt das BAZG, eine vereinfachte Vernichtung von Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert vorzusehen. Ein solches Verfahren ist nötig, um das Massengeschäft zu bewältigen, welches heute insbesondere durch illegale Waren geprägt ist, die als Kleinsendungen im Online-Handel eingeführt werden. Die hier präsentierte Vorlage ist mit dem BAZG und der im neuen Zollrecht beabsichtigten Regelung des Verfahrens für Waren in kleinen Mengen und von unbedeutendem Wert abgestimmt. Für das Immaterialgüterrecht ist aber aus den folgenden Gründen eine besondere Regelung ausserhalb des Zollrechts nötig: Anders als in anderen Bereichen ist beim Verdacht auf Verletzungen des geistigen Eigentums jeweils nicht eine, sondern es sind zwei Parteien betroffen. Zum einen ist das die sachenrechtliche Eigentümerin oder der sachenrechtliche Eigentümer beziehungsweise die Besitzerin oder der Besitzer der Ware, zum andern die Inhaberin oder der Inhaber des Immaterialgüterrechts. Das macht es erforderlich, den Interessen beider Parteien Rechnung zu tragen.

Die Vernichtung einer Ware, die im Verdacht steht, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen, kann ohne Urteil über die Rechtslage eines zuständigen Gerichts nur in Frage kommen, wenn sich der sachenrechtliche Eigentümer bzw. Besitzer nicht widersetzt. Ihm muss mit anderen Worten stets die Möglichkeit offenstehen, eine gerichtliche Überprüfung zu verlangen. Hinzu kommt, dass die Hilfeleistung des BAZG im Immaterialgüterrecht ­ anders als in anderen Bereichen ­ gebührenpflichtig ist.

Der Antragsteller muss für den Aufwand der Zollbehörden aufkommen und eine Gebühr sowohl für die Behandlung des Antrags auf Hilfeleistung als auch für nachfolgende besondere Anträge bezahlen, wie die Entnahme von Proben oder Mustern.

Schliesslich ist die Hilfeleistung des BAZG bereits heute in den
jeweiligen Immaterialgüterrechtsgesetzen geregelt. Diese Besonderheiten rechtfertigen es, das vereinfachte Verfahren zur Vernichtung von Kleinsendungen im Immaterialgüterrecht gesondert in den einschlägigen Gesetzen und nicht im neuen Zollrecht zu regeln.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die hängige Motion Bühler vom 16. März 2018 (18.3315 «Internationaler OnlineVersandhandel. Effiziente Kontrollverfahren bei der Eidgenössischen Zollverwaltung») fordert den Bundesrat auf, die gesetzlichen Kontroll- und Verfahrensbestimmungen zu straffen und die für eine sachgerechte Umsetzung notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um den zollrechtlichen und nichtzollrechtlichen Herausforderungen des stetig zunehmenden grenzüberschreitenden Online-Versandhandels zu begegnen.

Nebst der vollständigen Digitalisierung der Zollformalitäten sollen im Rahmen von 11 12 13

Vgl. www.bazg.admin.ch > Themen > Transformationsprogramm DaziT.

SR 631.0 Entwurf des Bundesrates: BBl 2022 2725; Parlamentsnummer 22.058.

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DaziT auch die Geschäftsprozesse vereinfacht und vereinheitlicht werden. Damit wird die Forderung nach Vereinfachung und Standardisierung derartiger Geschäftsprozesse der im Parlament angenommenen Motion Bühler entsprochen. Die Motion wird deshalb im Zusammenhang mit der Zollgesetzrevision erledigt.

2

Vernehmlassungsverfahren

2.1

Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vernehmlassung wurde am 15. Januar 2020 eröffnet und dauerte bis am 30. April 2020. Es sind insgesamt 50 Rückmeldungen eingegangen: Es haben sich 26 Kantone, das Bundesgericht, das Bundesverwaltungsgericht, drei politische Parteien, vier gesamtschweizerische Dachverbände und 15 interessierte Organisationen schriftlich vernehmen lassen. Die Vorlage wurde von den Teilnehmenden des Vernehmlassungsverfahrens durchwegs positiv aufgenommen. Viele Stellungnahmen bestätigen, dass der Warenverkehr in Kleinsendungen aufgrund des wachsenden Online-Handels zunimmt. Die geplanten Massnahmen bei Fälschungen in Kleinsendungen werden als geeignet angesehen, die damit zusammenhängenden Gefahren zu minimieren sowie den Administrativaufwand für das BAZG und die Rechteinhaberinnen und -inhaber zu senken. Begrüsst wird die Möglichkeit, dass zwischen dem bisherigen und dem vorgeschlagenen neuen Verfahren gewählt werden kann. Ein Kanton möchte, dass die Anwendung der Immaterialgüterrechtsgesetze von derjenigen der Heilmittelgesetzgebung abgegrenzt wird. Einige Teilnehmende wünschen, dass die antragstellende Person in der Sammelmitteilung zusätzlich zur Art und Menge der Waren weitere Informationen erhält. Während die Konsumentinnen und Konsumenten begrüssen, dass die Rechteinhaberinnen und -inhaber bei einer vereinfachten Vernichtung keinen Regress nehmen können, sehen einige Rechteinhaberinnen und -inhaber darin eine Ungleichbehandlung: Die Rechteinhaberin oder der Rechteinhaber hafte gegenüber der Bestellerin oder dem Besteller im Falle einer unbegründeten Vernichtung für den entstandenen Schaden auch dann, wenn sich die Person, die die Ware bestellt hat, der Vernichtung nicht widersetzt hatte. Des Weiteren wird vorgeschlagen, nebst der Einführung eines neuen Verfahrens auch das bisher bestehende anzupassen. Für die Definition der «Kleinsendungen», welche gemäss dem Entwurf an den Bundesrat delegiert werden soll, wird empfohlen, das Vertragswerk des Weltpostvereins zu berücksichtigen.

