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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Konzession einer Eisenbahn von Lugano nach Fornasette.

(Vom 22. Juni 1874.)

Mit Botschaft vom 28. November v. J. haben wir Ihnen den Antrag gestellt und begründet, für eine Eisenbahn von Menaggio über Lugano nach Luino, soweit sie Schweizergebiet berührt, die Konzession sowohl einem bezüglichen Initiativkomite als dem Herrn Clément Marami., Ingenieur in Lugano, zu ertheilen.

O i Sie haben die Vorlage an uns zurükgewiesen, um im Sinne des Berichtes der ständeräthlichen Kommission entweder auf dem Wege der Verständigung zwischen den Rivalen den Erfolg zu erzielen, daß nur ein Konzessionsgesuch vorliege oder Anhaltspunkte für die Lösung der Frage zu bieten, welcher der beiden Bewerber die bessern Garantien für die Realisirung des Projektes biete.

Das mit der Vorbehandlung der Angelegenheit beauftragte Eisenbahn- und Handelsdepartement gab den Bewerbern ohne Säumen Kenntniß von Ihrem Beschlüsse, lud sie in erster Linie ein, eine Verständigung unter einander zu versuchen, und bezeichnete ihnen in zweiter Linie diejenigen Ausweise, durch deren Leistung

313 sie die Konzession zu erhalten hoffen könnten, welche Ausweise sich auf den Besiz der Konzession für die Linie auf italienischem Gebiete, auf die ihnen für die Durchführung des ganzen Unternehmens zu Gebote stehenden finanziellen Mittel und die dem Bunde für Erfüllung der Konzessionspflichten zu leistende Garantie bezögen.

Die zwei Konkurrenten -konnten sich nicht zu gemeinsamem Vorgehen einigen, -- jeder behauptet, aus Schuld des andern.

Indessen haben sich die Verhältnisse nach anderer Richtung so abgeklärt, daß wir im Falle sind, Ihnen den Antrag zu stellen, dem Herrn Maraini ausschließlich die Konzession zu ertheilen.

Denn einerseits erklärt das Initiativkomite mit Schreiben vom 18. v. M., daß es bei der gegenwärtigen Finanzlage troz aller Anstrengungen die erforderlichen Mittel, um die Ausführung des Werkes zu sichern, nicht habe finden können, und daß es sein Ziel dennoch erreicht habe, wenn ein Anderer, glüklicher als es, das Projekt realisire. Andererseits hat Herr Maraini die italienische Konzession für die Linien (Lugano-) Fornasette-Luino und Tremezzina-Porlezza erhalten, wodurch gemäß Art. 40 dieser Konzession eine nochmalige Konzedirung derselben Linie ausgeschlossen ist.

Von dem Vor schlag, zur Mehrung der Sicherheit, daß die Bahn wirklich gebaut werde, eine Kaution zu verlangen, glauben wir, unter diesen Umständen und aus folgenden weitern Gründen absehen zu sollen.

Herr Maraini ist Schweizerbürger; in Lugano besizt er Grundeigenthum, wohnt seine Familie und einen Theil des Jahres er selbst;, er muß der Regierung von Italien gemäß dortigem Gesez eine Kaution von 100,000 Fr. leisten und hat sie theilweise schon geleistet, welche Kaution indirekte auch die untrennbar mit den italienischen Stüken verbundenen schweizerischen Streken sichert ; endlich zeugen die vorliegenden Pläne und Berichte von gründlichen Vorarbeiten und daher von ernstem Streben.

Herr Maraini wünscht zwei Modifikationen des KonzessionsEntwurfes vom 28. November. Das Stük Porlezza-Bellarma (-Lugano) ist ihm aus Rüksichten des Zollbezaiges von Italien nicht konzedirt worden; deßwegen sucht er beim Bunde nur noch um die Konzession für die Linie Lugano-Fornasette (-Luino) nach ; die Verbindung zwischen Lugano und Porlozza soll durch Dampfboote bewerkstelligt werden. Es wird dem Begehren einfach zu entsprechen und der Eingang der Konzession demselben anzupassen sein.

314 Statt der im erwähnten Entwurfe vorgeschlagenen Personentaxen von 20, 12 und 5 Rp. per Kilometer in erster, zweiter und dritter Klasse sucht Herr Maraini um Gewährung der von Italien bewilligten Taxen (25, 15 und 8 Rp ) nach. Zur Unterstüzung dieses Begehrens wird hingewiesen auf die Thatsaehe, daß die projekthieBahn nunmehr aus zwei von einander getrennten -Stüken bestehe, Luino-Lugano, Porlezza-Tremezzo, und daß der Betrieb folglich kostspieliger sein werde.

Für die schweizerischen Behörden liegt lediglich die Linie Lugano-Luino zur Konzessionirung vor; die Bahn Porlezza-Tremezzo wird zufällig von der nämlichen Person angestrebt; sie kann aber bei Feststellung der Taxen eben so wenig in Betracht gezogen werden, als die Verbindung des Dampfschiffbetriebes mit dem Eisenbahnbetrieb. Der bestimmende Faktor für eine Erhöhung der normalen Taxen kann vielmehr nur die auf der Linie Lugano-Fotnasette zu überwindende größere Steigung sein. .

