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Schweizerisches Bundesblaft.

XXVI. Jahrgang. III

Nr. 45.

17. Oktober 1874.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k u n g s g e b ü h r per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdruckerei in Bern.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Erlassung eines Gesezes über die Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes und die Ehe.

(Vom 2. Oktober 1874.)

Tit. !

Der Gesezentwurf, welchen wir Ihnen vorzulegen die Ehre haben, ist auf der einen Seite weniger ins Einzelne gehend, andrerseits umfangreicher als andere Spezialgeseze über diesen Gegenstand.

Der Grund, warum gerade diese Materien, welche der Entwurf enthält, in denselben aufgenommen und gerade in diesem Umfang behandelt wurden, liegt in der Art, wie der Bundesgesezgebung ihre Aufgabe und Kompetenz durch die neue Bundesverfassung abgegrenzt ist.

Diese Aufgabe war in der Hauptsache: die Grundsäze durchzuführen, welche in verschiedenen Artikeln der Bundesverfassung zur Sicherung des R e c h t e s zur Ehe aufgestellt sind, unter welchen im Vordergründe steht die Beseitigung der Beschränkungen bürgerlicher Rechte durch kirchliche Vorschriften.

Gestatten Sie uns, in einem kurzen historischen Rükblik nachzuweisen, wie jene Hauptaufgabe zur Aufstellung der Grundsäze geführt hat, welche in dem vorliegenden Entwurf entwikelt sind.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. III.

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Den ersten Anstoß in dieser Frage gaben einige reformirte Kirchenbehörden, welche in den Jahren 1858 bis 1862 einen ,,Entwurf eines Konkordates, betreffend die Verehelichung von Brautleuten aus zwei verschiedenen Kantonen" ausarbeiteten und uns behufs weiterer Verfolgung der Sache übergaben. Dieser Entwurf beabsichtigte weiter nichts, als die zahllosen Schreibereien, welche bei Heiraten von Angehörigen verschiedener Kantone erforderlich sind, auf das Nothwendige zurükzuführen und einige Gleichförmigkeit in demselben zu erzielen.

Auch die Konkordatsverhandlungen, welche hierauf unter dem Präsidium des eidgenössischen Justizdepartements von den Abgeordneten sämmtlichcr eidgenössischer Stände geführt wurden und am 21. Dezember 1866 zu einem Konkordatsentwurfe führten, bewegten sich auf diesem Boden.

Als aber einige Kantonsregierungen und verschiedene Stimmen in der Presse darauf aufmerksam machten, daß eine bloße Vereinfachung der Formalitäten nicht genüge, und als vollends die eidgenössischen Räthe durch das Postulat vom 10. Juli 1867 den Bundesrath einluden, ,,ernstlich dahin zu wirken, daß die Frage betreffend die Beseitigung der den Heiraten von Schweizern in ihrem Heimatkanton wie im Auslande entgegenstehenden Hindernisse in einem ausgedehnten und liberalen Sinne, gelöst werde11, da nahm die Sache in der Konferenz eine entschiedenere Wendung, und das umsomehr, da man ziemlich allgemein der Ansicht war, daß wegen mangelnder Kompetenz des Bundes nur auf dem Wege des Konkordats geholfen werden könne. Wirklich verständigte sich die Konferenz schon im Dezember 1867 über einen neuen Konkordatsentwurf, welcher dem Gesezgebungsrecht der Kantone auch in materieller Beziehung wesentliche Konzessionen zumuthete. Es sind dies folgende: Vor Allem xvurde unstatthaft erklärt, das Recht zur Eingehung der Ehe vom Nachweis eines bestimmten Vermögens oder Einkommens abhängig zu machen, insofern die Verlobten arbeits- und erwerbsfähig sind.

Ferner wurde das Maximum der von den Brautleuten zu beziehenden Taxen oder Einkaufsgelder auf die Summe von Fr. 30 reduzirt.

Die Rükerstattung von Armensteuern, insofern sie den Verlobten zur Erziehung oder Erlernung eines Berufs oder in Krankheitsfällen verabreicht worden sind, wurde abgeschafft. Eine im Auslatide nach dortiger gesezlicher Form geschlossene Ehe wurde gültig erklärt, sofern ihr kein durch die Geseze des Heimatkantons

vorgesehenes materielles Ehehinderniß im Wege stand; sie durfte daher wegen Außerachtlassung der in der Heimat des Ehegatten gesezlich vorgeschriebenen Formen (z. B. wegen unterlassener Verkündigungen, Nichteinholung amtlicher Bewilligung u. s. w.) nicht ungültig erklärt werden, sondern war nach Vorweisung des Trauakts und Bezahlung der Einzugsgelder in das Zivilstandsregister der Heimatgemeinde einzutragen.

Durch den Abschluß der Ehe sollte die Frau das Bürgerrecht des Ehemannes erhalten; die Bürgerrechtszusicherungen und Bürgerrechtsentlassungen wurden fallen gelassen.

Vorehelich geborene Kinder erhielten durch Verehelichung der Eltern die Rechte ehelicher Kinder.

Dieser Konkordatsentwurf wurde einzig von den Behörden des Kantons Bern ratifizirt. Nicht, als ob .sich von Seite der andern Kantone besondere Opposition gegen dessen Inhalt geltend gemacht hätte; es waren wohl mehr die leidige Erfahrung, daß auf dem Konkordatswege nichts für die ganze Schweiz Gültiges zu erreichen sei, und die Hoffnungen auf die im Jahr 1869 von Neuem in Angriff genommene Buudesrevision an dem Scheitern des Korkordates Schuld.

Der Bundesrath, welcher den Entwurf einer neuen Bundesverfassung auszuarbeiten hatte und unterrn 17. Juni 1870 auch vorlegte, schlug nun folgenden Eheartikel (Art. 43a) vor: ,,Das Recht zur Ehe wird unter den Schuz des Bundes gestellt.

,,Dasselbe darf nicht beschränkt werden aus ökonomischen Rüksichten oder aus Rüksicht auf das bisherige Verhalten, oder aus andern polizeilichen Gründen.

,,Die in einem Kantone nach seiner Gesezgebung abgeschlossene Ehe soll im Gebiete der ganzen Eidgenossenschaft als Ehe anerkannt werden.

,,Durch den Abschluß der Ehe erwirbt die Frau das Heimatrecht des Mannes.

,,Durch die nachfolgende Ehe der Eltern werden vorehelich geborene Kinder derselben legitiinirt.

,,Jede Erhebung von Brauteinzugsgebühren oder andern ähnlichen Abgaben ist ferner unzuläßig."In diesen Anträgen erkennen wir sofort die Trümmer des gescheiterten Konkordates wieder. Wir sehen aber auch, daß sich der Bundesrath mit den Forderungen des Konkordates nicht begnügen wollte; dieselben erscheinen hier nur als die Konsequenzen

des an die Spize des Eheartikels gestellten allgemeinen Sazes: ,,Das Recht zur Ehe wird unter den Schuz des Bundes gestellt.1Die Vorlage des Bundesrathes enthielt aber noch andere solche allgemeine Säze, welche ebenfalls auf die Ehe Bezug haben: Art. 44, 2. Alinea: .,,Niemand darf in der Ausübung bürgerlicher oder politischer Rechte um des Glaubensbekenntnisses willen beschränkt oder zur Vornahme einer religiösen Handlung verhalten werden."

Art. 53, 2. Alinea : ,, Auch kann Niemand verhalten werden, sich in Ehesachen einer geistlichen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen/ Mochte auch der Buudesrath in seiner Botschaft erklären, daß nach der Annahme dieser Verfassungsartikel der Erlaß weiterer Geseze für den Bund nicht nothwendig sei, sondern das Eherecht der kantonalen Gesezgebung überlassen bleibe : im Grunde waren jezt alle kantonalen Ehebeschränkungen in Frage gestellt.

Kein Wunder, daß bei den Revisionsverhandlungen in den Räthen einem Geseze über die Zivilstandsregister, ja von einer Minderheit auch der obligatorischen Zivilehe gerufen wurde.

Die Anträge des Bundesrathes fanden fast unveränderte Aufnahme in dem neuen Verfassuugsentwurf vom 5. März 1872, nur das 3. Lemma des Art. 50 (Eheartikel) erhielt folgende Erweiterung : ,,So lange nicht die B u n d e s g e s e z g e b ung (Art. 55) ü b e r die E r f o r d e r n i s s e zur E i n g e h u n g der Ehe b e s o n d e r e V o r s c h r i f t e n a u f g e s t e l l t h a t , soll die in einem Kantone oder im Auslande nach der dort; geltenden Gesezgebung abgeschlossene Ehe im Gebiete der Eidgenossenschaft als Ehe anerkannt werden."1 Art. 55 aber machte die Gesezgebung über das ganze Zivilrecht zur Bundessache.

Der Revisionsentwurf vom 5. März 1872 wurde bekanntlich von der Mehrheit des Volkes und der Kantone verworfen.

Gleichwohl reproduzirte der Bundesrath in seinen neuen Anträgen vom 4. Juli 1873 wörtlich den Eheartikel vom 5. März 1872 und die Kommissionen des Nationalrathes und des Ständerathes stimmten ihm bei. Auch der Nationalrath selbst nahm den Art. 50 (Eheartikel) unverändert an; als er aber Art. 55 (Rechtseinheit) behandelte, ließ er die Unifikation der Gesammtheit des Zivilrechts und namentlich des Eherechts fallen, und ebenso der Ständerath, was natürlich zur Folge hatte, daß das dritte Lemma des Art. 50 (Eheartikel) wieder die frühere Form erhielt:

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,,Die in einem Kantone oder im Auslande nach der dort geltenden Gesezgebung abgeschlossene Ehe soll im Gebiete der Eidgenossenschaft als Ehe anerkannt werden.a Troz dieser Abschwächung des Lemma 3 des Eheartikels behält der Eingang desselben seine volle Kraft: das Recht zur Ehe steht unter dem Schuze des Bundes.

Ja, es hat die Idee der Bundesgesezgebung in Ehesachen überdies nach einer andern Richtung bedeutend an Terrain gewonnen.

Bei Behandlung der kirchenpolitischen Fragen wurde nicht allein so zu sagen widerspruchslos der vom Bundesrathe vorgeschlagene Saz angenommen: ,,Die Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes ist Sache der bürgerlichen Behörden", sondern es wurde demselben, um dem Bunde, die Befugniß zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen zu wahren, noch der Zusaz beigefügt: ,,Die Bundesgesezgebung wird hierüber die nähern Bestimmungen treffen." (Art. 53.)

