BBl 2023 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

23.070 Botschaft zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Austausch von Daten betreffend gesperrte Spielerinnen und Spieler im Geldspielbereich vom 25. Oktober 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses1 über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Liechtenstein2 über den Austausch von Daten betreffend gesperrte Spielerinnen und Spieler im Geldspielbereich.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. Oktober 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

1 2

BBl 2023 2577 BBl 2023 2578

2023-3072

BBl 2023 2576

BBl 2023 2576

Übersicht Die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein haben ein Abkommen abgeschlossen, das den Schutz von Spielerinnen und Spielern vor exzessivem Geldspiel verstärken soll. Das bilaterale Abkommen regelt den Austausch von Daten betreffend gesperrte Spielerinnen und Spieler zwischen den schweizerischen und liechtensteinischen Veranstalterinnen von Geldspielen. Der Bundesrat hat am 30. September 2022 das Abkommen genehmigt und gleichzeitig die Vernehmlassung eröffnet.

Das Abkommen wurde am 20. Oktober 2022 unterzeichnet.

Ausgangslage Die Schweiz hat 21 Spielbanken sowie zwei Veranstalterinnen von Grossspielen (Loterie Romande und Swisslos). Der Bundesrat hat am 27. April 2022 beschlossen, ab 2025 zusätzlich zwei neue Spielbankenkonzessionen zu erteilen.

Seit Oktober 2016 hat Liechtenstein ein Polizeibewilligungssystem für die Zulassung von Casinos; die Zahl der Spielbanken ist nicht rechtlich begrenzt. Im jetzigen Zeitpunkt sind sechs Spielbanken in Betrieb, bei einer Einwohnerzahl von knapp 40 000.

Weitere Spielbanken sollen in nächster Zeit dazu kommen (1 Gesuch ist hängig).

Allerdings können bis Ende 2025 keine neuen Gesuche für landbasierte Spielbanken eingereicht werden. Veranstalterinnen von Online-Geldspielen sind aufgrund eines Moratoriums bis mindestens Ende 2023 nicht zugelassen. Dieses Moratorium wird voraussichtlich verlängert.

Die Spielbanken beider Länder liegen geografisch nahe beieinander. Um zu verhindern, dass die in einem der beiden Länder gesperrten Personen in Casinos auf der anderen Seite der Grenze weiterspielen können, werden die Geldspielveranstalter verpflichtet, die Spielsperren des jeweils anderen Landes anzuerkennen und anzuwenden.

Inhalt der Vorlage Die schweizerischen und liechtensteinischen Geldspielveranstalterinnen verhängen Spielsperren gegen Spielerinnen und Spieler, die überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, Spieleinsätze tätigen, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen und Vermögen stehen oder spielsüchtig sind. Die Geldspielveranstalterinnen werden zur gegenseitigen Anerkennung von Spielsperren verpflichtet.

2 / 16

BBl 2023 2576

Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Am 11. März 2012 haben rund 87 % der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger und alle Kantone einem neuen Verfassungsartikel über Geldspiele zugestimmt3 (Art. 106 Abs. 1 Bundesverfassung [BV]4). Dieser verleiht dem Bund die Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich. Auf dieser Grundlage hat das Parlament im September 2017 mit deutlicher Mehrheit das neue Geldspielgesetz vom 29. September 2017 (BGS)5 verabschiedet. Das Gesetz löst das Spielbankengesetz vom 18. Dezember 19986 und das Lotteriegesetz vom 8. Juni 19237 ab. Verschiedene Kreise hatten gegen das neue Gesetz das Referendum ergriffen. In der Volksabstimmung vom 10. Juni 2018 sprach sich die Bevölkerung mit fast 73 % der Stimmen für das neue Geldspielgesetz aus.8 Es ist zusammen mit den dazugehörigen Verordnungen am 1. Januar 2019 in Kraft getreten.

Das Geldspielgesetz sieht verschiedene Massnahmen zum Schutz der Spielerinnen und Spieler vor. Eine der wichtigsten Massnahmen des Sozialschutzes ist die Spielsperre. Spielbanken und Veranstalterinnen von Grossspielen sperren Personen vom Spielbetrieb aus, von denen sie annehmen müssen, dass sie überschuldet sind, Spieleinsätze tätigen, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen und Vermögen stehen oder die von einer Fachstelle als spielsüchtig gemeldet wurden (Art. 80 BGS).

Die Schweiz hat 21 Spielbanken9 sowie zwei Veranstalterinnen von Grossspielen10 (Loterie Romande und Swisslos). Der Bundesrat hat am 27. April 2022 beschlossen, ab 2025 zusätzlich zwei neue Spielbankenkonzessionen zu erteilen. Das Fürstentum Liechtenstein (nachfolgend Liechtenstein) regelt die Zulassung von Spielbanken mit einem Polizeibewilligungssystem, wobei die Bewilligungsvoraussetzungen den schweizerischen Konzessionsvoraussetzungen weitgehend entsprechen. Aktuell gibt es in Liechtenstein sechs Spielbanken.

Ein grenzüberschreitender Austausch der Daten gesperrter Spielerinnen und Spieler ist besonders wichtig für einen effizienten Sozialschutz, wenn die Spielbanken beider Länder so nahe beieinanderliegen wie im Fall der Schweiz und von Liechtenstein.

Vom Casino in Bad Ragaz (Schweiz) zum Casino in Balzers (Liechtenstein) dauert 3 4 5 6 7 8 9 10

BBl 2012 6623 SR 101 SR 935.51 AS 2000 677; 2006 2197; 2006 5599 AS 39 353; 2006 2197; 2008 3437; 2010 1881 BBl 2018 7755 www.esbk.admin.ch > Aufsicht über die Spielbanken > Landbasierte Spielbanken, Stand: 11. Juli 2023.

