Bundesgesetz betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen

Entwurf

(Elektrizitätsgesetz, EleG) Änderung vom ...

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 3. Dezember 20041, beschliesst: I Das Elektrizitätsgesetz vom 24. Juni 19022 wird wie folgt geändert: Art. 3a (neu) In diesem Gesetz bedeuten: a.

Systemdienstleistungen: Die für den sicheren Betrieb der Netze notwendigen Hilfsdienste. Diese umfassen insbesondere Systemkoordination, Primärregelung, Schwarzstart- und Inselbetriebsfähigkeit von Erzeugern, Spannungshaltung (inkl. Anteil Blindenergie), betriebliche Messung und Ausgleich der Wirkverluste;

b.

Übertragungsnetz: Elektrizitätsnetz, das der Übertragung von Elektrizität über grössere Distanzen im Inland sowie dem Verbund mit den ausländischen Netzen dient und in der Regel auf der Spannungsebene 220/380 kV (Höchstspannung) betrieben wird;

c.

Regelenergie: Automatischer oder von Kraftwerken abrufbarer Einsatz von Elektrizität zur Einhaltung des geplanten Elektrizitätsaustausches und zur Gewährleistung des sicheren Netzbetriebes.

IIIb. Netzzugang für den grenzüberschreitenden Stromhandel Art. 18a (neu) Das Übertragungsnetz auf gesamtschweizerischer Ebene wird von einer nationalen Gesellschaft (schweizerischer Übertragungsnetzbetreiber) betrieben.

1

Der Übertragungsnetzbetreiber ist eine privatrechtliche Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz. Das Kapital muss mehrheitlich von schweizerischen Unternehmen beherrscht sein.

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1 2

BBl 2005 1611 SR 734.0

2004-2412

1683

Elektrizitätsgesetz

Der Übertragungsnetzbetreiber darf weder kommerzielle Tätigkeiten in den Bereichen Elektrizitätserzeugung, -verteilung oder -handel ausüben noch Beteiligungen an Unternehmen besitzen, die in diesen Bereichen kommerziell tätig sind. Der Bezug und die Lieferung von Elektrizität aus betriebsnotwendigen Gründen, insbesondere zur Bereitstellung der Systemdienstleistungen, sind zulässig.

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Die Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung dürfen nicht gleichzeitig die Geschäftsleitung in Unternehmen in den Bereichen Elektrizitätserzeugung oder -handel ausüben.

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Den Kantonen ist in den Statuten das Recht einzuräumen, zwei Vertretungen in den Verwaltungsrat abzuordnen.

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Die Statuten und deren Änderung müssen von der ElCom genehmigt werden.

Art. 18b (neu) 1

2

Der Übertragungsnetzbetreiber hat folgende Aufgaben: a.

Er betreibt und überwacht das gesamtschweizerische Übertragungsnetz und gewährleistet einen sicheren, leistungsfähigen und effizienten Betrieb. Er hat die Verantwortung für die Planung und Kontrolle des gesamten Übertragungsnetzes.

b.

Er stellt die Systemdienstleistungen einschliesslich Bereitstellung von Regelenergie sicher. Die zu diesem Zweck benötigten Kraftwerkskapazitäten sind nach transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zu beschaffen.

c.

Bei Gefährdung des stabilen Netzbetriebs ordnet er die notwendigen Massnahmen an. Er regelt die Einzelheiten mit den Kraftwerksbetreibern, den Netzbetreibern und weiteren Beteiligten.

d.

Er erarbeitet transparente und diskriminierungsfreie Verfahren zur Handhabung von Engpässen.

e.

Er arbeitet mit den ausländischen Übertragungsnetzbetreibern zusammen und vertritt die Interessen der Schweiz in den entsprechenden Gremien.

f.

Er erarbeitet die technischen und betrieblichen Mindestanforderungen für den Netzbetrieb. Er berücksichtigt dabei internationale Normen und Empfehlungen anerkannter Fachorganisationen.

g.

Er stellt die für die Netznutzung nötigen Informationen leicht zugänglich bereit und veröffentlicht die Netznutzungsentgelte, die technischen und betrieblichen Mindestanforderungen sowie die Jahresrechnungen.

h.

Er erstellt Mehrjahrespläne zur Gewährleistung eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes.

i.

Er orientiert die ElCom jährlich über den Betrieb und die Belastung der Netze sowie über ausserordentliche Ereignisse.

Der Bundesrat kann dem Übertragungsnetzbetreiber weitere Aufgaben übertragen.