Die Tragweite dieses Artikels war Niemanden verborgen. Schon in seiner Botschaft vom 4. Juli 1873 (S. 3) hatte der Bundesrath erklärt, daß derselbe über den Entwurf vom 5. März 1872 hinausgehe. ,,Wenn die von uns beantragten Grundsäze angenommen werden, so m u ß d i e E h e a l s b ü r g e r l i c h e r V e r t r a g von jeder religiösen C é r é m o n i e u n a b h ä n g i g gemacht werden. Wir halten dafür, daß bei dieser Ordnung alle Bürger gleich behandelt werden müssen. Wir könnten nicht zugeben, daß diejenigen, welche eine Zivilehe eingehen, eine besondere Klasse bilden, und daß die Ceremonien, zum Zweke, den Zivilvertrag perfekt zu machen, je nach den religiösen Ueberzeugungen der Betheiligten verschieden seien. Wir sind der Ansicht, daß für Alle dieselbe Regel gelten soll, und wir sprechen uns demzufolge, nach dem Beispiele verschiedener Nachbarstaaten, für die o b l i g a t o r i s c h e Z i v i l e h e aus. Wenn Alles, was auf den Zivilstand Bezug hat, vom religiösen Gebiet gesondert werden muß, so geht es nicht an, daß der Priester einer Religion dem bürgerlichen Akte der Verehelichung seine gesezliche Sanktion verleihe. Der religiöse Akt bleibt frei; derselbe hat aber keine bürgerlichen Wirkungen."

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Die durch die neue Verfassung geschaffene Situation ist also folgende: Es ist ein Gesez über die Feststellung und Beurkundung des Civilstandes zu erlassen; in demselben ist für die Eheschließung eine für Alle verbindliche gleiche Form: die obligatorische Civilehe, aufzustellen. Der Bund hat ferner das Recht zur Eingehung der Ehe überhaupt zu sichern, also dafür zu sorgen, daß dasselbe nicht durch kantonale Heiratsrequisite geschmälert werde.

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In welcher Form er dieser leztern Forderung nachzukommen habe, ist nicht gesagt. Man wird es nicht als absolut nothwendig, aber auch nicht als unzuläßig erklären können, daß der Bund bei dieser Gelegenheit, wo ur die Form der Eheschließung gesezlich normirt, auch die materiellen Heiratsrequisite bezeichnet, welche nach der neuen Verfassung noch zuläßig sind.

Welche Stellung kommt aber unserm Geseze zu gegenüber den beiden Ausnahmsgesezen vom 3. Dezember 1850 und §. Februar 1862, welche die Bundesversammlung zu Gunsten der gem i s c h t e n Ehen erlassen hat? Dasjenige vom S.Dezember 1850 betreffend die Schließung der gemischten Ehen wird jedenfalls durch unser Gcsçz überflüssig; dasjenige vom 3. Februar 1862, welches von der Trennung der gemischten Ehen handelt, sollte wohl auch dahinfallen, und es kann dahinfallen, wenn wir auch bezüglich der Scheidung und Nichtigerklärung der Ehe die in der neuen Bundesverfassung liegenden Grundsäze konsequent durchführen. Und daß dies mittels desselben Gesezes geschehen kann, welches die Schließung der Ehe regelt, ist vom Nationalrathe bereits erklärt worden durch die am 24. Juni d. J. erfolgte Annahme der Motion der Herrn Haller und Genossen : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, einen Gesezesvorschlag vorzulegen, welcher die Form der Eingehung und der Trennung der Ehe festsezt (Art. 49, 53 und 54 der Bundesverfassung).a Nachdem wir hiemit die Materien bezeichnet haben, welche wir zu normiren, und zwar, wenn immer möglich, in Einem Geseze zu normiren haben, wenden wir uns zu den einzelnen Abschnitten dieses Gesezes selbst, um die Erwägungen, welche uns bei der Redaktion geleitet haben, in Kürze darzulegen.

A. Allgemeine Bestimmungen.

(Art. 1-12.)

Von weltlichen Beamten geführte Civilstandsregister und obligatorische Civilehe sind eingeführt in Frankreich, Belgien, Holland, den linksrheinischen deutschen Provinzen nebst Frankfurt, England (hier nur weltliche Civilstandsbèamte neben kirchlicher Trauung, leztere durch erstere kontrolirt), Italien, Großherzogthum Baden und Preußen, in der Schweiz in den Kantonen Genf, Neuenburg, Tessin, Basel-Stadt, St. Gallen (weltliche Civilstandsbèamte neben obligatorischer kirchlicher Ehe). Sollte man nicht glauben, es könne nach so vielen Vorgängen mit Leichtigkeit ein für die ganze Schweiz geltendes Gesez über Civilstandsregister und Civilehe aufgestellt

werden? Und doch ist dem durchaus nicht also, vielmehr hat die Aufstellung eines solchen Gesezes für die ganze Schweiz mit Schwierigkeiten zu kämpfen, wie in keinem der genannten Staaten und Kantone. Wir meinen nicht Schwierigkeiten, welche im konfessionnellen oder politischen Parteigeist ihren Ursprung haben, indem wir der Ueberzeugimg leben, daß die Anerkennung des mit großer Majorität ausgesprochenen Volkswillens der neuen Bundesverfassung in nicht geringerem Maße werde zu Gute kommen, wie derjenigen von 1848; wir meinen vielmehr jene Schwierigkeiten, welche nothwendiger Weise mit dem Unistande verbunden sind, daß neben der eidgenössischen Administration noch kantonale Behörden und zwar sehr ungleich organisirte, mit ungleichen Kompetenzen ausgerüstete kantonale Behörden bestehen, welche auf diesem Gebiete ebenfalls in ihrer Weise mitzuwirken haben.

Unsere Stellung beim Erlaß eines solchen Gesezes ist daher eine wesentlich andere als diejenige der genannten Länder und Kantone; am -ehesten kann dieselbe verglichen werden mit derjenigen des deutschen Reichs, welcher, obgleich er schon am 19. Juni 1872 den Erlaß eines Gesezes über Einführung der obligatorischen Civilehe und über Ordnung der Civilstandsregister beschlossen hat, dennoch bis heute mit dieser Frage zu keinem Abschluß gelangen konnte.

Obschon die Bundesversammlung nicht allein die unzweifelhafte Kompetenz, sondern auch den Auftrag hat, die fragliche Materie gesezlich zu regeln, so wird es ihr doch in matochem einzelnen Fall schwer werden, den in der Verfassung enthaltenen Grundsäzen einen erschöpfenden und genügenden Ausdruk zu geben, ohne dem Civilrecht oder dem Prozeßverfahren des einen oder des andern Kautons zu nahe zu treten.

Wir werden daher, eben in Berüksichtigung der Kompetenzfrage und im Hinblike auf die Vielgestaltigkeit unserer staatlichen und kommunalen Verhältnisse in der Schweiz, uns nicht erlauben, eingehendere Vorschriften aufzustellen über die Größe der Civilstandsbeamtenkreise und die Art ihrer Abgrenzung, noch auch in Bezug auf die Wahl, die Besoldung und die Beaufsichtigung der Civilstaridsbeamten und der in Abhaltungsfällen nöthigen Stellvertreter derselben, noch auch, wenigstens nicht bis in alle Einzelnheiten hinein, in Beziehung auf die Zahl der für die verschiedenen Behörden der Gemeinden oder des Staates
nöthigen Kopien und Auszüge, die Beweiskraft dieser Bücher und die Ersezung der fehlenden Urkunden oder Daten, die Art und Weise, wie nach dem gesezlichen Einschreibungstermin nachträgliche Eintragungen, Ergänzungen und

Berichtigungen rechtsgültig anzubringen seien, die Zeugenfähigkeitr die Aufbewahrung der Akten u. s. u.

Dagegen liegt es ganz entschieden in unserer Aufgabe, vorzusorgen, daß von dem Inkrafttreten des neuen Gesezes an durchweg nicht nur alle den Civilstand betreffenden Eintragungen, sondern auch alle Auszüge von den in der Verfassung gewollten Beamten in einer gewissen Vollständigkeit gemacht werden, daß diese Beamten der ihnen anvertrauten wichtigen Funktionen würdige Männer seien, daß sie die Entschädigung für ihre Bemühungen nicht in für das Publikum drükenden Sportein, sondern hauptsächlich in einer fixen Besoldung finden sollen. Es mußte ferner dafür gesorgt werden, daß troz der den Kantonen zu gestattenden freien Bewegung in der Abgrenzung ihrer Kreise dieselben doch jeweilen den Bundesbehörden bekannt seien; es mußte die Aufgabe der Civilstandsbeamten mit Rüksicht auf unsere schweizerischen Heimatsverhältnissc, ferner mit Beriiksichtigung der dem Bunde obliegenden statistischen Arbeiten festgestellt werden, wodurch nicht ausgeschlossen ist, daß auch die Kantone und die Gemeinden, welche für die Besoldung aufzukommen haben, für ihre speziellen Zweke noch weitergehende Anforderungen stellen können.

B. Besondere Vorschriften über die Führung der Geburtsregister.

(Art. 13--17.)

Bekanntlich kennt die große Mehrheit der Kantone bis jezt keine Geburtsangaben und Geburtsregister, sondern nur Taufangaben und Taufregister, welche lextere Einrichtung eine Menge von Ücbelständen mit sich führte: sehr oft vorkommende Nichteinschreibung von Todtgebornen und ungetauft Verstorbenen, sowie von Kindern der Dissidenten, Einschreibung der aus konfessionellen Gründen in einer andern Gemeinde als in derjenigen des Geburtsorts Getauften in den Registern des Tauforts, unsichere und falsche Geburtsangaben in Folge des langen Aufschubs der Taufe.

Man darf nun von der neuen, von allem Konfessionellen absehenden Einrichtung erwarten und fordern, daß sie diese Mängel beseitige und über alle in der Gemeinde vorkommenden Geburten vollständig und genau Buch führe. Das ist auch der einzige Zwek unserer Anträge.

