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23.049 Botschaft zur Teilrevision des Bundesgesetzes über Tabakprodukte und elektronische Zigaretten (Tabakproduktegesetz, TabPG) vom 24. Mai 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Revisionsentwurf zum Tabakproduktegesetz.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Mai 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2023-1580

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Übersicht Infolge der Annahme der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)» am 13. Februar 2022 werden im neuen Tabakproduktegesetz (TabPG) weitergehende Einschränkungen der Werbung, der Verkaufsförderung und des Sponsorings in Zusammenhang mit Tabakprodukten und elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) eingeführt. Sämtliche Werbung für Tabakprodukte und E-Zigaretten, die Minderjährige erreichen kann, soll verboten werden. Werbung im Internet soll weiterhin zulässig sein, vorausgesetzt, dass mit einem System zur Alterskontrolle sichergestellt wird, dass Minderjährige keinen Zugang zu Seiten mit entsprechender Werbung haben. Zudem werden mit diesem Entwurf im TabPG Bestimmungen zur Einrichtung eines Systems zur Alterskontrolle für die Abgabe über das Internet oder über Automaten eingeführt. Des Weiteren kommt eine nach dem Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs erforderliche Ergänzung hinzu, nämlich eine Meldepflicht für die Tabak- und E-Zigaretten-Industrie betreffend ihrer Werbeausgaben.

Ausgangslage Am 13. Februar 2022 haben Volk und Stände der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)» zugestimmt. Die Initiative verlangte ein Verbot sämtlicher Tabakwerbung, die Kinder und Jugendliche erreichen kann.

Inhalt der Vorlage Mit dieser Vorlage sieht der Bundesrat vor, die gesetzlichen Bestimmungen zur Umsetzung der Initiative in das neue Tabakproduktegesetz vom 1. Oktober 2021 zu integrieren. Dazu sollen darin weitergehende Einschränkungen der Werbung, der Verkaufsförderung und des Sponsorings in Zusammenhang mit Tabakprodukten und EZigaretten eingefügt werden.

Künftig soll Werbung verboten werden, wenn sie Minderjährige erreichen kann.

Ebenso soll keine Werbung an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden können, wie Verkaufsstellen oder Festivals, erlaubt sein. Weiter ist vorgesehen, an solchen Orten auch mobiles Verkaufspersonal zu verbieten. Werbung in der Presse soll gänzlich verboten werden, während Werbung im Internet nur dann zulässig sein soll, wenn mit einem System zur Alterskontrolle sichergestellt wird, dass Minderjährige keinen Zugang zu den Seiten mit entsprechender Werbung haben.
Überdies soll das Sponsoring von Veranstaltungen, zu denen Minderjährige Zugang haben, durch die Tabak- und E-Zigaretten-Industrie nicht mehr möglich sein. Ein System zur Alterskontrolle soll auch für die Abgabe von Tabakprodukten oder elektronischen Zigaretten über das Internet oder an Automaten vorgeschrieben werden. Dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) wird die Kompetenz übertragen, die Einhaltung der Vorschriften zur Werbung und die Einrichtung eines Systems zur Alterskontrolle bei der Abgabe an Minderjährige über das Internet zu kontrollieren.

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Darüber hinaus sieht beinhaltet die Vorlage einen Artikel, der die Tabak- und E-Zigaretten-Industrie verpflichtet, die Gesamtausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring dem BAG zu melden. Die Unternehmen haben die Möglichkeit, ihre Daten in aggregierter Form zu übermitteln. Dieser Artikel ist eine wichtige Ergänzung im Hinblick auf eine allfällige Ratifizierung des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC).

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

2

1

6 6 6 7

2

Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.1.1 Annahme der Volksinitiative 1.1.2 Tabakproduktegesetz 1.1.3 Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs 1.1.4 Aktivitäten des Bundes im Bereich der Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen 1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.2.1 Verbot der Werbung in Presseerzeugnissen 1.2.2 Verbot der Werbung im Internet, in Applikationen und in anderen elektronischen Medien 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

7 8 9 10 11 12 12

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren 2.1 Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 2.2 Auswertung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

13

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 3.1 Recht der Nachbarstaaten im Bereich der Werbung 3.2 Europäisches Recht im Bereich der Werbung 3.3 Meldung der Werbeausgaben

16 16 17 18

4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.2 Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring 4.3 System zur Alterskontrolle 4.4 Meldung der Werbeausgaben 4.5 Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften zur Werbung und zur Abgabe an Minderjährige im Internet 4.6 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 4.7 Umsetzung

19 19 20 21 23

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

25

6

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

31 32

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13 15

24 24 25

32

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6.3

6.4 7

Auswirkungen auf die Wirtschaft, das Gesundheitswesen und die Gesellschaft 6.3.1 Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring 6.3.2 System zur Alterskontrolle 6.3.3 Meldung der Werbeausgaben Auswirkungen auf die Umwelt

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.1.1 Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring 7.1.2 System zur Alterskontrolle 7.1.3 Meldung der Werbeausgaben 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform 7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz 7.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 7.7 Datenschutz und Grundsatz der Transparenz

Abkürzungsverzeichnis

33 33 36 36 37 38 38 38 39 39 40 41 41 41 41 42 43

Bundesgesetz über Tabakprodukte und elektronische Zigaretten (Tabakproduktegesetz, TabPG) (Entwurf) BBl 2023 1479

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

1.1.1

Annahme der Volksinitiative

Am 13. Februar 2022 haben Volk und Stände der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)» zugestimmt. Die Bundesverfassung1 wurde wie folgt geändert: Art. 41 Abs. 1 Bst. g Bund und Kantone setzen sich in Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und privater Initiative dafür ein, dass: 1

g. Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu selbstständigen und sozial verantwortlichen Personen gefördert und in ihrer sozialen, kulturellen und politischen Integration unterstützt werden sowie ihre Gesundheit gefördert wird.

Art. 118 Abs. 2 Bst. b 2

Er erlässt Vorschriften über: b. die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren; er verbietet namentlich jede Art von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht;

Art. 197 Ziff. 14 14. Übergangsbestimmung zu Art. 118 Abs. 2 Bst. b (Schutz der Gesundheit) Die Bundesversammlung verabschiedet die gesetzlichen Ausführungsbestimmungen innert drei Jahren seit Annahme von Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b durch Volk und Stände.

Die neuen Verfassungsbestimmungen sehen vor, dass sämtliche Tabakwerbung, die Kinder und Jugendliche erreicht, verboten wird (Art. 118 Abs. 2 Bst. b BV) und dass Bund und Kantone die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen fördern (Art. 41 Abs. 1 Bst. g BV).

Das Parlament hat ab dem Zeitpunkt der Annahme der Initiative maximal drei Jahre, das heisst bis zum 13. Februar 2025, Zeit, um die gesetzlichen Ausführungsbestimmungen zu verabschieden (Art. 197 Ziff. 14 BV).

1

SR 101

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1.1.2

Tabakproduktegesetz

Das Parlament hat am 1. Oktober 2021 ein neues Tabakproduktegesetz (TabPG)2 verabschiedet. Dieses Gesetz sieht bereits gewisse Einschränkungen im Bereich Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring vor. Namentlich verbietet es Werbung für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten, die sich an Minderjährige richtet. Untersagt ist ausserdem Werbung auf Plakaten und in Kinos sowie die unentgeltliche Abgabe solcher Produkte und das Sponsoring von Veranstaltungen mit internationalem Charakter durch die Tabak- und E-Zigaretten-Industrie. Hingegen verbietet das Gesetz weder die Werbung an Verkaufsstellen, in der Presse und im Internet (ausser, wenn sie auf Minderjährige abzielt) noch das Sponsoring von nationalen Veranstaltungen.

Dieses Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten und muss infolge der Annahme der Initiative bereits teilrevidiert werden. Insbesondere geht es darum, Werbung überall dort zu verbieten, wo sie Minderjährige erreichen kann ­ namentlich in der Presse und im Internet sowie in Verkaufsstellen und an weiteren Orten, die von Minderjährigen besucht werden können. Werbung im Internet soll indessen weiterhin zulässig sein, sofern mit einem System zur Alterskontrolle ausgeschlossen wird, dass Minderjährige Zugang zu den Seiten mit entsprechender Werbung haben. Ein solches System ist auch für den Verkauf von Tabakprodukten oder elektronischen Zigaretten über das Internet oder Automaten vorgesehen, damit das Verbot der Abgabe an Minderjährige eingehalten wird. Darüber hinaus sieht dieser Entwurf vor, die Verkaufsförderung einzuschränken und das Sponsoring von Veranstaltungen, die von Minderjährigen besucht werden können, durch die Tabak- und E-Zigaretten-Industrie zu verbieten.

1.1.3

Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs

Das Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs3 (FCTC) wurde aufgrund des weltweit starken Anstiegs von Krankheiten und Todesfällen im Zusammenhang mit dem Tabakkonsum ausgearbeitet. Es legt die Grundprinzipien fest, die weltweit für den Umgang mit Tabak und Tabakprodukte gelten.

Das Übereinkommen verlangt von den Vertragsparteien die Einführung verbindlicher Massnahmen zur Tabakprävention. Insbesondere verpflichtet es die Vertragsparteien unter anderem, Tabakwerbung sowie Verkaufsförderung und Sponsoring im Zusammenhang mit Tabakprodukten in ihrer Gesetzgebung zu verbieten oder einzuschränken.

Das Übereinkommen wurde 2003 von der Weltgesundheitsversammlung verabschiedet und ist am 27. Februar 2005 in Kraft getreten. Es wurde von 182 Vertragsparteien,4 darunter auch von der Europäischen Union (EU), ratifiziert. Die Schweiz hat

2 3 4

BBl 2021 2327 WHO (2003). Framework Convention on Tobacco Control, FCTC. Dokument verfügbar unter https://fctc.who.int/who-fctc/overview. Abgerufen am 23. März 2023.

Stand März 2023.

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das FCTC am 25. Juni 2004 unterzeichnet und damit den Willen des Bundesrates zum Ausdruck gebracht, das Übereinkommen zu ratifizieren.

Die am 1. Oktober 2021 vom Parlament verabschiedete Fassung des Gesetzes erlaubt keine Ratifizierung dieses Übereinkommens.

1.1.4

Aktivitäten des Bundes im Bereich der Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen

Der neue Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe g BV verlangt, dass der Bund und die Kantone sich für die Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen einsetzen.

Damit erhalten Bund und Kantone einen verstärkten Handlungsauftrag im Rahmen ihrer Aufgaben zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Der vorliegende Revisionsentwurf stützt sich auf Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV und will Kinder und Jugendliche wirksam vor Werbung für Tabakprodukte und EZigaretten sowie vor der Abgabe solcher Produkte über das Internet oder Automaten schützen. Dadurch setzt er auch die Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gemäss Artikel 41 BV um.

Abgesehen von der Umsetzung im Rahmen des vorliegenden Entwurfs ist die Ergänzung von Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe g BV unmittelbar und direkt auf alle aktuellen und künftigen Aktivitäten des Bundes und der Kantone im Bereich der Gesundheitsförderung anwendbar. Sie kann insbesondere über gesetzgeberische Vorhaben konkretisiert werden.

Im Bereich der Gesundheitspolitik spielt der Bund grundsätzlich eine untergeordnete Rolle. In erster Linie sind die Kantone dafür zuständig. Der Bund ist jedoch in zahlreichen Bereichen aktiv, um die Prävention und die Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu unterstützen. Im schulischen Bereich ist er für bildung+gesundheit Netzwerk Schweiz verantwortlich, ein nationales Netzwerk, das sich für die Prävention und Gesundheitsförderung im schulischen Kontext sowie die Zusammenarbeit und Koordination der verschiedenen Akteure einsetzt. Überdies unterstützt er das Schulnetz21 und die Stiftung éducation21, die Schulen dabei unterstützen, gesundheitsförderliche Bedingungen zu schaffen (z. B. indem sie Schulen als rauchfreie Zone definieren) und Lehrkräften pädagogisches Material sowie Weiterbildungen zu diversen Themen, darunter auch zur Gesundheitsförderung in der Schule, bereitstellen. Auch im ausserschulischen Bereich ist der Bund aktiv. Der Bund unterstützt Dachverbände wie die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV) und den Dachverband Offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz (DOJ), die Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter in der Frühintervention ausbildet und Jugendliche für die Risiken des Konsums psychoaktiver Substanzen sensibilisieren. Im Bereich Sport fördert der
Bund die Suchtprävention über sein Programm Jugend+Sport (J+S) und empfiehlt im Jugendsport tätigen Leiterinnen und Leitern sowie Trainerinnen und Trainern das Präventionsprogramm «cool and clean», das ihnen Tools zur Sensibilisierung für Themen wie Tabak und Alkohol zur Verfügung stellt.

Ausserdem stellt er in Zusammenarbeit mit den Kantonen über die Plattform Safezone.ch ein Online-Beratungsangebot zu Suchtfragen zur Verfügung. Die kostenlosen und anonymen Beratungen stehen allen offen. Betroffene, insbesondere Jugendliche, 8 / 44

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erhalten hier auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Informationen und Beratung. Des Weiteren wird die bestehende Rauchstopplinie in eine umfassende Beratungsstelle für den Rauchstopp und den Nikotinentzug umgewandelt. Über Online-Kanäle können künftig verstärkt jüngere Zielgruppen angesprochen werden. Schliesslich organisiert der Bund seit 2011 im Rahmen der Plattform «Jugend und Medien» Aktivitäten zum Jugendmedienschutz und zur Förderung der Medienkompetenzen.

Der Tabakpräventionsfonds finanziert unter anderem das nationale Kinder- und Jugendprogramm Free. Fair. Future, das die Umsetzung von Präventionsmassnahmen in der Freizeit, in der Schule, im Sport, am Arbeitsplatz und in der Familie vorsieht.

Er unterstützt ausserdem kantonale Tabak- und Suchtpräventionsprogramme mit Pauschalbeiträgen. Mit diesen Beiträgen setzen die Kantone Massnahmen um, die sich mehrheitlich an Kinder und Jugendliche richten und dazu beitragen, den Tabak- oder Nikotinkonsum zu verhindern.

Schliesslich unterstützt die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz die Umsetzung zahlreicher Projekte zur Förderung der Gesundheit und Verhütung von Krankheiten.

Diese Aktivitäten werden über die Erhebung eines Zuschlags auf den Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gemäss den Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes (KVG)5 finanziert. Viele dieser Aktivitäten richten sich an Kinder und Jugendliche, beispielsweise die im Rahmen der kantonalen Aktionsprogramme umgesetzten Massnahmen, die darauf abzielen, dass sie sich ausgewogen ernähren, mehr bewegen und psychisch gesund bleiben. Derzeit beteiligen sich 25 Kantone an den kantonalen Aktionsprogrammen.

Der Geltungsbereich des neuen Artikels 41 Absatz 1 Buchstabe g BV ist nicht auf den Tabakbereich beschränkt. In seinem Bericht in Erfüllung des Postulats Rechsteiner 17.4076 «Perspektiven der schweizerischen Drogenpolitik» hielt der Bundesrat fest, dass die Stärkung der Massnahmen der frühkindlichen Gesundheitsförderung und die Massnahmen der Frühintervention bei Jugendlichen eine Gesetzesgrundlage erfordern würden. Entsprechend hat er das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) beauftragt, zu prüfen, ob die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die substanzübergreifende Prävention angezeigt wäre. Die Konkretisierung von Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe g BV soll im Rahmen dieses Auftrags vertieft untersucht werden.

