BBl 2023 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

23.083 Botschaft zum Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten vom 29. November 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. November 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2023-3476

BBl 2023 2864

BBl 2023 2864

Übersicht Mit Blick auf die angespannte Situation an den europäischen Energiemärkten erachtet es der Bundesrat als dringend notwendig, die Transparenz der Energiegrosshandelsmärkte, auf denen schweizerische Energiegrosshandelsprodukte (Strom und Gas) gehandelt werden, und die Aufsicht über diese Märkte zu stärken. Damit wird das Vertrauen in die Integrität dieser Märkte gefestigt. Weiter wird sichergestellt, dass die auf diesen Märkten gebildeten Preise ein unverfälschtes und auf einem offenen und fairen Wettbewerb beruhendes Zusammenspiel zwischen Angebot und Nachfrage widerspiegeln, und um die Entwicklung dieser Märkte im Hinblick auf eine sichere und erschwingliche Versorgung in der Schweiz zu beobachten und zu überwachen. Deshalb soll diese Vorlage die Transparenz im Energiegrosshandel erhöhen und die Aufsicht über die entsprechenden Märkte der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) übertragen. Den Marktteilnehmern werden gewisse Pflichten auferlegt: Registrierung bei der Aufsichtsbehörde, Übermittlung der für die Marktaufsicht notwendigen Informationen sowie Veröffentlichung von Insiderinformationen. Auf diese Weise wird die Wirksamkeit der Aufsicht gewährleistet. Des Weiteren zielt das Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (BATE) darauf ab, unzulässiges Marktverhalten wie etwa Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen und Marktmanipulation durch Strafandrohung zu unterbinden und wenn nötig zu sanktionieren.

Die vorgeschlagenen Regelungen lehnen sich stark an diejenigen der Europäischen Union (EU) an.

Ausgangslage Auf den europäischen Energiegrosshandelsmärkten ist es seit Ende 2021 und insbesondere seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine zu starken Preisausschlägen gekommen. Von diesen Entwicklungen ist auch die Schweiz betroffen, da sie stark mit dem europäischen Energiesystem vernetzt ist.

Unternehmerische Aktivitäten im EU-Raum unterliegen insbesondere nach der EUVerordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegrosshandelsmarkts (REMIT-Verordnung) der Aufsicht der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und der nationalen Regulierungsbehörden der EUMitgliedstaaten.

Inhalt der Vorlage Mit der Vorlage werden die Pflichten der Teilnehmer am Schweizer Markt, der Teilnehmer am europäischen
Markt (die gegenwärtig den Artikeln 26abis­26c der Stromversorgungsverordnung vom 14. März 2008 [StromVV] unterstehen) sowie der Vermittler am Schweizer Markt geregelt. In diesem Zusammenhang sieht der Entwurf zudem ein Verfahren für die Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen und von Meldemechanismen vor.

Das Gesetz betrifft in erster Linie die Teilnehmer am Schweizer Markt, da diese unmittelbar am Handel mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten beteiligt sind. Ihnen wird eine Reihe von Pflichten auferlegt: Sie müssen sich bei der Aufsichts2 / 78

BBl 2023 2864

behörde (ElCom) registrieren lassen, bevor sie auf einem Energiegrosshandelsmarkt Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen. Zudem müssen sie der ElCom die für die Marktaufsicht notwendigen Informationen (d. h. Angaben über ihre Transaktionen und Handelsaufträge, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen, und die grundlegenden Daten über ihre Anlagen) übermitteln und ihre Insiderinformationen veröffentlichen. Auf diese Weise wird eine wirksame Aufsicht gewährleistet. Die Teilnehmer am europäischen Markt haben hingegen einen Sonderstatus. Sie haben zwar ihren Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz, aber ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit Energiegrosshandelsprodukten fallen unter den Geltungsbereich der europäischen REMIT-Verordnung. Zusätzlich galt für sie bis anhin eine Reihe von Pflichten nach den Artikeln 26abis­26c StromVV. Diese Pflichten werden im vorliegenden Entwurf übernommen, sodass die Teilnehmer am europäischen Markt auch in Zukunft praktisch den gleichen Anforderungen genügen müssen wie bisher. Sie müssen sich bei der ElCom registrieren lassen und die Informationen, die sie aufgrund der REMIT-Verordnung den Behörden der EU oder eines EU-Mitgliedstaats zur Verfügung stellen müssen, gleichzeitig und in identischer Form der ElCom übermitteln. Für Vermittler am Schweizer Markt schliesslich gelten aufgrund ihrer profunden Kenntnisse des Markts, auf dem sie tätig sind, und ihrer Kundinnen und Kunden ebenfalls verschiedene Pflichten. Diese zielen hauptsächlich darauf ab, unzulässiges Marktverhalten zu verhindern.

Verhaltensweisen, die eine marktverzerrende Wirkung haben, sind unerwünscht, und zwar unabhängig davon, ob eine preiserhöhende oder preissenkende Verzerrung erfolgt. Mit der Vorlage werden daher auch die Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen sowie Marktmanipulationen auf den Energiegrosshandelsmärkten verboten.

Zur Erkennung und Sanktionierung von unzulässigem Marktverhalten und schweren Verstössen gegen die Pflichten nach dem Gesetz sind aufsichtsrechtliche Instrumente, Verwaltungssanktionen und strafrechtliche Sanktionen vorgesehen.

Die ElCom erhält dank der Vorlage insbesondere Informationen über die Handelsaktivitäten der Marktteilnehmer auf den Energiegrosshandelsmärkten und somit auch über die Art und Weise, wie die grossen Strom-
und Gasunternehmen untereinander vernetzt sind. Dadurch können unzulässige Verhaltensweisen frühzeitig erkannt und die Entwicklung der Energiegrosshandelsmärkte beobachtet werden, damit eine sichere und erschwingliche Energieversorgung in der Schweiz gewährleistet werden kann.

Mit dieser Vorlage wird ein dem EU-System weitgehend gleichwertiges System in der Schweiz geschaffen, das im Fall eines Abkommens mit der EU unverzichtbar wäre.

Die Bestimmungen stehen im Einklang mit den entsprechenden EU-Regelungen. Sie sind jedoch nicht mit einer Integration ins EU-REMIT-System verbunden.