Art. 49 des Gesamtschweizerischen Geldspielkonkordats (GSK), in Kraft seit dem 1. Januar 2021, abrufbar unter: www.gespa.ch > Gesetze und Bewilligungen > Regulierungsgrundlagen > Interkantonale Ebene > Gesamtschweizerisches Geldspielkonkordat, Stand: 11. Juli 2023.

3 / 16

BBl 2023 2576

die Autofahrt eine knappe Viertelstunde, vom Casino in Ruggell (Liechtenstein) zum Casino in St. Gallen (Schweiz) eine halbe Stunde. Diese kurzen Distanzen zeigen auf, dass ein wirkungsvoller Spielerschutz die Zusammenarbeit der beiden Staaten bedingt. Nur so kann sichergestellt werden, dass die in einem Land gesperrten Personen nicht in Spielbanken auf der anderen Seite der Grenze weiterspielen können. Spielerinnen und Spieler mit problematischem Spielverhalten lassen sich in der Regel nicht von Landesgrenzen aufhalten.

1.2

Geprüfte Alternativen

Geprüft und verworfen wurde einerseits ein freiwilliger Datenaustausch zwischen den grenznahen Spielbanken. Diese Option scheiterte am Widerstand einzelner Casinos in beiden Ländern und daran, dass sie möglicherweise datenschutzrechtlich problematisch ist. Andererseits wurde der Weg über die Amtshilfe analysiert. Diese kommt allerdings nur bei Anfragen in Einzelfällen zur Anwendung. Für einen systematischen Datenaustausch genügt die gesetzliche Grundlage in Artikel 103 des Geldspielgesetzes nicht. Dazu kommt, dass der Datenaustausch bei der Amtshilfe über die zuständigen Behörden abgewickelt werden muss anstatt direkt über die sperrenden Spielbanken oder Veranstalterinnen von Geldspielen.

Es wurde zudem die Ausweitung auf weitere Nachbarländer geprüft. Dies wurde im Rahmen der Vernehmlassung teilweise gefordert. Die Verhältnisse in Liechtenstein sind mit den anderen Nachbarländern nicht vergleichbar. Liechtenstein hat ein sehr ähnlich aufgebautes Geldspielrecht wie die Schweiz, was die Umsetzung eines Austausches erleichtert. Zudem besteht aufgrund der Nähe und der grossen Anzahl Spielbanken in Liechtenstein hier der grösste und dringendste Handlungsbedarf.

Aus diesen Gründen haben die Schweiz und Liechtenstein beschlossen, Verhandlungen zum Abschluss des vorliegenden Abkommens aufzunehmen.

1.3

Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis

Zwischen Frau Bundesrätin Karin Keller-Sutter und dem jetzigen liechtensteinischen Regierungschef Daniel Risch fand im Herbst 2019 ein Schriftenwechsel statt. Beide Seiten äusserten sich dahingehend, dass sich die zuständigen Behörden aus Gründen des Sozialschutzes über mögliche Handlungsoptionen austauschen sollen.

Nach einem Austausch über die geeignete Realisierungsform, der aufgrund der Pandemie-Situation mehr Zeit als üblich beanspruchte, begann das Bundesamt für Justiz mit der Ausarbeitung eines Abkommens. Nach zwei Verhandlungsrunden im Frühling 2022 haben sich die beiden Länder am 14. Juni 2022 auf das Abkommen geeinigt.

Die Verhandlungen fanden in sehr angenehmer Atmosphäre statt. Man war sich von Anfang an über das Ziel einig, den Schutz der Spielerinnen und Spieler vor exzessivem Geldspiel zu verstärken. Die Pflicht, Daten von gesperrten Spielerinnen und Spielern über eine Landesgrenze hinaus auszutauschen, ist neu und hat insofern Pioniercharakter.

4 / 16

BBl 2023 2576

Der Bundesrat hat das Abkommen am 30. September 2022 genehmigt. Am 20. Oktober 2022 unterzeichneten die damalige Chefin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), Frau Bundesrätin Karin Keller-Sutter, und die Stellvertreterin des Regierungschefs Liechtensteins, Frau Sabine Monauni, das Abkommen.

1.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202011 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202012 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Das Abkommen war vom 30. September 2022 bis am 20. Januar 2023 in der Vernehmlassung. Nahezu alle eingegangenen Stellungnahmen unterstützen das Abkommen ausdrücklich. Bemerkungen gab es insbesondere bei den Bestimmungen zum Datenschutz, zum Datenaustausch sowie zur Zuständigkeit bei der Aufhebung von Spielsperren. Es wurde auch verschiedentlich darauf hingewiesen, dass gesperrte Personen auf illegale Angebote ausweichen würden und das Abkommen für den Spielerschutz nur zu geringfügigen Verbesserungen führe.13 Aufgrund der verschiedenen Stellungnahmen wurden in der vorliegenden Botschaft einige Klarstellungen im Sinne von Erläuterungen vorgenommen. Änderungen im Abkommenstext sind allerdings nicht möglich, da das Abkommen am 20. Oktober 2022 unterzeichnet wurde. Die Vernehmlassung diente dazu, Aufschluss über die politische Akzeptanz zu geben.

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Inhalt des Abkommens

Das Abkommen regelt den Austausch von Daten von gesperrten Spielerinnen und Spielern zwischen der Schweiz und Liechtenstein. Es schreibt den Spielbanken und Veranstalterinnen von Grossspielen den Austausch von Daten betreffend verhängte Spielsperren und die gegenseitige Anerkennung und Anwendung der entsprechenden Spielsperren vor.