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Der neue Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV verbietet jede Form von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht. Es handelt sich um ein fast absolutes Werbeverbot, da es nur wenige Orte oder Medien gibt, zu denen Minderjährige keinen Zugang haben.

Zur Umsetzung dieses Artikels sieht dieser Entwurf namentlich ein allgemeines Verbot der Werbung in der Presse und ein Verbot der Werbung im Internet vor, es sei denn, ein System zur Alterskontrolle gewährleistet, dass ausschliesslich Erwachsene

5

SR 832.10

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Zugang zu diesen Inhalten haben. Die Schweiz gleicht sich damit den europäischen Standards in diesem Bereich an (vgl. Ziff. 3.1 und 3.2).

1.2.1

Verbot der Werbung in Presseerzeugnissen

Im Bereich der Werbung in der Presse verbietet die gewählte Lösung Werbung in allen Zeitungen, Zeitschriften oder anderen Publikationen. Ausgenommen von diesem Verbot sind lediglich Publikationen, die sich an in der Tabakbranche tätige Personen richten, und Publikationen der ausländischen Presse, die nicht hauptsächlich für den Schweizer Markt bestimmt sind.

Dieses umfassende Werbeverbot in der Presse resultiert aus der Feststellung, dass es keine geeigneten Massnahmen gibt, die sicherstellen, dass Printzeitungen, die Werbung für Tabakprodukte oder E-Zigaretten enthalten, nur von Erwachsenen eingesehen werden. Selbst wenn der Kauf von Printzeitungen Erwachsenen vorbehalten wäre, könnte nicht verhindert werden, dass Minderjährige beispielsweise am Familientisch oder an öffentlichen Orten durch solche Werbung erreicht würden.

Eine geprüfte Lösung bestand darin, den Anteil der erwachsenen Leserschaft festzulegen, der erforderlich ist, damit Werbung in gedruckten Publikationen sowie Printmedien zulässig wäre. In der Vereinbarung zwischen dem Verband Swiss Cigarette und der Schweizerischen Lauterkeitskommission6 ist dieser Anteil beispielsweise mit 80 Prozent der Leserschaft definiert. Eine andere in Betracht gezogene Lösung war, eine unterschiedliche Behandlung der Gratis- und der Bezahlpresse vorzusehen; also ein grundsätzliches Werbeverbot in Gratiszeitungen, während beispielsweise in der Bezahlpresse Werbung im Innenteil von Zeitungen und Zeitschriften erlaubt wäre, welche hauptsächlich an Erwachsene mit einem Abonnement verkauft werden.

Diese Lösungen erfüllen die im Verfassungsartikel festgelegte Anforderung nicht und wurden deshalb ausgeschlossen. Das Verbot zielt auf Werbung ab, die Minderjährige erreichen kann. Daraus lässt sich keine Toleranzschwelle ableiten. Nur mit einer Leserschaft, die ausschliesslich aus Erwachsenen bestehen würde, könnte diese Anforderung erfüllt werden. Auch die Unterscheidung zwischen Bezahl- und Gratiszeitungen ist wenig sinnvoll, da die meisten Bezahlzeitungen einen Anteil minderjährige Leserinnen und Leser aufweisen. Beispielsweise verfügen alle Zeitungen in der von Swiss Cigarette7 veröffentlichten Liste der Publikationen, die gemäss der oben erwähnten Vereinbarung zugelassen sind, über einen Leseranteil der Altersgruppe 14 bis 17 Jahre. Dazu gehören auch
Bezahlzeitungen wie 24 Heures (minderjährige Leserschaft: 2,6 %), BZ/Bund (4,3 %) oder die NZZ (3,7 %). Der Anteil der Minderjährigen, der Gratiszeitungen liest, ist nur geringfügig höher (z. B. 5,4 % bei 20 Minu6

7

Swiss Cigarette (2018). Vereinbarung zwischen dem Verband Swiss Cigarette und der Schweizerischen Lauterkeitskommission. Dokument verfügbar unter www.swiss-cigarette.ch > Themen > Selbstregulierung > Schweizerische Lauterkeitskommission. Abgerufen am 22. März 2023.

Swiss Cigarette (2022). Liste der zugelassenen Printpublikationen. Stand: 20. Dezember 2022. Dokument verfügbar unter www.swiss-cigarette.ch > Themen > Selbstregulierung > Schweizerische Lauterkeitskommission > Printpublikationsliste.

Abgerufen am 22. März 2023.

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ten). Beim Blick (Bezahlzeitung) beträgt der Anteil der unter 18-jährigen Leserinnen und Leser sogar 9,6 Prozent.

Darüber hinaus sind die Werbeausgaben im Zusammenhang mit Tabakprodukten in den bezahlten Printmedien in den letzten Jahren gestiegen und bilden nun den überwiegenden Anteil (93 % der Ausgaben in der Presse 20218), während sie in den kostenlosen Printmedien rückläufig sind (7 % der Ausgaben).

1.2.2

Verbot der Werbung im Internet, in Applikationen und in anderen elektronischen Medien

Zur Konkretisierung des mit dem neuen Verfassungsartikel vorgesehenen Verbots wurden mehrere Lösungen betreffend die Werbung im Internet in Betracht gezogen.

Eine der geprüften Lösungen bestand in einem generellen Verbot der Werbung im Internet, in Applikationen (Apps) und in anderen elektronischen Medien, wie es in der EU in Kraft ist. Sie hat den Vorteil, dass Minderjährige selbst im familiären Rahmen, in dem die gemeinsame Nutzung von Zeitungsabonnementen oder anderen digitalen Diensten nicht unmöglich ist, vor Werbung geschützt werden.

Diese Lösung wurde im Rahmen der Vernehmlassung von verschiedener Seite kritisiert, hauptsächlich aus dem Grund, dass dabei die bereits bestehenden und künftigen Technologien zur Kontrolle des Alters der Nutzerin oder des Nutzers nicht berücksichtigt würden.

Mit der gewählten Lösung wird nun Werbung in allen elektronischen Medien verboten, es sei denn, es wird mit einem System der Alterskontrolle sichergestellt, dass nur Erwachsene Zugang dazu haben. So ist beispielsweise Werbung in Onlinezeitungen oder Onlineshops erlaubt, sofern das Alter der Nutzerin oder des Nutzers zuvor überprüft wurde und deren oder dessen Volljährigkeit nachgewiesen wurde. Eine solche Lösung gilt derzeit für Online-Geldspiele, zu denen Minderjährige gemäss Artikel 72 des Bundesgesetzes über Geldspiele vom 29. September 20179 keinen Zugang haben dürfen. In diesem Bereich ist der Zugang zu einem Online-Spielangebot davon abhängig, dass ein Spielerkonto beim Betreiber besteht. Dieser ist verpflichtet, die Richtigkeit der in diesem Rahmen gemachten Angaben, insbesondere des Geburtsdatums, zu überprüfen (Art. 47 Abs. 1 und 49 der Geldspielverordnung10). Auch Artikel 8 des Bundesgesetzes über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele (JSFVG)11 verpflichtet Dienstleistungsanbieter dazu, geeignete Massnahmen zu ergreifen, damit Minderjährige keinen Zugang zu nicht altersgerechten Inhalten haben.

8

9 10 11

BAG (2022). Werbeeinnahmen im Zusammenhang mit Tabakprodukten in den Medien im Jahr 2021. Dokument verfügbar unter https://www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Politische Aufträge & Aktionspläne > Politische Aufträge zur Tabakprävention > Tabakpolitik der Schweiz > Werbeeinschränkungen für Tabakprodukte. Abgerufen am 23. März 2023.

SR 935.51 SR 935.511 BBl 2022 2406

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1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage wurde weder in der Botschaft vom 29. Januar 202012 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202013 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Nach Artikel 197 Ziffer 14 BV, dem Volk und Stände in der Volksabstimmung vom 13. Februar 2022 zugestimmt haben, hat das Parlament maximal drei Jahre Zeit, das heisst bis zum 13. Februar 2025, um die gesetzlichen Bestimmungen zur Umsetzung der Initiative zu verabschieden. Um diesen verfassungsmässigen Auftrag zu erfüllen, ist die Teilrevision des TabPG angezeigt.

Die Vorlage zielt insbesondere auf eine Verschärfung der Beschränkung für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten ab. Dadurch können Kinder und Jugendliche besser vor den Mitteln geschützt werden, welche die Industrie zur Förderung des Konsums von Tabakprodukten und E-Zigaretten einsetzt, und damit einhergehend der Anteil der Raucherinnen und Raucher sowie der Konsumentinnen und Konsumenten solcher Produkte gesenkt werden.

Die Vorlage wird damit einen Beitrag zu der vom Bundesrat am 6. April 2016 verabschiedeten Nationalen Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten 2017­ 2024 und der am 11. November 2015 verabschiedeten Nationalen Strategie Sucht 2017­202414 leisten. Diese sind Teil der Strategie Gesundheit203015 des Bundesrates, die mehrere Schwerpunkte umfasst, darunter die verstärkte Prävention nichtübertragbarer Krankheiten.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Vorlage führt zu keiner Abschreibung von parlamentarischen Vorstössen.

12 13 14

15

BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 BAG und GDK (2016). 2016. Nationale Strategie Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD-Strategie) 2017­2024. Dokument verfügbar unter www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Nationale Gesundheitsstrategien > Nichtübertragbare Krankheiten.

Abgerufen am 23. März 2023. BAG (2015). Nationale Strategie Sucht 2017­2024.

Dokument verfügbar unter www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Nationale Gesundheitsstrategien > Sucht. Abgerufen am 23. März 2023.

Schweizerische Eidgenossenschaft (2019). Die gesundheitspolitische Strategie des Bundesrates 2020­2030. Dokument verfügbar unter www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Gesundheit2030 > Gesundheitspolitische Strategie des Bundesrats 2020­2030.

Abgerufen am 23. März 2023).

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2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

2.1

Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vernehmlassung zum Entwurf der Revision des TabPG ist auf grosses Interesse gestossen und hat einmal mehr gezeigt, dass das Thema sehr umstritten ist. Die 369 eingegangenen Stellungnahmen können grundsätzlich in zwei Gruppen eingeteilt werden.

Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP), die GRÜNE Schweiz (die Grünen), die Evangelische Volkspartei der Schweiz (EVP), die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), 22 Kantone, mehrere kantonale Verbände, die Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (EKSN) und Gesundheitsorganisationen begrüssen den Entwurf insgesamt und verlangen zum Teil Ergänzungen oder Verschärfungen.

Die Liberalen (FDP), die Mitte und der Kanton Waadt sowie einige Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft unterstützen den Entwurf ebenfalls, äussern jedoch Vorbehalte und möchten vor allem in gewissen Bereichen weniger strenge Regeln.

Die Schweizerische Volkspartei (SVP), der Kanton Neuenburg sowie Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft, der Tabak- und E-Zigaretten-Industrie stehen dem Entwurf hingegen kritisch bis sehr kritisch gegenüber und sind der Ansicht, dass manche Bestimmungen zu weit gehen.

Insgesamt wünschen sich viele Vernehmlassungsteilnehmende Präzisierungen und Anpassungen, von denen die wichtigsten im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Die GDK, 19 Kantone16, die EVP, die Grünen, die SP, die EKSN, der Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), die Konferenz der kantonalen Beauftragten für Suchtfragen (KKBS) und die Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz (VKS) heissen insbesondere die Werbeeinschränkungen in Artikel 18 ausdrücklich gut. Manche Teilnehmenden wünschen ein vollständiges Werbeverbot oder eine Verschärfung respektive eine Ausweitung der vorgesehenen Einschränkungen. Die EVP, vier Kantone und Gesundheitsorganisationen verlangen beispielsweise neutrale Verpackungen für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten. Demgegenüber sind die SVP, die Mitte, die FDP, die Kantone Waadt und Neuenburg sowie Wirtschaftsorganisationen und Vertretende der E-Zigaretten-Branche der Ansicht, dass die im Gesetzesentwurf vorgesehene Werbeeinschränkung über den Volkswillen hinausgeht. Gemäss der SVP und Wirtschaftsorganisationen sollte Werbung in
Zeitungen, Zeitschriften und anderen Publikationen, im Internet sowie an Verkaufsstellen und anderen Orten oder Veranstaltungen nach wie vor erlaubt sein, sofern geeignete Massnahmen gewährleisten, dass sie nur Erwachsene erreicht. Die FDP und die Kantone Waadt und Neuenburg begrüssen die Massnahmen zum Schutz von Minderjährigen, lehnen aber insbesondere das umfassende Werbeverbot im Internet ab, wobei sie auf die technologischen Innovationen hinweisen, mit denen das Alter der Internetnutzerinnen und -nutzer kontrolliert werden kann.

16

AG, AR, BE, BL, BS, FR, GE, GR, GL, LU, NW, OW, SG, SO, TG, TI, VS, ZH, ZG.

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Die Einschränkung der Verkaufsförderung für Tabakprodukte und E-Zigaretten wird von der GDK, 17 Kantonen, der EVP, den Grünen, der SP sowie der FMH und der KKBS gutgeheissen. Gewisse Akteure wünschen sogar teilweise mehr Einschränkungen. Die SVP, die Wirtschaftsverbände und die Vertretenden der E-Zigaretten-Industrie fordern, dass Verkaufsförderaktivitäten, die sich ausschliesslich an Erwachsene richten, weiterhin erlaubt sein sollen. Auch die direkte Verkaufsförderung mittels persönlicher Mailings und die Abgabe von Flyern an erwachsene Konsumentinnen und Konsumenten sollten nach wie vor möglich sein. Manche Teilnehmende, darunter der Kanton Genf, möchten ein vollständiges Verbot der Verkaufsförderung oder punktuelle Präzisierungen bzw. Ergänzungen der Einschränkungen. Die Kantone Basel-Stadt und Genf sowie die Gesundheitsorganisationen verlangen überdies ein Verbot (oder im Falle des Kantons Appenzell Ausserrhoden eine Einschränkung) der Verkaufsautomaten für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden. Für die Kantone Basel-Landschaft und Solothurn sollten solche Automaten werbefrei sein.

Die Einschränkungen des Sponsorings von Veranstaltungen in der Schweiz stossen auf breite Zustimmung. Die SVP und Wirtschaftsverbände fordern jedoch, dass diese Einschränkungen nicht gelten sollten, wenn geeignete Massnahmen sicherstellen, dass die Werbung für die Minderjährigen vor Ort weder sichtbar noch zugänglich ist.

Die im TabPG neu vorgesehene Meldung der Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring wird einerseits klar befürwortet, andererseits klar abgelehnt.

Die EVP, die Grünen, die SP, die Mehrheit der Kantone, die EKSN und Gesundheitsorganisationen begrüssen die geplante Meldung der Ausgaben im Hinblick auf eine Ratifizierung des FCTC durch die Schweiz. Dadurch könnten auch die Auswirkungen der neuen Vorschriften kontrolliert und allfällige künftige Lücken identifiziert werden. Von mehreren Teilnehmenden wurden überdies Verschärfungen oder Präzisierungen dieser Regelung gewünscht. Gemäss der SVP, der FDP, der Mitte, den Kantonen Neuenburg und Thurgau, den Wirtschaftsorganisationen und Vertretenden der E-Zigaretten-Branche müsste dieser Artikel gestrichen werden, da dieser Punkt nicht Teil der Volksinitiative war oder
in diesem Zusammenhang nicht diskutiert wurde und vom Parlament in früheren Beratungen abgelehnt wurde.