1684

Elektrizitätsgesetz

Art. 18c (neu) Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen müssen die Übertragungsnetzbereiche rechtlich von den übrigen Tätigkeitsbereichen entflechten.

1

Die Eigentümer von Übertragungsnetzen stellen die Leistungsfähigkeit und Interoperabilität ihrer Netze sicher. Kommen die Eigentümer ihren Aufgaben nicht nach, kann der Übertragungsnetzbetreiber bei der Elektrizitätskommission (ElCom) beantragen, dass die notwendigen Massnahmen auf Kosten der Eigentümer durchgeführt werden.

2

Der Übertragungsnetzbetreiber legt die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Verfügungsrechte über die Netzanlagen mit den Eigentümern der Übertragungsnetze vertraglich fest.

3

Der Bundesrat kann dem Übertragungsnetzbetreiber zur Erfüllung seiner Aufgaben das Enteignungsrecht einräumen.

4

Art. 18d (neu) Der Übertragungsnetzbetreiber ist verpflichtet, Dritten für den grenzüberschreitenden Handel mit Elektrizität diskriminierungsfrei den Netzzugang zu gewähren.

1

Der Netzzugang kann mit schriftlicher Begründung innert zehn Arbeitstagen seit Eingang des Gesuchs verweigert werden, wenn der Übertragungsnetzbetreiber nachweist, dass:

2

a.

der sichere Betrieb des Netzes gefährdet würde;

b.

keine freie Kapazität vorhanden ist;

c.

vom ausländischen Staat kein Gegenrecht gewährt wird; oder

d.

eine Ausnahme nach Artikel 18f Absatz 6 vorliegt.

Art. 18e (neu) Das Entgelt für die grenzüberschreitende Nutzung des Übertragungsnetzes richtet sich nach den durch die tatsächliche Nutzung verursachten Kosten. Sie sind separat zu ermitteln und dürfen nicht den inländischen Endverbrauchern angelastet werden.

1

Basis für die Berechnung der Kapitalkosten bilden die langfristigen durchschnittlichen Zusatzkosten der in Anspruch genommenen Netzkapazitäten (long run average incremental costs, LRAIC). Die kalkulatorischen Abschreibungen erfolgen linear über eine je nach Anlagekomponente spezifisch festgelegte Zeitdauer. Die für den Betrieb notwendigen Vermögenswerte werden zu einem angemessenen Zinssatz verzinst.

2

Der Bundesrat kann die Abschreibungsdauer sowie den angemessenen Zinssatz festlegen und die betriebsnotwendigen Vermögenswerte bezeichnen.

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1685

Elektrizitätsgesetz

Art. 18f (neu) Überschreitet die Nachfrage nach grenzüberschreitender Übertragungskapazität die verfügbare Kapazität, kann der Übertragungsnetzbetreiber die verfügbare Kapazität nach marktorientierten Verfahren wie Auktionen zuteilen. Der Bundesrat kann das Verfahren regeln.

1

Bei der Zuteilung von Kapazität im grenzüberschreitenden Übertragungsnetz haben Lieferungen an inländische Endverbraucher sowie Lieferungen auf Grund von internationalen Bezugs- und Lieferverträgen, die vor dem 31. Oktober 2002 abgeschlossen worden sind, Vorrang.

2

Die Nutzung zugeteilter Kapazität darf nur eingeschränkt werden, wenn die Sicherheit des Übertragungsnetzes gefährdet ist und der Übertragungsnetzbetreiber keine anderen Massnahmen zum Ausgleich der Netzbelastung ergreifen kann.

3

Wird zugeteilte Kapazität nicht in Anspruch genommen, muss sie erneut nach einem marktorientierten Verfahren zugeteilt werden.

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5

Einnahmen aus marktorientierten Zuteilungsverfahren sind zu verwenden für: a.

die Deckung von Kosten grenzüberschreitender Elektrizitätslieferungen, die nicht einzelnen Verursachern direkt angelastet werden, insbesondere für Kosten zur Gewährleistung der Verfügbarkeit der zugeteilten Kapazität;

b.

Aufwendungen für den Erhalt oder den Ausbau des Übertragungsnetzes;

c.

die Entschädigung von weiteren Kosten im Übertragungsnetz, insbesondere unter Berücksichtigung von risikoadäquaten Entschädigungen dessen Eigentümer.

