05.428 Parlamentarische Initiative Sondersatz der Mehrwertsteuer für Beherbergungsleistungen. Verlängerung Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 6. September 2005

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt einstimmig dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

6. September 2005

Im Namen der Kommission Der Präsident: Eugen David

2005-2340

5771

Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Gemäss Artikel 36 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (MWSTG) gilt der Sondersatz von 3.6 Prozent für Beherbergungsleistungen bis zum 31. Dezember 2006.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) beriet an ihrer Sitzung vom 23. Mai 2005 das weitere Vorgehen bezüglich des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen.

Nach eingehender Diskussion beschloss die WAK-S die Ausarbeitung einer Kommissionsinitiative gemäss Artikel 109 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes für eine abermalige Verlängerung des Sondersteuersatzes von 3.6 Prozent für Beherbergungsleistungen bis Ende Dezember 2010. Am 22. August 2005 stimmte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) diesem Beschluss zu. Das Sekretariat wurde zusammen mit der Verwaltung beauftragt, einen entsprechenden Erlassentwurf auszuarbeiten. Der Entwurf wurde am 6. September 2005 von der WAK-S einstimmig angenommen.

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Ausgangslage

2.1.1

Geltendes Recht

Am 1. Januar 1995 trat die Verordnung über die Mehrwertsteuer in Kraft. Auf Grund einer Übergangsbestimmung (Art. 8ter) in der alten Bundesverfassung bestand die Möglichkeit, dass der Bund auf dem Weg der Gesetzgebung für bestimmte im Inland erbrachte Tourismusleistungen einen tieferen Satz in der Umsatzsteuer festlegen konnte. Die Festschreibung eines tieferen Umsatzsteuersatzes war unter zwei Bedingungen möglich. Einerseits musste die Dienstleistung in erheblichem Ausmass durch Ausländer konsumiert werden, was bei einer durchschnittlich 60 %-igen Belegung durch ausländische Gäste in der Hotellerie der Fall war, und zweitens musste die Wettbewerbsfähigkeit der Branche einen tieferen Satz erfordern. Die schwierige Lage des einheimischen Tourismusgewerbes Mitte der Neunzigerjahre veranlasste den Bundesrat, einen Mehrwertsteuersondersatz von damals 3 Prozent vorzuschlagen. Die Räte stimmten dem tieferen Satz in der Frühlingssession 1996 zu. Somit konnte der Sondersteuersatz für Beherbergungsleistungen (inklusive des Frühstücks) im Oktober 1996 für die Dauer von fünf Jahren bis längstens Ende Dezember 2001 in Kraft gesetzt werden.

Im Rahmen der Beratungen zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer im Jahre 1998 wurde die zeitliche Befristung verlängert. Die Räte bestätigten mit dem neuen Mehrwertsteuergesetz, welches am 1. Januar 2001 in Kraft trat, in Artikel 36 Absatz 2 den Sondersatz für Beherbergungsleistungen. Er liegt bei 3,6 Prozent, während der Normalsatz 7,6 Prozent beträgt. Die Befristung wurde auf Ende Dezember 2003 festgesetzt.

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Die Geltung des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen wurde gestützt auf eine parlamentarische Initiative der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates aus dem Jahr 2002 erneut bis zum 31. Dezember 2006 verlängert. Die Kommission führte damals aus, dass sich die schweizerische Hotellerie in einer Phase der Strukturbereinigung befinde (vgl. Bericht und Antrag der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 3. Mai 2002, BBl 2002 7312 ff.; Bundesgesetz vom 20. Juni 2003, AS 2003 4351).

Mit der neuen Finanzordnung, welche im November 2004 in einer Volksabstimmung mit 74 Prozent Ja-Stimmen und 25 Kantonen klar angenommen worden ist, wurde in der Verfassung verankert, dass das Mehrwertsteuergesetz einen Sondersatz für Beherbergungsleistungen vorsehen kann (Art. 130 Abs. 2 BV).

2.1.2

Die Entwicklung der Hotellerie

Die Hotellerie ist einer der wichtigsten Pfeiler des Schweizer Tourismus. Die Entwicklung der Beherbergungsbranche hat deshalb unmittelbare Auswirkungen auf den gesamten Tourismussektor und ihre zahlreichen Zulieferbetriebe. Die tourismusabhängigen Branchen leisten in der Schweiz einen direkten Wertschöpfungsbeitrag an das Bruttoinlandprodukt von rund 3 Prozent. Dies entsprach im Jahr 2003 rund 12,9 Mia. Franken, wovon 31 Prozent direkt in der Beherbergungsbranche generiert wurden. Rund 5 Prozent der Arbeitskräfte in der Schweiz sind im Tourismus tätig ­ gut ein Drittel davon oder rund 52 000 Personen in der Hotellerie.

