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23.077 Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Slowenien vom 22. November 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses1 über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Slowenien2.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. November 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Weil die Bekämpfung der ungerechtfertigten Steuervermeidung durch multinationale Unternehmen zu einem zentralen Anliegen der internationalen Staatengemeinschaft geworden ist, hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zusammen mit den G20-Staaten im Jahr 2013 ein Projekt zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung eingeleitet (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS).

Aus dem Projekt gingen Bestimmungen hervor, die in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) umgesetzt werden sollen, namentlich die im Rahmen der Massnahmen 6 und 14 des BEPS-Aktionsplans gesetzten Mindeststandards.

Das Änderungsprotokoll zum DBA zwischen der Schweiz und Slowenien setzt diese Mindeststandards um. Es wurde am 30. Mai 2023 unterzeichnet. Die Kantone und die interessierten Kreise haben das Änderungsprotokoll begrüsst.

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Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage, Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnisse

Zwischen der Schweiz und Slowenien besteht ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-SI)3; es wurde am 12. Juni 1996 unterzeichnet und durch das Protokoll vom 7. September 20124 ein erstes Mal geändert.

Am 7. Juni 2017 hat die Schweiz das multilaterale Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Übereinkommen)5 unterzeichnet. Das BEPSÜbereinkommen enthält eine Reihe von Bestimmungen zur Anpassung bestehender Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Ein Teil dieser Bestimmungen dient der Erfüllung der in den Massnahmen 6 und 14 des Aktionsplans zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BEPS-Aktionsplan) gesetzten Mindeststandards.

Im Hinblick auf die Unterzeichnung des BEPS-Übereinkommens haben die Schweiz und Slowenien die bilaterale Umsetzung des Übereinkommens besprochen. Slowenien sah sich nicht in der Lage, sich mit der Schweiz auf den genauen Wortlaut der Änderungen zu einigen, die sich aufgrund des BEPS-Übereinkommens für das DBASI ergeben. Da dies für die Schweiz eine Voraussetzung für die Anwendung des BEPS-Übereinkommens ist, wurde beschlossen, die Anpassung des DBA-SI an die Ergebnisse des BEPS-Projekts nicht über das BEPS-Übereinkommen, sondern über ein bilaterales Protokoll zur Änderung des DBA-SI (Änderungsprotokoll) vorzunehmen.

Die Verhandlungen über dieses Änderungsprotokoll konnten im Juli 2021 abgeschlossen werden. Die Kantone und die interessierten Kreise wurden über dessen Abschluss konsultiert und begrüssten diesen. Das Änderungsprotokoll wurde am 30. Mai 2023 in Ljubljana unterzeichnet.

1.2

Würdigung

Das Änderungsprotokoll enthält Bestimmungen, die in das Abkommen eingeflossen wären, hätten die Schweiz und Slowenien das DBA dem BEPS-Übereinkommen unterstellt. Zwischen dem Änderungsprotokoll und dem BEPS-Übereinkommen besteht somit ein inhaltlicher Zusammenhang. Darüber hinaus gibt es zwischen diesen beiden Instrumenten keine unmittelbaren Verbindungen.

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SR 0.672.969.11 AS 2013 3589 SR 0.671.1

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Mit diesen Änderungen wird das DBA-SI die im Rahmen des BEPS-Aktionsplans gesetzten Mindeststandards in Bezug auf DBA erfüllen. Die Schweiz als Mitgliedstaat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat sich verpflichtet, jene DBA-bezogenen Bestimmungen, die Teil eines BEPSMindeststandards sind, in ihre DBA aufzunehmen. Mit dem Änderungsprotokoll erfolgt ein weiterer Schritt in diese Richtung.

