05.016 Botschaft zum Abkommen mit Slowenien über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität vom 26. Januar 2005

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des am 27. Juli 2004 unterzeichneten Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Slowenien über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Januar 2005

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Samuel Schmid Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2004-1407

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Übersicht Um grenzüberschreitende Kriminalität wirksam zu verhindern oder zu bekämpfen, bedarf es eines umfassenden Engagements im zwischenstaatlichen Bereich. So sind nebst anderen Massnahmen die Instrumentarien der polizeilichen Zusammenarbeit auf regionaler, bilateraler und multilateraler Ebene konsequent auszubauen.

Mit dem vorliegenden Abkommen zwischen der Schweiz und Slowenien über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität wird die bilaterale Polizeikooperation mit einem wichtigen Land Südosteuropas verstärkt. Die Verhandlungen in den Jahren 2003 und 2004 konnten am 27. Juli 2004 mit der Unterzeichnung des Abkommens in Bern abgeschlossen werden. Das Abkommen regelt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den nach jeweiligem Landesrecht zuständigen Polizeibehörden und optimiert die bestehende Interpol-Zusammenarbeit im Bereich des polizeilichen Informations- und Datenaustauschs unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Punktuell ermöglicht es eine über die Interpol-Regelungen hinausgehende Zusammenarbeit (z.B. Bildung gemeinsamer Kontroll-, Observations- und Ermittlungsgruppen). Es greift nicht in die bestehende Kompetenzverteilung zwischen den Justiz- und Polizeibehörden ein. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Kantonen sowie unter den Kantonen wird nicht angetastet. Bei politischen, militärischen und fiskalischen Delikten ist die polizeiliche Zusammenarbeit ausgeschlossen.

Das Abkommen reiht sich ein in die konzentrierten Bestrebungen der Schweiz, mit bilateralen Polizeikooperationsabkommen den Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität zu verstärken. Entsprechende Abkommen wurden bereits mit den Nachbarstaaten (Deutschland1, Österreich/Fürstentum Liechtenstein2, Frankreich3, Italien4) sowie mit Ungarn5 unterzeichnet. Wie das Abkommen mit Ungarn ist auch dasjenige mit Slowenien ein Polizeivertrag, der die Zusammenarbeit mit den Behörden eines nicht benachbarten Staates regelt. Entsprechend weisen beide Abkommen ähnliche Bestimmungen auf.

Das Abkommen mit Slowenien schafft die Voraussetzungen, damit die bestehende gute Polizeizusammenarbeit zwischen der Schweiz und Slowenien weiter intensiviert werden kann.

Somit leistet es einen Beitrag zur Erreichung der Ziele des Bundesrates im Rahmen der Optimierung der internationalen Zusammenarbeit im Polizeibereich.

1 2 3 4 5

SR 0.360.136.1 SR 0.360.163.1 SR 0.360.349.1 SR 0.360.454.1 SR 0.361.418.1

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Bei der Verhinderung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität ist eine intensive Zusammenarbeit mit ausländischen Polizeibehörden von grosser Bedeutung. Wegen des grenzüberschreitenden Charakters der neuen Verbrechensformen sind die Polizeibehörden ohne Mitwirkung ausländischer Dienststellen nicht oder nur bedingt in der Lage, die Organisations-, Personal-, Kommunikations- und Tatbegehungsstrukturen der grenzüberschreitenden Kriminalität zu erkennen und erfolgreich zu bekämpfen. Eine intensive grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit ist aber nur dann realisierbar, wenn rechtlich bindende Kooperationsinstrumente vorhanden sind, die den zuständigen Dienststellen bezüglich der zulässigen Kooperationsformen, der Verfahrensabläufe sowie der anwendbaren Datenschutzstandards die erforderliche Rechtsklarheit und Rechtssicherheit vermitteln.

Die Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol)6 bilden zwar eine gute, jedoch zu allgemein gehaltene und teilweise rechtlich nicht bindende Basis für eine gegenseitige Unterstützung der Polizeibehörden innerhalb Europas, wo eine enge Kooperation in besonderem Masse geboten ist. Im Bereich des Datenschutzes beinhalten die Interpol-Regelungen einzig Bestimmungen über die von Interpol zur Verfügung gestellten Kommunikations- und Informationssysteme. Die Verantwortung für die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen beim direkten Verkehr zwischen den nationalen Interpol-Zentralbüros tragen allein die Mitgliedstaaten. Interpol empfiehlt aus diesen Gründen den Mitgliedstaaten, massgeschneiderte ergänzende bilaterale Vereinbarungen zu erarbeiten.

Aus polizeilicher Sicht ist es wichtig, dass die Sicherheitsbehörden Sloweniens den schweizerischen Polizeibehörden nach Massgabe präziser Verfahrens- und Datenschutzbestimmungen operative, strategische, technische und sonstige Informationen, die das polizeiliche Vorgehen bestimmen oder Auswirkungen darauf haben, übermitteln können. So verfügen die slowenischen Polizeibehörden auf Grund der geografischen Lage ihres Landes über fundierte Informationen betreffend kriminelle Organisationen, illegalen Betäubungsmittelhandel, Schlepperei/Menschenhandel sowie illegale Migration mit Bezügen zur organisierten Kriminalität. Da auch die Schweiz über wertvolle Informationen verfügt, die
für die slowenischen Behörden zur Verhinderung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität von Nutzen sein können, kann sich die Informationsweitergabe an Slowenien indirekt auch positiv auf die Kriminalitätsbekämpfung in der Schweiz auswirken.