Dagegen kann es nicht unsere Aufgabe sein, alle diejenigen Fragen, welche in den kantonalen Vorschriften über Geburtsanzeigen

9 (resp. Taufauzeigen) vorkommen mögen, zu beseitigen und durch einheitliche Vorschriften zu ersezen. Wir können dieß schon deßhalb nicht, weil diese Bestimmungen aufs Engste mit dem kantonalen Civilrecht zusammenhängen. Soll z. B. der Vater des unehelichen Kindes eingeschrieben und dem Kinde der Familienname und die Heimat des Vaters ertheilt werden? Dieß ist nach der Gesezgehung mehrerer Kantone geradezu unmöglich ; nach der Gesezgebung anderer Kantone ist es möglich, jedoch nur dann, wenn der Vater innerhalb eines bestimmten Termins das Kind freiwillig anerkennt; wieder andere Kantone gestatten, die sog. Brautkinder ohne Weiteres als ehelich einzutragen. Die Bundesgesezgebung hat keine Veranlaßung, solche Geseze entweder zu beseitigen oder sie auf die ganze Schweiz auszudehnen: sie läßt daher in ihren Vorschriften über die Civilstandsregister die civilrechtüchen Bestimmungen der Kantone fortbestehen. -- Wir haben uns demnach darauf beschränkt, die Angaben zu bezeichnen, welche den Civilstandsbeamten behufs ihrer Eintragung zu machen sind, sowie auch die Personen, von welchen, und die Zeit, innerhalb welcher dieses zu geschehen hat.

C. Besondere Vorschriften über die Führung der Todtenregister.

(Art. 18--22).

Hier war zunächst festzusezen, von wem, und innerhalb welchen Termins, die Todesanzeige zu machen sei. Gerne zwar würden wir auch vorschlagen, es solle, wie z. B. in Frankreich und im Großherzogthum Baden, keine Beerdigung in der Schweiz gestattet, werden ohne vorhergegangene Todtensehau. Noch entschiedener würden wir es begrüßen, wenn, wie dies bereits in den Kantonen Zürich, Basel-Stadt, Neuenburg und Genf vorgeschrieben ist, die Leichenschau durch eine Medizinalperson vorgenommen werden müßte; doch, wir sind uns der Unmöglichkeit, in nnserm oft auf lange Streken von Aerzteu entblößten Berglande solche Maßregeln durchzuführen, wohl bewußt und enthalten uns eines dahin zielenden Vorschlages.

Aber die JMinimiilforderung glauben wir doch machen zu dürfen, daß ohne Genehmigung der Ortspolizeibehörde keine Beerdigung vorgenommen werde ohne vorherige vollständige Anzeige des Todesfalls beim Civilstandsbeamten und Auswirkung der daherigen Bewilligung. Es gilt dies auch für die nach dem sechsten Schwangerschaftsmonat Todtgebornen und für die vor der Geburtsanzeige ge-

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storbenen Lebendgebornen. Es ist wohl selbstverständlich, daß leztere sowohl im Geburts- als auch im Todtenregister einzutragen sind; es muß einmal deutlich zwischen diesen und den Todtgebornen unterschieden werden, damit eine Ausmittlung der Lokalitäten und Berufe, in welchen die Zahl der ' Todtgeburten eine besonders große ist, ermöglicht werden kann.

In Betreff dessen, was in die Register einzutragen sei, kann wohl keine Meinungsverschiedenheit obwalten, einen einzigen Punkt ausgenommen: die T o d e s u r s a c h e , welche bereits in mehreren Kantonen durchgehend eingetragen wird (Zürich, Schwyz, Solothurn, Basel-Stadt, Schaffhausen, Appenzell A. Rh., St. Gallen, Neuenburg).

Eine Ausdehnungö dieser Maßregel auf die Oganze Schweiz wäre O nicht allein für die medizinische Wissenschaft von großem Nuzen, welche ein Interesse hat zu erfahren, wo gewisse, besonders viele Opfer verlangende Krankheiten, wie Lungenschwindsucht, Nervenfieber etc., vorzüglich ihren Siz haben, wo aber nicht; sondern es wird mehr und mehr auch die Bundesadministration selbst sich mit diesen Fragen befassen müssen. Steht doch nach Art. 69 der neuen Bundesverfassung dem Bunde die ""Gesezgebung o o über die gegen gemeingefährliche Epidemien und Viehseuchen zu treffenden gesundheitspolizeilichen Verfügungen" zu. Soll man ihm nicht auch die Möglichkeit verschaffen, die durch solche Epidemien in den verschiedenen Gegenden der Schweiz dahingerafften Menschenleben zu berechnen, überhaupt den Thatbestand zu konstatiren ?

Dieselbe Verfassung gibt aber in Art. 34 dem Bunde das fernere Recht, ,,Vorschriften zum Schuze der Arbeiter gegen einen die Gesundheit und Sicherheit gefährdenden Gewerbebetrieb zu erlassen."

Wenn diese Vorschrift nicht ein frommer Wunsch bleiben soll, so muß auf irgend eine Weise ausgemittelt werden, wie sieh die verschiedenen Gewerbe und Gewerbestätten in Beziehung auf ihre Schädlichkeit zu einander verhalten, indem eine jede Spezialuntersuchung gegen diese oder jene Fabrik eine gehässige Ausnahmsmaßregel wäre, zu welcher man sich nur schwerlich entschließen würde. Welche Aufschlüsse aber allgemeine sanitätsstatistische Nachweise über die zahllosen, durch bloße Nachläßigkeiten und Schlendrian in der öffentlichen Gesundheitspolizei verursachten Verluste der Bevölkerung geben, und wie entsprechende gesezgeberische
und administrative Maßnahmen diese Verluste und Leiden reduziren können, davon hat England in den lezten 26 Jahren ein der Kenntniß und Nachahmung würdiges Beispiel gegeben. Man erschreke dabei nur nicht wegen statistischer Mehrarbeit : es soll den Kantonen keine solche erwachsen; unser Plan ist vielmehr der, den

11 Kantonen noch eine Erleichterung zu verschaffen, indem wir die nach Art. 5, d, von den Civilstandsbeamten gegen Entschädigung zu liefernden statistischen Auszüge durch das eidgenössische statistische Bureau bearbeiten zu lassen gedenken.

D. Besondere Bestimmungen über die Eheschliessung und die Führung der Heiratsregister.

I. Von den zur Eingehung einer Ehe e r f o r d e r l i c h e n Eigenschaften und Bedingungen.

(Art. 23--26.)

Wir sind beim Haupt- und Mittelpunkt unseres Gesezentwurfes angelangt. Denn um den willkürlich aufgestellten Ehehindernissen O

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ein Ende zu machen, wurde gleich das erste Mal, als diese Frage in der Bundesversammlung zur Sprache kam (Juli 1867), der eidgenössischen Intervention gerufen ; um den Erlaß eines Gesezes zu ermöglichen, im Dezember 1869 die B und e s r e vi si o n aufs neue an die Hand genommen und troz eines nochmaligen Scheiterns derselben schließlich zum Ziele geführt. Ein Fingerzeig, daß man hier nicht auf halbem Wege stehen bleiben darf.

Wie schon früher angedeutet, halten wir dieFrage, ob wir uns mit den bezüglichen Bestimmungen der Bundesverfassung begnügen oder auch durch ein Gesez die Konsequenzen derselben ziehen sollen, für eine offene. Das Leztere erscheint aber als das Zwekmäßigere und dann ist hier der passende Anlaß dazu.

Man wird nämlich mit der Interpretation, welche der Bundes» rath hier aufstellt, entweder einverstanden oder nicht einverstanden sein. Ist man mit derselben einverstanden, so ist es wohl besser, sie zu codifieiren, um eine konsequente Durchführung ihrer Grundsäze zu sichern; ist man mit derselben nicht einverstanden, so ist es um so notwendiger, eine andere Interpretation, und zwar auf dem Wege der Gesezgebung, aufzustellen, um Konflikte zwischen der Bundesgewalt und der kantonalen Gesezgebung zu vermeiden.

Unseres Erachtens läßt sich die Befugniß des Bundes, angesichts der Bestimmungen der Artikel 49, 53 und 54 der Bundesverfassung und namentlich des ersten Absazes des leztangeführten Artikels 54, nicht anzweifeln, denn indem das Recht zur Ehe unter den Schuz des Bundes gestellt, die Feststellung und Beurkundung des Civilstandes als Sache der bürgerlichen Behörden erklärt und die diesfällige Gesetzgebung dem Bunde vorbehalten wird, muß dem Bunde

12 auch das Recht zukommen, über die Bedingungen der Eingehung und Trennung der Ehe gcsezgeberische Vorschriften zu erlassen.

Wir gehen zu den Anträgen selbst über. Ihre größte Bedeutung liegt nicht in den hier aufgenommenen, sondern in den weggelassenen, resp. ausgeschlossenen Heiratsrequisit.cn kirchlicher, ökonomischer und polizeilicher Natur. Da diese Requisite durch den klaren Wortlaut der Bundesverfassung ausgeschlossen sind, so ist hierüber kein ferneres Wort nöthig. Auch damit wird man sich leicht einverstanden erklären können, daß eine Ehe nicht wegen einer frühern anderweitigen Verlobung eines der Brautleute gehindert werden kann, nachdem dieser Standpunkt so allgemein von den kantonalen Gesezgebuno-en betreten worden ist.

O O Auch die Artikel 24--2f> unseres Entwurfes repi-oduziren nur, was allgemein als selbstverständlich angesehen wird.

Die Diskussion wird sich daher hauptsächlich mit den Artikeln 23 und 24 beschäftigen, in welchen versucht wird, bezüglich des Alters der Heiratsfähigkeit und Ehemündigkeit und bezüglich der verbotenen Verwandtschaftsgrade etwas Einheitliches aufzustellen,t O nicht um der formellen Einheit willen, sondern um diejenigen Bestimmungen auszuschließen, welche als Hindernisse einer freien Eingehung der Ehe angesehen werden dürfen.

Bezuglich des Minimalalters haben wir uns an die von den Gesezgebungen.

am meisten aufgestellte Vorschrift Ogehalten:i wir O O O geben zu, daß pian noch tiefer gehen kann ; wenn aber auch nach dieser Richtung die freie Entschließung der Individuen gewahrt werden soll, so muß wenigstens eine Vorschrift bestehen, durch welche die Ehe in einem solchen Alter ausgeschlossen wird, in welchem der Wille von der Leitung Anderer noch gänzlich abhängig ist.

