Untersuchung zur Problematik der Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates auf der Grundlage einer Analyse der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 22. Juni 2004

2004-1655

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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

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1 Ausgangslage

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2 Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission 2.1 Schaffung aussagekräftiger Datengrundlagen im gesamten Bereich der beruflichen Vorsorge 2.2 Gewährleistung vollständiger Transparenz und eines umfassenden Missbrauchsschutzes 2.3 Abgrenzung der Aufsichtszuständigkeiten und -anforderungen 2.4 Gewährleistung der Gleichbehandlung und Parität bei der Verteilung der Überschüsse im Bereich des BVG

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3 Ausblick und weiteres Vorgehen

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Anhang: Ermittlung und Verteilung von Überschüssen im Bereich der beruflichen Vorsorge. Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 13. Mai 2004 zu Handen der Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrats

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610

613 614 615 617

Abkürzungsverzeichnis AG

Aktiengesellschaft

BFS

Bundesamt für Statistik

BGE

Bundesgerichtsentscheid

BPV

Bundesamt für Privatversicherungen

BSV

Bundesamt für Sozialversicherung

BVG

Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge

BVV 2

Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

LeVG

Bundesgesetz über die direkte Lebensversicherung

NR

Nationalrat

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle

SR

Ständerat

VAG

Versicherungsaufsichtsgesetz

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Bericht 1

Ausgangslage

Anlass zur vorliegenden Untersuchung bot im Sommer 2002 die Ankündigung des Bundesrates, den Mindestzinssatz in der beruflichen Vorsorge zu senken. Im Zentrum der Auseinandersetzungen stand die Frage, weshalb die Reserven der Vorsorgeeinrichtungen, insbesondere der Sammeleinrichtungen der Lebensversicherer, aus den guten Börsenjahren nicht ausreichen, um den Mindestzinssatz von 4 % weiterhin zu garantieren. Da die Lebensversicherer keine entsprechende Transparenz herstellten, kam die Vermutung auf, dass den Versicherten Geld vorenthalten wird («Rentenklau»).

In diesem Kontext stehen auch zahlreiche parlamentarische Vorstösse, welche im Herbst 2002 im Parlament eingereicht wurden. Zwei dieser Vorstösse1 haben die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) direkt angesprochen und entsprechende Abklärungen angeregt. Die GPK beider Räte haben zu diesem Zweck eine gemeinsame Arbeitsgruppe «BVG-Mindestzinssatz»2 eingesetzt. Die Arbeitsgruppe hat im Mai 2003 die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Expertise zur Frage der im Rahmen der beruflichen Vorsorge erzielten Überschüsse und deren Verteilung beauftragt. Die PVK hat ein entsprechendes Mandat an Professor Heinz Schmid (Projektleiter) und die Aon Chuard Consulting AG vergeben. Den Schwerpunkt der Untersuchung hat die Arbeitsgruppe auf die Versicherungsgesellschaften und ihre Sammeleinrichtungen gelegt. Im Sinne eines illustrativen Vergleichs wurden auch (teil-)autonome Vorsorgeeinrichtungen mit einbezogen. Die vertiefende Analyse der ebenfalls beträchtlichen Probleme dieses Bereichs bildet allerdings nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung.

Im Kern ist die Untersuchung zwei Fragenkomplexen nachgegangen: einerseits der Frage, welche Überschüsse die Versicherungsgesellschaften mit Mitteln der beruflichen Vorsorge überhaupt erwirtschaftet und an ihre Sammeleinrichtungen weitergeleitet haben. Zweitens stellte sich die Frage, wie allfällige Überschüsse aus der Anlagetätigkeit der Vorsorgeeinrichtungen verteilt wurden und ob dabei dem Grundsatz der Gleichbehandlung und anderen Grundsätzen des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) Rechnung getragen wurde.

1

2

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Motion (02.3417) der Sozialdemokratischen Fraktion «Aufsichtstätigkeit des Bundesamtes für Privatversicherungen. Überprüfung» vom 17.9.2002 sowie Motion (02.3456) der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates «Überprüfung der Aufsichtstätigkeit durch die GPK» vom 23.9.2002.

Mitglieder der Arbeitsgruppe sind: NR Hugo Fasel (Präsident), NR Josy Gyr, NR Kathy Riklin, NR Serge Beck, NR Walter Glur, NR Hans Ulrich Mathys, NR Fabio Pedrina, NR Stéphane Rossini, SR Françoise Saudan, Alain Berset und Alex Kuprecht.