11 12 13

BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 Die Stellungnahmen sind abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2022 > EJPD.

5 / 16

BBl 2023 2576

3.2

Gesetzgeberische Umsetzung in der Schweiz

Die Schweiz folgt dem monistischen System, wonach völkerrechtliche Bestimmungen automatisch innerstaatliche Geltung erlangen. Es ist keine gesetzgeberische Umsetzung nötig, da das vorliegende Abkommen direkt anwendbare Normen enthält, die im Kontext der nationalen Geldspielregulierung genügend konkret und bestimmt sind, dass natürliche oder juristische Personen daraus direkt Rechte und Pflichten ableiten und vor Verwaltungs- und Gerichtsbehörden geltend machen oder einklagen können.

4

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Vertrages

Im Eingangstext werden die guten und engen Beziehungen der Schweiz und Liechtensteins sowie die Beweggründe für das Abkommen betont. Es wird eine Zusammenarbeit im Sinne eines Datenaustausches vereinbart, um «Spieltourismus» gesperrter Personen zwischen den beiden Ländern zu verhindern. Durch einen grenzüberschreitenden Datenaustausch wird der Schutz der Spielerinnen und Spieler vor exzessivem Geldspiel verstärkt. Gemeinsames Verständnis der Vertragsstaaten ist dabei, dass «exzessives Geldspiel» einen Überbegriff darstellt, der im Zusammenhang mit dem Schutz vor Spielsucht verwendet wird (vgl. dazu auch Art. 71 BGS).

Art. 1

Gegenstand

Das Abkommen regelt den Austausch von Daten betreffend gesperrte Spielerinnen und Spieler zwischen den schweizerischen sowie den liechtensteinischen Veranstalterinnen von Geldspielen (Bst. a). Ebenfalls festzulegen ist die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung und Anwendung der jeweiligen Spielsperren, damit der Sozialschutzgedanke auch effektiv umgesetzt wird. Mit dem Abkommen wird die formellgesetzliche Grundlage geschaffen, um die Rechte und Pflichten der Veranstalterinnen von Geldspielen und der Spielerinnen und Spieler festzulegen (Bst. b).14 Der Regelungsgegenstand ist umfassend auszulegen: Die mit dem Austausch beziehungsweise der Anerkennung und Anwendung zusammenhängenden Rechte und Pflichten sowie die Rechtsfolgen bei Verstössen sind ebenfalls erfasst.

Vom Abkommen erfasst werden die sozialschutzorientierten Spielsperren nach Artikel 80 BGS beziehungsweise Artikel 23 des liechtensteinischen Geldspielgesetzes vom 30. Juni 2010 (GSG)15 sowie der Spielausschluss nach Artikel 42 Absatz 1 der Geldspielverordnung vom 7. November 2018 (VGS)16. Nach GSG ist die Beeinträchtigung des Spielbestriebs ein weiterer Grund für eine Spielsperre (Art. 23 Abs. 1 Bst. c GSG). Mit eingeschlossen sind auch die in der Praxis häufig vorkommenden Selbstsperren nach Artikel 80 Absatz 5 BGS beziehungsweise Artikel 23 Absatz 4 GSG.

Nicht ausgetauscht werden sollen hingegen Daten betreffend andere Spielverbote (Art. 52 Abs. 1 BGS bzw. Art. 22 Abs. 1 GSG). Es wäre beispielsweise nicht nach14 15 16

BBl 2015 8387, 8457 LGBl-Nr. 2010.235, abrufbar unter: www.gesetze.li/konso/2010.235, Stand: 6. Juni 2023.

SR 935.511

6 / 16

BBl 2023 2576

vollziehbar, wieso die Angestellten der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) beziehungsweise der liechtensteinischen Aufsichtsbehörden im jeweils anderen Land gesperrt werden müssten.

Ebenfalls nicht Gegenstand des Datenaustausches sollen lokale Spielverbote sein, die auf diejenige Spielbank begrenzt sind, mit welcher die Person in Verbindung steht (Art. 52 Abs. 2 BGS bzw. Art. 22 Abs. 2 GSG) oder lokale Spielausschlüsse, die nur für die sperrende Spielbank beziehungsweise Veranstalterin von Grossspielen gelten (Art. 53 Abs. 1 Bst. a und 66 BGS bzw. Art. 24 Bst. a GSG).

Schliesslich können sich aus den Geldwäscherei-Vorgaben Spielsperren ergeben, die ebenfalls nicht vom Abkommen erfasst werden sollen. Gemeint ist die Ablehnung oder der Abbruch von Geschäftsbeziehungen aufgrund von geldwäschereirechtlichen Sorgfaltspflichten (Art. 42 BGS in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 Bst. b des Geldwäschereigesetzes vom 10. Oktober 1997 [GwG]17 und Art. 20 Abs. 1 der Geldwäschereiverordnung ESBK vom 12. November 201818 bzw. Art. 29 Abs. 1 der Geldwäschereiverordnung EJPD vom 7. November 201819) oder aufgrund von internationalen Sanktionsmassnahmen (Art. 6 Abs. 2 Bst. d in Verbindung mit Art. 22a GwG).

Während es im ersten Fall nur um die betroffene Spielbank beziehungsweise die Grossspielveranstalterinnen geht («lokales Spielverbot»), handelt es sich beim zweiten Fall um internationale Sperren, die grundsätzlich bereits in beiden Ländern unabhängig voneinander gelten (vgl. Art. 22 Abs. 1 Bst. d GSG). Wenn sich die Spielerin oder der Spieler, die oder der von einem lokalen Spielverbot betroffen ist, beispielsweise gegenüber einer anderen Spielbank oder einer Veranstalterin von Grossspielen vollständig ausweist und keine Zweifel an der Identität bestehen, darf sie oder er dort spielen.