In Bezug auf die Kontrolle der Einhaltung des Werbeverbots im Internet, in Applikationen und elektronischen Medien durch den Bund zeigen sich die EVP, die SP, die GDK und 15 Kantone, die EKSN und weitere Akteure zufrieden mit der neuen Aufgabenteilung. Die SVP und einige Wirtschaftsverbände lehnen die Übertragung dieser Aufgabe an den Bund ab, da dies zu einem unverhältnismässigen Mehraufwand für die Verwaltung führen würde.

Schliesslich sind vier Kantone, die EVP und zahlreiche Gesundheitsorganisationen der Meinung, dass die in Artikel 27a vorgesehene Maximalhöhe der Busse bei Verstössen gegen die Meldepflicht zu tief sei und beispielsweise prozentual zu den Gewinnen und Umsätzen der fehlbaren Unternehmen bemessen werden sollte. Nach Ansicht mehrerer Wirtschaftsverbände müsste dieser Absatz vollständig gestrichen werden.

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2.2

Auswertung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Aufgrund der Stellungnahmen im Vernehmlassungsverfahren wurden folgende Änderungen am Gesetzestext vorgenommen:

17

­

Werbung im Internet (Art. 18 Abs. 1 Bst. b): Werbung ist zulässig, vorausgesetzt, dass ein System zur Alterskontrolle besteht (z. B. mit Ausweiskontrolle). In Übereinstimmung mit der Antwort auf die Interpellation Kutter 22.4321 «Systeme zur Altersprüfung im Internet» hat der Bundesrat damit die im Rahmen der Vernehmlassung geäusserten Meinungen berücksichtigt.

­

Markenerweiterung (brand stretching: die Verwendung einer etablierten Tabak- oder E-Zigaretten-Marke für andere Produktekategorien, z. B. das Parfüm Davidoff Cool Water oder die Schuhe Camel Boots): Die FMH und einige Kantone haben die unklare Regelung kritisiert. Nun sieht das Gesetz eine Ausnahme vor (Art. 18 Abs. 3): Besteht der Zweck der neuen Marke nicht darin, den Verkauf von Tabakprodukten oder elektronischen Zigaretten zu fördern, gilt die Verwendung des Markennamens nicht als gemäss Gesetz verbotene Werbung.

­

Verbot der Abgabe an Minderjährige im Internet (Art. 23 und 23a): Bisher ist es nicht möglich, Testkäufe mit Minderjährigen für den Onlineverkauf durchzuführen, da deren Anonymität nicht garantiert ist. Daher ist es schwierig, die Einhaltung des Verbots des Onlineverkaufs zu kontrollieren. Diese Gesetzeslücke wurde kritisiert und muss geschlossen werden. Wie bei der Werbung soll ein System zur Alterskontrolle vorgeschrieben werden, wie dies im JSFVG vorgesehen ist. Aus Gründen der Kohärenz muss ein solches System auch für den Verkauf über Automaten verlangt werden. Mit der Einführung des staatlichen elektronischen Identifikationsnachweises (E-ID) könnte es allenfalls in Zukunft auch möglich sein, Minderjährige an Testkäufen im Internet zu beteiligen. Die E-ID sollte nämlich so aufgebaut sein, dass sie auch zur Kontrolle einer Altersgrenze (z. B. 18 Jahre) bei Onlinekäufen verwendet werden kann, ohne dass persönliche Daten übermittelt werden. Die minderjährige Person dürfte jedoch ihren Namen und ihre Adresse nicht bekannt geben.

­

Meldung der Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring (Art. 27a Abs. 3): Die Erwähnung der Möglichkeit, Einzelmeldungen vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 2004 (BGÖ)17 auszunehmen, wurde aufgehoben. Laut Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe g BGÖ kann der Zugang zu einem Dokument bereits jetzt verweigert werden, wenn Berufs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart werden können.

­

Kontrolle der Erfüllung der Anforderungen an das System zur Alterskontrolle für die Abgabe im Internet: Diese Aufgabe soll vom BAG übernommen werden, gleich wie bei der Werbung im Internet (Art. 30 Abs. 4). Künftige Online-Testkäufe unter Einbezug von Minderjährigen sollen hingegen weiterhin SR 152.3

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in die Zuständigkeit der Kantone und der mit dieser Aufgabe betrauten spezialisierten Organisationen fallen.

Folgende Massnahmen werden jedoch trotz teilweise widersprüchlicher Rückmeldungen beibehalten: ­

Werbung in der Presse (Art. 18 Abs. 1 Bst. a): Das Werbeverbot in der Presse muss mit möglichst wenigen Ausnahmen umgesetzt werden. Ausnahmen sind auf Werbung beschränkt, die sich an den ausländischen Markt oder an die Tabakbranche richtet. An dieser Lösung wird festgehalten, um sicherzustellen, dass die Werbung effektiv keine Minderjährigen erreicht. Die meisten Zeitungen haben einen gewissen Prozentsatz an minderjährigen Leserinnen und Lesern, auch wenn dieser noch so gering ist.

­

Meldung der Ausgaben für Werbung (Art. 27a): Die Annahme der Volksinitiative führt zu einer Verschärfung der Einschränkungen im Bereich der Werbung für Tabakprodukte. In diesem Zusammenhang scheint die Einführung einer Meldepflicht für Werbeausgaben eine angemessene Ergänzung im Hinblick auf eine allfällige Ratifizierung des FCTC. Die Beträge können aggregiert und für mehrere Unternehmen gemeinsam gemeldet werden. Mit dieser Massnahme kann ausserdem die Entwicklung der Werbeausgaben im Laufe der Zeit verfolgt werden.

­

Kontrolle der Einschränkungen der Werbung im Internet durch das BAG (Art. 30 Abs. 4): Diese Lösung ist beizubehalten, denn die Werbung auf ausländischen Websites kann keiner kantonalen Behörde zugewiesen werden. Es ist notwendig, dass eine Bundesbehörde zuständig ist.

­

Umsetzung von Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe g BV zur Gesundheitsförderung: Im Rahmen der Vernehmlassung haben verschiedene Akteure, darunter die GDK, rechtliche Umsetzungsbestimmungen zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen verlangt. Dieser Artikel zu den Sozialzielen überträgt indessen keine neuen Kompetenzen, sondern stärkt die bestehenden. Mit der Einführung von Werbeeinschränkungen zum Schutz Minderjähriger konkretisiert der vorliegende Entwurf dieses Ziel ebenfalls.

Weitere gesetzliche Anpassungen sind im Rahmen dieser Vorlage nicht vorgesehen. Im Übrigen ist das EDI in diesem Bereich aktiv und prüft derzeit im Rahmen eines Abklärungsauftrags, inwiefern die Schaffung von Gesetzesgrundlagen für die multifaktorielle Prävention angemessen wäre. Dieser Auftrag geht aus dem Bericht in Erfüllung des Postulats Rechsteiner 17.4076 hervor.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

3.1

Recht der Nachbarstaaten im Bereich der Werbung

Alle Nachbarländer der Schweiz sind Mitglied der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Somit regeln sie die Herstellung, die Werbung und das Inverkehrbringen von Tabakprodukten und E-Zigaretten nach den Anforderungen der 16 / 44

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Richtlinie 2014/40/EU18, d. h. der EU-Richtlinie für Tabakerzeugnisse und nach der Richtlinie 2003/33/EG19, d. h. der EU-Richtlinie über Werbung und Sponsoring. Auf die EU-Regelung wird nachstehend genauer eingegangen (vgl. Ziff. 3.2). Insbesondere müssen alle Mitgliedstaaten der EU und des EWR die Werbung in der Presse sowie das Sponsoring von Veranstaltungen verbieten, die das Ziel oder die direkte oder indirekte Wirkung haben, Tabakprodukte zu fördern, und an denen mehrere Mitgliedstaaten beteiligt sind. Die Mitgliedstaaten bleiben für die Regelung jener Aspekte weiterhin zuständig, die nicht durch die Gesetzgebung der EU harmonisiert werden, insbesondere für die Werbung auf nationaler Ebene. Deshalb gehen die meisten Staaten diesbezüglich deutlich weiter. Frankreich, Italien und Österreich verbieten zusätzlich die Plakatwerbung, die Kinowerbung sowie Wettbewerbe und die an Privatpersonen gerichtete Direktwerbung. Italien gestattet zudem keine Werbung in den Verkaufsstellen. In Deutschland sind Aussenwerbung, Plakatwerbung und Kinowerbung bei Filmen, die Minderjährigen zugänglich sind, sowie die unentgeltliche Abgabe von Zigaretten seit dem 1. Januar 2022 verboten. Diese Einschränkungen gelten seit dem 1. Januar 2023 auch für Tabakprodukte zum Erhitzen und ab dem 1. Januar 2024 für elektronische Zigaretten. In Frankreich und Österreich ist ausserdem das Sponsoring von Veranstaltungen verboten.

3.2

Europäisches Recht im Bereich der Werbung

Die europäische Gesetzgebung umfasst hauptsächlich die EU-Richtlinie für Tabakerzeugnisse (Richtlinie 2014/40/EU) und die EU-Richtlinie über Werbung und Sponsoring (Richtlinie 2003/33/EG). Die Gesetzgebung wird durch mehrere nicht verbindliche Erlasse ergänzt. Zudem haben alle EU-Mitgliedstaaten das FCTC ratifiziert.

Dasselbe gilt für die EU, die das Übereinkommen am 2. Juni 2004 genehmigt hat.20 Die EU-Richtlinie über Werbung und Sponsoring sieht ein absolutes Verbot für Werbung in der Presse und in anderen Printmedien vor, mit Ausnahme von Veröffentlichungen, die ausschliesslich für im Tabakhandel tätige Personen bestimmt sind, sowie von Veröffentlichungen, die in Drittländern gedruckt und herausgegeben werden, sofern diese Veröffentlichungen nicht hauptsächlich für den Gemeinschaftsmarkt bestimmt sind. Ausserdem sieht die Richtlinie ein Verbot der Radio- und Internetwerbung sowie ein Verbot des Sponsorings von Veranstaltungen vor, an denen mehrere Mitgliedstaaten beteiligt sind. Die Werbung- und das Sponsoring im Fernsehen für Tabakerzeugnisse unterstehen der EU-Richtlinie über die Bereitstellung audiovisuel18

19

20

Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl. L 127 vom 29. April 2014, S. 1; zuletzt geändert durch die Delegierte Richtlinie 2014/109/EU der Kommission, ABl. L 360 vom 17. Dezember 2014, S. 22.

Richtlinie 2003/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen, ABl. L 152 vom 20. Juni 2003, S. 16.

Beschluss 2004/513/EG des Rates vom 2. Juni 2004 über den Abschluss des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakkonsums, ABl. L 213 vom 15. Juni 2004, S. 8.

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ler Mediendienste21. Jede Form von audiovisueller kommerzieller Kommunikation für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse ist untersagt.22 Diese Beschränkungen gelten auch für nikotinhaltige E-Zigaretten und Nachfüllbehälter, entsprechend der EU-Richtlinie für Tabakerzeugnisse. Unter Einhaltung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Art. 36 und 114 AEUV)23 können die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene weitere Einschränkungen der Werbung, der Verkaufsförderung und des Sponsorings vorsehen. Dies erklärt das Bestehen unterschiedlicher Regelungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten (vgl. Ziff. 3.1).

3.3

Meldung der Werbeausgaben

Gemäss Angaben der WHO aus dem Jahr 202024 haben 128 Vertragsparteien (70 %) des FCTC gemeldet, dass sie ein umfassendes Verbot von Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring für Tabakprodukte eingeführt haben. 37 Vertragsparteien gaben an, kein solches Verbot erlassen zu haben. Für die Länder mit einem umfassenden Verbot erübrigt sich die Meldung der Werbeausgaben. Unter den Vertragsparteien, die wie die Schweiz kein umfassendes Verbot eingeführt haben, verlangen namentlich Deutschland und Japan von der Tabakindustrie, dass sie den zuständigen Regierungsbehörden die Ausgaben für noch zulässige Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring offenlegt.

So betrugen in Deutschland gemäss dem Jahresbericht 202125 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung die Ausgaben der Tabakindustrie für direkte Werbung in Deutschland26 im Jahr 2019 rund 54 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet dies einen Rückgang um rund 9,4 Millionen Euro. In Japan verlangt die Regierung von den drei nationalen Tabakunternehmen, dass sie ihr die Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring, die in Japan getätigt werden, mel-

21

22 23 24

25

26

Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste), ABl. L 95 vom 15. April 2010, S. 1; zuletzt geändert durch die Richtlinie 2018/1808 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018, ABl. L 303 vom 28. November 2018, S. 69.

Art. 9 Ziff. 1 Bst. d EU-Richtlinie über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste.

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (konsolidierte Fassung), ABl. C 326 vom 26. Oktober 2012, S. 47.

Sekretariat des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC): Online-Datenbank zur Umsetzung des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC Implementation Database). Dokument verfügbar unter www.untobaccocontrol.org > Implementation databases > Reports (Treaty provisions) > Show all > Article 13 Tobacco advertising, promotion and sponsorship > C279 ­ Disclosure of advertising expenditures required. Abgerufen am 23. März 2023.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Deutsches Bundesministerium für Gesundheit (2021). Jahresbericht 2021, S. 10. Dokument verfügbar unter www.bundesdrogenbeauftragter.de > Service > Broschüre bestellen > Publikationen > Publikationen der Drogenbeauftragten. Abgerufen am 23. März 2023.

2019 gab die Tabakindustrie zudem 144 Millionen Euro für Verkaufsförderung und 11 Millionen Euro für Sponsoring aus.

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den, publiziert diese Daten aber nicht. Japan Tobacco (JT) veröffentlicht diese Zahlen jedoch in seinem Geschäftsbericht für den JT-Konzern27.

In den USA, die das FCTC noch nicht ratifiziert haben, werden die Werbeausgaben seit 1967 für Zigaretten, seit 1987 für rauchfreie Tabakprodukte28 und seit 2015 für elektronische Zigaretten29 der US-Bundeshandelskommission (Federal Trade Commission) gemeldet. Die Kommission veröffentlicht regelmässige Berichte über die Ergebnisse dieser Meldungen. Die jüngsten Berichte30 unterscheiden zwischen mehr als 25 verschiedene Werbeformen, darunter Werbung in Verkaufsstellen, Verkaufsförderung und Sponsoring.

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Um die neuen Verfassungsbestimmungen umzusetzen, sieht der Bundesrat vor, im TabPG das Kapitel über die Werbung, die Verkaufsförderung und das Sponsoring mit neuen für Tabakprodukte und E-Zigaretten geltenden Einschränkungen zu ergänzen.

Die Tabakprodukte sind in Artikel 3 Buchstabe a TabPG definiert. Die Änderungen betreffen folglich auch pflanzliche Rauchprodukte, wozu namentlich CBD-haltige Hanfprodukte mit einem THC-Gehalt von weniger als einem Prozent zählen.

