BBl 2023 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

23.062 Botschaft zur Änderung des Bankengesetzes vom 6. September 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bankengesetzes.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

6. September 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2023-2602

BBl 2023 2165

BBl 2023 2165

Übersicht Der Bundesrat hat am 11. März 2022 beschlossen, mit einer staatlichen Liquiditätssicherung für systemrelevante Banken (Public Liquidity Backstop, PLB) ein neues Instrument zur Stärkung der Stabilität des Finanzsektors einzuführen. Er hat dabei das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, bis Mitte 2023 eine entsprechende Vorlage zu erarbeiten. Am 16. März 2023 hat der Bundesrat das Instrument des PLB zusammen mit weiteren Instrumenten und Massnahmen in einer Verordnung gestützt auf die Artikel 184 Absatz 3 und 185 Absatz 3 der Bundesverfassung (BV) in Kraft gesetzt. Grund waren der umfassende Vertrauensverlust in die Credit Suisse und deren unmittelbar drohender Ausfall, der am 19. März 2023 durch eine Übernahme der Credit Suisse durch die UBS abgewendet wurde. Vorliegend werden Vorschläge zu Änderungen des Bankengesetzes (BankG) insbesondere in Bezug auf die Gewährung von Ausfallgarantien des Bundes für Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) an systemrelevante Banken unterbreitet, deren Eckwerte der Bundesrat im März 2022 beschlossen hat. Gleichzeitig unterbreitet er der Bundesversammlung jene Bestimmungen der Verordnung vom 16. März 2023, die im Zusammenhang mit dem laufenden Vertrag zwischen der Credit Suisse und der SNB über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen (ELA+) weiterhin erforderlich sind.

Ausgangslage Banken, die systemrelevant oder Teil einer systemrelevanten Finanzgruppe sind (Systemically Important Banks, SIBs), nehmen unter anderem die im BankG statuierten systemrelevanten Funktionen wahr ­ namentlich im Bereich des inländischen Einlagen- und Kreditgeschäfts sowie des Zahlungsverkehrs. Aufgrund des unverzichtbaren und nicht kurzfristig substituierbaren Charakters dieser Funktionen ist die Stabilität von SIBs für die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem von zentraler Bedeutung. Wie die globale Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007 bis 2009 gezeigt hat, kann eine Notlage oder ein Konkurs einer SIB aufgrund von deren Grösse, Marktbedeutung und Vernetzung erhebliche Verwerfungen im Finanzsystem verursachen mit weitreichenden Folgen für das gesamte Schweizer Banken- und Zahlungssystem sowie die inländische Volkswirtschaft. Dies würde zudem zu einer bedeutsamen und langfristigen Schwächung des Finanzplatzes und
Wirtschaftsstandorts Schweiz führen.

Trotz den in der Schweizer Gesetzgebung verankerten erhöhten Kapital- und Liquiditätsanforderungen können sich Situationen ergeben, in denen die bankeigenen liquiden Mittel, die Fähigkeit der Bank, sich am Markt zu finanzieren, und die Liquidität aus der ausserordentlichen Liquiditätshilfe (Emergency Liquidity Assistance, ELA) der SNB nicht ausreichen, um die Stabilität der betroffenen SIB zu gewährleisten beziehungsweise eine Sanierung oder Konkursliquidation mit Weiterführung der systemrelevanten Funktionen zu ermöglichen. Vorfälle, die einen abrupten Vertrauensverlust der Marktteilnehmer in die SIB bewirken, können deshalb dazu führen, dass einer solventen Bank der Konkurs aufgrund von Liquiditätsproblemen droht.

Der Bundesrat hat daher am 11. März 2022 das EFD beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage zur Einführung einer staatlichen Liquiditätssicherung für SIBs, eines 2 / 92

BBl 2023 2165

sogenannten Public Liquidity Backstop (PLB), zu erarbeiten, um das bisherige Schweizer Too-Big-To-Fail-Dispositiv im Einklang mit internationaler Best Practice um ein zentrales Element zu ergänzen. Ein explizit geregelter PLB kann zudem dem Vertrauensverlust von Kundinnen und Kunden und Finanzmarktakteurinnen und -akteuren vorbeugen und seine tatsächliche Beanspruchung durch seine blosse Existenz verhindern helfen.

Mitte März 2023 verschärfte sich in einer angespannten Lage der Finanzmärkte ein seit längerer Zeit bestehender Vertrauensverlust in Bezug auf die Credit Suisse derart, dass sie ohne einschneidende Massnahmen ihre Geschäftstätigkeit nicht mehr hätte fortführen können. Dies führte zu einer Übernahme der Credit Suisse durch die UBS, die durch eine staatlich garantierte Liquiditätsversorgung durch die SNB unterstützt werden musste. Am 16. März 2023 hat der Bundesrat deshalb mit der Verordnung über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen und die Gewährung von Ausfallgarantien des Bundes für Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank an systemrelevante Banken (nachfolgend Verordnung vom 16. März 2023) das Instrument des PLB gestützt auf die Artikel 184 Absatz 3 und 185 Absatz 3 BV eingeführt und unmittelbar in Kraft gesetzt, zusammen mit weiteren Instrumenten und Massnahmen wie den zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB (sogenannte ELA+). Nachdem die Credit Suisse per Ende Mai 2023 sämtliche gestützt auf die Verordnung gewährten Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes und per 10. August 2023 die zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB vollständig zurückbezahlt hat, wurden per 11. August 2023 sowohl der Vertrag zwischen der Credit Suisse und der SNB über die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes als auch der Vertrag zwischen der UBS und dem Bund über die Verlustübernahmegarantie beendet. Die mit diesen Garantien zusammenhängenden Bestimmungen der Verordnung vom 16. März 2023 sind somit gegenstandslos geworden. Diese Ereignisse sowie die gegenüber Mitte März 2023 veränderten Verhältnisse führen dazu, dass lediglich einzelne Verordnungsbestimmungen im Zusammenhang mit der Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der Bundesversammlung als formell-gesetzliche Bestimmungen unterbreitet werden. Damit diese vom Bundesrat
mittels Verordnung eingeführten und zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Botschaft weiterhin notwendigen Bestimmungen nicht ausser Kraft treten, muss der Bundesversammlung innert sechs Monaten ein Entwurf für den Inhalt dieser Bestimmungen der Verordnung unterbreitet werden, die nach Ablauf der sechs Monate weitergelten sollen.

Inhalt der Vorlage Die Vorlage sieht vor, dass die SNB in ihrer Funktion als Kreditgeberin der letzten Instanz temporär Liquidität in Form eines Liquiditätshilfe-Darlehens, das durch den Bund mittels Ausfallgarantie gesichert ist, bereitstellen kann.

Die Gewährung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie soll an verschiedene Voraussetzungen geknüpft werden (Subsidiarität der Liquiditätshilfe, Einleitung eines Sanierungsverfahrens, Solvenz der Bank, öffentliches Interesse und Verhältnismässigkeit der staatlichen Intervention). Bei der Gewährung einer Ausfallgarantie gegenüber der SNB für Liquiditätshilfe-Darlehen wird der Bundesrat deren Höhe im Einzelfall festlegen und den nötigen Verpflichtungskredit im Dringlichkeitsverfahren der parlamentarischen Finanzdelegation unterbreiten.

3 / 92

BBl 2023 2165

Um das Verlustrisiko für den Bund im Fall einer Gewährung einer Ausfallgarantie zu reduzieren, sieht die Ausgestaltung des PLB ein Konkursprivileg für die Forderungen der SNB aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie vor. Das Konkursprivileg ist ein Kernelement des PLB-Konzepts. Zur Abgeltung des Risikos, das der Bund mit der Möglichkeit der Gewährung von Ausfallgarantien an die SNB übernimmt, ist eine von den SIBs zu entrichtende Ex-ante-Pauschale zuhanden des allgemeinen Bundeshaushaltes vorgesehen. Ferner soll dem Bund eine Bereitstellungsprämie auf der Ausfallgarantie und dem Bund sowie der SNB sollen Risikoprämien auf den tatsächlich beanspruchten Liquiditätshilfe-Darlehen zustehen. Zudem soll die SNB mit Zinsen für die ihr entstehenden Darlehenskosten entschädigt werden.

Die Gewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie an eine SIB kann Fehlanreize (Moral Hazard) setzen. Dem wird einerseits dadurch entgegengewirkt, dass die SIBs ihre Liquiditätsrisiken bereits aufgrund von bestehenden SIBspezifischen Regeln in der Liquiditätsverordnung angemessen abdecken müssen. Andererseits soll die betroffene SIB während der Beanspruchung einer Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen diversen Auflagen unterliegen (zum Beispiel Dividendenverbot), deren Verletzung strafrechtliche Konsequenzen haben soll. Die Gewährung einer Ausfallgarantie hat ausserdem zur Folge, dass der Bundesrat nach Artikel 10a BankG gegenüber der SIB Massnahmen im Bereich der Vergütungen anordnet. Neu soll zudem ausdrücklich möglich sein, dass unter gewissen Voraussetzungen bereits ausbezahlte variable Vergütungen zurückgefordert werden können.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) kann zudem bei Insolvenzgefahr gemäss geltendem Recht umfassende restrukturierende und disziplinierende Massnahmen anordnen (beispielsweise Wechsel des Organs für die Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle sowie des Geschäftsführungsorgans der Bank).

Jene Bestimmungen der Verordnung vom 16. März 2023, die zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Botschaft weiterhin erforderlich sind und der Bundesversammlung unterbreitet werden, werden in einem separaten Abschnitt aufgenommen. Dadurch sollen die rechtlichen Grundlagen für den zwischen der SNB und der Credit Suisse abgeschlossenen Vertrag über die Gewährung zusätzlicher
Liquiditätshilfe-Darlehen (ELA+) fortgeführt werden. Hervorzuheben ist, dass die zusätzlichen LiquiditätshilfeDarlehen von der Credit Suisse per 10. August 2023 zwar vollständig zurückbezahlt wurden, solche Darlehen allerdings erneut bezogen werden können sollen, solange der entsprechende Vertrag von den Gegenparteien nicht gekündigt wird und die Voraussetzungen erfüllt werden. Die Geltungsdauer zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB wird jedoch bis am 31. Dezember 2027 beschränkt. Des Weiteren erhält der Bundesrat den gesetzlichen Auftrag, die ins Gesetz überführten Verordnungsbestimmungen innert fünf Jahren nach deren Inkrafttreten zu überprüfen.

Im Rahmen der vom Bundesrat am 29. März 2023 beschlossenen Aufarbeitung der Ereignisse rund um die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sollen zudem das gesamte Schweizer TBTF-Regelwerk und damit auch die in dieser Vorlage enthaltenen Instrumente nochmals umfassend beurteilt und die Ergebnisse dem Parlament im Rahmen des nächsten Berichts des Bundesrats zu den systemrelevanten Banken gemäss Artikel 52 BankG im Frühjahr 2024 unterbreitet werden. Im Rahmen dieses Berichts sollen auch verschiedene Prüfaufträge, die das Parlament dem Bundesrat im Nachgang zu den Ereignissen von März 2023 erteilt hat, erfüllt werden.

4 / 92

BBl 2023 2165

Schliesslich soll das geltende Bankengesetz mit Präzisierungen zur Offenlegung ergänzt und formal an Änderungen des Obligationenrechts (insbesondere des Aktienrechts) angepasst werden. Grundsatzbestimmungen zur Offenlegung für Banken und Wertpapierhäuser sollen ins Gesetz aufgenommen werden. Zur Erhöhung der Rechtssicherheit werden im Obligationenrecht ausgewählte Bestimmungen bezüglich der Hinterlegung von Einlagen in Geld sowie des Vorratskapitals ergänzt. Auch werden Kompetenzänderungen im Bereich der Beschwerde bei Verfügungen in Übernahmesachen in Zusammenhang mit der FINMA und im Bereich der Staatshaftung bei Verfügungen der FINMA sowie der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde in Geschäften mit grosser Tragweite vorgesehen.

5 / 92

BBl 2023 2165

Inhaltsverzeichnis Übersicht 1

2

Ausgangslage und Struktur 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

8 10 13

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren 2.1 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 2.2 Wesentliche materielle Anpassungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

16 16

3

Rechtsvergleich 3.1 Internationale Standards 3.2 Vereinigtes Königreich 3.3 USA 3.4 EU-Bankenunion 3.5 Japan 3.6 Kanada

21 21 22 23 25 26 27

4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.1.1 Einführung eines PLB: Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB mit Ausfallgarantie des Bundes 4.1.2 Bestimmungen über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen, die gestützt auf die Verordnung des Bundesrates vom 16.

März 2023 gewährt wurden 4.1.3 Weitere Themenbereiche 4.2 Umsetzungsfragen

27 27

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 5.1 Bankengesetz 5.2 Bundesgerichtsgesetz 5.3 Obligationenrecht 5.4 Revisionsaufsichtsgesetz 5.5 Finanzinstitutsgesetz 5.6 Finanzmarktaufsichtsgesetz 5.7 Finanzmarktinfrastrukturgesetz

35 35 63 64 65 66 66 66

6

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf die systemrelevanten Banken 6.2 Auswirkungen auf die nicht systemrelevanten Banken

68 68 70

6 / 92

16

19

27 32 33 34

BBl 2023 2165

6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 7

Auswirkungen auf Bankkunden und Bankgläubiger Auswirkungen auf die SNB Auswirkungen auf den Bund Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete Auswirkungen auf die Volkswirtschaft Auswirkungen der Änderungen des Gesellschaftsrechts

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.2.1 Staatsvertragliche Verpflichtungen gegenüber der EU 7.2.2 Verhältnis zum WTO-Recht und zu Freihandelsabkommen ausserhalb von Europa 7.2.3 Kompatibilität mit internationalen Praktiken 7.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.4 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 7.4.1 Bedeutung der Subvention für die vom Bund angestrebten Ziele 7.4.2 Materielle und finanzielle Steuerung der Subvention 7.4.3 Verfahren der Subventionsgewährung 7.4.4 Art und zeitlicher Rahmen der Finanzhilfen 7.5 Erlassform 7.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 7.7 Datenschutz und Öffentlichkeitsprinzip

Übersichtstabelle über die in der Botschaft verwendeten Daten Bundesgesetz über Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) (Entwurf)

71 72 73 75 76 78 78 78 82 82 83 83 83 84 84 84 85 85 85 86 86 88

BBl 2023 2166

7 / 92

BBl 2023 2165

Botschaft 1

Ausgangslage und Struktur

Am 11. März 2022 hat der Bundesrat Eckwerte zur Einführung einer staatlichen Liquiditätssicherung für SIBs (Public Liquidity Backstop, PLB) beschlossen und das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, bis Mitte 2023 eine Vernehmlassungsvorlage zu erarbeiten. Gestützt auf die Artikel 184 Absatz 3 und 185 Absatz 3 der Bundesverfassung1 (BV) hat der Bundesrat am 16. März 2023 das Instrument des PLB mit der Verordnung über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen und die Gewährung von Ausfallgarantien des Bundes für Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank an systemrelevante Banken2 (im Folgenden: Verordnung vom 16. März 2023) eingeführt und unmittelbar in Kraft gesetzt, zusammen mit weiteren Instrumenten und Massnahmen wie den zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank (SNB), der sogenannten ELA+.

Nachdem sämtliche gestützt auf die Verordnung vom 16. März 2023 gewährten Liquiditätshilfe-Darlehen vollständig zurückbezahlt wurden, wurden per 11. August 2023 sowohl der Vertrag zwischen der Credit Suisse und der SNB über die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes als auch der Vertrag zwischen der UBS und dem Bund über die Verlustübernahmegarantie beendet. Da jedoch im Zeitpunkt der Verabschiedung der Botschaft der Vertrag über die zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB mit der Credit Suisse weiterhin Gültigkeit hat und im vorliegenden Entwurf die Rechtsgrundlagen für die zusätzlichen LiquiditätshilfeDarlehen der SNB der Bundesversammlung unterbreitet werden, wird grundsätzlich nach wie vor die Möglichkeit des erneuten Bezugs solcher Darlehen bestehen.

Zeitgleich mit der Unterbreitung der vorliegenden Botschaft wird zudem die Geltungsdauer der Verordnung vom 16. März 2023 bis am 16. März 2027 verlängert (vgl.

Kap. 7.5). Aufgrund der veränderten Ausgangslage werden dabei lediglich die zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Botschaft weiterhin notwendigen Bestimmungen verlängert. Dies betrifft konkret die Bestimmungen bezüglich den zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB. Die übrigen Bestimmungen wie beispielsweise jene zur Verlustübernahmegarantie werden aufgehoben.

Der Bundesrat hat zudem am 29. März 2023 die Aufarbeitung der Ereignisse rund um die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS beschlossen.3 Das EFD wird
­ unter Einbezug externer Gutachten ­ einerseits die Umstände gründlich analysieren, welche die Mitte März 2023 ergriffenen Massnahmen nötig machten, und andererseits auch die «Too big to fail (TBTF)»-Regulierung umfassend evaluieren. Dazu gehört nebst diversen Fragen, die das Parlament dem Bundesrat mittels Postulaten zur Prüfung überwiesen hat, auch die Frage bezüglich einer zeitlich beschränkten Übernahme der 1 2 3

SR 101 SR 952.3 Vgl. Medienmitteilung des Bundesrates vom 29. März 2023 «Bundesrat verabschiedet Sonderbotschaft zu Verpflichtungskrediten für die Schweizerische Nationalbank und die UBS», abrufbar unter: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/ medienmitteilungen.msg-id-94030.html.

8 / 92

BBl 2023 2165

Bank oder Teilen davon durch den Staat (vorübergehende Verstaatlichung, Temporary Public Ownership). Die Ergebnisse sollen dem Parlament im Rahmen des nächsten Berichts des Bundesrats zu den systemrelevanten Banken gemäss Artikel 52 des Bankengesetzes vom 8. November 19344 (BankG) unterbreitet werden. Dieser Bericht wird auch eine Beurteilung enthalten, inwiefern die Bestimmungen dieser Vorlage in die künftige Regulierung einfliessen sollen. Eine erste Abschätzung allfälliger Folgen von möglichen Regulierungsvorhaben soll im Bericht ebenfalls vorgenommen werden.

Die vorliegende Botschaft umfasst, nebst weiteren Themen (vgl. Kap. 4.1.3), zwei Teilbereiche, die in separaten Abschnitten des BankG geregelt werden.

Elfter a. Abschnitt Mit dieser Vorlage soll das Konzept des PLB, dessen Umsetzung vom Bundesrat im März 2022 in Auftrag gegeben wurde, der Bundesversammlung unterbreitet werden (vgl. Kap. 4.1.1). Diese Regelungen sollen im elften a. Abschnitt des BankG aufgenommen werden.

Vierzehnter a. Abschnitt Mitte März 2023 erlitt die Credit Suisse einen derartigen Vertrauensverlust, dass sie ohne einschneidende Massnahmen ihre Geschäftstätigkeit nicht mehr hätte fortführen können. Dies führte zu einer Übernahme der Credit Suisse durch die UBS, die durch eine staatliche Liquiditätssicherung unterstützt werden musste. Die Verordnung des Bundesrates vom 16. März 2023 tritt sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten ausser Kraft, sofern der Bundesrat nicht innert Frist der Bundesversammlung eine Botschaft zu einem Entwurf einer gesetzlichen Grundlage für den Inhalt der Verordnung unterbreitet. Für diejenigen Bestimmungen, die namentlich nach den per 11. August 2023 vorgenommenen Beendigungen des Vertrags mit dem Bund über die Verlustübernahmegarantie sowie des Vertrags mit der SNB über die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes weiterhin erforderlich sind, kommt der Bundesrat mit dem vorliegenden Entwurf nach (vgl. Kap. 4.1.2). Diese Verordnungsbestimmungen sollen in einem separaten Abschnitt 14a. unterbreitet werden. Dadurch sollen die rechtlichen Grundlagen für den zwischen der SNB und der Credit Suisse abgeschlossenen Vertrag über die Gewährung zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen fortgeführt werden. Somit enthält die vorliegend vorgeschlagene Änderung des BankG auch Bestimmungen der
genannten Verordnung vom 16. März 2023, die über die Einführung des PLB-Konzepts, welche neu im Abschnitt 11a. geregelt werden, hinausgehen. Hervorzuheben ist, dass die Geltungsdauer dieser Bestimmungen mit Ausnahme des Konkursprivilegs der Forderungen der SNB bis am 31. Dezember 2027 beschränkt ist.

Diese befristete Geltungsdauer wird zwecks besserer Lesbarkeit der Botschaft nachfolgend nicht mehr durchgehend erwähnt. Letztlich soll der Bundesrat den gesetzlichen Auftrag erhalten, die ins Gesetz überführten Verordnungsbestimmungen spätestens innert fünf Jahren seit deren Inkrafttreten zu evaluieren. Er erstattet der Bundesversammlung darüber Bericht und zeigt dabei allfälligen Aufhebungs- oder Anpassungsbedarf auf Gesetzesstufe auf.

4

SR 952.0

9 / 92

BBl 2023 2165

Die Beschlüsse des Bundesrates vom 16. März 2023 und vom 19. März 2023, der Beschluss der parlamentarischen Finanzdelegation vom 19. März 2023 sowie weitere verfügte Massnahmen bleiben durch die Vorlage unberührt.

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Banken, die systemrelevant oder Teil einer systemrelevanten Finanzgruppe sind (Systemically Important Banks, SIBs), nehmen unter anderem die im BankG statuierten systemrelevanten Funktionen wahr ­ namentlich im Bereich des inländischen Einlagen- und Kreditgeschäfts sowie des Zahlungsverkehrs. Aufgrund des unverzichtbaren und nicht kurzfristig substituierbaren Charakters dieser Funktionen ist deren Aufrechterhaltung auch im Krisenfall für die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem von zentraler Bedeutung (vgl. Art. 7 Abs. 1 BankG). Aufgrund der Grösse, Marktbedeutung und Vernetzung der SIBs kann eine Notlage oder ein Konkurs einer SIB erhebliche Verwerfungen im Finanzsystem verursachen. Der Konkurs einer SIB hätte zudem über den Interbankenmarkt weitreichende Folgen für das gesamte Schweizer Bankensystem und könnte ­ insbesondere im Fall einer international tätigen SIB5 ­ auch das internationale Finanzsystem erheblich treffen. Des Weiteren wäre eine grosse Anzahl von Bankkunden (z. B. Haushalte und Unternehmen) infolge der Blockierung ihrer Konten und der Unterbrechung ihrer Kreditbeziehungen nicht mehr in der Lage, laufende Ausgaben und Investitionen zu tätigen. Der Verlust der systemrelevanten Funktionen würde die Liquiditätsversorgung und das Zahlungssystem der Schweiz gefährden und destabilisieren. Die Volkswirtschaft würde dadurch erheblich geschädigt. Insbesondere bei einer international tätigen SIB kommt hinzu, dass dies das Vertrauen internationaler Kunden und Investoren in den Schweizer Finanzplatz insgesamt erschüttern und damit den globalen Vermögensverwaltungsstandort Schweiz erheblich und langfristig schwächen würde. Dies hätte weitere erhebliche und lang andauernde negative Folgen für Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Steuereinnahmen in der Schweiz.

Wie die globale Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007 bis 2009 vor Augen geführt hat, sind SIBs zu gross und zu vernetzt als dass man sie scheitern liesse («Too Big To Fail»). Um die Krisenfestigkeit von SIBs zu stärken und das Risiko volkswirtschaftlicher Verwerfungen zu reduzieren, hat auch die Schweiz die internationalen Standards mit erhöhten Kapital- und Liquiditätsanforderungen sowie verbesserter Sanierund Liquidierbarkeit (TBTF-Regulierung) in ihrer Gesetzgebung verankert. Trotz der mehrmals erhöhten Anforderungen
können sich Situationen ergeben, in denen die eigenen liquiden Mittel der Bank und jene aus der ausserordentlichen Liquiditätshilfe (Emergency Liquidity Assistance, ELA6) der SNB nicht ausreichen, um die Stabilität 5

6

Gemäss Art. 124a der Eigenmittelverordnung vom 1. Juni 2012 (ERV, SR 952.03) gelten die beiden vom Financial Stability Board (FSB) als «Global Systemically Important Banks» bezeichneten Grossbanken UBS und Credit Suisse als international tätige SIBs.

Die ELA stützt sich auf Art. 5 Abs. 2 Bst. e i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Bst. e des Nationalbankgesetzes vom 3. Oktober 2003 (NBG, SR 951.11). Eine Konkretisierung der ELA findet sich in Ziff. 6 der «Richtlinien der Schweizerischen Nationalbank über das geldpolitische Instrumentarium», abrufbar unter: https://www.snb.ch/de/mmr/reference/snb_legal_geldpol_instr/source/snb_legal_geldpol_instr.de.pdf.

10 / 92

BBl 2023 2165

der betroffenen SIB zu gewährleisten (z. B. infolge eines anhaltenden Vertrauensverlustes der Marktteilnehmer) beziehungsweise um eine Sanierung oder Konkursliquidation mit Weiterführung der systemrelevanten Funktionen zu ermöglichen.

Der Bundesrat hatte am 11. März 2022 beschlossen, eine staatliche Liquiditätssicherung für SIBs (Public Liquidity Backstop, PLB) einzuführen, um das bisherige Schweizer TBTF-Dispositiv im Einklang mit internationaler Best Practice (vgl.

Kap. 3) um ein zentrales Element zu ergänzen.

Die Vorlage wurde in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Finanzmarktaufischt (FINMA) und der SNB erstellt.

Am 16. März 2023 hat der Bundesrat gestützt auf die Artikel 184 Absatz 3 und 185 Absatz 3 BV7 die Verordnung über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen und die Gewährung von Ausfallgarantien des Bundes für Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank an systemrelevante Banken8 in Kraft gesetzt. Der Bundesrat hat damit das Konzept des PLB unmittelbar gestützt auf die Bundesverfassung aufgrund des massiven Vertrauensverlustes in die Credit Suisse eingeführt, der zu einer Übernahme durch die UBS führte und eine staatliche Unterstützung ­ u.a. zur Gewährleistung der Liquidität ­ erforderte. Die Verordnung tritt sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten ausser Kraft, sofern der Bundesrat nicht innert Frist der Bundesversammlung einen Entwurf einer gesetzlichen Grundlage für den Inhalt der Verordnung unterbreitet (Art. 7d Abs. 2 Bst. a Ziff. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19979, RVOG). Für diejenigen Bestimmungen, die namentlich nach der Beendigung des Vertrags mit dem Bund über die Verlustübernahmegarantie sowie des Vertrags mit der SNB über die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes weiterhin erforderlich sind, legt der Bundesrat eine solche Botschaft hiermit vor.

Die vorliegende Änderung des BankG enthält Bestimmungen im Zusammenhang mit den zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB, welche über die Einführung des PLB-Konzepts gemäss Eckwerten des Bundesrates vom 11. März 2022 hinausgehen.

Diese Bestimmungen sollen in den vierzehnten a. Abschnitt des BankG aufgenommen werden. Dadurch sollen die rechtlichen Grundlagen für den zwischen der SNB und der Credit Suisse abgeschlossenen Vertrag über die Gewährung
zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen fortgeführt werden. Die Beschlüsse des Bundesrates vom 16. März 2023 und vom 19. März 2023, der Beschluss der parlamentarischen Finanzdelegation vom 19. März 2023 sowie weitere Entscheide und Massnahmen bleiben durch die Vorlage unberührt. Zudem soll die Geltungsdauer für die Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen bis am 31. Dezember 2027 beschränkt werden.

Die Möglichkeit zur Gewährung zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB wurde im März 2023 als notwendiges und besonders rasch umsetzbares Sicherheitsnetz aufgrund der ausserordentlich hohen Liquiditätsabzüge bei der Credit Suisse eingeführt und war für die Vermeidung eines erheblichen Schadens für die Schweizer Volkswirtschaft entscheidend (Überbrückung der kritischen Phase bis zur Gewährung eines PLB-Darlehens). Des Weiteren soll der Bundesrat die Bestimmungen im vier7 8 9

SR 101 SR 952.3 SR 172.010

11 / 92

BBl 2023 2165

zehnten a. Abschnitt spätestens fünf Jahre nach deren Inkrafttreten evaluieren. Er erstattet der Bundesversammlung darüber Bericht und zeigt dabei allfälligen Aufhebungs- oder Anpassungsbedarf auf Gesetzesstufe auf.

Der Bundesrat verlängert zeitgleich mit der Verabschiedung der Botschaft zur vorliegenden Gesetzesvorlage und deren Unterbreitung an die Bundesversammlung die Geltungsdauer der Verordnung vom 16. März 2023. Das Vorgehen hat sich bei der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung bewährt (vgl. Kap. 7.5 sowie Art. 7c und Art. 7d RVOG).10 Die Verlängerung wird lediglich für diejenigen Bestimmungen beschlossen, die namentlich nach der Beendigung des Vertrags mit dem Bund über die Verlustübernahmegarantie sowie des Vertrags mit der SNB über die LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie des Bundes weiterhin erforderlich sind. Somit können die weiterhin notwendigen Bestimmungen in der Verordnung vom 16. März 2023 bis zum Ende des parlamentarischen Prozesses fortgeführt werden.11 Hingegen werden diejenigen Bestimmungen der erwähnten Verordnung aufgehoben, deren neuerliche Anwendung weder absehbar noch notwendig ist. Im Zeitpunkt der Verabschiedung der vorliegenden Botschaft scheint eine Verlängerung der Geltungsdauer für die genannten Regelungsgegenstände bis am 16. März 2027 angebracht.

Sollte die Bundesversammlung die vorliegende Teilrevision des BankG und gleichzeitig die Überführung der weiterhin notwendigen Bestimmungen der Verordnung vom 16. März 2023 in ein Gesetz ablehnen, hätte dies zwei hauptsächliche Folgen.

Einerseits würde die Bundesversammlung damit generell und für alle SIBs auf die Einführung eines PLB ins ordentliche Recht und damit auf ein entsprechendes Instrument zur Ergänzung des TBTF-Dispositivs und zur Prävention oder Bewältigung künftiger Krisen verzichten. Dies wäre in der längeren Frist die wesentlichste Auswirkung. Andererseits würde die Verordnung vom 16. März 2023 ausser Kraft treten (vgl. Art. 7c Abs. 4 Bst. a und 7d Abs. 2 Bst. b RVOG).

Die Folgen einer Ablehnung der Vorlage auf den laufenden Vertrag zwischen der Credit Suisse und der SNB über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen sind nicht abschliessend bestimmbar.

Ein Teil der Verordnungsregelungen ist zum Bestandteil des Vertrages zwischen der SNB und der Credit Suisse über zusätzliche Liquiditätsdarlehen
geworden, der im Zeitpunkt der Verabschiedung der Botschaft noch Gültigkeit hat. Dies gilt zum Beispiel für die Regelungen betreffend die Zinsen und Kosten für Leistungen Dritter (Art. 8 der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 202312).

Solche Verordnungsregelungen, die Vertragsinhalt bilden, gelten zwischen den Vertragsparteien weiter, auch wenn die Verordnung, die die Grundlage für den Abschluss der Verträge gebildet hat, ausser Kraft treten sollte.

Schwieriger zu beurteilen wären die Folgen der Aufhebung von Regelungen der Verordnung vom 16. März 2023, die nicht nur zwischen den Vertragsparteien oder die über die Vertragsdauer hinaus gelten sollen. Beispiele dafür sind das Konkursprivileg (Art. 3 Abs. 1 der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 10 11 12

AS 2020 3799; vgl. auch Botschaft vom 18. September 2020 zum Bundesgesetz über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus, BBl 2020 8477, Kap. 4.4.

Vgl. Giovanni Biaggini, OFK-BV Art. 185 Rz. 10b.

AS 2023 136

12 / 92

BBl 2023 2165

2023), die Pflichten der Darlehensnehmerin als Folge von Liquiditätshilfe-Darlehen (Art. 9 der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 2023) und die Strafbestimmung (Art. 14 der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 2023). Sie müssen auch nach dem Ausserkrafttreten der Verordnung vom 16. März 2023 weitergelten. Ob dies auch im Fall einer Ablehnung der vorliegenden Gesetzesvorlage zutreffen würde, müssten im Streitfall letztlich die Gerichte entscheiden. Würden Gerichte etwa die Weitergeltung des Konkursprivilegs verneinen, so stellte sich insbesondere die weitere Frage, ob die SNB für die zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen einen Schaden aus dem Wegfall des Konkursprivilegs gegenüber dem Bund einklagen könnte.

Im Rahmen der vom Bundesrat am 29. März 2023 beschlossenen Aufarbeitung der Ereignisse rund um die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sollen das bestehende TBTF-Dispositiv inkl. der vorliegenden Bestimmungen zum PLB zudem beurteilt und die Ergebnisse der Bundesversammlung im Rahmen des nächsten Berichts des Bundesrats zu den systemrelevanten Banken gemäss Artikel 52 BankG unterbreitet werden. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat die Frage prüfen wird, ob die Bundesversammlung bei dringlichen Finanzbeschlüssen gemäss heutiger Rechtslage angemessen einbezogen ist oder ob Anpassungen notwendig und möglich sind, ohne dass die verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Bundes und damit die staatliche Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten beschnitten werden wird.13

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Zusätzlich zur gewählten Lösung prüften die Behörden (EFD, FINMA und SNB) im Rahmen der Konkretisierung der vom Bundesrat beschlossenen PLB-Eckwerte vom 11. März 2022 zwei Konzeptalternativen: einerseits eine von der SNB gewährte Liquiditätshilfe ohne Konkursprivileg und ohne Ausfallgarantie des Bundes sowie andererseits der Verzicht auf eine gesetzliche Regelung einer Liquiditätshilfe des Staates. Die Behörden haben beide Alternativen aus den nachfolgend dargelegten Gründen nicht weiterverfolgt.

Alternative 1 (Liquiditätshilfe ohne Konkursprivileg und ohne Ausfallgarantie des Bundes): Bei einer von der SNB gewährten Liquiditätshilfe ohne Konkursprivileg und ohne Ausfallgarantie des Bundes würde die SNB bei erfüllten Voraussetzungen der betroffenen Bank ein ungesichertes Darlehen gewähren. Formell müsste dafür das Nationalbankgesetz vom 3. Oktober 200314 (NBG) derart angepasst werden, dass die SNB einer SIB zusätzliche Liquidität ohne Sicherheiten zur Verfügung stellen könnte.

Es entspricht grundsätzlich der internationalen Praxis, dass die Rolle des Kreditgebers in letzter Instanz (Lender of Last Resort) der Zentralbanken auf dem Konzept der 13

14

Vgl. Postulat RK-N 23.3438 zur Anwendung von Notrecht, abrufbar unter: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20233438, und Medienmitteilung des Bundesrates vom 19. April 2023 «Bundesrat hat sich zum Ergebnis der ausserordentlichen Session ausgetauscht», abrufbar unter: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-94415.

html.

SR 951.11

13 / 92

BBl 2023 2165

Liquiditätsversorgung gegen Sicherheiten basiert. Das Ausmass der hinreichenden Besicherung kann aber situationsbezogen anders beurteilt werden. Vor diesem Hintergrund wurde die gewählte Lösung aufgrund der Ereignisse rund um den Vertrauensverlust in die Credit Suisse ­ zeitlich befristet bis Ende 2027 ­ mit den unbesicherten, aber betragsmässig begrenzten zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB ergänzt. Das Verlustpotenzial für die SNB aus diesen Darlehen wird mit der vorgegebenen Obergrenze sowie dem Konkursprivileg, das im weiteren Sinne ebenfalls dem Aspekt einer «Sicherheit» Rechnung trägt, erheblich reduziert. Bei den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie können Verluste der SNB mit der Bundesgarantie gänzlich vermieden werden. Die Rolle der SNB als Kreditgeberin in letzter Instanz soll im Rahmen der vom Bundesrat am 29. März 2023 beschlossenen Aufarbeitung der Ereignisse rund um die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS einer Beurteilung unterzogen werden.