Auf Grund dieser Ausgangslage, einer eingehenden Kriminalitätsanalyse sowie mit Blick auf die stetig wachsende Mobilität international tätiger Krimineller sind die beiden Vertragsparteien zur Auffassung gelangt, dass der Abschluss dieses Abkommens eine gute Lösung darstellt, um die bestehende Interpol-Zusammenarbeit in den nächsten Jahren gezielt und nachhaltig zu optimieren.

6

SR 351.21

1065

1.2

Ablauf der Verhandlungen

Mit Schreiben vom 13. Juli 2001 unterbreitete das slowenische Innenministerium der Schweiz den Entwurf eines bilateralen Polizeikooperationsabkommens. Dieser wurde seitens der Schweiz einer ersten Prüfung unterzogen. Im Anschluss daran wurde dem slowenischen Innenministerium mitgeteilt, dass die Schweiz an einer Intensivierung der Zusammenarbeit grundsätzlich interessiert sei. Es wurde jedoch vorgeschlagen, dass Experten beider Länder auf der Grundlage des slowenischen Abkommensentwurfs zunächst eruieren sollten, welche konkreten Kooperationsbedürfnisse bestehen und mit welchen Massnahmen diesen Bedürfnissen entsprochen werden kann.

Dieses exploratorische Expertentreffen fand am 16./17. April 2002 in Bern statt.

Nach Evaluation der konkreten Bedürfnisse und Möglichkeiten stimmten die Experten überein, dass eine weitere qualitative und quantitative Verbesserung der aktuellen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit idealerweise durch die Erarbeitung einer staatsvertraglichen Vereinbarung erreicht werden solle. In der Folge beauftragte die damalige Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements das Bundesamt für Polizei, mit Slowenien formelle Vertragsverhandlungen aufzunehmen.

Im zweiten Halbjahr 2002 übermittelte das Bundesamt für Polizei den slowenischen Partnern einen schweizerischen Gegenentwurf eines Kooperationsabkommens. Die erste Verhandlungsrunde fand am 27./28. Januar 2003 in Ljubljana statt. Gestützt auf die beiden Vorentwürfe wurde ein erster gemeinsamer Abkommensentwurf erarbeitet. Dieser Entwurf konnte im Rahmen der zweiten Verhandlungsrunde vom 30. Juni/1. Juli 2003 in Bern bereinigt und paraphiert werden.

Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Slowenien über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität wurde am 27. Juli 2004 in Bern anlässlich eines Besuchs des slowenischen Innenministers Rado Bohinc unterzeichnet.

2

Besonderer Teil

2.1

Systematik

In der Präambel des Abkommens wird mit der Formulierung «in der Absicht, einen Beitrag zur Entwicklung der beiderseitigen Beziehungen zu leisten» zunächst implizit Bezug genommen auf die bestehende Polizeizusammenarbeit, die einerseits im Rahmen der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) erfolgt und sich andererseits auf das jeweilige innerstaatliche Recht der beiden Vertragsparteien stützt. Im zweiten Absatz wird darauf hingewiesen, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen der Polizei oder anderen zuständigen Behörden insbesondere bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, des illegalen Handels mit Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen sowie des Terrorismus von wesentlicher Bedeutung ist. Mit den Absätzen 3 und 4 werden völkerrechtliche Prinzipien, die der Zusammenarbeit der beiden Staaten zu Grunde liegen, festgehalten.

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In den Artikeln 1 und 2 werden Zweck und sachlicher Geltungsbereich des Abkommens festgelegt. Bezüglich des anwendbaren Rechts sehen die Artikel 3 und 4 vor, dass bei der Zusammenarbeit das innerstaatliche Recht der Parteien sowie Verpflichtungen aus internationalen Übereinkünften zu beachten sind.

Die Artikel 5­10 regeln die für nicht benachbarte Staaten zentralen Kooperationsmassnahmen. Es sind der gegenseitige Austausch personenbezogener und nichtpersonenbezogener Daten, die Intensivierung der Kommunikation, die Bildung gemeinsamer Arbeitsgruppen, die Verstärkung der Koordination, die Zusammenarbeit in den Bereichen Training und Ausbildung sowie die Zusammenarbeit unter Einbezug von Polizeiattachés. Die Artikel 5­10 enthalten ergänzend auch Formvorschriften sowie Bestimmungen über das Verfahren und die Kosten.

Die Artikel 5 Absatz 3 sowie 11 und 12 regeln den Datenschutz und die Weitergabe von Daten an Drittstaaten. Gerade den datenschutzrechlichen Regelungen nach Artikel 11 kommt im Zusammenhang mit dem Vollzug dieses Abkommens eine grundlegende Bedeutung zu, geht es doch nicht zuletzt darum, ein einheitliches Schutzniveau sicherzustellen. Ergänzend dazu enthält Artikel 12 Bestimmungen betreffend den Umgang mit geheimen Informationen sowie Regelungen betreffend die Weitergabe übermittelter Daten an Drittstaaten.

In den Schlussbestimmungen werden zunächst das zuständige Vollzugsorgan und die anzuwendende Sprache festgelegt (Art. 13). Die übrigen Artikel betreffen die Anwendung und Weiterentwicklung des Abkommens (Art. 14) sowie einen Vorbehalt der Hoheitsrechte, der Sicherheit oder anderer wesentlicher Interessen (Ausnahmeregelung, Art. 15). Schliesslich werden in Artikel 16 die formellen Erfordernisse der Inkraftsetzung sowie der Kündigung festgelegt.