Der Bundesrat kann für neue Netzkapazitäten im grenzüberschreitenden Übertragungsnetz Ausnahmen vom Netzzugang (Art. 18d) und bei der Berechnung der anrechenbaren Netzkosten (Art. 18e) vorsehen.

6

Art. 18g (neu) Der Bundesrat bestellt eine aus fünf bis sieben Mitgliedern bestehende Elektrizitätskommission (ElCom); er bezeichnet das Präsidium und das Vizepräsidium. Die Mitglieder müssen unabhängige Sachverständige sein.

1

Die ElCom untersteht in ihren Entscheiden keinen Weisungen von Bundesrat und Departement. Sie ist von den Verwaltungsbehörden unabhängig. Sie verfügt über ein eigenes Sekretariat.

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3 Die ElCom kann das Bundesamt für Energie beim Vollzug dieses Gesetzes beiziehen und ihm Weisungen erteilen.

Die ElCom erlässt ein Reglement über ihre Organisation und Geschäftsführung, das der Genehmigung des Bundesrates bedarf.

4

Die Kosten der ElCom werden durch Verwaltungsgebühren gedeckt. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

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1686

Elektrizitätsgesetz

Art. 18h (neu) Die ElCom überwacht die Einhaltung der Bestimmungen von Ziffer IIIb dieses Gesetzes, trifft die Entscheide und erlässt die Verfügungen, die für den Vollzug dieser Bestimmungen und der Ausführungsbestimmungen notwendig sind.

1

2

Sie ist insbesondere zuständig für: a.

den Entscheid im Streitfall über den Zugang zum Übertragungsnetz, die Netznutzungsbedingungen und die Netznutzungsentgelte. Sie kann den Netzzugang vorsorglich verfügen;

b.

den Entscheid über die Verwendung der Einnahmen nach Artikel 18f Absatz 5.

Die ElCom beobachtet und überwacht die Entwicklung der Elektrizitätsmärkte im Hinblick auf eine sichere und erschwingliche Versorgung in allen Landesteilen.

3

Die ElCom koordiniert ihre Tätigkeit mit ausländischen Regulierungsbehörden und vertritt die Schweiz in den entsprechenden Gremien.

4

5 Die ElCom orientiert die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit und erstattet dem Bundesrat jährlich einen Tätigkeitsbericht.

Art. 18i (neu) Der Bundesrat kann internationale Vereinbarungen, die in den Anwendungsbereich von Ziffer IIIb dieses Gesetzes fallen, abschliessen.

Art. 18j (neu) Gegen Verfügungen der ElCom kann bei der Eidgenössischen Rekurskommission für Infrastruktur und Umwelt Beschwerde geführt werden.

Art. 18k (neu) Die Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft sind verpflichtet, den zuständigen Behörden die für den Vollzug dieses Gesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und den Zugang zu den Räumlichkeiten und Anlagen zu gestatten.

1

Amtsstellen des Bundes und der Kantone sind verpflichtet, an Abklärungen der ElCom und des zuständigen Bundesamtes mitzuwirken und die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

2

Art. 18l (neu) Zur Deckung der Aufsichtskosten der ElCom und des Bundesamtes für Energie, die nicht durch Gebühren gedeckt sind, erhebt der Bundesrat beim Übertragungsnetzbetreiber jährlich eine Aufsichtsabgabe.

1

2

Die Aufsichtsabgabe wird aufgrund der Aufsichtskosten des Vorjahres erhoben.

1687

Elektrizitätsgesetz

Die Aufsichtsabgabe kann vom Übertragungsnetzbetreiber den anrechenbaren Netzkosten nach Artikel 18e Absatz 1 zugeschlagen werden.

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4

Der Bundesrat bestimmt die Höhe der Aufsichtsabgabe.

Art. 55 Abs. 1bis (neu) 1bis

Mit Busse bis zu 100 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:

a.

den Zugang zum Übertragungsnetz widerrechtlich verweigert (Art. 18d);

b.

von den zuständigen Behörden verlangte Auskünfte verweigert oder unrichtige Angaben macht (Art. 18k Abs. 1);

c.

gegen eine Ausführungsvorschrift, deren Übertretung für strafbar erklärt wird, oder eine unter Hinweis auf die Strafandrohung dieses Artikels im Rahmen des Vollzugs von Ziffer IIIb an ihn gerichtete Verfügung verstösst.

II 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Die Bestimmungen von Ziffer IIIb dieses Gesetzes gelten bis zum Inkrafttreten eines Stromversorgungsgesetzes, längstens aber bis zum 31. Dezember 2008.

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