Die Vorlage sieht überdies die Pflicht vor, ein System zur Alterskontrolle für die Abgabe von Tabakprodukten und elektronischen Zigaretten an Konsumentinnen und Konsumenten über das Internet oder mittels Automaten einzurichten. Zudem soll das BAG die Kompetenz erhalten, die Einhaltung der Werbeeinschränkungen im Internet sowie die Erfüllung der Anforderungen an das System zur Alterskontrolle für den Verkauf über das Internet zu kontrollieren.

Darüber hinaus ist die Einführung eines Artikels vorgesehen, der die Tabak- und EZigaretten-Industrie verpflichtet, dem BAG die Höhe ihrer Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring zu melden.

27

28

29

30

Japan Tobacco Group (2022). 14.02.2022. 2021 Earnings Report, S. 22. Dokument verfügbar unter www.jti.com > news and views > JT GROUP 2021 financial results & 2022 forecast 2022. Abgerufen am 23. März 2023.

Medienmitteilung der US-Bundeshandelskommission (Federal Trade Commission) vom 30. März 2021. FTC Releases Reports on Cigarette and Smokeless Tobacco Sales and Marketing Expenditures for 2019 und Cigarette Report for 2020 and Smokeless Tobacco Report for 2020. Dokument verfügbar unter www.ftc.gov > News and Events > News > Press Releases. Abgerufen am 23. März 2023.

Medienmitteilung der US-Bundeshandelskommission (Federal Trade Commission) vom 17. März 2022. The Federal Trade Commission's First Report on E-Cigarette Sales and Advertising Reveals Disturbing Trends Affecting the Health of Young Americans.

Dokument verfügbar unter www.ftc.com > News and Events > News > Press Releases.

Abgerufen am 23. März 2023.

US-Bundeshandelskommission (Federal Trade Commission) Cigarette Report for 2020 und Smokeless Tobacco Report for 2020. Abrufbar unter https://www.ftc.gov > Policy> Reports > Commission and Staff Reports Reports > Federal Trade Commission Cigarette Report for 2020 and Smokeless Tobacco Report for 2020. Abgerufen am 23. März 2023.

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4.2

Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring

Artikel 18, wie er im Oktober 2021 vom Parlament verabschiedet wurde, verbietet Werbung, die sich an Minderjährige richtet. Die in dieser Bestimmung aufgeführten Werbeträger und Orte beschränken sich daher auf solche, deren Zielpublikum Minderjährige sind, wie Spielzeug und Zeitschriften für Kinder. Dieser Absatz a wurde grösstenteils aus dem geltenden Recht übernommen. Das Parlament hat während seinen Beratungen zudem neue Werbeverbote eingeführt, welche die gesamte Bevölkerung betreffen, beispielsweise im öffentlichen Raum, in Kinos oder an Sportveranstaltungen. Hingegen hat es eine Ausnahme für die Verkaufsstellen vorgesehen, in denen Werbung weiterhin zulässig ist.

Damit Werbung auch überall dort untersagt ist, wo sie Minderjährige erreichen kann, muss Artikel 18 ergänzt werden. Die neuen Einschränkungen betreffen namentlich Werbung in der Presse, im Internet und in allen elektronischen Medien sowie in postalischen Werbesendungen. Darüber hinaus ist Werbung an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden können, unzulässig. Darunter fallen beispielsweise Verkaufsstellen und Festivals. Insbesondere sind VIP-Stände oder Zelte in der Gestaltung einer Produktmarke oder eines Herstellers von Tabakprodukten oder E-Zigaretten nicht mehr zulässig.

Um diese neuen Verbote zu integrieren, wurde der Artikel neu gegliedert. Die Werbeträger und Orte, für welche das Werbeverbot gilt, sind in Absatz 1 zusammengefasst. Bestimmte allgemeine Verbote, die in der vom Parlament verabschiedeten Fassung enthalten waren, werden im Gesetz nicht mehr explizit aufgeführt, da sie nun unter «öffentlich zugänglichen Orte, die von Minderjährigen besucht werden können» in Absatz 1 Buchstabe e fallen, beispielsweise das Verbot in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln.

Die Vorschriften bezüglich der Verkaufsförderung wurden ebenfalls revidiert (Art. 19). Die vom Parlament verabschiedete Fassung verbietet lediglich die Verkaufsförderung durch die unentgeltliche Abgabe solcher Produkte oder die Abgabe von Geschenken und Preisen. Dieser Artikel wird dahingehend geändert, dass eine weitere Form der Verkaufsförderung an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden können, ebenfalls untersagt ist: der Direktverkauf durch mobiles Verkaufspersonal, weil diese Art der Verkaufsförderung
für Minderjährige sichtbar ist. Unter mobilem Verkaufspersonal ist das Verkaufspersonal zu verstehen, das, in der Regel ausgestattet mit Accessoires in den Farben oder im Design einer bestimmten Produktmarke, beispielsweise in Restaurants und Bars präsent ist, um die Produkte dieser Marke zu bewerben und zu verkaufen. Ausserdem wird bei der für Zigarren und Zigarillos vorgesehenen Ausnahme eine Präzisierung angebracht: Die direkte, persönlich ausgeführte Verkaufsförderung für solche Produkte ist an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden können, nicht gestattet.

Seit der Revision des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 199531 über die technischen Handelshemmnisse (THG) im Jahre 2010 gilt in der Schweiz das «Cassis-de-Dijon31

SR 946.51

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Prinzip» in Bezug auf Produkte, die in der EU rechtmässig verkauft werden. Diese können auf dem Schweizer Markt in Verkehr gebracht werden, auch wenn sie die Anforderungen der Schweizer Gesetzgebung nicht erfüllen. Im THG wird die Gratisabgabe mit der Inverkehrbringung gleichgestellt (Art. 3 Bst. d THG). Das TabPG sieht allerdings ein Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Tabakprodukten und elektronischen Zigaretten vor. Da das «Cassis-de-Dijon-Prinzip» dem TabPG vorgeht, bedeutet dies, dass eine Gratisabgabe an Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten von Produkten, die nicht den schweizerischen technischen Vorschriften entsprechen und im EU-Raum rechtmässig in Verkehr sind, möglich wäre. Um eine Umgehung des im vorliegenden Entwurf vorgesehenen Verkaufsförderungsverbots (Art. 19 Abs. 1 Bst. a) zu verhindern, wird der Bundesrat im Rahmen der Ausarbeitung der Ausführungsverordnung des TabPG eine entsprechende Ausnahme vom «Cassis-deDijon-Prinzip» gemäss Artikel 16a Absatz 2 Buchstabe e THG beantragen. Dabei wird es sich um eine Änderung der Verordnung über das Inverkehrbringen von Produkten nach ausländischen Vorschriften (VIPaV)32 handeln.

Im Bereich des Sponsorings (Art. 20) vervollständigt dieser Entwurf die vom Parlament beschlossenen Einschränkungen (Verbot des Sponsorings von Veranstaltungen, wenn diese internationalen Charakter haben oder auf ein minderjähriges Publikum abzielen), indem auch das Sponsoring von Veranstaltungen, die von Minderjährigen besucht werden können, wie etwa Festivals, verboten wird.

4.3

System zur Alterskontrolle

Das TabPG verbietet die Abgabe von Tabakprodukten und elektronischen Zigaretten an Minderjährige (Art. 23 Abs. 1). Um die Einhaltung dieses Verbots zu kontrollieren, wenn der Verkauf über das Internet stattfindet, wird in diesem Entwurf vorgeschlagen, einen neuen Artikel einzufügen, damit Onlinehändler verpflichtet sind, ein System zur Alterskontrolle einzurichten (Art. 23a Abs. 1 Bst. a). Dieser Zusatz ist wichtig, denn die Regelung der Testkäufe im TabPG ermöglicht keine Kontrolle der Abgabe von Produkten über das Internet. Die im Gesetz definierten Testkäufe müssen von Minderjährigen durchgeführt werden, wobei deren Anonymität zu gewährleisten ist. Die Anforderung der Anonymität ist für den Schutz der Minderjährigen unerlässlich, weshalb ein Verzicht darauf nicht infrage kommt. Gegenwärtig ist die Anonymität bei Käufen im Internet jedoch nicht gewährleistet, da Käuferinnen und Käufer gewisse Angaben zu ihrer Identität liefern müssen.

Die am 16. Juni 2022 eingereichte Interpellation Feri 22.3733 «Hohe Verstossquote bei Testkäufen im Online-Handel. Wo besteht Handlungsbedarf?» forderte den Bundesrat auf, eine Lösung zu suchen, damit Minderjährige weniger leicht Zugang zu Alkohol- und Tabakprodukten über das Internet haben. Der Bundesrat wies in seiner Antwort darauf hin, dass er diese Thematik in der Botschaft an das Parlament zur vorliegenden Revision des TabPG berücksichtigen werde, sollten im Rahmen der Vernehmlassung diesbezügliche Forderungen vorgebracht werden. Da dies der Fall war,

32

SR 946.513.8

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schlägt der Bundesrat vor, eine Massnahme einzuführen, um dieses Problem zu beheben.

Die Einrichtung eines Systems zur Alterskontrolle ist eine Massnahme, die leicht zu kontrollieren ist und keine Beteiligung von Minderjährigen erfordert. Die Aufgabe der Kontrolle kann somit einem Erwachsenen übertragen werden, der überprüft, ob ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes System zur Alterskontrolle eingerichtet wurde. Das Fehlen eines Kontrollsystems wird als Verstoss behandelt, der vom BAG und allfälligen anderen Vollzugsbehörden verfolgt wird. Diese Massnahme entspricht überdies der im Rahmen des neuen JSFVG33 gewählten Lösung, die ein System zur Alterskontrolle sowie ein System zur elterlichen Kontrolle fordert.

Denkbar sind verschiedene Systeme, so kann beispielsweise ein von der Käuferin oder dem Käufer präsentierter Identitätsausweis analysiert werden, zu Vergleichszwecken allenfalls kombiniert mit einem Foto (Selfie) zum Zeitpunkt der Bestellung. Dank technologischer Fortschritte werden weitere automatisierte Systeme entwickelt, die unter anderem auf der Kontrolle bestimmter Ziffern des Identitätsausweises oder einer Gesichtsanalyse beruhen.

Bei der Wahl des Systems gilt es die Anforderungen des Bundesgesetzes vom 25. September 202034 über den Datenschutz (DSG) einzuhalten. Die Datenbearbeitung muss insbesondere verhältnismässig und auf einen bestimmten Zweck beschränkt sein. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit verlangt, dass die Lösung gewählt wird, die die Privatsphäre am besten schützt und dass keine Daten unnötig bearbeitet werden. Folglich dürfen keine überflüssigen Daten gesammelt werden. Die für die Bearbeitung verantwortliche Person, d. h. die Person, die zur Einrichtung des entsprechenden Systems verpflichtet ist, muss zunächst eine Folgenabschätzung betreffend den Schutz von Personendaten gemäss Artikel 22 DSG vornehmen. Der Grundsatz der Zweckbestimmtheit verbietet, dass die zu einem bestimmten Zweck gesammelten Daten ohne Rechtfertigungsgrund später zu anderen ­ namentlich kommerziellen ­ Zwecken bearbeitet werden. Darüber hinaus muss die für die Bearbeitung verantwortliche Person die Datensicherheit gewährleisten.

Mit der künftigen vom Bund herausgegebenen elektronischen Identität (E-ID) sollte es möglich werden, sich sowohl im Internet als auch in der realen Welt
einfach und rasch auszuweisen. Diese digitale Identität erlaubt es allenfalls auch, Testkäufe im Internet auszuführen, bei denen nur das Alter preisgegeben werden muss. Die Durchführung von Testkäufen im Internet soll neben der Überprüfung des Vorhandenseins eines Systems zur Alterskontrolle auch die Überprüfung ermöglichen, ob das eingerichtete System funktioniert und Bestellungen von Minderjährigen tatsächlich blockiert. Die beiden Massnahmen ergänzen sich, denn mit der blossen Überprüfung der Existenz eines Systems zur Alterskontrolle kann deren Wirksamkeit nicht beurteilt werden, zumal keine minderjährige Person versucht, sich ein Produkt liefern zu lassen.

Die Vorschrift der Einrichtung eines Systems zur Alterskontrolle gilt auch für den Verkauf von Tabakprodukten oder E-Zigaretten über Automaten. Artikel 23 Absatz 3 33 34

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hält bereits fest, dass diese Produkte nur dann in Automaten verkauft werden dürfen, wenn sie für Minderjährige nicht zugänglich sind. Diese Bestimmung wird durch den neuen Artikel 23a Abs. 1 Bst. a überflüssig und kann deshalb aufgehoben werden (siehe Erklärungen zu Art. 23 Abs. 3).

4.4

Meldung der Werbeausgaben

Der neue Artikel 27a verpflichtet die Tabak- und E-Zigaretten-Industrie, dem BAG die Höhe ihrer Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring zu melden. Diese Ergänzung ist im Hinblick auf eine allfällige Ratifizierung des FCTC angezeigt.

Das FCTC sieht in Artikel 13 Absatz 4 Buchstabe d vor, dass Vertragsparteien, die kein umfassendes Verbot der Werbung, der Verkaufsförderung und des Sponsorings erlassen haben, mindestens die Bekanntgabe der zu diesen Zwecken getätigten Ausgaben seitens der Tabakindustrie gegenüber den Gesundheitsbehörden verlangen.

Dadurch wird bezweckt, die Transparenz über die Grössenordnung der Werbeausgaben zu verbessern und Werbe-, Verkaufsförderungs- oder Sponsoringaktivitäten zu erkennen helfen, welche durch die Einschränkungen nicht abgedeckt wären oder welche die Tabakindustrie unter Verletzung der Einschränkungen durchführen würde.

Die Höhe der Werbeausgaben ist ein wichtiger Indikator. Diese sollten im Prinzip sinken, wenn die neuen Werbeeinschränkungen eingehalten werden.

In der Schweiz sind Daten zu den Werbeausgaben für verschiedene Produkte, einschliesslich Tabakprodukte und elektronische Zigaretten, bei Media Focus erhältlich.

Die Datenlage ist jedoch lückenhaft, da wichtige Bereiche der Werbung wie Verkaufsförderung und Sponsoring sowie Werbung an den Verkaufsstellen oder in den sozialen Netzwerken nicht erfasst werden.

Die Verpflichtung der Industrie zur Meldung der Ausgaben war im Parlament bereits Gegenstand von Diskussionen während den Beratungen zum TabPG. Der betreffende Artikel wurde schliesslich jedoch aufgrund von Befürchtungen, dass im Rahmen dieser Meldung Geschäftsgeheimnisse preisgegeben werden könnten, abgelehnt.

Die Möglichkeit, dass die Unternehmen ihre Ausgaben gemeinsam melden, wurde aus der dem Parlament unterbreiteten Version übernommen. Eine Gesamtsumme für alle Produktkategorien sowie alle Werbeformen reicht aus und sie kann für mehrere Unternehmen zusammengefasst werden. Diese Gesamtsummen müssen bei einem Gesuch gestützt auf das BGÖ öffentlich zugänglich gemacht werden. Unternehmen, die sich für eine Einzelmeldung entscheiden, sind indessen durch Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe g BGÖ geschützt, wonach der Zugang zu einem Dokument verweigert werden kann, wenn dadurch Berufs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart werden können. Die
mit dieser Pflicht verbundenen rechtlichen Aspekte der Verfassungsmässigkeit (Verletzung der Wirtschaftsfreiheit) werden in Ziffer 7.1.3. behandelt.