Alternative 2 (Verzicht auf eine gesetzliche Regelung einer Liquiditätshilfe des Staates): Die andere geprüfte Konzeptalternative entspricht dem Status Quo, in dem keine staatliche Liquiditätshilfe gesetzlich verankert ist und der Bundesrat weiterhin unmittelbar gestützt auf die Verfassung handeln müsste. Ein Verzicht auf eine gesetzliche Regelung kann keine präventive Wirkung gegen einen Vertrauensverlust entfalten und nicht zur Beruhigung der verschiedenen Anspruchsgruppen (Märkte, Kunden, ausländische Behörden) beitragen. Da das Marktvertrauen in diesem Fall, wenn überhaupt, erst nach eingetretener Krise zurückgewonnen werden könnte, wäre die Wirksamkeit des Instruments tiefer und das finanzielle Risiko für den Staat höher als unter der gewählten Lösung einzustufen. Der Verzicht auf eine explizite Einführung eines PLB würde zudem den Anforderungen der Standards des Financial Stability Board (FSB) nicht gerecht und würde das Risiko erhöhen, dass ausländische Behörden mangels Vertrauen höhere Anforderungen an die ausländischen Tochtergesellschaften der international tätigen Schweizer SIBs stellen würden (Ring Fencing).

Die gewählte Lösung setzt ­ gestützt auf die internationale Praxis ­ auf ein glaubwürdiges Konzept, wonach in einem Krisenfall ­ falls die Voraussetzungen erfüllt sind ­ die Liquiditätsversorgung einer
SIB für eine Sanierung oder Konkursliquidation mit Weiterführung der systemrelevanten Funktionen gewährleistet ist. In Einklang mit Konzepten von bedeutenden ausländischen Jurisdiktionen gewährt die SNB, nachdem die ausserordentlichen und ­ zeitlich befristet bis Ende 2027 ­ die zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen ausgeschöpft sind, eine mit Ausfallgarantie des Bundes gesicherte Liquiditätshilfe. Durch die explizite Verankerung in einem Gesetz werden zudem die Voraussetzungen geschaffen, wonach eine präventive vertrauensbildende Wirkung durch die Märkte entfaltet werden kann. Bisherige oder neue Marktteilnehmer sollen somit auch im Krisenfall bereit sein, mit der SIB Geschäftsbeziehungen aufrechtzuerhalten bzw. einzugehen. Die SIB kann damit die privaten Finanzierungsquellen auch in einem Krisenfall sicherstellen, womit eine staatliche Liquiditätshilfe möglicherweise nicht notwendig wird. Falls die staatliche Unterstützung trotzdem nötig sein sollte, sieht die gewählte Lösung im Voraus aufgesetzte Prozesse vor, die eine rasche Gewährung der Liquiditätshilfe und, für den Fall des Konkurses der betroffenen SIB, eine Beschränkung des Verlustpotenzials für die Forderungen der SNB mittels Konkursprivileg gewährleisten.

14 / 92

BBl 2023 2165

Zur Entschädigung des Risikos, dass der Bund der SNB eine allfällige Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen an eine SIB bereitstellen und damit ein potenzielles Verlustrisiko eingehen könnte, ist als Abgeltung eine von den SIBs zu entrichtende Pauschale zuhanden des allgemeinen Bundeshaushalts vorgesehen. Diese ist jährlich geschuldet, unabhängig davon, ob ein Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes gewährt wird (Ex-ante-Pauschale). Vor dem Hintergrund, dass die Existenz eines PLB bereits präventiv wirkt und für die SIBs dauernd einen entsprechenden Wert hat, scheint dies gerechtfertigt. So können den SIBs tiefere Refinanzierungskosten anfallen und das Vertrauen ihrer Kunden und Investoren wird gestärkt. Vor diesem Hintergrund soll die Ex-ante-Pauschale auch zur Minderung von Wettbewerbsverzerrungen gegenüber nicht systemrelevanten Banken beitragen.

Als weitere mögliche Massnahme zur Schadloshaltung des Bundes wurde das Abstützen auf das bestehende System der Einlagensicherung erwogen. Dieser Ansatz wurde verworfen: Einem Einsatz der Einlagensicherung im Rahmen des PLB wären enge Grenzen gesetzt, da die Beitragsverpflichtungen der Banken massiv erhöht werden müssten. Inzwischen hat das Parlament das Postulat 23.3443 überwiesen, das eine Prüfung von «möglichen Anpassungen der Einlagensicherung und deren Einflüsse» verlangt; diese Prüfung soll im Rahmen der Arbeiten zum Bericht des Bundesrats zu den systemrelevanten Banken erfolgen (vgl. auch Kap. 1).

Auch die Ex-Post-Schadenstragung durch die übrigen SIBs wurde als weitere Massnahme zur Schadloshaltung des Bundes geprüft. Für den Fall, dass über die betroffene SIB der Konkurs eröffnet wird, sieht die Vorlage zur Risikoreduktion des Bundes insbesondere die Einführung eines Konkursprivilegs für die Forderungen der SNB aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie (inkl. aufgelaufener Zinsen und Prämien) vor. Allfällige nach Abschluss des Konkursverfahrens für den Bund verbleibende Verluste könnten durch eine Kostenbeteiligung der übrigen SIBs abgegolten werden.15 Diese Massnahme wurde verworfen, weil einerseits die Kosten nicht von der schadenverursachenden Bank beglichen würden und damit das Verursacherprinzip verletzt würde und weil andererseits eine solche Lösung dem grundsätzlichen Wettbewerbsvorteil nicht Rechnung
tragen würde, der mit der Möglichkeit des Bezugs von Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB mit Ausfallgarantie entsteht. Hingegen soll die Ex-ante-Pauschale (vgl. oben) insbesondere zusammen mit dem Konkursprivileg (vgl. Kap. 4.1) sowie der vorausgesetzten Solvenz des Instituts eine massgebliche Reduktion der Risiken des Bundes selbst in einem Extremszenario ermöglichen.

Zudem wird Fehlanreizen bei Banken durch die Notwendigkeit der Bezahlung von Bereitstellungs- und Risikoprämien sowie Zinsen und weiteren Auflagen entgegengewirkt.

Grundsätzlich könnte die Einführung eines PLB mit einer weiteren Erhöhung der Liquiditätsanforderungen für SIBs kombiniert werden. Diese Alternative wurde aber verworfen, weil mit der Revision der Liquiditätsverordnung vom 30. November 201216 (LiqV), die auf den 1. Juli 2022 in Kraft getreten ist, die quantitativen Anforderungen an SIBs bereits revidiert und verschärft wurden. Demnach müssen Schwei15

16

Die Massnahme der Ex-Post-Abgeltung ist international weit verbreitet. Im Gegensatz zur Schweiz verteilt sich im Ausland die potenziell mögliche Abgeltung in der Regel jedoch auf eine höhere Anzahl an Banken.

SR 952.06

15 / 92

BBl 2023 2165

zer SIBs Grundanforderungen und risikobasierte, institutsspezifische Zusatzanforderungen per Ende 2023 erfüllen. Im internationalen Vergleich handelt es sich hierbei um strenge Anforderungen. So kennt keine der führenden internationalen Jurisdiktionen wie USA, EU und Vereinigtes Königreich regulatorisch vorgegebene Grundanforderungen, wie dies mit der revidierten LiqV in der Schweiz der Fall ist. Mit den jüngst revidierten Liquiditätsanforderungen wird in Zukunft also die Wahrscheinlichkeit, dass der Einsatz eines PLB erforderlich wird, grundsätzlich reduziert.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202017 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202018 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

Die Änderung des BankG ist dennoch angezeigt, da mit der Vorlage die Stabilität der SIBs und somit der Schweizer Volkswirtschaft und des schweizerischen Finanzsystems gestärkt wird. Die Vorlage fügt sich in die in der Finanzmarktpolitik des Bundesrates vom Dezember 202019 vorgesehenen Handlungsfelder ein20. Auch hatte der Bundesrat bereits am 11. März 2022 Eckwerte zur Einführung eines PLB beschlossen und das EFD beauftragt, bis Mitte 2023 eine Vernehmlassungsvorlage zu erarbeiten.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

2.1

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vorlage bildete vom 25. Mai 2023 bis am 21. Juni 2023 Gegenstand eines mit Blick auf Artikel 7c und 7d RVOG verkürzten Vernehmlassungsverfahrens. Es gingen 62 Rückmeldungen (58 Stellungnahmen und 4 Verzichtsmeldungen) ein. Während die Vorlage von der Mehrheit der Teilnehmenden insgesamt begrüsst wurde, wurde als Hauptkritikpunkt der in der Vernehmlassungsvorlage nicht vorgesehene Abgeltungsmechanismus vorgebracht. Zahlreiche Teilnehmende (darunter zehn Kantone und drei politische Parteien) forderten, die Einführung eines Mechanismus zur Entschädigung des Risikos, dass der Bund der SNB eine allfällige Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen an eine SIB bereitstellen könnte, erneut zu prüfen.

Die materiell wesentlichen Kritikpunkte waren: ­

17 18 19

20

Abgeltungsmechanismus und Wettbewerbsverzerrungen: Mit dem fehlenden Abgeltungsmechanismus verknüpft, wurde oft geltend gemacht, dass die geBBl 2020 1777 BBl 2020 8385 Bericht des Bundesrats vom 4. Dezember 2020 «Weltweit führend, verankert in der Schweiz ­ Politik für einen zukunftsfähigen Finanzmarkt Schweiz», abrufbar unter: www.sif.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Finanzmarktpolitik > Bericht.

Insb. «7. Resilienz sichern» > «Krisenfestigkeit».

16 / 92

BBl 2023 2165

setzliche Verankerung eines PLB zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen systemrelevanten und nicht systemrelevanten Banken führen würde, denen auch mit Bereitstellungs- und Risikoprämien sowie Zinsen nicht begegnet werden könnte.

­

Überführung der Verordnung vom 16. März 2023 in ordentliches Recht: Die Überführung wurde von mehreren Teilnehmenden als unnötig beurteilt. Dies insbesondere deshalb, weil aufgrund des gemäss Bundesrat weiterhin geltenden Vertragsinhalts zwischen den Vertragsparteien eine Ablehnung der Überführung keine konkreten Auswirkungen habe. Zudem sei die Dringlichkeit der Überführung nicht mehr gegeben. Auch die Regelung betreffend zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB wurde kritisiert. Für dieses Instrument bestünden keine Sicherheiten im eigentlichen Sinne und es existiere das Risiko einer Schmälerung der SNB-Ausschüttungsreserve für Bund und Kantone.

Das Instrument entspreche einem ordnungspolitischen Sündenfall, sei international einmalig sowie mit Fehlanreizen gegenüber den Banken verbunden und würde die geldpolitische Handlungsfähigkeit sowie die Unabhängigkeit der SNB gefährden. Auch die Garantie zur Verlustabsicherung wurde von mehreren Teilnehmenden kritisiert. Angesichts der Möglichkeit, dass es sich bei einer nächsten Krise um andere Grössenordnungen handeln könnte, wurde gesetzestechnisch insbesondere die Erwähnung von fixen Garantiebeträgen im Gesetz bemängelt.

­

Sanierungsvoraussetzung: Dass die PLB-Gewährung an die Voraussetzung geknüpft wurde, wonach eine Sanierung eingeleitet sein oder bevorstehen müsse, wurde grundsätzlich begrüsst. Allerdings bestehe ­ insbesondere aufgrund der Erfahrungen aus dem Vorfall mit der Credit Suisse ­ die Forderung nach mehr Flexibilität für eine «der Sanierung gleichwertige Variante» bzw.

nach einer Möglichkeit zur Abweichung vom Grundsatz der Sanierung in begründeten Fällen.

­

Solvenzvoraussetzung: Es wurde vorgebracht, dass die Solvenzvoraussetzung inhaltlich wenig konkret sei und zwecks erhöhter Rechts- und Planungssicherheit sowie im Hinblick auf die Umsetzbarkeit der Notfallplanung einer SIB präzisiert werden solle.

­

Konkursprivileg: Bezüglich der Ausgestaltung des Konkursprivilegs wurde die vom Bundesrat angekündigte Prüfung der Einreihung der Freizügigkeitsund Säule-3a-Gelder in der Gläubigerhierarchie begrüsst. Das Konkursprivileg gemäss Vernehmlassungsvorlage, wonach Forderungen aus Freizügigkeits- und Säule-3a-Konti, die 100 000 Franken überschreiten, in der dritten Gläubigerklasse eingereiht und im Konkursfall nachrangig zu den Forderungen der SNB bedient würden, solle entsprechend angepasst werden.

­

Pflichten der Darlehensnehmerin als Folge von gewährten LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie: Es wurde begrüsst, dass zur Vermeidung von Verzugsfällen ­ z. B. bei Anleihen ­ ordentliche Zins- und Amortisationszahlungspflichten von den Verboten ausgenommen wurden. Allerdings seien auch ordentliche Rückzahlungen bei Fälligkeit von den Verboten auszunehmen.

17 / 92

BBl 2023 2165

21 22 23 24 25

­

Zusammenarbeit des EFD, der FINMA und der SNB zur Abwendung und Bewältigung des Ausfalls einer SIB sowie Informationsaustausch: Es wurde in Frage gestellt, inwieweit diese Bestimmungen überhaupt notwendig sind. Die Anwendungsbereiche dieser Bestimmungen seien gegenüber den geltenden Artikeln 50 NBG und 39 des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 200721 (FINMAG) nicht klar genug abgegrenzt, weshalb Widersprüche, Rechtsunsicherheiten oder Doppelspurigkeiten mit dem geltenden Recht entstehen könnten.

­

Datenbearbeitung und Öffentlichkeitsgesetz: Mehrere Teilnehmende haben den Verzicht auf den Ausschluss des Zugangs nach dem Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 200422 (BGÖ) kritisiert und beantragen, den Vorbehalt von Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung vom 16. März 2023 wieder aufzunehmen. Der Informationsaustausch nach den Artikeln 32k und 51h VE-BankG würde nämlich Informationen enthalten, die durch das Datenschutzgesetz vom 25. September 202023 (DSG) und das Bankkundengeheimnis zwar geschützt seien, dieser gesetzlich vorgesehene Schutz werde faktisch aber durch die Behördenpraxis zum BGÖ unterlaufen.

­

Vergütungsmassnahmen: Diese wurden von zahlreichen Teilnehmenden grundsätzlich begrüsst. Es wurde aber darauf hingewiesen, dass diese so ausgestaltet sein müssten, dass sie in der Praxis rechtlich umsetzbar seien, beispielsweise in Bezug auf die Rückforderung von ausgerichteten Vergütungen.

Zudem sei für eine zielgerichtete und sachgerechte Umsetzung in der Vorlage genauer zu bestimmen, welche Personen bzw. Funktionen im jeweiligen Bankinstitut von den Vergütungsmassnahmen betroffen seien, und es sei eine angemessene Übergangsfrist für die Integration der Vorbehalte in Verträgen, Reglementen und Weisungen vorzusehen.

­

Risikoreduktionspflicht der Behörden: Es wurde die Meinung geäussert, dass im Sinne der Rechtssicherheit auf diese Bestimmung verzichtet werden solle.

Es sei nicht nachvollziehbar, wie die berechtigten finanziellen Interessen des Bundes einerseits und andere, von den Behörden von Gesetzes wegen zu berücksichtigende öffentliche Interessen wie die Finanzstabilität oder der Gläubigerschutz andererseits gegeneinander abzuwägen seien.

­

Offenlegung: Angesichts der in der Eigenmittelverordnung vom 1. Juni 201224 (ERV) und der LiqV bereits existierenden Regelungen sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine besondere Grundlage für die Offenlegung im Gesetz notwendig sei.

­

Vorratskapital: In Einklang mit den bestehenden Bestimmungen zum Wandlungskapital wurde einerseits beantragt, im Obligationenrecht25 (OR) einen Vorbehalt zugunsten des BankG auch für das Vorratskapital vorzusehen, andererseits wurde gefordert, bezüglich des notwendigen Quorums zur SchafSR 956.1 SR 152.3 SR 235.1 SR 952.03 SR 220

18 / 92

BBl 2023 2165

fung von Vorratskapital im BankG die bereits für das Wandlungskapital gültige Regelung zu übernehmen.

Im Weiteren wird auf die ausführliche Darstellung im separaten Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung verwiesen.

2.2

Wesentliche materielle Anpassungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Diversen wichtigen Anliegen aus der Vernehmlassung wird in der vorliegenden Botschaft wie folgt Rechnung getragen:

26

­

Dem breit geäusserten Anliegen, von den SIBs eine Ex-ante-Entschädigung zur Abgeltung des Risikos einzufordern, dass der Bund der SNB eine allfällige Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen an eine SIB bereitstellen könnte, wurde nunmehr entsprochen. Eine entsprechende Pauschale wird neu in Artikel 32c E-BankG geregelt. Im Rahmen der Verordnungsarbeiten wird diese Pauschale näher zu definieren sein, wobei die Vorlage bereits Kriterien für die Bemessungsgrundlage sowie für den Bemessungssatz festlegt. Somit kann auch das Problem der Wettbewerbsverzerrung entschärft werden.

­

Das Konkursprivileg der SNB für Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie wurde gemäss Ankündigung im erläuternden Bericht angepasst. Die Forderung der SNB reiht sich neu in die dritte Gläubigerklasse ein, wobei innerhalb der Konkursklasse Forderungen aus Freizügigkeits- und Säule-3aGuthaben vorrangig zu befriedigen sind. Nachrangig zu den Forderungen der SNB aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie werden alle übrigen Forderungen der dritten Klasse befriedigt (Art. 32i E-BankG). Anders als in der Vernehmlassungsvorlage werden die Konkursprivilegien nun nicht mehr ebenfalls im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 188926 (SchKG), sondern ausschliesslich im BankG geregelt, und es erfolgten weitere, zusammenhängende Präzisierungen im Bereich Bankenkonkursrecht (vgl. Art. 34 und 36 E-BankG).

­

Im Bereich der Vergütungen wurde präzisierend aufgenommen, dass die FINMA Einschränkungen im Bereich der Rückforderungen bewilligen kann, soweit ein solcher Vorbehalt auf einen Arbeitsvertrag gemäss anwendbarem Recht nicht zulässig ist (Art. 10a Abs. 3 E-BankG). Zudem wurde eine einjährige Übergangsfrist zur Anpassung der Vergütungssysteme aufgenommen.

Eine noch klarere Definition von Personen und Funktionen in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c ist hingegen nicht praxistauglich und somit nicht opportun.

­

Die Vorbehalte zum Vorratskapital im OR und im BankG wurden aus Kohärenzgründen aufgenommen.

­

In weiteren Teilbereichen wurden Klarstellungen vorgenommen. So wurde die ordentliche Rückzahlung bei Fälligkeit von Geschäften nach Artikel 32g Absatz 1 Buchstaben b und c E-BankG von den Verboten explizit ausgenomSR 281.1

19 / 92

BBl 2023 2165

men (Art. 32g Abs. 2 E-BankG). Die Erläuterungen zur Offenlegung (vgl.

Art. 3g und 5 E-BankG) sowie die Erläuterungen zur Abgrenzung von Artikel 10b E-BankG zu Artikel 50 NBG und Artikel 39 FINMAG wurden präzisiert.

Mehreren weiteren Anliegen aus der Vernehmlassung konnte jedoch nicht Rechnung getragen werden, darunter namentlich den folgenden: ­

Nicht vollumfänglich entsprochen wurde dem Antrag, die Verordnung vom 16. März 2023 nicht ins ordentliche Recht aufzunehmen. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Botschaft (Redaktionsschluss) ist es zweckmässig, dass die rechtlichen Grundlagen für den laufenden Vertrag zwischen der SNB und der Credit Suisse über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen fortbestehen. Ein grosser Teil der Verordnungsbestimmungen wird jedoch aufgrund der veränderten Ausgangslage nicht in die Vorlage aufgenommen.

­

Auch auf die Ausdehnung der Sanierungsvoraussetzung auf weitere Anwendungsmöglichkeiten für die Gewährung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie wurde verzichtet. Die Vorlage soll dem internationalen Standard (vgl. Kap. 3.1) entsprechen.

­

Ebenfalls nicht entsprochen wurde mit Blick auf die hinreichend klaren Erläuterungen zu Artikel 32a Absatz 3 Buchstabe c E-BankG dem Wunsch auf eine deutlichere Umschreibung der Solvenz.

­

Zudem wurde dem Begehren, den Ausschluss des Zugangs nach dem BGÖ ins Gesetz aufzunehmen, nicht stattgegeben. Es sind keine Gründe ersichtlich, die einen Ausschluss rechtfertigen würden.

­

Auch die Risikoreduktionspflicht der Behörden bleibt unangetastet. Die SNB als Darlehensgeberin und Vertragspartei und die FINMA als Aufsichtsbehörde haben einerseits direkten Zugang zu wesentlichen Informationen im Zusammenhang mit dem durch den Bund zu tragenden Risiko aus der Ausfallgarantie, andererseits verfügen sie in ihren jeweiligen Rollen über geeignete Instrumente, das Risiko für den eidgenössischen Finanzhaushalt zu reduzieren (vgl. Erläuterungen zu Art. 32h Abs. 1 E-BankG).

Seit der Eröffnung der Vernehmlassung am 25. Mai 2023 haben unterschiedliche Ereignisse und die veränderten Verhältnisse dazu geführt, dass die Bestimmungen des vierzehnten a. Abschnitts überprüft werden mussten.

Am 12. Juni 2023 wurde die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS formell abgeschlossen und die Credit Suisse Group AG ist in die UBS Group AG übergegangen. Dieser Übernahme gingen u.a. Handlungen und Massnahmen voraus, deren Grundlage die Verordnung vom 16. März 2023 bildete (Art. 10a der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 2023 sowie Art. 51f VE-BankG). Am 11. August 2023 wurde der Vertrag zwischen dem Bund und der UBS über die Verlustübernahmegarantie gekündigt. Gleichentags wurde der Vertrag zwischen der SNB und der Credit Suisse über die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes aufgehoben. Diese Verträge wurden auf der Grundlage der Verordnung vom 16. März 2023 abgeschlossen (Art. 4 der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 2023 sowie Art. 51d VE-BankG und Art. 14a der Verordnung 20 / 92

BBl 2023 2165

vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 2023 sowie Art. 51g VE-BankG).

Diese Bestimmungen aus der Vernehmlassungsvorlage müssen dem Parlament nicht mehr unterbreitet werden. Auch auf die mit der Kreditbewilligung, der Transaktion sowie mit den hiervor erwähnten Verträgen zusammenhängenden Bestimmungen kann verzichtet werden. Entweder sind diese Bestimmungen an anderer Stelle Teil der Vorlage (bspw. Art. 26 Abs. 1 Bst. i E-BankG und Art. 32l E-BankG) oder es besteht im Zusammenhang mit dem zwischen der SNB und der Credit Suisse abgeschlossenen Vertrag über die Gewährung zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen kein Anwendungsfall dieser spezifischen rechtlichen Grundlagen (bspw. Art. 10a der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 2023 und Art. 51f VE-BankG; Art. 6 der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 2023 und Art. 51h VE-BankG). Folglich ist es angezeigt, diejenigen Normen im vierzehnten a. Abschnitt aus der Vernehmlassungsvorlage zu entfernen, deren neuerliche Anwendung weder absehbar noch notwendig ist. Dies umfasst die Artikel 51d, 51e Absatz 2, 51f, 51g sowie 51h VE-BankG. Dieser Umstand hat jedoch keine rechtliche Wirkung auf die im März 2023 getroffenen Beschlüsse und Massnahmen. Diejenigen Bestimmungen, die Voraussetzung, Bestandteil oder Folge des laufenden Vertrags zwischen der SNB und der Credit Suisse über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen sind, sollen fortbestehen.

3

Rechtsvergleich

3.1

Internationale Standards

Das FSB legt in den Key Attributes27 die Grundsätze fest, die für eine wirksame Abwicklung28 von Banken zentral sind. Deren übergeordnetes Ziel besteht darin, die Abwicklung von Banken zu ermöglichen, ohne die Steuerzahlenden Verlusten auszusetzen. In den Key Attributes werden auch die Grundsätze der Liquiditätsversorgung einer global systemrelevanten Bank (Global Systemically Important Bank, G-SIB) in der Abwicklung festgelegt.29 Das FSB hat die Grundsätze betreffend Liquiditätsversorgung in den Guiding Principles30 konkretisiert und dabei das Konzept eines PLB eingeführt.

Gemäss den Guiding Principles soll der im Rahmen einer Abwicklung erforderliche Liquiditätsbedarf in erster Linie durch private Liquiditätsquellen gedeckt werden. Die Bereitstellung von Liquidität durch die Behörden erfolgt erst nach Erfüllung bestimm27 28

29 30

FSB, Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions, 15. Oktober 2014, abrufbar unter: https://www.fsb.org/wp-content/uploads/r_141015.pdf.

Das englische Wort «Resolution», das in den FSB Key Attributes verwendet wird, wird in diesem Kapitel mit dem Begriff «Abwicklung» übersetzt. Im Schweizer Kontext ist darunter die Sanierung oder Konkursliquidation mit Weiterführung der systemrelevanten Funktionen eines Instituts zu verstehen.

Ziff. 6 der Key Attributes.

FSB, Guiding Principles on the temporary funding needed to support the orderly resolution of a global systemically important bank (GSIB), 18. Aug. 2016, abrufbar unter: https://www.fsb.org/wp-content/uploads/Guiding-principles-on-the-temporary-fundingneeded-to-support-the-orderly-resolution-of-a-global-systemically-important-bank-%E2 %80%9CG-SIB%E2%80%9D.pdf.

21 / 92

BBl 2023 2165

ter Voraussetzungen und ist so tief wie möglich zu halten, um das Risiko von Fehlanreizen (Moral Hazard31) zu minimieren.32 Der PLB soll gemäss Guiding Principles dann zum Einsatz kommen, wenn er erforderlich und geeignet ist, um die Abwicklungsstrategie umsetzen zu können und damit die Finanzstabilität zu stärken.33 Er soll das Marktvertrauen fördern und private Gegenparteien dazu bringen, die Bank während der Abwicklung weiterhin mit Liquidität zu versorgen. Zudem soll dem PLB die Glaubwürdigkeit zukommen, dass er den voraussichtlichen Liquiditätsbedarf der Bank in Abwicklung zu decken vermag, die Umsetzung der von der Abwicklungsbehörde bevorzugten Abwicklungsstrategie erlaubt und genügend gross ist, um die Abwicklung mehrerer G-SIBs gleichzeitig zu ermöglichen.34 Die Liquidität soll nicht länger zur Verfügung gestellt werden, als nötig ist, um bei einer geordneten Abwicklung die kritischen systemrelevanten Funktionen aufrecht zu erhalten, aber ausreichend lange, bis die Bank wieder Zugang zu privaten Liquiditätsquellen findet.

Die Möglichkeit, einen PLB anzuwenden, ist mit dem Risiko von Fehlanreizen verbunden. Er kann eine Bank dazu verleiten, sich im Abwicklungsfall auf die Liquiditätsversorgung durch den PLB zu verlassen und hierfür keine Liquiditätsvorsorge zu treffen. Das Risiko von Moral Hazard ist zu minimieren,35 so etwa durch Subsidiarität in Form von genügend strengen Liquiditätsvorschriften.36 Der Liquiditätsbedarf der Bank ist in erster Linie durch private Liquiditätsquellen zu decken. Es sollen daher finanzielle Anreize zum raschen Ausstieg aus dem PLB gesetzt werden. Zudem soll vermieden werden, dass der öffentlichen Hand Verluste aus dem PLB erwachsen. Daher sollen Ex-ante- oder Ex-post-Mechanismen zum Ausgleich von allfälligen Verlusten vorgesehen werden.37 Die Abwicklungsbehörde erstellt für die G-SIBs in ihrer Jurisdiktion einen Liquiditätsplan als integralen Bestandteil des Abwicklungsplans.

Darin wird der Liquiditätsbedarf im Abwicklungsfall abgeschätzt, und es sind darin die möglichen Liquiditätsquellen zu identifizieren. Die Verfügbarkeit eines PLB wird dabei nebst der Finanzierung über den Privatmarkt und dem weiteren Zugang zu Zentralbankfazilitäten als wichtiges Element zur Sicherung einer genügenden Liquidität erachtet.38 Der folgende Rechtsvergleich vermittelt einen Überblick über die unterschiedlichen Ausprägungen von PLB-Konzepten in den Jurisdiktionen mit G-SIBs.

3.2

Vereinigtes Königreich

Sofern sie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erfüllen, haben im Vereinigten Königreich (UK) alle Banken Zugang zu den stehenden Fazilitäten des Bank 31

32 33 34 35 36 37 38

Moral Hazard liegt vor, wenn sich Wirtschaftssubjekte aufgrund ökonomischer Fehlanreize verantwortungslos verhalten und damit ein neues Risiko auslösen oder ein bestehendes verstärken.

Ziff. 1 der Guiding Principles Ziff. 2 und 3 der Guiding Principles Ziff. 2 der Guiding Principles Ziff. 3 der Guiding Principles Ziff. 1 der Guiding Principles Ziff. 4 der Guiding Principles Ziff. 5 der Guiding Principles

22 / 92

BBl 2023 2165

of England's Sterling Monetary Framework.39 Als Ergänzung zu den stehenden Fazilitäten gemäss Sterling Monetary Framework und zu ELA gibt das Resolution Liquidity Framework (RLF)40 der Bank of England (BoE) die Möglichkeit, Banken, die sich in einer von der BoE geleiteten Abwicklung befinden, im Bedarfsfall mit Liquidität zu versorgen. Dabei handelt es sich um einen PLB in Form von Liquiditätshilfe durch die Zentralbank. Die Aktivierung muss vorab vom Finanzministerium (HM Treasury) genehmigt werden.41 Die Liquiditätshilfe unter dem RLF erfolgt grundsätzlich auf besicherter Basis. Aufgrund des mutmasslichen Umfangs der Liquiditätsunterstützung wird die BoE von HM Treasury jedoch zusätzlich eine Schadloserklärung (Indemnity) verlangen. Dies versetzt die BoE in die Lage, einer Bank in Abwicklung so viel Liquidität wie nötig und für so lange wie erforderlich zur Verfügung zu stellen.42 Im Kern besteht der PLB im UK somit aus Liquiditätshilfe der BoE, die durch den Staat genehmigt und garantiert ist. In welchen Situationen und zu welchen Konditionen diese Liquiditätshilfe gewährt würde, ist nicht öffentlich. Allfällige Verluste aus der Liquiditätshilfe werden durch die Branche getragen. Dies erfolgt in erster Linie über die seit 2011 erhobene Bank levy.43

3.3

USA

In den USA stellt das Federal Reserve System (FED) stehende Liquiditätshilfe über das Discount-Window-Programm zur Verfügung. Die FED bestimmt den Zugang zum Discount Window laufend basierend auf Aufsichtsratings und Kapitalisierungsdaten.

Der Zugang zu Discount-Window-Krediten ist nur für solvente Institute auf besicherter Basis möglich.44 Die Gewährung der Liquiditätshilfe liegt im Ermessen der FED.

Diese berücksichtigt dabei Risikomanagement-Beurteilungen und entscheidet über die Modalitäten des Kredits. Als Folge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2007­2009 kann die FED mit Zustimmung des Finanzministers ein ELA-Kreditprogramm oder eine ELA-Fazilität einrichten, die solventen Banken zur Verfügung steht.

39

40

41

42 43 44

Diese sind klar definiert, transparent kommuniziert und vergleichbar mit den stehenden Fazilitäten der SNB. Bank of England, Bank of England Market Operations Guide, 7. April 2022, abrufbar unter: https://www.bankofengland.co.uk/markets/bank-ofengland-market-operations-guide.

Bank of England, The Bank of England's approach to resolution («The Purple Book»), Oktber 2017, abrufbar unter: https://www.bankofengland.co.uk/-/media/boe/files/news/ 2017/october/the-bank-of-england-approach-to-resolution.pdf?la=en&hash=FC80690097 2DDE7246AD8CD1DF8B8C.

HMT, Memorandum of Understanding and resolution planning and financial crisis management, April 2017, abrufbar unter: https://assets.publishing.service.gov.uk/ government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/609875/PU2079_MoU_2017_ print.pdf?adlt=strict.

Bank of England, The Bank of England's approach to resolution («The Purple Book»), Oktober 2017, S. 22.

Office for Budget Responsibility, Bank levy, März 2022, abrufbar unter: https://obr.uk/ forecasts-in-depth/tax-by-tax-spend-by-spend/bank-levy/?adlt=strict.

Zu den zulässigen Sicherheiten und zu den Risikowertabschlägen (Haircuts) vgl. Federal Reserve Banks, Operating Circular No. 10 LENDING, 16. Juli 2013, abrufbar unter: https://www.frbservices.org/binaries/content/assets/crsocms/resources/rules-regulations/ 071613-operating-circular-10.pdf.

23 / 92

BBl 2023 2165

Im Abwicklungsfall sind zwei unterschiedliche Verfahren von besonderer Liquiditätshilfe zu unterscheiden. Einerseits kommt unter Title I, Sec. 165 (d) des DoddFrank Act (DFA) für Bank Holding Companies das ordentliche Konkursverfahren unter dem US Bankruptcy Code zur Anwendung. Unter dem ordentlichen Konkursverfahren ist kein PLB vorgesehen. Andererseits sieht der DFA aufgrund der besonderen Anforderungen an die Abwicklung von grossen und komplexen Finanzinstituten unter Title II als Alternative die Abwicklung unter der Orderly Liquidation Authority (OLA) vor. Die Bedingung für eine OLA-Abwicklung ist, dass die Anwendung des Bankruptcy Codes unter Title I zu «serious adverse effects on financial stability in the United States» führen würde. In einem solchen Fall ist die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) und nicht das zuständige Konkursgericht die zuständige Abwicklungsbehörde.45 Konzeptionell sollte die unter der Strategie der FDIC etablierte und rekapitalisierte Brückenbank in der Lage sein, sich am Markt eigenständig zu finanzieren. Der DFA anerkennt aber, dass der kurzfristige Liquiditätsbedarf unter Umständen nicht durch private Refinanzierungsquellen gedeckt werden kann, und sieht daher die Möglichkeit der Liquiditätsversorgung über einen Abwicklungsfonds (Orderly Liquidation Fund, OLF) vor.

Der OLF ist ein spezieller, beim US-Finanzministerium (Treasury) angesiedelter Fonds, bei dem die FDIC sich die für die Abwicklung benötigte Liquidität borgen kann.46 Technisch gibt die FDIC entweder eine Garantie gegenüber einem privaten Bereitsteller von Liquidität ab (Garantieversprechen «gedeckt» durch die Möglichkeit des Zugangs zum OLF) oder sie emittiert Obligationen (gedeckt durch die Vermögenswerte der von ihr etablierten Brückenbank), die vom Treasury angekauft werden.

Die Mittel aus dem OLF sind begrenzt. In den ersten 30 Tagen nach Ernennung der FDIC als OLA können nicht mehr als 10 Prozent des Werts der konsolidierten Aktiven des betroffenen Finanzinstituts (Covered Financial Company, CFC) als Liquiditätshilfe abgerufen werden. Nach Ablauf der 30 Tage können Obligationen im Gegenwert von 90 Prozent des Fair Values der konsolidierten Aktiven ausgegeben werden. Voraussetzung dafür ist, dass sich die FDIC und die Finanzministerin oder der Finanzminister über einen Rückzahlungsplan
über längstens 60 Monate geeinigt haben.47 Die Mittel aus dem OLF sind zu einem Zinssatz, der über dem Marktzins liegt, zu verzinsen. Der OLF ist kein Ex-ante-Fonds und somit nicht vorfinanziert. Die FDIC kann Mittel aus dem OLF nur unter sehr strengen Voraussetzungen in Anspruch nehmen. Die aus dem OLF bezogenen Mittel müssen aus dem Verkaufserlös der Aktiven der Brückenbank vollständig zurückbezahlt werden. Gelingt dies nicht, können bestimmte Finanzunternehmen für die Rückzahlung der über den OLF bezogenen Mittel über eine Dauer von fünf Jahren herangezogen werden.48 OLA und OLF waren wegen der potenziellen Schaffung eines Moral Hazard und dem Risiko, dass die Steuerzahlenden letztlich doch Verluste erleiden könnten, immer wieder Gegenstand der Kritik. Die Trump-Administration veranlasste eine umfassende 45

46 47 48

FDIC, Resolution of Systemically Important Financial Institutions: The Single Point of Entry, Federal Register Vol. 78 No. 243, 18. Dezember 2013, abrufbar unter: https://www.govinfo.gov/app/details/FR-2013-12-18/2013-30057.

Foreign Banking Organizations (FBOs) haben keinen Zugang zum OLF.

FDIC, Resolution of Systemically Important Financial Institutions, S. 76617.

Bank Holding Companies mit Aktiven von mindestens 50 Mrd. USD oder andere bedeutende Finanzunternehmen.