Nicht Spielsperren im Sinne dieses Abkommens sind demnach andere Spielverbote, lokale Spielausschlüsse sowie Ausschlüsse aus geldwäschereirechtlichen Gründen.

Art. 2

Zweck

Wie bereits im Eingangstext erwähnt, dienen die Bestimmungen des vorliegenden Abkommens der Stärkung des Schutzes der Spielerinnen und Spieler vor exzessivem Geldspiel. Es geht dabei um den Schutz vor Spielsucht und vor dem Tätigen von Spieleinsätzen, die in keinem Verhältnis zum Einkommen und Vermögen stehen (vgl.

Art. 71 BGS). Damit wird eines der Hauptziele des BGS über die Grenze hinaus umgesetzt. Artikel 2 Buchstabe a BGS hält bereits als Zweck fest, dass die Bevölkerung angemessen vor den Gefahren geschützt werden soll, die von den Geldspielen ausgehen. Durch die gegenseitige Anerkennung und Anwendung der jeweiligen Spielsperren wird dieser Schutz in beiden Ländern verstärkt.

17 18 19

SR 955.0 SR 955.021 SR 955.022

7 / 16

BBl 2023 2576

Art. 3

Geltungsbereich

Alle Veranstalterinnen von Geldspielen, die Spielerinnen und Spieler nach dem schweizerischen oder liechtensteinischen Recht sperren, sollen vom Abkommen erfasst werden. Das Abkommen gilt für alle Veranstalterinnen unabhängig von ihrem Sitz, weil die liechtensteinischen Spielbanken nicht zwingend Sitz in Liechtenstein haben müssen (Art. 9a GSG). Daher bezieht sich der Geltungsbereich des Abkommens auf das Aussprechen der Sperre nach schweizerischem oder liechtensteinischem Recht.

Veranstalterinnen zum heutigen Zeitpunkt sind:

20 21

a.

für die Schweiz: ­ alle Spielbanken, die Geldspiele landbasiert und online anbieten, ­ Veranstalterinnen von online durchgeführten oder sonstigen der Spielsperre unterliegenden Grossspielen (vgl. Art. 80 Abs. 3 BGS). Das betrifft im Rahmen dieses Abkommens Swisslos und die Loterie Romande.

Hinzuweisen ist auf die Besonderheit, dass Swisslos ihre Grossspiele sowohl in der Schweiz als auch in Liechtenstein veranstaltet (vgl. Anlage I zum Vertrag vom 29. März 192320 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet [Zollvertrag]);

b.

für Liechtenstein: ­ alle Spielbanken, die Geldspiele landbasiert anbieten, ­ Im liechtensteinischen Recht wird auch die Veranstaltung von OnlineGeldspielen geregelt. Veranstalterinnen von solchen Spielen gibt es zurzeit jedoch keine, da die liechtensteinische Regierung am 19. November 2019 ein Moratorium der entsprechenden Bewilligungen bis Ende 2023 beschlossen hat.21 Da das zukünftige Bestehen von Veranstalterinnen von Online-Geldspielen nach liechtensteinischem Recht somit nicht ausgeschlossen werden kann, müssen sie vorsorglich auch einbezogen werden. Es wird daher eine möglichst umfassende Terminologie gewählt.

Die Verwendung der weiblichen Form in der Botschaft entspricht der Terminologie des BGS und widerspiegelt auch die Tatsache, dass es sich vorwiegend um juristische Personen handelt. Die Artikel 22 und 23 GSG sind über den Verweis in Artikel 65 GSG auch auf den Betrieb von Online-Geldspielen anwendbar. Damit werden Veranstalterinnen von Online-Geldspielen verpflichtet, betreffend Spielsperren wie die Spielbanken vorzugehen.

SR 0.631.112.514 Vgl. dazu Information des Amtes für Volkswirtschaft, abrufbar unter: www.llv.li/de > Landesverwaltung > Amt für Volkswirtschaft > Geldspiel > Online-Geldspiele, Stand: 6. Juni 2023.

8 / 16

BBl 2023 2576

Art. 4

Spielsperre und Datenaustausch

Sobald eine Veranstalterin von Geldspielen einen Sperrgrund nach dem eigenen Recht feststellt oder ein Gesuch für eine Selbstsperre erhält, sperrt sie die entsprechende Spielerin beziehungsweise den entsprechenden Spieler. Dies erfolgt unabhängig vom Wohnsitzstaat der Spielerinnen und Spieler. In der Schweiz sperren die Spielbanken und die Veranstalterinnen von Grossspielen Personen vom Spielbetrieb aus, die die Voraussetzungen von Artikel 80 BGS erfüllen. Sie können zudem gemäss Artikel 42 VGS Personen aus dem Spielbetrieb ausschliessen, wenn sie durch Täuschung oder auf andere Weise den Spielbetrieb beeinträchtigen. In Liechtenstein sperrt die Spielbank Personen vom Spielbetrieb ebenfalls aus, wenn sie überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen und Vermögen stehen oder den geordneten Spielbetrieb beeinträchtigen (Art. 23 Abs. 1 GSG).

Neben der nationalen Verpflichtung, den anderen Veranstalterinnen von Geldspielen in der Schweiz beziehungsweise in Liechtenstein eine Sperre mitzuteilen, zum Beispiel über das gemeinsame Register, kommt durch das Abkommen die Verpflichtung hinzu, diese Angaben auch mit den Veranstalterinnen von Geldspielen des anderen Landes auszutauschen. Dies bedeutet, dass die Veranstalterin von Geldspielen dafür sorgt, dass die Angaben korrekt erfasst und übermittelt werden. Dabei ist sie besorgt, die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu befolgen und insbesondere Löschungen ihrer Spielsperren mitzuteilen (vgl. Art. 5 Abs. 3).