Das Element 3.3 des Mindeststandards zur BEPS-Massnahme 14 verlangt die Aufnahme des zweiten Satzes von Artikel 25 Absatz 2 des OECD-Musterabkommens in die DBA, wonach Verständigungslösungen ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten umzusetzen sind. Ist ein Staat nicht bereit, die Bestimmung zu vereinbaren, so muss er, damit der Mindeststandard erfüllt ist, im Rahmen von DBA-Verhandlungen zur Aufnahme von Bestimmungen bereit sein, die die Frist für die Vornahme von Gewinnaufrechnungen von verbundenen Unternehmen und Betriebsstätten zeitlich beschränken. Dieses alternative Vorgehen kann nicht über das BEPS-Übereinkommen erfolgen.

Die Schweiz vereinbart den zweiten Satz von Artikel 25 Absatz 2 des OECDMusterabkommens üblicherweise nicht in ihren DBA. Infolgedessen hat die Schweizer Verhandlungsdelegation anlässlich der Verhandlungen, die zum Änderungsprotokoll geführt haben, der slowenischen Verhandlungsdelegation entsprechende Vorschläge für die zeitliche Beschränkung der Vornahme von Gewinnaufrechnungen von verbundenen Unternehmen und von Betriebsstätten unterbreitet. Slowenien war indessen nicht bereit, Gewinnaufrechnungen zeitlich zu beschränken. Das Änderungsprotokoll enthält deshalb keine entsprechende Bestimmung. Das Element 3.3 des Mindeststandards zur BEPS-Massnahme 14 wird jedoch trotzdem erfüllt, denn es genügt, dass die Schweiz zur Aufnahme einer solchen Bestimmung bereit war. Die Schweiz hat diese Bereitschaft gezeigt. Deshalb wird das DBA-SI auch diesen Mindeststandard erfüllen.

Mit dem Änderungsprotokoll konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Slowenien beitragen wird.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Das Änderungsprotokoll untersteht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung (BV)6. Gemäss Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 2005 (VlG)7 besteht damit an sich die Pflicht zur Durchführung einer Vernehmlassung.

Zum Änderungsprotokoll wurde im Januar 2023 eine Orientierung durchgeführt. Dabei wurde den Kantonen und den am Abschluss von DBA interessierten Kreisen eine Erläuterung zum Änderungsprotokoll zur Stellungnahme vorgelegt. Das Änderungsprotokoll zum DBA-SI wurde positiv aufgenommen, und es gab keine Einwände. Die 6 7

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SR 101 SR 172.061

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Positionen der interessierten Kreise sind entsprechend bekannt und belegt. Gemäss Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG konnte deshalb auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden.

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Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des Änderungsprotokolls

Art. I des Änderungsprotokolls betreffend den Titel und die Präambel des DBA-SI Mit diesem Artikel erhält das DBA-SI eine Präambel, wie sie im Rahmen der BEPSMassnahme 6 erarbeitet wurde und im BEPS-Übereinkommen in Artikel 6 Absatz 1 enthalten ist.

Damit wird klargestellt, dass die Schweiz und Slowenien nicht die Absicht haben, durch das DBA Möglichkeiten zur Nichtbesteuerung oder reduzierten Besteuerung durch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung zu schaffen. Vereinfacht ausgedrückt: Die Vermeidung von sogenannter doppelter Nichtbesteuerung soll auch Zweck des DBA-SI sein. Dies gilt aber nicht generell, sondern nur dann, wenn Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung Ursache dafür sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es Situationen von gewollter doppelter Nichtbesteuerung gibt. Dazu zählt beispielsweise die Besteuerung von Dividenden an Gesellschaften des gleichen Konzerns. Die doppelte Nichtbesteuerung verhindert in solchen Situationen ungewollte wirtschaftliche Mehrfachbelastungen.

Die Aufnahme der neuen Präambel ist notwendig, um den im Rahmen von Massnahme 6 des BEPS-Aktionsplans gesetzten Mindeststandard zu erfüllen.

Auf Begehren Sloweniens wurde der Titel des DBA-SI an den aktuellen Wortlaut des OECD-Musterabkommens angepasst. Dies hat keine zusätzlichen gesetzlichen Folgen.