Wichtiger ist die Sicherung des freien Willens nach einer andern Seite hin. Man wird kaum bestreitcn, daß das Abhängigmachen der Verehelichung von der Zustimmung der Eltern oder Großeltern durch das Gesez eine Ausdehnung erhalten kann, welche dem allerschwersten Ehehinderniß gleichkommt, und wir glauben, daß z. B. das geltende französische Civilgesez in diesem Falle sich befindet. Es ist daher nothwendig und geboten, dem Art. 54, erstes Alinea der Bundesverfassung nach dieser Richtung hin eine Interpretation zu geben.

Ebensowenig wird man bestreiten, daß die Aufstellung verbotener
Verwandtschaftsgrade nicht allein im kanonischen Rechte, sondern auch in verschiedenen weltlichen Gesezgebungen die Grenze des Notwendigen weit überschreitet, und daß daher die Ehehindernisse dieser Art von Bundes wegen reduzirt werden müssen,

13 ungefähr in dem Grad, wie es von uns vorgeschlagen wird. Man kann freilich einwenden, daß sowohl nach dem kanonischen Rechte, als -auch nach den G-esezen der meisten Kantone Dispensationen in einer solchen Ausdehnung möglich sind, daß schließlich fast bloß noch die Ehen zwischen Asceudenten und Descendenten als absolut ausgeschlossen erseheinen; es ist aber klar, daß diese Art von Erleichterung, abgesehen davon, daß sie sich nicht in allen Kantonen vorfindet, den Reichen vor dem Armen, wohl auch den der Kirche Ergebenen vor dem Andersdenkenden in ungerechter Weise begünstigt, somit verwerflich ist. Wir müssen, wenn wir in dieser Sache etwas aufstellen wollen, für Alle dasselbe vorschreiben. Dispensationen widerstreiten hier, wie bei der Festsezung des Heiratsalters, der Rechtsgleichheit.

Es ist vorauszusehen, daß unsere Vorschläge wegen ihrer NichtübcreinstimmuusrO mit den Vorschriften der verschiedenen Konfessionen Anstoß erregen werden; man wird aber begreifen, daß ein Gesez, welches für Alle, Gläubige und Ungläubige, für Katholiken und Protestanten da ist, sich nicht mehr den Vorschriften Einer Konfession unterwerfen kann ; das Gesez verhindert übrigens Niemanden, auch denjenigen Vorschriften, welche seinem religiösen Bekenntnisse eigen sind, ebenfalls Genüge zu leisten.

II. Von den auf die A b s e h l i e ß u n g der Ehe b e z ü g l i c h e n Förmlichkeiten.

(Art. 27--403Diese Förmlichkeiten werden nunmehr ungemein vereinfacht.

Die Verlobten, welche eine Verkündung begehren, haben nur noch die nöthigen Ausweisschriften über ihre Person, namentlich betreffend Alter und Civilstand, und, wenn sie das zwanzigste Altersjahr noch nicht zurükgelegt haben, die erforderliche Einwilligung der Eltern oder des Vormundes beizubringen. Behuf» der Verehelichung aber ist in der ganzen Schweiz Seitens schweizerischer Verlobten nichts Weiteres mehr nöthig, als die Vorweisung der Verkündscheiue ihrer Wohnorte und ihrer Heiinatgemeiudeu ; die sog.

Heiratsbewilligungen und Burgerrechtszusicherungen, welche bisher von Gemeinden oder Regierungen ausgestellt wurden, fallen dahin.

In BezugO auf die Art und Weise,i wie VerkündungO und Trauung ö selbst vorgenommen werden, schlagen wir Nichts anderes vor, als was anderwärts, wo die Civilehe bereits besteht, sich bewährt hat.

Man wird uns vielleicht fragen,
warum wir nicht auch nach dem Beispiel anderer Staaten (und des Kantons Neuenburg, c. c.

Art. 103) nur die Verkündung am Wohnort der Brautleute verlangen, sondern auch die Verkündung am Heimatorte?

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Dies geschieht deßhalb, weil die Schweiz, im Unterschied von jenen Staaten (z. B. Frankreich), ein erbliches Bürgerrecht hat, welches die Heimatgemeinden verpflichtet, alle Nachkommen eines ausgewanderten Bürgers im Verarmungsfalle wieder aufzunehmen und zu unterstüzen. Die Heimatgemeinden haben also ein Interesse, bei der Verehelichung eines Bürgers mitzuwirken; gerade diesem Interesse verdankt das Konkordat vom 4. Juli 1820 (und 13. Juli 1821) seine Entstehung, in welchem zwanzig Kantone (darunter auch Neuenburg) sich gegenseitig die Zusicherung gaben, daß wenn Angehörige desselben Kantons oder verschiedener Kantone sich in einem andern, als dem eigenen wollen kopuliren lassen, sie sowohl von dem Wohnort, als von der Heimat einen Verkündschein vorzuweisen haben. Diese Verkündung am Heimatorte hat nach Annahme der neuen Bundesverfassung durchaus nichts Bedenkliches für die Verlobten, sofern sie ihrem Alter und Civilstande, sowie ihren Verwandtschaftsverhältnissen nach das Recht zur Ehe haben, sie bietet aber in Beziehung auf diese Punkte Garantien gegen Gesezwidrigkeiten ; auch ist sie für die Verlobten selbst ein Mittel zur genauen Feststellung ihres Bürgerrechts.

Aus einem ähnlichen Grunde müssen Verlobte, welche verschiedenen Ländern angehören oder in verschiedenen Ländern wohnen, auch den Heiratsgesezen dieser verschiedenen Länder sich unterwerfen. Dies galt bisher selbst für die Angehörigen verschiedener Kantone; allein die Forderung wird hier bedeutungslos von dem Augenblike an, wo in sämmtlichen Kantonen dieselben Requisite sowohl als Förmlichkeiten vorgeschrieben sind. Für die Bürger und Einwohner verschiedener Länder aber wird dieser Grundsaz in Geltung verbleiben müssen.

Freilich sagt Art. 54, drittes Lemma der Bundesverfassung: ,,Die in einem Kantone oder im Auslande nach der dort geltenden Gesezgebung abgeschlossene Ehe «oll im Gebiete der Eidgenossenschaft als Ehe anerkannt werden.a Wir können aber nicht verlangen, daß auch das A u s l a n d eine unter Mißachtung seiner Geseze in der Schweiz geschlossene Ehe eines Ausländers als solche anerkenne. Wenn wir z. B. zugeben, daß ein Franzose von 20 Jahren sich in der Schweiz, ohne Einwilligung seiner Eltern verheiratet (was nach schweizerischem Geseze möglich sein kann), so laufen wir Gefahr, einst in Frankreich diese Ehe nicht anerkannt
und die schweizerische Mutter nebst Kindern nach der Schweiz zurükgewiesen zu sehen. Um Solches zu vermeiden, verlangen wir von dem Franzosen nicht nur die Erfüllung seines heimatlichen Gesezes, sondern auch die Be-

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scheinigung seiner Regierung, daß die von ihm zu schließende Ehe in der Heimat werde anerkannt werden.

Ein Blik in die Gesezgebung Frankreichs und der andern uns umgebenden Länder wird uns beweisen, daß wir, ob gerne oder ungerne, diesen Standpunkt einnehmen m ü s s e n .

Art. 170 des französischen Civilgesezbuches sagt: ,,Eine im Auslande zwischen Franzosen und Fremden [/,. B. Schweizern] eingegangene Ehe ist gültig, wenn sie nach der in dem Lande hergebrachten F o r m abgeschlossen worden ist, vorausgesezt, daß die in dem Art. 63, in dem Titel: von den Civilstandsurkunden, vorgeschriebenen V e r k ü n d u n g e n vorangegangen sind, und daß der Franzose den in dem vorhergehenden Kapitel [von den zur Eingehung einer Ehe erforderlichen E i g e n s c h a f t e n und B e d i n g u n g e n ] enthaltenen Verfügungen nicht zuwidergehandelt hat."

Nach Art. 100 des italienischen Civilgesezbuches ,,ist die in der Fremde geschlossene Ehe zwischen Italienern, oder zwischen Italienern und Fremden (z. B. Schweizerinnen) gültig, wenn sie nach den in diesem Lande gebräuchlichen F o r m e n geschlossen worden und der Bürger nicht den Bestimmungen in der /.weiten Abtheilung des ersten Kapitels dieses Titels [N o t h w e u d i g e B e d i n g u n g e n zur Eheschließung] zuwider gehandelt hat.a Das deutsche Reichsgesez (vom 4. Mai 1870), betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, sagt: § 3. ,,Der Schließung der Ehe muß das Aufgebot vorangehen. Vor Beginn desselben sind den Beamten [diplomatischen Vertretern im Auslande] die zur Eingehung einer Ehe n a c h den G-esezen der H e i m a t der V e r l o b t e n nothwendigen Erfordernisse als v o r h a n d e n n a c h z u weisen. "· § 10. ,,Die vorstehenden Bestimmungen über die Eheschließung (§ 3--9) finden auch Anwendung, wenn nicht beide Verlobte, sondern nur einer derselben ein Bundesangehöriger ist."

Ebenso kann aber auch der Schweizer im Auslande nicht mit Berufung auf Art. 54, 3. Lemma, die heimatliche Gesezgebung ignoriren; er kann dieß jedenfalls dann nicht, wenn die ausländische Gesezgebung selbst ihn anweist, auch die Vorschriften des heimatlichen Gese/.es zu befolgen. Und dies thuu z. B. die Geseze unserer Nachbarstaaten ohne Ausnahme.

Art. 168 des französischen Civilgesezes schreibt vor: ,,Sind die Eheschließenden, oder ist einer derselben in Betreff der Verheirathung unter der Gewalt eines Andern [hierunter sind nach Ministe-

16 rialcirkular vom 14. März 1831 auch die minderjährigen Fremden gemeint, weiche bereits über 6 Monate in Frankreich wohnen"] so müssen die Verkündungen außerdem bei der Munizipalität des Wohnortes der Personen geschehen, unter deren Gewalt sie sich befinden."

' Offenbar, um Eltern oder Vormündern Gelegenheit zu geben, das heimatliche Eherecht geltend zu machen.

Noch bestimmter sagt das italienische Civilgesez, Art. 102: ,,Die Fähigkeitdes Fremden, zu heiraten, wird bestimmt d u r c h die Geseze des Landes, w e l c h e m er angehört."

,,Gleichwohl kann der Fremde a u c h den Hindernissen in der zweiten Abtheilung des ersten Kapitels dieses Titels [den italienischen Eheerfordernissen] unterworfen w erden."