Die Maximalsteigung beträgt 29 °/oo. Nach der in unserer Botschaft vom 11. September 1873 aufgestellten Tabelle ist der Koeffizient 1,62. Dieser würde zu folgenden Taxen führen: 16,2 Rp. für die I. Klasse,

11,3 »D DD r,W IG' n. ,,1> *M

Wenn, was keinen Bedenken unterliegt, der Betriebsgesellschaft zugemuthet werden will, in dem etwas über 6 Kilometer von Lugano entfernten Agno die Zugkraft nach der Steigung einzurichten, so könnte für 12 Kilometer höchstens der Koeffizient 1,40 zur Anwendung gebracht werden ; denn zwischen Agno und Fornasette hat nur eine Streke von 955 Metern 25 °/oo Steigung; nirgends sonst geht sie über 19 hinaus. 6 Kilometer mit dem Koeffizienten 1,62 und 12 Kilometer mit 1,40 ergeben als Durchsohnittstaxen : 14,7 Rp., 10,3 Rp. und 7,4 Rp. Auf den Westbahnen, der Nordost-, Central- und der bernischen Staatsbahn fuhren in den Jahren 1870 -- 72 durchschnittlich 2 °/n Personen in der ersten, 22 °/o in der zweiten und 76 °/o in der dritten Klasse.

Faßt man dieses Verhältniß, wozu man wohl berechtigt ist, als ein ziemlich stationäres auf (die Statistik über die Betriebsergebnisse des Jahres 1868 weist für alle damals im Betrieb befindlichen Eisenbahnen folgende Prozentsäze auf: 2, 20, 78), so müßte, um den bei dem Normalsaz von 5 Rp. gegenüber dem berechtigten Saze von 7,4 Rp. entstehenden Ausfall von 2,4 Rp. per Person in der dritten Klasse zu ersezen, die zweite Klasse auf circa 20 Rp.

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taxirt werden. Daraus würde indessen ein Mißverhältniß der Taxe für die zweite und dritte Klasse resultiren.

Würde man die Taxen auf 25, 15 und 6 Rp. festsezen, so gliche sich der Ausfall auf der dritten Klasse (76 X 1,4 = 106,4) durch die Mehreinnahmen auf der zweiten und ersten Klasse (22 X 4,7 = 103,4 und 2 X 10,3 == 20,6) in ziemlich gerechter Weise aus.

Wir erlauben uns daher, Ihnen dem ersten Entwurfe gegenüber Erhöhung der Taxen auf 25, 15 und 6 Rp. vorzuschlagen.

Für die dritte K'asse, welche möglichst zugänglich zu machen in erster Linie das Augenmerk der Behörden sein soll, haben Sie in dieser Session der Linie Wohlen-Bremgarten (Steigung 15 °/oo) 6 Rp. und der Linie Rapperswyl-Brunnen (Maximalsteigung 30 °/oo) 7 Rp. gewährt.

Wenn Sie, Tit., auch für Gepäk, Waaren und Vieh die Taxen definitiv festsezen wollten, statt den Vorbehalt von Art. 18a in die Konzession aufzunehmen, so würde sich nach oben entwikelten Grundsäzen folgende Durchschnittstaxe ergeben : Gepäk 3,5 Rp., Waaren 1,5 ,, die höchste Klasse, 0,8 ,, die niedrigste ,, Vieh 23,6 ,, 11,8 Rp. und 4,5 Rp.

Indem wir im Uebrigen den frühern Konzessionsentwurf (mit angemessener Verlegung der Fristen) einfach wiederholen, beehren wir uns, Ihnen denselben zur Annahme zu empfehlen, und Sie, Tit., bei diesem Anlaß unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 22. Juni 1874.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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(Entwurf)

Bundesfoeschluss betreffend

Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn Lugano-Fornasette-Luino auf schweizerischem Gebiete.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) der Gesuche des Hrn. Clément Marami, Ingenieur in Lugano, vom 30. August und 24. September 1873 und 1. Juni 1874, 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 22. Juni 1874, beschließt: Dem Herrn Clément Maraini, Ingenieur in Lugano, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Lugano nach der schweizerisch-italienischen Grenze bei Fornasette unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgeseze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom 1. Juli 1874 an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Siz der Gesellschaft ist in Lugano.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsiz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 18 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Vor dem 1. Juni 1876 ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

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Art. 6. Bis zum 1. März 1878 ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

·^O*Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung des Trace eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit einspurigem Unterbau erstellt.

Die Geleiseweite soll, zwischen den innern Kanten der Schienen gemessen, l Meter betragen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Tessin, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nüthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einsehreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich in der Zeit vom 1. Dezember bis zum 31. März mindestens zweimal, in den übrigen Monaten mindestens dreimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei alleii Stationen erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten /tige, haben mit einer mittlern Geschwindigkeit von mindestens 20 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur infolge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröfmung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesezt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

318 Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath .gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren.