Detaillierter zusammengefasst werden die eingegangenen Stellungnahmen im Ergebnisbericht.14

14

www.fedlex.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2020 > EJPD

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2.2

Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Alle eingegangenen Stellungnahmen äussern sich positiv zur Vorlage, soweit sie sich nicht enthalten. Einige Stellungnahmen enthalten Anmerkungen und Fragen, die jedoch die Substanz der Vorlage nicht in Zweifel ziehen. Die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens führten zu punktuellen Anpassungen der Vorlage, um den Anliegen der Teilnehmenden Rechnung zu tragen. So soll die Antragstellerin oder der Antragsteller periodisch nicht nur über Art und Menge der im vereinfachten Verfahren vernichteten Waren informiert werden, sondern auch über deren Absender im In- und Ausland. Um das Risiko eines Schadens zu vermeiden, falls sich eine Vernichtung im Nachhinein doch als ungerechtfertigt erweist, soll eine solche frühestens drei Monate nach der Mitteilung über die zurückbehaltene Ware erfolgen. Wo sich die Interessen von Anmelderinnen, Besitzerinnen und Eigentümerinnen beziehungsweise von Anmeldern, Besitzern oder Eigentümern und jene der antragstellenden Personen entgegenstehen, muss das neue Verfahren eine ausgeglichene Lösung schaffen; die Interessenlage zwischen Sacheigentum und geistigem Eigentum soll gut austariert sein.

Zudem soll das Verfahren den Verwaltungsaufwand reduzieren, gleichzeitig aber für die antragstellende Person attraktiv gestaltet sein.

Ausdrücklich offen gelassen wurde in der Vernehmlassungsvorlage die Frage, welche Behörde das Verfahren nach dem Aufgriff einer Kleinsendung durch das BAZG führen soll. Gestützt auf die weiteren Abklärungen wird in der Vorlage nun vorgeschlagen, dass das BAZG die Zuständigkeit für den Vollzug im Verfahren nach dem Aufgriff von Kleinsendungen dem für diesen Rechtsbereich zuständigen IGE übertragen kann.

Die Einfuhr von Waren, welche das Immaterialgüterrecht verletzen, bleibt weiterhin straffrei; es soll keine Kriminalisierung der Personen, die die Waren bestellen, erfolgen. In diesem Zusammenhang soll bei einer Kleinsendung der Anspruch der antragstellenden Person auf Schadenersatz ausgeschlossen werden, wenn die Person, die die Ware bestellt hat, der Vernichtung zustimmt oder sich nicht vernehmen lässt. In diesen Fällen soll die antragstellende Person nicht darüber informiert werden, wer die Ware bestellt hat, was auch der europäischen Lösung entspricht. Hingegen können weitere Angaben zu im vereinfachten Verfahren vernichteten Waren, welche das
BAZG bereits erfasst hat, der antragstellenden Person in der Sammelmitteilung zur Verfügung gestellt werden. Damit kann verschiedenen Anliegen Rechnung getragen werden, ohne dass ein erheblicher Mehraufwand entsteht (und damit die angestrebten Effizienzgewinne in Frage gestellt werden könnten).

Mit der hier präsentierten Vorlage ändert sich im Verhältnis zum Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 200015 (HMG) nichts: Die beiden Rechtsgebiete schützen unterschiedliche Rechtsgüter, weshalb auch weiterhin die Einfuhr einer Sendung, welche unter dem HMG erlaubt ist, aufgrund des immaterialgüterrechtlichen Schutzes verboten sein kann.

Das Vertragswerk des Weltpostvereins enthält keine ausdrückliche Definition des Begriffs der Kleinsendung. Mit der im Entwurf enthaltenden Delegationsnorm, die sich 15

SR 812.21

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an der Definition der EU orientiert und auch mit der neuen Zollgesetzgebung vereinbar ist, wird der Anwendungsbereich des neuen Verfahrens begrenzt, ohne im Widerspruch zum Vertragswerks des Weltpostvereins zu stehen.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die EU kennt ein vereinfachtes Verfahren für die Vernichtung von Waren in Kleinsendungen, die im Verdacht stehen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen. Es wurde mit der Verordnung (EU) Nr. 608/201316 per 1. Januar 2014 eingeführt.

Wie unter Ziffer 1.1 dargelegt, zielt es auf eine Verringerung des Verwaltungsaufwands in Bagatellfällen ab, die aufgrund des Wachstums im Online-Handel stark zugenommen haben. Nach Einschätzung der EU bewährt sich das Verfahren und es hat, wie erhofft, zu einer Steigerung der Feststellungen geführt.17

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Mit der Vorlage sollen in einem Mantelerlass die Bestimmungen zur Hilfeleistung im Immaterialgüterrecht in den Gesetzen des geistigen Eigentums so ergänzt werden, dass bei Kleinsendungen ein vereinfachtes Verfahren zu deren Vernichtung zur Anwendung kommen kann. Betroffen sind das Urheberrechtsgesetz vom 9. Oktober 199218 (URG), das MSchG, das Designgesetz vom 5. Oktober 200119 (DesG) und das Patentgesetz vom 25. Juni 195420 (PatG). Das Topographiengesetz vom 9. Oktober 199221 (ToG) und das Wappenschutzgesetz vom 21. Juni 201322 (WSchG) enthalten keine eigenen Bestimmungen zur Hilfeleistung, sondern verweisen auf die Bestimmungen des Markenschutz- bzw. des Urheberrechtsgesetzes (vgl. Art. 12 ToG und Art. 32 WSchG).

Ausserdem bringt die neue Zuständigkeitsordnung für das Verfahren zur Vernichtung von Kleinsendungen im Immaterialgüterrecht mit sich, dass das Bundesgesetz vom 24. März 199523 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGEG) angepasst werden muss.