Ait. 103: "Der Fremde, weicher im Königreiche eine Ehe eingehen will, soll dem Civilstandsbeamten eine Erklärung der kompetenten Behörde des Landes, welchem er angehört, vorlegen, welche darthut, daß nach den Gesezen, v eichen er unterworfen ist, nichts, der vorgesezten Heirat entgegensteht," Nach § 93 des Gesezes über die Beurkundung des bürgerlichen. Standes und * die Förmlichkeiten bei Schließung der Ehen vom 21- Dezember 1869 des Großherzogthums Baden wird ,,die F ä h i g k e i t des Fremden im Inlande eine Ehe zu sehließen, d u r c h die Geseze s e i n e s H e i m a t l a n d e s bestimmt."

Das baierische Gesez über Heimat, Verehelichung und Aufenthall Vom "16. April 1868 schreibt in Art. 39 vor . ,,Auslander, welche- auf bayrische Gebiete, ohne nach Bayern formlich eingewandert zu sein, eine Ehe schließen wollen, haben der Distriktsverwaltung des Ortes, an welchem die Eheschliessung erfolgen soll, den Nachweis vorzulegen, daß n a c h dorn im H e i m a t l a n d e des M a n n e s g e l t e n d e n Geseze diese E lies eh l i e ß u n g zul a ß i g ist und dieselbe Wirkung hat, wie wenn sie im Heimatlande selbst erfolgt wäre."

E. Besondere Bestimmungen über die Scheidung und die Nichtigerklärung der Ehe.

' ,.

(Art. 41-470

l. D i e S c h e i d u n g .

Das kationische Recht gestaltet keine gänzliche Scheidung vom Ehebande. Es verwirft daher auch die Wiederverehelichung

-17 Geschiedener, so lange der andere Ehegatte lebt und gestattet dem Geistlichen keine Mitwirkung bei derselben (dasselbe Verfahren beobachten einzelne protestantische Geistliche).

Die Bundesgesezgebung hat vom Standpunkt der Glaubensfreiheit aus für den protestantischen Theil einer gemischten Ehe das Recht zur Trennung und Wiederverehelichung anerkannt und gesichert. Das betreffende Gesez vom 3. Februar 1862, schon an sich ein Ausnahmsgesez zu Gunsten einer bestimmten Kategorie von Bürgern, wird durch seine Motivirung zu weitern Ausnahmsbestimmungen geführt, zu einem ausnahmsweison Gerichtsstand (Art. 2), und zu einer Konzession an die kantonale Gesezgebung, wonach dem katholischen Ehegatten die Wiederverehelichung bei Lebzeiten des andern Ehegatten untersagt werden kann (Art. 5), eine ganz zwekwidrige Konzession, welche beweist, ?,n welchen Widersprüchen das Nebeneinanderbestehen und die Verquikung geistlicher und weltlicher Ehegesezgebung führen muß.

Eine rationelle Lösung dieser Frage ist nur möglich bei gänzlicher Scheidung des Kirchlichen und Bürgerlichen in Ehesachen, wie sie unser Gesez anstrebt.

Der Kirche muß das volle Recht gewahrt bleiben, an dem schönen Saze festzuhalten, daß die Ehe ein Bündniß auf Lebenszeit sei und daß niemals durch Trennung und anderweitige Verehelichung des einen Ehegatten der Weg zur Aussöhnung der entzweiten Gemüther abgeschnitten werden dürfe, der Staat muß diese Lehre nicht nur gewähren lassen, er soll sich sogar Glük wünschen zu dem Bundesgenossen, welcher in diesem Geiste für die Heiligkeit des Ehebündnisses einsteht.

Auf der andern Seite aber soll er sich erinnern, daß die bürgerliche Gesezgebung, und auch die Ehegesezgebung gehört hieher, für die Anhänger aller Glaubensansichten dieselbe sein muß und daß ideale Anforderungen wie die obengenannten in Betreff der Ehe nicht durch die weltliche Gewalt, sondern nur in dein Falle durchgeführt werden können, wenn die entsprechende religiöse Ueber/eugung, welche er nicht vorschreiben kann, vorhanden ist.

Er muß daher in seinen Vorschriften über die Ehescheidung, gleich wie in derjenigen über die Eheschließung, vou den Glaubensansichten der Betreffenden absehen, ihnen es überlassend, ob sie neben den bürgerlichen Gesezen auch noch kirchliche anerkennen wollen.

Von diesem Standpunkte aus schlagen wir vor, das Ausnahmsgesez vom 3. Februar 1862 in einer allgemein gehaltenen Gesezesbestimmung aufgehen zu lassen.

Bundesblatt. Jahrg. XXYL Bd. III.

18" û

2. Die N i c h t i g e r k l ä r u n g .

Derselbe Standpunkt ist auch hier durchzufuhren. Die kirchliche und überhaupt alle konfessionelle Gesezgebung muß alle Ehen zwischen verbotenen Verwandtschaftsgraden, soweit nicht Dispensation erhaltlich ist, verpönen; an der weltlichen Gesezgebung aber ist es, die Heiligkeit einer wirklichen Ehe zu wahren.

Von dem Bestreben geleitet, nicht ohne Noth von Amts wegen in die ehelichen Verhaltnisse einzugreifen und Skandal zu erregen, schlagen wir vor, auch noch in Fällen, wirklich unberechtigter Eheschließung soweit möglich nicht von Amts wegen einzuschreiten, mit einziger Ausnahme des Falls wohlbewußter Umgehung des Gesezes.

>.

Als selbstverständlich dagegen sehen wir es an, daß die betheiligten Eheleute, denen ja auch das Mittel der Scheidung möglich ist, da klagend auftreten können, wo ihnen durch Zwang, Betrug oder Irrthum in der Person Unrecht widerfahren ist.

Die AbschnitteF, G und H- des Gesezes scheinen uns so nothwendige Konsequenzen der vorhergehenden zu sein, daß wir weitere Auseinandersezungen über dieselben nicht für nothig erachten.

Genehmigen Sie; Tit., die erneuerte Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 2. Oktober 1874.

,,

Im tarnen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schiess.

19.

(Entwurf)

,

"

Bundesgesez betreffend

,

..

.

Feststellung und Beurkundung des Civilstandes und die Ehe.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g d e r s c h w e i z e r i s c h e n K i d g e no ß e n s c h a f t, in Ausführung der Art. 53 54 und 58, Saz 2 der Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 2. Oktober 1874,

beschließt: A. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1. Dio Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes ist im ganzen Gebiete der Eidgenoßenschaft Sache der bürgerlichen Behörden.

Die Zivilstandsbeamten sind einzig berechtigt, Eintragungen in die Zivilstandsregister zu machen oder Auszüge, aus denselben zu verabfolgen.

Art. 2. Von jedem Standesbeamten sind drei Standesregister unter der Bezeichnung: Geburtsregister, Todtenregister, Heiratsregister, nach gemeinsamen Formularien zu führen, welche vom Bundesrath festgestellt werden.

Diese Register sollen doppelt ausgefertigt werden. Sie werden den Kantonen auf deren Kosten vom Bunde geliefert.

2p Art. 3. Die Eintheilung der Zivilstandskreise, sowie dio Bestimmungen über die Ernennung und Entschädigung der ZivilstandsBeamten bleiben den Kantonen überlaßen.

Die Eintragungen und die kraft gegenwärtigen Gesezes von Amts wegen auszufertigenden Auszüge und Mittheilungen erfolgen kostenfrei;, für die anderweitigen Auszüge und Abschriften sind Schreibgebühren nach einem Tarife zu entrichten, der von den Kantonsregierungen für ihr Gebiet aufzustellen und dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen ist.

Art. 4. Die Namen der Kreise sind beim Inkrafttreten dieses Gesezes und hernach bei jeder Aenderung durch die kantonalen Regierungen sogleich dem eidg. Departement, des Innern mitzutheilen.

Art. 5. Jede Geburt, jeder Todesfall, jede Eheschließung ist zunächst einzutragen an dem Orte, wo sie stattgefunden hat.

'

Art. 6. Den Civilstandsbeamten liegt ob: a. Die Eintragung aller in ihrem Kreise vorkommenden Geburten und Sterbel'älle, Verkündungen und Trauungen in die betreffenden Register, sowie auch die Vornahme der Verkündungen und eventuell der Trauungen, zu welchen sie nach diesem Gesez berechtigt sind und berufen werden; b. die kostenfreie abschriftliche Mittheilung dieser Eintragungen innerhalb 8 Tagen an die Civilstandsbeamten des ordentlichen Wohnsizes sowie des Heimatortes, -- wenn diese Geburten, Sterbefälle und Trauungen Personen zum Gegenstand haben, welche in einem andern Civilstandskreise wohnhaft oder Bürger sind.

.. .... , Auswärtigen Staaten gegenüber erfolgen diese Mittheilungen : amtlich und unentgeltlich nur insoweit Gegenrecht gehalten wird.

c. Die Eint ragung ähnlicher Mittheilungen aus andern Gemeinden des In- und Auslandes über Geburten, Sterbefälle und Trauungen, sowie die Eintragung der von den Gerichten · ausgesprochenen definitiven Scheidungen oder Nichtigerklärungen von Ehen, sofern dieselben Einwohner oder Bürger ihres Kreises betreffen, in die entsprechenden Abtheilungen ihrer Geburts-, Todes- und Eheregister; d. aufdas, "Verlangen von Betheiligten, die Verabfolgung von Auszügen aus diesen Registern gegen Entrichtung der bezüglichen Schreibgebühr;

21 e. die Anfertigung statistischer Auszüge zuhanden dös eidg. Departements des Innern nach den von lezterm aufgestellten Formularien gegen eine durch den Bundesrath zu bestimmende Entschädigung.

Art. 7. Die Urkunden müßen der Zeitfolge nach hintereinander, ohne einigen Zwischenraum, mit fortlaufender Nummer in die Register eingetragen werden. Es soll darin nichts mit Abkürzungen geschrieben und kein Datum mit Ziffern ausgedrükt werden. Ausstreichungen und Randbemerkungen müßen genehmigt und unterzeichnet sein.

Art. 8. Es darf in die Zivilstandsregister nichts ihrer Bestimmung Fremdes eingeschrieben werden.

Die Vor- und Familiennamen der darin angeführten Personen sind nach Maßgabe der dem Beamten vorgelegten Geburtscheine und sonstigen Zivilstandsakten vorzumerken; sie können mit der Angabe des Handwerks oder des Berufs der Person, oder des Amtes, das dieselbe bekleidet oder bekleidet hat, begleitet werden.