Die Modalitäten der Meldung werden vom Bundesrat festgelegt. Um den betroffenen Unternehmen die Meldung der Ausgaben und dem BAG die Datenbearbeitung zu erleichtern, ist die Einführung eines elektronisches Meldesystems vorgesehen.

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Mit der Einführung dieser Meldepflicht würde sich die Praxis der Schweiz nicht von derjenigen anderer Länder unterscheiden. Deutschland und Japan, die wie die Schweiz zu den Ländern gehören, die Werbung für Tabakprodukte nicht komplett verbieten, verlangen von der Tabakindustrie, dass sie den zuständigen staatlichen Behörden die Ausgaben für noch zulässige Formen von Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring bekannt gibt. Auch in den USA, die das FCTC noch nicht ratifiziert haben, werden der US-Bundeshandelskommission die Werbeausgaben seit 1967 für Zigaretten, seit 1987 für rauchfreie Tabakprodukte und seit 2015 für elektronische Zigaretten gemeldet.

4.5

Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften zur Werbung und zur Abgabe an Minderjährige im Internet

Die Kantone sind für den Vollzug des Gesetzes zuständig, soweit dieser nicht dem Bund obliegt (Art. 35 Abs. 1). Diese Regel gilt auch für die Kontrolle der Einhaltung der Werbeverbote und des Verbots der Abgabe an Minderjährige, die grundsätzlich Sache der Kantone sind. Für die Kontrolle der Werbeeinschränkungen und der Erfüllung der Anforderungen an das System zur Alterskontrolle im Internet sieht der neue Artikel 30 Absatz 4 jedoch vor, dass diese Kompetenz dem BAG übertragen wird.

Die Werbung und die Abgabe von Produkten im Internet stammen von schweizerischen, aber auch ausländischen Unternehmen. In letzterem Fall ist die Kompetenz nicht eindeutig einem Kanton zugeordnet. Mit der Übertragung dieser Aufgabe, welche in Form von Zufallskontrollen durchgeführt wird, an das BAG, sollte eine wirksame Umsetzung der Kontrollen möglich sein, damit diese nur einmal und nicht durch jeden Kanton einzeln durchgeführt werden müssen. Ist das kontrollierte Unternehmen in der Schweiz ansässig, kann das BAG das weitere Vorgehen dem betreffenden Kanton übertragen. Dieser hat insbesondere die Möglichkeit, den zuständigen kantonalen Strafverfolgungsbehörden festgestellte Übertretungen anzuzeigen. Bei Übertretungen, die von ausländischen Unternehmen begangen werden, interveniert das BAG bei diesen. In einem solchen Fall stehen dem BAG jedoch nur begrenzt bindende Massnahmen zur Verfügung.

4.6

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Wie im vorangegangenen Kapitel erwähnt, überträgt dieser Entwurf dem Bund eine neue Aufgabe: die Kontrolle der Einhaltung der Werbeeinschränkungen im Internet sowie der Erfüllung der Anforderungen an das System zur Alterskontrolle (Art. 30 Abs. 4). Die durch diese neue Aufgabe verursachten Kosten sind angesichts der aus der Einhaltung dieser Bestimmungen entstehenden Vorteile gerechtfertigt. Das Internet ist ein wichtiger Kanal sowohl für die Werbung als auch für den Verkauf von Tabakprodukten und E-Zigaretten. Wie sich am Beispiel Alkohol zeigt, gelingt es

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Minderjährigen heutzutage leicht, sich über das Internet Produkte zu beziehen, die für sie verboten sind.35 Entsprechend ist es wichtig, in solche Kontrollen zu investieren.

Die Aufgabe der Werbekontrolle der Kantone wird auf neue Orte ausgeweitet, beispielsweise Verkaufsstellen und Festivals. Die vorhandenen Ressourcen sollten dafür ausreichen. Die finanziellen Auswirkungen des Entwurfs werden in Kapitel 6 erläutert.

4.7

Umsetzung

Für den Vollzug des TabPG sind grösstenteils die Kantone zuständig (Art. 35). Die im vorliegenden Entwurf enthaltenen Neuerungen ändern nichts an der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen.

Dem BAG wird jedoch die Kompetenz übertragen, die Einhaltung der Werbeeinschränkungen und die Erfüllung der Anforderungen an das System zur Alterskontrolle im Internet zu kontrollieren (Art. 30 Abs. 4).

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 18

Einschränkungen der Werbung

Absatz 1 zählt die Werbeträger und Orte auf, für welche das Werbeverbot gilt. Absatz 2 verbietet die spezifische Form der Werbung: die Werbung anhand von preisvergleichenden Angaben oder Geschenkversprechen. Die Einleitungssätze der beiden Absätze wurden ergänzt, um zu verhindern, dass Hersteller und Verkäufer von Tabakprodukten und E-Zigaretten anhand von Hinweisen auf Verkaufsförderung und auf Sponsoring Werbung betreiben können. Mit dieser Änderung gelten alle Verbote nach den Absätzen 1 und 2, beispielsweise das Verbot von Werbung in der Presse, auch für Hinweise auf Verkaufsförderung und auf Sponsoring. Inserate mit Hinweisen auf Verkaufsförderung und auf Sponsoring tragen nämlich dazu bei, die Sichtbarkeit der Produkte und der Unternehmen zu erhöhen. Hinweise auf Sponsoring erfolgen häufig über die Platzierung von Logos, sei es eines Unternehmens, eines Produkts oder einer Marke, die zum Zweck der Verkaufsförderung von Tabakprodukten oder E-Zigaretten erstellt wurde.

Werbung ist in Presseerzeugnissen verboten (Abs. 1 Bst. a). Um sicherzustellen, dass keinerlei Werbung Minderjährige erreicht, muss sie umfassend verboten werden (siehe Ziff. 1.2.1). Dies gilt für alle Zeitungen, Zeitschriften oder anderen Publikationen, mit Ausnahme von Publikationen der ausländischen Presse, die nicht hauptsächlich für den Schweizer Markt bestimmt sind oder die sich an in der Tabak- und EZigaretten-Branche tätige Personen richten. Diese Ausnahme gilt auch für Publikationen von Unternehmen, die nicht ausschliesslich Tabakprodukte und elektronische

35

Notari L., Jaunin C. (2022). Alkoholtestkäufe 2021. Nationaler Bericht über den Verkauf von Alkohol an Minderjährige. Sucht Schweiz, Lausanne, Schweiz.

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Zigaretten verkaufen (z. B. Publikationen von Grosshändlern für ihre Unternehmenskunden).

Die Werbung ist ebenfalls im Internet (Bst. b), in Applikationen (Apps auf Englisch) und in anderen elektronischen Medien verboten, es sei denn, ein System zur Alterskontrolle beschränkt den Zugang zur Werbung auf Erwachsene. Dies betrifft insbesondere Werbung auf Internetseiten eines Herstellers, in Onlinezeitungen, Onlineshops, Beiträgen auf sozialen Medien (Posts) sowie in Anwendungen und anderen elektronischen Medien (z. B. Videospielen). Elektronische Werbenachrichten (z. B.

Mails, SMS, WhatsApp) fallen ebenfalls unter dieses Verbot, ausser wenn sie direkt an Erwachsene adressiert sind. Im Internet präsente Unternehmen sind verpflichtet, geeignete Massnahmen zu ergreifen, damit die Werbung keine Minderjährigen erreicht. Der Bundesrat wird die Anforderungen an ein solches System zur Alterskontrolle definieren. Die im Rahmen der Alterskontrolle erhobenen Daten von Minderjährigen dürfen ausschliesslich zu diesem Zweck verwendet werden (Art. 23a Abs. 2).

Das Verbot betrifft jede Kommunikation zu kommerziellen Zwecken, einschliesslich der Kommunikation von Influencern, d. h. von Personen, die für eine Gegenleistung eines im Bereich der Tabakprodukte oder elektronischen Zigaretten tätigen Unternehmens Werbung ins Internet stellen. Die Aufschaltung eines Videos einer privaten Feier, in welchem Tabakprodukte oder elektronische Zigaretten sichtbar sind gilt hingegen nicht als Werbung, sofern keine finanzielle Gegenleistung dafür geleistet wird.

Das Werbeverbot hindert Unternehmen, die ihre Produkte online verkaufen wollen, auch nicht daran, ein Foto und eine Beschreibung des Produkts zu veröffentlichen.

Dient die Beschreibung ausschliesslich Informationszwecken, gilt sie nicht als Werbung.

Das Verbot betrifft nicht nur Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, sondern auch ausländische Akteure, soweit sich ihre Werbung unter anderem an den Schweizer Markt richtet. Dabei müssen sie sich nicht unbedingt ausschliesslich an den Schweizer Markt richten. Der Bundesrat wird die Kriterien festlegen, anhand derer sich bestimmen lässt, ob eine Werbung oder ein Hinweis auf eine Verkaufsförderung oder ein Sponsoring auf den Schweizer Markt ausgerichtet ist. Dabei stützt er sich auf Artikel 6 der Verordnung (EU) 2019/1020
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten sowie zur Änderung der Richtlinie 2004/42/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 765/2008 und (EU) Nr. 305/201136. Gemäss diesem Artikel gelten online angebotene Produkte als auf dem Markt bereitgestellt, wenn sich das Verkaufsangebot an Endnutzerinnen und Endnutzer in der EU richtet. Ein Verkaufsangebot gilt als an Endnutzerinnen und -nutzer in der EU gerichtet, wenn der betreffende Wirtschaftsakteur seine Tätigkeiten in irgendeiner Weise auf einen Mitgliedstaat ausrichtet. Im Einzelfall werden folgende Kriterien berücksichtigt: die geografischen Gebiete, in die geliefert werden kann, die für das Angebot oder für die Bestellung verfügbaren Sprachen und die Zahlungsarten.

36

Verordnung (EU) 2019/1020 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten sowie zur Änderung der Richtlinie 2004/42/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 765/2008 und (EU) Nr. 305/2011, ABl. L 169 vom 25.6.2019, S. 1.

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Buchstabe c verbietet Werbung in Kinos. Dieses Verbot wurde vom Parlament bereits im Oktober 2021 beschlossen und betrifft auch Filme, die erst ab 18 Jahren freigegeben sind.

Buchstabe d untersagt Werbung auf allen Werbeträgern, auf denen sie Minderjährige erreichen kann. Das Plakatwerbeverbot wurde von der vom Parlament verabschiedeten Fassung des Tabakproduktegesetzes übernommen. Es wird auf alle anderen Formen der Aussenwerbung wie z. B. digitale Bildschirme ausgeweitet. Ziffer 2 verbietet die Werbung auf dem Postweg. Diese Bestimmung betrifft auch die Verteilung von Werbeflyern in Briefkästen. Werbekataloge (z. B. von Supermärkten) dürfen keine Aktionshinweise für Tabakprodukte oder E-Zigaretten enthalten. Für Werbesendungen ist eine Ausnahme vorgesehen, wenn sie neutral verpackt und persönlich an Erwachsene adressiert sind.

Um die Lesbarkeit dieses Artikels zu erleichtern, werden verschiedene vom Parlament beschlossene Verbote unter der Formulierung «öffentlich zugängliche Orte, die von Minderjährigen besucht werden können» zusammengefasst (Art. 1 Abs. e). Es handelt sich um das Verbot folgender Werbung: ­

in und an öffentlichen Verkehrsmitteln;

­

in und an Gebäuden oder Gebäudeteilen, die öffentlichen Zwecken dienen, und auf ihren Arealen;

­

auf Sportplätzen sowie an Sportveranstaltungen.

Die in der vom Parlament verabschiedeten Fassung vorgesehene Ausnahme, die Werbung in der Verkaufsstelle erlaubt, hat keine Berechtigung mehr. Kioske und Läden sind Orte, die von Minderjährigen aufgesucht werden, weshalb dort jede Werbung zu untersagen ist.

Die Formulierung in Buchstabe e ermöglicht es, neue Orte zu erfassen, an denen die Werbung nun verboten ist. Dies gilt insbesondere für Festivals, an denen VIP-Stände und VIP-Zelte mit dem Logo einer Produktmarke, eines Herstellers von Tabakprodukten oder E-Zigaretten oder einer von einem Hersteller spezifisch für die Präsenz an Veranstaltungsorten geschaffene Marke (z. B. «Rock the Block») nicht mehr möglich sind. Nur Verkaufsstellen ohne Werbung, die verschiedene Tabakprodukte oder E-Zigaretten anbieten, bleiben an Festivals oder Veranstaltungen erlaubt. Verboten sind auch Plakate zur Verkaufsförderung, beispielsweise mit einer Aktion «drei Packungen zum Preis von zwei». Hinweise auf eine Preisänderung oder Aktion, die direkt auf den Produkten oder in der Nähe dieser angebracht sind, bleiben weiterhin erlaubt. Die Grösse des Hinweises darf jedoch die Aufmerksamkeit nicht besonders auf das betreffende Produkte lenken.

Wenn der Zugang zu einer Veranstaltung oder einem Ort nicht einem volljährigen Publikum mit einer Alterskontrolle vorbehalten ist, ist dort die Werbung für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten verboten. Dazu gehört beispielsweise das Verteilen von Flyern, die Werbung auf Gegenständen, wie Aschenbechern, Sonnenschirmen oder Zigarettenautomaten ist untersagt. Das vom Parlament bereits verabschiedete Verbot für Werbung auf Schulmaterial oder Spielzeug sind nicht mehr explizit erwähnt, ist aber von dieser Bestimmung abgedeckt. Die Werbung an Orten, die Erwachsenen vorbehalten sind, bleibt erlaubt (z. B. Diskotheken für über 18-Jährige).

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Absatz 2 übernimmt das vom Parlament verabschiedete Verbot von Werbung anhand von preisvergleichenden Angaben oder Versprechen von Geschenken.

Absatz 3 betrifft die Markenerweiterung (brand stretching), d. h. die Verwendung einer Marke oder eines oder mehrerer charakteristischer Elemente einer Marke für Tabakprodukte oder E-Zigaretten für andere Produktelinien, beispielsweise die Schuhe Camel Boots oder das Parfüm Davidoff Cool Water. Eine solche Verwendung der Marke gilt nicht als Werbung und ist folglich nicht verboten, vorausgesetzt, dass der Zweck der Verwendung nicht darin besteht, den Verkauf von Tabakprodukten oder elektronischen Zigaretten zu fördern. So ist beispielsweise der Verkauf von Tabakprodukten der Originalmarke in einem Laden der neuen Marke nicht erlaubt.

In Absatz 4 wird auf das 1964 mit dem RTVG eingeführte geltende Verbot der Werbung für Tabakprodukte in Radio und Fernsehen hingewiesen. In diesem Bereich erfolgt keine Änderung.