Die Schweiz ist ein traditionelles Tourismusland und verfügte bis in die 80er-Jahre über eine sehr starke Position auf dem Weltmarkt. Die Liberalisierung der Märkte, verbunden mit einer verstärkten internationalen Arbeitsteilung und einem Anstieg des Wohlstands in aufstrebenden Ländern führte im weltweiten Tourismus gegen Ende des 20. Jahrhunderts zu einer immensen Markterweiterung. In der Folge stagnierte die touristische Nachfrage in der Schweiz in den 80er-Jahren und geriet in den 90er Jahren in eine tiefe Krise. Die Anzahl Logiernächte sank von 1991 bis 1996 von 36 auf 29 Mio.

Wachstumsraten der Hotellogiernächte 1995 bis 2005 Quelle: seco/BFS 10% 8% 6% 4% 2% 0% -2% -4% -6% -8% -10% 1995

1996

1997

1998

1999 Ausländer

2000

2001

Inländer

2002

2003

2004

2005*

Total

5773

Im Jahr 1996 erholte sich die Tourismusindustrie allmählich und ab 1997 resultierte bei den Logiernächten wiederum eine positive Wachstumsrate. Bis ins Jahr 2000 stiegen die Hotelübernachtungen wieder auf 34 Mio. an.

Bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends ging die Dynamik des Wiederaufschwungs im gesamten Schweizer Tourismusbereich verloren. Die rund 10 %-ige Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro schwächte die preisliche Wettbewerbsfähigkeit. Dies, gepaart mit konjunkturellen Schwierigkeiten in wichtigen Herkunftsländern, führte zu einem signifikanten Einbruch der Nachfrage aus der EU. Mit der Verunsicherung aufgrund der terroristischen Anschläge nahmen die ausländischen Übernachtungen schliesslich um rund 8 Prozent ab. Die Nachfrage aus Deutschland sank gar um 14 Prozent.

Die Beherbergungsindustrie erholt sich nur allmählich vom Einbruch nach der Jahrtausendwende und erzielte im Jahr 2004 erstmals wieder eine positive Wachstumsrate von 1 Prozent. Die Prognosen bis ins Jahr 2007 sind verhalten positiv.

Unsicherheiten bestehen allerdings insbesondere in Bezug auf die Entwicklung in Deutschland. Sollte sich dort die zögerliche Konjunktur weiter abschwächen, muss mit einem negativen Effekt auf den Tourismus in der Schweiz gerechnet werden.

Der verstärkte Wettbewerb in der Hotellerie hat in den vergangenen zehn Jahren zu einer gewissen Restrukturierung geführt. Betriebe mit veralteten Strukturen und Angeboten, die nicht mehr zeitgemäss sind, darunter viele Kleinbetriebe, sind unter Druck gekommen. So nahm die Anzahl Hotelbetriebe von 1992 bis 2003 von 6300 auf 5600 Betriebe ab. Gleichzeitig stieg die durchschnittliche Anzahl Betten pro Betrieb um 10 Prozent auf gut 46 Betten pro Hotel.

2.1.3

Preis- und Lohnniveau

Die Studie von J. Kuster und P. Plaz «Tourismusdestination Schweiz: Preis- und Kostenunterschiede zwischen der Schweiz und der EU» im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft aus dem Jahr 2003 zeigt auf, dass die bedeutenden Preisunterschiede zwischen der Schweiz und der EU zu den grössten Herausforderungen für den Schweizer Tourismus gehören. Wohl sind sämtliche Branchen von den Preisunterschieden zwischen der Schweiz und der EU betroffen, aus branchenspezifischen Gründen fallen diese Probleme im Tourismus jedoch besonders ins Gewicht: In den vergangenen zehn Jahren bewegte sich der Anteil ausländischer Gäste in den Schweizer Hotels relativ stabil zwischen 55 und 60 Prozent. Schweizer dagegen geben mittlerweile 53 Prozent ihres Ferienbudgets im Ausland aus. Die Tourismusbranche bietet somit einen beachtlichen Teil ihrer Leistungen an ausländische Kunden an, ist aber weitgehend gezwungen, Vorleistungen in der Schweiz zu beziehen.