Art. 9. Der Zivilstandsbeamte hat die Eintragung der Urkunden in die Register unverzüglich nach Abgabe der entsprechenden Erklärung, beziehungsweise nach Empfang der ihm angehenden, auf den Zivilstand bezüglichen Protokolle, Auszüge oder Urtheile vorzunehmen.

Art. 10. Abänderungen an den einmal erfolgten Eintragungen in den Civilstandsregistern oder Ergänzungen derselben dürfen nicht von dem Civilstandsbeamten von sich aus vorgenommen werden.

Er hat vielmehr, wenn bezügliche Gesuche an ihn gelangen, der ihm vorgesezten Behörde davon Kenntnis zu geben und diese wird auf geeignete Weise, sei es durch Torbescheidung oder öffentliche Bekanntmachung, sich davon überzeugen, ob gegen die verlangte Aenderung von irgend einer Seite Einsprache erhoben werde.

Ist Lezteres nicht der Fall, so ordnet sie die Berichtigung oder Ergänzung von sich aus an.

Waltet dagegen ein Widerspruch, der sich auf gütlichem Wege nicht beseitigen läßt, so fallt der Entscheid den Gerichten anheim.

Der summarische Inhalt des Berichtigungsbeschlußes oder Urtheils ist mit dem Datum desselben in dem Register nachzutragen..

Art. 11. Alle eingehenden, der Führung der Geburts-, Todtenund Heiratsregister zu Grunde liegenden Schriften, soweit sie nicht,

22 den» Betheiligten angestellt werden müßen, hat der Civilstandsbeamte in drei, gemäß Art. 2 gesonderten Abtheilungen in der Reihenfolge der Jahrgangs und der entsprechenden Nummern in seinem Archiv aufzubewahren.

Art. 12, Die Zivilstandsbeamten sind für ihre Pflichterfüllung ihren kantonalen Behörden verantwortlich, welche ihnen nach Maßgabe dieses Gesezes die nöthigen Instruktionen ertheilen. Die Kantonsregierungen sind verpflichtet, über die Amtsführung der Civilbstandsbeamten alljährliche Inspektionen anzuordnen und über deren, Ergebnisse dem eidgenoßischen Departement des Innern Bericht zu erstatten. Der Bundesrath ist befugt, da, wo sich Mangel oder Uebelstande erzeigen, nach Erfordernis einzuschreite Kantons d Nothige anzuordnen. Der Bundesrath ist ferner befugt, besondere Inspektionen vornehmen zu laßen.

\ B. Blondere Vorschriften Über die Führung der Geburtsregister.

Art. 18. Jede Geburt muß innerhalb der ersten drei Tage bei -dem Zivilstandsbeamten des Ortes der Niederkunft angemeldet werden. Die Anzeigepflicht erstrckt sich auf alle nach dem sechsten Monat der Schwangerschaft (lebend oder todt) geborne % Leibesfrucht Art, 14. Zur Anzeige sind verpflichtet : 1) der eheliche Vater, beziehungsweise ein dazu gehörig Bevollmächtigter; desselben, und die bei 4er Niederkunft zugegen i gewesene Hebamme; 2) der dabei zugegen gewesene Arzt 5 « 8-} jede andere
Die Erklärungenindd persönlich und mündlich abzugeben.

Art. 15. Die Einschreibungen in die Register geschehen auf die mundlich gemachte Anzeige hin der Zeitfolge nach und werden

23 mit fortlaufenden, je am l, Januar neu zu beginnenden Nummern versehen.

Die Eintragung soll wenigstens enthalten: a. den Ort, das Jahr, Monat, Tag und Stunde der Geburt; b. die Angabe, ob das Kind ehelich oder unehelich, mannlich oder weiblich, eine einfache oder eine Mehrlingsgeburt sei 5 c. den dem Kinde zu ertheilenden Vornamen; Für todtgeborne oder gleich nach der Geburt verstorbene Kinder ist kein Vorname einzutragen, Jedoch anzugeben, ob das Kind lebend oder todt geboren sei.

d. Vor- und Familiennamen, Beruf, Heimat- und Wohnort der Eltern, beziehungsweise der Mutter allein, wenn das Kind nicht in der Ehe erzeugt worden ist; e. die eigenhändige Unterschrift des Anzeigenden.

Wenn die in der Anzeige gemachten Angaben dem Zivilstandsbeamten nicht zuerläßig erscheinen; so hat er die nöthig erachteten Erhebungen zu machen und die Eintragung erst vorzunehmen, wenn er sich von der Richtigkeit der Angaben tiberzeugt hat.

Ist der Anzeiger dora Beamten nicht persönlich bekannt, so hat er die Identität desselben durch zwei Zeugen herzustellen.

Art. 16. Veränderungen," welche sieh nach der Geburt in den Standesrechten eines Kindes ereignen (Feststellung der Vaterschaft au einem unehelichen Kinde durch gerichtliches Urtheil «der freiwillige Anerkennung, Legitimation, Adoption u. s. w.), sind auf den Antrag eines der Betheiligten in eine besondere Rubrik der den Geburtsfall betreffenden Eintragung au vermerken, -wenn der rechtliche Vorgang, welcher der Veränderung zu Grunde liegt, durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird.

Im Falle gerichtlicher Zuerkennung eines unehelichen Kindes ist davon durch die betreffende Gerichtsbehörde dem Zuständigen Zivilstandsbeamten Anzeige m machen, Art. 17. Für in der Gemeinde aufgefundene Findelkinder hat die Gemeindepolizeibehörde die Pflicht, binnen der ersten 3 Tage nach der Auffindung behufs der Eintragung in das Geburtsregister anzugeben: < / " a. Ort, Zeit und Umstände der Auffindung; b. das Geschlecht des Kindes, sowie dessen vermuthliches Alter, körperliche Merkmale und Kennzeichen desselben ; t

24 c die Beschaffenheit der bei dem Kinde Vorgefundenen Kleider und Sachen; d. die ihm beizulegenden Namen; e, die Person, bei welcher das Kind untergebracht ist.

C. Besondere Vorschriften liber die Führung der Todtenregister.

Art. 18. Jeder Sterbefall ist längstens innerhalb 48 Stunden dem Zivilstandsbeamten des Ortes mündlich anzumelden.

· Zu der Anzeige verpflichtet ist das Familienhaupt, beziehungsweise die Witwe oder die sonstigen nächsten Augehörigen des Verstorbenen, und wenn ein solcher Verpflichteter nicht vorhanden oder an der Anzeige gehindert ist, Derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung der Sterbefall sich ereignet hat, oder die Personen, welche beim Tode zugegen gewesen sind, endlich in deren Ermanglung die Ortspolizei.

Art. 19. Ohne Genehmigung der Ortspolizeibehörde darf keine Beerdigung vor der Eintragimg des Todesfalles in das Zivilstandsregister stattfinden. Ist die Beerdigung dieser Vorschrift entgegen geschehen, so darf die Eintragung des Todesfalles nur mit Genehmigung, der Aufsichtsbehörde nach Ermittlung des Sachverhaltes erfolgen.

Art. 20. Die Eintragung soll wenigstens enthalten : a. »Jahr, Monat, Tag und Stunde des Todes, sowie den Ort, wo derselbe erfolgt ist; b. Vor- und Familiennamen des Verstorbenen und seiner Eltern, seine Heimat, seinen Wohnort (in Städten Straße und Häusnummer), die Konfession, Beruf und Zivilstand (ledig, verheiratet, verwitwet oder geschieden), Jahr , Monat und Tag der Geburt; .· .. · c. Vor- und Familiennamen des lebenden, verstorbenen oder geschiedenen Ehegatten, nebst dessen Beruf und Geburtsjahr; d. die Todesursache, wenn immer möglich, ärztlich "bezeugt.

' Art. 21. Für alle im Zivilstandskreise todt aufgefundenen unbekannten Personen wird die Todesanzeige durch die Gemeindepolizei vollzogen..

< Die Eintragung soll enthalten: v a) Ort, Zeit und Umstände der Auffindung der Leiche ;

25

b. das Geschlecht und muthmaßliche Alter derselben ; c. die körperlichen Merkmale und besondere Kennzeichen derselben ; d. die Beschaffenheit der bei der Leiche vorgefundenen Kleider und Sachen; e. die muthmaßliche Todesursache.

Namen und Heimat des Verstorbenen sind, wenn sie bekannt werden, einzutragen.

Art, 22. Verschollen Erklärte sind in der Abtheilung der Auswärtsgestorbenen mit der Bemerkung einzutragen, die Eintragung erfolge auf Grund der Verschollenheitserklärung der zuständigen Behörde.

Die Behörde, welche, die Verschollenheit ausspricht, hat den Zivilstandsbeamten des lexten bekannten Wohnsizes des Betreifenden, sowie des Heimatortes davon Mittheilung zu machen.

D. Besondere Bestimmungen Über die Eheschliessung und die Führung der Heiratsregister.

I. Von den zur Eingeh u n g e i n e r Ehe e r f o r d e r l i c h e n Eigenschaften und Bedingungen.

Art. 23. Das Recht gur Ehe, steht unter -dorn Schuze des Bundes.

· ·'.

Dieses Recht darf weder aus kirchlichen oder ökonomischen Rüksichten, noch wegen bisherigen Verhaltens oder mis andern polizeilichen Gründen beschränkt werden.

Die in einem Kantone- oder im Auslande nach der dort geltenden Gesezgebung abgeschlossene Ehe soll im Gebiete der Eidgenossenschaft als Ehe anerkannt werde«.

Durch den Abschluß der Ehe erwirbt die Frau das Heimatrecht des Mannes.

Durch die nachfolgende Ehe der Eltern werden vorehelich geborne Kinder- derselben ligitimirt.

Jede Erhebung von Brauteinzugsgebühren oder andern ähnlichen Abgaben ist unzuläßig. (Art. 54 der Bundesverfassung.)

Art. 24. Zu einer giltigen Ehe gehört die freie. Einwilligung der Brautleute. Widerrechtlicher Zwang oder Irrthum in der

26 Person eines der Ehegatten schließt die Voraussezung der Einwilligung aus.

Art. 25. Um eine Ehe einzugehen, muß der Bräutigam das achtzehnte, die Braut das fünfzehnte Altersjahr zurükgelegt haben.