Besteht der Grund für die Sperre nicht mehr, kann die Spielerin oder der Spieler die Aufhebung beantragen (vgl. Art. 9). Zuständig sind diejenigen Veranstalterinnen von Geldspielen, welche die Sperre ursprünglich ausgesprochen haben. Dies gilt unabhängig vom Wohnsitzstaat der Spielerin oder des Spielers. Auch nach dem jeweils geltenden nationalen Recht muss der Antrag auf Aufhebung der Spielsperre bei der Spielbank oder der Veranstalterin von Grossspielen eingereicht werden, welche die Sperre ausgesprochen hat (Art. 81 Abs. 2 BGS bzw. Art. 51 Ziff. 1 GSG).

Art. 5

Umsetzung des Datenaustausches

Die Spielbanken und Veranstalterinnen von Grossspielen in der Schweiz sowie die Spielbanken und, soweit vorhanden, die Veranstalterinnen von Online-Geldspielen in Liechtenstein werden verpflichtet, die Daten gesperrter Spielerinnen und Spieler auszutauschen. Es geht dabei grundsätzlich um Personendaten nach Artikel 5 Buchstabe a Datenschutzgesetz vom 25. September 2020 (DSG)22. Zusätzlich wird das Ausstellungsdatum der Sperre ausgetauscht, weshalb umfassend von Daten gesprochen wird. Von der Austauschpflicht erfasst werden sowohl die Daten aller bereits gesperrten Spielerinnen und Spieler als auch der nach Inkrafttreten des Abkommens neu gesperrten Personen (vgl. Art. 12). Der Austausch bezweckt, dass die Veranstalterinnen von Geldspielen den in der Schweiz beziehungsweise in Liechtenstein gesperrten Spielerinnen und Spielern den Zugang auch im anderen Land verweigern.

Damit wird der Sozialschutz über die Grenze hinaus verstärkt.

22

SR 235.1

9 / 16

BBl 2023 2576

Der Datenaustausch hat unverzüglich zu erfolgen. Die Veranstalterinnen von Geldspielen, die eine Sperre ausgesprochen haben, müssen diese entsprechend sofort mitteilen, d.h. ohne schuldhaftes Verzögern.

Die Verantwortung für die Umsetzung des Austausches tragen die Spielbanken und Veranstalterinnen von Grossspielen. Die technische und organisatorische Ausgestaltung wird somit ihnen überlassen.

Denkbar für die Umsetzung des Datenaustausches sind verschiedene Modelle: Infrage kommt die Schaffung einer elektronischen Schnittstelle, worüber die Sperrlisten beider Länder gegenseitig ausgetauscht werden. Das bedeutet, dass die Veranstalterinnen von Geldspielen neben der nationalen Sperrliste zusätzlich immer die vom anderen Land mitgeteilte Liste konsultieren müssen. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass sich die liechtensteinischen Veranstalterinnen von Geldspielen dem Schweizer Sperr-System (VETO) anschliessen. Die datenschutzrechtlichen Vorschriften müssen dabei beachtet werden. Insbesondere dürften die liechtensteinischen Veranstalterinnen von Geldspielen nur auf die im Abkommen genannten Daten Zugriff haben (Art. 5 Abs. 2).

Das Sperrregister wird zum Schutz der gefährdeten Spielerinnen und Spieler geführt.

Die dazugehörige Datenbearbeitung erfolgt entsprechend zum Zweck des Sozialschutzes (Art. 71 BGS) und somit im Rahmen der Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe. Demzufolge kommen die Artikel 33 bis 42 DSG zur Anwendung. Artikel 5 des Abkommens stellt dabei die notwendige gesetzliche Grundlage für eine Datenbekanntgabe der schweizerischen Veranstalterinnen von Geldspielen an ihre liechtensteinischen Pendants dar.

Das Abkommen hält in Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben a­d zudem fest, welche Datenkategorien ausgetauscht werden: Name und Vorname, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Ausstellungsdatum der Sperre. Das Abkommen zählt somit zwei Kategorien weniger auf als die Geldspielverordnung (vgl. Art. 85 Abs. 1 VGS). Die Art und der Grund der Sperre werden den Veranstalterinnen von Geldspielen des anderen Landes nicht mitgeteilt. Diese Angaben sind nicht zwingend notwendig für die korrekte Umsetzung der Spielsperren im anderen Land. Entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit beziehungsweise der Datensparsamkeit sind diese Angaben deshalb nicht Teil des grenzüberschreitenden
Datenaustausches. Es geht darum, eindeutig die Identität einer gesperrten Person feststellen zu können. In gewissen Fällen ist die Kenntnis über die Staatsangehörigkeit dazu notwendig. Soweit Schweizer Veranstalterinnen von Geldspielen die Sperre aussprechen, sind sie weiterhin verpflichtet, alle Daten gemäss Artikel 85 Absatz 1 VGS zu erfassen, jedoch werden sie nicht vollständig den liechtensteinischen Veranstalterinnen von Geldspielen mitgeteilt.

Sobald eine Spielsperre aufgehoben wird, dürfen die Daten der betroffenen Person den anderen Spielbanken oder Veranstalterinnen von Grossspielen grundsätzlich nicht mehr zugänglich sein. Die Veranstalterinnen von Geldspielen dürfen deshalb Daten einer Spielerin oder eines Spielers, deren Spielsperre aufgehoben wurde, nicht mehr mitteilen. Je nach gewählter Umsetzung reicht aber die Nichtmitteilung nicht aus, sondern es muss die Löschung der Daten zusätzlich aktiv kommuniziert werden, damit diese auch im anderen Land realisiert wird. Auch die Löschung hat unverzüglich zu erfolgen.