Bis Dezember 2003 setzte sich die Arbeitsgruppe wie folgt zusammen: NR Hubert Lauper (Präsident), NR Milli Wittenwiler, NR Serge Beck, NR Walter Bosshard, NR Maurice Chevrier, NR Hugo Fasel, NR Peter Jossen, NR Walter Schmied, NR Jean-Jacques Schwaab, NR Kurt Wasserfallen, SR Françoise Saudan, SR Hannes Germann und SR Jean Studer.

Der Experte hat der Arbeitsgruppe im April 2004 seinen Schlussbericht vorgelegt und diesen an der Sitzung vom 27. Mai 2004 erläutert. Die PVK hat ihrerseits die wichtigsten Erkenntnisse der Expertise in einem Bericht vom 13. Mai 2004 zusammengefasst. Gestützt darauf hat die Arbeitsgruppe ihre Schlussfolgerungen gezogen und diese zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) als federführender Kommission in vorliegender Form festgehalten. Die GPK-N hat am 22. Juni 2004 den vorliegenden Bericht einstimmig genehmigt. Die ausführlichen Ergebnisse der Untersuchung werden im Anhang zu diesem Bericht publiziert und können auch in der Expertise von Professor Schmid (publiziert in der Schriftenreihe der PVK) nachgelesen werden. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die Schlussfolgerungen, welche die GPK-N aus den Untersuchungsergebnissen zieht.

2

Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission

2.1

Schaffung aussagekräftiger Datengrundlagen im gesamten Bereich der beruflichen Vorsorge

Der beauftragte Experte gelangte zur Einschätzung, dass Vorsorgeeinrichtungen mit eigener Kapitalanlage (also (teil-)autonome Einrichtungen) in den 90er Jahren in der Regel wesentlich höhere Überschüsse erzielt und auch verteilt haben als Sammeleinrichtungen von Versicherungsgesellschaften. Diese Beurteilung lässt sich anhand zahlreicher Beispiele belegen ­ eine statistisch erhärtete Aussage ist aufgrund der schwierigen Datenlage indes nicht möglich.

Die Abklärungen offenbarten somit erhebliche Mängel im Hinblick auf die bei den Behörden und Vorsorgeinstitutionen vorhandenen Daten. Es fehlt eine aussagekräftige Datengrundlage zum kapitalintensivsten Zweig des schweizerischen Vorsorgesystems. Es fehlt auch an einheitlichen Vorschriften, wie der Gewinn bei Versicherungsunternehmen zu ermitteln ist.

Die Daten und Informationen des Bundesamts für Privatversicherungen (BPV), des Bundesamts für Sozialversicherung (BSV) und des Bundesamts für Statistik (BFS) bezüglich Überschussermittlung und Überschussverteilung sind völlig ungenügend.

Das BPV erfasst wohl umfangreiche elektronische Daten der Erfolgsrechnungen und der Bilanzen der von ihm beaufsichtigten Versicherungsgesellschaften, kann diese aber nicht in nützlicher Frist und im Sinne von Führungszahlen für wechselnde Fragestellungen zur Verfügung stellen. Weil einheitliche Kontenpläne, eindeutige Definitionen und verbindliche Rechnungslegungsvorschriften sowohl für den Versicherer wie bis anhin auch für die einzelnen Vorsorgeeinrichtungen fehlen, ist es nicht möglich, kohärente und vergleichbare Zahlen über die Entstehung und Verteilung der Überschüsse zu ermitteln. Weder die Datenbasis des BPV noch die bisherige Rechnungslegungspraxis der Versicherer genügen, um einen allfällige Missbrauch der Versicherten überhaupt zu erkennen und allenfalls dagegen einzuschreiten. Die vom BPV genehmigten und kontrollierten Überschusspläne zielen an diesem Problem vorbei. Sie bestimmen lediglich, wie allfällige Überschüsse zu verteilen sind. Sie sagen aber nichts darüber aus, wie die Erträge aus dem Vorsorgegeschäft und damit allfällige Überschüsse errechnet werden. An diesem Problem ändert auch die Festlegung einer Legal Quote bei der Ausschüttung von Gewinnen 613

nichts, solange die Errechnung der Gewinne nicht im Rahmen einer verbindlichen Rechnungslegungsnorm geregelt wird.