Pessonen, welche das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben, bedürfen zu ihrer Verehelichung der Einwilligung des Vaters; ist derselbe gestorben oder kann er die väterliche Gewalt nicht ausüben, so ist die Einwilligung der Mutter und im Falle, daß beide Eltern gestorben oder nicht in der Lage waren , ihren Willen zu äußern, diejenige des Vormundes erforderlieh. Gegen Eheverweigerungen d e s Vormundes steht d e n Betreffendnn d e r Rekurs Art. 26. Die Eingehung der Ehe äst untersagt: 1) Personen, die schon verheirathet sind-, 2) Wegen Verwandtschaft { a. zwischen Blutsverwandten in allen Graden der auf- und , absteigenden, Linie, zwischen vollburtigen Geschwistern und* Halbgeschwistern, zwischen Oheim und Nichte, zwischen Tante und Neffe, gleichviel beruhe die Verwandt( schaft auf eheliger oder außereheliger Beugung; b. zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern, Stiefe}tern und Stiefkindern, Adoptiveltern und Adoptivkindern ; 3) * Personen, welche mit einander einen Ehebruch begangen haben, soferu der .Ehebruch gerichtlich konstatirt ist; 4) Wahnsinnigen und Blödsinnigen, 5). Witwen und geschiedenen Frauen desgleichen Ehefrauen, , deren Ehe nichtig erklärt ,worden ist dürfen vor Ablauf von dreihundert Tagen nach Auflösung der frühern Ehe keine neue eingehen» Immerhin, kann die, zuständige kantonale Behörde aub besondern Gründen und auf den Kachweis hin, daß die Frau aus der frühern Ehe her nicht schwanger sei, diese Frist abkürzen.

\ t ' n.

Von d e n a u f die Abschließung der E h e b e z ü g lichen Förmlichkeiten.

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Arti 27. Jeder» im Gebiete der, Eidgenosseschaft vorzunehmende« Eheschließung muss die Verkündung des Eheversprechens vorausgehen; Die Verkündung hat am Wohnorte sowie am Heimatorte jedes der .Brautleute zu erfolgen. Wird an einem dieser Orte die Verkündung mit Berufung auf bestehende Landesgeseze als über-

27

flüssig oder unzulaßig abgelehnt, so ersezt eine dießfallige Beseheinigung das Aufgebot.

Art. 20. Beim Begehren um die Verkündung müssen dem Zivilstandsbeamten vorgewiesen werden: a. die Geburtsscheine (beziehungsweise Taufscheine)"beider Brautleute ; b. sofern dieselben nicht im Zivilstandskreise selbst ihren ordentlichen Wohnsiz haben, eine Beseheinigung des Zivilstandsbeamten des Wohnortes über ihren l e d i g e n S t a n d (beziehungsweise Verwitwung oder Scheidung-, eventuell auch über den Ablauf der Wartzeit (Art. 26, Ziff. 5)] : c. für Personen, welche das 20. Altersjahr noch nient zurukgelegt haben, eine Zustimmungserklärung des Vaters, beziehungsweise der Mutter oder des Vormundes.

d. falls nicht beide Theile persönlich erscheinen, ein v0p ihnen unterzeichnetes Eheversprechen, ( Art. 29. Wenn aus den mitgetheilten Angaben und Urkunden dem Zivilstandsbeamten ersichtlich ist, dass die vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt sind, so übernimmt er die Verkündung und theilt das Verkundbegehren nebst den zu seiner Verfugung stehenden Angaben denjenigen Zivilstandsbeamten des In- und Auslandes mit, in deren Kreis nach Vorschrift des Artikels 30 die Verkündung ebenfalls stattlinden soll-, Alle ohne Anrechnung besonderer Kosten, soweit es schweizerische Zivilstandsbeamte betrifft.

Wenn auswärtige Behörden behufs der Verehelichung von schweizerischen oder eigenen, in der Schweiz geboreneu oder ich aufhaltenden Angehörigen dienstliche Verrichtungen schweizerischer Zivilstandsbeamten in Anspruch nehme», so sind leztere verpflichtet, dea daherigen Begehren Folge zu geben.

Wenn der Bräutigam ein Ausländer ist so soll die Herausgabe des Verkundscheines der Braut nicht erfolgen, bis eine Bescheinigung der heimatlichen Regierung des Bräutigams vorliegt, daß die Ehe mit allen ihren gesezlichen Folgen dortseits Anerkennung finden werde.

i

Art. 30. Die Verkündung wird im ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft durch
28.

Die Verkündiüig muß die Vor- und Familiennamen, den Stand oder Beruf, den Wohn- und Heimatort der Verlobten und ihrer Eltern und bei verwitweten oder geschiedenen Personen die Namen der frühem Ehegatten enthalten.

'-O Art. 31, Einsprachen gegen den Eheabschluß sind binnen acht Tagen nach stattgehabter Veröffentlichung des Aufgebots bei einem der Civilstandsbeamten, welche die Verkündung besorgt haben, anzumelden. --- Dein Civilstandsbeamteu dea Wohnorts des Bräutigams ist innerhalb zweimal 24 Stunden nach Ablauf dieser Frist von Seite der andern zur Verkttudung verpflichteten Standesbeamten Anzeige zu machen, ob eine Einsprache erhoben sei oder nicht.

Wenn nach Ablauf von 14 Tagen seit Veröffentlichung des Aufgebots kein Einspruch beim Zivilstandsbeamten des Wohnorts des Bräutigams angemeldet, oder wenn ein solcher durch die zuständige Behörde abgewiesen wurde, so ist den Brautleuten auf ihr Verlangen ein Verkündschein auszustellen, durch welchen der Zivilstandsbeamte bescheinigt, daß dem Abschluß der Ehe nach vollzogener Verkündung kein Einspruch enlgegengesezt worden sei.

Eine Verkündung, welcher nicht innerhalb sechs Monaten der Abschluß der Ehe folgt, verliert ihre Giltigkeit.

Art. 32. Wenn Einsprachen gegen den Eheabschluß erfolgen, so theilt der Zivilstandsbeamte des Wohnorts des Bräutigams dieselben lezterrn mit und hat dieser sich sodann binnen einer Frist von zehn Tagen zu erklären, ob er die Einsprachen anerkenne oder nicht ; im leztern Fall ist dem Einsprecher davon Kenntniß zu geben, welcher binnen der Frist von weitern zehn Tagen die Klage bei dem zuständigen Richter des Wohnortes des Bräutigams anhängig zu macheu hat. Geschieht lezteres nicht, so fällt die Einsprache dahin.

Art. 33. Für jeden Civilstandskreis ist von Seite der betreffenden Kantonsregierung ein Traubeamter zu bezeichnen, welcher zu der Trauhandlung den Civilstandsbeamten des Kreises als Protokollführerer beiziehen wird, wofern nicht beide Beamtungen in einer Person vereinigt sind.

Zur Vornahme der Trauung ist zunächst der Traubeamte des Wohnortes des Bräutigams zuständig. Auf schriftliche Ermächtigung derselben darf indessen die Eheschließung auch vor jedem andern Traubeamten innerhalb des Gebietes der Eidgenossenschaft stattfinden. Der Abschluß ist sodann von demselben ungesäumt dem zunächst zuständigen Beamten behufs Eintragung in die amtliehen Register zur Kenntniß zu bringen.

29 Art. 34. Auf Grundlage eines regelmäßig ausgestellten Verkündscheines ist der zunächst zuständige Traubeamte zur Vornahme der Trauung, beziehungsweise zur Ausstellung der Ermäch., tigung an andere Traubeamte berechtigt.

Art. 35. Die Vornahme der Trauungen ist wenigstens an zwei Werktagen einer jeden Woche zu ermöglichen.

Die Trauung findet statt in einem öffentlichen Amtslokale, nur bei ärztlich bezeugter schwerer Erkrankung eines der Verlobten in einer Privatwohnung. Es haben wenigstens zwei, im Zustünde eigenen Rechtes befindliche und dem Traubeamten bekannte, männliche Zeugen der Trauung beizuwohnen.

Art. 3ß. Der Traubeamte hat an die Brautleute folgende Ansprache zu richten : ,,Durch eine gehörig abgeschlossene Ehe übernehmen die Eheleute gegenseitig die Verpflichtung, in Frieden und ehelicher Liebe beisammen zu wohnen, alle Schiksale, welche sia treffen mögen, gemeinsam zu tragen und sich in allen Lebensverhältnissen wechselseitig treue Hilfe und Beistand zu leisten.

,,Dem Gatten liegt insbesondere ob, die Gattin nach Kräften zu schüfen und für ihr geistiges und leibliches Wohl nach Möglichkeit zu sorgen, ,,Die Ehefrau wird vorzugsweise bemüht sein, ihrem Galten durch Gehorsam und verständiges Entgegenkommen au beweisen, daß auch sie jederzeit bereit sei, in angemessener Thätigkeit und Hingebung zur Förderung des Hauswesens das Ihrige; redlich beizutragen.a Nach Verlesung dieser Anrede fragt der Beamte die Verlobten einzeln : ,,N. N. erklärt Ihr hiemit, die N. N. zur Ehefrau nehmen, sie als solche stets behandeln und ehren zu wollen?"

,,N. N. erklärt Ihr hiemit, den N. N. zürn Ehemann nehmen und ihn als solchen stets behandeln und achten zu wollen?"

,,Nachdem Ihr beide erklärt habt, euren Ehebund in diesem Geiste einzugehen, erkläre ich im Namen des Gesezes eure Ehe als geschlossen."

Unmittelbar nachher fertigt der Beamte die Traubescheinigung aus, welche durch die Parteien und die Zeugen zu unterzeichnen ist.

.

Art. 37. Eine kirchliche Trauungsfeierlichkeit darf erst nach Vollziehung der gesezlichen Trauung durch den bürgerlichen

30 Traubeamten rod, Vorweisung des daherigen Ehescheines stattfinden (Art. 49). : : Art. 38. Die im Auslande nach der Gesezgebung des betreffenden Staates abgeschlossene Ehe eines Schweizerbürgers ist in der Heimat als rechtsgiltig anzuerkennen.

Art. .39. Durch die nachfolgende Ehe der Eltern werden vorehelich geborne Kinder derselben legitimirt.

Die Eltern haben bei der Trauung oder spätestens innerhalb 30 Tagen nach derselben voreheliche Kinder, welche durch die nachfolgende Ehe legitimirt wurden, dem zuständigen Zivilstandsbeamten au bezeichnen.