2.2

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

2.2.1

Zweck, sachlicher Geltungsbereich und anwendbares Recht

Zweck des Abkommens (Art. 1) Zweck des Abkommens ist die Verstärkung der bilateralen Zusammenarbeit zwischen den Parteien bei der Verhütung oder Bekämpfung von strafbaren Handlungen.

Mit der gewählten Formulierung wird zum Ausdruck gebracht, dass die Zusammenarbeit nicht nur die Repression, sondern auch die Prävention umfasst. Die Auslegung des Begriffs «strafbare Handlung» richtet sich ausschliesslich nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien. Für die Schweiz sind die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (StGB)7, des Nebenstrafrechts sowie des kantonalen Strafrechts massgebend.

Den Schwerpunkt der Zusammenarbeit bildet der Austausch polizeilich relevanter Informationen. Von Bedeutung sind auch regelmässige Kontakte auf allen Ebenen, also nicht nur zwischen den obersten Polizeistellen, sondern auch zwischen den Verantwortlichen anderer Hierarchieebenen.

7

SR 311.0

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Vom Abkommen erfasste Kriminalitätsbereiche (Art. 2) Das Abkommen mit Slowenien bezieht sich nicht nur auf bestimmte schwerwiegende Kriminalitätsformen, sondern erlaubt analog zur Interpol-Kooperation eine Zusammenarbeit in allen Kriminalitätsbereichen. In den Buchstaben a­l werden einige der nach Auffassung der Vertragsparteien wichtigen Kriminalitätsbereiche namentlich aufgeführt. Mit dieser Aufzählung soll auch zum Ausdruck gebracht werden, dass die einzelnen Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in erster Linie der Verhinderung oder Bekämpfung der internationalen Schwerstkriminalität dienen und nur subsidiär der Alltags- und Kleinkriminalität. Entsprechend sollte die Zusammenarbeit unterbleiben, wenn die Bedeutung des Sachverhalts die Inanspruchnahme oder Gewährung einer Hilfeleistung offensichtlich nicht rechtfertigt (sog. Bagatellfälle).

Nationales Recht (Art. 3) Artikel 3 statuiert den Vorrang des innerstaatlichen Rechts. Entsprechend erfolgt die operative Umsetzung der im Abkommen aufgeführten Handlungsformen für die Schweiz stets nach Massgabe des schweizerischen Rechts, insbesondere in Anwendung der innerstaatlichen Zuständigkeits-, Verfahrens- und Formvorschriften. Welche polizeilich relevanten Rechtserlasse des schweizerischen Rechts tatsächlich Anwendung finden, kann nur im konkreten Einzelfall entschieden werden8.

Mit dem Verweis auf das innerstaatliche Recht wird letztlich auch festgelegt, dass für die Anordnung von Zwangsmassnahmen9 ausnahmslos der Rechtshilfeweg zu beschreiten ist.

Internationale Abkommen (Art. 4) Artikel 4 enthält einen Vorbehalt zugunsten bestehender internationaler Übereinkünfte. Durch den Polizeivertrag werden Bestimmungen bestehender zwei- oder mehrseitiger internationaler Abkommen, welche die Schweiz oder Slowenien binden, nicht aufgehoben. Dies schliesst nicht aus, dass die Regelungen des Polizeivertrags im Sinne von Ergänzungen oder zur Konkretisierung der Rechte und Pflichten dieser Abkommen berücksichtigt werden.

2.2.2

Kooperationsbereiche

Informationsaustausch (Art. 5 Abs. 1) Artikel 5 Absatz 1 regelt die gegenseitige Unterstützung durch den Austausch personenbezogener und nichtpersonenbezogener Daten und Materialien. Der Austausch personenbezogener Daten und Materialien umfasst beispielsweise die Mitteilung der Personalien von Personen, die an strafbaren Handlungen beteiligt sind, Angaben über Tatverdächtige sowie Informationen über die Tatbegehungsweise und die 8

9

Während die internationale Rechtshilfe in Strafsachen im Rechtshilfegesetz geregelt ist, fehlt eine entsprechende einheitliche und umfassende Kodifizierung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit. Dieser Bereich ist vielmehr bruchstückhaft in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen des Bundes sowie der Kantone geregelt.

Zwangsmassnahmen, welche die Beschreitung des Rechtshilfeweges erfordern, sind unter anderem folgende: Hausdurchsuchung, Beschlagnahme oder Herausgabe von Gegenständen, zwangsweise Aufhebung von gesetzlich geschützten Geheimnissen für Sachauslieferung sowie Telefonabhörung zum Zwecke der Fahndung.

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getroffenen Massnahmen (siehe Bst. a). Dieser personenbezogene Informationsaustausch dient in erster Linie der operationellen Polizeiarbeit. Der Informationsaustausch kann aber auch den nicht operationellen Bereich betreffen. Dieser allgemeine, nichtpersonenbezogene Informationsaustausch umfasst unter anderem die Übermittlung neuerer Erkenntnisse aus der Kriminalistik oder der Kriminologie, die Orientierung über Gesetzesänderungen im Anwendungsbereich des Abkommens oder den Austausch allgemeiner Lagebilder und -analysen.