24 / 92

BBl 2023 2165

Prüfung des Title-II-Verfahrens durch das US Treasury.49 Am 21. Februar 2018 veröffentlichte das US Treasury seinen Bericht zu OLA.50 Es kam zum Schluss, dass OLA als Backstop neben dem Konkursverfahren als ausserordentliches Abwicklungsverfahren für grosse, komplexe, grenzüberschreitend tätige Finanzgruppen weiterhin bestehen bleiben solle. Dies gelte insbesondere in jenen Fällen, in den die notwendige Finanzierung durch den Privatsektor nicht bereitgestellt werden kann. OLA verhindere die Wahrscheinlichkeit von Ring-Fencing-Massnahmen ausländischer Regulatoren. Die Anforderungen an den Zugang zum OLF sollen durch verschiedene Vorgaben weiter erhöht werden. Direkte OLF-Kredite sollen nur auf besicherter Basis möglich sein. Die Qualität der Sicherheiten müsse derjenigen für den Zugang zum Discount Window der FED entsprechen.51 Zudem geniessen die Forderungen aus dem OLF gegenüber den Forderungen von privaten Gläubigern Vorrang in der Gläubigerhierarchie.

3.4

EU-Bankenunion

Im Euroraum üben die Europäische Zentralbank (EZB) und die nationalen Zentralbanken gemeinsam die Funktion des Lender of Last Resort aus.52 ELA-Kredite werden von der nationalen Zentralbank des Landes vergeben, in dem die Bank ihren Sitz hat. Die jeweilige nationale Zentralbank trägt auch alle eventuell entstehenden Kosten und Risiken. Im Bedarfsfall können die nationalen Zentralbanken beim Staat eine Garantie für die Gewährung von ELA verlangen. Die Bereitstellung von ELA durch die nationalen Zentralbanken im Euroraum ist geregelt durch das Agreement on Emergency Liquidity Assistance von 2020.53 Es gibt keine Garantie dafür, dass eine Bank von ihrer nationalen Zentralbank ELA erhält. Banken, die ELA in Anspruch nehmen wollen, müssen solvent sein, oder es muss die begründete Aussicht auf eine Rekapitalisierung bestehen. Die nationalen Zentralbanken akzeptieren für ELAKredite Sicherheiten, deren Qualität geringer ist als die der sonst üblichen Kreditsicherheiten bei anderen Kreditfazilitäten. Sie wenden einen Risikowertabschlag (Haircut) auf die Sicherheiten an und berechnen den Banken einen höheren Zinssatz.

Der einheitliche Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board, SRB) ist die zentrale Abwicklungsbehörde innerhalb der Bankenunion. Zusammen mit den nationalen Abwicklungsbehörden bildet es den einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus 49

50

51 52

53

Presidential Memorandum for the Secretary of the Treasury, Orderly Liquidation Authority, 21. April 2017, abrufbar unter: https://www.govinfo.gov/content/pkg/ DCPD-201700266/pdf/DCPD-201700266.pdf.

US Department of the Treasury, Orderly Liquidation Authority and Bankruptcy Reform, 21. Februar 2018, abrufbar unter: https://home.treasury.gov/sites/default/files/201802/OLA_REPORT.pdf.

US Department of the Treasury, Orderly Liquidation Authority and Bankruptcy Reform 2018, S. 44­45.

EZB, Was ist ein Kreditgeber der letzten Instanz?, 26. August 2019, abrufbar unter: https://www.ecb.europa.eu/explainers/tell-me-more/html/what-is-a-lender-of-lastresort.de.html.

EZB, Agreement on emergency liquidity assistance, 9. November 2020, abrufbar unter: https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/ecb.agreementemergencyliquidityassistance 202012~ba7c45c170.en.pdf?dca797da3212289956ac24df607eb168.

25 / 92

BBl 2023 2165

(Single Resolution Mechanism, SRM). Teil davon ist ein Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund, SRF) für besondere Liquiditätshilfe im Abwicklungsfall.54 Der SRF dient dazu, die effektive Anwendung der Abwicklungsmassnahmen sicherzustellen.

Der SRF kann sowohl für Liquiditätshilfe als auch für Kapitalmassnahmen (Gewährung von Krediten oder Kauf von Aktiven) eingesetzt werden. Der SRF wird durch Ex-ante-Beiträge der Banken aus den 19 Mitgliedstaaten der Bankenunion finanziert.

Bis Ende 2023 soll der Fonds mit Mitteln in der Höhe von mindestens einem Prozent der gesicherten Einlagen finanziert sein. Das heisst, dass die Banken den SRF insgesamt mit rund 80 Milliarden EUR auffüllen müssen.55 Das SRB stellt die Liquiditätshilfe grundsätzlich auf besicherter Basis zur Verfügung.

Innerhalb der Bankenunion erfüllt der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) die Rolle des Common Backstops. Der ESM kann, wenn die Mittel des SRF zur Umsetzung der Abwicklungsmassnahmen nicht ausreichen, einen Kredit in der Höhe von derzeit zusätzlichen 68 Milliarden EUR gewähren. Dies setzt allerdings die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten der Bankenunion voraus. Sollte aus der Liquiditätsunterstützung ein Verlust entstehen, kann dieser über entsprechende Ex-post-Beiträge des Bankensektors ausgeglichen werden. Dem SRB stehen ab 2024 rund 150 Milliarden EUR zur Gewährung von Liquiditätshilfe im Abwicklungsfall zur Verfügung.

3.5

Japan

Die Bank of Japan (BoJ) kann Liquiditätshilfe an Finanzinstitute als Lender of Last Resort nur im «Going-Concern»-Fall, d. h. bei Fortführung der Geschäftstätigkeit der Bank während der Stabilisierungsphase, bereitstellen. Im Abwicklungsfall kann sie indes keine direkte Liquiditätshilfe gewähren. Die für die operative Durchführung einer Abwicklung zuständige Deposit Insurance Corporation of Japan (DICJ) muss sich im Bedarfsfall die für eine Abwicklung notwendige Liquidität über einen Kredit der BoJ beschaffen, der mit einer Staatsgarantie gesichert ist.

Für den Abwicklungsfall wurde ­ als Folge der Finanzkrise 2007­2009 ­ im Jahr 2013 der Deposit Insurance Act so angepasst, dass unter anderem eine besondere Liquiditätshilfe durch die DICJ möglich ist. Mit Bewilligung der Premierministerin oder des Premierministers (und erfolgter Beratung im Financial Crisis Response Council) kann eine Liquiditätsunterstützung auf unbesicherter Basis und unabhängig von der Solvenz des Finanzinstituts erfolgen.56 Die DICJ verfügt hierzu über einen Sicherungsfonds, der über Beiträge finanziert wird. Reichen die Mittel des Fonds nicht aus, können weitere finanzielle Mittel am Markt oder bei der BoJ beschafft werden. Sollte der

54

55

56

Single Resolution Board, The Single Resolution Fund, 28. Juni 2021, abrufbar unter: https://www.srb.europa.eu/system/files/media/document/2021-01-01%20The%20Single %20Resolution%20Fund.pdf.

Single Resolution Board, Single Resolution Fund grows by 13.7 billion to reach 66 billion, 8. Juli 2022, abrufbar unter: https://www.srb.europa.eu/en/content/single-resolutionfund-grows-eu137-billion-reach-eu66-billion.

Bank of Japan, Progress toward resolvability to address TBTF problem: 10-year milestone since «Key Attributes», 22. Juni 2022, abrufbar unter: https://www.boj.or.jp/en/ research/wps_rev/rev_2022/rev22e03.htm.

26 / 92

BBl 2023 2165

Sicherungsfonds aus der Liquiditätsunterstützung einen Verlust erleiden, kann dieser über entsprechende Ex-post-Beiträge der Finanzindustrie ausgeglichen werden.

3.6

Kanada

Die Bank of Canada kann in der Stabilisierungsphase und im Abwicklungsfall ELA gewähren.57 Im Abwicklungsfall ist die Gewährung abhängig von einem glaubwürdigen Abwicklungsplan, der die Solvenzanforderung ersetzt. Die ELA-Gewährung erfolgt allerdings auch im Abwicklungsfall ausschliesslich auf besicherter Basis.58 Zuständig für die Durchführung einer Abwicklung ist die Canada Deposit Insurance Corporation (CDIC). Die CDIC kann den ihr angeschlossenen Instituten Liquiditätshilfe sowohl auf besicherter als auch auf unbesicherter Basis gewähren. Die Mittel stammen aus dem mit Beiträgen geäufneten Sicherungsfonds (Investment Portfolio).

Mit dem Einverständnis der Finanzministerin oder des Finanzministers kann die CDIC in bestimmtem Umfang (derzeit 25 Milliarden CAD) Mittel vom Staat leihen.

Die Limite kann durch einen Parlamentsbeschluss erhöht werden. Die CDIC kann allfällige Verluste über Ex-post-Beiträge der Finanzbranche decken. Das Finanzministerium kann zur Aufrechterhaltung der Finanzstabilität auch direkt Liquiditätsunterstützung leisten.

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

4.1.1

Einführung eines PLB: Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB mit Ausfallgarantie des Bundes

Zur Sicherstellung der Stabilität einer SIB braucht es neben einer ausreichenden Ausstattung mit Eigenmitteln und zusätzlichen verlustabsorbierenden Mitteln auch eine ausreichende Liquiditätsausstattung und solide Liquiditätsquellen. Die geltende Regulierung sieht Liquiditätsquellen in zwei sogenannten Verteidigungslinien vor: ­

57

58 59

SIBs sollen ­ wie alle Banken ­ ihren Liquiditätsbedarf in der ersten Verteidigungslinie durch ihren eigenen Bestand an liquiden Mitteln und durch Liquiditätsquellen am Markt decken. Daher müssen sie in Erfüllung der in der LiqV verankerten Mindestanforderungen in guten Zeiten ausreichend Liquidität aufbauen. SIBs müssen dabei im Vergleich zu übrigen Banken zusätzliche Liquiditätspuffer halten (TBTF-Liquiditätsanforderungen).59 Bank of Canada, Emergency Lending Assistance, abrufbar unter: https://www.bankofcanada.ca/markets/market-operations-liquidity-provision/frameworkmarket-operations-liquidity-provision/emergency-lending-assistance/.

Canada Deposit Incurance Coroporation (CDIC), Resolution funding, abrufbar unter: https://www.cdic.ca/what-happens-in-a-failure/resolution-funding/.

Die Anforderungen an zusätzliche Liquiditätspuffer für SIBs traten auf den 1. Juli 2022 in Kraft (AS 2022 359). Die SIBs müssen die Grundanforderungen und die institutsspezifischen Zusatzanforderungen per Ende 2023 erfüllen. Abrufbar unter: https://www.admin.ch/ gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-89132.html.

27 / 92

BBl 2023 2165

­

Auch mit den erwähnten TBTF-Liquiditätsanforderungen sind Situationen denkbar, in denen die eigenen liquiden Mittel einer SIB nicht ausreichen, um deren Liquiditätsbedarf zu decken. In der zweiten Verteidigungslinie kann daher, sofern die Voraussetzungen gegeben sind, über die ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB weitere Liquidität bereitgestellt werden.

Die ausserordentliche Liquiditätshilfe steht aber nur gegen geeignete, von der SNB akzeptierte Sicherheiten zur Verfügung. Sie stützt sich auf Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e in Verbindung mit Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe e NBG.

Trotz dieser zweistufigen Liquiditätsversorgung können Vorfälle, die einen abrupten Vertrauensverlust der Marktteilnehmer in die SIB bewirken, dazu führen, dass auch bei einer ausreichenden Eigenmittelausstattung die eigenen liquiden Mittel nicht genügen und die Bank auch über die ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehen nicht mehr hinreichend Liquidität generieren kann. Damit droht der Bank der Konkurs aufgrund von Liquiditätsproblemen, was selbst dann der Fall sein kann, wenn die Bank die regulatorischen Eigenmittelanforderungen erfüllt und solvent ist. Ebenso ist denkbar, dass im Krisenfall die notwendige Liquidität fehlt, um die Bank zu sanieren oder bei Weiterführung der systemrelevanten Funktionen zu liquidieren. Aus diesen Gründen soll ein PLB gesetzlich verankert werden: In den dargelegten Fällen soll mittels Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie temporär Liquidität bereitgestellt werden können (dritte Verteidigungslinie), um das Vertrauen der Marktteilnehmer in die SIB zu erhöhen beziehungsweise eine Sanierung oder Konkursliquidation mit Weiterführung der systemrelevanten Funktionen zu ermöglichen.

Die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie sollen dazu beitragen, dass bisherige oder neue Marktteilnehmer auch im Krisenfall bereit sind, mit der betreffenden Bank Geschäftsbeziehungen aufrechtzuerhalten beziehungsweise einzugehen, und dass die systemrelevanten Funktionen ohne Unterbruch fortgeführt werden können.

Die Zuführung von Liquidität durch die SNB (über die ausserordentliche Liquiditätshilfe hinaus) mit einer Ausfallgarantie der öffentlichen Hand kann somit eine kritische Voraussetzung für die Sanierung oder die Konkursliquidation mit Weiterführung der systemrelevanten Funktionen sein (vgl. Erläuterungen zu Art. 32a Abs. 3 Bst. e E-BankG). Ziel einer solchen Massnahme ist es, in Ergänzung zum bisherigen regulatorischen Instrumentarium die hohen Kosten möglichst zu vermeiden, die ein Konkurs einer SIB für die Schweizer Volkswirtschaft und das Finanzsystem zur Folge hätte.

28 / 92

BBl 2023 2165

Abbildung 1 Schema des Wirkungsmechanismus

Quelle: Eigene Darstellung.

Die Vorlage sieht die Einführung von Bestimmungen bezüglich der Zusammenarbeit und dem Informationsaustausch zwischen EFD, FINMA und SNB im Fall der Krise einer SIB vor (Art. 10b und 32l E-BankG). Die FINMA benachrichtigt dabei unverzüglich das EFD und die SNB, wenn aufgrund ihrer Einschätzung eine Massnahme nach Artikel 25 Absatz 1 BankG wahrscheinlich werden könnte. Die FINMA und die SNB erteilen dem EFD insbesondere alle Informationen, die das EFD im Hinblick auf die Gewährung der Ausfallgarantie als wesentlich für die Bewertung der Risiken für den Bundeshaushalt erachtet.

Die Gewährung einer Ausfallgarantie des Bundes an die SNB soll an folgende Voraussetzungen gebunden sein: ­

Subsidiarität: Der bankeigene Bestand an liquiden Mitteln, die Refinanzierungsmöglichkeiten der Bank am Markt und die Möglichkeit anderweitiger Liquiditätshilfe der SNB ­ ohne Absicherung durch Ausfallgarantien ­ müssen ausgeschöpft sein (Art. 32a Abs. 3 Bst. a E-BankG);

­

Sanierung: Ein Sanierungsverfahren über die Bank muss durch die FINMA eingeleitet worden sein oder bevorstehen (Art. 32a Abs. 3 Bst. b E-BankG);

­

Solvenz: Die Bank muss als ausreichend kapitalisiert beurteilt werden. Die Solvenz der Bank oder deren Herbeiführung durch einen geeigneten Sanierungsplan wird von der FINMA bestätigt (Art. 32a Abs. 3 Bst. c E-BankG);

­

Öffentliches Interesse: Bei Nichtgewährung der vom Bund besicherten Liquiditätshilfe-Darlehen muss eine erhebliche Schädigung der Schweizer Volkswirtschaft und des schweizerischen Finanzsystems drohen (Art. 32a Abs. 3 Bst. d E-BankG);

29 / 92

BBl 2023 2165

­

Verhältnismässigkeit: Die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie müssen für die Sanierung der Darlehensnehmerin sowohl eine geeignete als auch eine erforderliche Massnahme sein (Art. 32a Abs. 3 Bst. e E-BankG).

Die Existenz einer im Schweizer Recht explizit verankerten Möglichkeit zur Gewährung einer Ausfallgarantie durch den Bund für Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB an eine SIB bedeutet nicht, dass eine Garantie gewährt wird oder gewährt werden muss.

Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Vergabe von Liquiditätshilfe-Darlehen und auf die Gewährung von Ausfallgarantien. Der Bund trifft im Einzelfall den Entscheid zur Gewährung einer Ausfallgarantie unter Berücksichtigung der Einschätzungen der FINMA und der SNB. Jedoch soll eine jährliche Risikoentschädigung zuhanden des Bundes für die Abgeltung einer allfälligen Bereitstellung einer Ausfallgarantie an die SNB für Liquiditätshilfe-Darlehen und zur Minderung der entstehenden Wettbewerbsverzerrungen entrichtet werden. Es ist eine von den SIBs zu begleichende risikobasierte Ex-ante-Pauschale zuhanden des allgemeinen Bundeshaushalts vorgesehen, unabhängig von der Gewährung eines Liquiditätshilfe-Darlehens mit Ausfallgarantie des Bundes (Art. 32c E-BankG). Sollte sich nach der Initialgewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes im Rahmen des behördlichen Informationsaustausches zeigen, dass gemäss der FINMA während der Laufzeit der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie die Solvenz der SIB nicht fortbesteht oder die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie für die Sanierung der Bank nicht mehr als erforderlich und geeignet eingestuft werden, ist der Bund befugt, den Bezug weiterer Liquiditätshilfe-Darlehen zu unterbinden. Er kann diesbezügliche vertragliche Regelungen vorsehen. An der Gültigkeit der Garantie zugunsten der SNB von bereits bezogenen Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie ändert sich dadurch nichts.

Um das Risiko für den Bund zu reduzieren, sieht die Vorlage insbesondere die Einführung eines Konkursprivilegs für die Forderungen der SNB aus vom Bund gesicherten Liquiditätshilfe-Darlehen vor (Art. 32i E-BankG). Das Konkursprivileg stellt dabei einen zentralen Teil der vorgeschlagenen Regelung dar. Zudem muss, wie oben dargelegt, die Solvenz der SIB gegeben sein oder im Rahmen der Sanierung hergestellt werden. Ferner steht dem Bund eine Bereitstellungsprämie auf der Ausfallgarantie und dem Bund sowie der SNB je eine Risikoprämie auf den beanspruchten Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie
zu. Diese Prämien sind, nebst den aufgelaufenen Zinsen zugunsten der SNB, ebenfalls vom Konkursprivileg erfasst.

Entstehen im Zusammenhang mit der Gewährung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie dem Bund, der SNB oder der FINMA Kosten für Leistungen Dritter, werden diese der Bank auferlegt.

Das Konkursprivileg soll in die bestehenden Konkursklassen des SchKG eingegliedert und so ausgestaltet werden, dass im Konkurs die Forderungen der SNB aus den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie sowie die Forderungen aus Bereitstellungs- und Risikoprämien sowie Zinsen bevorzugt befriedigt würden. Diese Forderungen werden nach den konkursrechtlich privilegierten Forderungen der ersten und der zweiten Gläubigerklasse (z. B. Löhne von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Sozialversicherungsbeiträge oder privilegierte Einlagen) in der dritten Klasse eingereiht, wobei innerhalb der dritten Konkursklasse Forderungen aus Freizügigkeits- und Säule-3a-Guthaben vorrangig zu befriedigen wären. Alle übrigen Forde30 / 92

BBl 2023 2165

rungen der dritten Gläubigerklasse würden nachrangig zu den Forderungen der SNB aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie befriedigt (vgl. Erläuterungen zu Art. 32i E-BankG). Die SNB übernimmt die Geltendmachung der eigenen Forderungen. Zudem hat sie im Namen des Bundes dessen Forderungen für die Prämien nach Artikel 32d Absätze 1 und 2 E-BankG geltend zu machen. Die Ausfallgarantie des Bundes kann von der SNB erst nach rechtskräftigem Abschluss des Konkursverfahrens in Anspruch genommen werden, sofern und soweit ein Verlust auf den Darlehensforderungen definitiv eingetreten ist.

Die notwendige Höhe der Ausfallgarantie wird im Einzelfall festgelegt. Die erforderliche Liquidität hängt massgeblich von der betroffenen SIB, vom Krisenszenario sowie von weiteren zu ergreifenden Massnahmen ab. Es ist daher weder sinnvoll noch möglich, im Voraus eine maximale Garantiesumme festzulegen. Dieses Vorgehen entspricht auch der Praxis in anderen Jurisdiktionen wie den USA und dem Vereinigten Königreich. Damit können krisenspezifische Umstände in die Gesamtabwägung miteinbezogen werden. Die neuen Bestimmungen sehen vor, dass der Bundesrat bei der Gewährung einer Ausfallgarantie deren Höhe im Einzelfall festlegt und den nötigen Verpflichtungskredit im Dringlichkeitsverfahren der parlamentarischen Finanzdelegation unterbreitet.

Nach dem Finanzhaushaltgesetz vom 7. Oktober 200560 (FHG) erfordert eine Garantie des Bundes einen Verpflichtungskredit (Art. 21 Abs. 4 Bst. e FHG). Das Parlament bewilligt im Normalfall einen Verpflichtungskredit entweder über den Voranschlag und seine Nachträge oder als einzelnes Geschäft mit besonderer Botschaft (Art. 23 FHG). Die Notwendigkeit einer Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB konkretisiert sich in einer Situation höchster zeitlicher Dringlichkeit. Das heisst, die für einen Verpflichtungskredit üblicherweise vorgesehenen parlamentarischen Prozesse sind für eine Ausfallgarantie ungeeignet, da sie längere Zeit in Anspruch nehmen. Die Gewährung einer Ausfallgarantie erträgt keinen Aufschub, weshalb Artikel 28 FHG zur Anwendung kommt: Der Bundesrat beantragt den erforderlichen Verpflichtungskredit im Dringlichkeitsverfahren und holt hierfür vorgängig die Zustimmung der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte ein.

Die Aussicht auf Gewährung von
Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie an eine SIB kann, wie oben dargelegt, Fehlanreize (Moral Hazard) setzen. Dem soll einerseits dadurch entgegengewirkt werden, dass die SIBs ihre Liquiditätsrisiken bereits aufgrund von TBTF-spezifischen Regeln in der LiqV mit zusätzlichen Anforderungen angemessen abdecken müssen. Ein wesentliches Element dieser Regulierung besteht aus bankspezifischen Liquiditätszuschlägen für die SIBs. Andererseits soll die SIB eine risikobasierte Ex-ante-Pauschale entrichten (Art. 32c E-BankG) und während der Beanspruchung einer Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen diversen Auflagen unterliegen, die auch aus anderen staatlichen Unterstützungsprogrammen bekannt sind, namentlich einem Dividendenverbot und einem Verbot zur Gewährung und Rückzahlung von Darlehen an die Eigentümer der Konzernobergesellschaft sowie einem Verbot zur Rückerstattung von Kapitaleinlagen (Art. 32g E-BankG). Auch soll die SIB nicht befugt sein, Handlungen vorzunehmen, welche die Rückzahlung der ausstehenden Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB mit Ausfallgarantie verzögern oder 60

SR 611.0

31 / 92

BBl 2023 2165

gefährden könnten. Des Weiteren soll die Gewährung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie unter Anwendung von adäquaten Zinsen und Prämien erfolgen (Art. 32d E-BankG). Diese sollen so festgelegt werden, dass sie der SIB einen Anreiz zur raschen Rückzahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie setzen.

Nicht zuletzt wird dem Anreiz für unerwünschte Verhaltensweisen mit der Einführung der Strafandrohung bei Verletzung der hiervor genannten Pflichten (Art. 46 Abs. 1 Bst. d E-BankG) und mit erweiterten Massnahmen im Bereich der Vergütungen entgegengewirkt. Die Gewährung einer Ausfallgarantie hat zur Folge, dass der Bundesrat nach Artikel 10a BankG bei der betroffenen SIB Massnahmen im Bereich der Vergütungen anordnet. Der Massnahmenkatalog wird erweitert, und es soll neu ausdrücklich möglich sein, dass unter gewissen Voraussetzungen bereits ausbezahlte variable Vergütungen zurückgefordert werden können. Zudem kann die FINMA umfassende Massnahmen anordnen. Neben der Anordnung von Kapitalmassnahmen kann sie namentlich auch Massnahmen gegenüber Organen verfügen. So kann die FINMA den vollständigen oder teilweisen Wechsel des Organs für die Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle sowie des Geschäftsführungsorgans der Darlehensnehmerin und der Konzernobergesellschaft verlangen. Des Weiteren kann die FINMA gemäss geltendem Recht allfällige Verstösse gegen Massnahmen und Anordnungen zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustands ahnden (vgl. insb. Art. 31, 33, 33a und 35 FINMAG61).

4.1.2

Bestimmungen über zusätzliche LiquiditätshilfeDarlehen, die gestützt auf die Verordnung des Bundesrates vom 16. März 2023 gewährt wurden

In der Verordnung vom 16. März 202362 in der Fassung vom 19. März 2023 wurden auch Bestimmungen erlassen, die über die in Kapitel 4.1.1 skizzierte Einführung des PLB-Konzepts hinausgehen und zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Botschaft weiterhin erforderlich sind. Vorliegend stehen im Vordergrund Bestimmungen über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB mit Konkursprivileg und deren Verhältnis zur Gewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie (vgl.

Art. 51b und Art. 51c E-BankG) sowie weitere Massnahmen der FINMA im Zusammenhang mit der Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen (vgl.

Art. 51d E-BankG). Diese Normen sollen neu im vierzehnten a. Abschnitt des Bankengesetzes geregelt werden mit dem Zweck, die rechtlichen Grundlagen der im März 2023 vertraglich abgeschlossenen Vereinbarung bezüglich der zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen zwischen der Credit Suisse und der SNB und den damit zusammenhängenden weiteren Massnahmen der FINMA fortzuführen und diese daher der Bundesversammlung mit dieser Vorlage zu unterbreiten (vgl. Art. 51a E-BankG zum Geltungsbereich). Abweichend von der Verordnung vom 16. März 2023 wird die Geltungsdauer zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen (Art. 51b E-BankG) bis am 31. Dezember 2027 beschränkt (Ziff. III Abs. 3 E-BankG). Zudem erhält der Bundesrat den

61 62

SR 956.1 SR 952.3

32 / 92

BBl 2023 2165

gesetzlichen Auftrag, die ins Gesetz überführten Verordnungsbestimmungen innert 5 Jahren nach deren Inkrafttreten zu überprüfen (Art. 51e E-BankG).

4.1.3

63 64 65 66

Weitere Themenbereiche

­

Im Rahmen der Überführung der abgeschlossenen Basel-III-Reformen in nationales Recht werden diverse Bereiche, die bislang auf Stufe FINMARundschreiben geregelt sind, neu in FINMA-Verordnungen überführt. Hierfür ist die Delegation diverser Kompetenzen an die FINMA auf Stufe Eigenmittelverordnung, Liquiditätsverordnung, Bankenverordnung und Finanzinstitutsverordnung notwendig. Dies betrifft insbesondere auch Offenlegungspflichten, die einen wichtigen Bestandteil der Basler Mindeststandards darstellen. Daher wird die bestehende Gesetzesgrundlage zur Ermächtigung der FINMA in den Artikeln 3g Absätze 1 und 2 sowie 5 Absatz 3 E-BankG explizit um die Offenlegung erweitert. Des Weiteren werden Grundsatzbestimmungen zur Offenlegung für Banken und Wertpapierhäuser aufgenommen (Art. 5 Abs. 1 E-BankG und Art. 46a E-FINIG).

­

Ab dem 1. Januar 2023 gelten für Aktiengesellschaften flexiblere Gründungsund Kapitalvorschriften. Sie sind Bestandteil der von der Bundesversammlung am 19. Juni 2020 verabschiedeten Aktienrechtsreform63 und erfordern formale Anpassungen im BankG beim Vorrats- und Wandlungskapital (Art. 12 und 13 E-BankG sowie Art. 653w und 704 E-OR). Ebenfalls erfolgen beim Beteiligungskapital im BankG (Art. 14 und 14b E-BankG) Anpassungen an die im OR mit Wirkung seit 1. Mai 2021 vorgenommene Umsetzung von Empfehlungen des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke64.

­

Als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Bundes betraute und ausserhalb der zentralen Bundesverwaltung stehende Organisation entscheidet die FINMA nach Artikel 19 Absatz 3 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 195865 mittels Verfügung über streitige Ansprüche aus ihrer Tätigkeit. Entscheidet im Rahmen eines Geschäfts von grosser Tragweite der Verwaltungsrat der FINMA in einer aufsichtsrechtlichen Angelegenheit und werden gestützt auf solche Entscheide Staatshaftungsansprüche geltend gemacht, erscheint die FINMA als gesamte Behörde als vorbefasst. Eine ähnliche Situation kann sich bei Geschäften von grosser Tragweite in Bezug auf die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) ergeben. Für diese Fälle soll ersatzweise das EFD als Entscheidbehörde vorgesehen werden.

­

Die FINMA ist Beschwerdeinstanz gegen Verfügungen der Übernahmekommission gestützt auf das Finanzmarktinfrastrukturgesetz vom 19. Juni 201566 (FinfraG). Vor diesem Hintergrund kann nicht vollständig ausgeschlossen BBl 2020 5573 AS 2019 3161, BBl 2019 279 SR 170.32 SR 958.1

33 / 92

BBl 2023 2165

werden, dass die FINMA im Rahmen eines Geschäfts von grosser Tragweite bei Beaufsichtigten eine Übernahme aufsichtsrechtlich beurteilen muss und im Nachgang allenfalls noch eine übernahmerechtliche Beschwerde gegen die Übernahmekommission zu behandeln wäre. Für diesen Fall wird neu die Beschwerde direkt an das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen (Art. 140 und 141 E-FinfraG). Das Bundesverwaltungsgericht nimmt in diesen Fällen die Aufgaben der FINMA als erste Beschwerdeinstanz wahr. Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts soll zudem der Beschwerdeweg an das Bundesgericht offenstehen.

­

4.2

Die Vorlage schlägt auch eine Präzisierung im Sinne der Rechtssicherheit vor.

Hierfür sollen zwei Bestimmungen über die Leistung von Einlagen in Geld im Aktienrecht geändert werden, um sie dem Bewilligungsregime des BankG für Personen nach Artikel 1b BankG anzupassen. Da die Person nach Artikel 1b BankG bereits Bankdienstleistungen gegenüber Unternehmen erbringen kann und es keine materielle Schranke dafür gibt, im Sinne von Artikel 633 OR Einlagen entgegenzunehmen, sollte zur Vermeidung von Unklarheiten präzisiert werden, dass diese Aufgabe nicht nur von einer Bank im engeren Sinne, sondern auch von Personen nach Artikel 1b BankG erledigt werden kann. Nach derselben Logik ist in Artikel 653e OR ein Verweis auf diese Personen im Zusammenhang mit der Leistung von Einlagen im Falle einer Erhöhung aus bedingtem Kapital angebracht.

Umsetzungsfragen

Mit der Vorlage wird die gesetzliche Grundlage für die Gewährung von Ausfallgarantien durch den Bund zur Sicherung von Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB geschaffen. Solche Darlehen können wie oben dargestellt (vgl. Kap. 4.1) subsidiär in einer Situation eines abrupten Vertrauensverlusts in Bezug auf die betroffene SIB notwendig werden. Zudem soll schon die blosse Existenz der Möglichkeit zur Gewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit einer Ausfallgarantie präventiv und vertrauensbildend wirken. Für den Fall, dass eine SIB tatsächlich Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie benötigt, müssen insbesondere die involvierten Behörden (EFD, FINMA und SNB) vorgängig sicherstellen, dass sie über die für die Gewährung, Verwaltung, Überwachung und Abwicklung von Liquiditätshilfe-Darlehen und Ausfallgarantien notwendigen organisatorischen Voraussetzungen verfügen. Diese sind mit dem Inkrafttreten der Vorlage zu etablieren.

Die vorliegenden Bestimmungen sind technologieneutral ausgestaltet und ihre Umsetzung steht der Digitalisierung offen gegenüber.

34 / 92

BBl 2023 2165

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Bankengesetz

Art. 3g Abs. 1 und 2 erster Satz Siehe Erläuterungen zu Artikel 5 E-BankG.

Art. 5

Offenlegung

Absatz 1 Im Rahmen der Überführung der abgeschlossenen Basel-III-Reformen in nationales Recht wurde festgestellt, dass bislang eine explizite Gesetzesgrundlage für die bereits bestehenden Offenlegungsvorschriften in den Bereichen Geschäftstätigkeit und Organisation, Risikoverteilung, Eigenmittel, Liquidität, Zinsrisiken und in sonstigen Bereichen mit wesentlichen Risiken fehlt. In den Artikeln 3g Absätze 1 und 2 sowie 5 E-BankG wird daher die entsprechende Grundlage auf Gesetzesstufe nachgeführt.

Absätze 2 und 3 Die durch den Bundesrat festzulegenden Einzelheiten der Offenlegung richten sich nach Massgabe der Geschäftstätigkeit und der Risiken, und die FINMA erhält explizit die Kompetenz, Regelungen zur Offenlegung zu erlassen. Bereits heute wird abhängig vom Umfang der Offenlegung in den einschlägigen Bereichen unterschieden zwischen der Offenlegung systemrelevanter Banken sowie jener nicht systemrelevanter Banken.

Art. 10a Abs. 2 Einleitungssatz und Bst. c sowie Abs. 3 und 4 Absatz 2 Buchstabe c Neu wird im Gesetz die explizite Möglichkeit verankert, dass der Bundesrat gegenüber einer SIB oder ihrer Konzernobergesellschaft bei der Beanspruchung staatlicher Beihilfe die Rückforderung von bereits ausbezahlten variablen Vergütungen verlangen kann. Konkret kann der Bundesrat die Bank im Rahmen einer Verfügung dazu verpflichten, bereits ausbezahlte Vergütungen an gegenwärtige und ehemalige Personen in leitender Stellung einzufordern, die eine Verantwortung für die Situation tragen, welche zur Notwendigkeit der staatlichen Beihilfe geführt hat. Es wird ein Konnex zwischen der finanziellen Notlage und den dafür verantwortlichen Personen in leitender Stellung verlangt, wobei eine massgebliche Mitverantwortung an der Entstehung der Notlage ausreicht. Wer die betroffenen Personen sind und welche Verantwortung sie innerhalb der SIB übernommen haben, ist im konkreten Anwendungsfall zu bestimmen. Dabei werden nebst den allgemein geltenden Bestimmungen, beispielsweise im OR, auch bankinterne Weisungen beizuziehen sein. Zudem ist auch davon auszugehen, dass die Bank eigene interne Untersuchungen einleiten wird, um den Zusammenhang zwischen der finanziellen Notlage und den verantwortungstragenden Personen zu eruieren. Die Rückforderung ist dabei nicht auf die individuelle anteilsmässige Mitverantwortung einer betroffenen Person begrenzt.

35 / 92

BBl 2023 2165

Variable Vergütungen sind diejenigen Teile der Gesamtvergütung, deren Ausrichtung und Höhe im Ermessen des Finanzinstituts stehen oder vom Eintritt vereinbarter Bedingungen abhängen, einschliesslich leistungs- und erfolgsabhängiger Vergütungen sowie Antritts- und Abgangsentschädigungen. Die Ausübung dieser Massnahme wird auch in denjenigen Fällen zu prüfen sein, in denen sich aufgrund der finanziellen Lage des Instituts bereits abgezeichnet hat, dass eine staatliche Unterstützung notwendig sein könnte, und Personen in leitender Stellung die SIB verlassen haben. Im verwaltungsrechtlichen Verfahren wird sodann unter Mitwirkung der betroffenen SIB zu eruieren sein, welche variablen Vergütungen gegenwärtiger oder ehemaliger Personen in leitender Stellung, die für die finanzielle Lage der SIB mitverantwortlich zeichnen, tangiert sind. Von Buchstabe c nicht erfasst sind aufgeschobene variable Vergütungen, die noch nicht ausbezahlt wurden. Diese werden durch den bestehenden Buchstaben a bereits abgedeckt.

Absatz 3 Dieser Absatz wurde aufgrund der Einführung von Absatz 2 Buchstabe c ergänzt. Zudem wurde aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung präzisiert, dass die FINMA der Bank im Einzelfall erlauben kann, auf die verfügte Rückforderung der variablen Vergütung ganz oder teilweise zu verzichten, soweit ein Rückforderungsvorbehalt nach dem auf einen Arbeitsvertrag anwendbaren Recht nicht zulässig ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Vergütungssysteme so angepasst werden, dass in der Praxis die Massnahmen nach Absatz 2 umsetzbar sind.

Absatz 4 Wird eine Massnahme nach diesem Artikel verfügt, überwacht die FINMA deren Umsetzung im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit.