Die Auslagerung arbeitsintensiver Aufgaben ist kaum möglich, da die Standortgebundenheit naturgegeben ist.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben eine hohe Wechselkurselastizität der Tourismusnachfrage aufgezeigt, was auf eine hohe Preissensitivität in dieser Branche hinweist.

Die eidgenössischen Räte haben der Entwicklung der Tourismusindustrie stets grosse Beachtung geschenkt. Zur Stärkung der Struktur des Tourismus in der Schweiz wurde im Jahr 2003 mit dem Bundesbeschluss über die Finanzierung der schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredite und mit dem Bundesbeschluss über 5774

die Finanzierung der Förderung von Innovation und Zusammenarbeit im Tourismus (BBl 2003 7053 ff. und 7911 ff.) gezielte Fördermassnahmen gesprochen. Der Mehrwertsteuersondersatz kann demgegenüber etwas zur preislichen Wettbewerbsfähigkeit beitragen.

2.1.4

Situation in Europa

19 der 25 EU-Mitgliedstaaten haben Sondersätze bei der Mehrwertsteuer für den Beherbergungssektor festgelegt. Das Vereinigte Königreich und Deutschland haben keinen Hotellerie-Sonderatz; Dänemark und die Slowakei kennen bei der Mehrwertsteuer keine ermässigten Sätze. (Tabelle). Zusätzlich zu dieser Steuervergünstigung wird die Tourismusindustrie in zahlreichen europäischen Ländern mit öffentlichen Geldern gefördert.

Tabelle Mehrwertsteuersätze in verschiedenen europäischen Ländern Staaten

Normalsatz

Ermässigter Satz

Satz für Beherbergungsleistungen

Belgien Dänemark Deutschland Estland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Lettland Litauen Luxemburg Malta Niederlande Österreich Polen Portugal Schweden Slowakei Slowenien Spanien Tschechische Republik Ungarn Vereinigtes Königreich Zypern

21 25 16 18 22 19,6 18 21 20 18 18 15 18 19 20 22 19 25 19 20 16 19 25 17,5 15

6/12 ­ 7 5 8/17 2,1/5,5 4/8 4,8/13,5 4/10 5 9/5/0 3/6/12 ­ 6 10/12 3/7 5/12 6/12 ­ 8.5 4/7 5 15 5 5/0

6 25 16 5 8 5,5 8 13,5 10 5 5 3 5 6 10 7 5 12 19 8.5 7 5 15 17,5 5

5775

2.2

Einführung eines Mehrwertsteuer-Einheitssatzes

Die Mehrwertsteuer wurde im Jahr 1995 eingeführt und hat sich seither zu einem sehr komplexen und schwer durchschaubaren Regelwerk entwickelt. Der Bundesrat hat deshalb im Sommer 2005 angekündigt, mittelfristig dem Parlament eine radikale Vereinfachung des MWSTG zu beantragen. Durch die Einführung eines Einheitssatzes für sämtliche steuerbare Umsätze sowie die Abschaffung aller 25 Ausnahmen soll nicht nur das System vereinfacht, sondern durch die Verbreiterung der Bemessungsrundlage ein tieferer Normalsatz angestrebt werden. Die WAK-S unterstützt die Bestrebungen des Bundesrates und hat dies mit der Eingabe der Motion 05.3566 «Vereinfachung der MWSt und Vereinheitlichung der Sätze» bekräftigt. Um die entsprechenden Arbeiten voranzutreiben hat sie ferner eine Motion verabschiedet, welche eine Befristung sämtlicher Ausnahmen von der Mehrwertsteuer auf fünf Jahre verlangt (Mo. WAK-SR 05.3565).