Die Begriffspaare «Steuerhinterziehung oder -umgehung» (Deutsch), «la fraude ou l'évasion fiscale» (Französisch) und «l'evasione o l'elusione fiscale» (Italienisch) sind im internationalen Kontext und namentlich unter Berücksichtigung des englischen Wortlauts «tax evasion or avoidance» zu verstehen. Sie sollen jedes Verhalten erfassen, das hinsichtlich der Verwerflichkeit mindestens einer Steuerumgehung nach schweizerischem Verständnis entspricht. Als Steuerumgehung gilt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ein ungewöhnliches, sachwidriges oder absonderliches Vorgehen, das den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint und sich einzig mit der Absicht der Steuerersparnis erklären lässt, die tatsächlich resultieren würde, wenn das Vorgehen von der Steuerbehörde so hingenommen würde.

Die Steuerumgehung bildet somit die Grenze der steuerlich akzeptablen Gestaltungsfreiheit der steuerpflichtigen Personen.

Art. II des Änderungsprotokolls betreffend Artikel 23 DBA-SI (Vermeidung der
Doppelbesteuerung) Der neue Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe d DBA-SI ergänzt die Bestimmung, die die Art der Vermeidung der Doppelbesteuerung durch den Ansässigkeitsstaat festlegt, durch eine Bestimmung, die die Nichtbesteuerung oder reduzierte Besteuerung in Fällen von Qualifikationskonflikten vermeiden soll.

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Demnach muss die Schweiz Einkünfte oder Vermögen einer in der Schweiz ansässigen Person, die gemäss DBA-SI in Slowenien besteuert werden dürfen, dann nicht von der Besteuerung ausnehmen, wenn Slowenien keine ­ oder bei Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren eine bloss reduzierte ­ Besteuerung der Einkünfte oder Vermögen vornimmt, weil Slowenien der Auffassung ist, es sei durch das DBA-SI zur Befreiung oder zu einer reduzierten Besteuerung verpflichtet. Ein Beispiel dafür wäre, dass Slowenien als Quellenstaat ein Einkommen einer in der Schweiz ansässigen Person als Kapitalgewinn behandelt, während die Schweiz als Ansässigkeitsstaat von einem Einkommen aus in Slowenien ausgeübter unselbstständiger Erwerbstätigkeit ausgeht. Ohne die neue Bestimmung würde die Schweiz das Einkommen von der Besteuerung ausnehmen, obwohl Slowenien aufgrund seiner steuerlichen Qualifikation des Einkommens das Besteuerungsrecht ausschliesslich in der Schweiz sieht (Art. 13 Abs. 5 DBA-SI) und das Einkommen deshalb nicht besteuert. Nach der neuen Bestimmung ist die Schweiz dagegen nicht mehr zur Freistellung verpflichtet (Art. 23 Abs. 2 Bst. a DBA-SI), sondern kann das Einkommen als Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit besteuern.

Die Bestimmung verhindert eine ungewollte doppelte Nichtbesteuerung infolge unterschiedlicher Auffassung von Sachverhalten oder unterschiedlicher Auslegung von Begriffen des DBA-SI durch die Schweiz und Slowenien. Die Bestimmung ist im OECD-Musterabkommen (Art. 23A Abs. 4) enthalten. Sie ist nicht Teil eines Mindeststandards des BEPS-Aktionsplans.

Art. III des Änderungsprotokolls betreffend Art. 27A DBA-SI (Anspruch auf Vorteile) Mit diesem Artikel wird eine Missbrauchsklausel eingeführt, die auf den hauptsächlichen Zweck einer Gestaltung oder Transaktion abstellt. Aufgrund dieser Bestimmung werden die Vorteile des DBA-SI nicht gewährt, wenn das Erlangen dieser Vorteile einer der hauptsächlichen Zwecke der entsprechenden Gestaltung oder Transaktion war, es sei denn, es wird nachgewiesen, dass das Gewähren dieser Vorteile in Einklang mit dem Ziel und Zweck der entsprechenden Bestimmungen des Abkommens steht.