10 / 16

BBl 2023 2576

Art. 6

Register

Die Umsetzung des Datenaustausches in der Praxis wird den Veranstalterinnen von Geldspielen überlassen. Mit Artikel 6 wird die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass dieser Austausch über ein gemeinsames Register stattfinden könnte, wenn sich dies als die tauglichste Möglichkeit erweist.

Art. 7

Anerkennung und Anwendung der Spielsperren

Zentral für die Umsetzung des vom Abkommen angestrebten Datenaustausches ist, dass die Spielbanken und Veranstalterinnen von Grossspielen die Spielsperre des jeweils anderen Landes anerkennen und anwenden. Eine von einer Schweizer Veranstalterin von Geldspielen gesperrte Person darf nicht in einer Liechtensteiner Spielbank spielen und eine in Liechtenstein gesperrte Person darf nicht bei einer Schweizer Veranstalterin von Geldspielen spielen. Entsprechend wird eine Pflicht zur Anerkennung und Anwendung im Abkommen festgehalten.

Art. 8

Informationspflicht der Veranstalterinnen und Veranstalter von Geldspielen

Die Schweizer Veranstalterinnen von Geldspielen müssen die Spielerinnen und Spieler, die sie ab Inkrafttreten des Abkommens sperren, darüber informieren, dass die Spielsperre auch in Liechtenstein gilt. Dies gilt umgekehrt auch für die liechtensteinischen Veranstalterinnen von Geldspielen.

Artikel 8 nimmt die Informationspflicht von Artikel 80 Absatz 6 BGS auf und weitet sie auf den grenzüberschreitenden Kontext aus. Damit wird sichergestellt, dass auch Spielerinnen und Spieler mit Wohnsitz in der Schweiz, die bisher einzig in einem liechtensteinischen Casino gesperrt wurden, über die Ausweitung der Spielsperre informiert werden.

Nicht geregelt werden damit datenschutzrechtliche Informationspflichten, die nach dem jeweils anwendbaren Recht geprüft werden müssen (Art. 19 und 20 DSG).

Art. 9

Rechte der Spielerinnen und Spieler

Gesperrte Spielerinnen und Spieler können ihren Eintrag im Register bestreiten (Art. 85 Abs. 4 VGS) oder die Aufhebung der Spielsperre verlangen (Art. 81 BGS bzw. Art. 59 der liechtensteinischen Spielbankenverordnung vom 21. Dezember 2010, [SPBV]23). Sie können sich hingegen nicht gegen den innerstaatlichen Datenaustausch wehren, wenn der Eintrag zu Recht besteht. Dies soll gleichermassen für den grenzüberschreitenden Datenaustausch gelten.

Das Recht jeder Person, Auskunft darüber zu erhalten, ob sie betreffende Daten bearbeitet werden, richtet sich nach dem jeweiligen auf die angefragte Veranstalterin anwendbaren Datenschutzrecht. Wird eine Schweizer Spielbank oder eine Veranstalterin von Grossspielen angefragt, richtet sich das Auskunftsrecht nach Artikel 25 DSG.

23

LGBI-Nr. 2010.439, abrufbar unter: www.gesetze.li/konso/2010.439, Stand: 06. Juni 2023.

11 / 16

BBl 2023 2576

Jede Person kann demnach Auskunft darüber verlangen, ob sie im Sperrregister verzeichnet ist.

Aus den nationalen Gesetzgebungen können sich weitere Rechte der Spielerinnen und Spieler ergeben, die mit der vorliegenden Bestimmung nicht eingeschränkt werden sollen.

Art. 10

Datenschutz

Der anvisierte Datenaustausch zwischen der Schweiz und Liechtenstein genügt den Voraussetzungen für die grenzüberschreitende Datenbekanntgabe gemäss den Artikeln 16 und 17 DSG, da Liechtenstein eine angemessene Datenschutzgesetzgebung gewährleistet (Anhang 1 der Datenschutzverordnung vom 31. August 2022 [DSV]24).

Für die Befolgung der Datenschutzbestimmungen sind die Veranstalterinnen von Geldspielen verantwortlich, welche die Sperre aussprechen, die Daten abrufen oder anderweitig bearbeiten. Insbesondere müssen sie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Art. 6 Abs. 2 DSG) und die Zweckbindung (Art. 6 Abs. 3 DSG) berücksichtigen, für die Richtigkeit der Daten sorgen (Art. 6 Abs. 5 DSG) und die Datensicherheit gewährleisten (Art. 8 DSG).

Die Aufbewahrungsdauer muss aus Schweizer Sicht grundsätzlich nicht geregelt werden. Die Spielsperre gemäss BGS ist nicht an eine Frist gebunden. Wird jemand gesperrt, so gilt die Sperre so lange, bis die Voraussetzungen für die Aufhebung gegeben sind, beispielsweise, weil die gesperrte Person es verlangt und die Bedingungen erfüllt sind. Nach der Aufhebung hat nur noch die ursprünglich sperrende Veranstalterin von Geldspielen Zugang zu den Daten. Er ist für deren korrekte Aufbewahrung oder Löschung verantwortlich. Während in Liechtenstein eine fünfjährige Aufbewahrungspflicht gilt (Art. 61 Abs. 1 SPBV), gibt es nach Schweizer Geldspielrecht keine entsprechende Pflicht. Es gelten die allgemeinen Aufbewahrungsregeln.