Absatz 1 regelt den Umfang des möglichen Informationsaustauschs nicht abschliessend. Bezüglich des genauen Umfangs und der Grundsätze des Informationsaustauschs ist ­ wie bereits erwähnt ­ das innerstaatliche Recht der Vertragsparteien massgebend. Für die Schweiz sind diesbezüglich Artikel 351quinquies StGB sowie die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. März 198110 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) anwendbar. Es gelten damit insbesondere auch die Ausschlussgründe von Artikel 3 IRSG. Entsprechend ist die Informationsweitergabe nicht zulässig für politische, militärische und fiskalische Delikte sowie für den Bereich des Staatsschutzes, soweit dessen Tätigkeit unter den Begriff des politischen Delikts fällt. Auch der automatisierte Informationsaustausch im Online-Verfahren ist ausgeschlossen, weil das Abkommen keine entsprechenden Bestimmungen enthält.

Intensivierung der gegenseitigen Kommunikation (Art. 5 Abs. 2) Ergänzt wird der gegenseitige Informationsaustausch nach Artikel 5 Absatz 1 durch Massnahmen im Bereich der gegenseitigen Kommunikation. Zu deren Intensivierung unterstützen sich die Vertragsparteien unter anderem durch die Benennung von Kontaktpersonen mit Kenntnissen der Sprache der anderen Partei. Möglich ist auch der Austausch von Verzeichnissen wichtiger Fernmeldeanschlüsse.

Gemeinsame Arbeitsgruppen (Art. 6) Artikel 6 sieht vor, dass bei Bedarf gemischt besetzte Arbeitsgruppen, beispielsweise Analyseteams zur Erarbeitung gemeinsamer Lagebilder, gebildet werden können.

Die Beamten eines Vertragsstaates, die auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates beratend und unterstützend tätig werden, dürfen dabei keine hoheitlichen Befugnisse wahrnehmen. Die Bestimmung ist bewusst offen gehalten und soll den Polizeibehörden eine flexible, nicht
hoheitliche Zusammenarbeit ermöglichen.

Verstärkung der Koordination (Art. 7) Zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität kann es notwendig sein, innerstaatlich geplante Polizeiaktionen mit anderen betroffenen Staaten abzusprechen und bei Bedarf Interventionen zeitlich abzustimmen. Artikel 7 statuiert deshalb die Möglichkeit, bei der Planung oder Umsetzung operativer Massnahmen11 soweit erforderlich ein koordiniertes Vorgehen auf den jeweiligen Hoheitsgebieten sicherzustellen.

10 11

SR 351.1 Als operative Massnahmen kommen in Betracht: kontrollierte Lieferung, Observation, verdeckte Ermittlung, Hausdurchsuchung usw.

1069

Training und Ausbildung (Art. 8) Artikel 8 verweist auf die Möglichkeit, die Zusammenarbeit durch Massnahmen der Aus- und Fortbildung zu verstärken. Im Vordergrund steht die gegenseitige Unterrichtung über die für die Zusammenarbeit relevanten Vorschriften des innerstaatlichen Rechts der Vertragsparteien sowie über deren Änderung. Die Zusammenarbeit kann sich aber auch auf die Erweiterung und Vervollkommnung von Fremdsprachenkenntnissen beziehen. Durch intensivere Zusammenarbeit im Bereich des Trainings und der Ausbildung können Synergiepotenziale realisiert werden.

2.2.3

Verfahren und Kosten (Art. 9)

Ersuchen um Information oder andere Ersuchen um Hilfeleistung sind in schriftlicher Form zu stellen. Die Ersuchen sollten in der Regel mindestens folgende Angaben enthalten: ­

Bezeichnung der Behörde, von der das Ersuchen ausgeht;

­

Gegenstand der polizeilichen Abklärungen und Grund des Ersuchens;

­

Angaben über alle im Ersuchen genannten Hauptpersonen;

­

Zusammenhang des Ersuchens mit einer strafbaren Handlung;

­

kurze Beschreibung des wesentlichen Sachverhalts, unter anderem Bezugspunkte zum ersuchten Staat.

Im Einzelfall können sich die zuständigen Behörden auch ohne Ersuchen Informationen mitteilen, soweit diese für die Empfängerin oder den Empfänger zur Unterstützung bei der Abwehr von konkreten Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Bekämpfung von Straftaten von Bedeutung sind.

Bezüglich der Kosten gilt, dass die durch die Erledigung eines Ersuchens entstandenen Auslagen der anderen Vertragspartei nicht in Rechnung gestellt werden (Grundsatz der Unentgeltlichkeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind möglich im Rahmen der Zusammenarbeit nach Artikel 7 (Verstärkung der Koordination). Es ist denkbar, dass die eine Vertragspartei dank finanziell aufwendigen Ermittlungstechniken auf dem Hoheitsgebiet der anderen Partei grosse Vermögenswerte einziehen kann. In einem solchen Fall sind die zuständigen Behördenvertreter gehalten, sich vorgängig oder nachträglich darüber zu verständigen, ob die entstandenen Kosten ganz oder teilweise in Rechnung gestellt werden sollen. Bei der Frage, ob Kosten in Rechnung gestellt werden, ist entscheidend, ob über die Teilung der beschlagnahmten Vermögenswerte eine zwischenstaatliche Vereinbarung zustande kommt. Ob eine solche abgeschlossen werden kann, entscheidet sich jedoch nicht nach dem vorliegenden Abkommen.