Künftig haben Antragstellerinnen und Antragsteller zwei Möglichkeiten, wenn es sich bei der zurückbehaltenen Ware um eine Kleinsendung handelt: Sie können das BAZG 16 17

18 19 20 21 22 23

Vgl. Fussnote in Ziff. 1.1.

Vgl. European Commission: EU customs action to tackle the infringement of intellectual property right ­ Frequently Asked Questions, Factsheet vom 27. Oktober 2015; https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/memo_15_5921.

SR 231.1 SR 232.12 SR 232.14 SR 231.2 SR 232.21 SR 172.010.31

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gleichzeitig mit dem Antrag auf Hilfeleistung ersuchen, die Ware entweder nach dem bisherigen Verfahren oder nach dem vereinfachten Verfahren zu vernichten. Beide Wege haben sowohl Vor- als auch Nachteile: Das bisherige Verfahren gewährt der antragstellenden Person mehr Mitwirkungsrechte und sie erhält mehr Informationen über die zurückbehaltenen Waren. Mit dem vereinfachten Verfahren reduzieren sich Aufwand und Gebührenbelastung. In beiden Verfahren hat die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Ware das uneingeschränkte Recht, sich der Vernichtung zu widersetzen; die antragstellende Person wird dadurch gezwungen, den Rechtsweg zu beschreiten. Widersetzt sie oder er sich der Vernichtung nicht, so hat das vereinfachte Verfahren den Vorteil, dass sie oder er keine Gefahr läuft, von der antragstellenden Person nachträglich wegen der Umtriebe im Zusammenhang mit dem Aufgriff und der Vernichtung belangt zu werden. Auch die Verordnung (EU) Nr. 608/201324 kennt beide Arten von Verfahren.

Das vereinfachte Vernichtungsverfahren bei Kleinsendungen setzt einen entsprechenden Antrag der Rechteinhaberin oder des Rechteinhabers voraus. Liegt ein solcher vor, läuft das Verfahren wie folgt ab:

24

­

Hat das BAZG den Verdacht, dass eine zum Verbringen ins oder aus dem Zollgebiet bestimmte Ware in einer Kleinsendung gegen Rechte des geistigen Eigentums verstösst, so behält es die Ware zurück.

­

Das BAZG kann die Zuständigkeit für das weitere Verfahren dem IGE übertragen.

­

Die zuständige Behörde informiert die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer über die zurückbehaltene Ware und weist sie oder ihn darauf hin, dass die Ware vernichtet wird, wenn die Vernichtung nicht innert 10 Tagen seit Erhalt der Mitteilung ausdrücklich abgelehnt wird.

­

Lehnt sie oder er die Vernichtung innert dieser Frist ab, so wird dies der antragstellenden Person mitgeteilt. Diese hat nun 10 oder in begründeten Fällen 20 Arbeitstage Zeit, vorsorgliche Massnahmen zu erwirken.

­

Wird die Vernichtung hingegen nicht fristgerecht und ausdrücklich abgelehnt, so wird die Ware auf Kosten der Antragstellerin oder des Antragstellers vernichtet. Schadenersatzansprüche gegen die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer werden ausdrücklich ausgeschlossen. Die Vernichtung der Ware soll frühestens drei Monate nach Ablauf der Frist erfolgen. Auf diese Weise kann der Gefahr begegnet werden, dass es in seltenen Fällen wegen Verpassens der Frist zu einer ungerechtfertigten Vernichtung käme und sich die antragstellende Person mit Schadenersatzforderungen konfrontiert sehen könnte.

­

Die Antragstellerin oder der Antragsteller erhält periodisch Informationen über Menge und Art sowie zum Absender der im vereinfachten Verfahren vernichteten Waren.

Vgl. Fussnote in Ziff. 1.1.

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Die wesentlichen Unterschiede zum heutigen Verfahren sind: ­

Eine Mitteilung an die antragstellende Person über die Zurückbehaltung erfolgt nur, wenn die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Ware deren Vernichtung ausdrücklich ablehnt.

­

Lehnt sie oder er die Vernichtung nicht ausdrücklich ab, so sind Schadenersatzansprüche der antragstellenden Person gegen sie oder ihn (etwa für die Kosten der Vernichtung) ausdrücklich ausgeschlossen.

­

Eine Information der antragstellenden Person erfolgt erst im Nachhinein in regelmässigen Sammelmitteilungen und beschränkt sich auf gewisse Angaben wie die Menge und Art sowie den Absender der im vereinfachten Verfahren vernichteten Waren.

Die Vorlage eröffnet zudem die Möglichkeit, dass das auf den Aufgriff der Kleinsendung folgende administrative Verfahren vom BAZG auf die sachlich zuständige Behörde, also das IGE, übergeht. Damit wird dem Ziel Rechnung getragen, das der Bundesrat im Rahmen des Digitalisierungs- und Transformationsprogramms DaziT verfolgt, nämlich die Standardisierung der Prozesse beim Vollzug der sogenannten nichtzollrechtlichen Erlasse, zu denen auch die Immaterialgüterrechtsgesetze gehören. Die Vorlage sieht deshalb vor, dass das BAZG die Zuständigkeit für die Durchführung des Verfahrens an das IGE übertragen kann. Eine ähnliche Aufgabendelegation ist etwa im Bereich des Heilmittelrechts in Artikel 66 Absatz 5 HMG vorgesehen.

Dort übernimmt die Heilmittelbehörde Swissmedic das Verfahren nach dem Aufgriff von Kleinsendungen.

4.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Bei der Hilfeleistung des BAZG im Immaterialgüterrecht gilt bereits heute das Verursacherprinzip: Die Antragstellerinnen und Antragsteller haben für die Dienstleistungen der Zollbehörden Gebühren zu entrichten. Die Vorlage ändert daran nichts.

Mit dem Übergang der Zuständigkeit für das administrative Verfahren nach dem Aufgriff einer Kleinsendung auf das IGE werden die darauf entfallenden Gebühren vom IGE erhoben. Die rechtliche Grundlage findet sich in Artikel 13 IGEG, der um diese Gebühren erweitert werden soll.