Die Daten zum Ausschluss nach Artikel 42 VGS müssen jedoch vier Jahre nach der Erfassung gelöscht werden (Art. 42 Abs. 3 VGS). Die Veranstalterinnen von Geldspielen müssen deshalb nach Ablauf der Vierjahresfrist für die korrekte Löschung sorgen, damit keine grenzüberschreitende Mitteilung mehr stattfindet, sowie, je nach gewählter Umsetzung, aktiv die Löschungen kommunizieren, die dann unverzüglich umzusetzen sind (vgl. Art. 5 Abs. 3).

Art. 11

Folgen bei Verstössen

Das Abkommen muss die Rechtsfolgen für die Spielbanken und Veranstalterinnen von Grossspielen festlegen, welche die Pflicht zum Austausch der Daten nicht oder nicht richtig erfüllen, oder Spielsperren des anderen Vertragsstaates nicht anerkennen oder anwenden.

Wird in der Schweiz die innerstaatliche Pflicht zum Datenaustausch verletzt oder werden Spielsperren nicht richtig angewendet, ergreifen die Aufsichtsbehörden die notwendigen Verwaltungsmassnahmen (Art. 98 und 108 BGS) oder sprechen Verwaltungssanktionen aus (Art. 100 und 109 BGS). Im Fall eines schwerwiegenden 24

SR 235.11

12 / 16

BBl 2023 2576

Verstosses ist bei Spielbanken unter Umständen auch der Konzessionsentzug oder deren Einschränkung möglich (Art. 15 Abs. 2 und 3 BGS).

Die Bestimmungen beziehen sich grundsätzlich auf Verstösse gegen das nationale Recht, schliessen internationales Recht aber nicht aus, da die Schweiz bei der Umsetzung des internationalen Rechts das monistische System verfolgt (vgl. Ziff. 3.2). Zum Zeitpunkt der Erarbeitung des Geldspielgesetzes gab es neben der Magglinger-Konvention vom 18. September 201425, die darin umgesetzt wurde,26 keine internationalen Abkommen, die ausdrücklich hätten berücksichtigt werden können. Im Hinblick auf das Legalitätsprinzip ist eine Klarstellung aber wünschbar. Der in Artikel 11 enthaltene Verweis auf das anwendbare Recht schafft somit Rechtssicherheit und erleichtert den Rechtssuchenden das Verständnis betreffend die Rechtsfolgen bei einem Verstoss gegen die Pflichten des Abkommens.

Art. 12

Übergangsbestimmung

Die Ausdehnung der Spielsperre auf das jeweils andere Land gilt für alle bereits gesperrten Spielerinnen und Spieler ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens, unabhängig vom Sperrgrund. Demnach betrifft dies auch Spielsperren, die auf Gesuch der Spielerin oder des Spielers ausgesprochen wurden.

Entsprechend sollen grundsätzlich auch die bereits gesperrten Spielerinnen und Spieler darüber informiert werden, dass die Spielsperre auf Liechtenstein beziehungsweise auf die Schweiz ausgedehnt wird. Dabei ist aber einerseits zu berücksichtigen, dass die Öffentlichkeit durch das Vernehmlassungsverfahren und die Medienberichterstattung, beispielsweise in Zusammenhang mit der Behandlung der Vorlage im Parlament, über den Staatsvertrag informiert wurde. Andererseits werden die Kontaktangaben, insbesondere von Spielerinnen und Spielern, die vor langer Zeit gesperrt wurden, nicht mehr in allen Fällen aktuell sein und eine Benachrichtigung kann sich als schwierig erweisen. Soweit die Personen aber mit verhältnismässigem Aufwand ausfindig gemacht werden können, sind sie über die Ausdehnung zu informieren.

Wenn eine Veranstalterin von Geldspielen nicht alle von ihr gesperrten Spielerinnen oder Spieler erreichen kann, sorgt sie zumindest für eine angemessene Information über ihre üblichen Kommunikationskanäle (Homepage, X, etc.).

Im Rahmen der Vernehmlassung wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, dass dies die Gelegenheit wäre, die Sperrlisten zu bereinigen. Ein entsprechendes Vorgehen der Spielbanken und Veranstalterinnen von Grossspielen wäre begrüssenswert und grundsätzlich wohl datenschutzrechtlich notwendig. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang der Grundsatz der Richtigkeit der Daten. Wer Daten bearbeitet, muss sich über deren Richtigkeit vergewissern und alles unternehmen, damit die Daten berichtigt, gelöscht oder vernichtet werden (Art. 6 Abs. 5 DSG).

25 26

SR 0.415.4 BBl 2015 8387, 8405

13 / 16

BBl 2023 2576

Art. 13

Geltungsdauer und Kündigung des Abkommens

Das Abkommen soll für unbestimmte Zeit gelten, jedoch kündbar sein. Es enthält entsprechend eine Kündigungsbestimmung. Sollte sich die Rechtslage in einem der beiden Staaten ändern, zum Beispiel weil die Geldspiele verboten werden, muss das Abkommen gekündigt werden können. Solange in beiden Ländern die Regelung in Bezug auf die Spielsperren gilt, solange soll auch der Datenaustausch im Sinne des Sozialschutzes weitergeführt werden. Eine Befristung wäre daher nicht sinnvoll.

Art. 14

Inkrafttreten

In diesem Artikel wird das Inkrafttreten geregelt. Da keine festen Regeln für das Inkrafttreten von Abkommen bestehen, ist der Wille der Parteien entscheidend.