3 / 78

BBl 2023 2864

Inhaltsverzeichnis Übersicht

2

1

Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.2 Gewählte Lösung 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 1.3.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 1.3.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

5 5 6

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

8

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.2 Abstimmung von Aufgaben sowie Abgrenzungsfragen 4.3 Umsetzungsfragen

11 11 12 13

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

14

6

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.3 Auswirkungen auf die einzelnen Akteure

71 71 72 72

7

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform 7.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 7.5 Datenschutz

74 74 75 75 75 76

Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (BATE) (Entwurf)

4 / 78

7 7 8 8

BBl 2023 2865

BBl 2023 2864

Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Die Schweiz ist traditionell eine wichtige Drehscheibe für den Stromtransport und den Stromhandel in Europa. Mit der Transitgasleitung führt zudem eine leistungsstarke Erdgastransportverbindung von Deutschland und Frankreich nach Italien durch die Schweiz und umgekehrt. Die gute Einbindung in die europäischen Netze und in den Strombinnenmarkt stärkt die Versorgungssicherheit der Schweiz und würde gute Voraussetzungen für die Teilnahme am EU-Binnenmarkt bieten. Die schweizerischen Energiegrosshandelsprodukte und somit auch die Grosshandelspreise für Strom und Erdgas orientieren sich an den Preisen in den Nachbarländern. Die Energiegrosshandelsmärkte sind indessen seit Ende 2021 und insbesondere seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine sehr angespannt. Von den aktuellen Entwicklungen ist auch die Schweiz betroffen, da sie eng in das europäische Netz eingebunden ist.

An seiner Sitzung vom 18. Mai 2022 hat der Bundesrat daher mit der Botschaft für ein dringliches Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft1 den Entwurf für einen Rettungsschirm für die Strombranche verabschiedet. Das Gesetz wurde in der Herbstsession 2022 dringlich beraten und ist am 1. Oktober 2022 in Kraft getreten.2 Der Rettungsschirm soll verhindern, dass es in Zeiten von starken Preisaufschlägen auf dem europäischen Strommarkt zu Liquiditätsengpässen bei systemkritischen Stromunternehmen in der Schweiz und dadurch zu einer Kettenreaktion in der Strombranche kommt. Eine solche hätte schlimmstenfalls den Kollaps des Systems zur Folge. Das Gesetz ist allerdings auf Ende 2026 befristet. Danach soll es von anderen Regelungen abgelöst werden. Dazu gehört der vorliegende Gesetzesentwurf, der vor allem zur Transparenz der Transaktionen mit Energiegrosshandelsprodukten beiträgt. Dank ihm kann die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) die Vernetzung von Schweizer Energieunternehmen untereinander und mit der europäischen Energiewirtschaft überwachen und beurteilen. Daneben sind weitere Massnahmen zur Ablösung des Rettungsschirmes geplant, die demnächst in die Vernehmlassung geschickt und in einer separaten Botschaft präsentiert werden. Es handelt sich dabei um Vorschriften, die sicherstellen, dass wichtige Funktionen wie die Stromproduktion jederzeit weiterbetrieben
werden können (Business Continuity Management), ferner um organisatorische Aufgaben im Bereich Risikomanagement sowie Vorgaben zur Liquidität und Kapitalausstattung der Unternehmen. Zudem wurde am 12. Dezember 2022 die Motion Herzog 22.4132 «Eingrenzung der volkswirtschaftlichen Risiken von systemkritischen Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft» vom Ständerat und am 6. Juni 2023 mit einer Änderung im Motionstext vom Nationalrat angenommen. Mit der Motion soll der Bundesrat be1

2

Botschaft vom 18. Mai 2022 zum Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft und zum Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft, BBl 2022 1183.

AS 2022 544

5 / 78

BBl 2023 2864

auftragt werden, die volkswirtschaftlichen Risiken, die von systemkritischen Energieunternehmen ausgehen, mit gesetzlichen Massnahmen einzugrenzen. Der Bundesrat begrüsst die Motion und hat sie zur Annahme beantragt.

1.2

Gewählte Lösung

Aufgrund der aktuellen turbulenten Entwicklungen auf den Energiemärkten wurden die Arbeiten für eine eigene Vorlage aufgenommen. Die hier vorgeschlagenen Regelungen lehnen sich stark an diejenigen an, die in der EU gelten. Sie zielen darauf ab, das Vertrauen in die Energiegrosshandelsmärkte, auf denen schweizerische Energiegrosshandelsprodukte gehandelt werden, zu stärken und eine Angleichung an die in der EU geltenden Normen zu vollziehen. Die neuen Regeln ziehen jedoch weder eine Integration in den EU-Binnenmarkt noch eine Zusammenarbeit bei der Marktüberwachung (REMIT-System3) nach sich.

In Anbetracht der heutigen angespannten Situation an den europäischen Energiemärkten erachtet der Bundesrat eine Stärkung der Transparenz und der Aufsicht über den Energiegrosshandel als eine grundlegende Voraussetzung für die Stabilität der Energiegrosshandelsmärkte, auf denen schweizerische Energiegrosshandelsprodukte gehandelt werden. Liquide, transparente und vertrauenswürdige Märkte tragen dazu bei, dass sich neue Anbieter etablieren, ermutigen die Konsumentinnen und Konsumenten, sich über die aktuellen Marktbedingungen zu informieren und, ab einer gewissen Grösse, sich am Grosshandelsmarkt zu versorgen, und ermöglichen es den Energieunternehmen, nicht direkt abgesetzte Mengen zu Marktpreisen zu verkaufen. Produzenten, Händler sowie Endverbraucherinnen und -verbraucher sind auf das gute Funktionieren der Märkte angewiesen. Das Vertrauen in die Transparenz und Integrität der Preise an den Märkten ist eine Voraussetzung für die Effizienz und Akzeptanz des wettbewerblichen Systems. Dank dem vorgeschlagenen Gesetz kann ein Rahmen geschaffen werden, der es der ElCom erlaubt, die Energiegrosshandelsmärkte im Hinblick auf unzulässiges Marktverhalten zu überwachen. Mit der ElCom als Aufsichtsbehörde steht den Marktteilnehmern ein Schweizer Ansprechpartner für sämtliche Fragen im Bereich des Strom- und des Gasgrosshandels zur Verfügung.

