701

# S T #

Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 23. November 1874.)

Der Bundesrath hat sich veranlaßt gesehen, wegen Vollziehung des die S o n n t a g s r u h e des Eisenbahnpersonals betreffenden Art. 9 irn neuen Eisenbahngeseze an sämmtliehe schweizerische Eisenbahngesellschaften folgendes Kreisschreiben zu erlassen: Tit ' "Tiu..

,,Aus den Jahresberichten einiger Bahnverwaltungen und aus andern Quellen haben wir erfahren, dass die Bestimmung von Art. 9 desEisenbahngesezess vom 23. Dezember 1872, wonach denBahnbeamtenn und Angestellten wenigstens je der drifte Sonntag freizugeben ist. immer noch sehr verschiedeninterpretiertt und je nach der Auslegung auch vollzogen wird.

Es veranlaßt uns dies, Ihnen mitzuteilen welche Stellung zu der Frage die Bundesbehörden genommen haben. Im Geschäftsbericht über das Jahr 1873 sprachen wir uns folgendermaßen aus : ,,,,Die meisten Verwaltungen legen den Art. 9 dahin aus, dnß er zwar den Gesellschaften, nicht aber den Angestellten gegenüber einen imperativen Charakter habe. Den Leztern stehe es daher frei, auf dio 17--18 in unabänderlicher Reihenfolge wiederkehrenden freien Sonntage ganz oder theilweise zu verachten, namentlich wenn ihnen das bisherige Verhältuiß, wonach Urlaub dem Bedürfniß entsprechend, öfters mehr als 17 18 Tage per Jahr, ertheilt worden sei, besser dienen sollte. Die ganze; Fassung des Artikels 9 schließt alter unsers Dafürhaltens die .Interpretation aus, als ob die Bundesversammlung damit beabsichtigt hätte, Bestimmungen über Urlaub oder Freitage, im Allgemeinen zur Vermeidung ungesunder Ausnuzuug der Arbeiter zu erlassen; -- sie wollte ihnen nichts anderes garantiren, als die ihrer Meinung nach unerläßliche Sonntagsruhe, sammt all' den Vorzügen, die nach vielfach geteilten Ansichten mit derselben verknüpft sind. Das, wenn immer möglich, zu erzielen, betrachten wir als unsere schwierige Aufgabe"

702 ,,Gegenüber einer abweichenden Anschauung der Mehrheit der zur Prüfung des Geschäftsberichtes vom Ständerath niedergesezten Kommission bildete die Majorität desselben den Standpunkt des Bundesrates und im Nationalrath wurde die Frage nicht wieder aufgenommen. Nach diesen Vorgängen haben wir uns nicht mehr mit Widerlegung der Einwürfe zu befassen, als ob die hierseitige Interpretation den Grundsäzen der Rechtsgleichheit aller Bürger und der Gewissens- und Glaubensfreiheit widerspreche, sondern einzig unsere Stellung als gesezvollziehende Behörde im Auge zu behalten, Wir müssen Sie daher einladen, uns Bericht zu erstatten, ob Ihr gesammtes Personal nunmehr die durch den erwähnten Gesezesartikel postuline Sonntagsruhe genieße, eventuell auf welche Klassen von Angestellten die Vorschrift des Gesezes noch keine Anwendung finde, und welches die entgegenstehenden Gründe seien. Dabei wollen Sie nicht unterlassen, anzuführen, ob auch dem zahlreichen Corps der Wagenschieber, Manövristen u. s. w., überhaupt dem zwar mit Taglöhnen bezahlten, aber in Wirklichkeit dennoch ständigen Personals eine regelmäßige Sonntagsruhe zu Theil wird, ohne daß dasselbe gezwungen ist, auf den betreffenden Taglohn zu verzichten"·

(Vom 28. November 1874.)

Die vom Bundesrath für die Dezembersession der Bundesversammlung festgesezten Verhandlungsgegenstände sind folgende: 1. Wahl des Bundespräsidenten und des Vizepräsidenten des Bundesrathes für das Jahr 1875.

2. Wahl eines Ersazmannes in das Bundesgericht.

3. Budget für das Jahr 1875. (Der Ständerath hat die Priorität.)

4. Botschaft und Gesezentwurf über Civilstand und Ehe. (Anhängig beim Nationalrath.)

5. Botschaft und Entwurf eines Bundesgesezes über Maß und Gewicht.

fi. Botschaft betreffend die Errichtung Deines eidgenössischen Forstinspektorats.