Diese einigten sich darauf, dass das Abkommen 60 Tage nach der Mitteilung der Vertragsstaaten, dass die innerstaatlichen Voraussetzungen erfüllt sind, in Kraft tritt. Für die Schweiz bedeutet dies, dass der Bundesrat Liechtenstein schriftlich mitteilt, sobald das interne Verfahren für das Inkrafttreten abgeschlossen ist, folglich nachdem die Bundesversammlung das Abkommen genehmigt und den Bundesrat zur Ratifikation des Vertrages ermächtigt hat und die Referendumsfrist abgelaufen ist. Das Datum des Empfangs der letzten Notifikation ist dabei ausschlaggebend.

5

Auswirkungen

5.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen für den Bund und die Kantone

Das vorliegende Abkommen hat keine finanziellen oder personellen Auswirkungen auf den Bund oder die Kantone. Die Umsetzung des Abkommens obliegt unmittelbar den Spielbanken und den Grossspielveranstalterinnen in der Schweiz. Der Bund - konkret die ESBK - beaufsichtigt die Spielbanken betreffend die Einhaltung der Geldspiel- und Konzessionsvorschriften. Eine Ausweitung des Datenaustausches auf die in Liechtenstein gesperrten Spielerinnen und Spieler wird keinen grösseren Aufsichtsaufwand bei der ESBK generieren. Sie wird weiterhin die korrekte Umsetzung der Vorgaben in den Schweizer Spielbanken - landbasiert oder online - prüfen. Ob der Datenaustausch zu den Spielsperren innerschweizerisch oder grenzüberschreitend stattfindet, spielt für den Aufsichtsaufwand keine entscheidende Rolle. Dasselbe dürfte für die interkantonale Geldspielaufsicht gelten, welche die Grossspielveranstalterinnen beaufsichtigt. Möglich ist vereinzelt ein Zusatzaufwand, wenn der Austausch nicht funktioniert und allfällige Massnahmen oder Sanktionen notwendig werden.

Für die Veranstalterinnen von Geldspielen, die diesem Abkommen unterstehen, wird die Umsetzung des Datenaustausches zu Beginn zu einem überschaubaren Zusatzaufwand führen. Die Kosten für den Aufbau einer standardisierten elektronischen Schnittstelle müssen von den Veranstalterinnen von Geldspielen beider Länder getragen werden und können entsprechend zwischen ihnen aufgeteilt werden.

Nach dieser Initialphase ist für die Veranstalterinnen von Geldspielen nicht mit Mehraufwand zu rechnen.

14 / 16

BBl 2023 2576

Es ist offensichtlich, dass die Vorlage keine spezifischen Auswirkungen auf Gemeinden, urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete hat. Die entsprechenden Fragen wurden daher nicht vertieft untersucht.

5.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Es sind keine relevanten Auswirkungen auf die Volkswirtschaft zu erwarten. Die in Liechtenstein gesperrten Spielerinnen und Spieler, die aufgrund des Abkommens auch bei Schweizer Veranstalterinnen von Geldspielen nicht mehr spielen dürfen, werden in Bezug auf den Bruttospielertrag kaum ins Gewicht fallen. Dementsprechend sind keine Auswirkungen auf die Spielbankenabgabe an die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung zu erwarten (Art. 119 BGS).

5.3

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die in der Schweiz gesperrten Spielerinnen und Spieler, die durch das Abkommen nicht mehr in Liechtenstein spielen können, erfahren einen zusätzlichen Schutz. Unter Umständen kann mit dieser Regelung die Fallzahl von Verschuldungen aufgrund von Spielsucht in den grenznahen Gebieten reduziert werden.

5.4

Auswirkungen auf die Umwelt

Es ist offensichtlich, dass aufgrund dieses Abkommens keine Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind; die entsprechende Frage wurde daher nicht detailliert untersucht.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (vgl. Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 [ParlG]27; Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 [RVOG]28) oder das Abkommen von beschränkter Tragweite ist (Art. 7a Abs. 2 RVOG). Im vorliegenden Fall besteht keine (spezial-)gesetzliche Grundlage zum selbstständigen Abschluss des Abkommens 27 28

SR 171.10 SR 172.010

15 / 16

BBl 2023 2576

durch den Bundesrat: Die Bestimmungen der Artikel 103 und 112 BGS (internationale Amtshilfe) genügen dazu nicht. Ausserdem ist das Abkommen nicht von beschränkter Tragweite, da es wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthält; es ist daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum unterstellt (Art. 7a Abs. 4 Bst. a RVOG, vgl.

Ziff. 6.3). Das Abkommen mit Liechtenstein ist demzufolge der Bundesversammlung zur Genehmigung zu unterbreiten.

6.2

Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Das Abkommen fügt sich in die bilateralen Beziehungen mit Liechtenstein ein und ist insbesondere mit dem Zollvertrag vereinbar. Darüber hinaus hat die Schweiz keinen internationalen Vertrag im Geldspielbereich abgeschlossen.

6.3

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 ParlG sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten. Der vorliegende völkerrechtliche Vertrag enthält wichtige und rechtsetzende Bestimmungen. Er auferlegt den Veranstalterinnen von Geldspielen Pflichten und verleiht den Spielerinnen und Spielern Rechte. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Vertrags ist deshalb dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

6.4

Datenschutz

Da es sich beim geplanten Datenaustausch primär um Personendaten gemäss Artikel 5 Buchstabe a DSG handelt, wurde der Einhaltung der Datenschutzvorgaben besonderes Gewicht beigemessen. Die Regelung des Austauschs der Daten der gesperrten Spielerinnen und Spieler zwischen der Schweiz und Liechtenstein genügt den Voraussetzungen für die grenzüberschreitende Datenbekanntgabe gemäss den Artikeln 16 und 17 DSG, da Liechtenstein eine angemessene Datenschutzgesetzgebung gewährleistet (vgl. Anhang 1 DSV).

16 / 16