2.3

Vorschlag der Kommission

Die Diskussion um eine abermalige Verlängerung des Sondersatzes für die Beherbergungsleistungen wurde in der Kommission vor dem Hintergrund einer grundlegenden Revision der Mehrwertsteuer geführt. Die Kommission unterstützt den Bundesrat grundsätzlich in seinen Bestrebungen, das geltende Recht mit der Einführung eines Einheitssatzes für die Besteuerung sämtlicher steuerbarer Umsätze zu vereinfachen. Um die Revisionsarbeiten nicht zu präjudizieren, plädiert sie dafür, dass bis zu dieser wegweisenden Entscheidung weder neue Ausnahmen und Sondersätze ins MWSTG einzuführen, noch bestehende zu streichen seien1. Sie schlägt deshalb nur eine befristete Verlängerung des Sondersatzes von 3.6 Prozent bis Ende 2010 vor. Sie befindet sich damit im Einklang mit dem Finanzdepartement und dem Branchenverband hotelleriesuisse. Laut einer Medienmitteilung des eidgenössischen Finanzdepartements vom 16. August 2005 sprach sich hotelleriesuisse grundsätzlich für die Absicht des Bundesrates aus, mittelfristig einen Mehrwertsteuer-Einheitssatz einzuführen. Gleichzeitig erklärte sich das Finanzdepartement bereit, in diesem Rahmen seinerseits die Verlängerung des Sondersatzes zu unterstützen.

Es versteht sich von selbst, dass für den Fall, dass die Einführung des Einheitssatzes bereits vor 2010 erfolgen sollte, Artikel 36 Absatz 2 MWSTG und damit der Sondersatz für die Beherbergungsleistungen aufgehoben würde. Die Kommission unterstützt die Aufhebung sämtlicher Ausnahmen und Sonderbestimmungen im Sinne eines möglichst grossen gesamtwirtschaftlichen Effekts. Im Übrigen weist sie darauf hin, dass die Hotellerie dann zwar für die Beherbergungsleistungen einen höheren Satz berechnen muss, gleichzeitig aber bei allen weiteren Leistungen, welche heute dem Normalsatz unterstehen (beispielsweise die Restaurationsdienstleistungen), von einem tieferen Einheitssatz profitieren könnte.

1

Aus diesem Grund beantragt die Kommission ihrem Rat, Nichteintreten auf die Vorlage, welche der Nationalrat im Rahmen der parlamentarischen Initiative Triponez (02.413) Berufsunfallverhütungsmassnahmen. Ausnahme von der Mehrwertsteuerpflicht. verabschiedet hat. Mit dieser Revision des MWSTG sollen die von der SUVA vollzogenen Massnahmen zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten, von der Mehrwertsteuer ausgenommen werden (BBl 2004 4969 ff.).

5776

Die Kommission will mit der befristeten Verlängerung des Mehrwertsteuersatzes zudem vermeiden, dass sich der anzuwendende Mehrwertsteuersatz im Falle der Einführung eines Einheitssatzes innert weniger Jahre zweimal ändert. Sie anerkennt die schwierigen Rahmenbedingungen der Hotellerie in der Schweiz und möchte diese nicht mit zusätzlichem administrativem Aufwand und damit verbundenen Zusatzkosten belasten.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Einbettung ins Mehrwertsteuergesetz

Die Vorlage stellt die Fortführung des geltenden Rechts dar. Im aktuellen Artikel 36 Absatz 2 MWSTG ist die Gültigkeitsdauer des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen bis zum 31. Dezember 2006 vorgesehen. Dementsprechend wird Artikel 36 Absatz 2 MWSTG nur dahingehend geändert, als die Geltung des Sondersatzes bis zum 31. Dezember 2010 erstreckt wird.

3.2

Erläuterungen zur vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung

Das Charakteristische an einem Beherbergungsvertrag besteht darin, dass der Gastwirt eine Vielzahl von Leistungen erbringt. Im Vordergrund steht die entgeltliche Zurverfügungstellung von Wohn- und Schlafräumen (mietvertragliches Element).

Darüber hinaus werden aber auch Serviceleistungen verschiedenster Art erbracht.

Diese sind ebenfalls zum Sondersatz steuerbar, wenn sie mit der Übernachtung in direktem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie im Preis für die Übernachtung eingeschlossen sind oder vom Hotelbetreiber separat fakturiert werden.

Nach der Praxis der ESTV zählen zu diesen Nebenleistungen (abschliessende Aufzählung): Die Abgabe des Frühstücks, die Reinigung der Zimmer, das Zurverfügungstellen von Bett- und Frottierwäsche, die Radio- und Fernsehbenützung (ohne Pay-TV), die Versorgung von Zelten, Wohnwagen und Motorhomes mit Strom, Warm- und Kaltwasser sowie die Entsorgung von Abwasser und Kehricht, und die Benutzung der sanitären Anlagen (ohne Waschmaschine) auf Campingplätzen.