Art. 10b

Zusammenarbeit des EFD, der FINMA und der Nationalbank zur Abwendung und Bewältigung des Ausfalls einer systemrelevanten Bank

Über die Zusammenarbeit im Bereich der Finanzstabilität und Finanzmarktregulierung zwischen dem EFD, der FINMA und der SNB wurde bereits 2011 ein tripartites Memorandum of Understanding unterschrieben und 2019 ergänzt.67 Die vorliegende Bestimmung soll nun die diesbezügliche gesetzliche Grundlage im Bereich der systemrelevanten Banken schaffen. Klarzustellen ist dabei, dass es sich beim neuen Artikel 10b E-BankG entgegen Artikel 50 NBG sowie Artikel 39 FINMAG nicht um eine blosse Kompetenznorm handelt. Vielmehr erhalten die Behörden spezifische Vorgaben über die Zusammenarbeit und den Austausch zur Wahrung der Stabilität des Finanzsystems. In diesen Sinn erweitert und konkretisiert Artikel 10b E-BankG die bestehenden Bestimmungen im NBG und im FINMAG.

67

Memorandum of Understanding zur tripartiten Zusammenarbeit im Bereich Finanzstabilität und Finanzmarktregulierung, 2. Dezember 2019, abrufbar unter: https://www.sif.admin.ch/sif/de/home/dokumentation/fachinformationen/archiv/tripartitevereinbarung.html.

36 / 92

BBl 2023 2165

Absatz 1 Entsprechend soll Absatz 1 den Grundsatz der Zusammenarbeit der massgeblichen Behörden im Rahmen eines sich abzeichnenden Ausfalls einer systemrelevanten Bank beziehungsweise dessen Bewältigung verankern. Mit Blick auf die Finanzstabilität der Schweiz verfolgt die Zusammenarbeit der Behörden das Ziel der Abwendung beziehungsweise der Bewältigung einer Bankenkrise. In solchen Fällen ist eine enge Koordination der Arbeiten erforderlich, und es ist sicherzustellen, dass die jeweiligen Verantwortlichkeiten wirksam wahrgenommen werden können.

Absatz 2 Trotz der verschärften TBTF-Regulierung können sich ausserordentliche Situationen ereignen, die eine Bankenkrise provozieren könnten. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Bank ihre eigenen Möglichkeiten zur Abwendung des Ausfalls ausgenutzt hat, die ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB ausgeschöpft sind und die FINMA die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente entweder ausgereizt hat oder sich diese als nicht wirksam erweisen. In einem solchen Fall kann sich die Anordnung einer Massnahme nach Artikel 25 Absatz 1 BankG als nötig erweisen. Dies ist wichtig, um einen erheblichen Schaden an der Schweizer Volkswirtschaft oder am schweizerischen Finanzsystem zu verhindern (vgl. Art. 7 Abs. 1 BankG). Wenn die FINMA in ihrer Einschätzung zum Schluss gekommen ist, dass begründete Besorgnis besteht, dass eine systemrelevante Bank überschuldet ist oder ernsthafte Liquiditätsprobleme hat, oder wenn diese die Eigenmittelvorschriften nach Ablauf einer von der FINMA festgesetzten Frist nicht erfüllt und die Anordnung einer Massnahme nach Artikel 25 Absatz 1 BankG wahrscheinlich werden kann, muss die FINMA unverzüglich das EFD und die SNB benachrichtigen. Um eine angemessene Vorbereitungszeit und Koordination der Krisenorganisation zu ermöglichen, erfolgt die Benachrichtigung der FINMA in einem möglichst frühen Stadium der entsprechenden Bankenkrise. Die FINMA fokussiert in ihrer Beurteilung insbesondere auf die bei der betroffenen SIB identifizierten Problemfelder und schätzt die potenziellen Auswirkungen von Handlungsoptionen auf die Bank ein. Diese Einschätzungen reicht sie dem EFD ein.

Absatz 3 Die SNB reicht dem EFD, nach der Benachrichtigung der FINMA gemäss Absatz 2, ihre Einschätzungen zur Krisensituation ein. Dabei fokussiert sich
die SNB insbesondere auf die Auswirkungen eines Ausfalls der SIB auf die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem und schätzt die diesbezüglichen potenziellen Auswirkungen von Handlungsoptionen ein. Die Einschätzungen der SNB sowie diejenigen der FINMA nach Absatz 2 sollen dazu dienen, unterschiedliche Massnahmen zu prüfen und zu entwickeln. Falls das EFD zum Schluss kommt, dass eine staatliche Intervention notwendig ist, informiert es unverzüglich den Bundesrat und die Eidgenössische Finanzkontrolle sowie in Abhängigkeit von der Dringlichkeit auch die parlamentarische Finanzdelegation.

Art. 12

Vorratskapital

Der heutige Artikel 12 BankG über das Vorratskapital soll ohne materielle Änderung an die seit dem 1. Januar 2023 geltenden Bestimmungen der Aktienrechtsreform an37 / 92

BBl 2023 2165

gepasst werden. Diese kennen kein Institut der genehmigten Kapitalerhöhung mehr, auf welche der heutige Artikel 12 BankG referenziert. Die statutarische Ermächtigung des Verwaltungsrats zu einer Kapitalerhöhung findet seine Entsprechung im OR nun vielmehr in den neuen Bestimmungen über das Kapitalband (Art. 653s­653u OR) und im Übrigen in denjenigen zur ordentlichen Kapitalerhöhung. Da das Kapitalband nebst einer Kapitalerhöhung auch eine Kapitalherabsetzung zulässt, passt dieses aber nur bedingt auf die Regeln zum Vorratskapital nach dem BankG, weil diese naturgemäss allein eine (der besseren Stabilität der Bank dienende) Kapitalerhöhung zulassen. Die vorliegende Änderung von Artikel 12 BankG trägt diesen Umständen Rechnung.

Absatz 1 Dieser entspricht mit kleinen sprachlichen Anpassungen der heutigen Fassung.

Absätze 2 und 3 Hier werden im BankG neu angelehnt an die Bestimmungen zum Kapitalband (Art. 653u Abs. 2 und 4 OR) detailliertere Vorgaben zu den Aufgaben des Verwaltungsrats im Fall einer durch ihn beschlossenen Erhöhung des Aktienkapitals aufgenommen.

Absatz 4 Dieser Absatz entspricht wörtlich dem heutigen Absatz 2 und regelt die Behandlung der Bezugsrechte.

Absatz 5 Dieser Absatz erklärt wie der heutige Absatz 3 im Übrigen die Bestimmungen des OR für anwendbar, wobei es sich neu um diejenigen zur ordentlichen Kapitalerhöhung und zum Partizipationskapital handelt. Der heutige Buchstabe a, der die zeitliche und betragsmässige Beschränkung der Kapitalerhöhung nach damaligem OR als nicht anwendbar erklärt, wird mit der Neuformulierung des Einleitungssatzes obsolet. Die genannte Beschränkung findet sich nunmehr in den Bestimmungen zum Kapitalband, die gemäss Einleitungssatz im BankG grundsätzlich nicht gelten sollen. Die Buchstaben a­c entsprechen inhaltlich den heutigen Buchstaben b­d. Einzig ist in Buchstabe c die Erwähnung von Artikel 656b Absatz 4 OR weggefallen, da dieser zwischenzeitlich einen anderen Inhalt hat.

Art. 13 Abs. 1, 2 Einleitungsteil, 6 und 8 Einleitungssatz Absätze 1 und 2 Das OR spricht nach der Aktienrechtsreform in Artikel 653 nicht mehr von einer bedingten Kapitalerhöhung, sondern neu von bedingtem Kapital. Im BankG soll daher und zugleich entsprechend dem bankspezifischen Charakter des Kapitals und dem bisherigen Wortlaut neu der Begriff des bedingten Wandlungskapitals verwendet werden.

38 / 92

BBl 2023 2165

Absatz 6 Die heute im zweiten Satz erwähnte Registersperre gibt es seit 1. Januar 2021 nicht mehr, da Artikel 162 der Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 200768 auf diesen Zeitpunkt aufgehoben wurde. Der zweite Satz kann daher gestrichen werden.

Absatz 8 Hier erfolgt eine rein begriffliche Anpassung an das OR nach der Aktienrechtsreform.

Art. 14 Abs. 6 Die in den Artikeln 697a­697g OR geregelte «Sonderprüfung» wurde mit Wirkung ab 1. Januar 2021 abgelöst durch die nunmehr in den Artikeln 697c­697gbis OR abgehandelte «Sonderuntersuchung». Die Verweisung in Absatz 6 ist in diesem Sinne neu zu formulieren.

Art. 14b

Meldepflichten und Verzeichnis bei Genossenschaftsbanken

Absätze 1­4 Die Bestimmung über die Meldepflichten der Inhaber von Beteiligungsscheinen wurde mit dem Finanzinstitutsgesetz69 (FINIG) auf den 1. Januar 2020 in Umsetzung der damaligen internationalen Transparenzvorgaben70 eingeführt. Die Inhaberaktien, auf die sie referenziert, wurden in der Schweiz in der Zwischenzeit mit dem Bundesgesetz über die Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum71 faktisch abgeschafft. Es bestehen nach Artikel 622 Absatz 1bis OR nur noch zwei gesetzliche Ausnahmen, in denen Inhaberaktien zulässig sind: börsenkotierte Gesellschaften und als Bucheffekten ausgestaltete Inhaberaktien. In diesen Fällen sehen das Börsenrecht und das Bucheffektengesetz Meldepflichten in Bezug auf die wirtschaftlich berechtigten Personen vor. Im gleichen Zug wurde konsequenterweise auch das Verzeichnis der Inhaberaktionäre abgeschafft. Dies wäre das angemessene Instrument gewesen, die Inhaber von Beteiligungsscheinen zu erfassen. Unter diesen Umständen erscheint es sinnvoll und notwendig, im BankG eine eigenständige Regelung zu schaffen, die analog dem bisherigen Verzeichnis der Inhaberaktionäre (vor dem 1. Mai 2021 geregelt in Art. 697i OR72) die Inhaber der Beteiligungsscheine erfasst und den Inhabern Melde- und Aktualisierungspflichten auferlegt. In den Absätzen 1­4 wird dieses Anliegen aufgenommen.

Absatz 5 Hier wird analog zu Artikel 697j OR sichergestellt, dass ein Inhaber von Beteiligungsscheinen die daran wirtschaftlich berechtigte(n) Person(en) melden muss.

68 69 70 71

72

SR 221.411 SR 954.1 Bundesgesetz vom 12. Dezember 2014 zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d'action financière (GAFI-Vorlage, BBl 2014 9689.

Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 zur Umsetzung von Empfehlungen des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke (AS 2019 3161; BBl 2019 279).

AS 2015 1389; BBl 2014 605

39 / 92

BBl 2023 2165

Absatz 6 Dieser Absatz übernimmt den heutigen Absatz 2.

Absatz 7 Die heutige Referenzierung in diesem Absatz auf Artikel 697l OR passt nicht mehr, da die Bestimmung des OR zwischenzeitlich angepasst wurde. Absatz 7 enthält daher neu angelehnt an die seinerzeitige Version von Art. 697l ausformulierte Vorgaben für das Verzeichnis der Inhaber der Beteiligungsscheine und der wirtschaftlich berechtigten Personen.

Absatz 8 Dieser Absatz übernimmt die internationalen Vorgaben des jederzeit möglichen Zugriffs entsprechend Artikel 697l Absatz 4 OR.

Art. 26 Abs. 1 Bst. i Die Abschreibung oder Wandlung von zusätzlichem Kernkapital wird bereits gemäss geltendem Recht unter eine Schutzmassnahme nach Artikel 26 BankG subsumiert und ist zudem auch gemäss der vertraglichen Ausgestaltung dieser Instrumente möglich.

Buchstabe i hat somit deklaratorischen Charakter. Aus Transparenzgründen wurde die Abschreibung von zusätzlichem Kernkapital auch in Artikel 5a der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 202373 hervorgehoben. Im Sinne der Fortführung dieser Transparenz gegenüber Gläubigerinnen und Gläubigern entsprechender Finanzierungsinstrumente wird der nicht abschliessende Massnahmenkatalog in Artikel 26 Absatz 1 BankG entsprechend ergänzt; vor diesem Hintergrund erübrigt sich die Überführung des Artikels 5a der Verordnung. Präzisierend sei erwähnt, dass ausserhalb einer Massnahme gemäss Artikel 30b BankG die vertragliche Grundlage des betroffenen Instruments des ausstehenden zusätzlichen Kernkapitals massgebend ist, ob eine Abschreibung oder Wandlung vorzunehmen ist.

Art. 30b Abs. 3 Bst. a Forderungen aus Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB sollen von einer Forderungsreduktion oder Wandlung ausgenommen werden. Diese Forderungen sollen die Sanierung unterstützen und die SNB soll vor ungesicherten Verlusten bewahrt werden. Die Forderungen der SNB aus zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen werden in die zweite Gläubigerklasse nach Artikel 219 Absatz 4 SchKG eingereiht (vgl. Art. 51b Abs. 4 E-BankG) und werden bereits unter geltendem Recht von der Wandlung oder Forderungsreduktion ausgenommen. Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie werden daher neu auch von der Wandlung oder Forderungsreduktion ausgenommen.

Vorbemerkung zum elften a. Abschnitt In diesem Abschnitt wird das Konzept des PLB,
dessen Umsetzung vom Bundesrat im März 2022 in Auftrag gegeben und das im Wesentlichen vom Bundesrat mittels der Verordnung vom 16. März 202374 über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen und 73 74

AS 2023 136 SR 952.3

40 / 92

BBl 2023 2165

die Gewährung von Ausfallgarantien des Bundes für Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank an systemrelevante Banken im März 2023 in Kraft gesetzt wurde, der Bundesversammlung unterbreitet.

Art. 32a

Gewährung von Ausfallgarantien

Absatz 1 Gemäss diesem Absatz kann der Bund Ausfallgarantien zur Absicherung der Liquiditätshilfe-Darlehen gewähren. Die Ausfallgarantie des Bundes dient der SNB als Sicherheit im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe e NBG. Eine Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen soll nur in ausserordentlichen Situationen und subsidiär gewährt werden, d. h., wenn alle anderen Liquiditätsquellen ausgeschöpft sind (vgl.

Abs. 3 Bst. a). Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantien gehen nach Absatz 1 nur an Banken, die systemrelevant oder Teil einer systemrelevanten Finanzgruppe sind. Nach Artikel 8 Absatz 3 BankG ist die SNB zuständig für die Feststellung der Systemrelevanz der Bank und von deren systemrelevanten Funktionen. Handelt es sich bei der SIB um eine Finanzgruppe, bezeichnet die SNB die ganze Gruppe als systemrelevant, jedoch nicht die einzelnen Banken der Gruppe. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Botschaft sind die UBS Group, die Credit Suisse Group75, die PostFinance, die Zürcher Kantonalbank (ZKB) und Raiffeisen (als Finanzgruppe) als systemrelevant bezeichnet worden. Im Fall einer systemrelevanten Finanzgruppe ­ dies ist bei den beiden international tätigen SIBs (UBS Group AG und Credit Suisse Group AG) der Fall ­ können Liquiditätshilfe-Darlehen nur an Rechtseinheiten gehen, die über eine Bankbewilligung verfügen. Dies sind die Stammhäuser (UBS AG und Credit Suisse AG) sowie die jeweiligen Schweizer Einheiten. Die Konzernobergesellschaften (UBS Group AG und Credit Suisse Group AG) verfügen über keine Banklizenz. Zu beachten ist, dass der Bund aufgrund der Kann-Bestimmung nicht verpflichtet ist, eine Ausfallgarantie zu gewähren. Es besteht somit kein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Ausfallgarantien (vgl. Abs. 4). Der Bund entscheidet in seinem Ermessen im Einzelfall nach sorgfältiger Abwägung und Risikoeinschätzung.

Bei seiner Risikoeinschätzung berücksichtigt der Bund insbesondere auch das Konkursprivileg nach Artikel 32i E-BankG. Mit der Gewährung einer Ausfallgarantie an die SNB übernimmt der Bund das Risiko, dass er dereinst die SNB für Verluste aus den vom Bund gesicherten Liquiditätshilfe-Darlehen schadlos halten muss. Folglich übernimmt der Bund ein finanzielles Risiko. Um dieses Risiko möglichst zu minimieren, ist die Konkursprivilegierung der Forderungen aus den
Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie vorgesehen (Art. 32i E-BankG), und es wird die Solvenz des Instituts vorausgesetzt (vgl. Abs. 3 Bst. c). Der Bund gewährt die Ausfallgarantie nur dann, wenn insbesondere seine Vorteile aus der Konkursprivilegierung nicht beeinträchtigt sind. Konkret müssen in der Bilanz der Darlehensnehmerin genügend werthaltige und unbelastete Aktiven vorhanden sein, die im ungünstigsten Fall eines Konkurses verwertet werden könnten und dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit einen genügend hohen Erlös abwerfen, aus dem die gewährten Liquiditätshilfe-Darlehen 75

Der rechtliche Abschluss der Übernahme der Credit Suisse Group AG durch die UBS Group AG ist am 12. Juni 2023 erfolgt.

41 / 92

BBl 2023 2165

mit Ausfallgarantie zurückbezahlt werden könnten. In diesem Sinne setzt die Gewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie voraus, dass noch genügend «Sicherheiten im weitesten Sinne» beziehungsweise genügend verwertbare Aktiven in der Bilanz vorhanden sind.

Das Konkursprivileg könnte zudem auch dann beeinträchtigt werden, wenn die systemrelevante Bank einer Finanzgruppe (beispielsweise die Schweizer Einheit einer GSIB) als Darlehensnehmerin einen Teil der erhaltenen Liquidität innerhalb der Finanzgruppe verteilt (zum Beispiel an das Stammhaus). Wird in der Folge über das Stammhaus der Konkurs eröffnet ohne vorgängige Rückerstattung der erhaltenen Liquidität an die Schweizer Einheit, wäre die Werthaltigkeit des Konkursprivilegs des Bundes beeinträchtigt. Dies, weil davon auszugehen ist, dass es der Schweizer Einheit aufgrund des Notfallplans gelingen würde, ihre Geschäftstätigkeit weiterzuführen. Die Bestimmung der Darlehensnehmerin muss deshalb insbesondere bei SIBs mit einer komplexen Organisationsstruktur nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Faktoren erfolgen, die das Konkursprivileg des Bundes beeinträchtigen und den Entscheid bezüglich der Gewährung einer Ausfallgarantie beeinflussen könnten. Grundsätzlich sollen Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie an diejenige Rechtseinheit gewährt werden, die einen entsprechenden Bedarf aufweist. Nach Gewährung eines Liquiditätshilfe-Darlehens mit Ausfallgarantie obliegt es primär der FINMA, darauf zu achten, dass durch konzerninterne Liquiditätsverschiebungen die Konkursprivilegierung nicht ausgehöhlt wird.

Die Verpflichtung des Bundes gegenüber der SNB kann substanziell werden. Der Bund muss für die Gewährung einer Ausfallgarantie das einzugehende finanzielle Risiko für den Bundeshaushalt einschätzen. Zur Entschädigung des Risikos, dass der Bund der SNB eine allfällige Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen an eine SIB bereitstellen und damit ein potenzielles Verlustrisiko eingehen könnte, ist als Abgeltung eine von den SIBs zu entrichtende Ex-ante-Pauschale zuhanden des allgemeinen Bundeshaushalts vorgesehen (vgl. Art. 32c E-BankG). Zu beachten ist auch, dass ein allfällig definitiver vom Bund zu tragender Verlust erst nach Abschluss des Konkursverfahrens feststeht. Ein Konkursverfahren über eine SIB kann zehn Jahre
oder länger dauern. Neben den direkten finanziellen Risiken für den Bundeshaushalt beurteilt der Bund weitere Risiken. Zu denken ist hierbei insbesondere an eine erhebliche Schädigung der Schweizer Volkswirtschaft und des Finanzsystems (vgl. Abs. 3 Bst. d).

Absatz 2 Mit der Gewährung einer Ausfallgarantie zugunsten der SNB verpflichtet sich der Bund, bis zur Höhe des Garantiebetrags einen definitiven Verlust der SNB zu übernehmen, der ihr im Fall einer Nichtzurückzahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie oder von Teilen davon und nach Abschluss eines allfälligen Konkursverfahrens erwächst (inkl. bis zum Zeitpunkt des Konkurses aufgelaufener Zinsen und der Risikoprämie der SNB nach Art. 32d Abs. 2 und 3 E-BankG). Die Ausfallgarantie erfasst somit keine Verluste auf anderen Darlehen der SNB an die Darlehensnehmerin (z. B. aus ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehen). Nach dem FHG erfordert eine Garantie des Bundes einen Verpflichtungskredit (vgl. Art. 32b E-BankG). Die Höhe des Garantiebetrags entspricht dem Verpflichtungskredit. Bei einem allfälligen 42 / 92

BBl 2023 2165

späteren Konkurs der Darlehensnehmerin wird nach Abschluss des Konkursverfahrens und nach Verwertung sämtlicher verbleibender Aktiven festgestellt, wie hoch ein allfälliger verbleibender Verlust der SNB aus den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie definitiv ist.

Absatz 3 Der Bund kann eine Ausfallgarantie nur gewähren, wenn die in diesem Absatz genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Damit der Bundesrat die Erfüllung dieser Voraussetzungen feststellen kann, ist er insbesondere auf die Bereitstellung von Grundlagen durch die FINMA und die SNB angewiesen, da diese Institutionen über notwendige Informationen und die Fachkompetenz zur Beurteilung der Voraussetzungen verfügen und die notwendigen Beurteilungen abgeben müssen (vgl. auch Art. 32l und 10b E-BankG). Das EFD ist für die Vorbereitung des Entscheids des Bundesrates und der parlamentarischen Finanzdelegation zuständig. Es kann bei Bedarf nebst der FINMA und der SNB auch Verwaltungseinheiten (z. B. das Staatssekretariat für Wirtschaft oder das Bundesamt für Justiz) oder externe Dritte für die Beurteilung beiziehen. Die Voraussetzungen in Artikel 32a Absatz 3 E-BankG müssen zum Zeitpunkt des Entscheids über die Gewährung der mit einer Ausfallgarantie gesicherten Liquiditätshilfe-Darlehen erfüllt sein.

Buchstabe a Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes müssen zwingend subsidiär zu anderen Massnahmen und Instrumenten zur Sicherstellung der Liquidität sein, die der SIB zur Verfügung stehen. Das heisst, die Darlehensnehmerin und die Finanzgruppe müssen die aus eigener Kraft erschliessbaren Liquiditätsquellen ausgeschöpft haben. Die erste Quelle, die ausgeschöpft sein muss ­ die sogenannt erste Verteidigungslinie ­ ist die eigene Liquiditätshaltung (inkl. der kurzfristig umsetzbaren liquiditätsgenerierenden Massnahmen). Die Vorschriften in der LiqV sehen für die Liquiditätshaltung der SIBs im Vergleich zu den übrigen Banken strengere und auch im internationalen Vergleich hohe Anforderungen vor.

Falls diese Quelle versiegt ist, kommt die sogenannte zweite Verteidigungslinie zum Zug: Dabei kann die SNB unter den von ihr aufgestellten Bedingungen ausserordentliche Liquiditätshilfe-Darlehen gewähren, d. h. nach den Artikeln 5 Absatz 2 Buchstaben a und e und 9 Absatz 1 Buchstabe e NBG Liquidität gegen ausreichende
Sicherheiten (beispielsweise gegen Hypotheken und bestimmte Wertschriften) zur Verfügung stellen. Dabei richtet sie sich nach den hierfür eigens erlassenen und anwendbaren Richtlinien.

Erst wenn diese beiden Verteidigungslinien und allenfalls weitere durch die Darlehensnehmerin und die Finanzgruppe aus eigener Kraft erschliessbare Finanzierungsquellen ausgeschöpft sind oder sich deren Ausschöpfung unmittelbar abzeichnet, können Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes als dritte Verteidigungslinie gewährt werden.

Damit der Bund die Erfüllung der Voraussetzung überprüfen kann, muss die SNB gegenüber dem Bund vor der Auszahlung der ersten Tranche von LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie bestätigen, dass die Darlehensnehmerin alle zur Verfügung stehenden geeigneten Vermögenswerte für den Bezug von ausserordentlichen 43 / 92

BBl 2023 2165

Liquiditätshilfe-Darlehen eingesetzt hat. Vorbehalten bleiben Sicherheiten, die keine weitere Liquidität generieren oder die die Bank bis zum Zeitpunkt der Gewährung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie zwingend und im zulässigen Umfang als Puffer zur Bewirtschaftung ihrer Liquidität braucht. Ebenfalls vorbehalten bleiben Sicherheiten, deren Verwendung für Zwecke der ausserordentlichen Liquiditätshilfe der SNB eine destabilisierende Wirkung oder erheblich hohe Kosten für die Bank hätte, weil sie beispielsweise zur Risikoabsicherung nicht zeitnah durch Derivate substituiert werden können. Vorbehalten bleiben zudem auch Sicherheiten der Schweizer Einheit, falls die Schweizer Einheit die mit diesen Sicherheiten generierte Liquidität aufgrund aufsichtsrechtlicher Beschränkungen im Zusammenhang mit dem Notfallplan nicht an das Stammhaus weitergeben darf.

Die FINMA muss dem Bund gegenüber bestätigen, dass der Darlehensnehmerin sowie der Finanzgruppe keine über die ausserordentlichen sowie allenfalls zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen hinausgehenden Liquiditätsquellen mehr zur Verfügung stehen.

Buchstabe b Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie werden in einer Situation nötig, in der einer SIB die für die Bedienung ihrer Verpflichtungen notwendige Liquidität auszugehen droht, z. B. weil die Kundinnen und Kunden ihre Guthaben abziehen oder weil die sonst üblichen Refinanzierungsquellen zu versiegen drohen. Eine solche Situation ist typischerweise das Resultat einer schweren, anhaltenden Vertrauenskrise. Damit der Bund in solch einem Fall eine Ausfallgarantie gewähren kann, muss die FINMA entweder ein Sanierungsverfahren über die Bank bereits eingeleitet haben oder eine Eröffnung in Vorbereitung sein. Im Sanierungsverfahren kann die FINMA Kapitalmassnahmen wie die Rekapitalisierung durch einen Bail-in oder organisatorische und strukturelle Massnahmen (z. B. Auswechseln des Managements, neue Ausrichtung inkl. Verkäufe von Konzernteilen) anordnen. Solche Massnahmen sind in einem geordneten Verfahren umzusetzen. Ein solches ist mit dem von der FINMA einzuleitenden Sanierungsverfahren gegeben.

Buchstabe c Bevor der Bund eine Ausfallgarantie für ein Liquiditätshilfe-Darlehen gewähren kann, muss er sich versichern, dass die Darlehensnehmerin solvent ist. Eine Bank ist solvent, wenn sie
die geltenden Eigenmittelvorschriften aktuell und vorausschauend ­ beziehungsweise unter Berücksichtigung allfälliger zu ergreifender Kapitalmassnahmen ­ erfüllt. Diese Bedingung impliziert insbesondere, dass die Bank genügend Aktiven hat, um ihren gesamten Verbindlichkeiten nachkommen zu können, und darüber hinaus über genügend Eigenkapital verfügt. Eine Ausfallgarantie des Bundes wird nur ausgerichtet, wenn die Darlehensnehmerin die Voraussetzungen für die Bewilligung als Bank erfüllt. Die FINMA bestätigt, dass die Darlehensnehmerin solvent ist oder, falls es zur Herstellung der Solvenz zusätzlicher Massnahmen bedarf, dass ein Sanierungsplan vorliegt, der nach ihrer Beurteilung die Solvenz herzustellen vermag. Folglich kann die Solvenz auch erst nach einer Sanierung vorliegen.

44 / 92

BBl 2023 2165

Buchstabe d Eine weitere Voraussetzung für die Gewährung einer Ausfallgarantie und somit der Liquiditätshilfe ist, dass bei Nichtgewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie der SIB der Konkurs droht und dass im Zuge dessen aufgrund der Systemrelevanz des Instituts eine erhebliche Schädigung des schweizerischen Finanzsystems und der Schweizer Volkswirtschaft droht. Aufgrund der Bedeutung einer SIB für den international ausgerichteten Schweizer Finanzplatz drohen in diesem Fall zudem negative Auswirkungen auf das internationale Finanzsystem, was wiederum die Finanzstabilität in der Schweiz gefährden und die negativen Auswirkungen auf die Schweizer Volkswirtschaft verstärken kann. Die Gewährung einer Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB muss im öffentlichen Interesse liegen (Art. 5 Abs. 2 BV).

Buchstabe e Die Gewährung einer Ausfallgarantie durch den Bund ist staatliches Handeln unter Einsatz öffentlicher Gelder, das auf seine Verhältnismässigkeit zu prüfen ist (Art. 5 Abs. 2 BV).

Einerseits muss die Gewährung einer Ausfallgarantie für die bevorstehende Sanierung der SIB und die Abwendung der damit zusammenhängenden Risiken geeignet sein (Eignung). Andererseits muss eine Schädigung der Schweizer Volkswirtschaft und des schweizerischen Finanzsystems durch den Konkurs einer SIB nicht auf andere Weise als durch Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie und der daraus entstehenden Risikoübernahme durch den Bund abwendbar sein (Erforderlichkeit).

Absatz 4 Der Bund ist nicht verpflichtet, eine Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen zu gewähren, auch wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 erfüllt sind. Dieser Umstand kommt schon in der Kann-Formulierung nach Absatz 1 zum Ausdruck. Mit Absatz 4 wird verdeutlicht, dass es sich nicht um einen gesetzlichen Anspruch auf Gewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie handelt.

Art. 32b

Kreditbewilligung

Gemäss Finanzhaushaltgesetz erfordert eine Garantie des Bundes einen Verpflichtungskredit (Art. 21 Abs. 4 Bst. e FHG). Das Parlament bewilligt im Normalfall einen Verpflichtungskredit entweder über den Voranschlag und seine Nachträge oder als einzelnes Geschäft mit besonderer Botschaft (Art. 23 FHG). Die Notwendigkeit einer Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB äussert sich in einer Situation höchster zeitlicher Dringlichkeit. Das heisst, die für einen Verpflichtungskredit üblicherweise vorgesehenen parlamentarischen Prozesse sind für eine Ausfallgarantie ungeeignet, da sie längere Zeit in Anspruch nehmen. Die Gewährung einer Ausfallgarantie erträgt keinen Aufschub, weshalb Artikel 28 FHG zur Anwendung kommt: Der Bundesrat beantragt den erforderlichen Verpflichtungskredit im Dringlichkeitsverfahren und holt hierfür vorgängig die Zustimmung der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte ein. Hierfür muss der Bundesrat gegenüber der Finanzdelegation den Nachweis erbringen, dass die Voraussetzungen zur Gewährung von Ausfallgarantien 45 / 92

BBl 2023 2165

nach Artikel 32a E-BankG erfüllt sind. Mit der Zustimmung der Finanzdelegation darf der Bundesrat Verpflichtungen über den Einsatz von Finanzmitteln sofort eingehen (Art. 28 Abs. 1 FHG). Die dringliche Verpflichtung ist der Bundesversammlung jedoch zur nachträglichen Genehmigung zu unterbreiten (Art. 28 Abs. 2 FHG).

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat die Frage prüfen wird, ob das Parlament bei dringlichen Finanzbeschlüssen gemäss heutiger Rechtslage angemessen einbezogen ist oder ob Anpassungen notwendig und möglich sind, ohne dass die verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Bundes und damit die staatliche Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten beschnitten werden.76 Art. 32c

Pauschale für das Risiko einer allfälligen Bereitstellung einer Ausfallgarantie

Absatz 1 Der Umstand, dass der Bund für den Krisenfall eine Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB an eine SIB bereitstellen kann, bedeutet für den Bund, dass er im Fall der Krise einer SIB und bei Erfüllung der gesetzlich festgelegten Voraussetzungen grundsätzlich bereit ist, zugunsten der Sicherung der Finanzstabilität ein gewisses Verlustrisiko einzugehen. Zur Abgeltung dieser grundsätzlichen Bereitschaft des Bundes soll eine entsprechende Pauschale eingeführt werden. Die Möglichkeit, im Krisenfall eine zusätzliche, vom Bund abgesicherte Liquiditätshilfe zu erhalten, wirkt zudem bereits präventiv und hat für sämtliche SIBs einen entsprechenden Wert. Es können ihnen tiefere Refinanzierungskosten anfallen und das Vertrauen ihrer Kunden und Investoren wird gestärkt. Dies führt zu einer Wettbewerbsverzerrung zugunsten der SIBs, die durch die Pauschale kompensiert werden soll. Es erscheint daher auch unter diesem Aspekt gerechtfertigt, dass dieser Wert von den SIBs durch eine entsprechende Pauschale zuhanden des allgemeinen Bundeshaushalts abgegolten wird, unabhängig davon, ob ein Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes gewährt wird. Private Unternehmen sollen nicht ohne Gegenleistung von der Risikoübernahmebereitschaft des Bundes profitieren können.

Absätze 2­4 Hier wird die durch den Bundesrat weiter zu spezifizierende Berechnung der von den SIBs zu entrichtenden Pauschale geregelt. Die Pauschale soll risikobasiert sein. Sie soll im Ergebnis abbilden, mit welcher Wahrscheinlichkeit und in welchem Umfang die Ausfallgarantie in Anspruch genommen werden und daraus ein Verlustrisiko entstehen könnte.

Der Bemessungssatz (Abs. 3) ist für alle SIBs gleich hoch und bildet gestützt auf grobe Schätzungen das für den Bund insgesamt bestehende Risiko ab, im Bedarfsfall eine Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen gewähren zu müssen und daraus im 76

Vgl. Postulat RK-N 23.3438 zur Anwendung von Notrecht, abrufbar unter: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20233438, und Medienmitteilung des Bundesrates vom 19. April 2023 «Bundesrat hat sich zum Ergebnis der ausserordentlichen Session ausgetauscht», abrufbar unter: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-94415.

html.

46 / 92

BBl 2023 2165

Konkursfall einen möglichen Verlust zu erleiden. Die berechnete Pauschale muss schliesslich im Vergleich zum Geschäftsergebnis (z. B. dem Konzerngewinn vor Steuern oder dem Konzernverlust) der SIBs verhältnismässig beziehungsweise tragbar sein. Die Pauschale soll einen mit der Einführung einer staatlichen Liquiditätssicherung für SIBs entstehenden Wettbewerbsvorteil kompensieren, soll aber gleichzeitig nicht zu einem Wettbewerbsnachteil führen.

Bei der Bemessungsgrundlage (Abs. 4) soll bankspezifisch, unter Berücksichtigung des Gesamtengagements77 im Sinn des Basler Mindeststandards zur Höchstverschuldungsquote (LEV, Fassung vom 31. Januar 202278), dem Risiko der unterschiedlichen Geschäftsmodelle der SIBs und insbesondere auch der jeweils vorhandenen Liquidität Rechnung getragen werden. SIBs, die mit mehr anrechenbaren Eigenmitteln ausgestattet sind und die über viel Liquidität verfügen, werden mit geringerer Wahrscheinlichkeit eine Ausfallgarantie beanspruchen und sollen daher auch eine weniger hohe Pauschale entrichten müssen. Die Bemessungsgrundlage ergibt sich durch Subtraktion der folgenden Elemente vom Gesamtengagement: der regulatorischen Eigenmittel (hartes Kernkapital, zusätzliches Kernkapital und Ergänzungskapital nach der ERV), der qualitativ hochwertigen, liquiden Aktiva (High Quality Liquid Assets, HQLA) nach Artikel 15 LiqV und der von der SIB ­ für den Bezug der ausserordentlichen Liquiditätshilfe der SNB nach den Artikeln 5 Absatz 2 Buchstaben a und e sowie 9 Absatz 1 Buchstabe e NBG ­ vorbereiteten Sicherheiten nach Abzug von Risikowertabschlägen. Bei der Regelung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt der Bundesrat zudem die Besonderheiten kantonaler Staatsgarantien. Die Bemessungsgrundlage ist eine grobe Annäherung für eine Obergrenze eines möglichen Bedarfs an Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie.