2.2.4

Polizeiattachés (Art. 10)

Nach Artikel 10 können die Regierungen der Vertragsparteien bilaterale Absprachen über die befristete oder unbefristete Entsendung von Polizeiattachés eines Vertragsstaats zu Polizeidienststellen der anderen Vertragspartei treffen. Attachés unterstützen kriminalpolizeiliche Ermittlungen schweizerischer Behörden und beraten die 1070

zuständigen Strafverfolgungsbehörden des Empfangsstaates in wichtigen rechtshilfefähigen Fällen. Dabei dürfen Polizeiattachés im Empfangsstaat keinerlei hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Die Schweiz plant zurzeit keine dauernde Stationierung eines Attachés in Slowenien. Hingegen soll der in Italien stationierte Attaché in Slowenien seitenakkreditiert werden.

2.2.5

Datenschutz und Weitergabe von Daten an Drittstaaten

Die Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden umfasst insbesondere den Austausch von Personendaten, unter anderem auch von besonders schützenswerten Personendaten. Solche Personendaten werden zwischen den für den Vollzug zuständigen Polizeibehörden direkt ausgetauscht, an andere Stellen weitergegeben und gegebenenfalls in den nationalen Polizeiinformationssystemen gespeichert. Diese Datenbearbeitungen berühren die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen.

Mit den Artikeln 5 Absatz 3 sowie 11 und 12 sollen die Zielsetzungen der polizeilichen Zusammenarbeit und des Persönlichkeitsschutzes in Einklang gebracht werden.

Zudem dienen die Bestimmungen dazu, für alle beteiligten Dienststellen einen einheitlichen Mindeststandard für die Bearbeitung von Personendaten sowie für den Umgang mit geheimen Informationen festzulegen.

Datenschutz (Art. 5 Abs. 3 und Art. 11) Die Artikel 5 Absatz 3 sowie 11 legen fest, welche Datenschutzvorschriften bei der Übermittlung von Personendaten besonders wichtig sind und deshalb bei der Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Kriminalität von den Behörden beider Länder zwingend berücksichtigt werden müssen.

Diese Vorschriften entsprechen den Bestimmungen der schweizerischen Datenschutzgesetzgebung, den Bestimmungen im Rahmen der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen sowie den von der Schweiz ratifizierten multilateralen Abkommen.

Auf multilateraler Ebene stehen das Übereinkommen des Europarates vom 28. Januar 198112 über den Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (Übereinkommen STE Nr. 108) sowie die Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates vom 17. September 1987 über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich (Europaratsempfehlung R [87] 15) im Vordergrund.

Die Festlegung der für beide Staaten verbindlichen Datenschutzgrundsätze wurde wesentlich durch die Tatsache erleichtert, dass auch Slowenien das Übereinkommen STE Nr. 108 ratifiziert hat.

Übermittlung sensitiver Daten über Einzelpersonen und Persönlichkeitsprofile (Art. 5 Abs. 3) In Artikel 5 Absatz 3 wird explizit festgehalten, dass polizeilich relevante sensitive Daten über Einzelpersonen oder gar Persönlichkeitsprofile im Sinne von Artikel 6 des Übereinkommens STE Nr. 108 nur übermittelt werden dürfen, wenn dies unbedingt erforderlich ist und zudem nur gemeinsam mit anderen Daten. Mit Blick auf

12

SR 0.235.1

1071

Artikel 6 des Übereinkommens STE Nr. 108 sind folgende Personendaten sensitiv und somit dem besonderen Schutzregime nach Artikel 5 Absatz 3 unterworfen: ­

Daten, welche die rassische Herkunft, politische Anschauungen oder religiöse oder andere Überzeugungen erkennen lassen;

­

Daten, welche die Gesundheit oder das Sexualleben betreffen;

­

Daten über Strafurteile.

Zweckbindung (Art. 11 Abs. 1 Bst. a) Weiter müssen die zuständigen Behörden nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a den Grundsatz der Zweckbindung beachten. Dieser Grundsatz besagt, dass Personendaten, die auf Grund des vorliegenden Abkommens an eine Stelle übermittelt wurden, nur zu dem Zweck, der im Abkommen beziehungsweise im Ersuchen festgelegt ist, und nur zu den Bedingungen, welche die übermittelnde Stelle im Einzelfall stellt, verwendet werden dürfen. Eine Verwendung für andere Zwecke ist nur mit vorgängiger schriftlicher Zustimmung der übermittelnden Partei zulässig.

Limitierung der verwendungsberechtigten Behörden (Art. 11 Abs. 1 Bst. c) Grundsätzlich soll nur ein begrenzter Kreis von Behörden die im Rahmen der vertraglichen Zusammenarbeit übermittelten Personendaten verwenden dürfen. Verwendungsberechtigt sind ausschliesslich Justiz- oder Polizeibehörden oder andere durch die Vertragsparteien bezeichnete Behörden, deren Aufgabe die Kriminalitätsprävention und -bekämpfung ist. Nach Inkrafttreten des Abkommens werden sich die Vertragsparteien Listen übermitteln, in denen die berechtigten Behörden namentlich erwähnt werden. Ist die Weitergabe an andere Stellen ausnahmsweise notwendig, so muss vorgängig die Zustimmung der übermittelnden Vertragspartei eingeholt werden.