Art. 19

Einschränkungen der Verkaufsförderung

Absatz 1 legt fest, welche Formen der Verkaufsförderung verboten sind. Die Buchstaben a und b waren bereits in der vom Parlament verabschiedeten Gesetzesfassung enthalten und betreffen die unentgeltliche Abgabe von Produkten sowie Geschenken oder Preisen, beispielsweise beim Kauf mehrerer Zigarettenpackungen oder bei der Teilnahme an einem Wettbewerb. Dieser Absatz wird ergänzt, um ein Verbot der Verkaufsförderung durch mobiles Verkaufspersonal an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden können (z. B. Festivals), einzuführen (Bst. c).

Dabei handelt es sich um Verkaufspersonal, das, in der Regel ausgestattet mit Accessoires in den Farben oder im Design einer Produktmarke, Passantinnen und Passanten oder die Kundschaft einer öffentlichen Einrichtung direkt anspricht. Die Präsenz von mobilem Verkaufspersonal ermöglicht nicht nur den Verkauf von Tabakprodukten und E-Zigaretten, sondern ist zugleich auch ein Mittel zur Förderung von deren Konsum, da aktiv auf potenzielle Kundinnen und Kunden zugegangen wird. Da diese Form der Verkaufsförderung für Minderjährige sichtbar ist, muss sie an allen Orten, zu denen diese Zugang haben, untersagt werden.

Absatz 2 führt die Ausnahmen zum Verbot der Verkaufsförderung aus. Sie entsprechen den Ausnahmen, die das Parlament beschlossen hat. So bleibt Werbung, die sich ausschliesslich an in der Tabakbranche tätige Personen richtet, erlaubt (Bst. a). In Buchstabe b wird ergänzt und präzisiert, dass die vom Parlament vorgesehene Ausnahme für die Verkaufsförderung für Zigarren und Zigarillos nur an Orten gilt, zu denen Minderjährige keinen Zugang haben.

Art. 20 Abs. 1 Bst. b Die vom Parlament verabschiedete Fassung von Absatz 1 Buchstabe b sah das Sponsoringverbot für nationale Veranstaltungen vor, die auf ein minderjähriges Publikum abzielen. Im Entwurf wird die Änderung dieser Bestimmung vorgeschlagen, sodass ein Sponsoring nur an nationalen Veranstaltungen möglich ist, zu denen Minderjährige keinen Zugang haben, beispielsweise einer Veranstaltung in einer Diskothek, die den Zutritt erst ab 18 Jahren gewährt und eine Alterskontrolle durchführt.

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An Festivals oder Veranstaltungen, zu denen Minderjährige Zugang haben, sind von der Tabak- oder E-Zigaretten-Industrie gesponserte VIP-Zonen verboten, auch wenn sie Erwachsenen vorbehalten sind. Solche privilegierten Bereiche sind für Minderjährige in der Regel sichtbar und attraktiv, selbst wenn sie keinen Zugang dazu haben.

Art. 23 Abs. 3 Artikel 23 Absatz 3 sieht vor, dass Tabakprodukte und elektronische Zigaretten nur dann über Automaten verkauft werden dürfen, wenn diese Produkte für Minderjährige nicht zugänglich sind. Diese Bestimmung wird mit dem neuen Artikel 23a Absatz 1 Buchstabe a überflüssig, denn wer solche Produkte über Automaten anbietet, muss ein System zur Alterskontrolle einrichten. Sie kann folglich aufgehoben werden.

Art. 23a

System zur Alterskontrolle

Absatz 1 verpflichtet natürliche und juristische Personen, die Tabakprodukte oder EZigaretten über Automaten oder über das Internet, in Applikationen oder anderen elektronischen Medien verkaufen oder Werbung über diese Kanäle schalten wollen, neu dazu, ein System zur Alterskontrolle einzurichten. Sie sind verpflichtet, ein System zu betreiben, mit dem beim Abschluss des Vertrags oder bei der Erstellung eines Kundenkontos das Alter der Käuferin oder des Käufers überprüft werden kann. Das System muss den Vorschriften des DSG entsprechen, insbesondere den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und der Zweckbestimmtheit der Daten (siehe Ziff. 4.3).

Absatz 2 präzisiert, dass es sich bei den im Rahmen der Alterskontrolle erhobenen Daten um Personendaten handelt, deren Bearbeitung ausschliesslich auf diesen Zweck beschränkt ist. Entsprechend ist es den Verkäuferinnen und Verkäufern insbesondere untersagt, diese zu kommerziellen Zwecken zu verwenden.

In Absatz 3 wird die Kompetenz, die Anforderungen an diese Systeme zur Alterskontrolle festzulegen, an den Bundesrat delegiert. Dabei muss der Bundesrat insbesondere sicherstellen, dass mit den Systemen die Richtigkeit der übermittelten Daten kontrolliert werden kann.

Art. 27a

Meldung der Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring

Absatz 1 führt die Meldepflicht für die Hersteller und Importeure von Tabakprodukten und E-Zigaretten hinsichtlich ihrer Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring in der Schweiz in Zusammenhang mit solchen Produkten ein. Es muss nur ein Betrag gemeldet werden: die Höhe der Ausgaben für sämtliche Marketingaktivitäten, das heisst für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring für alle Produkte. Ein Hersteller oder Importeur von verschiedenen Zigarettenmarken ist somit nicht verpflichtet, seine Ausgaben für Werbe-, Verkaufsförderungs- und Sponsoringaktivitäten für jede Marke einzeln auszuweisen, sondern muss lediglich einen Gesamtbetrag für sämtliche Produkte melden. Ebenso muss ein Hersteller oder Importeur von verschiedenen Produktekategorien, zum Beispiel von Zigaretten und E-Zigaretten, nur einen Gesamtbetrag und nicht je einen Betrag pro Produktekategorie melden.

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Auch ist nicht vorgesehen, dass in der Meldung die verschiedenen verwendeten Werbeträger angegeben werden müssen. Diese Meldung muss jährlich ans BAG erfolgen.

Absatz 2 präzisiert, dass die Unternehmen oder ihre Branchenverbände falls gewünscht die Möglichkeit haben, ihre Daten gemeinsam zu melden. Sie können zum Beispiel einen Dritten damit beauftragen, die Daten für die gesamte Branche zu sammeln und in aggregierter Form an das BAG zu übermitteln. In diesem Fall müssen die Unternehmen, auf die sich die gemeldete Zahl bezieht, angegeben werden. Die aggregierten Gesamtbeträge können vom BAG im Rahmen eines Gesuchs gestützt auf das BGÖ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Eine Einzelmeldung direkt an das BAG bleibt weiterhin möglich, damit die Unternehmen nicht gezwungen sind, ihre Daten für die Aggregation an einen Dritten weiterzugeben. In diesem Fall ermöglicht Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe g BGÖ, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, wenn dadurch Berufs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart werden können.

Absatz 3 ermächtigt den Bundesrat dazu, die Modalitäten der Meldung zu bestimmen.

Somit wird er in der Verordnung festlegen, wie die Meldung zu erfolgen hat, wie dies für die Meldung der Produkte nach Artikel 26 Absatz 3 TabPG der Fall ist. Der Inhalt der Meldung fällt nicht unter die Aufgabendelegation.

Art. 30 Abs. 4 und 5 Der neue Absatz 4 sieht vor, dem BAG die Zuständigkeit für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften zur Werbung und der Erfüllung der Anforderungen an das System zur Alterskontrolle im Internet, in Applikationen und in anderen elektronischen Medien zu übertragen. Dies betrifft insbesondere die Kontrolle der Werbung auf Websites und in sozialen Netzwerken sowie die Kontrolle von Onlineshops für Tabakprodukte und E-Zigaretten. Dabei gilt es insbesondere zu überprüfen, dass ein System zur Alterskontrolle vorhanden ist und die Vorschriften eingehalten werden.

Eine alleinige Zuständigkeit des Bundes in diesem Bereich soll einen effizienteren Vollzug ermöglichen, insbesondere wenn es sich um im Ausland ansässige Unternehmen handelt. Die Kontrollen werden nach dem Zufallsprinzip durchgeführt werden.

Eine umfassende Kontrolle ist nicht realisierbar und eine Annäherung an dieses Ziel würde einen unverhältnismässig hohen Ressourcenaufwand erfordern.

Stellt das
BAG bei einem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz eine Übertretung fest, kann es die zuständige kantonale Behörde mit dem weiteren Vorgehen beauftragen (Abs. 5). Dann entscheidet der Kanton eigenständig darüber, welche Massnahmen gegen das betroffene Unternehmen zu ergreifen sind. Er kann insbesondere bei der zuständigen kantonalen Strafverfolgungsbehörde Anzeige erstatten. Bei Übertretungen, die von ausländischen Unternehmen begangen werden, ist das BAG für die Intervention zuständig. In diesen Fällen stehen dem BAG jedoch nur beschränkt bindende Massnahmen zur Verfügung.

Art. 45 Abs. 1 Bst. ebis und f Artikel 45 wird durch einen neuen Buchstaben ebis ergänzt, um Widerhandlungen gegen die Pflicht, ein System zur Alterskontrolle gemäss Artikel 23a einzurichten, zu bestrafen.

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Die Klammer in Buchstabe f wird durch die Erwähnung von Artikel 27a ergänzt, damit die verantwortlichen Personen von Unternehmen, die der Meldepflicht für Werbeausgaben nicht nachkommen, strafrechtlich verfolgt und für eine Übertretung belangt werden können.

6

Auswirkungen

Die Teilrevision des TabPG umfasst: ­

neue Einschränkungen der Werbung, der Verkaufsförderung und des Sponsorings für Tabakprodukte und E-Zigaretten;

­

die Pflicht der Einrichtung eines Systems zur Alterskontrolle für Personen, die Tabakprodukte oder E-Zigaretten an Automaten oder über das Internet verkaufen oder über diesen Kanal Werbung betreiben;

­

die Pflicht für die Tabak- und E-Zigaretten-Industrie, ihre Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring dem BAG zu melden, eine im Hinblick auf eine allfällige Ratifizierung des FCTC angezeigte Ergänzung.

Die Auswirkungen dieser neuen Bestimmungen wurden teilweise bereits in der Botschaft zur Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)»37 ausgeführt. Wie in dieser Botschaft bereits erklärt, gehen die Bestimmungen zur Werbung, zur Verkaufsförderung und zum Sponsoring weiter als die Vorschläge, die der Bundesrat in seinem ersten Gesetzesentwurf, den er dem Parlament 2015 unterbreitete38, gemacht hat. Die Meldepflicht zu den Ausgaben für Tabakwerbung war aber bereits in der Botschaft von 2015 enthalten und somit Teil der Regulierungsfolgenabschätzung (RFA)39, die für jene Vorlage erstellt worden war. Da die Auswirkungen des Tabakproduktegesetzes von 2015 bereits im Rahmen dieser RFA evaluiert worden sind, dient diese Untersuchung als Grundlage für die Abschätzung der wirtschaftlichen, gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen der vorliegenden Teilrevision. Bei der Abschätzung der Auswirkungen ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Zigarettenhersteller bereits über eine Selbstregulierung im Bereich der Tabakwerbung40 verfügen, die über die aktuellen gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. Neue Verbote, die jedoch bereits in der Selbstregulierung enthalten sind, haben somit in der Praxis keine oder nur geringe Auswirkungen auf diese Produktekategorie.

37 38 39

40

BBl 2020 7049 BBl 2015 7049 Gehrig M., Simion M., Abrassart A. & Künzi K. (Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS) (2015): Regulierungsfolgenabschätzung zum Tabakproduktegesetz.

Dokument verfügbar unter www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Politische Aufträge & Aktionspläne > Politische Aufträge zur Tabakprävention > Tabakpolitik der Schweiz > neues Tabakproduktegesetz > Dokumente > Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) 2015 zum Tabakproduktegesetz. Abgerufen am 23. März 2023.

Swiss Cigarette (2018). Vereinbarung zwischen dem Verband Swiss Cigarette und der Schweizerischen Lauterkeitskommission. Dokument verfügbar unter www.swiss-cigarette.ch > Themen > Schweizerische Lauterkeitskommission. Abgerufen am 23. März 2023.

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6.1

Auswirkungen auf den Bund

Mit diesem Entwurf wird dem Bund die Aufgabe übertragen, die Einhaltung der Werbeeinschränkungen für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten im Internet und die Erfüllung der Anforderungen an die Systeme zur Alterskontrolle für den Verkauf dieser Produkte über denselben Kanal zu kontrollieren. Für die Erfüllung dieser Aufgabe wird nach aktuellem Wissensstand ein Arbeitsaufwand geschätzt, der einer 40bis 60-Prozent-Stelle (Sachbearbeiter/in) entspricht. Zu dieser Aufgabe würde gehören, die Öffentlichkeit und die Betreiber von sozialen Medien oder Internetseiten für die neuen Bestimmungen zu sensibilisieren, bei einer Stichprobe von Websites und sozialen Netzwerken Tests durchzuführen sowie eine Anlaufstelle zu schaffen, bei der die Öffentlichkeit festgestellte Verstösse melden kann. Das BAG erwägt derzeit die Anschaffung eines Informatiktools, mit dem die Kontrolle der Werbung automatisiert werden könnte, um diese Aufgabe mit relativ wenigen Ressourcen effizient zu erledigen. Die Kosten für die Anschaffung eines solchen Hilfsmittels sind nicht bekannt, dürften sich aber auf einige zehntausend Franken belaufen. Ferner ist eine Zusammenarbeit des BAG mit Betreibern von Verkaufsportalen oder sozialen Medien denkbar, damit diese ihre Inhalte auf unerlaubte Tabakwerbung hin überprüfen. Die Aufgaben werden nach Abschluss der parlamentarischen Phase bei der Revision der entsprechenden Verordnung priorisiert und konkretisiert.

Der Bund (BAG) wird zudem für die Bearbeitung der Meldungen der Unternehmen zu ihren Werbeausgaben zuständig sein. Die Meldepflicht für Werbeausgaben wird über das bereits in den Artikeln 26 und 27 TabPG vorgesehene Produktmeldesystem umgesetzt. Diese beiden vom Parlament verabschiedeten Artikel sehen vor, dass Tabakprodukte und E-Zigaretten, die auf dem Markt bereitgestellt werden, dem BAG gemeldet werden müssen. Die Meldung von Produkten umfasst namentlich den Firmennamen und die Produktzusammensetzung. In diesem System soll ein zusätzlicher Meldeprozess integriert werden, über den auch die Werbeausgaben aggregiert oder einzeln gemeldet werden können. Dadurch entstehen keine nennenswerten zusätzlichen Kosten für den Bund.

Nach aktuellem Wissensstand werden alle im Zusammenhang mit dieser Revision notwendigen zusätzlichen finanziellen und personellen Ressourcen BAG-intern kompensiert.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die vorliegende Gesetzesanpassung schafft keine neuen Aufgaben für die Kantone, da die Regelung der Werbung für Tabakprodukte und E-Zigaretten bereits im vom Parlament am 1. Oktober 2021 verabschiedeten TabPG geregelt ist. Zudem sehen zahlreiche Kantone Werbeverbote vor. Die in diesem Entwurf vorgesehenen Einschränkungen gehen jedoch weiter als die derzeit in den Kantonen geltenden Einschränkungen und gelten für alle Kantone. Entsprechend werden die Kantone die Einhaltung der Werbeeinschränkungen an mehr Orten als bisher kontrollieren müssen, 32 / 44

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diese Kontrolle sollte aber mit den bestehenden Ressourcen ausgeführt werden können.