Die Pauschale soll somit so festgelegt werden, dass dem Bund eine angemessene Entschädigung für das Risiko einer allfälligen Bereitstellung der Ausfallgarantie zukommt, Wettbewerbsvorteile kompensiert werden und bei den SIBs keine unverhältnismässige Belastung entsteht. Nach gegenwärtiger Einschätzung dürfte dies erfüllt sein, wenn auf der beschriebenen Bemessungsgrundlage ein Bemessungssatz in der Grössenordnung zwischen 0,005 Prozent und 0,015 Prozent angewandt würde. Von
diesen Bemessungssätzen ausgehend, hätten sich für das Jahr 2022 über alle SIBs gesamthafte Kosten für die Pauschale von rund 70­210 Millionen Franken ergeben, was als angemessener Bereich erscheint. Unter Ausklammerung des Sonderverlustes der Credit Suisse im Jahr 2022 entspricht dies rund 0,6­1,8 Prozent der Summe aller im Jahr 2022 von den SIBs erwirtschafteten Konzerngewinne vor Steuern.

Absätze 5 und 6 Die Berechnung der Pauschale stützt sich pro Bank auf den Durchschnitt der vierteljährlich errechneten Bemessungsgrundlagen des betreffenden Jahres. Beansprucht eine SIB tatsächlich eine Ausfallgarantie des Bundes, so schuldet sie ab diesem Zeitpunkt keine Pauschale mehr.

77 78

Das Gesamtengagement entspricht dem Nenner der Leverage Ratio, der aus der Summe der Bilanz- und Ausserbilanzpositionen besteht.

Abrufbar auf der Internetseite des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF): www.sif.admin.ch > Finanzmarktpolitik und -strategie > Finanzmarktregulierung > Basler Mindeststandards.

47 / 92

BBl 2023 2165

Art. 32d

Bereitstellungsprämie, Risikoprämien, Zinsen sowie Kosten für Leistungen Dritter

Absatz 1 Falls der Bund im Krisenfall der SNB konkret eine Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen zugunsten einer SIB gewährt, muss die Darlehensnehmerin eine Bereitstellungsprämie entrichten. Diese schuldet die Darlehensnehmerin unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie ab dem Zeitpunkt der Einräumung der Kreditbezugsmöglichkeit an die Bank durch die SNB. Die Bereitstellungsprämie wird vertraglich auf den Zeitpunkt der Beendigung des Liquiditätshilfe-Darlehensvertrags fällig. Im Konkursfall ist sie daher als Konkursforderung im Namen des Bundes durch die SNB geltend zu machen. Die Prämie soll den Bund für die Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffes und die dadurch entstehenden Administrativkosten entschädigen sowie Marktverzerrungen entgegenwirken. Zudem soll sie der Darlehensnehmerin zusätzliche Anreize für eine frühzeitige Aufhebung der Garantie setzen. Die Bereitstellungsprämie bemisst sich nach der maximalen Höhe der Ausfallgarantie und wird im Einzelfall durch den Bund bestimmt. Es ist davon auszugehen, dass diese Bereitstellungsprämie höher ist als die Pauschale nach Artikel 32c E-BankG. Diese Pauschale entfällt daher für die betroffene SIB, sobald diese eine Bereitstellungsprämie nach dem vorliegenden Absatz zu entrichten hat (vgl. Art. 32c Abs. 6 E-BankG).

Absatz 2 Die vom Bund mit Ausfallgarantie auf den tatsächlich ausbezahlten LiquiditätshilfeDarlehen übernommen Risiken werden durch eine Risikoprämie abgegolten. Auch die SNB hat Anspruch auf eine Risikoentschädigung. Diese deckt das Risiko, dass für die SNB Kosten entstehen können, die im Konkurs der Darlehensnehmerin nach Artikel 219 SchKG nicht durch die Zinsen abgedeckt sind. Diese Kosten können entstehen, weil die SNB die Liquidität, die durch das Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie geschaffen wird, auf den Girokonten im System verzinsen und ­ je nach Geldpolitik ­ mit der Ausgabe von verzinsten Instrumenten (z. B. SNB-Bills) abschöpfen muss. Entsprechend haben Bund und SNB je einen selbstständigen Anspruch auf eine Risikoprämie. Die Risikoprämien bemessen sich nach dem Gesamtbetrag der jeweils ausstehenden Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie.

Grundsätzlich werden die Risikoprämien gemäss der vertraglichen Regelung (Art. 32e E-BankG) am Ende
einer jeden von der SNB festgelegten Laufzeitenperiode belastet. Vertraglich ist eine andere Regelung zwischen SNB und Bank möglich, sofern dadurch die Risiken für den Bund nicht erhöht werden.

Die Risikoprämie der SNB ist von der Risikoprämie des Bundes grundsätzlich unabhängig. Die Risikoprämien werden von der jeweiligen Partei (Bund bzw. SNB) im Einzelfall festgelegt, wobei die SNB betreffend die ihr geschuldete Risikoprämie die vorgängige Zustimmung des Bundes einholt. Die Höhen der Risikoprämien orientieren sich zum einen an den Kosten von Bund beziehungsweise SNB und zum anderen an der vorherrschenden Risikosituation unter Berücksichtigung beispielsweise des geschäftlichen und finanziellen Zustandes der Darlehensnehmerin beziehungsweise der entsprechenden Finanzgruppe. Die Risikoprämie der SNB orientiert sich unter anderem am SNB-Leitzins. Wenn sich die Risikosituation deutlich ändert, kann die Risi48 / 92

BBl 2023 2165

koprämie durch den Bund beziehungsweise die SNB ohne Zustimmung der Darlehensnehmerin als vertragliche Gegenpartei entsprechend angepasst werden. Anpassungen der Risikoprämie der SNB erfordern die vorgängige Zustimmung des Bundes.

Absatz 3 Die SNB hat Anspruch auf Zinsen auf den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie. Der Zins soll die für die SNB entstehenden Kosten reflektieren. Diese Kosten belaufen sich auf die Zinskosten der zusätzlichen Sichtguthaben (vgl. Erläuterung zu Abs. 2). Daher orientiert sich der Zins in der Regel am aktuellen SNB-Leitzins und beträgt mindestens 0 Prozent.

Absatz 4 Die Bereitstellungs- und Risikoprämien werden der Darlehensnehmerin durch die SNB im Rahmen ihrer Darlehensgewährung auf dem Girokonto belastet. Die Bereitstellungsprämie hat die Darlehensnehmerin nach der vertraglichen Regelung nach Beendigung des Liquiditätshilfe-Darlehensvertrags mit Ausfallgarantie zu begleichen.

Die aufgelaufenen Risikoprämien belastet die SNB dem Girokonto der Darlehensnehmerin grundsätzlich bei Fälligkeit oder, im Fall fehlender Kontodeckung, zum nächstmöglichen Zeitpunkt, und sie schreibt ohne Abzüge dem Bund dessen Risikoprämie gut. Die SNB und die Bank können einen anderen Mechanismus zur Begleichung der Risikoprämien vorsehen, sofern dadurch die Risiken für den Bund nicht vergrössert werden. Entsprechend darf sich eine fallweise Nichtbelastung der Risikoprämie nicht als Verzicht des Bundes auf die entsprechende Forderung auswirken.

Absatz 5 Die SNB macht im Konkursverfahren einerseits ihre eigenen Forderungen aus den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie einschliesslich der aufgelaufenen Zinsen und ihrer Risikoprämie geltend. Andererseits übernimmt sie auch die Geltendmachung der Forderungen des Bundes im Konkursverfahren. Sie ist ermächtigt und verpflichtet, die dem Bund zustehenden aufgelaufenen Bereitstellungs- und Risikoprämien im Namen des Bundes geltend zu machen.

Absatz 6 Im Zusammenhang mit der Gewährung, Verwaltung, Überwachung, Prüfung und Abwicklung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie können weitere Kosten aufgrund von Leistungen Dritter anfallen, beispielsweise im Fall von fachlichen Einschätzungen in Bezug auf die notwendige Höhe der zu gewährenden Darlehen. Diese Kosten sind in jedem Fall ­ unabhängig von der effektiven Gewährung
der Darlehen ­ der Darlehensnehmerin aufzuerlegen und sind bei Fälligkeit zu begleichen. Keine Rolle spielt dabei, ob diese zusätzlichen Kosten vorab durch den Bund, die FINMA oder die SNB beglichen und erst im Nachgang der Darlehensnehmerin in Rechnung gestellt werden. Im Fall der FINMA gilt diese Regelung der Überbürdung der Kosten von Drittleistungen unabhängig von den bereits durch das FINMAG erteilten Kompetenzen zum Einsatz von Untersuchungs- und Prüfbeauftragten.

49 / 92

BBl 2023 2165

Art. 32e

Verträge

Um eine Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen zu gewähren, bedarf es eines Vertrags zwischen dem Bund und der SNB. Darin sind insbesondere die Einzelheiten der Garantie des Bundes sowie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Garantie durch die SNB, die Höhe der Ausfallgarantie, die Risiko- und die Bereitstellungsprämien sowie die Vertragsbeendigung zu regeln.

Des Weiteren wird zur Gewährung der Liquiditätshilfe-Darlehen ein Vertrag zwischen der SNB und der Darlehensnehmerin abgeschlossen. In diesem Vertrag sind insbesondere die Höhe der Kreditlimite, die Rückzahlungsmodalitäten inklusive Zinsen, die Risiko- und Bereitstellungsprämien sowie die Mitwirkungs- und Kündigungsmodalitäten zu regeln.

Art. 32f

Rückzahlung

Es muss sichergestellt werden, dass die Darlehensnehmerin der SNB vorrangig die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie zurückbezahlt. Solange diese Liquiditätshilfe-Darlehen nicht vollständig zurückbezahlt wurden, darf die Darlehensnehmerin ausserordentliche und zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen (Art. 51b E-BankG), die ihr die SNB gewährt hat, nicht zurückbezahlen. Diese Vorgehensweise gilt auf Stufe der einzelnen Rechtseinheit und ist unabhängig von der Geltungsdauer von Artikel 51b E-BankG. Die vorrangige Rückzahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie beruht auf der Logik, dass zwecks Risikoreduktion aus Sicht der öffentlichen Hand zuerst diese Liquiditätshilfe-Darlehen und erst anschliessend die von der Bank teilweise mit eigenen Sicherheiten besicherten Liquiditätshilfe-Darlehen zurückbezahlt werden. Damit wird dem Aspekt der Subsidiarität der LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie gegenüber den ausserordentlichen und zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB Nachachtung verschafft.

Vorbehalten ist der Fall, in dem aufgrund von Marktwertveränderungen (d. h. einer Wertveränderung von als Sicherheit dienenden Aktiven) keine ausreichenden Sicherheiten mehr für die bestehenden ausserordentlichen und zusätzlichen LiquiditätshilfeDarlehen vorhanden sind (Bst. a). In diesem Fall darf die Forderung aus diesen Darlehen jedoch nur im Umfang der ungenügenden Sicherheiten zurückbezahlt werden.

Besteht somit beispielsweise ein ausserordentliches Liquiditätshilfe-Darlehen von 100 mit einer verlangten Sicherheitsdeckung von 110 und der Wert der Sicherheiten sinkt aufgrund von Marktveränderungen von 110 auf 100, so darf die Darlehensnehmerin der SNB lediglich Rückzahlungen in der Höhe von 10 des ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehens vorgängig zurückbezahlen. Auch ist eine vorgängige Rückzahlung eines ausserordentlichen oder zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehens durch die Darlehensnehmerin in begründeten Fällen nach Zustimmung des Bundes möglich (Bst. b).

50 / 92

BBl 2023 2165

Art. 32g

Pflichten der Darlehensnehmerin als Folge von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie

Absatz 1 Um das Risiko für den Bund zu reduzieren und die Rückzahlung der LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie zu priorisieren, darf die Darlehensnehmerin während der Laufzeit des Vertrags und solange ­ auch bei aufgelöstem Vertrag ­ die Liquiditätshilfe-Darlehen von der Darlehensnehmerin noch nicht zurückbezahlt worden und Zinsen und Prämien noch nicht beglichen worden sind, keine Zahlungen an Eigentümer vornehmen, die zu Lasten der SNB (und schliesslich des Bundes) gehen würden.

Damit wird sichergestellt, dass die durch den Bund garantierte Liquidität von der Darlehensnehmerin und den mit ihr direkt oder indirekt verbundenen Tochtergesellschaften nicht zur gruppeninternen und externen Auszahlung von Dividenden und Tantiemen, der Rückerstattung von Kapitaleinlagen oder zur Gewährung oder Rückzahlung von Darlehen an die Eigentümer verwendet wird. Ausgenommen sind Darlehensverträge mit Eigentümern, die diese in ihrer Eigenschaft als Kunde im Rahmen des normalen Geschäftsverkehrs der Bank abgeschlossen haben. Insbesondere wird davon ausgegangen, dass die Darlehensnehmerin während der Gewährung einer Ausfallgarantie noch vorhandenes hartes Kernkapital, zusätzliches Kernkapital, Ergänzungskapital und zusätzliche verlustabsorbierende Mittel im Sinn der ERV nicht vorzeitig zurückbezahlt. Ausgenommen sind Fälle, bei denen aus Sicht der FINMA ausserordentliche Gründe für eine solche Rückzahlung sprechen, namentlich wenn dies aus Sanierungsgründen nötig ist.

Absatz 2 Um Verzugsfälle zu vermeiden, können vertraglich geregelte Zins-, Amortisationsund Rückzahlungspflichten, die aus Geschäften nach Absatz 1 Buchstaben b und c stammen und vor dem Abschluss eines Liquiditätshilfe-Darlehensvertrags bestanden, weiterhin erfüllt werden.

Absatz 3 Die Dauer der Anwendbarkeit von Absatz 3 richtet sich nach Absatz 1. Die Darlehensnehmerin und die direkt oder indirekt mit ihr verbundenen Konzerngesellschaften dürfen keine Handlungen vornehmen, die die Rückzahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie und die vollständige Begleichung der Zinsen und Prämien verzögern oder gefährden können. Entsprechende Handlungen können gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen oder Fusionen sein. Zu denken ist auch an das Eingehen von Neugeschäften (inkl. das Angebot von neuen Produkten), die das Risikoprofil der
Darlehensnehmerin oder der direkt oder indirekt mit ihr verbundenen Konzerngesellschaften übermässig erhöhen. Es soll der Darlehensnehmerin aber auch nach Darlehensgewährung offenstehen, sich bei Bedarf und nach Massgabe des geltenden Rechts umzustrukturieren oder Aktiven zu veräussern. Unter Handlungen, die sich nachteilig auf die Darlehensrückzahlung auswirken und damit das Risiko für den Bund erhöhen, kann auch die Auszahlung von variablen Vergütungen, die den Massnahmen des Bundesrates (vgl. Art. 10a BankG) entgegenstehen, subsumiert werden.

Ebenfalls soll die Bank grundsätzlich davon absehen, während der Dauer der Ausfallgarantie hartes Kernkapital und allfällig noch vorhandenes zusätzliches Kernkapital, 51 / 92

BBl 2023 2165

Ergänzungskapital und zusätzliche verlustabsorbierende Mittel freiwillig zurückzuzahlen. Sollte eine solche Rückzahlung seitens der Bank geplant sein, wird die FINMA im Rahmen ihrer üblichen Aufsichtstätigkeit mit der Bank die Auswirkungen auf die Liquiditätshilfe-Darlehen erörtern müssen; sollte die Rückzahlung das Risikoprofil für den Bund verändern, ist die FINMA nach Art. 32h E-BankG verpflichtet, für den Bund risikomindernde Massnahmen zu prüfen und allenfalls durchzusetzen.

Die Darlehensnehmerin darf während der Inanspruchnahme von mittels Ausfallgarantie gesicherten Liquiditätshilfe-Darlehen auch keine Handlungen unterlassen, die der Rückzahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie und der vollständigen Begleichung der Zinsen und Prämien dienlich sind. Beispielsweise reduzieren eine zeitgerechte Rückzahlung der Darlehen, wenn es die Geschäftstätigkeit erlaubt, oder eine adäquate Absicherung der Risiken der Bank das Risiko für den Bund.

Absatz 4 Absatz 4 regelt den Fall einer Übernahme der Darlehensnehmerin oder der Finanzgruppe während der Dauer, in der die Rückzahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie ausstehend ist. Es soll vermieden werden, dass bei einer vollständigen Auflösung der Darlehensnehmerin oder der Finanzgruppe durch Absorption in eine Einheit der übernehmenden Drittgesellschaft die Verbote nach Absatz 1 bis zur vollständigen Rückzahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie bestehen bleiben. Es soll der übernehmenden Gesellschaft beziehungsweise der Rechtsnachfolgerin ermöglicht werden, Dividenden und Tantiemen, die Rückerstattung von Kapitaleinlagen oder die Gewährung oder Rückzahlung von Darlehen nach Absatz 1 Buchstaben a­c vorzunehmen, auch wenn die vollständige Rückzahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie ausstehend ist.

Art. 32h

Risikoreduktion, Überwachung und Berichterstattung

Absatz 1 Soweit dies möglich ist, müssen die FINMA und die SNB im Rahmen ihrer jeweiligen Rollen dafür sorgen, dass die Risiken des Bundes aus einer Ausfallgarantie reduziert werden. So darf beispielsweise die Auszahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie die für eine erfolgreiche Sanierung tatsächlich notwendige Höhe nicht überschreiten, und die Laufzeiten der Liquiditätshilfe-Darlehen dürfen nicht länger sein als nötig.

Mit der vorliegenden Norm erhält die FINMA im Zusammenhang mit den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie zusätzliche Aufgaben, die sich aber in ihren bestehenden Aufgabenbereich nach Artikel 6 FINMAG einreihen. Eine diesbezüglich wichtige Aufgabe zur Risikoreduktion des Bundes besteht in der Überwachung der Einhaltung der Pflichten nach Artikel 32g E-BankG oder im Rahmen der Anwendung von Artikel 37 BankG durch die FINMA. Die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie sind nach Artikel 30b Absatz 3 Buchstabe b BankG besicherte Forderungen und können als solche im Rahmen eines Sanierungsverfahrens nicht nach Artikel 30b Absatz 1 BankG in Eigenkapital gewandelt werden. Wurden Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie an eine SIB ausbezahlt, überwacht die FINMA im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit den Einsatz dieser liquiden Mittel durch die SIB.

52 / 92

BBl 2023 2165

Im Rahmen ihrer Funktion als Darlehensgeberin von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie muss auch die SNB die Risiken des Bundes soweit als möglich reduzieren. Als Vertragspartei des Darlehensvertrags kann sie beispielsweise Auflagen und Bedingungen festlegen und deren Einhaltung laufend überwachen und nötigenfalls bei der Darlehensnehmerin Informationen einfordern. Zu den Auflagen und Bedingungen gehören z. B. die Beschaffung und Weiterleitung von wichtigen Informationen der Darlehensnehmerin an den Bund oder die Berücksichtigung der Risiken des Bundes bei der Vergabe (z. B. bei einer gestaffelten Auszahlung) und Kündigung (z. B. bei einer gestaffelten Rückzahlung) von Darlehen.

Die SNB berücksichtigt die Risikoreduktion zugunsten des Bundes jedoch nicht nur im Rahmen der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie, sondern auch bei anderen Darlehen, die sie der Bank gewährt hat. Dies bedeutet beispielweise, dass im Fall, in dem die SNB ausserordentliche oder zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen während der Laufzeit von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie künden würde, gleichwohl zuerst die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie zurückbezahlt werden müssen. Will die SNB nach der Gewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie die Bedingungen der anderen Liquiditätshilfe-Darlehen anpassen, muss sie auch die Auswirkungen der Anpassungen auf die Risiken des Bundes berücksichtigen. Beispielweise geht aus der Logik der Subsidiarität hervor, dass die Bedingungen der ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehen (etwa zum Risikowertabschlag, dem Haircut) nicht so angepasst werden dürfen, dass dadurch eine vorrangige Rückzahlung von ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehen vor den LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie bewirkt würde.

Für eine effektive Risikoreduktion ist eine enge Abstimmung zwischen FINMA und SNB erforderlich (z. B. in Bezug auf die Höhe und Staffelung der einzelnen Liquiditätshilfe-Darlehen), nötigenfalls erhebt die SNB auch direkt Informationen bei der Darlehensnehmerin. Insbesondere bei SIBs mit einer komplexen Organisationsstruktur muss die Bestimmung der Darlehensnehmerin nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Faktoren derart erfolgen, dass das Konkursprivileg des Bundes nicht beeinträchtigt ist (vgl. Erläuterungen zu Art. 32a
Abs. 1 E-BankG).

Absatz 2 Die FINMA überwacht im Rahmen der laufenden Aufsicht die Verwendung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie unter Berücksichtigung der Pflichten, die die Darlehensnehmerin nach Artikel 32g E-BankG erfüllen muss, und erstattet darüber dem EFD mindestens monatlich Bericht. Nebst den aufsichtsrechtlichen Massnahmen droht bei Pflichtverletzung auch eine Strafverfolgung nach Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe d E-BankG.

Art. 32i

Konkursprivileg für Forderungen aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie

Absätze 1 und 2 Das Konkursprivileg nach Artikel 32i E-BankG ist ein zentraler Baustein der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie an eine SIB gemäss dieser Vorlage.

53 / 92

BBl 2023 2165

Um das Risiko für den Bund zu reduzieren, wird die Einführung eines Konkursprivilegs zugunsten der Forderungen der SNB und letztlich zugunsten des Bundes vorgesehen. Das Konkursprivileg gilt für Forderungen im Zusammenhang mit den vom Bund gesicherten Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie zuzüglich der aufgelaufenen Prämien und Zinsen nach Artikel 32d E-BankG. Es ist so ausgestaltet, dass im Konkurs die Forderungen der SNB gegenüber der Darlehensnehmerin aus den durch eine Ausfallgarantie des Bundes gesicherten Liquiditätshilfe-Darlehen einschliesslich der aufgelaufenen Zinsen sowie der aufgelaufenen Prämienforderungen innerhalb der dritten Gläubigerklasse teilweise bevorzugt befriedigt werden. Demnach werden diese Forderungen in die bestehende dritte Gläubigerklasse nach Artikel 219 Absatz 4 SchKG eingereiht. In Abweichung von Artikel 220 Absatz 1 SchKG werden jedoch innerhalb der dritten Klasse die Forderungen aus Freizügigkeitskonten in Form der reinen Sparlösung79 und Spareinlagen auf Konten der gebundenen Selbstvorsorge80 (Säule 3a), die über den Teil der privilegierten Einlagen nach Artikel 37a Absatz 5 BankG hinausgehen und damit nicht in die zweite Gläubigerklasse nach Artikel 219 Absatz 4 Zweite Klasse Buchstabe f SchKG fallen, vorab zu befriedigen sein. Somit statuiert Artikel 32i Absatz 2 E-BankG neu eine Rangfolge für die Befriedigung der Gläubiger innerhalb der gleichen Klasse für den Fall, in dem eine Forderung der SNB aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie im Konkursverfahren geltend gemacht wird (vgl. auch Art. 36 Abs. 1bis E-BankG). Nachrangig zu den Forderungen der SNB aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie sollen alle übrigen Forderungen der dritten Klasse befriedigt werden.

Forderungen aus Freizügigkeits- und Säule-3a-Konti werden im Bankenkonkurs bis zum Betrag von 100 000 Franken als privilegierte Einlagen in die zweite Gläubigerklasse eingereiht. Jene Forderungen aus Freizügigkeits- und Säule-3a-Konti, die 100 000 Franken überschreiten, sind hingegen in der dritten Gläubigerklasse eingereiht. Die Ausgestaltung des Konkursprivilegs nach Artikel 32i E-BankG hat zur Folge, dass Forderungen aus Freizügigkeits- und Säule-3a-Konti, die 100 000 Franken überschreiten, im Konkursfall innerhalb der dritten Gläubigerklasse vorrangig zu den Forderungen der
SNB aus den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie befriedigt werden. Diese Bevorzugung der Gläubigerinnen und Gläubiger aus Freizügigkeits- und Säule-3a-Guthaben ist insbesondere mit Blick auf den Schutz der Vorsorgegelder und der Unterbindung der Altersarmut gerechtfertigt und wurde nach der Vernehmlassung in die Vorlage eingefügt. Dadurch kann das Risiko reduziert werden, dass die Freizügigkeits- und Säule-3a-Guthaben, die nicht unter die privilegierten Einlagen fallen, nicht aus der Konkursmasse bedient werden können.

Ein Konkursprivileg der SNB aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie innerhalb der dritten Klasse von Artikel 219 Absatz 4 SchKG kann den Anteil der befriedigten Forderungen der übrigen Drittklassgläubiger in einem Konkursverfahren schmälern. Da die Unterstützung der Darlehensnehmerin mit Liquidität der erfolgrei79

80

Art. 26 Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 1993 (SR 831.42) in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 5 der Freizügigkeitsverordnung vom 3. Oktober 1994 (SR 831.425).

Art. 82 Abs. 1 Bst. b des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40) in Verbindung mit Art. 1 der Verordnung vom 13. November 1985 über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (SR 831.461.3).

54 / 92

BBl 2023 2165

chen Sanierung der SIB erheblich dient und letztlich in den meisten Anwendungsfällen dazu führen sollte, dass ein Konkurs abgewendet wird, ist eine solche Privilegierung aber im Interesse aller Gläubiger.

Entgegen der Privilegierung der Einlagen, die seit 2011 sowohl im BankG als auch im SchKG statuiert ist, wird mit Blick auf die hier äusserst spezifische Konkursprivilegierung einer bankenspezifischen Forderung der SNB davon abgesehen, diese sowohl im SchKG als auch im BankG zu verankern. Dieser Umstand soll jedoch keine Wirkung auf die bestehenden Regelungen der privilegierten Einlagen im Konkursfall entfalten.

Durch die ausdrückliche Privilegierung der Forderungen der SNB und des Bundes gemäss der Vorlage fallen diese nicht mehr in den Anwendungsbereich von Artikel 37 BankG, der nach Anordnung von Schutzmassnahmen durch die FINMA oder in einem Sanierungsverfahren eingegangene Verbindlichkeiten als Massaverbindlichkeiten privilegiert. Die höhere Privilegierung von Forderungen nach Artikel 37 BankG verfolgt den Zweck, Investoren einen Anreiz zu geben, die Darlehensnehmerin trotz der Krise finanziell zu unterstützen. Dies ist auch im öffentlichen Interesse, um möglichst zu verhindern, dass eine Ausfallgarantie durch den Bund an die SNB zur Absicherung der Liquidität einer SIB überhaupt nötig wird.

Die Geltendmachung der Forderungen im Konkurs über die gesamte Konkursdauer liegt bei der SNB.

Art. 32j

Inanspruchnahme der Ausfallgarantie durch die Nationalbank

Für die Auszahlung an die SNB im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Ausfallgarantie bzw. für die Erfassung einer finanziellen Verbindlichkeit ist grundsätzlich eine Kreditbewilligung durch die Bundesversammlung (Voranschlagskredit) einzuholen (vgl. Art. 32b E-BankG). Zwischen Inanspruchnahme der Ausfallgarantie und Garantiezahlung liegt eine Frist von 5 Jahren (vgl. Art. 32k E-BankG). Die Garantie des Bundes wird als Finanzinstrument nach dem Rechnungslegungsstandard IPSAS 41 behandelt (International Public Sector Accounting Standards). Demnach erfasst der Bund eine finanzielle Verbindlichkeit in der Höhe des Ausfallrisikos und passt diese jeweils per Ende Jahr an, wobei der Betrag voraussichtlich ausserordentlich verbucht werden würde. Wenn die effektive Zahlung über die in der Bilanz eingestellte finanzielle Verbindlichkeit hinausgeht, muss das Parlament einen entsprechenden Voranschlagskredit genehmigen.

Absatz 1 Es soll sichergestellt werden, dass die SNB vor Inanspruchnahme der Ausfallgarantie sämtliche durch die Ausfallgarantie gedeckten Forderungen sowie die aufgelaufenen Zinsen und die Risiko- und Bereitstellungsprämien im Konkursverfahren umfassend geltend gemacht hat. Erst wenn das Konkursverfahren rechtskräftig abgeschlossen und für die SNB daraus ein definitiver Verlust entstanden ist, kann die Ausfallgarantie des Bundes durch die SNB beansprucht werden.

55 / 92

BBl 2023 2165

Absatz 2 Der Vertrag über die Ausfallgarantie und gegebenenfalls weitere Vereinbarungen zwischen der SNB und dem Bund regeln allfällige weitere Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Ausfallgarantie. Die Begleichung der Forderung aus der Ausfallgarantie erfolgt durch Vorlage des definitiven Verlustscheins und ist auf die Höhe der Verlustscheinforderung beschränkt. Die SNB weist deren Berechnung detailliert nach.

Art. 32k

Fälligkeit der gedeckten Forderung

Die Forderung aus einem definitiven Verlust der SNB aus den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie wird 5 Jahre nach dem rechtskräftigen Abschluss des Konkursverfahrens fällig. Als rechtskräftiger Abschluss des Konkursverfahrens gilt der Tag der FINMA-Schlussverfügung des Konkurses. Diese Frist ermöglicht es dem Bund, die nötigen administrativen und parlamentarischen Prozesse für die Auszahlung der von der SNB geltend gemachten Summe zu durchlaufen. Dazu gehört namentlich die Bewilligung eines Voranschlagskredits (Art. 30 FHG) und die Beschaffung der notwendigen Mittel.

Art. 32l

Informationsaustausch und Datenbearbeitung

Die Bestimmung konkretisiert und präzisiert die Vorgaben für die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der Behörden untereinander im Zusammenhang mit den Liquiditätshilfe-Darlehen und der Ausfallgarantie des Bundes und geht in diesem Sinne über die bei den Erläuterungen zu Artikel 10b E-BankG bereits erwähnten blossen Kompetenznormen im NBG und FINMAG hinaus. Im Lichte der Bedeutsamkeit für die Finanzstabilität der Schweiz und des Risikos für den eidgenössischen Finanzhaushalt ist eine Zusammenarbeit und der Informationsaustausch der massgeblichen Behörden bei Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie unabdingbar.

Absatz 1 Der Informationsaustausch zwischen EFD, FINMA und SNB ist wichtig, damit diese über die notwendigen sachlichen Grundlagen verfügen, um im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit die erforderlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie zu treffen. Vor diesem Hintergrund muss der Informationsaustausch zwischen den involvierten Behörden gesichert sein, um Liquiditätshilfe-Darlehen und Ausfallgarantien gewähren, verwalten, überwachen, prüfen und abwickeln zu können. Der Austausch soll beispielsweise alle Informationen und Daten der betroffenen SIB umfassen, über die die FINMA oder die SNB verfügen und die für den Bund erforderlich sind, damit dieser eine angemessene Beurteilung der Liquidität und Kapitalisierung der betroffenen SIB sowie eine Beurteilung und Prüfung des Risikos aus der zu gewährenden Ausfallgarantie vornehmen kann. Der Austausch umfasst auch nicht öffentlich verfügbare Informationen wie z. B. über Finanzierungstransaktionen, über die Finanz- und Risikosituation der SIB, über die Finanzplanung für den Zeitraum der ausstehenden Liquiditätshilfe-Darlehen gegenüber der SNB bzw. den Zeitraum der Ausfallgarantie und über die offenen, materiellen Risikopositionen aller Rechtseinheiten der SIB. Die Bestimmung erfasst auch Infor56 / 92

BBl 2023 2165

mationen und Unterlagen über zurückliegende Sachverhalte wie beispielsweise zu Umfang und Modalitäten der von der SNB gewährten ausserordentlichen und zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen, die sich vor einer allfälligen Gewährung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie verwirklicht haben, sofern solche Informationen und Unterlagen für den Vollzug notwendig sind. Auch sollen zur Lagebeurteilung Informationen bezüglich der im Rahmen der genutzten Fazilitäten der SNB eingesetzten oder einsetzbaren Sicherheiten durch die SIB und Informationen zu Marktbeobachtungen ausgetauscht werden können. Während der Laufzeit der Ausfallgarantie können die involvierten Behörden gegenüber einander keine Geheimnisvorbehalte anbringen. Zu denken wäre namentlich an Amts-, Banken- oder Steuergeheimnisse. Der Austausch der Informationen ist nicht als einmaliger Akt zum Zeitpunkt der Gewährung der Ausfallgarantie durch den Bund an die SNB zu verstehen. Er soll insbesondere auch während der Laufzeit der Ausfallgarantie und in einem allfälligen Konkursverfahren stattfinden.

Absatz 2 Das EFD fordert bei der FINMA und bei der SNB im Hinblick auf die Gewährung, Verwaltung, Überwachung, Prüfung und Abwicklung von Liquiditätshilfe-Darlehen und Ausfallgarantien alle Informationen ein, die notwendig sind, um das Risiko für den eidgenössischen Finanzhaushalt zu bewerten und um die Entscheidung darüber zu treffen, ob und in welchem Umfang öffentliche Mittel verwendet werden (vgl. auch Art. 32a Abs. 3 E-BankG). Das EFD muss vor der Gewährung von LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie bis zum Wegfall der Ausfallgarantie diejenigen Informationen erhalten, die fundierte und zeitnahe Entscheidungen ermöglichen. Dazu gehören beispielsweise Zusatzinformationen, die für das EFD notwendig sind, um die Einschätzungen der FINMA und der SNB nachzuvollziehen und eine eigene Beurteilung der Situation, Risiken und Handlungsoptionen vorzunehmen. Diese Informationen können auch den Sanierungsplan und damit zusammenhängende Dokumente wie die Notfallplanung umfassen. Das EFD leitet der Eidgenössischen Finanzkontrolle die Informationen und Unterlagen weiter, die diese in ihrer Rolle als oberstes Finanzaufsichtsorgan des Bundes (Art. 1 des Finanzkontrollgesetzes vom 28. Juni 196781) und im Rahmen ihrer Prüfprozesse für die Beurteilung
der Liquiditätshilfe-Darlehen, der Ausfallgarantien sowie der damit zusammenhängenden finanziellen Verpflichtungen des Bundes benötigt. Nicht Gegenstand von Absatz 2 ist die Verpflichtung zur Einholung von Drittgutachten durch die FINMA und die SNB.

Absatz 3 Dieser Absatz legt fest, dass die Bearbeitung und die Bekanntgabe der Informationen nicht auf die Behörden nach Absatz 1 beschränkt ist, sondern auch die Eidgenössische Finanzkontrolle und bei Bedarf die für den Vollzug der Bestimmungen nötigen Dritten (z. B. Sanierungsbeauftragte oder -beauftragter, externe Beraterinnen und Berater) umfasst. Es soll sichergestellt werden, dass eine angemessene rechtliche Grundlage für die Bearbeitung, beispielsweise durch Verknüpfen und Austausch, von Personendaten sowie Daten von juristischen Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Daten im Sinne von Artikel 5 Buchstabe c Ziffern 1, 2, 5 und 6 DSG und besonders 81

SR 614.0

57 / 92

BBl 2023 2165

schützenswerter Daten juristischer Personen im Sinne von Artikel 57r Absatz 2 RVOG, und von anderen Informationen besteht. Die Behörden und Dritte sind bei der Bearbeitung und Bekanntgabe von Informationen und Daten untereinander allgemein angehalten, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit einzuhalten. Für den Vollzug dieses Abschnitts sind vorwiegend Informationen und Daten juristischer Personen (vgl.

Art. 32a Abs. 1 E-BankG) betroffen. Die Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten steht nicht im Vordergrund und würde primär nur im Einzelfall eine begrenzte Anzahl von natürlichen Personen betreffen, über welche die FINMA Daten nach Massgabe der Datenverordnung FINMA vom 4. Mai 202382 erhebt. Dazu gehören insbesondere Personen aus dem Oberleitungsorgan (in der Regel des Verwaltungsrats) und aus dem Geschäftsführungsorgan (in der Regel der Geschäftsleitung).

Demnach handelt es sich nicht um eine regelmässige und systematische Bearbeitung und Bekanntgabe von (besonders schützenswerten) Personendaten. Hinsichtlich der genannten Kategorien besonders schützenswerter Personendaten ist festzuhalten, dass die mit der Verwaltung und Geschäftsführung einer (systemrelevanten) Bank betrauten Personen einen guten Ruf geniessen und Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten müssen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Bst. c BankG sowie Art. 1 i. V.m. Art. 5 der Datenverordnung FINMA). Im Hinblick auf den Vollzug des elften a. Abschnitts kann die Datenbearbeitung sowie Datenbekanntgabe diesbezügliche Informationen umfassen, die ebenfalls Informationen der in diesem Absatz genannten Kategorien besonders schützenswerter Personendaten einschliessen. Die für den Vollzug der Bestimmungen notwendigen Informationen und Daten sollen mit der Gewährung, Verwaltung, Überwachung, Prüfung und Abwicklung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie im Zusammenhang stehen. Dazu zählen insbesondere Informationen zu den Sicherheiten aller von der SIB genutzten Fazilitäten der SNB. Zur Risikoeinschätzung können auch Informationen zum Markt erforderlich sein.