Zusätzliche Datenschutzvorschriften (Art. 11 Abs. 1 Bst. b, d­i) In Artikel 11 werden ferner zusätzliche grundlegende Verfahren im Umgang mit Daten sowie verschiedene Datenschutzgrundsätze festgelegt. Es werden geregelt: ­

die datenschutzrechtlichen Grundsätze der Richtigkeit, der Erforderlichkeit und der Verhältnismässigkeit und die damit zusammenhängende Pflicht zur Berichtigung bzw. Vernichtung falscher Daten (Bst. d);

­

das Recht der übermittelnden Vertragspartei sowie der betroffenen Personen, Auskunft über die Verwendung der Daten zu erhalten (Bst. b und e);

­

die Pflicht des Empfangsstaates, die im geltenden innerstaatlichen Recht vorgesehenen Löschungsfristen einzuhalten (Bst. f);

­

die Pflicht, Übermittlung, Empfang und Löschung der Daten aktenkundig zu machen (Bst. g.);

­

die Pflicht, Massnahmen zur Datensicherheit13 zu treffen (Bst. i).

Abschliessend enthält Artikel 11 Absatz 1 eine Schadenersatzregelung für allfällige Regressansprüche unter den Vertragsparteien (Bst. h).

13

Zum Beispiel Zugangs-, Benutzer- oder Übermittlungskontrollen.

1072

Überprüfung der Einhaltung der Datenschutzvorschriften durch eine unabhängige Behörde (Art. 11 Abs. 2) Jede Vertragspartei muss vorsehen, dass eine unabhängige Behörde nach Massgabe des jeweiligen innerstaatlichen Rechts periodisch prüft, ob die an der Zusammenarbeit beteiligten Dienststellen der Schweiz und Sloweniens beim Umgang mit Personendaten die Bestimmungen der Artikel 5 Absatz 3 und 11 Absatz 1 einhalten. Diese Vorschrift entbindet die Behörden beider Länder nicht davon, bereits durch Vorkehrungen innerhalb ihrer Dienststellen, beispielsweise durch die Erarbeitung von Handbüchern oder die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dafür zu sorgen, dass die Datenschutzvorschriften eingehalten werden.

Vertraulichkeit und Weitergabe an Drittstaaten (Art. 12) Artikel 12 enthält zwei weitere Regelungsbereiche, die für die internationale Polizeizusammenarbeit wichtig sind.

Absatz 1 verpflichtet die Vertragsparteien, die Geheimhaltung von Daten und Materialien zu gewährleisten, die ihr von der anderen Partei übermittelt und nach deren innerstaatlichem Recht als vertraulich bezeichnet, das heisst klassifiziert wurden. Damit die empfangende Vertragspartei dieser Verpflichtung nachkommen kann, muss die übermittelnde Partei bei der Übermittlung genau umschreiben, welche besonderen Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen. Ob und wie eine Information zu klassifizieren ist (z.B. als «GEHEIM» oder «VERTRAULICH»), bestimmt sich nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien. So haben beispielsweise die zivilen Behörden des Bundes die Verordnung vom 10. Dezember 199014 über die Klassifizierung und Behandlung von Informationen im zivilen Verwaltungsbereich zu berücksichtigen.

Absatz 2 regelt die Weitergabe personenbezogener und nichtpersonenbezogener Daten und Gegenstände an Drittstaaten, unabhängig davon, ob es sich um klassifizierte Informationen handelt oder nicht. Die Weitergabe übermittelter Daten und Gegenstände an Drittstaaten ist nur mit vorgängiger schriftlicher Zustimmung der übermittelnden Partei zulässig. Einem Ersuchen um Weitergabe, insbesondere von personenbezogenen Daten, sollte nur sehr restriktiv zugestimmt werden und unter anderem nur dann, wenn das betreffende Drittland ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet.

2.2.6

Schlussbestimmungen

Zuständige Behörden und Sprache (Art. 13) Artikel 13 Absatz 1 ermächtigt das Bundesamt für Polizei sowie die Generaldirektion der Polizei des slowenischen Innenministeriums zum direkten Austausch von Informationen und zur Durchführung der im Vertrag festgehaltenen Kooperationsmassnahmen. Analog zur Interpol-Zusammenarbeit erfolgt die direkte Zusammenarbeit ausschliesslich zwischen zwei zentralen Stellen. Das vorliegende Abkommen stützt sich somit auf das Zentralstellenprinzip. Die Beibehaltung dieses Prinzips ist sinnvoll, da die Zusammenarbeit zwischen Behörden intensiviert werden soll, deren Länder keine gemeinsame Grenze haben. Dank dem Einbezug der Zentralstellen 14

SR 172.015

1073

muss die ersuchende Partei beispielsweise über keine genauen Kenntnisse der innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften der anderen Vertragspartei verfügen. Sie kann Ersuchen an die im Vertrag genannte Zentralstelle richten. Deren Aufgabe ist es dann, das Ersuchen ohne Verzug an die nach innerstaatlichem Recht zuständige Behörde weiterzuleiten. Soweit mehrere Behörden für die Beantwortung verantwortlich sind, kann die ersuchte Zentralstelle die Beantwortung zudem koordinierend unterstützen. In ihrer Funktion als für den Vollzug zuständige Organe sind die Zentralstellen auch prioritäre Ansprechpartner für die Klärung von Auslegungsfragen oder für die Erarbeitung von Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Abkommens. Schliesslich sind die Zentralstellen auch verantwortlich für die einheitliche Anwendung der Datenschutzbestimmungen. Neben dem Bundesamt für Polizei können sich auch das Grenzwachtkorps sowie die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden der Kantone auf dieses Abkommen stützen und mit slowenischen Behörden zusammenarbeiten, wobei der Dienstweg über die Zentralstellen einzuhalten ist.