6.3

Auswirkungen auf die Wirtschaft, das Gesundheitswesen und die Gesellschaft

6.3.1

Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring

Auswirkungen des Entwurfs des TabPG von 2015 Die RFA von 2015 hatte die gesundheitlichen und die wirtschaftlichen Auswirkungen des ersten Entwurfs des TabPG untersucht, welcher bereits weitgehende Werbeeinschränkungen umfasste. Im Wesentlichen handelte es sich um die folgenden neuen Verbote: ­

die Werbung (in der Presse, im Internet, auf Plakaten, in Kinos, auf Sportplätzen sowie an Sportveranstaltungen);

­

die Abgabe von Geschenken;

­

die Gewährung von zeitlich und örtlich beschränkten Preisnachlässen;

­

die unentgeltliche Abgabe von Produkten;

­

das Sponsoring von Veranstaltungen mit internationalem Charakter.

Die RFA kam zum Schluss, dass die vorgesehenen Werbeeinschränkungen zu einer langfristigen Reduktion der Prävalenz der Raucherinnen und Raucher zwischen 5,4 bis 9,9 Prozent führen würden, was auf die Gesamtbevölkerung umgerechnet einer Abnahme der Anzahl Raucherinnen und Raucher um etwa 10 Prozent bis 2060 entspricht. Damit würde die Raucherprävalenz von 27,1 (2017) auf 24,3 Prozent sinken.

Die jährlichen sozialen Kosten des Tabakkonsums würden sich gemäss der verwendeten Berechnungsmethode um 229 bis 407 Millionen Franken reduzieren. Die RFA ergab auch, dass der Gesetzesentwurf für die Tabakbranche einen Umsatzrückgang von schätzungsweise durchschnittlich 111 bis 170 Millionen Franken pro Jahr und damit eine Verschiebung von 340 bis 540 Arbeitsplätzen aus der Tabakbranche in andere Wirtschaftszweige zur Folge hätte. Gemäss den Schätzungen des BAG auf der Grundlage der Zahlen der RFA von 2015 könnten von diesen 340 bis 540 in andere Wirtschaftszweige verschobenen Arbeitsplätzen 240 bis 450 auf die Wirkung der Einschränkungen von Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring zurückgeführt werden. Die Verschiebung der übrigen Arbeitsplätze wäre hauptsächlich auf die Markteinführung der E-Zigaretten zurückzuführen (brancheninterne Verschiebung), weil ein Teil der Tabakkonsumentinnen und -konsumenten auf E-Zigaretten umgestiegen wäre. Die Verschiebung von Arbeitsplätzen in andere Wirtschaftszweige ergibt sich aus der Tatsache, dass Personen, die ihr Geld nicht für Tabakprodukte oder elektronische Zigaretten ausgeben, ihr Geld in andere Güter und Dienstleistungen investieren (z. B. für Freizeitaktivitäten), und in dieser Branche für entsprechende Umsätze und damit Arbeitsplätze sorgen.

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Auswirkungen dieses Entwurfs Im Vergleich zum Entwurf des TabPG von 2015 sehen die in diesem Entwurf vorgeschlagenen Vorschriften die folgenden zusätzlichen Verbote vor: ­

die Werbung, die Minderjährige erreichen kann: ­ in Verkaufsstellen; ­ an Veranstaltungen;

­

die Verkaufsförderung in Form des Direktverkaufs durch mobiles Verkaufspersonal;

­

das Sponsoring von Veranstaltungen, die Minderjährigen zugänglich sind (ohne internationalen Charakter).

Die Bestimmungen dieses Entwurfs dürften stärkere Einschränkungen der Werbung für Tabakprodukte nach sich ziehen als jene im Entwurf des Bundesrates von 2015, namentlich aufgrund des Verbots der Werbung in Verkaufsstellen sowie des Verbots des Sponsorings von Veranstaltungen, die Minderjährigen zugänglich sind (z. B. Festivals).

Die RFA41 hat die Auswirkungen auf die einzelnen vom Verbot erfassten Werbeträger untersucht und ihre Auswirkungen abgeschätzt (Reihenfolge und Formulierung wurden an diesen Entwurf angepasst und die aktuellen kantonalen Regelungen wurden berücksichtigt):

41

42 43

­

in Presseerzeugnissen: hat erhebliche Auswirkungen;

­

im Internet, in Applikationen und anderen elektronischen Medien: hat geringe Auswirkungen, da die Selbstregulierung die Werbung im Internet bereits einschränkt;

­

im Kino: hat Auswirkungen in 20 Kantonen42, die noch kein Kinowerbeverbot kennen;

­

auf Plakaten und anderen Werbeträgern im öffentlichen Raum und auf Privatgrundstücken, die vom öffentlichen Raum aus sichtbar sind: wird in neun Kantonen43 signifikante Auswirkungen haben, da sie noch nicht über ein Plakatwerbeverbot oder im Fall von Obwalden und Zürich, nicht über ein vollständiges Plakatwerbeverbot verfügen (Plakate auf Privatgrund erlaubt);

­

in postalischen Werbesendungen und elektronischen Werbebotschaften: hat geringe Auswirkungen, da die Selbstregulierung die Werbung bereits auf Erwachsene einschränkt;

Gehrig M., Simion M., Abrassart A. & Künzi K. (Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS) (2015). 11.2015: Regulierungsfolgenabschätzung zum Tabakproduktegesetz, S. 74­77. Dokument verfügbar unter www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Politische Aufträge & Aktionspläne > Politische Aufträge zur Tabakprävention > Tabakpolitik der Schweiz > neues Tabakproduktegesetz > Dokumente > Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) 2015 zum Tabakproduktegesetz. Abgerufen am 23. März 2023.

Alle Kantone ausser GE, OW, SG, SO, VS und ZH.

AG, AI, GL, JU, LU, NE, NW, SH, SZ.

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­

an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden können: ­ in und an öffentlichen Verkehrsmitteln: betrifft die Schweizer Hersteller von Zigaretten nicht, da diese bereits aufgrund der Selbstregulierung darauf verzichten; ­ Veranstaltungen: wurde in der RFA nicht behandelt, hat aber einschneidende Auswirkungen, da nun alle Veranstaltungen, deren Zugang nicht auf Erwachsene beschränkt ist, darunterfallen (z. B. Festivals).

­ in und an Gebäuden oder Gebäudeteilen, die öffentlichen Zwecken dienen, und auf ihren Arealen: hat beschränkte Auswirkungen, da diese Orte schon teilweise von Selbstregulierungsmechanismen erfasst werden; ­ Sportplätze und Sportveranstaltungen: hat geringe Auswirkungen, da heute schon hauptsächlich von Minderjährigen besuchte Orte geregelt sind, neu alle Sportplätze; ­ an Verkaufsstellen: hat erhebliche Auswirkungen (Schätzung für Kioske in Verbindung mit Gebäuden für öffentliche Zwecke, obwohl nicht im Entwurf von 2015 enthalten).

­

Radio und Fernsehen: keine Auswirkungen, da die Werbung für Tabakprodukte bereits verboten ist.

In den Bereichen mit relevanten Auswirkungen können diese wie folgt quantifiziert werden. 2021 wurden 10,4 Millionen Franken für Werbung für Tabakprodukte einschliesslich E-Zigaretten ausgegeben, dies vorwiegend für Werbung in Zeitschriften und Zeitungen (7,03 Mio.), für elektronische und gedruckte Plakate (2,14 Mio.) und in elektronischen Medien (1,24 Mio.); das entspricht 0,2 Prozent der gesamten Werbeausgaben in der Schweiz. Am relevantesten ist die Tabakwerbung auf elektronischen Plakaten, wo sie 0,9 Prozent aller Werbeausgaben ausmacht, in den Printmedien beträgt der Anteil Tabakwerbung 0,5 Prozent. Für das Kino sind die Werbeausgaben von 10 Millionen Franken im Jahr 2000 auf null seit dem Jahr 2015 gesunken.44 Betreffend die Auswirkungen des Sponsoringverbots für Festivals hat die Lungenliga im Jahr 201445 ermittelt, dass der Verzicht auf die Tabaksponsoringeinnahmen den Preis von Festivaltickets um 2 Franken pro Ticket verteuern würde. Dieser Betrag müsste auf die Festivalbesucherinnen und -besucher überwälzt werden, wenn kein anderer Sponsoringpartner gefunden wird. Gemäss derselben Untersuchung wären 71 Prozent der Festivalbesucherinnen und -besucher bereit, diesen Betrag zu übernehmen, während 22 Prozent dies nicht tun würden.

Für die Schweiz liegen keine Zahlen zur Tabakwerbung am Verkaufsort oder in den sozialen Medien sowie zur Verkaufsförderung und zum Sponsoring von Veranstaltungen vor.

44 45

Media Focus Schweiz GmbH. Daten zu den Werbeausgaben für Tabak 2021.

Dokument erhalten via Mediafocus.ch. Bezahlte Daten, nicht veröffentlicht.

Medienmitteilung der Lungenliga Schweiz vom 24. Juli 2014. Tabaksponsoring: Festival-Besucher sind bereit, 2.-/Ticket mehr zu bezahlen. Dokument verfügbar unter www.lungenliga.ch > Medien >Archiv Medienmitteilungen. Abgerufen am 23. März 2023.

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Um die Grössenordnung der verschiedenen Werbebereiche abschätzen zu können, ist es hilfreich, die Zahlen aus Deutschland46 heranzuziehen. Der grösste Posten der Tabakwerbeetats wurde 2019 in die Verkaufsförderung (144 Mio. Euro) investiert. Bei der Werbung schlägt v. a. die Plakatwerbung (Aussenwerbung) mit rund 52 Millionen Euro zu Buche. Für das Sponsoring von Anlässen wurden rund 11 Millionen Euro ausgegeben.

Betrachtet man die Entwicklung der Werbeausgaben über die Zeit, fällt auf, dass die Werbebudgets in Deutschland von 2008­2019 über die Jahre konstant um die 200 Millionen Euro pro Jahr bleiben, mit Extremwerten von 192 (2008) und 247 Millionen Euro (2017).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Möglichkeiten, für Tabakprodukte und E-Zigaretten zu werben, durch die Initiative stark reduziert werden. Es kann daher realistischerweise davon ausgegangen werden, dass die sozialen Kosten stärker zurückgehen als in der RFA von 2015 berechnet (zwischen 229 und 407 Mio. pro Jahr).

Für die Wirtschaft bietet sich ein differenziertes Bild. Die meisten Unternehmen werden von der Reduktion der sozialen Kosten profitieren, da die Anzahl Personen, die an einer Folgeerkrankung des Rauchens leiden oder sterben, zurückgehen wird. Damit reduzieren sich die Produktivitätsverluste. Bei der Tabakbranche und Werbebranche wird es aufgrund des zurückgehenden Tabakkonsums zu Einbussen kommen. Bei der Werbung wird davon ausgegangen, dass sich die Werbetätigkeit in die noch erlaubten Bereiche der Werbung für Erwachsene verlagert, womöglich aber nicht vollständig kompensiert werden kann. Das bedeutet, dass die Werbeeinnahmen für die meisten Medien sinken werden.

6.3.2

System zur Alterskontrolle

Der vorliegende Entwurf verpflichtet Unternehmen, die Tabakprodukte und E-Zigaretten über das Internet oder über Automaten verkaufen, ein System zur Alterskontrolle einzurichten. Diese Pflicht gilt auch für Unternehmen, die im Internet Werbung betreiben. Die Einrichtung eines solchen Systems dürfte für die Unternehmen Kosten verursachen. Da die Pflicht im Entwurf von 2015 noch nicht enthalten war, wurde sie in der RFA nicht behandelt. Eine Kostenschätzung für die betroffenen Unternehmen liegt deshalb nicht vor.

6.3.3

Meldung der Werbeausgaben

Für die in der Tabak- und E-Zigaretten-Industrie tätigen Unternehmen hat die jährliche Meldung der Werbeausgaben eine Erhöhung der administrativen Kosten zur Folge. Für Unternehmen, die ihre Produkte bewerben, werden diese natürlich höher 46

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Deutsches Bundesministerium für Gesundheit (2021). Jahresbericht 2021, S. 10. Dokument verfügbar unter www.bundesdrogenbeauftragter.de > Service > Broschüre bestellen > Publikationen > Publikationen der Drogenbeauftragten. Abgerufen am 23. März 2023.

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ausfallen als für Unternehmen, die dies nicht tun. Auf Grundlage einer Umfrage bei im Tabakbereich tätigen Unternehmen gab die RFA an, dass der zusätzliche Aufwand für die Meldung der Ausgaben für ein Unternehmen, das Werbung betreibt, 16 Arbeitsstunden pro Jahr beträgt. Gemäss der RFA 2015 betrieben 36 Unternehmen Werbung. Für die übrigen rund 260 Unternehmen, die ihre Produkte nicht beworben haben, wurde ein Arbeitsaufwand von zwei Stunden angenommen (Meldung des Nichtvorliegens von Ausgaben). Die RFA von 2015 berechnete administrative Kosten für die Branche in der Höhe von insgesamt 133 957 Franken pro Jahr für die Umsetzung der Meldepflicht zu den Werbeausgaben.

Das BAG geht davon aus, dass die Anzahl der meldepflichtigen Unternehmen aufgrund der Diversifikation des Produktangebots zugenommen hat. Dafür dürfte der Meldeaufwand für Unternehmen, die ihre Produkte nicht bewerben, bei höchstens 15 Minuten liegen und nicht bei zwei Stunden. Den Schätzungen des BAG zufolge dürfte die Grössenordnung der in der RFA geschätzten Kosten somit nach wie vor zutreffen.

Gemäss der Vorlage könnten die Unternehmen ihre Daten beispielsweise einem Verband oder einer Treuhandfirma melden. Diese Organisation würde sodann die Daten aggregieren und dem BAG einen Gesamtbetrag melden, zusammen mit der Liste der Unternehmen, die ihre Meldepflicht damit erfüllt haben. Das BAG schätzt, dass das Zusammenstellen der Daten der Unternehmen und das Verfassen der konsolidierten Meldung an das BAG für einen Verband oder eine Treuhandfirma einen Aufwand von rund 24 Arbeitsstunden pro Jahr generiert. Diese Kosten von Verbänden oder Treuhandfirmen würden auf die meldepflichtigen Unternehmen abgewälzt.

6.4

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Umweltauswirkungen der Tabakindustrie wurden im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum TabPG behandelt und in einem Bericht zuhanden der Gesundheitskommission festgehalten47.

Der Bericht zeigt auf, dass die negativen Auswirkungen auf die Umwelt hauptsächlich durch den Anbau und die Trocknung des Tabaks, die dabei benötigten Produktionsmittel und die daraus entstehenden Emissionen verursacht werden. Die Herstellung der Zigaretten und deren Verteilung haben ebenfalls eine Umweltwirkung, die vor allem durch die Abwässer und den Energiebedarf bestimmt wird. Der Bericht geht ausserdem auf die Auswirkung von Zigarettenstummeln ein, die zu den schweizweit am häufigsten in die Umwelt geworfenen Abfallstücken gehören.