Art. 34 Abs. 1 zweiter Satz Mit der Ergänzung eines Vorbehalts abweichender Bestimmungen des BankG ist namentlich an die konkursrechtlich relevanten Normen in Artikel 32i E-BankG, in den Artikeln 37 und 37a Absatz 5 BankG und in Artikel 51b Absatz 4 E-BankG zu denken.
Art. 36 Abs. 1bis Gemäss diesem Absatz ist die besondere Rangfolge der Gläubiger innerhalb der gleichen Klasse im Konkursverfahren, in dem Forderungen der SNB aus LiquiditätshilfeDarlehen nach den Artikeln 32i Absatz 2 und 51b Absatz 4 E-BankG geltend gemacht werden, im Kollokationsplan auszuweisen, damit gewährleistet ist, dass die Gläubiger ihre Rechte vollumfänglich wahren können. Somit wird in der Praxis insbesondere dann ein bankenkonkursspezifischer Kollokationsplan zu erstellen sein, wenn Forderungen der SNB aus Liquiditätshilfe-Darlehen geltend gemacht werden.

Art. 46 Abs. 1 Bst. d Diese Ergänzung gleicht von der Begehungsart und vom geschützten Rechtsgut her betrachtet den bestehenden Strafnormen im BankG. Es rechtfertigt sich in Analogie 82

SR 956.124

58 / 92

BBl 2023 2165

zum erwähnten Nebenstrafrecht im BankG, vorliegend die vorsätzliche Pflichtverletzung von Artikel 32g E-BankG von Amtes wegen zu verfolgen und als mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraftes Vergehen auszugestalten.

Personen, die Beschlüsse und Zahlungen nach Artikel 32g Absatz 1 Buchstaben a­c oder Absatz 3 E-BankG zulassen, obwohl sie dies aufgrund ihrer organisatorischen Stellung in der Bank verhindern müssen, befinden sich strafrechtlich in einer Garantenstellung und begehen eine Pflichtwidrigkeit. Die Garantenstellung kann sich aus den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 22. März 197483 über das Verwaltungsstrafrecht ergeben.

Vorbemerkung zum vierzehnten a. Abschnitt Im vierzehnten a. Abschnitt werden die rechtlichen Grundlagen im Zusammenhang mit denjenigen Bestimmungen aus der Verordnung vom 16. März 202384 über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen und die Gewährung von Ausfallgarantien des Bundes für Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank an systemrelevante Banken gesetzlich verankert, die die zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB betreffen. Dadurch werden die Fortführung der rechtlichen Konsequenzen der bereits vertraglich abgeschlossenen zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen sowie die damit zusammenhängenden Massnahmen und Folgen sichergestellt. Hervorzuheben ist, dass die Geltungsdauer zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen (Art. 51b E-BankG) bis am 31. Dezember 2027 beschränkt wird. Zudem erhält der Bundesrat den gesetzlichen Auftrag, die in diesen Abschnitt des Gesetzes überführten Verordnungsbestimmungen innert 5 Jahren ab deren Inkrafttreten zu überprüfen (Art. 51e E-BankG). Er erstattet der Bundesversammlung darüber Bericht und zeigt dabei allfälligen Aufhebungsoder Anpassungsbedarf auf Gesetzesstufe auf.

Art. 51a

Geltungsbereich

Es wird klargestellt, dass sich der Geltungsbereich des vierzehnten a. Abschnitts auf zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen bezieht, die gestützt auf die Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 202385 gewährt wurden. Der Geltungsbereich umfasst auch Massnahmen der FINMA im Zusammenhang mit den zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen.

Art. 51b

Zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen

Die Möglichkeit zur Gewährung zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB wurde im März 2023 als notwendiges und besonders rasch umsetzbares Sicherheitsnetz aufgrund der Liquiditätsabzüge bei der Credit Suisse eingeführt. Infolgedessen wird Artikel 51b E-BankG im Zusammenhang mit der Verordnung vom 16. März 2023 als Übergangslösung erlassen, bis die vom Bundesrat am 29. März 2023 be-

83 84 85

SR 313.0 SR 952.3 AS 2023 136

59 / 92

BBl 2023 2165

schlossene Aufarbeitung der Ereignisse86 rund um die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS und die Umsetzung von daraus folgenden Massnahmen abgeschlossen sind.

Vor diesem Hintergrund soll die Geltungsdauer der vorliegenden Bestimmungen gemäss Ziffer III des Entwurfs beschränkt werden: Artikel 51b Absätze 1­3 sowie die Artikel 51c und 51d E-BankG treten per 31. Dezember 2027 ausser Kraft. Dieser Umstand hat keinen Einfluss auf bestehende Verträge, auf die Fälligkeit ausstehender zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen, auf das Konkursprivileg nach Artikel 51b Absatz 4 E-BankG sowie auf die Rückzahlungsmodalitäten im Zusammenhang mit Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie. Auch wenn die Bestimmungen aufgehoben sind, muss die Darlehensnehmerin nach Artikel 32f E-BankG LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie vor allfällig gewährten und ausbezahlten zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB zurückzahlen. Aufgrund der Gesetzessystematik und insbesondere des Geltungsbereichs in Artikel 51a E-BankG ist ersichtlich, dass Artikel 51b E-BankG lediglich im Umfang der bereits im März 2023 gewährten zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB im konkreten Fall der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS Anwendung finden kann. Bei gültigem Vertrag mit der Credit Suisse könnte die SNB den erneuten Bezug von zusätzlichen LiquiditätshilfeDarlehen gewähren.

Absatz 1 Es wird klargestellt, dass der Bundesrat nach Absprache mit der SNB die Höhe der von der SNB höchstens auszahlbaren zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen pro Finanzgruppe im konkreten Einzelfall bestimmt. Bei der Festlegung der Höhe sind namentlich Risikoüberlegungen zu berücksichtigen. Insbesondere müssen in der Bilanz der Darlehensnehmerin ­ zusätzlich zu den bereits für die Gewährung von ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehen verwendeten Sicherheiten ­ genügend werthaltige Aktiven vorhanden sein, die als «Sicherheiten im weiteren Sinne» im Fall eines Konkurses der Darlehensnehmerin zur Deckung der Forderungen der SNB herangezogen werden könnten, auch wenn sie aufgrund von rechtlichen oder anderen Hürden nicht als unmittelbar übertragbare Sicherheiten beurteilt würden. Die Absprache mit der SNB soll zusätzlich die Berücksichtigung allfälliger Bedenken geldpolitischer Natur gewährleisten.

Absatz 2 Die SNB kann Bedingungen
bezüglich der zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen definieren. Auch kann die SNB im Rahmen der nach Absatz 1 bestimmten maximalen Höhe separate zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen an mehrere Einheiten innerhalb der gleichen Finanzgruppe gewähren.

86

Vgl. Medienmitteilung des Bundesrates vom 29. März 2023 «Bundesrat verabschiedet Sonderbotschaft zu Verpflichtungskrediten für die Schweizerische Nationalbank und die UBS», abrufbar unter: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/ medienmitteilungen.msg-id-94030.html.

60 / 92

BBl 2023 2165

Absatz 3 Die Artikel 32a Absatz 3, ausgenommen die Buchstaben b und e, 32d Absätze 3 und 6 sowie 32g E-BankG bezüglich des Liquiditätshilfe-Darlehens mit Ausfallgarantie sind analog anwendbar, wenn die SNB ein zusätzliches Liquiditätshilfe-Darlehen gewährt. Die SNB kann zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen gewähren, wenn nebst den Voraussetzungen in Artikel 32a Absatz 3, ausgenommen die Buchstaben b und e, diese Darlehen für die Fortführung der Geschäftstätigkeit der Darlehensnehmerin geeignet und erforderlich sind.

Absatz 4 Das Konkursprivileg ist ein zentrales Element der zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen.

Um das Risiko für die SNB zu reduzieren, sieht die Regelung die Einführung eines Konkursprivilegs zu ihren Gunsten vor. Dieses Konkursprivileg gilt nur für Forderungen aus zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen einschliesslich daraus aufgelaufener Zinsen nach Artikel 32d Absatz 3 E-BankG (vgl. Art. 51b Abs. 3 hiervor). Es ist in die bestehenden Konkursklassen des SchKG eingegliedert und so ausgestaltet, dass im Konkurs die Forderungen der SNB gegenüber der Darlehensnehmerin aus zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen bevorzugt befriedigt werden. Diese Forderungen werden in der Rangordnung von Artikel 219 Absatz 4 SchKG in die zweite Gläubigerklasse eingereiht, also nach den Massaschulden, Löhnen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Beiträgen an Sozialversicherungen und privilegierten Einlagen, aber vor der dritten Klasse mit den übrigen Forderungen. Es wird zudem klargestellt, dass in Abweichung von Artikel 220 Absatz 1 SchKG die Gläubiger innerhalb der zweiten Klasse nach Artikel 219 Absatz 4 Buchstaben a­f SchKG vor den Forderungen der SNB aus zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen befriedigt werden. Eine analoge Konkursprivilegierung, wie sie für Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB mit Ausfallgarantie nach Artikel 32i E-BankG vorgesehen wird, ist aufgrund der zeitlichen Befristung der zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen sowie der Tatsache, dass ein diesbezüglicher laufender Vertrag zwischen der SNB und der Credit Suisse besteht, nicht angezeigt.

Ein Konkursprivileg der SNB aus zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen durch die Einreihung in die zweite Klasse von Artikel 219 Absatz 4 SchKG kann den Anteil der befriedigten Forderungen der Drittklassgläubiger in einem Konkursverfahren
schmälern. Da die Unterstützung der Darlehensnehmerin mit Liquidität der erfolgreichen Sanierung der SIB erheblich dient, ist eine solche Privilegierung aber im Interesse aller Gläubiger und kann massgeblich zur Abwendung eines Konkurses beitragen (vgl. auch Kapitel 6.3).

Durch die ausdrückliche Privilegierung der Forderungen der SNB gemäss vorliegender Bestimmung fallen diese nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 37 BankG, der nach Anordnung von Schutzmassnahmen durch die FINMA oder in einem Sanierungsverfahren eingegangene Verbindlichkeiten als Massaverbindlichkeiten privilegiert. Die höhere Privilegierung von Forderungen nach Artikel 37 BankG verfolgt den Zweck, Investoren einen Anreiz zu geben, die Darlehensnehmerin trotz der Krise finanziell zu unterstützen.

61 / 92

BBl 2023 2165

Art. 51c

Verhältnis zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen zu Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie

Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes müssen zwingend subsidiär zu anderen Massnahmen zur Sicherstellung der Liquidität sein, die der SIB zur Verfügung stehen. Erst wenn die Darlehensnehmerin und die Finanzgruppe die ausserordentlichen und zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen ausgeschöpft haben, können die gewährten Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie ausbezahlt werden. Von der Ausschöpfung vorbehalten bleiben insbesondere Liquiditätsbestände, die von der Darlehensnehmerin aufgrund aufsichtsrechtlicher Beschränkungen nicht anderweitig eingesetzt werden dürfen oder in anderen Rechtseinheiten der Finanzgruppe zwar vorhanden sind, aber aufgrund von aufsichtsrechtlichen Beschränkungen nicht an die Darlehensnehmerin weitergegeben werden dürfen. Der Zeitpunkt der Gewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie kann auch vor dem Zeitpunkt der Ausschöpfung der ausserordentlichen und zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen liegen.

Das EFD benötigt eine Bestätigung der SNB, dass die Darlehensnehmerin sowie die Finanzgruppe die zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB ausgeschöpft haben.

Die Geltungsdauer der vorliegenden Bestimmung soll gemäss Ziffer III beschränkt werden. Die Bestimmung soll bis zum 31. Dezember 2027 gelten.

Art. 51d

Weitere Massnahmen der FINMA

Der vorliegende Artikel dient der möglichst vollständigen Weiterführung von Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 2023 in Bezug auf zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen. Die Bestimmung lehnt sich an Artikel 25 in Verbindung mit Artikel 26 BankG an. Werden einer systemrelevanten Bank zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen gewährt, prüft die FINMA, ob es im Anwendungsfall für die Fortführung der Geschäftstätigkeit der Bank opportun ist, das Oberleitungsorgan (in der Regel der Verwaltungsrat) und das Geschäftsführungsorgan (in der Regel die Geschäftsleitung) vollständig oder teilweise beizubehalten. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Verwaltungsrat oder die Geschäftsleitung beziehungsweise einzelne Mitglieder erst seit kurzer Zeit die Tätigkeit aufgenommen haben. Andernfalls können die Organe ausgewechselt werden. Bei der Auswechslung kann auf die Nachfolgeplanung gemäss Randziffer 27 des FINMARundschreibens 2017/1 Corporate Governance ­ Banken87 zurückgegriffen werden.

Die Geltungsdauer der vorliegenden Bestimmung soll gemäss Ziffer III beschränkt werden. Die Bestimmung soll bis zum 31. Dezember 2027 gelten.

Art. 51e

Überprüfung dieses Abschnitts

Der Bundesrat erhält den gesetzlichen Auftrag, die im Gesetz in den vierzehnten a.

Abschnitt überführten Verordnungsbestimmungen innert 5 Jahren nach deren Inkraft87

FINMA, Rundschreiben 2017/1 Corporate Governance ­ Banken, 4. November 2020, abrufbar unter: www.finma.ch > Dokumentation > Rundschreiben > 2017/01 FINMARundschreiben «Corporate Governance ­ Banken».

62 / 92

BBl 2023 2165

treten zu prüfen. Er erstattet der Bundesversammlung darüber Bericht und zeigt dabei allfälligen Aufhebungs- oder Anpassungsbedarf auf Gesetzesstufe auf.

Art. 52a Der Bundesrat hat die Anpassungen des Bankengesetzes vom 15. Juni 2018 im Rahmen eines am 16. Dezember 2022 veröffentlichten Berichts im Hinblick auf die Ziele der Finanzmarktaufsicht nach dem FINMAG geprüft und entsprechend Bericht erstattet. Artikel 52a BankG kann daher aufgehoben werden.

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Die Banken haben ihre Vergütungssysteme aufgrund der Ergänzung in Artikel 10a Absätze 2 Buchstabe c und 3 E-BankG innert einer Frist von einem Jahr nach Inkrafttreten der hier vorgelegten Änderung anzupassen, damit die rechtliche Durchsetzbarkeit gewährt werden kann.

5.2

Bundesgerichtsgesetz

Art. 46 Abs. 2 Bst. f Urteile des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet der öffentlichen Kaufangebote (Übernahmesachen) können grundsätzlich nicht vor dem Bundesgericht angefochten werden. Vorbehalten sollen neu jene Fälle sein, die das Bundesverwaltungsgericht nach dem ergänzten Artikel 83 Buchstabe u des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200588 (BGG) sowie den Artikeln 140 Absatz 1 und 141 Absatz 1bis E-FinfraG als erste Beschwerdeinstanz beurteilt hat. Auf Verfahren in Übernahmesachen vor dem Bundesverwaltungsgericht sind gemäss Artikel 141 Absatz 3 FinfraG die gesetzlichen Bestimmungen über den Stillstand der Fristen nicht anwendbar.

Dies soll auch für das Verfahren vor dem Bundesgericht gelten, wenn dieses Beschwerden gegen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts gestützt auf Artikel 141 Absatz 1bis E-FinfraG behandelt (vgl. die Ausführungen zu Art. 141 Abs. 1bis E-FinfraG).

Artikel 46 Absatz 2 BGG ist daher mit einem neuen Bst. f zu ergänzen. Der Klarheit halber ist zusätzlich ein Verweis auf Artikel 83 Buchstabe u E-BGG anzubringen.

Art. 83 Bst. u Da das Bundesverwaltungsgericht in gewissen Fällen als erste Beschwerdeinstanz nach Artikel 141 Absatz 1bis E-FinfraG im Übernahmerecht fungieren soll und auch in diesen Fällen ein Weiterzug an eine zweite Beschwerdeinstanz möglich bleiben soll, ist in Artikel 83 Buchstabe u E-BGG eine entsprechende Ausnahme zum Grundsatz der Nichtanfechtbarkeit in Übernahmesachen vorzusehen.

Art. 100 Abs. 2 Bst. e Bei der Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht gegen Entscheide der FINMA beträgt die Beschwerdefrist 10 Tage. Diese Beschwerdefrist soll auch für Beschwerden an das Bundesgericht gelten, die sich gegen Urteile des Bundesverwaltungsge88

SR 173.110

63 / 92

BBl 2023 2165

richts richten, die dieses als erste Beschwerdeinstanz nach Artikel 141 Absatz 1bis E-FinfraG getroffen hat. Artikel 100 Absatz 2 BGG ist daher mit einem neuen Bst. e zu ergänzen.

5.3

Obligationenrecht

Artikel 633 a. Einzahlungen Absätze 1 und 2 Nach dem aktuellen Wortlaut von Artikel 633 OR können Einlagen in Geld für die Gründung einer Aktiengesellschaft ausschliesslich bei einer Bank nach Artikel 1 Absatz 1 BankG hinterlegt werden.

Unter dem BankG können jedoch auch bestimmte Personen, die keine Banken im engeren Sinne sind, Publikumseinlagen nach Artikel 1b BankG entgegennehmen. In Anbetracht des Zwecks von Artikel 633 OR und der Dienstleistungen, die von Personen im Sinne von Artikel 1b BankG erbracht werden können, ist es nicht gerechtfertigt, die beiden Gruppen an dieser Stelle unterschiedlich zu behandeln.

Die Personen nach Artikel 1b BankG geniessen gegenüber Banken zwar gewisse regulatorische Erleichterungen, diese geben jedoch keinerlei Anlass, die Angemessenheit ihrer Dienstleistungen für die Erfüllung des Bestimmungszwecks ­ nämlich dass die Einlagen der neu gegründeten Gesellschaft zur Verfügung stehen ­ infrage zu stellen.

Die Vorlage schlägt deshalb vor, in Artikel 633 OR zu präzisieren, dass Einlagen in Geld bei allen dem BankG unterstehenden Instituten, sei es bei einer Bank (Art. 1a BankG) oder bei einer Person nach Artikel 1b BankG, hinterlegt werden können, und dadurch die Rechtssicherheit zu erhöhen.

Absatz 3 Diese Bestimmung bleibt unverändert.

Art. 653e Abs. 2 Wie bei Artikel 633 OR ist auch der Inhalt von Artikel 653e OR dahingehend anzupassen, dass Einlagen ebenso bei Personen nach Artikel 1b BankG hinterlegt werden können.

Art. 653w

5. Vorbehalt zugunsten des Vorratskapitals

Während Artikel 653 Absatz 4 OR in der Regelung zur Erhöhung aus bedingtem Kapital einen expliziten Vorbehalt zugunsten des BankG für das Wandlungskapital vorsieht, fehlt im OR ein entsprechender Vorbehalt zugunsten des Vorratskapitals. Aus Gründen der Kohärenz soll daher der entsprechende Vorbehalt aufgenommen werden.

64 / 92

BBl 2023 2165

Art. 704 Abs. 1 Ziff. 5 Mit der Streichung des Verweises auf das BankG in Ziffer 5 wird neu klargestellt, dass es im BankG ­ anders als nach OR ­ zur Schaffung von Vorratskapital eines einfachen Quorums analog der Regelung zum Wandlungskapital bedarf. Diese Instrumente können im Krisenfall die Kapitalbasis der Banken rasch stärken.

5.4

Revisionsaufsichtsgesetz

Art. 31 Abs. 3 Für die operativen Geschäfte der RAB ist die Geschäftsleitung zuständig (Art. 31 Abs. 2 Bst. a des Revisionsaufsichtsgesetzes vom 16. Dezember 200589, RAG). Bei Geschäften von grosser Tragweite konsultiert die Geschäftsleitung nach dem vom Verwaltungsrat gestützt auf Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe b RAG erlassenen Organisationsreglement den Verwaltungsrat, was neu auf Gesetzesstufe in Absatz 3 verankert werden soll. Diese Konsultation führt dazu, dass der Verwaltungsrat bei Zustimmung zum betreffenden Entscheid oder bei dessen Kenntnisnahme ­ auch im Fall des Entscheids, dass keine aufsichtsrechtlichen Massnahmen ergriffen werden ­ diesen Entscheid zumindest mitträgt. Aus rechtsstaatlicher Sicht ist es sinnvoll, dies auf Gesetzesstufe anzuheben. Zudem wird damit klarer, warum die neue Regelung zur Zuständigkeit für Staatshaftungsansprüche notwendig wird (Art. 36a Abs. 3 E-RAG).

Artikel 36a

Verantwortlichkeit

Absatz 1 Hier erfolgt eine Ergänzung des Verweises auf den neu eingefügten Absatz 3.

Absatz 2 Es erfolgt keine Änderung des Absatzes.

Absatz 3 Der Verwaltungsrat der RAB wird bei Geschäften von grosser Tragweite von der Geschäftsleitung vorgängig konsultiert (vgl. Erläuterungen zu Art. 31 Abs. 3 E-RAG).

Werden gestützt auf Entscheide der Geschäftsleitung, bei denen der Verwaltungsrat aufgrund der Qualifikation als Geschäft von grosser Tragweite konsultiert wurde, Staatshaftungsansprüche gegen die RAB erhoben, ist der Verwaltungsrat aufgrund von Vorbefassung ausstandspflichtig. Diese Ausstandspflicht erstreckt sich auf alle dem Verwaltungsrat unterstellten Mitarbeitenden der RAB, mithin auf die gesamte RAB. Für diesen Fall ist eine Ersatzbehörde vorzusehen. Aufgrund der bestehenden Erfahrung in der Beurteilung von Staatshaftungsansprüchen, die sich gegen den Bund richten, soll das EFD als geeignete Ersatzbehörde in der Angelegenheit entscheiden.

89

SR 221.302

65 / 92

BBl 2023 2165

Absatz 4 Der neue Absatz 3 zur Zuständigkeit des EFD betrifft Staatsanhaftungsansprüche wie die Absätze 1 und 2. Er muss daher aus systematischen Gründen direkt auf Absatz 2 folgen. Dies führt dazu, dass der bisherige Absatz 2bis, der die Haftung nach OR betrifft, neu in Absatz 4 umplatziert werden muss.

5.5 Artikel 46a

Finanzinstitutsgesetz Offenlegung

Siehe die Erläuterungen zu Artikel 5 E-BankG. Die Bestimmung stellt klar, dass auf kontoführende Wertpapierhäuser die Offenlegungsvorschriften des BankG sinngemäss anzuwenden sind.

5.6 Artikel 19

Finanzmarktaufsichtsgesetz Verantwortlichkeit

Absatz 1 Hier erfolgt eine Ergänzung des Verweises auf den neu eingefügten Absatz 3.

Absatz 2 Absatz 2 bleibt unverändert.

Absatz 3 Der Verwaltungsrat der FINMA entscheidet unter anderem über Geschäfte von grosser Tragweite (Art. 9 Abs. 1 Bst. b FINMAG). Werden gestützt auf solche Entscheide des Verwaltungsrates in Geschäften von grosser Tragweite Staatshaftungsansprüche gegen die FINMA erhoben, ist der Verwaltungsrat aufgrund von Vorbefassung ausstandspflichtig. Diese Ausstandspflicht erstreckt sich auf alle dem Verwaltungsrat unterstellten Mitarbeitenden der FINMA, mithin auf die gesamte FINMA. Für diesen Fall ist eine Ersatzbehörde vorzusehen. Aufgrund der bestehenden Erfahrung in der Beurteilung von Staatshaftungsansprüchen, die sich gegen den Bund richten, soll das EFD als geeignete Ersatzbehörde in der Angelegenheit entscheiden.

5.7

Finanzmarktinfrastrukturgesetz

Art. 140 Abs. 1 Die FINMA nimmt die Aufsicht über ihre Beaufsichtigten nach dem FINMAG und den Finanzmarktgesetzen wahr. Gleichzeitig ist die FINMA auch Beschwerdeinstanz gegen Entscheide der Übernahmekommission, die diese gestützt auf das FinfraG erlassen hat. Vor diesem Hintergrund ist bei entsprechenden Konstellationen ausnahms-

66 / 92

BBl 2023 2165

weise die Beschwerde direkt an das Bundesverwaltungsgericht (statt an die FINMA) vorzubehalten; vgl. die nachfolgenden Ausführungen zu Art. 141 Abs. 1bis E-FinfraG.

Art. 141 Abs. 1 zweiter Satz, 1bis und 2 Absatz 1 Neu wird die heute in Absatz 2 geregelte Beschwerdefrist von zehn Tagen der Klarheit halber in Absatz 1 verschoben.

Absatz 1bis Aufgrund der gesetzlichen Aufgaben der FINMA ist es möglich, dass der Verwaltungsrat der FINMA im Rahmen eines «Geschäfts von grosser Tragweite» nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b FINMAG bei Beaufsichtigten eine Übernahme aufsichtsrechtlich beurteilen muss und im Nachgang die FINMA allenfalls noch eine übernahmerechtliche Beschwerde gegen einen Entscheid der Übernahmekommission beurteilen müsste. Auch ist die Konstellation vorstellbar, dass eine Verfügung der Übernahmekommission bei der FINMA angefochten wird und die Anfechtung der betroffenen Übernahmesache einen Entscheid nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b FINMAG erfordert. In diesen Ausnahmefällen soll das Bundesverwaltungsgericht die Aufgaben der FINMA als erste Beschwerdeinstanz wahrnehmen. Die FINMA überweist die Beschwerde ohne Verzug dem Bundesverwaltungsgericht. Der neue Artikel 141 Absatz 1bis E-FinfraG regelt die Voraussetzungen für die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts sowie die Beschwerdefrist für eine direkte Beschwerde an dieses. Aufgrund von Kohärenzüberlegungen und aus Gründen der Gleichbehandlung gilt in diesen Fällen eine Beschwerdefrist von fünf Börsentagen an das Bundesverwaltungsgericht, mithin dieselbe Frist, die ansonsten für die Anfechtung eines Entscheids der Übernahmekommission bei der FINMA gilt. Artikel 141 Absatz 3 FinfraG sieht bereits vor, dass auf Verfahren in Übernahmesachen vor dem Bundesverwaltungsgericht die gesetzlichen Bestimmungen über den Stillstand der Fristen nicht anwendbar sind. Dieser gilt unabhängig von der Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht als erste Beschwerdeinstanz tätig wird oder als zweite Beschwerdeinstanz einen Entscheid der FINMA beurteilt. Kommt es zu einem Anwendungsfall nach Absatz 1bis, informiert die FINMA die Übernahmekommission sowie die Parteien entsprechend. Die Übernahmekommission leitet ihre Akten anstatt an die FINMA an das Bundesverwaltungsgericht weiter. Die Übernahmekommission wird in ihrem Entscheid, der
im Zusammenhang mit einer Verfügung nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b FINMAG ergeht, eine nach Absatz 1bis sowie Absatz 2 entsprechende Rechtsmittelbelehrung formulieren müssen.

Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als erste Beschwerdeinstanz soll zur Wahrung der Möglichkeit eines doppelten Instanzenzugs der Beschwerdeweg an das Bundesgericht erlaubt sein.

Absatz 2 Es wird aufgrund des neuen Absatzes 1bis klargestellt, dass die Beschwerden nach Artikel 141 E-FinfraG keine aufschiebende Wirkung haben.

67 / 92

BBl 2023 2165

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf die systemrelevanten Banken

Mit durch den Bund garantierten Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB kann eine in der Schweiz domizilierte SIB rasch und subsidiär mit Liquidität versorgt werden, falls dies im Krisenfall für eine Sanierung der SIB oder für die Konkursliquidation mit Weiterführung der systemrelevanten Funktionen der SIB erforderlich sein sollte.

Schon die blosse Existenz der Möglichkeit zur Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen und von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie kann im Markt präventiv wirken und gegebenenfalls einen Ansturm der Einleger auf die Banken verhindern. Die Stärkung beziehungsweise die Schaffung dieser Instrumente kann Vertrauen bei Investoren und Kunden schaffen und dazu beitragen, dass diese auch in einer Krise mit der betreffenden Bank Geschäftsbeziehungen aufrechterhalten beziehungsweise eingehen. Im Fall einer international tätigen SIB wird gleichzeitig das Vertrauen der ausländischen Aufsichtsbehörden in deren Sanierbarkeit gestärkt.

Dadurch sinkt die Gefahr, dass ausländische Aufsichtsbehörden höhere regulatorische Anforderungen für in ihrem Land domizilierte Rechtseinheiten der G-SIBs anordnen beziehungsweise die Übertragbarkeit von Kapital- und Liquidität einschränken würden (Ring Fencing).

Die Vergabe von Liquiditätshilfe-Darlehen durch Zentralbanken (wie ELA oder PLB) gehört international zum Standard-Kriseninstrumentarium (vgl. hierzu den internationalen Rechtsvergleich in Kap. 3). Die vorliegende Vorlage reduziert daher allfällige Wettbewerbsverzerrungen zulasten der international tätigen SIBs der Schweiz und stellt sie mit ihren ausländischen Konkurrenten in führenden Finanzplätzen gleich.

Zur Entschädigung des Risikos, dass der Bund der SNB eine allfällige Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen an eine SIB bereitstellen und damit ein potenzielles Verlustrisiko eingehen könnte, sowie zur Kompensation von Wettbewerbsvorteilen gegenüber inländischen Banken, die nicht systemrelevant sind, ist als Abgeltung eine von den SIBs zu entrichtende risikobasierte Ex-ante-Pauschale zuhanden des allgemeinen Bundeshaushalts vorgesehen. Diese ist jährlich von den SIBs geschuldet, unabhängig davon, ob ein Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes gewährt wird. Da die Existenz eines PLB bereits präventiv wirkt und für die SIBs dauernd einen entsprechenden
Wert hat, scheint dies gerechtfertigt. Bereits die blosse Existenz der Möglichkeit der Gewährung einer Ausfallgarantie hat einen Einfluss auf die Kreditwürdigkeit des betroffenen Instituts. Es ist anzunehmen, dass sich durch die Vertrauensbildung die Möglichkeit der Refinanzierung am Markt unmittelbar verbessert und die Refinanzierungskosten sinken. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die Kundinnen und Kunden in einem Krisenfall den Abzug ihrer Gelder beim Institut verringern. Für das Jahr 2022 hätten sich ­ berechnet als Produkt aus den nach Artikel 32c E-BankG errechneten Bemessungsgrundlagen und einem angenommenen Bemessungssatz von 0,005 bis 0,015 Prozent ­ gesamthafte Kosten aus Ex-ante-Pauschalen von rund 70­210 Millionen Franken über alle SIBs ergeben. Unter Ausklammerung des Sonderverlustes der Credit Suisse im Jahr 2022 entspricht dies rund 0,6­ 1,8 Prozent aller im Jahr 2022 von den SIBs erwirtschafteten Konzerngewinnen vor Steuern. Für das Jahr 2021 hätten sich gesamthafte Ex-ante-Pauschalen von rund 80­ 240 Millionen Franken ergeben, was rund 0,8­2,3 Prozent der Summe aller im 68 / 92

BBl 2023 2165

Jahr 2021 von den SIBs erwirtschafteten Konzerngewinnen vor Steuern entspricht.

Als grobe Vergleichsgrösse können die Entschädigungen der Kantonalbanken für die jeweilig erhaltene Staatsgarantie durch den Kanton herangezogen werden: Die 21 Kantonalbanken, die über eine Staatsgarantie verfügen, entschädigten ihre Kantone im Jahr 2017 mit insgesamt 134 Millionen Franken90, was rund 4,5 Prozent aller von den Kantonalbanken im Jahr 2017 erwirtschafteten Gewinne ausmacht. Vor dem Hintergrund, dass von den 21 Kantonalbanken lediglich die ZKB als systemrelevante Bank gilt und die Risikoprofile der nicht systemrelevanten Kantonalbanken nicht mit denjenigen von SIBs vergleichbar sind, handelt es sich hierbei aber lediglich um einen sehr rudimentären Vergleich. So unterstehen die 20 nicht systemrelevanten Kantonalbanken beispielsweise nicht den erhöhten regulatorischen Anforderungen, wie sie SIBs für ihre Liquidität, Eigenmittel und Sanier- sowie Liquidierbarkeit zu erfüllen haben. Zuverlässigere Aussagen lassen sich somit einzig gestützt auf die von der ZKB bezahlten Entschädigungen für die kantonale Staatsgarantie tätigen. Die von der ZKB während der Zeitperiode 2017­2022 pro Jahr entrichtete Entschädigung für ihre kantonale Staatsgarantie betrug durchschnittlich 2,7 Prozent ihrer Konzerngewinne vor Steuern. Es gilt allerdings zu berücksichtigen, dass kantonale Staatsgarantien im Krisenfall einen umfassenderen Schutz bieten, als dies mit der Ausfallgarantie des Bundes der Fall ist. Entsprechend ist bei einer kantonalen Staatsgarantie der betroffene Kanton ­ im Gegensatz zum Bund im Fall einer Ausfallgarantie für LiquiditätshilfeDarlehen der SNB ­ verpflichtet, in einem Krisenfall zugunsten seiner Kantonalbank finanzielle Unterstützung zu bieten; zudem bieten kantonale Staatsgarantien im Gegensatz zu Ausfallgarantien des Bundes beispielsweise einen praktisch vollständigen Schutz der bei den betroffenen Kantonalbanken geführten Einlagen, sodass Einleger keine Verluste erleiden. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass SIBs ­ falls der Bund im Krisenfall der SNB eine Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen gewährt ­ dem Bund eine Bereitstellungsprämie und, sobald Liquiditätshilfe-Darlehen ausbezahlt werden, dem Bund und der SNB zusätzlich eine Risikoprämie und der SNB Zinsen entrichten müssen. Es erscheint
daher angemessen und folgerichtig, dass die Pauschale für die Möglichkeit einer PLB-Beanspruchung im Verhältnis zur Abgeltung für kantonale Staatsgarantien tiefer angesetzt wird.

Die Aussicht auf Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen oder Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie kann Fehlanreize (Moral Hazard) setzen.

Fehlanreize können entgegen den Interessen der Öffentlichkeit zu verantwortungslosem Verhalten durch die Bank führen und dadurch neue Risiken auslösen oder bestehende Risiken verstärken. Allerdings ist festzuhalten, dass Banken und insbesondere SIBs im Gegensatz zu nicht regulierten Unternehmen ihre Liquiditätshaltung nicht beliebig selber bestimmen können, sondern durch die Vorgaben in der LiqV gebunden sind. Riskanten Verhaltensweisen wird einerseits dadurch entgegengewirkt, dass hohe Risiken bereits im Rahmen der am 1. Juli 2022 in Kraft getretenen höheren Liquiditätsanforderungen für SIBs zu bankspezifischen Liquiditätszuschlägen für die SIBs

90

Studie BAK economic intelligence (2018), Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Kantonalbanken für die Schweiz und ihre Kantone, Studie im Auftrag des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken, S. 40, abrufbar unter: https://www.kantonalbank.ch/ getmedia/ad4b4ead-d95e-4f44-8a13-cb3da9c44695/BAK_Economics_ Volkswirtschaftliche_Bedeutung_Kantonalbanken.pdf.

69 / 92

BBl 2023 2165

führen. Andererseits wird Fehlanreizen mit bank- und personenbezogenen Massnahmen entgegengewirkt.