Mit Absatz 2 wird vereinbart, dass sich die Vertragsparteien 30 Tage nach Inkrafttreten des Abkommens auf diplomatischem Weg die Adressen sowie die Telefon-, Telefax- und anderen Verbindungen der wichtigsten Dienststellen innerhalb der zuständigen Organe mitteilen. Wichtigste Stelle innerhalb des Bundesamtes für Polizei ist die Einsatzzentrale, die bereits heute rund um die Uhr einen effizienten Informationsaustausch zwischen ausländischen und schweizerischen Polizeibehörden sowie der Zollverwaltung bzw. dem Grenzwachtkorps sicherstellt.

Laut Absatz 3 sind die Parteien verpflichtet, einander Änderungen der Zuständigkeiten oder Bezeichnungen der Behörden nach den Absätzen 1 und 2 auf diplomatischem Weg anzuzeigen.

Nach Absatz 4 sollen die Informationen in der Regel in englischer Sprache ausgetauscht werden. Die Wahl der englischen Sprache erfolgte mit dem Ziel, die in der Regel nicht unerheblichen Aufwendungen für Übersetzungen auf ein Minimum zu beschränken. Zudem wäre es für die Schweiz schwierig, in grösserem Umfang Dokumente in slowenischer Sprache in eine schweizerische Amtssprache zu übersetzen.

Anwendung und Weiterentwicklung des Abkommens (Art. 14) Allfällige Fragen im Zusammenhang mit dem Vollzug dieses
Abkommens sollen möglichst einfach, ohne besondere Formalitäten, direkt von spezialisierten Fachleuten gelöst werden. Die Verhandlungsdelegationen waren der Auffassung, dass die Schaffung einer ständigen Arbeitsgruppe, die in einem vertraglich festgelegten Rhythmus tagt, nicht notwendig sei. Deshalb kommen Expertinnen und Experten zur Besprechung von Vollzugsfragen ausschliesslich bei Bedarf zusammen. Die Fachleute beider Länder können im Rahmen solcher Treffen auch Initiativen zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit ergreifen und den Vertragsstaaten entsprechende Vorschläge unterbreiten. Ersuchen um Expertentreffen sind nach Artikel 13 in Slowenien an die Generaldirektion der Polizei des Innenministeriums, in der Schweiz an das Bundesamt für Polizei zu richten.

Weitere Bedingungen der Zusammenarbeit (Art. 15) Diese Bestimmung gestattet es einer Vertragspartei, der anderen Partei die Zusammenarbeit ganz oder teilweise zu verweigern oder von Bedingungen abhängig zu machen, wenn die Erledigung eines Ersuchens oder die Durchführung einer Kooperationsmassnahme geeignet ist, ihre Souveränität zu beeinträchtigen, die eigene 1074

Sicherheit oder andere wesentliche Interessen zu gefährden oder ihre Rechtsvorschriften sowie ihre Verpflichtungen aus internationalen Übereinkünften zu verletzen. Soweit sich eine Partei auf die Ausnahmeregelung nach Artikel 15 berufen will, muss sie die andere Vertragspartei unverzüglich unter Angabe der Gründe unterrichten. Nach Artikel 9 muss diese Unterrichtung schriftlich erfolgen.

Inkrafttreten und Kündigung (Art. 16) Der Vertrag bedarf der Ratifikation. Er tritt am Tag nach Erhalt der letzten Notifikation, in der sich die Vertragsparteien mitteilen, dass rechtlich die innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind, in Kraft (Abs. 1). Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Vertrag kann jederzeit auf sechs Monate gekündigt werden (Abs. 2).

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund und die Kantone

Der Vollzug des Abkommens kann mit den bestehenden Mitteln bewältigt werden und führt weder auf Bundes- noch auf kantonaler Ebene zu einer finanziellen oder personellen Mehrbelastung.

4

Legislaturplanung

Das Geschäft ist in der Legislaturplanung 2003­2007 vorgesehen (BBl 2004 1201).

5 5.1

Verhältnis zum europäischen Recht und zu Schengen Verhältnis zum europäischen Recht

Das Abkommen steht im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union. Die polizeiliche Zusammenarbeit ist eine Zielsetzung des EU-Rechts, und dieses sieht auch den Abschluss entsprechender Abkommen sowohl unter Mitgliedstaaten wie auch mit Drittstaaten vor.

5.2

Verhältnis zu Schengen

Der Bundesrat hat im Rahmen der Bilateralen II mit der EU ein Abkommen über die Assoziierung der Schweiz an Schengen ausgehandelt.15 Die Schengener Bestimmungen im Bereich des Polizeiwesens bilden eine klare und praxisnahe Rechtsgrundlage, gestützt auf die mit insgesamt 27 Staaten, darunter auch Slowenien, die länderübergreifende Polizeizusammenarbeit wirkungsvoll intensiviert werden kann.