4.3

Umsetzungsfragen

Die Hilfeleistung im Immaterialgüterrecht wird heute vom BAZG umgesetzt. Mit der Einführung des vereinfachten Vernichtungsverfahrens bei Kleinsendungen wird sich der Vollzugsaufwand für die beteiligten Behörden verringern. Die Möglichkeit eines Übergangs der Zuständigkeit auf das IGE für das administrative Verfahren, welches auf den Aufgriff einer Kleinsendung folgt, bietet die Chance zusätzlicher Effizienzgewinne, indem das BAZG von Aufgaben entlastet wird, die nicht zu seiner Kerntätigkeit gehören. Ausserdem wird dem Ziel des Digitalisierungs- und Transformations15 / 28

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programms DaziT Rechnung getragen, die Prozesse beim Vollzug nichtzollrechtlicher Erlasse zu standardisieren. Weitere Ausführungen zum Verfahren der vereinfachten Vernichtung für Kleinsendungen werden im Verordnungsrecht konkretisiert.

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Allgemeine Erläuterungen

Terminologische Anpassungen im Zusammenhang mit der Harmonisierung mit dem Zollrecht betreffen alle immaterialgüterrechtlichen Erlasse in den verschiedenen Sprachfassungen. Gleichzeitig wird darauf geachtet, dass der Begriff «BAZG» und dessen Wiederholung in den verschiedenen Gesetzen sowie den unterschiedlichen Sprachfassungen einheitlich verwendet wird. Zudem wird in den deutschen Fassungen des URG, des MSchG und des PatG der Begriff «Werktage» mit «Arbeitstage» ersetzt (im DesG wird bereits der Begriff «Arbeitstage» verwendet) ­ dies aufgrund der entsprechenden Terminologie im TRIPS-Abkommen. In den französischen und italienischen Texten erfolgen begriffliche Erweiterungen bei «échantillons» und «campioni», womit eine Vereinheitlichung mit der deutschen Version von «Proben oder Muster» erzielt wird.

Diese terminologischen Anpassungen werden nachfolgend bei den einzelnen Bestimmungen oder Gesetzen erwähnt. Der in den Erlassen verwendete Begriff «Ware» wird neu grundsätzlich durchgängig in der Einzahl verwendet ­ mit Ausnahme der Gliederungstitel und Sachüberschriften ­, was nachfolgend nicht besonders angemerkt wird.

Der französische und der italienische Text sind von dieser redaktionellen Anpassung nicht betroffen.

5.2

Urheberrechtsgesetz

Gliederungstitel vor Art. 75 Die Kapitelüberschrift wird angepasst und ersetzt die bisherige Überschrift «Hilfeleistung des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit». Damit wird die Handlung ins Zentrum gerückt, welche die Hilfeleistung auslöst, nämlich das Verbringen ins oder aus dem Zollgebiet.

Art. 75

Anzeige verdächtiger Waren

Absatz 1 enthält lediglich eine terminologische Anpassung, indem «Ein-, Aus- oder Durchfuhr» mit «Verbringen ins Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet» ersetzt wird.

In Absatz 2 wird die Wiederholung von «BAZG» gestrichen und mit dem Artikel «es» ersetzt. Die deutsche Fassung erfährt eine rein terminologische Anpassung, indem der Begriff «Werktage» durch den Begriff «Arbeitstage» (gemäss TRIPS-Abkommen) ersetzt wird.

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Im Rahmen der laufenden Zollgesetzrevision25 werden bestimmte Begriffe neu definiert (z. B. «Einfuhr» und «Ausfuhr»), andere Begriffe werden neu dazu kommen (z. B. «grenzüberschreitender Warenverkehr») . Diese Begriffe sollen mithilfe von Koordinationsbestimmungen in die vorliegenden Gesetze übernommen werden, sobald das BAZG-Vollzugsaufgabengesetz in Kraft tritt. Dies gilt für sämtliche betroffenen Artikel in allen vorliegenden Gesetzen.

Art. 76

Antrag auf Hilfeleistung

Artikel 76 wird totalrevidiert und die Absätze werden neu nummeriert. Der Begriff «Zollgebiet» wird in Artikel 3 ZG definiert und hier neu anstelle von «schweizerisches Zollgebiet» verwendet.

Wie bis anhin muss eine Rechteinhaberin oder ein Rechteinhaber einen Antrag auf Hilfeleistung stellen, damit die Zollbehörde eine Ware zurückbehalten kann, die im Verdacht steht, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen. Dabei hat sie oder er nach wie vor die Möglichkeit, die Vernichtung der Ware im ordentlichen Verfahren ­ wie es im geltenden Recht besteht ­ zu beantragen: Der bisherige Artikel 77c Absatz 1 wird neu in Absatz 2 Buchstabe a des vorliegenden Artikels 76 geregelt. Handelt es sich um eine Kleinsendung, sieht der neue Absatz 2 Buchstabe b darüber hinaus vor, dass eine Rechteinhaberin oder ein Rechteinhaber die Durchführung des vereinfachten Verfahrens zur Vernichtung der Ware gemäss Artikel 77hbis beantragen kann.

Rechteinhaberinnen und -inhaber haben künftig also die Wahl, im Falle von Kleinsendungen das herkömmliche ordentliche oder aber das neue vereinfachte Verfahren zu beschreiten. Sie können somit dasjenige Verfahren wählen, das ihren Bedürfnissen am besten entspricht: Während die einen, z. B. im Bereich von Luxusuhren, die Strategie verfolgen, jeden einzelnen Fall individuell zu bearbeiten, bevorzugen andere einen geringen Aufwand zu niedrigen Kosten.