Die Normalien für das zu benuzende Wagensystem sind dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sizpläzen befördert weisen können. Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absaz 2 keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 25 Rappen, ,, ,, zweiten ,, 15 ,, ,, ,, dritten ,, 6 ,, per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/,, niedriger gestellt werden.

Für Kinder, unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sizplaz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurükgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäk der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 2 x /2 Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rükfahrt am gleichen oder folgenden Tage sind die Personentaxen mindestens 20 °/0 niedriger anzusezen, als für einfache und einmalige Fahrten.

O Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligcn Benuzung der gleichen Bahnstreke für Hin- und Rükfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren.

319 Ein vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze bezogen werden : Per Stük und per Kilometer : Für Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp.; ,, Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp.; ,, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rappen.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind- die Taxen um ·mindestens 20 °/0 zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif-für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über l Rappen, die niedrigste nicht über 5 /io Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung von Waaren hat gegenüber den Stüksendungen Anspruch auf Rabatt. Der Bundesrath wird das Minimum der Zentnerzahl einer solchen Wagenladung festsezen.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudieuen,den Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem G-elde und von Kostbarkeiten jnit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Franken per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, ,so darf die Taxe für Vieh um 40 °/0 und diejenige für Waaren .,um 100 °/0 des gewöhnlichen Ansazes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche iu .Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das G-ewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, zu bestimmen, daß Waareii.Sendungen bis auf 25 Kilogramm Gewicht stets in Eilfracht befördert werden sollen, ebenso für den Trausport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusezen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stükes kann .auf 40 Rappen festgesezt werden.

Art. 18 a. Für Streken mit außergewöhnlicher Steigung wird .der Bundesrath ermächtigt, vorderhand die Taxansäze für Reisen-

320 dengepäk, Vieh und Waaren verhältnißmäßig zu erhöhen, in der Meinung jedoch, daß er, gestüzt auf technische Untersuchungen, der Bundesversammlung später bestimmte Vorschläge für definitive Festsezung dieser Maxima unterbreiten wird.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülseufrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesezt werden.

Art. 20. Bei Festsezung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 25 Kilogramm für volle 25 Kilogramm; bei Waaren in gewöhnlicher Fracht Sendungen zwischen 25 und 50 Kilogramm für volle 50 Kilogramm.

Das Mehrgewicht (bei1 Reisendengepäk und Eilgut über 25, bei Waaren in gewöhnlicher Fracht über 50 Kilogramm) wird nach Einheiten von je 5 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 5 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsondungen repräseutiren Bruchtheile von Fr. 500 volle 500 Franken.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besizt, erfolgen.

Art, 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladpläze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütem, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besoudem Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelnheitcn des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Ar!;. 23. Die sämmtlichen Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

321 Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusezen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu deken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansäze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Sofern die Gesellschaft eine grundsäzliche Aenderung der Tarife vorzunehmen beabsichtigen sollte, so hat sie ihr daheriges Projekt sammt dem neuen Tarife der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benuzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rükkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des betheiligten Kantons, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rükkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rükkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

&. Durch den Rükkauf wird der Rükkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstüzungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rükkauf erfolgen mag, ist dio Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise dem Kanton Tessin abzutreten.

Sollte dieser Verpflichtung kein Geniige gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnissmässiger Betrag von der Rükkaufsumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rükkauf beträgt, sofern lezterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dein Zeitpunkte, in welchem der Rükkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen ; sofern der Rükkauf

322 zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 221/:fachen \T-cr*h ; wenn der Rükkauf zwischen dem 1.

Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger, als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds, betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbabnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch1 leztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rükkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rükkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschäzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

O O f. Streitigkeiten, die über den Rükkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 28. Hat der Kanton Tessin den Rükkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichts desto weniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 deflnirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton Tessin hat unter den gleichen Rtichten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie lezterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzüge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kra£t tritt, beauftragt.

323

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Touristenbahnen im Berner Oberland.

(Vom 15. Juni 1874.)

Tit.!

In der Konzession für die Touristenbahnen im Berner Oberland (Bundesbeschluß vom'24. September 1873) sind folgende Termine angesezt : 1) für die Einreichung der vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Statuten : der 24. Juli 1874 für die Thalbahnen (Bönigen-Zweilütschinen-Lauterbrunnen u. Zweilütschmen-Grindelwald-Grindelwaldgletscher), und der 24. Mai 1875 für die Bergbahn (Lauterbrunnen-Wengernalp-Grindelwald) ; 2) für den Beginn der Erdarbeiten : der 1. April 1875 für die Thalbahnen, der 1. April 1876 für die Bergbahn; 3) für die Vollendung der Linien: der 1. Juni 1877 für die Thalbahnen, der 1. Juni 1878 für die Bergbahn.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. II.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Konzession einer Eisenbahn von Lugano nach Fornasette. (Vom 22. Juni 1874.)

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1874

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27.06.1874

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312-323

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