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Bundesrathsbeschluss in

Sachen der Rosette Salvisberg, geb. Narbel, von Mühleberg (Bern), wohnhaft in Prilly (Waadt), betreffend Wegweisung.

(Vom 24. April 1874.)

Der schweizerische Bundesrath hat

in Sachen der Rosette Salvisberg, geb. Narbe], von Muhleberg (Bern), wohnhaft in Prilly (Waadt), betreffend Wegweisung; nach angehörtem Berichte des Justiz- und Polizeidepartements und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben: I. Mit Eingabe an den Bundesrath vom 19. März 1874 beschwerte sich die Rosette Salvisberg wie folgt: Ihr Ehemann, Christian Salvisberg, sei wegen rechtswidriger Aneignung von Weidenzweigen verurtheilt worden und befinde sich in dem Strafgefangnisse von Morges. Sie habe nun erfahren, daß derselbe nach Abbußung seiner Strafe aus dein Kanton Waadt weggewiesen werden" solle. Die Wegweisung wurde aber ebensogut auch sie und ihr Kind treffen, wahrend ihnen kein Verschulden

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zur Last falle. Diese Maßregel wäre um so drükender, als sie dadurch bedeutende pekuniäre Nachtheile erleiden müßten. Die Strafe gegenüber ihrem Manne sei ohnehin zu hart.

Ihr Gesuch bei dem Staatsrathe von Waadt um Aufhebung der Wegweisung sei erfolglos geblieben; sie sehe sich daher veranlaßt, gestüzt auf das bisherige gute Betragen ihres Mannes, die Verwendung der Bundesbehörden nachzusuchen.

II. Laut der Antwort des Staatsrathes von Waadt ist Christian Salvisberg seit 1870 von dem Polizeigerichte in Lausanne bereits fünf Male bestraft worden, nämlich: -am 23. Februar 1870 wegen Waldfrevels zu einer Geldbuße von Fr. 1. .50; ;: am 28. Februar 1871, ebenfalls wegen Waldfrevels zu einer Buße von Fr. 75; am 27. März 1871 wegen Diebstahls zu. 20 Tagen Einsperrung und zu l Jahr Einstellung in den bürgerlichen Rechten und Ehren; am 18. Dezember 1871 wegen Waldfrevels zu einer Geldbuße, und am 23. Dezember 1873 naten Einsperrung.

wegen Eigenthmsbeschädigung zu 3 Mo-

Der Staatsrath von Waadt fügte bei, daß schon die Verurtheilung vom 27. März 1871 die Wegweisung des Salvisberg zur Folge gehabt hätte. Auf die Bitte seiner Frau sei ihm jedoch gestattet worden, im Kanton zu bleiben, immerhin aber unter der Bedingung, daß er nicht Anlaß zu neuer Klage gebe. Da er dennoch wieder rükfällig geworden, so glaube der Staatsrath, daß .Salvisberg nicht, länger geduldet werden müsse.

In Erwägung, die ist, der der

daß die Verfügung der Regierung des Kantons Waadt, womit Wegweisung des Christian Salvisberg ausgesprochen worden gerade auf solche- Thatsachen sich stüzt, welche im Art. 41 Bundesverfassung vom 12. September 1848 zur Rechtfertigung Wegweisung vorgesehen sind;

daß daher von einer Verlezung der Bundesverfassung nicht die Rede sein kann;

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beschlossen: 1.

Der Rekurs sei als unbegründet abgewiesen.

2.' Dieser Beschluß sei dem Staatsrathe des Kantons Waadt., sowie der Rekurrentin, Rosette Salvisberg in Prilly. mitzutheilen.

B e r n , den 24. April 1874.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

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.. Schiess.

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Bericht .. des

Schweiz. Konsuls in St. Petersburg (Hrn. Philippin-Duval von Genf) über das Jahr 1873.

(Vom 19/31. März 1874.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Tit.!

Das Jahr 1873 kann für Rußland vom Standpunkte der Volkswirtschaft und. der materiellen Wohlfahrt aus in die Kategorie der Mitteljahre gestellt werden. Wenn man auch im Ganzen genommen dort allgemeine Verbesserungen wahrnimmt, so treten andererseits gewisse dunkle Stellen um so deutlicher hervor und lassen die unbedeutende Höhe der nationalen Wohlfahrt, die Langsamkeit der intellektuellen Entwickelung und. den kaum wahrnehmbaren Fortschritt der Landesindustrie erkennen. Denn obgleich das Jahr ohne Krisis für Handel und Industrie vorüberging, so war es dennoch dem Handel- und Gewerbstande nicht günstig. Das Sinken der Preise des Rohmaterials, als dem hauptsächlichsten Ausfuhrartikel, wie des Talgs, des Leins u. s. w., welches in Folge der verminderten Nachfrage vom Auslande stattfand, die Hungersnoth, welche.

im südöstlichen Theile des Reiches herrschte, und die Theuerung der Lebensmittel haben.in verschiedener Weise auf die Umsatzmenge der verarbeiteten Produkte aller Art gewirkt.

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Bundesrathsbeschluss in Sachen der Rosette Salvisberg, geb. Narbel, von Mühleberg (Bern), wohnhaft in Prilly (Waadt), betreffend Wegweisung. (Vom 24. April 1874.)

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16.05.1874

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