Die Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 vom 25. Oktober 20114 über die Integrität und Transparenz des Energiegrosshandelsmarkts (REMIT-Verordnung) ist im Dezember 2011 in Kraft getreten. Damit wurden Bestimmungen geschaffen, mit denen ein offener und fairer Wettbewerb auf den Energiegrosshandelsmärkten gewährleistet werden soll. In der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 vom 17. Dezem-

3 4

Die Abkürzung «REMIT» ist vom englischen Namen der Verordnung (EU) Nr. 1227/211 abgeleitet: Regulation on Wholesale Energy Market Integrity and Transparency.

Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegrosshandelsmarkts, ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1.

6 / 78

BBl 2023 2864

ber 20145 sind die meldepflichtigen Angaben über Energiegrosshandelsprodukte und die grundlegenden Daten über Anlagen detailliert festgelegt. Die REMIT-Verordnung verbietet Insiderhandel und Marktmanipulation, nennt Pflichten für die Registrierung und für die Veröffentlichung von Insiderinformationen und regelt die Aufsicht über Transaktionen auf den Energiegrosshandelsmärkten. Die Sammlung der für die Aufsicht erforderlichen Daten wird mittels IT-Systemen zentral von der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) der EU durchgeführt. Die Bestimmungen der REMIT-Verordnung, die an die ACER und die nationalen Regulierungsbehörden übertragenen Aufgaben und Kompetenzen sowie die Transparenzund Meldepflichten für Marktteilnehmer im Rahmen der zentralisierten Überwachung durch die ACER bilden zusammen den Kern des REMIT-Systems.

Am 30. Januar 2013 wurde die Stromversorgungsverordnung vom 14. März 20086 (StromVV) unter Berücksichtigung der REMIT-Verordnung geändert (Art. 26abis­ 26c). Gegenwärtig müssen Unternehmen oder Personen mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz, die aufgrund der REMIT-Verordnung zur Lieferung von Daten an Behörden in der EU oder in den Mitgliedsstaaten verpflichtet sind (Teilnehmer am europäischen Markt), dieselben Daten gleichzeitig auch der ElCom liefern. Diese Bestimmungen richten sich spezifisch an die Teilnehmer am europäischen Markt und werden nun in diese Vorlage integriert. Per Ende 2022 waren bei der ElCom 162 Schweizer Unternehmen aus dem Energiesektor angemeldet. Für das Jahr 2021 haben diese Unternehmen eigenen Angaben zufolge 43,5 Millionen Geschäfte, das heisst Transaktionen und Handelsaufträge, abgewickelt.7 Schliesslich soll das BATE auch die Verfügungen der ElCom vom 22. Juli 2022 ablösen, welche die Übermittlung von Daten zu den abgeschlossenen Stromhandelsgeschäften an die ElCom regeln.8

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

1.3.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 20209 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202010 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Der gesetzgeberische Handlungsbedarf im Bereich der Transparenz der Energiegrosshandelsmärkte und der damit verbundenen Aufsicht hat sich erst im Winter 2021/22 abgezeichnet.

5

6 7 8 9 10

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 der Kommission vom 17. Dezember 2014 über die Datenmeldung gemäss Artikel 8 Absätze 2 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegrosshandelsmarkts, ABl. L 363 vom 18.12.2014, S. 121.

SR 734.71 Vgl. Bericht «Markttransparenz 2021» der ElCom vom Mai 2022, abrufbar unter: www.elcom.admin.ch > Dokumentation > Berichte und Studien > Marktüberwachung.

Abrufbar unter: www. elcom.admin.ch > Dokumentation > Verfügungen > Verfügungen 2022.

BBl 2020 1777 BBl 2020 8385

7 / 78

BBl 2023 2864

1.3.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Das BATE trägt dazu bei, die Systemstabilität in den Bereichen Strom und Gas zu gewährleisten, und stärkt die Integrität und Transparenz der Energiegrosshandelsmärkte, auf denen schweizerische Energiegrosshandelsprodukte gehandelt werden.

Damit leistet es auch einen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit der Schweiz.

Insofern ist die Vorlage ein Element zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 des Bundesrates11. Mit dieser will der Bundesrat insbesondere die hohe Energieversorgungssicherheit der Schweiz erhalten.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation hat vom 16. Dezember 2022 bis am 31. März 2023 zum Vorentwurf ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt. Im Rahmen der Vernehmlassung gingen 79 Stellungnahmen ein.

Die grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden äusserte Zustimmung zur Vorlage. Insbesondere wurde betont, dass sich das neue Gesetz an der REMITVerordnung der EU anlehnen müsse. Lediglich die Gasbranche äusserte Vorbehalte zur Anwendung des BATE, bevor ein Gasversorgungsgesetz in Kraft getreten ist.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die REMIT-Verordnung bezweckt die Schaffung eines harmonisierten Rahmens zur Gewährleistung der Transparenz und Integrität der Energiegrosshandelsmärkte. Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Marktteilnehmer sollen Vertrauen in die Integrität der Strom- und Gasmärkte haben können und die auf den Energiegrosshandelsmärkten gebildeten Preise sollen ein faires und auf Wettbewerb beruhendes Zusammenspiel zwischen Angebot und Nachfrage widerspiegeln. Weiter sollen aus dem Marktmissbrauch keine unrechtmässigen Gewinne erzielt werden können. Im Rahmen des REMIT-Systems ist eine strenge grenzübergreifende Marktüberwachung von entscheidender Bedeutung für die Vollendung eines uneingeschränkt funktionsfähigen, als Verbund organisierten und integrierten Energiebinnenmarkts, der nach einheitlichen Regeln funktioniert.

Für das Verbot missbräuchlicher Praktiken, welche die Energiegrosshandelsmärkte beeinträchtigen, legt die REMIT-Verordnung überdies Regeln fest, die mit den für Finanzmärkte geltenden Regeln und mit dem ordnungsgemässen Funktionieren der Energiegrosshandelsmärkte kohärent sind. So verweist die Verordnung auf die Richtlinie 2003/6/EG, die inzwischen durch die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 über

11

Dokumente abrufbar unter: www.uvek.admin.ch > Energie > Energiestrategie 2050.

8 / 78

BBl 2023 2864

Marktmissbrauch12 ersetzt wurde, die den Schutz der Integrität des Finanzmarkts zum Gegenstand hat.