Die Verhältnisse über Vermögensentwicklung und Anlageerträge sind bei den (teil-) autonomen Vorsorgeeinrichtungen in der Regel transparenter als bei Kollektivversicherungen eines Versicherungskonzerns. Allerdings werden weder von den kantonalen Aufsichtsbehörden noch vom BSV einheitlich definierte und repräsentative Daten der einzelnen Vorsorgeeinrichtungen in koordinierter Weise elektronisch erfasst. Auch die Pensionskassenstatistik des BFS, welche mit zeitlicher Verzögerung und gestützt auf besondere Umfragen und Schätzungen erstellt wird, ist im Hinblick auf die finanzielle Situation der Vorsorgeeinrichtungen nicht aussagekräftig.

Der Erhebung aussagekräftiger Zahlen steht eine historisch gewachsene, völlig uneinheitliche Buchführungspraxis im Wege. Das Hauptproblem liegt bei der Bestimmung der Überschüsse und nicht bei deren Verteilung. Aufgrund fehlender Vorschriften kann die Substanz, die zur Verteilung gelangen soll, weder transparent erfasst noch können die vielen einzelnen Verteilschlüssel für die Erträge und vor allem die Kosten rekonstruiert werden. Während der Bundesrat mit der auf 1. April 2004 in Kraft gesetzten Änderung der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) für die (teil-)autonomen Vorsorgeeinrichtungen einheitliche Rechnungslegungsvorschriften geschaffen hat, besteht das Transparenzproblem für die bei Versicherungsgesellschaften liegenden Sparkapitalien von Sammeleinrichtungen weiterhin.

Empfehlung 1: Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf dafür zu sorgen, dass jährlich für den gesamten Bereich der beruflichen Vorsorge aussagekräftige und repräsentative Daten erfasst werden. Er sorgt dafür, dass Rechnungslegungsnormen zur Anwendung gelangen, die eine vergleichende Betrachtung der Ermittlung von Überschüssen über sämtliche Vorsorgeeinrichtungen hinweg erlauben.

2.2

Gewährleistung vollständiger Transparenz und eines umfassenden Missbrauchsschutzes

Selbst wenn aussagekräftige Zahlen zu erzielten Überschüssen vorliegen würden, garantieren die heutigen gesetzlichen Grundlagen keinen hinreichenden Schutz der Versicherten vor einem Missbrauch bezüglich deren Beteiligung an den Anlageerträgen aus dem Vermögen der beruflichen Vorsorge. Gemäss Artikel 42 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sollte der Bundesrat zwar «ergänzende Bestimmungen zum Einschreiten gegen Missstände, welche die Interessen der Versicherten gefährden» erlassen. Bis Ende 2003 hat der Bundesrat keine solchen konkretisierenden Bestimmungen geschaffen, welche einen anderen Missbrauch als den einer möglichen Insolvabilität betreffen. Die GPK-N stellt fest, dass der Bundesrat seine Aufsichtspflicht in diesem Bereich nicht wahrgenommen hat. Entsprechend der Konzentration auf die Solvabilität konnte das BPV bisher die Versicherten nicht

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umfassend vor Missbrauch schützen. Wie oben erwähnt fehlten dem BPV dazu auch die nötigen Datengrundlagen.

Im Rahmen der BVG-Revision haben Parlament und Bundesrat in der Zwischenzeit entsprechende Transparenzvorschriften3 erlassen, die einen Missbrauch im umschriebenen Sinn verhindern sollen.

Die GPK-N ist der Ansicht, dass beim Vollzug der bestehenden Transparenzvorschriften und beim Einbezug neuer Entwicklungen noch grosse Herausforderungen bestehen. Eine aktive Begleitung durch den Bundesrat und eine entsprechende Früherkennung haben deshalb absolute Priorität. Dabei muss der Bundesrat im Rahmen seiner Aufsichtskompetenzen eine umfassende Transparenz im Sinne der von Professor Schmid formulierten Forderungen (vgl. Anhang, Kap. 4.5) gewährleisten. Die Transparenz muss sich bis auf die Stufe der Versicherten erstrecken.

Gleichzeitig muss die Verwendung der Mittel (insbesondere die Anlage der Sparkapitalien und die Verwendung der entsprechenden Erträge) transparent sein.

Empfehlung 2: Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf, im Rahmen seiner Aufsicht eine vollständige Transparenz über die Verwendung der Mittel in der beruflichen Vorsorge im Sinne der Forderungen von Prof.

Schmid zu gewährleisten und Missbräuchen, welche die Interessen der Versicherten gefährden, entgegen zu wirken.