Hat jedoch die Eintragung aus irgend einem Grunde nicht stattgefunden, so kann aus dieser Unterlassungden vorehelichen Kindernin ihren Rechten keinNachtheil erwachsen.

Art. 40, In das Heiratsregister sind die vom Anfange bis zum Schlüsse eines Kalenderjahres vollzogenen Verkündungen und getrauten Ehen der Zeitfolge nach und mit fortlaufenden Nummern einzutragen.

Die Eintragung der V e r k ü n d u n g e n soll enthalten: a. "Vornamen, Familiennamen, Heimat, Geburts- und Wohnort, Religionsbekenntniß, Beruf und Geburtsdatum beider Ver· lobten ; b. Vor- und Familiennamen, Beruf und Wohnort ihrer Eltern ; c. Vor- und Familiennamen des verstorbenen oder geschiedenen Gatten, wenn eines der Verlobten bereits verheirathet war, nebst dem Datum des Todes, beziehungsweise der Scheidung; d. den oder die Auftraggeber für die Verkündung; e. die Einsprachefrist: f. die Einsprachen und den Ausgang derselben.

Die Eintragung d e r a m O r t e s e l b s t g e t r a u t e n E h e n soll ausser den oben unter a, b und c vorgeschriebenen Angaben enthalten : d. das Datum des Eheabschlusses ; e. das Verzeichniss der deponirten Schriften ; f. Namen, Beruf und Wohnort der Zeugen.

Das mit fortlaufender Nummer zu führende Verzeichniß der a u s w ä r t s g e t r a u t e n E h e n von Einwohnern oder Bürgern des Orts soll statt der unter obiger Litt, e angegebenen Schriften enthalten: e. den Ort der Traumig und das Datum der Trauungsanzeige.

31 E. Besondere Bestimmungen liber die Scheidung und die Nichtigerklärung der Ehe, und die daherigen Eintragungen.

Art. 41. Ehescheidungsklagen und Klagen auf Ungiltigkeit einer Ehe sind bei dem Gerichte des Wohnsizes des Ehemannes anzubringen. Vorbehalten bleibt die Weiterziehung an das Bundesgericht nach Art. 29 des Bundesgesezes über Organisation der Bundesrechtspflege vom 27. Juli 1874.

Art. 42. Das Gericht urtheilt über die Frage der Ehescheidung nach bestem Ermessen.

Dasselbe wird in allen Fällen die gänzliche Scheidung aussprechen, in welchen es sich aus den Verhältnissen ergibt, daß ein ferneres Zusammenleben der Ehegatten mit dem Wesen der Ehe unverträglich ist (z. B. bei Ehebruch, böswilliger Verlassung, Wahnsinn, Kriminalstrafen u. s. w.)

Ist gänzliche Scheidung erfolgt, so kann das Gericht für d e Wiederverehelichung eine Frist bis auf drei Jährt! festsezen.

In Betreff der weitern Folgen der Ehescheidung (Erziehung und Unterhalt der Kinder, Vermögens- und Entschädigungsfragen u. dgl.) entscheidet der Richter nach der Gesezgebung desjenigen Kantons, dessen Gerichtsbarkeit der Ehemann unterworfen ist.

Art. 43. Bei Klagen auf Ungiltigkeit einer Ehe wird das Gericht dieselbe ungiltig erklären, wenn der Nachweis geleistet ist, daß sie durch Zwang, Betrug oder durch einen Irrt h um in der Person zu Stande gebracht worden ist und der verlebte Theil seine Klage nicht schon früher hat anbringen können.

Das gerichtliche .Einschreiten erfolgt lediglieh auf Klage des verlezten Theils.

Die Nichtigkeitsklage des verlezten Theils ist nicht mehr annehmbar, wenn von dem Zeitpunkt an, in welchem der betreffende Ehegatte, seine völlige Freiheit erlangt oder den Irrthum entdekt, mehr als drei Monate verstrichen sind.

Art. 44. Die Nichtigkeit der Ehe ist von Amts wegen auszusprechen, wenn sie entgegen den Bestimmungen von Art. 26, Ziff. l, 2 und 3, abgeschlossen worden ist.

Art. 45. In Fällen, wo eine Person in zu jugendlichem Alter ohne Einwilligung der Einspruchsberechtigten (Art. 20) und ohne vorangegangene gehörige Verkündung eine Ehe eingegangen ist, kann bis zum Eintritt der Ehemündigkeit von den Eltern oder Vormundschaftsbehörden auf Nichtigkeit geklagt werden.

32 Wenn Witwen oder geschiedene Frauen, welche ohne Zustimmung der kantonalen Behörde vor Ablauf der Wartzeit sich verehelicht haben, inner der Frist von 300 Tagen nach der Ver ehelichuug niederkommen, so kann binnen sechs Monaten nach der Niederkunft von Amts wegen auf Auflösung der Ehe geklagt werden. (Art. 26, Ziff. 5.)

Wird eine Klage auf Nichtigkeit der Ehe wegen Blödsinn oder Wahnsinn eines der Ehegatten von der Vormundschaftsbehörde angehoben, so wird das Gerieht in diesem wie in den beiden andern obigen Fällen gestüzt auf die dannzumalige Sachlage erklären, ob der Klage Folge «u geben sei oder nicht.

Art. 46. Wird eine Ehe nichtig erklärt, bei der sich beide Ehegatten in gutem Glauben befanden, so begründet dieselbe sowol für die Ehegatten als für die aus der Ehe hervorgegangenen oder durch dieselbe legitimirten Kinder die bürgerlichen Folgen einer giltigen Ehe.

Befand sich nur einer der Ehegatten in gutem Glauben, so hat die Ehe nur für diesen und für die Kinder die bürgerlichen Folgen einer giltigen Ehe.

Waren endlich beide Ehegatten in bösem Glauben, so treten die bürgerlichen Folgen einer giltigen Ehe nur für die Kinder ein.

Art. 47. Alle Scheidungen vom Ehebande und alle Nichtigerklärungen von Ehen sind von den Gerichten, welche dieselben ausgesprochen haben, den Zivilstandsbeamten des Wohnortes und der Heimatgemeinde sofort mitzutheilen und von diesen in einer besondern Abtheilung des Heiratsregisters einzutragen.

F. Straf!3estimmungen.

Art. 48. Die Zivilstandsbeamten haften den Betheiligten für allen Schaden, welchen sie ihnen durch Vernachläßigung oder Verlezung ihrer Pflicht zufügen.

Art. 49. Jede Verlezuug der Bestimmungen des gegenwärtigen Gesezes ist von Amts wegen oder auf Klage hin mit einer Buße bis zu 50l) Franken, im Wiederholungsfalle mit Verdoppelung derselben und mit Amtsentsezuug, zu bestrafen.

Geistliche, welche gegen den Art. 35 des Gesezes handeln, haften überdieß für die zivilrechtlichen Folgen gegenüber den Betheiligten.

Der oben bezeichneten Strafe unterliegt ebenfalls, wer den gesezlichen Vorschriften betreffend die Anzeigepflicht für Geburts-

33 und Todesfälle (Art. 14 und 18) oder für vorhandene voreheliche Kinder (Art. 39) nicht nachkommt. Immerhin t rit t die Strafverfolgung nicht ein, wenn die Anzeige, obwohl nicht von den zunächst Verpflichteten, doch rechtzeitig gemacht worden ist.

G. Schlussbestimmungen.

Art. 50. Die kantonalen Vollziehungsverordnungen zum gegenwärtigen Gesez sind dem Bundesrathe zur Einsicht mitzutheilen.

Art. 51. Dieses Gesez tritt unter Vorbehalt, von Art. 80 der Bundesverfassung und des Bundesgesezes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsse am 1. Januar 1876 in Kraft.

Art. 52. Von diesem Zeitpunkte an sind -aufgehoben: 1) Das Buundesgesez über die gemischten Ehen vom 3. Dezember 1850; 2) das Nachtragsgesez über die gemischten Ehen vom 3. Februar 1862; 3) das Konkordat vom 8. Juli 1808 (und 9. Juli 1818) ; 4) das Konkordat vom 4. Juli 1820; 5) das Konkordat vom 6. Juli 1821 ; 6) das Konkordat vom 14. August 1821 ; 7) das Konkordat vom 11. Juli 1829; 8) das Konkordat vom 15. Juli 1842; 9) das Konkordat vom 1. Februar 1855.

10) Alle mit gegenwärtigem Geseze im Widerspruch stehenden kantonalen Gesezc und Verordnungen.

H. Uebergangsbestimmung.

Art. 53. Die Kantone haben dafür zu sorgen, daß den neuen Zivilstandsbeamten, welch» nach Inkrafttreten gegenwärtigen Gosezes allein zur Ausstellung rechtsgiltiger Zivilstandsbescheinigungen berechtigt sind, freie Einsicht und Benuzung der bisherigen Standesregister gesichert sei.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. III.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Bundesgesez über die politische Stimmberechtigung der Schweizerbürger.

(Vom 2. Oktober 1874.)

Die neue Bundesverfassung enthält in den Artikeln 44, 46, 47, 66 und 74 fünf Bestimmungen über Bürgerrecht, Niederlassungsund Aufenthaltsverhältnisse. und politische Stimmberechtigung, welche eine nähere Regulirung der Bundesgesezgebung in Aussicht nehmen.

Es entstand deßhalb für den Bundesrath zunächst in formeller Beziehung die Frage, ob er der hohen Bundesversammlung ein alle diese Materiell umfassendes e i n h e i t l i c h e s Gesez vorlegen wolle oder ob eine Zerlegung dieser Materien in verschiedene Spezialgeseze am Plaze sei. Bei reiferer Ueberlegung entschied sich der Bundesrath für den zweiten Weg, und zwar aus verschiedenen Gesichtspunkten. Für' s Erste ist (lie gesezliche Ordnung der verschiedenen Materien nicht in gleicher Weise dringlich, und da die legislatorische Thätigkeit der hohen Bundesversammlung gleichzeitig von allen Seiten beansprucht wird, so schien es passend, nur das Dringlichste in den Vordergrund zu stellen und das weniger Dringliche etwas zurükzuschieben. Für's Zweite sind die verschiedenen Materien doch mehrfach ohne Zusammenhang. Die

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Erlassung eines Gesezes über die Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes und die Ehe. (Vom 2. Oktober 1874.)

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1874

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3

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45

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17.10.1874

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1-34

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