Und schliesslich verbietet die REMIT-Verordnung Insiderhandel und Marktmanipulation auf den Energiegrosshandelsmärkten. Um diesem unzulässigen Marktverhalten entgegenzuwirken, sieht die Verordnung vor, dass die Marktteilnehmer sämtliche Insiderinformationen veröffentlichen und Aufzeichnungen über Transaktionen auf den Energiegrosshandelsmärkten der ACER übermitteln müssen. Die Sanktionierung bei Nichtbefolgung erfolgt durch die Mitgliedstaaten. Dabei sieht Artikel 18 der REMITVerordnung lediglich vor, dass die Sanktionen wirksam, abschreckend und verhältnismässig sein und der Begehensweise, Dauer und Schwere der Verstösse, dem Schaden für die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie den potenziellen Gewinnen Rechnung tragen müssen.

Beurteilung der Vorlage im Vergleich zum europäischen Recht In der Vorlage wird unzulässiges Marktverhalten definiert. Des Weiteren erlegt die Vorlage den Marktteilnehmern eine Reihe von Pflichten auf. Sie müssen sich bei der Aufsichtsbehörde registrieren lassen, die für die Marktaufsicht notwendigen Informationen (d. h. Angaben über ihre Transaktionen und Handelsaufträge auf den Energiegrosshandelsmärkten und die grundlegenden Daten über ihre Anlagen) übermitteln und Insiderinformationen veröffentlichen, um so eine ausreichende Transparenz zu gewährleisten. Bei unzulässigem Marktverhalten oder bei Verletzung der genannten Pflichten kann die ElCom effiziente und verhältnismässige aufsichtsrechtliche Massnahmen ergreifen. Diese zielen in erster Linie auf die Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes und die Verhinderung künftiger Widerhandlungen ab.

Ausserdem ist die ElCom befugt, Verwaltungssanktionen zu verhängen. Wird eine Verfügung der ElCom missachtet, kann auch eine verwaltungsstrafrechtliche Sanktion ausgesprochen werden. Unzulässiges Marktverhalten wird von den Strafverfolgungsbehörden des Bundes strafrechtlich geahndet.

Die in der REMIT-Verordnung vorgesehene Sanktionierung wird in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich umgesetzt: So sehen gewisse Staaten nur aufsichtsrechtliche Sanktionsmöglichkeiten vor, andere sowohl aufsichtsrechtliche als auch strafrechtliche. Die gewählte Lösung ist somit mit den von gewissen EU-Mitgliedstaaten gewählten Regelungen
vergleichbar.

Die Vorlage entspricht der REMIT-Verordnung weitgehend und ist somit in Bezug auf die Sanktionsmöglichkeiten mit dem geltenden EU-Recht kompatibel.

Die in diesem Entwurf vorgesehene Übermittlungspflicht unterscheidet sich indessen geringfügig vom Verfahren nach der REMIT-Verordnung. Die Übermittlung erfolgt nicht direkt an die ACER, sondern an die ElCom, da ein Schweizer Gesetz keine Rechte und Pflichten einer EU-Behörde regeln kann. Sollte ein Stromabkommen zu12

Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ABl. L 96 vom 12.4.2003, aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EU) 2019/942 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 zur Gründung einer Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (Neufassung), ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 22; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2019/2115, ABl. L 320 vom 11.12.2019, S. 1.

9 / 78

BBl 2023 2864

stande kommen, würden die Marktteilnehmer vermutlich gestützt auf die REMITVerordnung verpflichtet werden, Daten direkt an die ACER zu liefern. Mit einem solchen Abkommen würde aber sicherlich auch die Zusammenarbeit zwischen der ACER und der ElCom geregelt. In diesem Fall würde die ElCom gestützt auf Artikel 10 der REMIT-Verordnung wahrscheinlich Zugang zu den für sie relevanten Daten erhalten. Die Pflicht zur Übermittlung an die ElCom steht dabei in keiner Weise im Widerspruch zur REMIT-Verordnung, sondern ist eine Folge der heutigen Nichteinbindung in das REMIT-System.

Die Teilnehmer am Schweizer Markt und die Teilnehmer am europäischen Markt, die bereits bei einer ausländischen Energiemarktaufsichtsbehörde registriert sind, unterstehen weiterhin der Pflicht, sich in der Schweiz bei der ElCom zu registrieren. Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 2 der REMIT-Verordnung sieht vor, dass sich ein Marktteilnehmer nur bei einer einzigen nationalen Regulierungsbehörde registrieren lassen darf. Da die Schweiz kein EU-Mitgliedstaat ist, lässt sich eine doppelte Registrierung nicht vermeiden. Sollte zwischen der Schweiz und der EU ein Abkommen zustande kommen, das die REMIT-Verordnung für die Schweiz als anwendbar erklärt, müssten eine gegenseitige Anerkennung der Registrierung und ein gegenseitiges Recht auf Zugang zu den Verzeichnissen über die Marktteilnehmer gewährleistet werden. Um den administrativen Aufwand für Marktteilnehmer, die bereits bei einer nationalen Regulierungsbehörde eines EU-Mitgliedstaats registriert sind, möglichst klein zu halten, dürfen diese der ElCom dieselben Informationen liefern, die sie gemäss den Regelungen der EU übermitteln müssen. Somit steht diese Vorlage auch diesbezüglich in keinerlei Widerspruch zum REMIT-System.

Am 14. März 2023 hat die Europäische Kommission im Rahmen eines grösseren Rechtsetzungspakets unter anderem eine Revision der REMIT-Verordnung vorgelegt.13 Folgende neuen Regelungen könnten von der EU beschlossen werden:

13

­

strengere Vorgaben für die Meldepflichten bei Insiderhandel und Marktmanipulation,

­

Bezeichnung einer Vertretung in der EU für Marktteilnehmer mit Wohnsitz oder Sitz in einem Drittstaat,

­

Anpassung der Definition von Energiegrosshandelsprodukten (und damit eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des REMIT-Systems),

­

zwingende Delegationen an Dritte (Insiderplattformen und registrierte Meldemechanismen),

­

Anforderung, über Systeme und Risikokontrollen für den algorithmischen Handel verfügen zu müssen,

­

Festlegung von Mindest- und Höchststrafen, die bei Verstössen gegen die REMIT-Verordnung verhängt werden können; Ziel ist es, die Sanktionen in den Mitgliedstaaten zu harmonisieren und eine einheitliche Anwendung des REMIT-Systems zu gewährleisten (z. B. Verwaltungssanktionen).