Zusammen mit dem Antrag auf Vernichtung ­ sei dies im ordentlichen oder vereinfachten Verfahren ­ kann die Antragstellerin oder der Antragsteller gemäss Absatz 3 beantragen, dass ihr oder ihm die Ware übergeben wird. Wird dies gewährt, so erfolgt die spätere Vernichtung durch die Antragstellerin oder den Antragsteller. Mit dieser Übergabe ist es ihr oder ihm möglich, die gefälschte Ware zu Informations- und in Einzelfällen zu Schulungszwecken zu verwenden, bevor sie vernichtet wird.

Der neue Absatz 4 in Artikel 76 übernimmt den Inhalt des bisherigen Artikel 77c Absatz 3, wonach die Fristen, um vorsorgliche Massnahmen zu erwirken, im Falle eines Antrags auf Vernichtung im ordentlichen Verfahren unverändert gelten.

Der Begriff «Kleinsendung» soll nicht auf Gesetzesstufe definiert werden, dies, um zu verhindern, dass eine Anpassung an künftige Entwicklungen erschwert wird. Die EU definiert die Kleinsendung in der Verordnung (EU)
Nr. 608/201326 wie folgt: «Eine Post- oder Kuriersendung, die höchstens drei Einheiten enthält und ein Bruttogewicht von weniger als zwei Kilogramm hat.» Es ist vorstellbar, dass für die Schweiz andere Eckdaten gewählt werden. Absatz 5 sieht deshalb vor, die Definition einer

25 26

Entwurf des Bundesrates: BBl 2022 2725; Parlamentsnummer 22.058.

Vgl. Fussnote in Ziffer 1.1.

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Kleinsendung an den Bundesrat zu delegieren. Der Bundesrat berücksichtigt dabei namentlich die Anzahl der in einer Sendung enthaltenen Einheiten.

Im neuen Absatz 6 erfolgen rein redaktionelle Änderungen in Anpassung an die anderen Immaterialgüterrechtsgesetze. Aus Gründen der Einheitlichkeit innerhalb des Erlasses wird im gleichen Absatz neu neben dem «Antragsteller» auch die «Antragstellerin» aufgeführt. In Analogie zum deutschen Text und zu den anderen immaterialgüterrechtlichen Erlassen wird im französischen und im italienischen Text die Wortgruppe «dont il dispose» bzw. «di cui dispone» eingefügt.

Der bisherige Absatz 3 wird unverändert neu zu Absatz 7.

Art. 77

Zurückbehalten von Waren

Artikel 77 wird totalrevidiert und die Absätze werden neu nummeriert. Der französische Text erfährt weitere rein redaktionelle Änderungen. In Absatz 1 werden die Begriffe «begründet» und «schweizerisch» gestrichen (wie in Art. 76). Es handelt sich dabei auch hier um rein redaktionelle Änderungen.

Wenn das BAZG den Verdacht hat, dass das Verbringen einer Ware ins oder aus dem Zollgebiet gegen die in der Schweiz geltende Gesetzgebung über das Urheberrecht oder die verwandten Schutzrechte verstösst, und wenn ihm ein Antrag auf Hilfeleistung nach Artikel 76 Absatz 1 vorliegt, so behält es wie im geltendem Recht die Ware zurück (Abs. 1 Bst. a) und teilt dies einerseits der antragstellenden Person (d. h. der Inhaberin oder dem Inhaber bzw. der klageberechtigten Lizenznehmerin oder dem klageberechtigten Lizenznehmer von Urheber- oder von verwandten Schutzrechten oder einer zugelassenen Verwertungsgesellschaft) und andererseits der Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder dem Anmelder, Besitzer oder Eigentümer (Abs. 1 Bst. b) mit. Hier liegt ein entscheidender Unterschied zum vorgeschlagenen vereinfachten Verfahren für die Vernichtung von Kleinsendungen: Wird gestützt auf Artikel 76 Absatz 2 Buchstabe b beantragt, dass das vereinfachte Verfahren durchgeführt wird, so richtet sich dieses ausschliesslich nach Artikel 77hbis (Abs. 2). Insbesondere unterbleibt vorerst die Mitteilung an den die antragstellende Person. Diese Mitteilung erfolgt im vereinfachten Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. Art. 77hbis Abs. 6).

Nebst rein redaktionellen Änderungen erfährt Absatz 3 (bisheriger Abs. 2) eine Anpassung zur Harmonisierung mit dem neuen Artikel 77hbis Absatz 2: Die Frist für das Zurückbehalten einer Ware wird ab Erhalt der Mitteilung durch die Rechteinhaberin oder den Rechteinhaber berechnet und nicht ab dem Zeitpunkt der Mitteilung. In den Absätzen 3 und 4 (bisherige Abs. 2 und 3) der deutschen Fassung wird zudem der Begriff «Werktagen» mit dem Begriff «Arbeitstagen» ersetzt (wie in Art. 75 Abs. 2).

Gemäss dem neuen Absatz 5 kann das BAZG das administrative Verfahren bei Kleinsendungen dem IGE übertragen: Das IGE ist dann zuständig für die Mitteilung gemäss Absatz 1 Buchstabe b und die nachfolgenden Verfahrensschritte.

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Art. 77a

Proben oder Muster

In der französischen und der italienischen Fassung werden die bisherigen Begriffe «échantillons» bzw. «campioni» zur Vereinheitlichung mit der deutschen Fassung erweitert.

Art. 77b

Wahrung von Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen

Im französischen und italienischen Text (Abs. 1 und 3) erfolgt eine terminologische Anpassung entsprechend Artikel 77a. Im französischen Gesetzestext wird in Absatz 1 ein fehlendes Komma eingefügt.

Art. 77c

Mitteilung über den Antrag auf Vernichtung einer Ware

Die Absätze 1 und 3 dieser Bestimmung werden aufgehoben und deren Inhalt neu in Artikel 76 Absätze 2 und 3 geregelt. Die Sachüberschrift wird entsprechend angepasst.

In Absatz 2 des italienischen Texts erfolgt zusätzlich eine redaktionelle Anpassung.