2.3

Abgrenzung der Aufsichtszuständigkeiten und -anforderungen

Die mangelnde Abgrenzung der gesetzlichen Anforderungen (BVG oder Versicherungsaufsichtsrecht) und der Aufsichtszuständigkeiten (BSV/Kantone oder BPV) stellt im Bereich der Sammeleinrichtungen von Versicherungsgesellschaften ein gravierendes Problem dar.

Das BPV beaufsichtigt lediglich einen Teil des Verteilprozesses, welcher die Verteilung der Überschüsse von den Vorsorgewerken an die Versicherten nicht erfasst.

Das BPV erachtet dies bei national tätigen Sammeleinrichtungen als Sache des BSV.

Das BSV befasst sich seinerseits nicht systematisch mit der Aufsicht der Verteilung von Überschüssen bzw. freien Mitteln. Ihm fehlen die Informationen zu einer systematischen Aufsicht über die Überschussverteilung bei Vorsorgeeinrichtungen. Das BSV verlässt sich in seiner Aufsicht ausserdem auf die unteren Stufen der Kontrollpyramide (Kontrollstellen, Pensionskassenexperten). Somit fällt die Aufsicht über die Verteilung von Überschüssen vom Vorsorgewerk an die Versicherten zwischen Stuhl und Bank. In dieser Beziehung wird die Aufsichtsverantwortung zwischen den Ämtern hin- und hergeschoben. Die Kompetenzabgrenzung und Aufsichtsverantwortung zwischen BSV und BPV bedarf diesbezüglich einer dringenden Klärung.

Dabei geht es nicht nur um die Ordnung der Zuständigkeiten (wie die Diskussion in

3

Vgl. Art. 65a BVG und Art. 6a des Bundesgesetzes über die direkte Lebensversicherung (LeVG).

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der Öffentlichkeit zuweilen glauben macht), sondern auch um die Koordination und Abgrenzung des materiellen Rechts.

Problematisch sind ausserdem die unterschiedlichen Anforderungen im Hinblick auf die Verwaltung von Vorsorgevermögen. Während die bei den Versicherungsgesellschaften liegenden Vorsorgevermögen der kollektiven Sammeleinrichtungen vom BPV nach den Grundsätzen des Versicherungsaufsichtsrechts beaufsichtigt werden, nehmen das BSV und die Kantone diese Aufgabe bei (teil-)autonomen Vorsorgeeinrichtungen nach den Grundsätzen des BVG wahr. Bezüglich den Anforderungen an die Sicherheit der Mittel (Solvabilität) sind die gesetzlichen Vorgaben des Versicherungsaufsichtsrechts deutlich strenger als jene im Bereich der beruflichen Vorsorge.

Umgekehrt gelten nach BVG verbindliche Vorschriften im Hinblick auf die Informationspflicht gegenüber den Versicherten sowie im Hinblick auf die Zusammensetzung der Führungsorgane (Parität), welche auch die Verantwortung für die Anlage der Alterskapitalien tragen. Für die Organe einer Versicherungsgesellschaft, die entsprechende Kapitalien aus Kollektivverträgen verwaltet, macht das Versicherungsrecht keine derartigen Vorschriften. Entscheide über die Anlage von Vorsorgekapitalien der kollektiven Sammeleinrichtungen und die Verwendung entsprechender Anlageerträge können hier ohne Vertretung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen getroffen werden. Die 1. BVG-Revision setzt die paritätische Vertretung erst auf Ebene der Sammeleinrichtungen um, lässt jedoch die Verwendung der Vorsorgegelder in der Versicherungsgesellschaft unberührt.

Die Klärung der Frage, ob und wie die BVG-Grundsätze im Rahmen der Aufsicht nach VAG zu berücksichtigen sind, ist im Rahmen der Differenzbereinigung zur Revision des VAG noch hängig. Der Nationalrat hat im Gegensatz zum bundesrätlichen Vorschlag und zum Ständerat an Artikel 68 BVG festgehalten und diesen sogar verschärft. Demnach sollen die BVG-Grundsätze im Rahmen der Versicherungsaufsicht nach VAG nicht nur berücksichtigt werden, sondern sogar Vorrang geniessen.