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1227/2011 und (EU) 2019/942 für einen besseren Schutz der Union vor Marktmanipulation auf dem Energiegrosshandelsmarkt, COM (2023) 147 final.

10 / 78

BBl 2023 2864

Am 19. Juni 2023 hat der EU-Rat seine Position zur vorgeschlagenen Revision festgelegt. Diese dient als Mandat für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über die endgültige Gestalt der Rechtsvorschriften. Um zu gewährleisten, dass der vorliegende Gesetzesentwurf mit der laufenden Revision des EU-Rechts kompatibel ist, kann die Bundesversammlung die notwendigen Anpassungen vornehmen. Gegebenenfalls könnten Differenzen auch parallel zur Ratifizierung eines allfälligen Abkommens mit der EU bereinigt werden, das die genannte Revision abdeckt.

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Mit dieser Vorlage sollen die Aufsicht über den Energiegrosshandel und dessen Transparenz gestärkt und hauptsächlich folgende Punkte geregelt werden: ­

der Umgang mit unzulässigem Marktverhalten;

­

die Verpflichtung der Teilnehmer am Schweizer Markt und der Teilnehmer am europäischen Markt, sich vorgängig bei der ElCom registrieren zu lassen;

­

die Verpflichtung der Teilnehmer am Schweizer Markt, Insiderinformationen (insbesondere die grundlegenden Daten über ihre Anlagen zur Erzeugung und Übertragung von Energie, wie Informationen über Kapazitäten, geplante Verfügbarkeiten und Nichtverfügbarkeiten oder die Nutzung solcher Anlagen) über eine bei der ElCom registrierte und von ihr zugelassene Plattform für Insiderinformationen zu veröffentlichen;

­

die Verpflichtung der Teilnehmer am Schweizer Markt, Informationen über ihre Transaktionen und Handelsaufträge auf den Energiegrosshandelsmärkten, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen, und die grundlegenden Daten über ihre Anlagen über einen bei der ElCom registrierten und von ihr zugelassenen Meldemechanismus der ElCom zu übermitteln;

­

die Verpflichtung der Teilnehmer am europäischen Markt, die Informationen, die sie gemäss den Regelungen der EU den europäischen Behörden liefern müssen, auch der ElCom zu übermitteln (Überführung von Art. 26abis StromVV ins Gesetz);

­

das Verfahren zur Registrierung und Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen und von Meldemechanismen;

­

die Aufgaben der ElCom und die ihr zur Verfügung gestellten Mittel, um entsprechende Daten zu sammeln und auszuwerten, die Regelung der Zusammenarbeit mit anderen zuständigen in- und ausländischen Behörden sowie insbesondere die Regelung des Informations- und Datenaustauschs mit diesen Behörden;

­

die Möglichkeiten der ElCom, Marktteilnehmer und Vermittler am Schweizer Markt mit aufsichtsrechtlichen Instrumenten oder Verwaltungssanktionen zu sanktionieren;

11 / 78

BBl 2023 2864

­

die strafrechtliche Verfolgung von unzulässigem Marktverhalten durch die zuständigen Bundesbehörden.

4.2

Abstimmung von Aufgaben sowie Abgrenzungsfragen

Der Vollzug der Bestimmungen des BATE obliegt, soweit nicht anderweitig erwähnt, der ElCom. Die ElCom wurde als Aufsichtsbehörde gewählt, weil sie als nationale Regulierungsbehörde im Bereich Strom bereits heute die Elektrizitätsmärkte im Hinblick auf eine sichere und erschwingliche Versorgung in allen Landesteilen überwacht (vgl. Art. 22 Abs. 3 des Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 200714 [StromVG]). Das BATE verweist überdies ausdrücklich und mehrfach auf die Bestimmungen des StromVG, die sinngemäss für den Vollzug des BATE gelten. Da für den Gasbereich (noch) keine entsprechende Behörde existiert und es unverhältnismässig wäre, eine Behörde für die Überwachung des Gasgrosshandelsmarkts zu schaffen, soll die ElCom aufgrund der Nähe der beiden Gebiete die Aufsicht über die gesamten Energiegrosshandelsmärkte ausüben. Damit werden Synergien genutzt, und das Knowhow im einen Bereich kommt zugleich auch dem anderen Bereich zugute.

Hinzu kommt, dass die ElCom für den Vollzug der Aufgaben gemäss StromVV (Art. 26abis­26c) bereits Ressourcen aufgebaut hat. Zu erwähnen ist weiter, dass auch auf europäischer Ebene (ACER) sowie in den Nachbarstaaten die Regulierungsbehörden im Energiebereich (z. B. AEEG, BNetzA, CRE, e-control) für die Durchsetzung der REMIT-Verordnung zuständig sind.

Die Bestimmungen im Zusammenhang mit unzulässigem Marktverhalten (vgl.

Art. 16 und 17) wurden weitgehend analog zu den Regelungen der EU formuliert.

Eine Ausnahme stellt dabei die Marktmanipulation dar: Diese ist nur strafbar, wenn mindestens ein Absichtselement vorliegt («Personen, die wissen oder wissen müssen»). In diesem Punkt lehnt sich das BATE stark an die bestehenden Regelungen des Finanzmarktrechts an (Art. 143 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 201515 [FinfraG]). Demzufolge und anders als in den Regelungen der EU gelten einfache Handelsfehler in der Schweiz nicht als unzulässiges Marktverhalten. Liegt indessen dem Handelsfehler eine manipulatorische Absicht zugrunde, so ist er strafbar, und zwar ungeachtet dessen, ob der Fehler die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten tatsächlich beeinflusst oder lediglich beeinflussen könnte.

Die in den Regelungen der EU verankerte Unterscheidung zwischen Manipulation und versuchter Manipulation wurde somit im BATE ausgeklammert.

Die Strafnormen
im Zusammenhang mit unzulässigem Marktverhalten wurden analog zu den entsprechenden Bestimmungen des FinfraG (Art. 154 und 155) formuliert. Dabei gelten die finanzmarktgesetzlichen Vorschriften nur für Effekten, die an einem Handelsplatz oder einem Handelssystem für Distributed-Ledger-Technology-Effekten mit Sitz in der Schweiz zum Handel zugelassen sind. Im Gegensatz dazu gelten die Bestimmungen des BATE für sämtliche Energiegrosshandelsprodukte, unabhän14 15

SR 734.7 SR 958.1

12 / 78

BBl 2023 2864

gig davon, wo sie gehandelt werden. Diese Überschneidung zwischen dem Finanzmarktrecht und dem Energiegrosshandelsmarktrecht ist gewollt, da gewisse Verhaltensweisen sowohl die Finanzmärkte als auch die Energiegrosshandelsmärkte beeinträchtigen können.