Zu diesen Massnahmen zählen die für die Bank anfallenden Kosten, die mit der tatsächlichen Gewährung einer Ausfallgarantie durch den Bund und die tatsächliche Gewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen durch die SNB im Krisenfall verbunden sind (Art. 32d E-BankG). Während der gesamten Laufzeit einer konkret gewährten Ausfallgarantie des Bundes fällt für die betroffene SIB eine Bereitstellungsprämie zugunsten des Bundes an. Diese wird im Einzelfall festgelegt. Im Fall der von der Credit Suisse im März 2023 bezogenen Liquiditätshilfe betrug die kumulierte Bereitstellungsprämie, die von der Credit Suisse bis zur Kündigung des Vertrags über die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes per 11. August 2023 entrichtet wurde, 100,7 Millionen Franken. Auf den bezogenen Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie hat die Darlehensnehmerin dem Bund und der SNB je eine Risikoprämie und der SNB einen angemessenen Zinssatz zu entrichten. Die Risikoprämien werden im Einzelfall entsprechend den Risiken des Bundes und der SNB festgelegt. Die Kosten für die Risikoprämien und den Zins fallen für das betroffene Institut nur an, solange Darlehen bestehen. Die Credit Suisse hat dem Bund ­ und im selben Umfang zusätzlich auch der SNB ­ für die gewährten und am 20. März 2023 ausbezahlten Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie bis zu deren vollständigen Rückzahlung am 30. Mai 2023 eine Risikoprämie von 60,6 Millionen Franken entrichtet. Insbesondere die Prämien sollen für die betroffene SIB zweckmässige Anreize setzen. Zum einen sollen die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie teurer als üblicherweise am Markt verfügbare Alternativen zur Liquiditätsbeschaffung sein, wodurch dem Subsidiaritätsgedanken dieser Massnahme Rechnung getragen wird. Die SIB soll einen Anreiz haben, diese Liquiditätshilfe-Darlehen möglichst wenig zu beanspruchen oder rasch zurückzuerstatten. Zum andern sollen die Prämien jedoch die Hauptziele der Massnahme, nämlich die erfolgreiche Sanierung der SIB oder eine Konkursliquidation mit Weiterführung der systemrelevanten Funktionen, nicht durch hohe zusätzliche Kosten für die sich in einer Krisensituation befindliche SIB gefährden. Zur Minderung der Fehlanreize trägt auch die
risikobasierte Ex-ante-Pauschale bei, da sie den SIBs Anreize zur Reduktion von Liquiditätsrisiken setzt.

Des Weiteren muss die SIB bestimmte Pflichten einhalten (Art. 32g E-BankG), und der Bundesrat muss Massnahmen im Bereich der variablen Vergütungen ergreifen (Art. 10a E-BankG).

6.2

Auswirkungen auf die nicht systemrelevanten Banken

Die Möglichkeit der Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen sowie von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie an SIBs stärkt deren Widerstandsfähigkeit in einer Liquiditätskrise. Dadurch können sich die Refinanzierungskosten der SIBs am Markt reduzieren, sofern und soweit die Märkte für SIBs nicht bereits eine implizite staatliche Unterstützung eingepreist haben. Da die Vorlage keine Auswirkungen auf die Refinanzierungskosten von nicht systemrelevanten Banken entfaltet, kann eine wettbewerbsverzerrende Wirkung der Vorlage nicht ausgeschlos70 / 92

BBl 2023 2165

sen werden. Wird zudem in einem konkreten Fall eine Ausfallgarantie gewährt, so greift der Staat in den freien Markt ein, was zu zusätzlichen Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Eine zusätzliche Benachteiligung bei nicht systemrelevanten Banken ergibt sich aus dem Umstand, dass die bei diesen Banken geführten Freizügigkeitsund Säule-3a-Konti in einem hypothetischen Konkursverfahren nicht eine Privilegierung gemäss Artikel 32i E-BankG aufweisen. Um diesen Verzerrungseffekten entgegenzuwirken, sind in der Vorlage die Ex-ante-Pauschale und im Fall einer konkreten Beanspruchung eines PLB im Krisenfall ­ neben der Verzinsung ­ auch Bereitstellungs- sowie Risikoprämien vorgesehen, die die betroffene SIB dem Bund und der SNB zu entrichten hat. Zudem müssen SIBs, denen ein PLB ausbezahlt wurde, gewisse Pflichten erfüllen (vgl. Art. 32g E-BankG). Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass eine tiefere Wahrscheinlichkeit einer Liquiditätskrise und somit letztlich eines Konkurses einer SIB mögliche Ansteckungsrisiken reduziert und damit im Interesse des gesamten Bankensektors ist.

6.3

Auswirkungen auf Bankkunden und Bankgläubiger

Die Kunden und Gläubiger der SIBs profitieren in erster Linie von einer erhöhten Stabilität der SIB im Fall einer Liquiditätskrise aufgrund der Möglichkeit von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen sowie von durch den Bund garantierten Liquiditätshilfe-Darlehen. Im Krisenfall haben sämtliche Gläubiger ein erhebliches Interesse, dass die Liquidität der Bank sichergestellt werden kann. Im Fall einer Sanierung ist eine voraussichtliche Besserstellung der Gläubiger eine zwingende Voraussetzung (vgl. Art. 31 BankG). Zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen und vom Bund gesicherte Liquiditätshilfe-Darlehen können aufgrund des Konkursprivilegs (Art. 51b Abs. 4 und 32i E-BankG) Auswirkungen auf gewisse Bankgläubiger haben. Die Forderungen der SNB aus zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen und die daraus aufgelaufenen Zinsen werden in die zweite Konkursklasse nach Artikel 219 Absatz 4 SchKG und die Forderungen aus mittels Ausfallgarantie gesicherten Liquiditätshilfe-Darlehen sowie die daraus aufgelaufenen Prämien und Zinsen werden in die dritte Konkursklasse nach Artikel 219 Absatz 4 SchKG eingereiht, wobei sie innerhalb dieser Konkursklassen zumindest teilweise nachrangig bedient werden (vgl. Art. 32i Abs. 2 und 51b Abs. 4 E-BankG). Die entsprechenden Forderungen werden also erst bedient, wenn sämtliche Gläubiger der ersten und zweiten Konkursklasse beziehungsweise die Freizügigkeits- und Säule-3a-Guthaben der dritten Klasse vollständig befriedigt sind. In der ersten Konkursklasse sind insbesondere die Lohnforderungen der Arbeitnehmenden angesiedelt. In der zweiten Konkursklasse sind sodann vor allem Forderungen der Sozialversicherungen sowie privilegierte Einlagen nach Artikel 37a BankG eingereiht. Das Konkursprivileg der Forderungen aus zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen und aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie geht daher nicht zulasten dieser Einleger, sondern nur, mit Ausnahme der Forderungen aus Freizügigkeits- und Säule-3a-Guthaben, zulasten der Gläubiger der dritten Konkursklasse. Insgesamt betrachtet wirkt sich die Massnahme jedoch auch für die Gläubiger der dritten Klasse positiv aus, da mit den genannten Liquiditätshilfe-Darlehen das Vertrauen dieser Gläubiger gestärkt werden sollte und dadurch die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses der SIB aufgrund eines Liquiditätsengpasses deutlich sinkt.

71 / 92

BBl 2023 2165

Die Einreihung der Freizügigkeits- und Säule-3a-Guthaben, die die Limite von 100 000 Franken überschreiten, in der dritten Gläubigerklasse vor den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie führt für diese Gläubiger zu einer beträchtlichen Reduktion des Risikos, dass sie im Konkursfall einer SIB Ausfälle erleiden würden.

Dadurch wird für diese Gläubiger das Risiko des Verlusts der Vorsorgeleistungen und damit der Notwendigkeit des Bezugs von Ergänzungsleistungen ­ samt damit verbundenen Kostenauswirkungen für die öffentliche Hand ­ reduziert.

Der Nutzen dieser Vorlage für Bankkunden und Bankgläubiger besteht in der Senkung der Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsunfähigkeit und damit eines Konkurses einer SIB und den damit verbundenen negativen Folgen. Im Fall eines Konkurses einer SIB soll der Notfallplan sicherstellen, dass die systemrelevanten Funktionen (innerhalb der Schweizer Einheit bei einer international tätigen SIB) unterbruchsfrei weitergeführt werden können. Ganz ausgeschlossen werden kann ein temporärer Unterbruch der systemrelevanten Funktionen in der Praxis jedoch im Fall eines Konkurses der SIB nicht. Je nach konkretem Fall könnten für die Weiterführung der systemrelevanten Funktionen Liquiditätshilfe-Darlehen notwendig sein.

Der Konkurs einer SIB erhöht somit einerseits das Risiko eines Unterbruchs der systemrelevanten Funktionen mit entsprechenden negativen Folgen für das Schweizer Finanzsystem und die Schweizer Volkswirtschaft und hätte ­ insbesondere bei den international tätigen SIBs ­ darüber hinaus negative Auswirkungen auf Bankkunden und Bankgläubiger sowie auf eine Grosszahl von ausländischen Wealth-ManagementKunden. Kann der Notfallplan eine unterbruchfreie Weiterführung des Einlagegeschäfts und des Zahlungsverkehrs nicht sicherstellen, können die Kunden nicht mehr ungehindert über ihre Vermögenswerte bei den konkursiten Einheiten der Bank verfügen. Sie erleiden zudem Verluste auf ihren nicht gesicherten Einlagen. Gewissheit über die tatsächlichen Verluste auf diesen Einlagen besteht erst nach Abschluss des Konkursverfahrens (Dauer von über 10 Jahren). Auch können die Kunden erst allmählich über die aussonderbaren Anlagen (Wertschriftendepots) verfügen.

6.4

Auswirkungen auf die SNB

Die Vorlage sieht vor, dass die SNB im Krisenfall Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie an eine SIB leisten kann. Zudem soll sie ­ bis Ende 2027 befristet ­ weiterhin im Rahmen der im März 2023 erfolgten Beschlüsse zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen gewähren können, die im Konkurs der Darlehensnehmerin privilegiert sind. Nach Abschluss eines Konkursverfahrens kann trotzdem nicht ausgeschlossen werden, dass unbefriedigte Forderungen verbleiben. Im Fall von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen können aufgrund der fehlenden Bundesgarantie für die SNB dadurch Verluste resultieren. Im Umfang allfälliger Verluste würde das Jahresergebnis der SNB geschmälert werden, was wiederum zu einer Reduktion der Ausschüttungsreserve der SNB, die für Ausschüttungen an Bund und Kantone zur Verfügung steht, führen würde. In einem trotz Konkursprivileg betragsmässig substanziellen Verlustfall können zudem negative Auswirkungen auf die geldpolitische Glaubwürdigkeit der SNB nicht ausgeschlossen werden. Allerdings sorgen eine im Verhältnis zu den Aktiven der Darlehensnehmerin massvoll festzulegende Höhe der zusätzlichen 72 / 92

BBl 2023 2165

Liquiditätshilfe-Darlehen und das Konkursprivileg, gemäss welchem Forderungen der SNB aus zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen im Konkursfall noch vor ihren allfälligen Forderungen aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie bedient würden, für ein äusserst begrenztes Ausfallrisiko.

Nachdem die zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen ausgeschöpft sind, kann die SNB Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes unter den Voraussetzungen von Artikel 32a E-BankG gewähren, die im Konkurs ebenfalls privilegiert sind. Aufgrund der Bundesgarantie ist die SNB bei der Gewährung dieser Liquiditätshilfe-Darlehen keinem Verlustrisiko ausgesetzt.

Falls die SNB zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen oder Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie in Fremdwährungen gewähren müsste, könnten zusätzlich Verluste oder Gewinne aus Fremdwährungsschwankungen entstehen.

In einem Krisenfall, in dem die gewährten zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen und Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie von der betroffenen Bank vollständig zurückbezahlt werden können, ergeben sich bei der SNB aufgrund der während der Krisenperiode erhaltenen Risikoprämien positive finanzielle Auswirkungen und damit eine Erhöhung der Ausschüttungsreserve.

Die Gewährung von Liquiditätshilfe-Darlehen erhöht die im Finanzsystem vorhandenen Sichtguthaben. Der SNB entstehen dadurch Kosten aufgrund der Verzinsung der Girokonten zum SNB-Leitzins. Falls aus geldpolitischer Sicht eine Abschöpfung der Liquidität für notwendig erachtet wird, entstehen der SNB durch die Ausgabe und Verzinsung von Repos oder SNB-Bills ebenfalls Kosten, deren Höhe mittelfristig in etwa auf den SNB-Leitzins zurückzuführen sind. Für diese Kosten wird die SNB mit Zinsen auf den Liquiditätshilfe-Darlehen entschädigt. Im Fall eines Konkurses hört gegenüber dem Schuldner der Zinsenlauf aber auf (Art. 209 SchKG). Während die Zinszahlungen zugunsten der SNB somit stoppen, fallen die genannten Zinskosten für die SNB während der gesamten Konkursdauer an. Da die Konkursdauer bei einer SIB lange ausfallen kann, können diese Kosten beträchtlich sein. Zur Abgeltung dieser Kosten steht der SNB bei Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie eine Risikoprämie zu (Art. 32d Abs. 2 E-BankG).

6.5

Auswirkungen auf den Bund

Die Rolle des Bundes im Rahmen von Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB mit staatlicher Ausfallgarantie liegt in der potenziellen Gewährung einer Ausfallgarantie in einer schweren Liquiditätskrise sowie in der Deckung eines allfälligen Verlustes der SNB im Fall eines Konkurses und nach abgeschlossenem Konkursverfahren. Ausserhalb von Krisensituationen sind aufgrund der Einführung dieses Instruments positive finanzielle Auswirkungen für den Bund zu erwarten. Wie bereits in Kapitel 6.1 ausgeführt, wird dem Bund zur Entschädigung des Risikos, dass er der SNB eine allfällige Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen an eine SIB bereitstellen und damit ein potenzielles Verlustrisiko eingehen könnte, von den SIBs eine Ex-ante-Pauschale zuhanden des allgemeinen Bundeshaushalts entrichtet. Diese ist jährlich geschuldet, unabhängig davon, ob ein Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgaran-

73 / 92

BBl 2023 2165

tie des Bundes gewährt wird. Die hypothetischen Einnahmen des Bundes für die Jahre 2021 und 2022 wurden in Kapitel 6.1 geschätzt.

Der Personalbestand des Bundes ist durch die vorliegenden Gesetzesänderungen grundsätzlich nicht tangiert. In einer Krisensituation können, wie die Ereignisse rund um die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS gezeigt haben, punktuell Kosten personeller Art für den Bund entstehen, zum Beispiel durch kurzfristige Aufstockung des Personalbestands oder durch Beraterkosten. Letztere können der Bank, die staatliche Unterstützung beansprucht, nach Artikel 32d Absatz 6 E-BankG auferlegt werden.

In Krisenzeiten gibt es eine Reihe von Faktoren, die allfällige finanzielle Risiken für den Bund erheblich einschränken. In erster Linie sollten gewisse Szenarien mit bankeigener Liquidität91 und gegebenenfalls mit ausserordentlichen oder zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB abgedeckt werden können. Hierbei ist die Nutzung von durch den Bund garantierten Liquiditätshilfe-Darlehen nicht oder lediglich subsidiär gestattet. Zudem ist die Solvenz oder deren Herstellung (z. B. über einen Bailin) in einem Sanierungsverfahren eine Voraussetzung für die Vergabe einer Ausfallgarantie durch den Bund. Bei der Vergabe von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie liegt daher eine solvente Bank oder ein Sanierungsplan zur Herbeiführung der Solvenz vor. Dies ist eine wichtige Grundlage dafür, dass die Bank dereinst die Darlehen zurückbezahlen kann. Auch im ungünstigsten Szenario, in dem eine Sanierung trotz Einsatz von durch den Bund garantierten Liquiditätshilfe-Darlehen scheitert und der Konkurs der SIB eröffnet würde, ist mit dem Konkursprivileg (Art. 32i E-BankG) ein wirksames Mittel zur Reduzierung des Verlustrisikos für den Bund vorgesehen. Damit die Forderungen der SNB im Zusammenhang mit LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie durch den Konkurserlös nicht mehr gedeckt wären und allenfalls die Garantie des Bundes beansprucht würde, müssten die Vermögenswerte der Bank sehr starke Einbussen erleiden, die deutlich über die bisherige Erfahrung hinausgehen.92 Ein Verlust tritt nur ein, wenn es zu einem Konkurs und einer Liquidation kommt und wenn im Rahmen der Liquidation die Aktiven der betroffenen Bank stark an Wert verlieren, sodass nicht einmal die zweite Konkursklasse
vollständig ausbezahlt werden könnte.

In einem Krisenfall, in dem die gewährten Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie von der betroffenen Bank vollständig zurückbezahlt werden können, ergeben sich beim Bund aufgrund der während der Krisenperiode erhaltenen Bereitstellungsund Risikoprämien positive finanzielle Auswirkungen. Wie in Kapitel 6.1 am Beispiel des Vorfalls vom März 2023 der Credit Suisse dargelegt, betrug die kumulierte Bereitstellungsprämie zugunsten des Bundes, die von der Credit Suisse bis zur Beendigung des Vertrags über die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes per 11. August 2023 entrichtet wurde, 100,7 Millionen Franken. Zudem hat die Credit 91 92

Mit den am 1. Juli 2022 in Kraft getretenen höheren Liquiditätsanforderungen wird die Wahrscheinlichkeit, dass der Einsatz des PLB erforderlich wird, deutlich reduziert.

Das einzige bisherige Beispiel für eine (ausländische) G-SIB, die abgewickelt werden musste, ist Lehman Brothers. Gemäss FSB-Studie beliefen sich die Verluste im Konkurs auf etwa 33 Prozent der Gesamtbilanz (Quelle: FSB, Historical Losses and Recapitalisation Needs, 9. November 2015, S. 18, abrufbar unter: https://www.fsb.org/wp-content/ uploads/Historical-Losses-and-Recapitalisation-Needs-findings-report.pdf).

74 / 92

BBl 2023 2165

Suisse dem Bund ­ und im selben Umfang auch der SNB ­ für gewährte Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie bis zu deren vollständigen Rückzahlung eine gesamthafte Risikoprämie von 60,6 Millionen Franken entrichtet.

Garantien des Bundes würden voraussichtlich als Finanzinstrument nach dem Rechnungslegungsstandard IPSAS 41 behandelt (International Public Sector Accounting Standards). Der Bund wendet diesen Standard seit 2023 an. Sollten bei der Ausfallgarantie die Bereitstellungs- und Risikoprämien das Ausfallrisiko per Bilanzstichtag nicht adäquat abdecken, wäre die Differenz dem Jahresergebnis des Bundes und dem Finanzierungsergebnis gemäss Schuldenbremse zu belasten, wobei der Betrag voraussichtlich ausserordentlich verbucht werden würde. Es müsste frühzeitig berücksichtigt werden, wie sich eine absehbare Inanspruchnahme der Ausfallgarantie auf die Finanzen des Bundes auswirken würde und wie damit umzugehen wäre.

Die Risiken für den Bund hängen insbesondere von den für die Liquiditätshilfe garantierten Beträgen ab. Der tatsächliche Liquiditätsbedarf ist im Voraus äusserst schwierig abzuschätzen. So können sich Anzahl, Grösse und Profil der SIBs über die Zeit verändern. Zudem hängt die erforderliche Liquidität massgeblich vom konkreten Krisenszenario und den betroffenen SIBs ab. Die Ausfallgarantie für LiquiditätshilfeDarlehen wird daher erst bei einem allfälligen Bedarf und im Einzelfall festgelegt.

Eine konkrete Bandbreite für den Betrag der Ausfallgarantie für Liquiditätshilfe-Darlehen im Voraus zu beziffern, wäre nicht nur kaum umsetzbar, sondern auch nicht zielführend. So könnte eine Limitierung auf einen bestimmten Betrag die vertrauensbildende Wirkung der Liquiditätshilfe-Darlehen untergraben. Daher haben die Jurisdiktionen, die einen PLB kennen, auf jegliche Betragsangaben verzichtet.

Indem durch die Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen und Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie die Wahrscheinlichkeit für den Konkurs eines systemrelevanten Instituts verringert wird, hat die Vorlage unter anderem auch einen direkten Nutzen für den Bund. Ein solcher Konkurs könnte die Schweizer Volkwirtschaft erheblich schädigen und damit den Staat zu einer Rettung beispielsweise durch eine temporäre Verstaatlichung zwingen mit möglicherweise erheblichen Kostenfolgen für den
Staatshaushalt. Die Ratingagenturen weisen in ihren Analysen regelmässig auf dieses substanzielle Risiko für die Bilanz der Eidgenossenschaft hin. Im Fall einer Krise im Finanzsektor ist deshalb davon auszugehen, dass die Ratingagenturen das Rating der Eigenossenschaft überprüfen und insbesondere beim Konkurs eines systemrelevanten Instituts den Ausblick auf negativ setzen würden, wodurch eine Ratingherabstufung wahrscheinlich würde. Eine allfällige Herabstufung des Ratings der Eigenossenschaft auf eine tiefere Bonitätsstufe würde dazu führen, dass Investoren eine höhere Risikoprämie für das eingegangene Kreditrisiko verlangen. Für den Bund würden dadurch der Schuldzins und damit die Refinanzierungskosten steigen.

6.6

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Im Fall der ZKB, die eine der SIBs ist, reduzieren sich durch die erhöhte Stabilität der Bank die Risiken für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler des Kantons Zürich so75 / 92

BBl 2023 2165

wie für den Kanton Zürich als Eigner. Ein allfälliger Verlust der SNB aus zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen wird die Ausschüttungsreserve der SNB in diesem Umfang reduzieren und damit die Gewinnausschüttung an die Kantone tangieren. Weitere regionsspezifische Auswirkungen sind nicht ersichtlich.

Der Nutzen dieser Vorlage besteht in der Reduktion der Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsunfähigkeit und damit eines Konkurses von SIBs und der damit verbundenen negativen Folgen für die Volkswirtschaft. Wie in Kapitel 6.7 dargelegt, kann sich ein Konkurs auch negativ auf die direkten Steuereinnahmen auswirken.

6.7

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Stabilität einer SIB ist für die Volkswirtschaft eines Landes von zentraler Bedeutung, da eine in finanzielle Not geratene SIB aufgrund von deren Grösse, Marktbedeutung und Vernetzung zu erheblichen Schwierigkeiten sowie Verwerfungen im Finanzsystem und zu negativen gesamtwirtschaftlichen Folgen führen kann. Für die Schweiz, die im internationalen Vergleich im Verhältnis zur Grösse des Landes sehr grosse Finanzinstitute beheimatet, ist diese Problematik von besonderer Bedeutung.

So betrug 2022 das Gesamtengagement der SIBs im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz 123 Prozent für die UBS, 84 Prozent für die Credit Suisse, 29 Prozent für die ZKB, 37 Prozent für Raiffeisen und 15 Prozent für die PostFinance.

Der Nutzen dieser Vorlage besteht in der Senkung der Wahrscheinlichkeit der Zahlungsunfähigkeit und damit eines Konkurses einer SIB respektive des Ausfalls der systemrelevanten Funktionen in einer Liquiditätskrise und der damit verbundenen negativen Folgen für die Volkswirtschaft. Ein Ausfall des Einlagen- und Kreditversorgungsgeschäfts bei einer grossen Anzahl Bankkunden würde bei diesen zu Liquiditäts- und Finanzierungsengpässen führen, was den Konsum und die Investitionen in der Schweiz drastisch reduzieren und die Schweizer Volkswirtschaft erheblich schädigen könnte. Dadurch wäre die realwirtschaftliche Aktivität massiv gestört oder käme teilweise sogar zum Erliegen. Die möglichen Kosten für den Ausfall der systemrelevanten Funktionen einer SIB sind abhängig vom konkreten Fall. Eine Studie des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht schätzt die Kosten von vergangenen Bankenkrisen auf 19 Prozent bis 158 Prozent des BIP des betroffenen Landes.93 Funktionieren die Sanierungsmassnahmen oder die Weiterführung der systemrelevanten Funktionen im konkreten Krisenfall gut, wird sich der Wert am unteren Ende dieser Spannbreite bewegen und sonst eher am oberen. Ein Konkurs einer Schweizer SIB würde zu Entlassungen und aufgrund der Bedeutung der SIB für die Finanzstabilität zu substanziellen makroökonomischen Auswirkungen führen, weshalb eine Sanierung oder Konkursliquidation mit Weiterführung der systemrelevanten Funktionen zu ermöglichen ist.

Gemäss Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe d BankG muss die Notfallplanung die Weiterführung der systemrelevanten Funktionen (innerhalb der Schweizer Einheit bei einer international tätigen SIB) gewährleisten. Trotzdem kann ein temporärer Unterbruch 93

Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) (2010), An assessment of the long-term economic impact of stronger capital and liquidity requirements, S. 36, abrufbar unter: https://www.fsb.org/wp-content/uploads/r_100818a.pdf.

76 / 92

BBl 2023 2165

der systemrelevanten Funktionen in der Praxis nicht ganz ausgeschlossen werden. Für die Weiterführung der systemrelevanten Funktionen kann deshalb ein Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie notwendig sein. Der Nutzen der Vorlage besteht somit auch darin, den potenziellen Schaden aus einer Unterbrechung der systemrelevanten Funktionen und die damit einhergehenden negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu verhindern beziehungsweise die Wahrscheinlichkeit eines solchen Schadens weiter zu verringern. Die fünf SIBs erreichen hohe Marktanteile bei den systemrelevanten Funktionen, was deren Wichtigkeit für das schweizerische Finanzsystem und die Schweizer Volkswirtschaft verdeutlicht. Ihr kumulierter Marktanteil per Ende 2021 beträgt sowohl bei den systemrelevanten94 Einlagen als auch bei den systemrelevanten Krediten an Privatpersonen und Firmen über 50 Prozent. Der gesicherte Anteil der systemrelevanten Einlagen könnte vom bestehenden Einlagensicherungssystem nur zu einem äusserst beschränkten Teil sofort ausbezahlt werden. Der Anteil der fünf SIBs an den ausstehenden Forderungen im inländischen Interbankenmarkt beträgt gut 40 Prozent, und der Anteil der von den SIBs im Inland abgewickelten Transaktionen in Franken liegt über 80 Prozent.

Vom Konkurs einer G-SIB wären zusätzlich zu den erhöhten Risiken für die Fortführung der systemrelevanten Funktionen in der Schweiz auch die ausländischen Vermögensverwaltungs-Kunden betroffen. Zudem bestünden erhebliche Ansteckungsrisiken auf weitere Banken in der Schweiz und weltweit. Der Schweizer Finanzplatz und der Wirtschaftsstandort Schweiz würden in einem solchen Fall einen starken, längerfristig andauernden Vertrauensverlust erfahren. Insbesondere im Bereich der Vermögensverwaltung würden die Kunden Gelder von den Schweizer Banken abziehen mit potenziell weitreichenden Folgen für den Finanz- und Wirtschaftsstandort Schweiz. Die Finanzdienstleistungen des gesamten Bankensektors trugen 2021 mit 39,9 Milliarden Franken95 bzw. 5,5 Prozent zum BIP der Schweiz bei. Der Bankensektor zählte 106 921 Beschäftigte (Vollzeitäquivalente, FTE)96 und generierte geschätzte 7,4 Milliarden Franken an direkten Steuern97. Der Anteil des Vermögensverwaltungsgeschäfts am Beitrag des gesamten Bankensektors kann für diese Berechnungen der Auswirkungen auf (maximal)
56 Prozent geschätzt werden (Anteil des Erfolgs aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft am Gesamterfolg).98 Von den gesamten Erträgen im Schweizer Wealth Management wurden im Jahr 2020 geschätzte 77 Prozent aus dem grenzüberschreitenden Geschäft generiert.99 Somit wird für das grenzüberschreitende Vermögensverwaltungsgeschäft 2021 ein direkter BIP-Anteil 94 95

96

97 98 99

Positionen gegenüber dem inländischen Realsektor mit Laufzeit bis 1 Jahr.

Studie BAK economic intelligence (2022), Volkswirtschaftliche Bedeutung des Schweizer Finanzsektors, Studie im Auftrag der Schweizerischen Bankiervereinigung SBVg und des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV, Ergebnisse 2022, S. 8, abrufbar unter: https://www.swissbanking.ch/_Resources/Persistent/a/7/9/8/a7983a92a4620da7fc92c85fc 305baa4a592ec47/BAK_Economics_Bedeutungsstudie_Finanzsektor_2022.pdf.

Bundesamt für Statistik, Beschäftigte nach Vollzeitäquivalente und Wirtschaftsabteilungen, abrufbar unter: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/industrie-dienstleistungen/unternehmen-beschaeftigte/beschaeftigungsstatistik.assetdetail.23326579.html.

Studie BAK economic intelligence (2022), Volkswirtschaftliche Bedeutung des Schweizer Finanzsektors, S. 11.

SNB, Jährliche Bankenstatistik vom 29. September 2022, Ausgewählte Erfolgsrechnungspositionen, abrufbar unter: https://data.snb.ch/de/topics/banken/chart/baerfentkokach.

Schweizerische Bankiervereinigung SBVg, Abbildung 9, abgerufen am 31. Januar 2023: https://publications.swissbanking.ch/swiss-banking-trends-de/wealth-management.

77 / 92

BBl 2023 2165

von 17,2 Milliarden Franken (2,4 %), eine direkte Beschäftigung von 46 104 FTE und 3,2 Milliarden Franken an direkten Steuern gerechnet. Unter der Annahme, dass Vermögensverwaltungsgelder bei Schweizer Banken einen starken Abfluss erfahren und sich das Geschäft der in diesem Bereich tätigen Schweizer Banken daher um 25 Prozent verkleinert, würden unter sonst unveränderten Bedingungen Arbeitsplätze (­ 11 526 FTE) und direkte Steuereinnahmen (-798 Mio. CHF, -0,5 %) verloren gehen und das BIP würde sinken (-4,3 Mrd. CHF, -0,6 %). Der Vertrauensverlust könnte sich über viele Jahre hinziehen. Die Vermeidung oder Verringerung der Eintrittswahrscheinlichkeit dieser negativen Folgen stellt einen weiteren Nutzen der Vorlage für die Volkswirtschaft dar.

6.8

Auswirkungen der Änderungen des Gesellschaftsrechts

Die Änderungen von Artikel 633 E-OR stellen für die Märkte keine Neuerung dar.

Unter dem bis am 31. Dezember 2022 geltenden Recht mussten nach Artikel 633 OR Einlagen in Geld bei einem dem BankG unterstehenden Institut hinterlegt werden, was eindeutig auch die Personen nach Artikel 1b BankG umfasste. Eine Reihe von ihnen bot folglich diese Art von Dienstleistung an und hätte ein Interesse daran, diese Tätigkeit fortführen zu können.

Die Änderungen von Artikel 633 E-OR wirken sich hauptsächlich auf die Personen nach Artikel 1b BankG aus, die dadurch ihr Angebot für Geschäftskunden aufrechterhalten könnten, sowie auf die Geschäftskunden, die diese Dienstleistungen weiter in Anspruch nehmen könnten.

In Anbetracht des erwarteten Umsatzwachstums der Personen nach Artikel 1b BankG kann die Gesetzesänderung positive Auswirkungen auf ihren Geschäftsgang und letztlich auf die Steuereinnahmen der Kantone haben, die für diese Geschäftsmodelle attraktiv sein wollen.

Die Öffnung dieser Dienstleistung für Personen nach Artikel 1b BankG und deren Entwicklung sorgen für mehr Wettbewerb im Bereich der Bankdienstleistungen, welcher die Einnahmen der Banken geringfügig beeinträchtigen könnte.

Dieselben Erwägungen gelten für die Änderung von Artikel 653e E-OR, obgleich die praktische Bedeutung dieser Änderung für die Personen nach Artikel 1b BankG weniger erheblich sein dürfte und die Auswirkungen geringer ausfallen dürften.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die vorgeschlagene Schaffung eines gesetzlichen Mechanismus für die Gewährung von Ausfallgarantien durch den Bund als Sicherheit für Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB sowie die befristete Einführung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen in einem Krisenfall richtet sich nur an Banken, die systemrelevant oder Teil einer systemrelevanten Finanzgruppe sind. Dies wirft die Frage nach der Zulässigkeit dieser 78 / 92

BBl 2023 2165

Differenzierung und unterschiedlichen Behandlung gegenüber den übrigen Banken auf, denn diese sind vom vorgeschlagenen Mechanismus ausgeschlossen.

Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots (Art. 8 BV) und der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 i.V.m. Art. 94 BV) relevant. Aus diesen Grundrechten folgt, dass direkte Konkurrenten gleich zu behandeln sind. Die Wirtschaftsfreiheit verbietet grundsätzlich Massnahmen, die den Wettbewerb unter direkten Konkurrenten verzerren könnten und somit nicht wettbewerbsneutral sind.

Dieser Grundsatz gilt sowohl bezüglich grundsatzkonformer staatlicher Massnahmen wie auch betreffend zulässiger grundsatzwidriger Vorkehren des Staates.100 Gemäss Artikel 98 Absatz 1 BV hat der Bund gleichermassen das Recht wie auch die Pflicht, Vorschriften über das Banken- und Börsenwesen zu erlassen. Nach allgemein anerkannter Auffassung betrifft dies nebst dem Schutz der klassischen Polizeigüter (z. B. Schutz der Gläubiger) insbesondere auch den Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte und des Bankensystems (System- bzw. Funktionsschutz, vgl. Art. 4 FINMAG zu den Zielen der Finanzmarktaufsicht). Die zusätzlichen LiquiditätshilfeDarlehen wie auch die Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie stellen eine Finanzhilfe im Sinne des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990101 (SubG) dar (vgl.

Kap. 7.4). Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung von Subventionen ergibt sich stillschweigend aus der Kompetenz zur Regelung der Materie in Artikel 98 BV.102 Artikel 98 BV enthält indessen keine Ermächtigung, vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abzuweichen. Erlaubt sind nur grundsatzkonforme Massnahmen, die unter anderem auch das Funktionieren der Märkte sicherstellen sollen.103 Das Bankengesetz unterscheidet bereits heute hinsichtlich der Anforderungen zwischen systemrelevanten und nicht systemrelevanten Banken (vgl. Art. 7 ff. BankG).

Für SIBs gelten besondere Anforderungen, namentlich was Eigenmittel, Liquidität, Risikoverteilung und Notfallplanung anbelangt. Diese Unterscheidung wurde im Zusammenhang mit der TBTF-Vorlage104 zur Stärkung der Stabilität im Finanzsektor eingeführt. Damals wie heute ist klar, dass der Konkurs einer SIB die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem erheblich schädigen würde (vgl. Art. 7 Abs. 1
BankG). Trotz des bereits bestehenden gesetzlichen Dispositivs können sich aber weiterhin Situationen ergeben, in denen die in dieser Vorlage vorgeschlagenen gesetzlichen Mechanismen zur Sicherung der Liquidität einer Bank, die systemrelevant oder Teil einer systemrelevanten Finanzgruppe ist, notwendig werden könnten, um eine erhebliche Schädigung der Schweizer Volkswirtschaft und des schweizerischen Finanzsystems abzuwenden.105 Unter diesem Gesichtspunkt erfüllen die vorgeschlagenen Regelungen zu den befristeten zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen wie auch zu Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes den in Artikel 98 BV erteilten Auftrag zur Sicherstellung des Funktions- und Systemschut100 101 102

Vallender/ Hettich, St. Galler Kommentar zu Art. 27 BV, Rz. 31.

SR 616.1 Vgl. Lienhard/Mächler/Zelniewicz, Öffentliches Finanzrecht, S. 252 f. m.w.H.; Tschannen, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 5. Auf., Rz 749 f. i.V.m. 768.

103 Hettich, St. Galler Kommentar zu Art. 98 BV, Rz. 5­7.

104 Botschaft vom 20. April 2011 zur Änderung des Bankengesetzes (Stärkung der Stabilität im Finanzsektor; too big to fail), BBl 2011 4717.

105 Vgl. Kap. 1.1 und 4.1.

79 / 92

BBl 2023 2165

zes, da sie das Funktionieren der Märkte in Krisensituationen unterstützen sollen. Die Differenzierung hinsichtlich Anwendbarkeit des vorgeschlagenen Mechanismus einzig auf systemrelevante Unternehmen nach Artikel 7 BankG ist somit grundsätzlich zulässig. Die Einschränkung ist durch das Kriterium der Systemrelevanz bedingt und daher auch sachlich gerechtfertigt. Mit Blick auf das allgemeine Gleichbehandlungsgebot (Art. 8 BV) und die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 i.V.m. Art. 94 BV), die auch vor Wettbewerbsverzerrungen schützen soll, darf die Ungleichbehandlung aber nicht weitergehen, als zum Schutz der öffentlichen Interessen zwingend erforderlich ist.