Die GPK-N unterstützt aufgrund ihrer Abklärungen diese klare Haltung des Nationalrates. Ausserdem hält sie die Frage für prüfenswert, ob und wie in Zukunft eine institutionelle, personelle und finanzielle Trennung der beruflichen Vorsorge bzw.

des BVG-Obligatoriums
vom restlichen Geschäft der Versicherer anzustreben ist.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Aufsicht über die Einhaltung der Grundsätze des BVG bei der Verteilung von Überschüssen Mängel in der Konzeption und im Vollzug aufweist. Da gerade bei Sammeleinrichtungen die effektive Funktion der internen Kontrollmechanismen, die Parität der Entscheidungsfindung sowie die Transparenz gegenüber den Versicherten aufgrund der engen Verzahnung mit den Versicherungsgesellschaften als kritisch zu beurteilen sind, fallen die Aufsichtsmängel hier besonders stark ins Gewicht.

Empfehlung 3: Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf, die Kompetenzabgrenzung und Aufsichtsverantwortlichkeiten zwischen BPV und BSV (einschliesslich den Kantonen) verbindlich und klar zu regeln. Dabei zeigt er auf, wie die BVG-Grundsätze im Rahmen der Versicherungsaufsicht nach VAG berücksichtigt werden.

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Empfehlung 4: Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf zu prüfen, ob eine institutionelle, personelle und finanzielle Trennung der beruflichen Vorsorge bzw. des BVG-Obligatoriums vom restlichen Geschäft der Versicherer vorzunehmen ist.

2.4

Gewährleistung der Gleichbehandlung und Parität bei der Verteilung der Überschüsse im Bereich des BVG

Die vom Experten vorgenommene Datenanalyse zeigte eindeutig, dass nicht alle Versicherten der untersuchten Sammeleinrichtungen Überschüsse erhalten haben.

Vorsorgewerke mit vielen Versicherten haben von den Versicherungsgesellschaften deutlich höhere Überschüsse pro Versicherten erhalten als kleine. Vor allem in den guten Börsenjahren zeigten sich substantielle Unterschiede. Erhebliche Ungleichheiten liessen sich auf Ebene der Versicherten nachweisen: rund die Hälfte der Versicherten erhielt selbst dann keine Überschussanteile, wenn ihr Vorsorgewerk von der Sammeleinrichtung entsprechende Überweisungen erhalten hat. Im Rahmen der Expertise war es nicht möglich zu klären, ob die festgestellte Ungleichheit Grundsätze der Gleichbehandlung oder der Beitragsparität verletzt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Zuteilung der Überschüsse an einzelne, geschäftspolitisch wichtige Vorsorgewerke auch subjektive Kriterien wie Marketingüberlegungen, Gegengeschäfte etc. eine Rolle gespielt haben können. Kritisch beurteilt werden muss auch die Verteilung von Überschüssen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Die nach Einschätzung der Experten relativ weit verbreitete Praxis, die Risikobeiträge des Arbeitgebers aus Überschüssen einseitig zu reduzieren, muss gemäss einem neueren Bundesgerichtsentscheid (BGE 128 II 24) in den meisten Fällen als rechtswidrig eingestuft werden.

Diese Befunde zeigen, wie wichtig eine wirksame Aufsicht und Transparenz auf allen Stufen, bis hinunter auf jene des einzelnen Versicherten, ist.

Empfehlung 5: Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf, das Gebot der Gleichbehandlung und der Beitragsparität bei der Verteilung der Überschüsse im Bereich des BVG im Rahmen der Aufsicht und des Vollzugs der Transparenzbestimmungen bis auf Stufe des einzelnen Versicherten durchzusetzen.

3

Ausblick und weiteres Vorgehen

Bundesrat, Behörden und Versicherungsgesellschaften sind aufgerufen, ihre Anstrengungen zur Schaffung von Transparenz und zur Verhinderung von Missbräuchen in der beruflichen Vorsorge weiterzuführen.

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Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates überweist diesen Bericht samt Empfehlungen und Anhang dem Bundesrat mit der Bitte, bis Ende September 2004 dazu Stellung zu nehmen. Sie bittet den Bundesrat, die Erkenntnisse im Rahmen seiner laufenden Entscheide (Expertengruppe Brühwiler, Finanzmarktaufsicht etc.)

zu berücksichtigen.

22. Juni 2004

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Der Präsident: Hugo Fasel, Nationalrat Der Stellvertretende Sekretär der Geschäftsprüfungskommissionen: Martin Albrecht

Expertenbericht, der dieser Untersuchung unmittelbar zu Grunde liegt ­

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Expertise «Überschussverteilung». Schlussbericht von Prof. Dr. Heinz Schmid vom 16. April 2004 (publiziert in der Schriftenreihe der PVK)