Für den Fall solcher Überschneidungen sieht das BATE vor, dass ausschliesslich das FinfraG zur Anwendung kommt (Art. 2 Abs. 2). In der Tat sehen auch die europäischen Regelungen im Fall von Überlappungen einen Vorrang des Finanzmarktrechts gegenüber der Gesetzgebung über die Energiegrosshandelsmärkte vor. Diese Ausnahme gilt sowohl für Widerhandlungen (die Anwendbarkeit von Art. 142 oder 143 FinfraG schliesst eine gleichzeitige Anwendbarkeit von Art. 16 oder 17 BATE aus) als auch für Straftaten (die Anwendbarkeit von Art. 154 oder 155 FinfraG schliesst eine gleichzeitige Anwendbarkeit von Art. 39 oder 40 BATE aus).

Einen weiteren Überschneidungspunkt könnte die im FinfraG verankerte Meldepflicht für Derivate darstellen. Um dieses Problem zu lösen, sieht der Entwurf Folgendes vor: Angaben über Transaktionen oder Handelsaufträge, die bereits nach dem FinfraG gemeldet wurden, müssen nicht zusätzlich der ElCom übermittelt werden (Art. 11 Abs. 2). Die ElCom kann diese Angaben gestützt auf Artikel 77 Absatz 1 Buchstabe d FinfraG direkt über das Transaktionsregister abrufen. Bei Bedarf kann sie diese Angaben auch im Rahmen der Amtshilfe bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) anfordern (vgl. Art. 32 Abs. 1).

Keine spezifische Regelung ist für das Verhältnis zum Zuständigkeitsbereich der Wettbewerbskommission (WEKO) vorgesehen. Es ist daher möglich, dass die ElCom und die WEKO in einem Sachverhalt parallel tätig werden, jede Behörde in ihrem Aufsichtsbereich und mit ihren Instrumenten. Die Amtshilfe bleibt vorbehalten (Art. 32 Abs. 2).

4.3

Umsetzungsfragen

Die Registrierungspflicht gilt für alle Teilnehmer am Schweizer Markt sowie für alle Teilnehmer am europäischen Markt, und zwar schon bevor sie auf den Energiegrosshandelsmärkten Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen. Die ElCom führt ein öffentliches Register aller Teilnehmer am Schweizer Markt und am europäischen Markt, die bei ihr registriert sind. Das Register enthält eine Reihe von Informationen, darunter der Name und die Adresse des Marktteilnehmers oder auch der Name der genutzten Plattform für Insiderinformationen (vgl. Art. 5).

Nur Teilnehmer am Schweizer Markt unterstehen der Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen. Da die Teilnehmer am europäischen Markt ihre Insiderinformationen bereits gestützt auf europäisches Recht veröffentlichen müssen und die Öffentlichkeit (und somit auch die ElCom) uneingeschränkten Zugang zu den Plattformen hat, auf denen diese Informationen veröffentlicht werden, wäre eine doppelte Veröffentlichungspflicht nicht gerechtfertigt. Für eine effiziente Verbreitung müssen die Informationen über eine bei der ElCom registrierte und von ihr zugelassene Plattform für Insiderinformationen bekanntgemacht werden (vgl. Art. 8). In diesem Zusammenhang sieht der Entwurf eine einseitige Anerkennung der Plattformen für Insiderinformationen vor, die bereits bei der ACER registriert sind und von dieser gemäss 13 / 78

BBl 2023 2864

den Regelungen der EU zugelassen wurden. Um einen Überblick über die in der Schweiz registrierten und zugelassenen Plattformen zu geben, führt die ElCom ein öffentlich zugängliches Register, das sie regelmässig aktualisiert. Dieses Register soll den Teilnehmern am Schweizer Markt einen raschen Zugang zu den verschiedenen Plattformen ermöglichen, auf denen eine Veröffentlichung im Sinn des BATE als erfolgt gilt.

Die Übermittlungspflicht gestaltet sich für Teilnehmer am Schweizer Markt anders als für Teilnehmer am europäischen Markt. Erstere übermitteln der ElCom einerseits Angaben über ihre Transaktionen und Handelsaufträge auf den Energiegrosshandelsmärkten, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen, und andererseits die grundlegenden Daten über ihre Anlagen. Grundlegende Daten der Anlagen umfassen Informationen über die Kapazität und die Nutzung ihrer Anlagen zur Erzeugung, zur Speicherung, zum Verbrauch oder zum Transport von Strom oder Gas, einschliesslich Informationen über geplante oder ungeplante Nichtverfügbarkeiten dieser Anlagen (vgl. Art. 3 Abs. 1 Bst. d). In Bezug auf die Teilnehmer am europäischen Markt werden die Vorgaben von Artikel 26abis Absätze 1 und 2 StromVV in Artikel 4 bzw. Artikel 11 Absatz 3 BATE überführt und auf den Gasbereich ausgeweitet. Wie bisher müssen die Teilnehmer am europäischen Markt die Angaben, die sie gemäss den EU-Regelungen den Behörden der EU oder eines EU-Mitgliedstaats zur Verfügung stellen müssen, gleichzeitig und in identischer Form der ElCom übermitteln.

Damit die Daten gestrafft und effizient der ElCom übermittelt werden können, muss dies zwingend über einen Meldemechanismus erfolgen, der bei der ElCom registriert ist und von ihr zugelassen wurde (vgl. Art. 12). In diesem Zusammenhang sieht der Entwurf eine einseitige Anerkennung von Mechanismen vor, die bereits bei der ACER registriert sind und von dieser gemäss den Regelungen der EU zugelassen wurden. Um einen Überblick über die in der Schweiz registrierten und zugelassenen Meldemechanismen zu geben, führt die ElCom ein öffentlich zugängliches Register, das sie regelmässig aktualisiert.

Schwere Verstösse gegen die Pflichten nach dem BATE sowie schwerwiegendes unzulässiges Marktverhalten können von der ElCom durch aufsichtsrechtliche Massnahmen oder Verwaltungssanktionen sanktioniert
werden. Für die strafrechtliche Verfolgung von Insiderhandel und Marktmanipulation sind die Strafverfolgungsbehörden des Bundes zuständig (analog zur Finanzmarktgesetzgebung).