7. Botschaft und Entwurf zu einem Bundesgesez über die politische Stimmberechtigung der Schweizerbürger. (Anhängig beim Ständerath.)

703

8. Botschaft und Entwurf eines Bundesbeschlasses betreffend provisorische Feststellung der Entschädigung einiger Justizbeamten.

9. * Botschaft und Gesezentwurf betreffend die Rechtsverhältnisses des Frachtverkehrs und der Spedition auf Eisenbahnen und auf andern vom Bunde konzedirteu Transportanstalten. (Anhängig beim Nationalrath.)

10. Botschaft und Gesezentwurf betreffend die Verbindlichkeit der Eisenbahnen und andern vom Bunde konzedirten Transportanstalten zum Schadenersaz für die beim Bau und Betrieb herbeigeführten Tödtungen und Verlezungen. (Anhängig beim Nationalrath.)

11. Botschaft und Gesezentwurf betreffend die Rechtsverhältnisse der Verbindungsgeleise zwischen dem schweizerischen Eisenbahnnez und gewerblichen Anstalten. (Anhängig beim Ständerath.)

12. Botschaft und eventueller Konzessionsentwurf betreffend eine Eisenbahn von Chambésy bis an die französische Grenze gegen Gex. (Anhängig beim Ständerath.)

13. Botschaft betreffend Kouzessionsänderung der Bahn CroyAllaman (Anhängig beim Nationarath.)

14. Botschaft und Konzessionsentwurf für eine Dampfomnibuseisenbahn von Zürich nach Höngg.

15. Botschaft betreffend Fristverlängerung für die Eisenbahn Bözenegg-Nordostbalm (Rupperswyl) 16. Botschaft und Gesezeutwurf betreffend Ausgabe und Einlösung von Banknoten. (Anhängig beim Nationalrath.)

17. Botschaft und Gesezentwurf betreffend die eidgenössische Geldscala. (Anhängig beim Ständerath.)

18. Nachtragskredite für das Jahr 1874. (Priorität beim Ständera l h.)

19. Botschaft und Beschlußentwurf betreffend Uebergabe des Schneebruche am St. Gotthard an die Kantone Uri und Tessin. (Priorität beim Ständerath.)

20. Botschaft und Beshlussentwurf betreffend die Verzollung von Eisenbahnmaterial. (Anhängig beim Ständerath.)

21. Botschaft und Gesezentwurf betreffend das Postregal. (Beim Ständerath anhängig.)

22. Botschaft und Postvereinsvertrag, abgeschlossen vom l'ostkongresse in Bern im Oktober 1874.

704

23. Botschaft betreffend Abänderung des Postvertrags mit Belgien wegen Geldanweisungen.

24. Botschaft betreffend Abänderung des Postvertrags mit den Niederlanden, betreffend Geldanweisungen.

25. Rekurse von Fürsprecher Amiet Namens der Delegirten aus der katholischen Bevölkerung des Bisthums Basel etc. gegen den Bundesrathsbeschluß vom 13. Januar 1874, betreffend die staatlich kirchlichen Konflikte im genannten Bisthum (Beim Nationalrath anhängig.)

26. Rekurs des Hrn. Gendre, Advokat, in Freiburg, gegen den Beschluß des Bundesrathes vom 28. April 1871, betreffend Verfassungsmäßigkeit des freiburgischen Schulgeseze, nebst Bericht des Bundesrathes über die Frage, ob der Orden der Ursulinerinnen mit demjenigen der Jesuiten als affiliert zu betrachten sei. (Anhängig beim Nationalrath.)

27. Rekurs der Regierung des Kantons Tessin gegen den Bundesrathsbeschluß vom 11. Februar 1874, betreffend kantonale Konsumosteuer auf eingeführten Eisenbahnmaterialien (Anhängig beim Nationalrat.)

28. Rekurs der Tessiner Regierung gegen den Bundesrathsbeschluß vom 2. September 1874, betreffend Preßfreiheit in Sachen Traversa und Degiorgi in Lugano.

29. Rekurs des Staatsrates des Kantons Wallis gegen den Entscheid des Bundesrathes vom 14. August 1874, betreffend die. Verfassungsmässigkeit des Finanzdekretes vom 29. Mai 1874. (Anhängig beim Nationalrat Der Ständerath hat den Rekurs am 21. Oktober 1874 abgewiesen.)

30. Rekurs des Gaudenz Willi von Lenz (Graubünden) gegen den Entscheid des Bundesrathes vom 21. August 1874, betreffend einen von Albert Bosch zum Waldhorn ausgewirkten Arrest. (Anhängig beim Ständerath.)