Art. 77e

Beweismittel

Im französischen und italienischen Text erfolgt eine terminologische Anpassung entsprechend Artikel 77a.

Art. 77f

Schadenersatz

Der französische Text erfährt in Absatz 2 eine rein redaktionelle Anpassung.

Art. 77g

Kosten

Im französischen und italienischen Text erfolgt eine terminologische Anpassung entsprechend Artikel 77a.

Art. 77h

Haftungserklärung und Schadenersatz

Die französische und die italienische Fassung erfahren eine terminologische Anpassung in Absatz 2 aufgrund der Erweiterung der bisherigen Begriffe «échantillons» bzw. «campioni» wie in Artikel 77a.

Art. 77hbis

Vereinfachtes Verfahren zur Vernichtung von Kleinsendungen

Artikel 77hbis regelt das vereinfachte Verfahren zur Vernichtung von Kleinsendungen.

Dieses kommt zur Anwendung, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: ­

Es liegt ein Antrag auf Hilfeleistung nach Artikel 76 Absatz 1 und ein Antrag auf Vernichtung einer Kleinsendung (Art. 76 Abs. 2 Bst. b) vor.

­

Das BAZG hat den Verdacht, dass das Verbringen einer Ware ins Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet gegen die in der Schweiz geltende Gesetzgebung über das Urheberrecht oder die verwandten Schutzrechte verstösst.

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­

Das BAZG stellt fest, dass es sich um eine Kleinsendung handelt.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kommen Artikel 77­77h vorerst nicht zur Anwendung; das Verfahren richtet sich vielmehr nach Artikel 77hbis (vgl. Art. 77 Abs. 2).

Nach Absatz 1 wird die Ware zurückbehalten, was der Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder dem Anmelder, Besitzer oder Eigentümer mitgeteilt wird.

Absatz 2 sieht ferner vor, dass das BAZG das weitere Verfahren dem IGE übertragen kann. Dieses übernimmt dann das weitere Administrativverfahren gemäss den Absätzen 3­6 und trifft die erforderlichen Massnahmen.

Absatz 3 hält fest, dass die zuständige Behörde die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer gleichzeitig mit der Mitteilung über die zurückbehaltene Ware darauf hinweist, dass diese vernichtet wird, wenn sie oder er die Vernichtung nicht innert 10 Arbeitstagen nach Empfang der Information ausdrücklich ablehnt.

Absatz 4 regelt das weitere Verfahren, wenn sie oder er innert Frist die Vernichtung ausdrücklich ablehnt: In diesem Falle wird zunächst die antragstellende Person informiert. Anschliessend entspricht das Verfahren dem geltenden Recht. Die Mitteilung an die antragstellende Person löst also die Frist von 10 (oder in begründeten Fällen höchstens 20) Arbeitstagen aus, innert der sie vorsorgliche Massnahmen erwirken kann (Art. 77 Abs. 3 und 4). Sie hat zudem die Möglichkeit, die Übergabe von Proben oder Mustern oder eine Besichtigung der Ware zu beantragen (Art. 77a). Der Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder dem Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Ware wird die Übergabe von Proben oder Mustern bzw. die Einräumung der Besichtigung mitgeteilt (Art. 77b Abs. 1). Damit hat sie oder er die Möglichkeit, zur Wahrung seiner Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse bei der Besichtigung anwesend zu sein (Art. 77b Abs. 2) oder mit einem begründeten Antrag die Übergabe von Proben oder Mustern zu verweigern (Art. 77b Abs. 3). Ist durch das Zurückbehalten der Ware ein Schaden zu befürchten, so hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, das Zurückbehalten davon abhängig zu machen, dass die antragstellende Person eine Haftungserklärung abgibt (Art. 77h Abs. 1). Nach Artikel 77h Absatz 2 muss die antragstellende Person den Schaden, der durch das Zurückbehalten der Ware und die Entnahme von Proben oder Mustern entstanden ist,
ersetzen, wenn sie keine vorsorglichen Massnahmen erwirken kann oder diese sich als unbegründet erweisen.

Absatz 5 regelt das Vorgehen, wenn die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer der Vernichtung zustimmt oder sich nicht innert der Frist nach Absatz 3 vernehmen lässt. In diesem Fall vernichtet die zuständige Behörde die Ware auf Kosten der antragstellenden Person oder übergibt sie ihr, sofern einem Antrag gemäss Artikel 76 Absatz 3 entsprochen wurde. Die Vernichtung erfolgt frühestens drei Monate nach der Mitteilung an die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer. Dadurch wird vermieden, dass im Falle einer verspäteten Reaktion auf diese Mitteilung durch eine Vernichtung, die sich im Nachhinein doch als ungerechtfertigt erweist, ein Schaden entsteht. Schadenersatzansprüche der antragstellenden Person gegen die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder den Anmelder, Besitzer oder Eigentümer sind ausgeschlossen. Dadurch soll unterbunden werden, dass Rechteinhaberinnen und -inhaber die Kosten der Vernichtung und allfällige weitere Ausgaben im Zusammen20 / 28

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hang mit dem vereinfachten Vernichtungsverfahren auf die Käuferinnen und Käufer von Fälschungen abwälzen.

Nach Absatz 6 wird die antragstellende Person von der zuständigen Behörde vierteljährlich über Menge und Art sowie die Absender im In- oder Ausland der im vereinfachten Verfahren vernichteten Ware informiert. Diese eingeschränkte Information soll zum einen sicherstellen, dass die Rechteinhaberinnen und -inhaber relevante Informationen über rechtsverletzende Ware erhalten, die zurückbehalten und vernichtet wurde. Zum andern wird der Aufwand der Behörden reduziert, weil diese Information nicht mehr in jedem einzelnen Fall übermittelt werden muss, sondern vielmehr gesammelt und in regelmässigen Abständen.