Auch elektronische Zigaretten, die aus Plastik und einem Akku (mit Schwermetallen) bestehen, wobei auch Einweg-Zigaretten auf dem Markt sind, haben einen Einfluss

47

BAG (2020). Bericht 10: Umweltauswirkungen und Kosten der Tabakindustrie.

Dokument verfügbar unter https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/ geschaeft-weiterfuehrende-links?AffairId=20150075.

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auf die Umwelt, insbesondere aufgrund der anfallenden Abfallmenge und der unsachgemässen Entsorgung.48 Dank der neuen Werbeeinschränkungen sollte die Vorlage dazu beitragen, den Tabakund E-Zigarettenkonsum zu senken. Dies dürfte sowohl in den Produktionsländern (Verringerung des Wasserverbrauchs) als auch in der Schweiz (Reduzierung der aufgrund des Litterings von Zigarettenstummeln und Bestandteilen von E-Zigaretten anfallenden Reinigungskosten) sowie weltweit aufgrund der geringeren Treibhausemissionen bei der Herstellung positive Auswirkungen auf die Umwelt haben.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

7.1.1

Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring

Die Vorlage zur Teilrevision des TabPG gründet auf Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV, der infolge der Annahme der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)» geändert wurde.

Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV räumt dem Bund die Kompetenz ein, Vorschriften über die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren zu erlassen. Die Massnahmen des Bundes müssen in einem Bezug zu den in Buchstabe b zu «bekämpfenden» Krankheiten stehen oder zumindest die für diese Krankheiten anerkannten Risikofaktoren ­ wie vorliegend der Konsum von Tabakprodukten ­ reduzieren. Als stark verbreitete Krankheiten gelten namentlich nichtübertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Merkmal der Bösartigkeit bezieht sich auf Krankheiten, die lebensbedrohlich sind oder erhebliche Beeinträchtigungen der Gesundheit nach sich ziehen. Bösartige Krankheiten sind beispielsweise Krebskrankheiten.

Infolge der Annahme der Initiative wird in einem zweiten Satz ausdrücklich Folgendes erwähnt: Der Bund «verbietet namentlich jede Art von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht». Die Formulierung «jede Art von Werbung» ist breit auszulegen und schliesst auch die Verkaufsförderung und das Sponsoring mit ein. Die gesetzliche Grundlage ist klar und der Bund ist verpflichtet, sie umzusetzen.

Die Formulierung mit «namentlich» in diesem zweiten Satz ermöglicht die Anwendung des Werbeverbots auch auf elektronische Zigaretten. Diese gehören ausserdem auch zu den «Gegenständen, welche die Gesundheit gefährden können», nach Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe a BV. Zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung hat der Bund auch hier die Kompetenz, Vorschriften zum Umgang mit solchen Gegenständen zu erlassen.

48

Hendlin YH. «Alert: Public Health Implications of Electronic Cigarette Waste».

Am J Public Health. 2018 Nov;108(11):1489­1490. doi: 10.2105/AJPH.2018.304699.

PMID: 30303735; PMCID: PMC6187764.

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7.1.2

System zur Alterskontrolle

Die Einrichtung und Anwendung eines Systems zur Alterskontrolle schränkt die Wirtschaftsfreiheit von Unternehmen, die ihre Produkte über das Internet oder Automaten verkaufen oder im Internet dafür werben wollen, leicht ein. Angesichts des wirksamen Schutzes der Gesundheit von Minderjährigen, der mit einer solchen Massnahme erreicht werden kann, scheint diese leichte Beeinträchtigung gerechtfertigt und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit.

Eine unterschiedliche Behandlung der Presseerzeugnisse, in denen Werbung gänzlich verboten wird, und des Internets, auf dem Werbung weiterhin zulässig ist, sofern ein System zur Alterskontrolle besteht, lässt sich mit den technischen Möglichkeiten begründen. Dank der technischen Mittel ist es möglich, Minderjährige vor Werbung im Internet zu schützen. In Presserzeugnissen ist dies hingegen nicht umsetzbar (siehe Ziff. 1.2.1).

7.1.3

Meldung der Werbeausgaben

Die Pflicht der Tabak- und E-Zigaretten-Industrie zur Meldung ihrer Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring (Art. 27a) könnte in bestimmten Fällen die Wirtschaftsfreiheit nach Artikel 27 BV einschränken. Müsste ein Unternehmen seine jährlichen Werbeausgaben nach Produktkategorie oder -marke und für jeden Bereich (Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring) offenlegen, könnte dies als Verletzung seiner Geschäftsgeheimnisse betrachtet werden, zu deren Nichtoffenlegung es grundsätzlich berechtigt ist. Um diese mögliche Beeinträchtigung gering zu halten, muss nur die Gesamtsumme der Ausgaben für alle Produktkategorien und Marken für alle Werbebereiche gemeldet werden. Zudem können mehrere Unternehmen ihre Ausgaben gemeinsam melden, sodass die Zuordnung eines Betrags zu einem bestimmten Unternehmen nicht möglich ist. Unter diesen Voraussetzungen würde es keinen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit geben.

Die Frage einer eventuellen Beeinträchtigung stellt sich nur noch für diejenigen Unternehmen, die sich für eine Einzelmeldung entscheiden. Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe g BGÖ sieht jedoch bereits eine Ausnahme vom Recht auf Zugang vor, wenn dieser Zugang Geschäftsgeheimnisse offenbaren kann. Eine solche Meldung der Ausgaben ist im Übrigen insofern gerechtfertigt, als die Behörden ein Interesse daran haben, Kenntnis von den Ausgaben der Industrie für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring zu haben. Ein Überblick über die investierten Beträge wäre für ihre Präventions- und Vollzugsaufgaben von Nutzen. Die Höhe der Werbeausgaben ist ein wichtiger Indikator. Sinken sie, bedeutet dies, dass Werbeverbote umgesetzt werden.

Die Meldepflicht für Werbeausgaben kann zusätzlich den Vorteil haben, dass sie die Tabakindustrie von Werbe-, Verkaufsförderungs- oder Sponsoringaktivitäten abhält, welche sie ohne diese Pflicht möglicherweise durchgeführt hätte. Die Behörden haben ein öffentliches Interesse, welches das private Interesse der Industrie an der Geheimhaltung dieser Beträge überwiegt. Das Verhältnismässigkeitsprinzip scheint damit eingehalten zu sein.

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7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Mit seinen neuen Einschränkungen der Werbung, der Verkaufsförderung und des Sponsorings sowie der Meldepflicht zu den Werbeausgaben ist dieser Entwurf mit den Verpflichtungen der Schweiz aus internationalen Abkommen vereinbar. Er widerspricht auch nicht den Verpflichtungen der Schweiz gegenüber der EU oder den Zielen, die sie mit ihrer Europapolitik verfolgt. Es bestehen namentlich keine bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU, die Verpflichtungen in diesem Bereich beinhalten.

Dieser Entwurf ist insbesondere mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vereinbar, das am 20. November 1989 in New York abgeschlossen und von der Bundesversammlung am 13. Dezember 1996 genehmigt worden ist. Die Schweiz hat dieses Übereinkommen am 24. Februar 1997 ratifiziert; es trat am 26. März 1997 in Kraft49. Das Übereinkommen nennt den Schutz der Kinder vor Tabakwerbung nicht explizit. Allerdings beauftragt es die Vertragsstaaten, die Erarbeitung geeigneter Richtlinien zum Schutz des Kindes vor Informationen und Material, die sein Wohlergehen beeinträchtigen, zu fördern (Art. 17 Bst. e) und das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmass an Gesundheit sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit zu anerkennen (Art. 24). Die weitergehenden Einschränkungen, die im Bereich der Werbung eingeführt werden, stehen somit mit den Zielen des Übereinkommens und den vorgenannten Bestimmungen im Einklang.

Da die Schweiz das FCTC nicht ratifiziert hat, ergeben sich gegenwärtig aus diesem Übereinkommen keine Verpflichtungen für die Schweiz. Das Schweizer Recht erfüllt dennoch zahlreiche Anforderungen dieses Übereinkommens, namentlich im Bereich des Schutzes vor Passivrauchen, der Besteuerung sowie der Warnhinweise auf Zigarettenpackungen. Das TabPG verbietet zudem die Abgabe von Tabakprodukten und E-Zigaretten an Minderjährige. Die im Rahmen der Umsetzung der Initiative eingeführten neuen Einschränkungen erfüllen eine Anforderung des Übereinkommens für Staaten, die kein umfassendes Verbot von Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring erlassen haben. Diese Anforderung ist in Artikel 13 Absatz 4 Buchstabe e FCTC definiert, der von den Vertragsparteien verlangt, dass sie ein «umfassendes Verbot oder Einschränkungen der
Werbung, der Verkaufsförderung und des Sponsorings im Rundfunk und Fernsehen, in den Printmedien und in anderen Medien wie dem Internet» vorsehen. Mit der Meldepflicht zu den Werbeausgaben für die Tabakindustrie nach Artikel 13 Absatz 4 Buchstabe d FCTC sieht der Entwurf eine letzte Ergänzung vor, die im Hinblick auf eine allfällige Ratifizierung des FCTC angezeigt ist.

49

SR 0.107

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7.3

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Dieser Entwurf enthält wichtige Bestimmungen zu den Rechten und Pflichten der Hersteller und Verkäufer von Tabakprodukten und E-Zigaretten. Insbesondere werden deren Rechte im Bereich der Werbung, der Verkaufsförderung und des Sponsorings eingeschränkt. Bei Verkäufen oder Werbung im Internet oder bei Verkäufen über Automaten sind sie verpflichtet, ein System zur Alterskontrolle einzurichten.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Kreditverpflichtungen oder Zahlungsrahmen beschlossen, die einmalige Subventionen von mehr als 20 Millionen Franken oder wiederkehrende Subventionen von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen.

7.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Die vorgeschlagene Bundesregelung beruht auf dem Subsidiaritätsprinzip (Art. 5a und 43a Abs. 1 BV). Die Aufgabenteilung zwischen Kantonen und Bund wird mit dem Entwurf nicht tangiert. Der Bund erhält jedoch eine neue Aufgabe. Die Kontrolle der Einhaltung der Werbeeinschränkungen im Internet und der Erfüllung der Anforderungen an das System zur Alterskontrolle beim Verkauf und bei der Werbung über das Internet wird dem BAG übertragen. Diese Vollzugsaufgaben den Kantonen zu übertragen wäre nicht sinnvoll, denn im Gegensatz zu den in der physischen Welt durchgeführten Kontrollen kann die Kontrolle im Internet, in Applikationen und anderen elektronischen Medien nicht eindeutig einem Kanton zugeordnet werden.

Die Hersteller und Importeure von Tabakprodukten und E-Zigaretten, der Bund und die Kantone tragen alle in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich die durch die Anwendung des Gesetzes anfallenden Kosten. Sie tragen gemeinsam zum Schutz Minderjähriger vor Werbung für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten sowie vor dem Zugang zu solchen Produkten bei. Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz (Art. 43a Abs. 2 und 3 BV) ist somit eingehalten.

7.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Dieser Entwurf führt drei neue Rechtsetzungsdelegationen an den Bundesrat ein.

Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b ermächtigt den Bundesrat, die Kriterien festzulegen, anhand derer bestimmt wird, ob eine Werbung oder ein Hinweis auf eine Verkaufsförderung oder ein Sponsoring im Internet, in Applikationen oder in anderen elektronischen Medien an den Schweizer Markt gerichtet ist.

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Artikel 23a Absatz 3 überträgt dem Bundesrat die Befugnis, die Anforderungen an das neu verlangte System zur Alterskontrolle zu bestimmen. Ein solches System ist künftig obligatorisch für alle, die Werbung für Tabakprodukte oder E-Zigaretten im Internet, in Applikationen oder in anderen elektronischen Medien aufschalten, sowie für jene, die solche Produkte über das Internet oder über Automaten abgeben.

Die Delegation dieser Kompetenz lässt sich damit begründen, dass solche Systeme einheitliche Kriterien für alle Akteure erfüllen müssen, damit sie wirksam sind.

Artikel 27 Absatz 3 beauftragt den Bundesrat schliesslich, die Modalitäten für die Meldung der Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring zu bestimmen.

7.7

Datenschutz und Grundsatz der Transparenz

Für Betreiber von Internetseiten, auf denen Tabakprodukte oder E-Zigaretten zum Verkauf angeboten werden, sowie Betreiber von Seiten, die für solche Produkte werben, kann die Verwendung von Systemen zur Alterskontrolle datenschutzrechtliche Fragen aufwerfen. Die Bestimmungen des DSG sind jedoch ausreichend, um den Datenschutz bei der Alterskontrolle sicherzustellen. Überdies ist im Entwurf vorgesehen, dass die im Rahmen der Alterskontrolle erhobenen Daten von Minderjährigen ausschliesslich zu diesem Zweck verwendet werden dürfen (Art. 23a Abs. 2).

Die Meldung der Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring durch die Unternehmen soll über das Informationssystem, das für die Meldung von Produkten eingerichtet wird, abgewickelt werden. Grundsätzlich wird im System eine Gesamtsumme für mehrere Unternehmen eingegeben. Die Kontaktpersonen, die für die Meldung zuständig sind, werden bestimmte nicht besonders schützenswerte Personendaten angeben müssen, beispielsweise ihren Namen, Vornamen, die berufliche Telefonnummer und die berufliche E-Mailadresse. Diese Daten werden gesammelt und im Einklang mit dem DSG bearbeitet.

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Abkürzungsverzeichnis ABl.

Amtsblatt der Europäischen Union

AS

Amtliche Sammlung des Bundesrechts

BAFU

Bundesamt für Umwelt

BAG

Bundesamt für Gesundheit

BBl

Bundesblatt

BGÖ

Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (SR 152.3)

BV

Bundesverfassung (SR 101)

BZ

Berner Zeitung

CBD

Cannabidiol

DOJ

Dachverband offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz

DSG

Bundesgesetz vom 25. September 2020 über den Datenschutz (BBl 2020 7639)

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EG

Europäische Gemeinschaft

E-ID

Elektronischer Identifikationsnachweis

EKSN

Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten

EU

Europäische Union

EUV

Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

EVP

Evangelische Volkspartei der Schweiz

EWR

Europäischer Wirtschaftsraum

FCTC

Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs

FDP

Die Liberalen

FMH

Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte

GDK

Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren

GRÜNE Grüne Partei Schweiz JSFVG Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele (BBl 2022 2406) J+S

Programm Jugend + Sport

JT

Japan Tobacco

KKBS

Konferenz der kantonalen Beauftragten für Suchtfragen 43 / 44

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NZZ

Neue Zürcher Zeitung

RFA

Regulierungsfolgenabschätzung

RTVG

Bundesgesetz vom 24. März 2006 über Radio und Fernsehen (SR 784.40)

SAJV

Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände

SP

Sozialdemokratische Partei der Schweiz

SR

Systematische Sammlung des Bundesrechts

SVP

Schweizerische Volkspartei

TabPG

Bundesgesetz vom 1. Oktober 2021 über Tabakprodukte und elektronische Zigaretten (BBl 2021 2327)

THC

Tetrahydrocannabinol

THG

Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über die technischen Handelshemmnisse (SR 946.51)

VIPaV

Verordnung über das Inverkehrbringen von Produkten nach ausländischen Vorschriften (SR 946.513.8)

VKS

Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz

WHO

Weltgesundheitsorganisation

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