31. Rekurs von Jakob Guggenheim-König in Ober-Endingen (Aargau) gegen den bundesräthlichen Entscheid vom 21. August 1874, betreffend Anhaltung seines Sohnes zum Schulbesuch am Sabbath. (Anhängig beim Ständerath. Der Nationalrath hat den Rekurs am !). November 1874 abgewiesen.)

32. Rekurs des Pater Marcellino, Kapuziner in Faido, Kts. Tessin, gegen den Beschluß des Tessiner Staatsraths vom 15/16.

Juli 1874, aufrechterhalten durch Beschluß des Bundesraths vom 17. September 1874, betreffend provisorisches Funktio-

70»

niren des Rekurrenten als Pfarrer zu Verscio. (Anhängig beim Nationalrath. Der Ständerath hat. den Rekurs am 24,, Oktober 1874 abgewiesen.)

38. Rekurs von August Ziegler und 21 Mitunterzeichnern in Schaffhausen gegen den bundesräthlich Bescheid vom 5. Juni 1874, betreffend Transitabfertigung der Zollstätten Schaffhausen nach Büsingen (Anhängig beim Nationalrath.)

Allfällig weiter hinzukommende Gegenstände.

(Vom 28. November 1874.)

Der Bundesrath genehmigte die von der Regierung des Kantons Freiburg vorgenommene Rektifikation des Artikels 23 der dortigen Militärorganisation, welcher Artikel nun also lautet: "Die Eltern sind so lange für die Bezahlung der ihren Kindern ,,auferlegten Taxen und Militärstrafen verantwortlich, bis sie im.

,,Besiz des väterlichen oder des mütterlichen Vermögens sind."

Die vom eidg. Militärdepartement vorgelegte Ordonnanz über die Geschüze, Caissons, Munition und Ausrüstung der Batterien gezogener 8cm Kanonen ist vom Bundesrathe genehmigt worden.

Der Bundesrath hat sein Post- und Telegraphendepartement ermächtigt, mit den Regierungen der Kantone Zürich und Thurgau wegen Erstellung öffentlicher Telegraphenbüreaux in Weißlingen und Berg Verträge in üblicher Weise abzuschließen.

(Vom 4. Dezember 1874.)

Der Bundesrath hat die Errichtung eines öffentlichen Telegraphenbüreau auf der Eisenbahnstation Nänikon (Zürich), beschlossen.

Bundesblatt. Jahrg. XXYI. Bd. III

48

706

Vom Bundesrathe sind gewählt worden: (am 30. November 1874) als Postkommis in Luzern: Hr. Heinrich Kündig, Postaspirant, von Alt Landenberg (Zürich), in Bauma; 7, ,, ,, Biel: ,, Konrad L a n d o l i , von'Oerlingen (Zürich), derzeit Postkommis in Moudon (Waadt); ,, Telegraphistin in Sonceboz : Frau Nanette S t r e i t , von Zirnmerwald (Bern), Posthalterin in Sonceboz (Bern); ,, ,, in Montbovon: Jgfr. Fanny R u b i n , von Reichenbach (Bern), in Montbovon (Freiburg) ; (am 1. Dezember 1874) als Postkommis in Murten: Hr. Alfred A r l e t t a z , Postaspirant, von Liddes (Wallis), in Lausanne ; (am 2. Dezember 1874) als Telegraphist in Uetikon: Hr. Johannes Zürrer, von Schönenberg, Posthalter in Uetikon.

(Zürich) ; (am 4. Dezember 1874) als Postbüreau-Chef in Lausanne: Hr. David Louis R o c h a t , von Le Lieu (Waadt), bisher Postkommis in Lausanne; v, Posthalterin in Corcelles: Jgfr. Susanne M o r e i , von Colombier (Neuenburg), in Corcelles ; Hr. Ange G i a m b o n i ni , von Postkommis in Beilenz : Lugano, bisher Postkoinmis in Basel ; ,, Johann M en n, von Ilanz (Graubünden), derzeit Postkommis in Neuenburg; ,, Joseph Marie C o u c h e p i n , Lausanne : Postaspirant, von Champéry (Wallis), in Vivis; Frau Françoise Co r b o z , geb.

Bulle: Zehnder, von Tour de Trème (Freiburg), in Bulle.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1874

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

52

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.12.1874

Date Data Seite

701-706

Page Pagina Ref. No

10 008 409

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.