Die Anmelderin, Besitzerin oder Eigentümerin oder Der Anmelder, Besitzer oder Eigentümer erfährt durch das vereinfachte Verfahren zur Vernichtung einer Ware in Kleinsendungen keine Einschränkungen ihrer oder seiner Rechte. Die Vereinfachung, welche mit dem neuen Verfahren angestrebt wird, besteht vielmehr darin, dass die antragstellende Person nur noch dann eine Mitteilung über eine Zurückbehaltung erhält, wenn die Vernichtung der Ware ausdrücklich abgelehnt wird. Da dies bei Kleinsendungen in weniger als 5 Prozent der Fälle zutrifft, wird der administrative Aufwand für die zuständige Behörde und für die antragstellende Person deutlich reduziert.

5.3 Art. 12

Topographiengesetz Hilfeleistung beim Verbringen in das oder aus dem Zollgebiet

Wie in den anderen Immaterialgüterrechtserlassen wird auch hier die bisherige Bezeichnung «Hilfeleistung durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit» angepasst. Zudem wird der Verweis auf die anwendbaren Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes erweitert, sodass er auch die Bestimmung über das vereinfachte Verfahren zur Vernichtung von Kleinsendungen umfasst. Im französischen Text wird die passive Formulierung durch die aktive Formulierung ersetzt, analog wie im Wappenschutzgesetz.

5.4

Markenschutzgesetz

Gliederungstitel vor Art. 70 sowie Art. 70­72i Die Neufassung der Kapitelüberschrift und der Artikel 70­72i über die Hilfeleistung beim Verbringen in das oder aus dem Zollgebiet entspricht inhaltlich der neuen Regelung in den Artikeln 75­77hbis URG. Es kann deshalb auf die dortigen Erläuterungen (vgl. Ziff. 5.2) verwiesen werden. Wo im italienischen Text noch nicht vollzogen, wird die «Amministrazione delle dogane» umbenannt in «UDSC» (betrifft die Art. 71­72c, 72e und 72h).

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Art. 70

Anzeige verdächtiger Sendungen

In Absatz 2 wird ein redaktionelles Versehen korrigiert, indem analog zu Absatz 1 und Artikel 71 Absatz 1 auf eine nach Artikel 56 klageberechtigte Partei verwiesen wird. Zur Vereinheitlichung mit den anderen Immaterialgüterrechtserlassen erfährt der französische Text in Absatz 2 zudem eine terminologische Anpassung; der Begriff «conformément» wird mit «au sens de» ersetzt.

Art. 72a

Proben oder Muster

Im Zuge der Vereinheitlichung mit den anderen Immaterialgüterrechtserlassen erfährt der französische Text in Absatz 2 eine redaktionelle Anpassung.

5.5

Designgesetz

Gliederungstitel vor Art. 46 sowie Art. 46­49a Die Neufassung der Abschnittsüberschrift und der Artikel 46­49a über die Hilfeleistung beim Verbringen in das oder aus dem Zollgebiet entspricht inhaltlich der neuen Regelung in den Artikeln 75­77hbis URG. Es kann deshalb auf die dortigen Erläuterungen (vgl. Ziff. 5.2) verwiesen werden.

Art. 46

Anzeige verdächtiger Gegenstände

Zur Vereinheitlichung mit den anderen Immaterialgüterrechtserlassen erfährt der französische Text in Absatz 2 eine terminologische Anpassung; der Begriff «en vertu de» wird mit «au sens de» ersetzt.

Art. 48b Abs. 1, Wahrung von Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen Im französischen Gesetzestext wird in Absatz 1 ein fehlendes Komma eingefügt Art. 48e

Beweismittel

Im französischen Gesetzestext wird zur terminologischen Vereinheitlichung innerhalb des Erlasses der Begriff «produits» mit «objets» ersetzt.

Art. 48f Abs. 2, Schadenersatz Im italienischen Text wird zur terminologischen Vereinheitlichung innerhalb des Erlasses der Ausdruck «della merce» mit «degli oggetti» ersetzt.

Art. 48g Abs. 2, Kosten Im französischen Gesetzestext wird zur terminologischen Vereinheitlichung innerhalb des Erlasses der Begriff «juge» mit «tribunal» ersetzt.

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5.6

Patentgesetz

Art. 40e Abs. 1 Im ersten Satz von Absatz 1 wird in der deutschen Fassung der Begriff «Werktage» mit der Begriff «Arbeitstage» ersetzt (wie im URG und MSchG).

Gliederungstitel vor Art. 86a sowie Art. 86a­86l Die Neufassung der Abschnittsüberschrift und der Artikel 86a­86l über die Hilfeleistung beim Verbringen in das oder aus dem Zollgebiet entspricht inhaltlich der neuen Regelung in den Artikeln 75­77hbis URG. Es kann deshalb auf die dortigen Erläuterungen (vgl. Ziff. 5.2) verwiesen werden.

5.7

Wappenschutzgesetz

Art. 32 Wie in den übrigen Immaterialgüterrechtserlassen wird auch hier die bisherige Bezeichnung «Hilfeleistung des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit» angepasst.

Zudem wird der Verweis auf die anwendbaren Bestimmungen des Markenschutzgesetzes erweitert, sodass er auch die Bestimmung über das vereinfachte Verfahren zur Vernichtung von Kleinsendungen umfasst. In Absatz 2 der französischen Fassung wird ein grammatikalischer Fehler korrigiert.