Analog zur Zusammenarbeit im Rahmen von Interpol entsprechen die Bestimmungen der Schengener Übereinkommen angesichts der unterschiedlichen Rechtssyste15

Vgl. dazu die Ausführungen in der Botschaft vom 1. Okt. 2004 zur Genehmigung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, einschliesslich der Erlasse zur Umsetzung der Abkommen («Bilaterale II»; BBl 2004 5965 ff.), besonders Ziff. 2.6 ff.

1075

me und Behördenstrukturen der beteiligten Länder partiell jedoch lediglich einem kleinsten gemeinsamen Nenner. Zudem sind bestimmte Kooperationsformen in den Schengen-Bestimmungen nicht enthalten. Mit Ländern, die aus polizeilicher Sicht besonders wichtig sind, ist es somit sinnvoll, im Rahmen bilateraler Abkommen die Schengen-Bestimmungen zu konkretisieren und zu ergänzen16.

Slowenien ist, wie unter Ziffer 1.1 bereits dargelegt, für die Schweiz aus polizeilicher Sicht von Bedeutung. Es ist deshalb trotz der angestrebten Assoziierung der Schweiz an Schengen opportun, mit Slowenien ein Polizeikooperationsabkommen abzuschliessen. Die Bestimmungen des Abkommens mit Slowenien sind in den Bereichen polizeilicher Informationsaustausch, Kommunikation und Koordination präziser ausgestaltet als die entsprechenden Schengen-Bestimmungen. Zudem enthält das Abkommen Kooperationsbereiche, die über Schengen hinausgehen, nämlich die Bestimmungen über gemeinsame Arbeitsgruppen sowie über die Zusammenarbeit bei der Aus- und Weiterbildung. Andererseits enthält auch Schengen Bestimmungen, die im Abkommen mit Slowenien nicht enthalten sind, so über die grenzüberschreitende Observation, die kontrollierte Lieferung sowie die Zusammenarbeit bei der internationalen Personen- und Sachfahndung. Das Schengener Assoziierungsübereinkommen und das Abkommen mit Slowenien sind somit «Bausteine» zur Intensivierung der Polizeizusammenarbeit, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken.

6

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

6.1

Kompetenzen des Bundes

Das vorliegende Abkommen stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV), der dem Bund die allgemeine Kompetenz für die auswärtigen Angelegenheiten zuweist und ihn zum Abschluss von Staatsverträgen mit dem Ausland ermächtigt. Bei internationalen Verträgen gilt der Grundsatz, dass der Bund Verträge über beliebige Gegenstände abschliessen kann, unabhängig davon, ob diese in die eidgenössische oder in die kantonale Gesetzgebungskompetenz fallen (vgl.

BBl 1994 II 624). Das Recht der Kantone, in ihrem Zuständigkeitsbereich Verträge mit dem Ausland abzuschliessen (Art. 56 Abs. 1 BV), ist somit subsidiär. Der Bund macht jedoch von seiner Kompetenz nur zurückhaltend Gebrauch, wenn die zu regelnden Bereiche hauptsächlich in die Zuständigkeit der Kantone fallen. Hat der Bund selber einen Vertrag abgeschlossen, so können sich die Kantone nicht mehr auf ihre eigene Kompetenz in der betreffenden Materie berufen.

Die Regelungen des Abkommens betreffen zur Hauptsache den Informationsaustausch zwischen den nationalen Zentralstellen der Schweiz und Sloweniens.

Der grenzüberschreitende Informationsaustausch, soweit nicht die Nachbarstaaten betroffen sind, ist bereits heute den Bundesbehörden vorbehalten. Damit ändert sich bezüglich der den Kantonen zustehenden Kompetenzen im Polizeibereich nichts.

16

Die Schengen-Bestimmungen selbst sehen vor, dass die Mitgliedstaaten untereinander Abkommen mit weitergehenden Regelungen vereinbaren können.

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Eine selbständige Vertragsabschlusskompetenz des Bundesrates nach Artikel 7a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199717 (RVOG) liegt nicht vor. Deshalb unterliegt das Abkommen der Genehmigung durch die Bundesversammlung nach Artikel 166 Absatz 2 BV.

6.2

Fakultatives Referendum

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn ihre Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes18 gilt eine Bestimmung dann als rechtsetzend, wenn sie in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Wichtig ist eine solche Norm dann, wenn ihr Regelungsgegenstand im Landesrecht entsprechend Artikel 164 Absatz 1 BV auf formell-gesetzlicher Stufe geregelt werden müsste. Das Abkommen mit Slowenien ist jederzeit kündbar, sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor und für seine Umsetzung müssen keine Bundesgesetze erlassen werden. Es enthält jedoch wichtige rechtsetzende Bestimmungen. Zum einen werden den rechtsanwendenden Behörden neue Kompetenzen eingeräumt (z.B. Bildung gemeinsamer Kontroll-, Observations- und Ermittlungsgruppen, die bei Einsätzen auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates beratend und unterstützend tätig werden; Art. 6 Abs. 1 des Abkommens).

Zum anderen werden den Vertragsparteien auch Pflichten auferlegt (z.B. Schadenersatzpflicht bei der Übermittlung von unrichtigen Daten; Art. 11 Abs. 1 Bst. h des Abkommens). Bei diesen Regelungen handelt es sich um wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV, die ­ würden sie im Landesrecht erlassen ­ Gegenstand eines formellen Gesetzes wären.

Das Abkommen unterliegt somit dem fakultativen Referendum, und die Genehmigung des Abkommens erfolgt in der Form eines Bundesbeschlusses.

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SR 172.010 SR 171.10

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