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Zweck und Gegenstand

Abs. 1 Das E-BATE regelt hauptsächlich die Energiegrosshandelsmärkte, auf denen schweizerische Energiegrosshandelsprodukte und Energiegrosshandelsprodukte im Sinn der Regelungen der EU gehandelt werden.

14 / 78

BBl 2023 2864

Es ist wichtig, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Marktteilnehmer Vertrauen in die Integrität der Strom- und Gasmärkte haben können, dass die auf den Energiegrosshandelsmärkten gebildeten Preise ein faires und auf Wettbewerb beruhendes Zusammenspiel zwischen Angebot und Nachfrage widerspiegeln und dass nicht aus Marktmissbrauch unrechtmässige Gewinne erzielt werden können. Die Energiegrosshandelsmärkte sind zunehmend untereinander vernetzt, sodass eine Marktaktivität in einem EU-Mitgliedstaat sowohl die Grosshandelspreise für Strom und Gas über die Staatsgrenzen dieses Staats hinaus als auch die Endkundenpreise, die von den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Kleinstunternehmen zu tragen sind, beeinflusst. Eine strenge grenzübergreifende Marktüberwachung ist für die Vollendung eines uneingeschränkt funktionsfähigen, als Verbund organisierten und integrierten Energiebinnenmarkts von entscheidender Bedeutung. Mehr Transparenz auf den Energiegrosshandelsmärkten ermöglicht es ausserdem, unzulässige Verhaltensweisen frühzeitig zu erkennen und so die Systemstabilität sowie die Versorgungssicherheit in der Schweiz zu stärken. Dank der Informationen, die die ElCom durch das BATE erhält, kann sie die Entwicklung der Energiegrosshandelsmärkte beobachten und überwachen, damit eine sichere und erschwingliche Energieversorgung in der Schweiz gewährleistet werden kann.

Abs. 2 Teilnehmern am Schweizer Markt (vgl. Art. 2 Abs. 1 Bst. a), Teilnehmern am europäischen Markt (vgl. Art. 2 Abs. 1 Bst. b) sowie Vermittlern am Schweizer Markt (vgl. Art. 2 Abs. 1 Bst. c) wird im Rahmen des Gesetzes eine Reihe von Pflichten auferlegt.

Bst. a: Die Teilnehmer am Schweizer Markt müssen sich bei der ElCom registrieren lassen, bevor sie auf einem Energiegrosshandelsmarkt Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen. Zudem müssen sie der ElCom die für die Marktaufsicht notwendigen Informationen (d. h. Angaben über ihre Transaktionen und Handelsaufträge auf den Energiegrosshandelsmärkten, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen, und die grundlegenden Daten über ihre Anlagen) übermitteln und ihre Insiderinformationen veröffentlichen, um so eine ausreichende Transparenz zu gewährleisten. Für die Teilnehmer am europäischen Markt gelten mit wenigen Ausnahmen die gleichen Pflichten, die ihnen
bisher durch die StromVV auferlegt wurden; parallel dazu unterstehen sie den Pflichten gemäss den Regelungen der EU. Sie müssen sich bei der ElCom registrieren lassen und die Informationen, die sie aufgrund der REMIT-Verordnung den Behörden der EU oder eines EU-Mitgliedstaats zur Verfügung stellen müssen, gleichzeitig und in identischer Form der ElCom übermitteln. Für Vermittler am Schweizer Markt gelten aufgrund ihrer exklusiven Kenntnisse des Markts, auf dem sie tätig sind, und ihrer Kundinnen und Kunden ebenfalls verschiedene Pflichten. Diese zielen hauptsächlich darauf ab, unzulässiges Marktverhalten zu verhindern.

Bst. b: Verhaltensweisen, die eine marktverzerrende Wirkung haben, sind unerwünscht, unabhängig davon, ob eine preiserhöhende oder preissenkende Verzerrung erfolgt. Der Gesetzesentwurf zielt darauf ab, solchen Verhaltensweisen Einhalt zu gebieten und sie zu verhindern, damit nachteilige Folgen für die Energiegrosshandelsmärkte vermieden werden.

15 / 78

BBl 2023 2864

Bst. c: Dazu bedarf es unbedingt eines Rahmens für die Aufsicht über die Energiegrosshandelsmärkte mit dem Ziel, unzulässiges Marktverhalten aufzudecken und davon abzuschrecken.

Art. 2

Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich

Abs. 1 In Bezug auf den geografischen Geltungsbereich ist vorab festzuhalten, dass sich der betreffende Energiegrosshandelsmarkt zwingend in der Schweiz oder in der EU befinden muss. Die schweizerische Regelung lehnt sich daher an diejenige der EU an («jeder Markt in der Union») und es wird vermieden, beispielsweise asiatische oder überseeische Energiegrosshandelsmärkte einzuschliessen.

Bst. a: Das Gesetz gilt in erster Linie für natürliche und juristische Personen mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz oder im Ausland, die auf einem Energiegrosshandelsmarkt Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen (sogenannte Teilnehmer am Schweizer Markt).

Das entscheidende Kriterium zur Bestimmung, ob eine natürliche oder juristische Person als Teilnehmer am Schweizer Markt gilt, ist das Abschliessen von Transaktionen und das Erteilen von Handelsaufträgen auf einem Energiegrosshandelsmarkt (im Sinn von Art. 3 Abs. 1 Bst. a), die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte (im Sinn von Art. 3 Abs. 1 Bst. b) betreffen. Die Begriffe «Transaktion» und «Handelsauftrag» sind an die jeweils entsprechende Bedeutung im Finanzmarktrecht angelehnt. Die Einstufung als Teilnehmer am Schweizer Markt ist von entscheidender Bedeutung, da für diese Personen eine Reihe von spezifischen Pflichten gilt. Dies sind namentlich die Registrierungspflicht (vgl. Art. 4), die Veröffentlichungspflicht (vgl. Art. 6 und 7) und die Übermittlungspflicht (vgl. Art. 11).