Ebenfalls zum Sondersatz steuerbar sind diejenigen Leistungen, die innerhalb der Hotelanlage erbracht werden und dort von allen Hotelgästen ohne Aufpreis in Anspruch genommen werden können (Bsp. Benutzung des Tennisplatzes, Whirlpools u. dgl.). Die übrigen Leistungen, namentlich alle Mahlzeiten ausser dem Frühstück, unterliegen dem Normalsatz oder gegebenenfalls dem reduzierten Satz.

In der Hotelbranche werden oftmals ganze Leistungsbündel (Halb- und Vollpensionsarrangements) zu einem Pauschalpreis angeboten. In solchen Fällen hat eine Aufteilung in eine zu 3,6 Prozent steuerbare Kategorie «Logement inklusive Frühstück» und eine Kategorie «übrige Leistungen» zu erfolgen. Dem Hotelbetreiber stehen für die steuerliche Behandlung dieser Arrangements die Möglichkeit der effektiven Berechnung des Beherbergungs- und des Verpflegungsanteils oder eine pauschale Ermittlung offen, da in der Praxis die Halb- und Vollpensionsarrangements meistens in Pauschalen angeboten werden. Deshalb lässt die ESTV eine pauschale Aufteilung des Beherbergungs- und des Verpflegungsanteils zu. Bei Halbpension werden 75 Prozent des Arrangementpreises als Beherbergungsleistung 5777

zu 3,6 Prozent erfasst und 25 Prozent des Arrangementpreises als übrige Leistungen zu 7,6 Prozent. Bei Vollpension unterliegen 65 Prozent des Arrangementpreises dem Sondersatz und 35 Prozent dem Normalsatz.

In den Genuss des Sondersteuersatzes gelangen grundsätzlich sämtliche Betriebe des Hotellerie- und des Parahotelleriegewerbes. Zu den ersteren gehören einerseits die eigentlichen Hotelbetriebe (Hotels, Gasthäuser mit Gastbetten, Garnibetriebe, Motels, Ferienpensionen, Aparthotels und stationär betriebene Hotelschiffe), andererseits die Kurbetriebe (Kurhäuser, Höhensanatorien, Bäderkliniken und Heilbäder). Die Parahotellerie umfasst die Vermietung von Ferienhäusern, Ferienwohnungen und Gästezimmern, den Betrieb von Jugendherbergen, das Anbieten von Schlafgelegenheiten in Massenlagern und SAC-Hütten sowie das Vermieten von Zelt- und Wohnwagenplätzen mit Einschluss der allenfalls benützungsbereit aufgestellten Zelt- und Wohnwagenanlagen.

4

Finanzielle Auswirkungen

Im Vergleich zum heutigen Status ergeben sich aus der Beibehaltung des Sondersatzes von 3,6 Prozent über das Jahr 2006 hinaus keine finanziellen Auswirkungen der Vorlage. Ein Teil der gastgewerblichen Leistungen, nämlich die Beherbergungsleistungen mit Einschluss der Abgabe des Frühstücks, wird gegenüber dem Normalsatz von 7,6 Prozent zu einem niedrigeren Steuersatz besteuert. Bei einer Besteuerung der Beherbergungsleistungen zum Normalsatz ergäben sich bei gleich bleibender Nachfrage ungefähr 140­150 Millionen Franken Mehreinnahmen pro Jahr.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Vorlage ist insofern Europa-kompatibel, als auch das Richtlinienrecht der Europäischen Union (EU) den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, für die «Beherbergung in Hotels und ähnlichen Einrichtungen, einschliesslich Ferienunterkünften und Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen» einen ermässigten Satz vorzusehen (6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuern vom 17. Mai 1977, Amtsblatt der EU vom 13. Juni 1977 Nr. L 145 S. 1 ff.; Art. 12 Abs. 3 Bst. a in Verbindung mit Anhang H [Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen, auf die ermässigte MWSt.-Sätze angewandt werden können]). Allerdings darf der ermässigte Satz in den Mitgliedstaaten der EU nicht weniger als 5 Prozent betragen (Art. 12 Abs. 3 Bst. a der 6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuern vom 17. Mai 1977).

6

Verfassungsmässigkeit

Die verfassungsmässige Grundlage für den Sondersatz bildet Artikel 130 BV gemäss dem Bundesbeschluss vom 19. März 2004 über eine neue Finanzordnung, wonach das Gesetz für die Besteuerung der Beherbergungsleistungen einen Satz zwischen dem reduzierten und dem Normalsatz festlegen kann (Art. 130 Abs. 2 BV).

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