5.8 Art. 13

Bundesgesetz über Statut und Aufgaben des IGE Gebühren für hoheitliche Tätigkeit

Die gesetzliche Grundlage zur Gebührenerhebung durch das IGE wird erweitert für weitere Vollzugshandlungen nach den Immaterialgüterrechtserlassen, die sich mit der präsentierten Vorlage aufgrund der vom BAZG auf das IGE übertragenen Zuständigkeiten ergeben.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

Beim Bund führt die Einführung des vereinfachten Verfahrens zur Vernichtung von Waren in Kleinsendungen zu einer Verringerung des Aufwands. Betroffen sind davon diejenigen Behörden, die mit dem Vollzug der Hilfeleistung im Immaterialgüterrecht betraut sind, namentlich das BAZG und das IGE. Letzteres soll künftig für das administrative Verfahren nach dem Aufgriff von Kleinsendungen zuständig sein. Aktuell handelt es sich in über 90 Prozent der Aufgriffe um Kleinsendungen mit drei oder weniger Gegenständen. Wie gross die Effizienzgewinne tatsächlich sein werden, hängt davon ab, wie stark das vereinfachte Verfahren von den Antragstellerinnen und 23 / 28

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Antragstellern genutzt wird. In jedem Fall hat die Vorlage eine Verringerung des Aufwands beim BAZG zur Folge, sodass vermehrt Ressourcen in die Kontrolltätigkeit fliessen können. Die Vorlage hat somit keine personellen Auswirkungen.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete hat die Vorlage keine Auswirkungen.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft hat die Vorlage insofern, als dem BAZG durch die Effizienzgewinne, welche sich aus der Vereinfachung des Verfahrens und der Möglichkeit einer Übertragung der Zuständigkeit auf das IGE ergeben, mehr Zeit für die eigentliche Kontrolltätigkeit zur Verfügung steht. Indem die Ressourcen des BAZG weniger mit Administrativaufwand beansprucht werden, können mehr Waren kontrolliert und zurückbehalten werden, welche im Verdacht stehen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen. Dadurch können die Rechte der Inhaberinnen und Inhaber von Immaterialgüterrechten wirkungsvoller durchgesetzt werden. Das vereinfachte Verfahren hat zudem einen geringeren Aufwand für die betroffenen Rechteinhaberinnen und -inhaber zur Folge, weil diese in der weitaus überwiegenden Zahl von Fällen ­ nämlich dann, wenn die Vernichtung nicht ausdrücklich abgelehnt wird ­ nichts weiter unternehmen müssen. Die Rechteinhaberinnen und -inhaber können aber auch weiterhin nach dem bisherigen Verfahren vorgehen.

6.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Es sind keine Auswirkungen auf die Gesellschaft zu erwarten.

6.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Umwelt.

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7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die Bestimmungen dieser Vorlage stützen sich auf Artikel 122 der Bundesverfassung (BV)27.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist vereinbar mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz. Als Mitgliedstaat der Welthandelsorganisation (WTO) ist die Schweiz verpflichtet, Zollhilfemassnahmen mindestens im Marken- und Urheberrechtsbereich vorzusehen (Art. 51­60 des TRIPS-Abkommens). Die Verpflichtung der WTO-Mitgliedstaaten, Zollhilfemassnahmen nach den Bestimmungen des TRIPS-Abkommens vorzusehen, erstreckt sich allerdings nicht auf zum Handel nicht geeignete Mengen von Waren, die sich im persönlichen Gepäck von Reisenden oder in Kleinsendungen befinden (Art. 60 des TRIPS-Abkommens). Alle vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen sind zudem vereinbar mit den bilateralen Verträgen mit der EU.

7.3

Erlassform

Die Einführung eines vereinfachten Verfahrens zur Vernichtung von Kleinsendungen betrifft verschiedene Immaterialgüterrechte. Die Bestimmungen über die Zollhilfeleistungen sind in den einzelnen Immaterialgüterrechtsgesetzen fast identisch geregelt, wobei es sich um Bundesgesetze im formellen Sinn handelt. Mit dem Bundesgesetz über die Einführung eines vereinfachten Verfahrens zur Vernichtung von Kleinsendungen im Immaterialgüterrecht werden diese Bestimmungen angepasst. Die Vorlage ist als Mantelerlass ausgestaltet.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen geschaffen, noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.

7.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dem Bundesrat die Kompetenz zu übertragen, den Begriff «Kleinsendung» zu konkretisieren. Auf formellgesetzlicher Stufe sollen mögliche Kriterien für die Definition der «Kleinsendung» bloss beispielhaft und nicht ab27

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schliessend skizziert werden. Diese Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen ist gerechtfertigt, weil sich der stark betroffene Online-Handel dynamisch entwickelt und mit der Delegation eine allfällige sinnvolle Anpassung der Kriterien für Kleinsendungen im Lichte neuer Erfahrungen erleichtert wird. Ohnehin stehen dem Anmelder, Besitzer oder Eigentümer stets dieselben Rechte zur Verfügung, unabhängig davon, ob eine Sendung als Kleinsendung qualifiziert wird oder nicht.

7.6

Datenschutz

Die Bearbeitung von Personendaten richtet sich nach der Zollgesetzgebung (Art. 110­ 113 ZG).

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Abkürzungsverzeichnis BAZG

Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit

DaziT

Digitalisierungs- und Transformationsprogramm des BAZG

DesG

Designgesetz vom 5. Oktober 2001; SR 232.12

EUIPO

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (European Union Intellectual Property Office)

FH

Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (Fédération de l'industrie horlogère suisse)

HMG

Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 2000; SR 812.21

IGE

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum

IGEG

Bundesgesetz vom 24. März 1995 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum; SR 172.010.31

MSchG

Markenschutzgesetz vom 28. August 1992; SR 232.11

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development)

PatG

Patentgesetz vom 25. Juni 1954; SR 232.14

Swissmedic

Schweizerisches Heilmittelinstitut

ToG

Topographiengesetz vom 9. Oktober 1992; SR 231.2

TRIPSAbkommen

Abkommen vom 15. April 1994 über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum; SR 0.632.20, Anhang 1C

URG

Urheberrechtsgesetz vom 9. Oktober 1992; SR 231.1

WSchG

Wappenschutzgesetz vom 21. Juni 2013; SR 232.21

WTO

Welthandelsorganisation (World Trade Organization)

ZG

Zollgesetz vom 18. März 2005; SR 631.0

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