Diese Missbrauchsklausel ist zwar neu, sie entspricht aber in ihren Grundzügen den Missbrauchsklauseln, die die Schweiz bis 2017 in einer Vielzahl ihrer DBA vereinbart hat. Anders
ist indessen, dass die Missbrauchsklausel nicht auf gewisse Arten von Einkünften wie Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren beschränkt ist. Vielmehr findet sie in Bezug auf sämtliche Bestimmungen des Abkommens Anwendung. Alle Abkommensvorteile unterliegen damit dem Vorbehalt einer missbräuchlichen Inanspruchnahme.

Vom Wortlaut her unterscheidet sich die Missbrauchsklausel gegenüber jenen, die in vielen DBA der Schweiz bis 2017 enthalten sind, noch in einem weiteren Punkt: So ist nach der Klausel Missbrauch nicht auf Situationen beschränkt, bei denen der Hauptzweck der entsprechenden Gestaltung oder Transaktion im Erlangen der Abkommensvorteile lag. Vielmehr besteht Missbrauch auch dann, wenn bloss einer der Hauptzwecke dafür verantwortlich war. Vom Resultat her besteht indessen keine Differenz. Denn der zweite Teil der Missbrauchsklausel sieht vor, dass die Abkommensvorteile dennoch gewährt werden, wenn dies in Einklang mit dem Ziel und Zweck der 6/8

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entsprechenden Bestimmungen des Abkommens steht. Dies sollte grundsätzlich dann der Fall sein, wenn das Erlangen der entsprechenden Abkommensvorteile nicht der Hauptzweck der Gestaltung oder Transaktion war.

Diese Missbrauchsklausel wurde im Rahmen der BEPS-Massnahme 6 entwickelt. Sie ist im OECD-Musterabkommen (Art. 29 Abs. 9) enthalten. Um dem im Rahmen der BEPS-Massnahme 6 gesetzten Mindeststandard Genüge zu tun, reicht die Aufnahme der Missbrauchsklausel in die DBA. Es bedarf in einem solchen Fall keiner weiteren Missbrauchsbestimmung.

Art. IV des Änderungsprotokolls (Inkrafttreten) Die Bestimmungen des Änderungsprotokolls finden Anwendung auf Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Kalenderjahrs beginnen.

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Auswirkungen

Das Änderungsprotokoll berührt nicht die Regeln für die Einkommens- und Vermögenszuteilung. Es enthält im Wesentlichen Bestimmungen, die den Missbrauch des Übereinkommens verhindern. Es wird daher keine direkten Auswirkungen auf die Steuereinnahmen haben. Es ist offensichtlich, dass in anderen Bereichen keine Auswirkungen zu erwarten sind. Das vorliegende Änderungsprotokoll kann im Rahmen der bestehenden Personalressourcen umgesetzt werden.

5

Rechtliche Aspekte

Das Änderungsprotokoll stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Nach Artikel 184 Absatz 2 BV ist der Bundesrat ermächtigt, die Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung der Verträge zuständig; ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (siehe auch Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19978). Im vorliegenden Fall gibt es weder ein Gesetz noch einen völkerrechtlichen Vertrag, das oder der dem Bundesrat die Kompetenz verleiht, einen Vertrag wie das Änderungsprotokoll abzuschliessen. Das Parlament ist somit für die Genehmigung des Änderungsprotokolls zuständig.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unter anderem wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten. Gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20029 (ParlG) gelten Bestimmungen als rechtsetzend, die in unmittel-

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SR 172.010 SR 171.10

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bar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen.

Das Änderungsprotokoll enthält Bestimmungen, die den Schweizer Behörden Pflichten auferlegen sowie den Schweizer Behörden und den Privatpersonen (natürliche und juristische Personen) Rechte verleihen. Das Änderungsprotokoll enthält somit wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG und Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Änderungsprotokolls untersteht deshalb dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.

Die Bundesversammlung genehmigt völkerrechtliche Verträge, die dem Referendum unterliegen, in der Form eines Bundesbeschlusses (Art. 24 Abs. 3 ParlG).

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