Dies ist mit der vorgeschlagenen Regelung in mehrerlei Hinsicht sichergestellt. So müssen die über ausserordentliche Liquiditätshilfe nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e i. V. m. Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe e NBG hinausgehenden Liquiditätshilfe-Darlehen vertraglich festgelegte Bedingungen erfüllen und können erst nachrangig zu ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehen gewährt werden. Da aber nach Abschluss eines Konkursverfahrens trotzdem nicht ausgeschlossen werden kann, dass unbefriedigte Forderungen verbleiben und deshalb in Ermangelung einer Bundesgarantie Verluste durch die SNB realisiert werden könnten, werden im Konkurs der Darlehensnehmerin über die ausserordentliche Liquiditätshilfe hinausgehenden zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen bzw. die SNB gezielt privilegiert. In Bezug auf Liquiditätshilfe-Darlehen besteht zudem kein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Ausfallgarantie, sondern es liegt im Ermessen des Bundes, ob eine solche im Einzelfall zu gewähren ist (Art. 32a Abs. 1 und 4 E-BankG), selbst wenn die Voraussetzungen für die Gewährung grundsätzlich erfüllt wären (Art. 32a Abs. 3 E-BankG). Weiter sind die Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausfallgarantie restriktiv ausgestaltet. Insbesondere ist eine Gewährung nur möglich, wenn strikte Subsidiarität zu anderen Liquiditätsquellen gewahrt wird (Art. 32a Abs. 3 Bst. a E-BankG). Auch muss als Folge der Nichtgewährung einer Ausfallgarantie eine erhebliche Schädigung der Schweizer Volkswirtschaft und des schweizerischen Finanzsystems drohen (Art. 32a Abs. 3 Bst. d E-BankG). Abschliessend ist festzuhalten, dass die nicht von der vorgeschlagenen Regelung erfassten Banken als
Teil des Finanzsystems von der Schutzwirkung dieser Mechanismen profitieren, soweit ein Konkurs einer systemrelevanten Bank mit möglichen negativen Konsequenzen für andere Banken abgewendet werden kann.

Im Zusammenhang mit den Neuerungen in Artikel 10a E-BankG wird auf die generellen Ausführungen zum Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit in der Botschaft zur TBTF-Vorlage verwiesen.106 Vorliegend wird durch die Ergänzungen in Artikel 10a E-BankG die gesetzliche Grundlage erweitert. Das öffentliche Interesse an der Erweiterung der möglichen Massnahmen (vgl. Art. 10a Abs. 2 Bst. c E-BankG) ist aufgrund der Beanspruchung staatlicher Hilfsmittel durch die SIB zu bejahen: Die staatlichen Unterstützungsmassnahmen und die damit verbundenen Risiken für den Bund und letztendlich für die Steuerzahlenden sollen minimiert werden. Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, dass diejenigen Personen in leitender Stellung, die eine Mitverantwortung an der Situation tragen, die letztendlich zur staatlichen Unterstützung geführt hat, bereits ausgezahlte variable Vergütungen an das Institut zurückzahlen sollen.

Dadurch fliessen Vermögenswerte an das Institut zurück und die finanzielle Lage des 106

Botschaft vom 20. April 2011 zur Änderung des Bankengesetzes (Stärkung der Stabilität im Finanzsektor; too big to fail), BBl 2011 4717, Ziff. 5.1.2.1.

80 / 92

BBl 2023 2165

Instituts wird gestärkt, wodurch die Risiken der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler reduziert werden. Sollte die Rückforderung der variablen Vergütungen im Übrigen die Konkurrenzfähigkeit des betroffenen Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt beeinträchtigen, so wäre dem allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen. Die Prüfung der Verhältnismässigkeit der Erweiterung in Artikel 10a E-BankG hat ergeben, dass die neue Massnahme gleichzeitig geeignet und erforderlich ist, den Zweck zu erreichen, dass die finanzielle Lage der SIB sich verbessert und das Risiko der Steuerzahlenden reduziert wird. Zudem ist abermals festzuhalten, dass eine staatliche Beihilfe zum Vornherein nur dann erfolgt, wenn eine systemrelevante Bank ohne diese Staatshilfe ihre Geschäftstätigkeit nicht mehr erfolgreich fortführen könnte. Diese Ausgangslage rechtfertigt es, von den Banken zu verlangen, dass sie ihre Vergütungspolitik und ihre mit den Mitarbeitenden geschlossenen Vergütungsvereinbarungen schon vor dem Krisenfall auf eine solche Eventualität ausrichten. Die Erweiterung von Artikel 10a E-BankG bezweckt gleichzeitig, die Risikobereitschaft von Personen in leitender Stellung zu mässigen. Ein allfälliger Wettbewerbsnachteil der SIBs rechtfertigt sich aufgrund der staatlichen Unterstützung. Zudem werden die Vergütungssysteme unter dem bestehenden Artikel 10a Absatz 3 BankG soweit anzupassen sein, als dass eine SIB auch allfällige Forderungsklagen abweisen könnte. Zudem kann die FINMA der Bank im Einzelfall erlauben, auf die Rückforderung der variablen Vergütung ganz oder teilweise zu verzichten, wenn ein Rückforderungsvorbehalt nach dem auf einen Arbeitsvertrag anwendbaren Recht nicht zulässig ist. Auch ist in Bezug auf die vorliegende Erweiterung darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat seine Massnahmen stets den Erfordernissen des Einzelfalls anpassen und damit auch auf ein zumutbares Mass beschränken wird. Ausserdem sind die variablen Vergütungen sowie der Personenkreis beschränkt, da nur diejenigen tangiert werden können, welche eine gewisse Verantwortung an der Situation, die zur notwendigen staatlichen Beihilfe geführt hat, tragen oder getragen haben. Damit kann die Einhaltung der Anforderungen an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit zusätzlich gewährleistet
werden. Schliesslich fordert die Wirtschaftsfreiheit, dass die Gleichbehandlung der direkt konkurrierenden Marktteilnehmer respektiert wird. Unter diesem Gesichtspunkt muss sich die auf systemrelevante Banken beschränkte Regulierung auf rein sachliche Gründe abstützen. Die Gefährdung der gesamten Volkswirtschaft durch den Konkurs einer systemrelevanten Bank ist ein hinreichender Grund für einen gezielten Eingriff in systemrelevante Banken beziehungsweise in die Konzernobergesellschaft von systemrelevanten Finanzgruppen oder Finanzkonglomeraten.

Zur Verfassungsmässigkeit der Pauschale nach Artikel 32c E-BankG für das Risiko einer allfälligen Bereitstellung einer Ausfallgarantie: Die Erhebung dieser Pauschale bei den systemrelevanten Banken lässt sich auf die Verfassung abstützen, namentlich auf Artikel 98 Absatz 1 BV (sog. Abgabeerhebung kraft Sachzusammenhangs). Bei der Pauschale geht es um einen Ausgleich für die grundsätzliche Risikoübernahmebereitschaft des Bundes beziehungsweise für den Nutzen, den die systemrelevanten Banken daraus ziehen. Bei einer solchen Pauschale ist der Kreis der Abgabepflichtigen und der Kreis derjenigen Personen, denen entweder die Verwendung der Abgabe zugutekommt oder die einen Nutzen aus der gesetzlichen Regelung der grundsätzlichen Möglichkeit eines PLB ziehen, deckungsgleich. Es handelt sich deshalb bei der Pauschale nicht um eine Steuer, und ihre Erhebung bedarf daher keiner expliziten und 81 / 92

BBl 2023 2165

spezifischen Verfassungsgrundlage. Mit Blick darauf, dass allein schon die gesetzliche Schaffung der Möglichkeit der Gewährung eines Liquiditätshilfe-Darlehens mit Ausfallgarantie des Bundes für systemrelevante Banken, losgelöst von einem konkreten Anwendungsfall, den Wettbewerb beeinflussen kann, erscheint die Pauschale im Übrigen als ein Mittel, allfälligen Verzerrungen des Wettbewerbs entgegenzuwirken.

Zusammenfassend steht die Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit durch die vorgeschlagenen Erweiterungen des Massnahmenkatalogs im Fall einer staatlichen Unterstützung im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Mit der Schaffung von gesetzlich vorgesehenen zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen und Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes wird die Grundlage für eine staatliche Beihilfe geschaffen. Es stellt sich die Frage, ob dies im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz ist.

7.2.1

Staatsvertragliche Verpflichtungen gegenüber der EU

Die Schweiz hat im Bereich der Finanzdienstleistungen mit der EU das Abkommen vom 10. Oktober 1989107 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung abgeschlossen. Dieses Abkommen ist aufgrund des eingeschränkten Geltungsbereichs auf die Direktversicherung für den Bankenbereich nicht einschlägig und enthält darüber hinaus keine Bestimmungen im Bereich der staatlichen Beihilfen.

Die Bestimmungen über staatliche Beihilfen im Artikel 23 Absatz 1 Ziffer iii des Abkommens vom 22. Juli 1972108 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft («Freihandelsabkommen») betreffen nur den dem Abkommen unterstellten Warenverkehr (bzw. staatliche Beihilfen, die geeignet sind, den Warenverkehr zwischen der Schweiz und der EU zu beeinträchtigen).

Dieser ist vorliegend nicht tangiert.

Somit bestehen keine staatsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber der EU, welche die vorgeschlagene Änderung des BankG betreffen.

107 108

SR 0.961.1 SR 0.632.401

82 / 92

BBl 2023 2165

7.2.2

Verhältnis zum WTO-Recht und zu Freihandelsabkommen ausserhalb von Europa

Im Rahmen des WTO-Rechts ist das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS)109 im vorliegenden Kontext zu beachten. Ziffer 2 Buchstabe a des Anhangs über Finanzdienstleistungen hält jedoch fest, dass ein Mitglied durch das Abkommen nicht daran gehindert ist, Massnahmen aus aufsichtsrechtlichen Gründen zu treffen, einschliesslich Massnahmen zur Sicherung der Integrität und Stabilität des Finanzsystems, sofern diese Massnahmen nicht als Mittel zur Umgehung der Verpflichtungen unter dem GATS benutzt werden. Die vorgeschlagenen Massnahmen hinsichtlich zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen sowie Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie zugunsten von SIBs tragen zur Abwehr von erheblichen Störungen des schweizerischen Finanzsystems und damit zur Stabilität der Schweizer Volkswirtschaft bei. Der Mechanismus trägt somit zur Sicherung der Integrität und Stabilität des Finanzsystems im Sinne von Ziffer 2 Buchstabe a GATS bei und ist somit mit diesem Abkommen vereinbar, vorausgesetzt, dass in der Schweiz domizilierte ausländische Banken, denen auf dem Schweizer Finanzplatz eine gleiche systemrelevante Bedeutung zukäme, nicht willkürlich diskriminiert würden. Aktuell erfüllt keine in der Schweiz domizilierte ausländische Bank das Kriterium der Systemrelevanz nach Artikel 7 Absatz 1 BankG.

Eine Ziffer 2 Buchstabe a GATS entsprechende Bestimmung ist jeweils in den Freihandelsabkommen der Schweiz aufgeführt, die spezifische Bestimmungen über den Handel mit Finanzdienstleistungen enthalten.

7.2.3

Kompatibilität mit internationalen Praktiken

Der vorgeschlagene Mechanismus ist im Einklang mit internationalen Standards des FSB (vgl. Kap. 3).

7.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Der Ausgabenbremse unterliegen nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen.

Eine Ausfallgarantie nach Artikel 32a Absatz 1 E-BankG wird im Bedarfsfall im Rahmen eines Verpflichtungskredits gewährt (vgl. Ausführungen in Kap. 4.1), der im Dringlichkeitsverfahren nach Artikel 28 FHG bewilligt wird (vgl. Art. 32b E-BankG).

Die Ausfallgarantien sind Finanzhilfen im Sinne von Artikel 3 SuG. Es handelt sich vorliegend um eine neue Finanzhilfebestimmung, die neue Ausgaben nach sich ziehen kann, die den in der BV für einmalige Ausgaben festgehaltenen Grenzwert von

109

SR 0.632.20 Anhang 1B

83 / 92

BBl 2023 2165

20 Millionen Franken überschreiten können. Artikel 32a Absatz 1 E-BankG ist somit der Ausgabenbremse zu unterstellen.

7.4

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

In Botschaften zur Schaffung beziehungsweise Änderung von Rechtsgrundlagen für Subventionen sowie in Botschaften zu Kreditbeschlüssen und Zahlungsrahmen muss über die Einhaltung der im SuG festgelegten Grundsätze Bericht erstattet werden (vgl.

Art. 4 SuG).

7.4.1

Bedeutung der Subvention für die vom Bund angestrebten Ziele

Wie weiter oben ausgeführt (vgl. Kap. 1.1 und 4.1), können sich Situationen ergeben, in denen die eigenen liquiden Mittel der SIB und jene aus den ausserordentlichen Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB nicht ausreichen, um die Stabilität der betroffenen SIB zu gewährleisten. Das TBTF-Instrumentarium soll deshalb durch eine staatliche Liquiditätssicherung für SIBs ergänzt werden. Die Revision fügt sich in die Strategie des Bundesrates ein (vgl. Kap. 1.3).

7.4.2

Materielle und finanzielle Steuerung der Subvention

Die Gewährung einer Ausfallgarantie des Bundes an die SNB ist an verschiedene, kumulative Voraussetzungen gebunden (Art. 32a Abs. 3 E-BankG).

Zudem erfolgt die Gewährung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie nur unter strengen Auflagen. So unterliegt die SIB, die solche Darlehen beziehen will, etwa einem Dividendenverbot und einem Verbot zur Gewährung und Rückzahlung von Darlehen an die Eigentümer der Konzernobergesellschaft sowie zur Rückerstattung von Kapitaleinlagen (Art. 32g Abs. 1 E-BankG). Zudem ist die SIB nicht befugt, Handlungen vorzunehmen, die die Rückzahlung der ausstehenden LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie der SNB verzögern oder gefährden könnten (Art. 32g Abs. 3 E-BankG).

Die Ausfallgarantie des Bundes zugunsten der SNB gilt nur bis zur Höhe des Verpflichtungskredits und deckt nach Abschluss eines Konkursverfahren die Ausfallforderung der SNB aus den Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie inklusive aufgelaufener Zinsen und ihrer Risikoprämie. Die Ausfallgarantie erfasst somit keine Verluste auf anderen Darlehen der SNB an die Darlehensnehmerin (z. B. ausserordentliche Liquiditätshilfe-Darlehen).

Des Weiteren haben die SIBs jährlich eine Ex-ante-Pauschale zur Risikoentschädigung der vom Bund möglicherweise zu gewährenden Ausfallgarantien für Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB zu entrichten (Art. 32c E-BankG). Um das Verlustrisiko für den Bund zu reduzieren, sieht die Vorlage zudem die Einführung eines Konkursprivilegs für die offenen Forderungen der SNB aus den Liquiditätshilfe-Darlehen mit 84 / 92

BBl 2023 2165

Ausfallgarantie inklusive der aufgelaufenen Zinsen sowie für die Bereitstellungs- und Risikoprämien vor.

7.4.3

Verfahren der Subventionsgewährung

Das Gesetz und der Verpflichtungskredit bilden die Grundlage für den Vertrag zwischen der SNB und dem Bund über die Ausfallgarantie, der die weiteren Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Ausfallgarantie regelt. Die Begleichung einer allfälligen Forderung aus der Ausfallgarantie erfolgt durch das Vorliegen des definitiven Verlustscheins und ist auf die Höhe der Verlustscheinforderung beschränkt. Die SNB weist deren Berechnung detailliert nach.

7.4.4

Art und zeitlicher Rahmen der Finanzhilfen

Wie oben dargelegt (vgl. Kap. 7.4.2), soll der SNB im Bedarfsfall eine Ausfallgarantie des Bundes gewährt werden. Diese gilt bis zur Höhe des Verpflichtungskredits und insbesondere für den Fall einer Nichtzurückzahlung der Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie durch die SIB.

Die Forderung der SNB gegen den Bund aus der Ausfallgarantie wird 5 Jahre nach dem rechtskräftigen Abschluss des Konkursverfahrens fällig (Art. 32k E-BankG).

Diese Frist ermöglicht es dem Bund, die nötigen administrativen und parlamentarischen Prozesse für die Auszahlung der von der SNB geltend gemachten Summe durchzuführen. Dazu gehört namentlich die Bewilligung eines Voranschlagskredits (Art. 30 FHG) und die Beschaffung der notwendigen Mittel.

7.5

Erlassform

Der Entwurf legt Rechtsnormen im formellen Sinn fest und muss daher in Form eines Bundesgesetzes erlassen werden. Dies ergibt sich einerseits aus dem Auftrag des Bundesrates vom 11. März 2022. Andererseits hat der Bundesrat am 16. März 2023 gestützt auf die Artikel 184 Absatz 3 und 185 Absatz 3 BV die Verordnung über zusätzliche Liquiditätshilfe-Darlehen und die Gewährung von Ausfallgarantien des Bundes für Liquiditätshilfe-Darlehen der Schweizerischen Nationalbank an systemrelevante Banken110 in Kraft gesetzt. Letztere war zu befristen (vgl. Art. 15 der Verordnung vom 16. März 2023) und tritt sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten ausser Kraft, sofern der Bundesrat nicht innert Frist der Bundesversammlung einen Entwurf einer gesetzlichen Grundlage für den Inhalt der Verordnung unterbreitet (vgl. Art. 7c Abs. 4 Bst. a und Art. 7d Abs. 2 Bst. b RVOG; bei einer allein auf Art. 184 Abs. 3 BV gestützten Verordnung ist das Ausserkrafttreten auf den Zeitpunkt von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Verlängerung festgesetzt, vgl. Art. 7c Abs. 3 zweiter Satz RVOG). Mit der Verabschiedung der vorliegenden Botschaft unterbreitet der Bundes110

SR 952.3

85 / 92

BBl 2023 2165

rat der Bundesversammlung auch die gesetzliche Grundlage, die den Inhalt der Verordnung vom 16. März 2023 aufnimmt, soweit diese Bestimmungen zwecks Fortführung des im März 2023 zwischen der SNB und der Credit Suisse abgeschlossenen Vertrags über die zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen notwendig sind.

Damit die rechtlichen Grundlagen der erwähnten Verordnung auch während dem parlamentarischen Prozess aufrechterhalten bleiben, wird es aus gegenwärtiger Sicht als sinnvoll erachtet, deren Geltungsdauer auf insgesamt vier Jahre festzulegen und daher bis am 16. März 2027 zu verlängern.

7.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der neue Artikel 32c E-BankG über die Ex-ante-Pauschale, die von den SIBs zu entrichten ist, enthält eine Rechtsetzungsdelegation an den Bundesrat für die Regelung der Einzelheiten, insbesondere der Bemessungsgrundlage und des Bemessungssatzes.

Dadurch wird das Gesetz entlastet, und es wird die nötige Flexibilität für Anpassungen im Rahmen der gesetzlichen Eckwerte geschaffen. Die Vorlage enthält zudem eine Erweiterung der bestehenden Delegationen von Rechtsetzungsbefugnissen zuhanden der FINMA beschränkt auf den Bereich der Offenlegung (Art. 3g Abs. 1 und 2, Art. 5 Abs. 3 E-BankG, vgl. auch Art. 46a E-FINIG). Die Erweiterung rechtfertigt sich dadurch, dass die Offenlegung eng mit den in den Delegationen bereits aufgezählten Bereichen verknüpft ist.

7.7

Datenschutz und Öffentlichkeitsprinzip

Der Entwurf zur Änderung des BankG beinhaltet die Bearbeitung und die Bekanntgabe von Daten, von denen gewisse persönlicher Natur sind. Behörden und Dritte sind im Zusammenhang mit der Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen und bei Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie auf den Austausch dieser Daten untereinander angewiesen. Eine weitgehende Informationstransparenz zwischen den Behörden ist im Kontext der Gewährung von zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen und von Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie des Bundes notwendig. Gleichzeitig sind die Informationen und Daten der betroffenen SIB wie auch die von der SNB und der FINMA gegenüber dem EFD zur Verfügung gestellten Informationen zweifellos sehr sensibler Natur. Sie enthalten insbesondere Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse, aufsichtsrechtliche Daten, börsenrelevante Informationen, besonders schützenswerte Personendaten sowie Daten juristischer Personen wie zum Beispiel Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen und über Berufs-, Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse. Die SNB und die FINMA sind dem BGÖ nicht unterstellt (Art. 2 Abs. 2 BGÖ). Die SNB wird vom Geltungsbereich ausgenommen, um ihrem besonderen Status der Unabhängigkeit nach Artikel 99 BV Rechnung zu tragen und diese Unabhängigkeit auch im Bereich des Informationszugangs zu gewährleisten. Die Ausnahme der FINMA rechtfertigt sich dadurch, dass sie

86 / 92

BBl 2023 2165

als Aufsichtsbehörde über den Finanzmarkt in einem wirtschaftlich und politisch ausserordentlich sensiblen Bereich tätig ist111.

Der Informationsaustausch nach Artikel 32l E-BankG soll sicherstellen, dass die zuständigen Verwaltungseinheiten und Institutionen untereinander und von der betroffenen SIB alle relevanten Informationen für den Vollzug der Bestimmungen dieser Vorlage vollständig und zeitnah erhalten. Es handelt sich hier nicht um eine Form des systematisierten Informationsaustausches, sondern um einen einzelfallbezogenen Informationsaustausch, nachdem Artikel 10b E-BankG angewendet wurde.

Der Zugang zu diesen Informationen richtet sich nach den Bestimmungen des BGÖ.

Es ist unbestritten, dass Transparenz bezüglich des staatlichen Handelns wichtig und notwendig ist. Auf die Aufnahme von Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung vom 16. März 2023 in der Fassung vom 19. März 2023 in die Gesetzesvorlage, wonach der Zugang nach dem BGÖ zu Informationen und Daten ausgeschlossen ist, wird daher verzichtet. Auch wurde auf eine Verlängerung von Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung vom 16. März 2023 verzichtet, wobei dieser Umstand keine rückwirkende Folge hat, sondern für die Zukunft massgebend ist. Darüber hinaus können wichtige Erkenntnisse, Eckwerte und Rahmenbedingungen im Rahmen der aktiven Information in geeigneter Form offengelegt werden.

111

Botschaft vom 12. Februar 2003 zum Öffentlichkeitsgesetz, BBl 2003 1963, S. 1988.

87 / 92

BBl 2023 2165

Übersichtstabelle über die in der Botschaft verwendeten Daten Letzte Bemerkungen Aktualisierung

Ziffer Zitat, Fundstelle

Quelle, Herleitung, Annahmen

1

Berechnung des SIF: Die Kosten aus den 2023 Ex-ante-Pauschalen ergeben sich aus dem Produkt aus der für jedes Institut berechneten Bemessungsgrundlage und dem angenommenen Bemessungssatz von 0,005 bzw. 0,015 Prozent.

Die Bemessungsgrundlage ergibt sich pro SIB aus ihrem Gesamtengagement unter Abzug der regulatorischen Eigenmittel, der qualitativ hochwertigen, liquiden Aktiva (High Quality Liquid Assets, HQLA) sowie der für die ausserordentliche Liquiditätshilfe (ELA) der SNB vorbereiteten Sicherheiten nach Risikowertabschlägen per 31. Dezember des entsprechenden Jahres.

Datenquelle: FINMA, Publikation regulatorischer Kenngrössen zu Banken und Wertpapierhäusern: https://www.finma.ch/de/dokumentation/ finma-publikationen/kennzahlenund-statistiken/kennzahlen/kennzahlenbanken/

Kap. 6.1: Für das Jahr 2022 hätten sich ­ berechnet als Produkt aus den nach Artikel 32c E-BankG errechneten Bemessungsgrundlagen und einem angenommenen Bemessungssatz von 0,005 bis 0,015 Prozent ­ gesamthafte Kosten aus Ex-ante-Pauschalen von rund 70­210 Millionen Franken über alle SIBs ergeben. [...]

Für das Jahr 2021 hätten sich gesamthafte Exante-Pauschalen von rund 80­240 Millionen Franken ergeben, [...].

2

Kap. 6.1: Unter Ausklammerung des Sonderverlustes der Credit Suisse im Jahr 2022 entspricht dies rund 0,6­1,8 Prozent aller im Jahr 2022 von den SIBs erwirtschafteten Konzerngewinne vor Steuern.

[...] was rund 0,8­2,3 Prozent der Summe aller im Jahr 2021 von den SIBs erwirtschafteten Konzerngewinne vor Steuern entspricht.

Berechnung des SIF mit Daten (Ziff. 1) 2023 per 31. Dezember 2022 und 31. Dezember 2021. Resultat aus der Division der unter Ziffer 1 ermittelten gesamthaften Ex-ante-Pauschalen durch die Summe aller von den SIBs per Stichtag erwirtschafteten Konzerngewinnen vor Steuern (Quelle: Geschäftsberichte der jeweiligen SIBs).

3

Kap. 6.1: Die 21 Kantonalbanken, die über eine Staatsgarantie verfügen, entschädigten ihre Kantone im Jahr 2017 mit insgesamt 134 Millionen Franken

Quelle: BAK economic intelligence 2023 (2018), Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Kantonalbanken für die Schweiz und ihre Kantone, Studie im Auftrag des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken, Seite 40.

4

Kap. 6.1: was rund 4,5 Gemäss der in Ziffer 3 erwähnten Studie 2023 Prozent aller von den betrugen die im Jahr 2017 von den KanKantonalbanken im Jahr tonalbanken an die Kantone vorgenommenen Ausschüttungen 1641 Millionen

88 / 92

BBl 2023 2165

Ziffer Zitat, Fundstelle

Quelle, Herleitung, Annahmen

Letzte Bemerkungen Aktualisierung

2017 erwirtschafteten Franken, was gemäss Studie etwa 55 ProGewinne ausmacht.

zent der erwirtschafteten Gewinne entsprach (S. 40 der Studie).

SIF-Berechnungen: Aus dieser Aussage kann berechnet werden, dass die im Jahr 2017 von den Kantonalbanken erwirtschafteten Gewinne rund 2984 Millionen Franken betrugen. Die in Ziffer 3 erwähnten Kosten für Staatsgarantien von 134 Millionen Franken entsprechen folglich einem Anteil von 4,5 Prozent der erwirtschafteten Gewinne.

5

Kap. 6.1: Die von der ZKB während der Zeitperiode 2017­2022 pro Jahr entrichtete Entschädigung für ihre kantonale Staatsgarantie betrug durchschnittlich 2,7 Prozent ihrer Konzerngewinne vor Steuern

Berechnung des SIF gestützt auf die in 2023 den Geschäftsberichten der ZKB der Jahre 2017­2022 ausgewiesenen a) Entschädigungen für die kantonale Staatsgarantie sowie b) Konzerngewinne vor Steuern. Dabei wird pro Jahr a) durch b) dividiert, um dann den Mittelwert aus den resultierenden Quotienten über die Periode 2017­2022 zu berechnen.

6

Kap. 6.1: Im Fall der von der Credit Suisse im März 2023 bezogenen Liquiditätshilfe betrug die kumulierte Bereitstellungsprämie, die von der Credit Suisse bis zur Kündigung des Vertrags über die LiquiditätshilfeDarlehen mit Ausfallgarantie des Bundes per 11.

August 2023 entrichtet wurde, 100,7 Millionen Franken.

Berechnungen des EFD: Die Bereitstel- 2023 lungsprämie berechnet sich aus der Höhe der Ausfallgarantie (100 Milliarden Franken), die mit dem vom Bund festgelegten Bereitstellungs-Prämiensatz (0,25 % pro Jahr) für die Periode vom 19. März 2023 bis 11. August 2023 multipliziert wird (siehe auch https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/finanzplatz/uebernahme-credit-suisse-ubs.html).

7

Kap. 6.1: Die Credit Suisse hat dem Bund [...] für die gewährten und am 20. März 2023 ausbezahlten Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie bis zu deren vollständigen Rückzahlung am 30. Mai 2023 eine Risikoprämie von 60,6 Millionen Franken entrichtet.

Berechnungen des EFD: Die Risikoprä- 2023 mie berechnet sich aus den periodisch effektiv bezogenen Liquiditätshilfe-Darlehen mit Ausfallgarantie, die mit dem vom Bund festgelegten Risikoprämiensatz (1,5 % pro Jahr) für die entsprechende Periode multipliziert werden (siehe auch https://www.efd.admin.ch/ efd/de/home/finanzplatz/uebernahmecredit-suisse-ubs.html).

8

Kap. 6.5: müssten die Vermögenswerte der Bank sehr starke Einbussen erleiden, die deutlich

Gemäss FSB-Studie «Historical Losses 2015 and Recapitalisation Needs» vom 9. November 2015, Seite 18, beliefen sich die Verluste im Konkurs von Lehman

89 / 92

BBl 2023 2165

Ziffer Zitat, Fundstelle

Quelle, Herleitung, Annahmen

Letzte Bemerkungen Aktualisierung

über die bisherige Erfah- Brothers auf etwa 33 Prozent der Gerung hinausgehen.

samtbilanz.

9

Kap. 6.7: So betrug 2022 das Gesamtengagement der SIBs im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz 123 Prozent für UBS, 84 Prozent für Credit Suisse, 29 Prozent für die ZKB, 37 Prozent für Raiffeisen und 15 Prozent für PostFinance.

Die prozentualen Angaben entstehen aus 2023 dem Verhältnis des Gesamtengagements der entsprechenden SIB und dem BIP der Schweiz.

Quelle Gesamtengagements per 31. Dezember 2022: ­ UBS Group: Annual Report 2022, publiziert im März 2023 ­ Credit Suisse Group: Annual Report 2022, publiziert im März 2023 ­ ZKB: Geschäftsbericht Geschäftsjahr 2022, publiziert im März 2023 ­ Raiffeisen Gruppe: Geschäftsbericht 2022 ­ PostFinance: Offenlegung zu den Eigenmittelvorschriften per 31. Dezember 2022, publiziert im März 2023 Quelle BIP Schweiz 2022: Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Download vom 4. April 2023 der Datei «BIP, Produktionsseite, unbereinigt» und Aufsummierung des «Gross domestic product» der Quartale 1­4 des Jahres 2022 in der Tabelle «nom_q».

(https://www.seco.admin.ch/seco/de/ home/wirtschaftslage---wirtschaftspolitik/Wirtschaftslage/bip-quartalsschaetzungen-/daten.html).

10

Kap. 6.7: Eine Studie des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht schätzt die Kosten von vergangenen Bankenkrisen auf 19 Prozent bis 158 Prozent des BIP des betroffenen Landes.

Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 2010 (BCBS), An assessment of the long-term economic impact of stronger capital and liquidity requirements, August 2010, Seite 36.

11

Kap. 6.7: Ihr kumulierter Marktanteil per Ende 2021 beträgt sowohl bei den systemrelevanten Einlagen als auch bei den systemrelevanten Krediten an Privatpersonen und Firmen über 50 Prozent.

Über alle SIBs kumulierter Marktanteil 2021 hinsichtlich systemrelevanter Einlagen und Kredite per 31. Dezember 2021 gestützt auf die nicht öffentlich zugängliche monatliche Berichterstattung der SIBs zuhanden der SNB.

90 / 92

Als systemrelevant gelten Positionen gegenüber dem inländischen Realsektor mit Laufzeit bis 1 Jahr.

BBl 2023 2165

Ziffer Zitat, Fundstelle

Quelle, Herleitung, Annahmen

Letzte Bemerkungen Aktualisierung

12

Kap. 6.7: Der Anteil der fünf SIBs an den ausstehenden Forderungen im inländischen Interbankenmarkt beträgt gut 40 Prozent, und der Anteil der von den SIBs im Inland abgewickelten Transaktionen in Franken liegt über 80 Prozent.

Ausstehende Forderungen und abgewi- 2021 ckelte Transaktionen im inländischen Interbankenmarkt per 31. Dezember 2021 kumuliert über alle SIBs gestützt auf die nicht öffentlich zugängliche monatliche Berichterstattung der SIBs zuhanden der SNB.

13

Kap. 6.7: Die Finanzdienstleistungen des gesamten Bankensektors trugen 2021 mit 39,9 Milliarden Franken bzw.

5,5 Prozent zum BIP der Schweiz bei

Finanzdienstleistungen Bankensektor 2021 per 2021 gemäss Studie BAK economic intelligence (2022), Seite 8. Deren prozentualer Anteil am BIP 2021 resultiert aus einer Berechnung des SIF gestützt auf Daten des SECO (Download vom 4.

April 2023 der Datei «BIP, Produktionsseite, unbereinigt», Tabelle «nom_q», siehe detaillierter Quellenverweis oben).

14

Kap. 6.7: zählte 106 921 Bundesamt für Statistik, Datei «Beschäf- 2021 Beschäftigte (Vollzeit- tigte nach Vollzeitäquivalente und Wirtäquivalente, FTE) schaftsabteilungen», Tabelle «Vollzeitäquivalente ­ Total», Zeile «Erbringung von Finanzdienstleistungen», Kolonne «4. Quartal 2021», abrufbar unter: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/industrie-dienstleistungen/unternehmen-beschaeftigte/beschaeftigungsstatistik.asse tdetail.24305956.html

15

Kap. 6.7: und generierte Studie BAK economic geschätzte 7,4 Milliarden (2022), Seite 11.

Franken an direkten Steuern.

16

Kap. 6.7: Der Anteil des Vermögensverwaltungsgeschäfts am Beitrag des gesamten Bankensektors kann für diese Berechnungen der Auswirkungen auf (maximal) 56 Prozent geschätzt werden.

17

Kap. 6.7: Von den gesam- Berechnung des SIF gestützt auf Abbil- 2022 ten Erträgen im Schwei- dung 9 im Internet-Portal der Schweize-

intelligence 2022

Berechnungen des SIF gestützt auf Daten 2022 der SNB (Jährliche Bankenstatistik vom 29. Sept. 2022, Ausgewählte Erfolgsrechnungspositionen).

Der Anteil per 31. Dezember 2021 entspricht dem Resultat aus der Division des «Erfolgs aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft» durch den Gesamterfolg (d. h. der Summe aus dem «Brutto-Erfolg Zinsengeschäft», dem «Erfolg aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft», dem «Erfolg aus dem Handelsgeschäft und der FairValue-Option» sowie dem «übrigen ordentlichen Erfolg»).

91 / 92

BBl 2023 2165

Ziffer Zitat, Fundstelle

Quelle, Herleitung, Annahmen

Letzte Bemerkungen Aktualisierung

zer Wealth Management wurden im Jahr 2020 geschätzte 77 Prozent aus dem grenzüberschreitenden Geschäft generiert.

rischen Bankiervereinigung (SBVg), abgerufen am 31. Januar 2023: https://publications.swissbanking.ch/ swiss-banking-trends-de/wealthmanagement (Verhältnis für das Jahr 2020 aus «Erträge grenzüberschreitendes Geschäft» versus «Total Erträge im Schweizer Wealth Management»).

18

Kap. 6.7: Somit wird für das grenzüberschreitende Vermögensverwaltungsgeschäft 2021 ein direkter BIP-Anteil von 17,2 Milliarden Franken (2,4 %),

Berechnung des SIF mit Daten (Ziff. 13, 2022 16 und 17) per 31. Dezember 2021. Resultat aus der Multiplikation des «Anteils des grenzüberschreitenden Wealth-Management-Geschäfts an die gesamten Finanzdienstleistungen» mit dem Total des Ertrags aus Finanzdienstleistungen.

19

Kap. 6.7: eine direkte Be- Berechnung des SIF mit Daten (Ziff. 14, 2022 schäftigung von 46 104 16 und 17) per 31. Dezember 2021. ReFTE sultat aus der Multiplikation des «Anteils des grenzüberschreitenden Wealth-Management-Geschäfts an die gesamten Finanzdienstleistungen» mit dem Total der Vollzeitäquivalente im Finanzdienstleistungssektor.

20

Kap. 6.7: und 3,2 Milliar- Berechnung des SIF mit Daten (Ziff. 15, 2022 den Franken an direkten 16 und 17) per 31. Dezember 2021. ReSteuern gerechnet.

sultat aus der Multiplikation des «Anteils des grenzüberschreitenden Wealth-Management-Geschäfts an die gesamten Finanzdienstleistungen» mit dem Total der Fiskalerträge aus dem Finanzsektor (Quelle für Letztere: Studie BAK economic intelligence [2022], S. 11).

21

Kap. 6.7: Unter der Annahme, dass Vermögensverwaltungsgelder bei Schweizer Banken einen starken Abfluss erfahren und sich das Geschäft der in diesem Bereich tätigen Schweizer Banken daher um 25 Prozent verkleinert, würden unter sonst unveränderten Bedingungen Arbeitsplätze (­ 11 526 FTE) und direkte Steuereinnahmen (­ 798 Mio.

CHF, ­ 0,5 %) verloren gehen und das BIP würde sinken (­ 4,3 Mrd. CHF, ­ 0,6 %).

92 / 92

Berechnungen des SIF mit Daten per 2022 31. Dezember 2021 unter Annahme eines Stressfaktors von 25 %. Die dargelegten Auswirkungen entstehen ­ unter der Annahme eines linearen Zusammenhangs ­ aus der jeweiligen Multiplikation der zuvor errechneten Werte bezüglich Arbeitsstellen (Ziff. 19), direkten Steuerannahmen (Ziff. 20) und BIP (Ziff. 18) mit 25 %.