Indessen ist nicht ausgeschlossen, dass ein schweizerisches Energiegrosshandelsprodukt in gewissen Fällen gleichzeitig auch den Regelungen der EU untersteht. Dies kann namentlich auf Verträge über den Transport von Strom oder Gas aus der EU in die Schweiz sowie auf Derivate auf Strom oder Gas zutreffen, wenn der Strom bzw.

das Gas in der Schweiz erzeugt und in die EU geliefert wird. Solch aussergewöhnliche Umstände können dazu führen, dass ein einzelner Marktteilnehmer, der seinen Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz hat, gleichzeitig als Teilnehmer am Schweizer Markt und als Teilnehmer am europäischen Markt gilt (Teilnehmer am schweizerisch-europäischen Markt).

Ungeachtet dieses Doppelstatus ist ein Teilnehmer am schweizerisch-europäischen Markt an sämtliche Pflichten nach dem Gesetz gebunden: ­

16 / 78

Er muss sich bei der ElCom registrieren lassen und dabei gegebenenfalls darauf hinweisen, dass er bereits bei der ACER registriert ist (vgl. Art. 4 Abs. 2 Bst. d). Da es sich dabei um einen Marktteilnehmer handelt, der der REMITVerordnung untersteht und folglich bereits bei einer nationalen Regulierungsbehörde eines EU-Mitgliedstaats registriert ist, muss er ­ wie ein Teilnehmer am europäischen Markt ­ der ElCom nur die Informationen übermitteln, die er gemäss den Regelungen der EU bereits übermittelt hat (vgl. Art. 4 Abs. 3).

BBl 2023 2864

­

Was die Veröffentlichungspflicht betrifft, so gelten Plattformen für Insiderinformationen, die gemäss den Regelungen der EU bereits bei der ACER registriert sind und von dieser zugelassen wurden, in der Schweiz als zugelassen. Dies hat zur Folge, dass eine Veröffentlichung gemäss der REMITVerordnung auf einer dieser Plattformen einer Veröffentlichung im Sinn des BATE entspricht (Art. 6 Abs. 1 und 3). Dementsprechend ist mit einer einmaligen Veröffentlichung auf einer dieser Plattformen die Pflicht gemäss der REMIT-Verordnung und diejenige nach dem BATE erfüllt.

­

Analog dazu kann ­ unter dem Gesichtspunkt von Artikel 11 Absätze 1 und 3 ­ eine einzige Transaktion auch zu einer doppelten Übermittlungspflicht führen. Aufgrund der in Artikel 11 Absatz 5 Buchstabe c verankerten Ausnahmen von der Übermittlungspflicht ist in so einem Fall eine Übermittlung an die ElCom ausreichend.

Eine ähnliche Situation kann auch entstehen, wenn ein Marktteilnehmer mehrere Transaktionen abschliesst oder mehrere Handelsaufträge erteilt, die jeweils schweizerische Energiegrosshandelsprodukte oder Energiegrosshandelsprodukte im Sinn der Regelungen der EU betreffen. Anders als bei den Teilnehmern am schweizerisch-europäischen Markt handelt es sich hier nicht um eine einzige Transaktion bzw. einen einzigen Handelsauftrag, die oder der ein schweizerisches Energiegrosshandelsprodukt betrifft, das ebenfalls den Regelungen der EU untersteht. Vielmehr handelt es sich um mehrere Transaktionen bzw. Handelsaufträge, die jeweils ein ganz bestimmtes Energiegrosshandelsprodukt betreffen. In einem solchen Fall muss der Marktteilnehmer die spezifischen Pflichten erfüllen, die für die Art des Energiegrosshandelsprodukts gelten, auf das sich die Transaktion oder der Auftrag bezieht (z. B. Art. 11 Abs. 1 und 3).

Zu den Teilnehmern am Schweizer Markt gehören unter anderem die nationale Netzgesellschaft nach Artikel 18 StromVG, die Betreiber von Übertragungs-, Verteil- und Speichernetzen für Strom oder Gas, Energiehandelsunternehmen, Strom- oder Gaserzeuger, Lieferanten, Bilanzgruppenverantwortliche sowie Endverbraucherinnen und verbraucher, sofern diese einen bedeutenden Einfluss auf die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten haben können.

Bst. b: Das Gesetz gilt ebenfalls für natürliche und juristische Personen mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz, die auf einem Energiegrosshandelsmarkt Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen, die Energiegrosshandelsprodukte im Sinn der Regelungen der EU betreffen (sog. Teilnehmer am europäischen Markt). Gemäss geltendem Recht unterliegen diese Teilnehmer im Bereich Strom den Artikeln 26abis­26cStromVV.

Im Gegensatz zu den Teilnehmern am Schweizer Markt ist es bei diesen natürlichen oder juristischen Personen zwingend erforderlich, dass sie ihren Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz haben, damit das BATE auf sie anwendbar ist. Eine Zweigniederlassung alleine reicht nicht aus. Weitere entscheidende Kriterien für die Bestimmung, ob eine natürliche oder juristische Person ein Teilnehmer am europäischen Markt ist, sind das Abschliessen von Transaktionen und das Erteilen von Handelsaufträgen auf einem Energiegrosshandelsmarkt (im Sinn von Art. 3 Abs. 1 Bst. a), die Energieprodukte

17 / 78

BBl 2023 2864

betreffen, die den Regelungen der EU unterstehen. Mit anderen Worten: Es handelt sich um Personen, die der REMIT-Verordnung unterstellt sind.

Wie nach Artikel 26abis­26c StromVV unterliegen diese Personen spezifischen Pflichten, nämlich der Registrierungspflicht (vgl. Art. 4) und der Übermittlungspflicht (vgl. Art. 11). Hingegen sind Teilnehmer am europäischen Markt von der Veröffentlichungspflicht ausgenommen (vgl. Art. 6 und 7). Da die Insiderinformationen, über die sie verfügen, bereits gestützt auf europäisches Recht veröffentlicht werden und die Öffentlichkeit (und somit auch die ElCom) Zugang zu den Plattformen hat, auf denen diese Informationen publiziert werden, wäre eine doppelte Veröffentlichungspflicht nicht gerechtfertigt.

Bst. c: Das Gesetz gilt auch für natürliche oder juristische Personen, die gewerbsmässig Transaktionen mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten vermitteln (sogenannte Vermittler am Schweizer Markt).

Um als Vermittler zu gelten, müssen diese natürlichen und juristischen Personen die folgenden zwei kumulativen Kriterien erfüllen: ­

Erstens muss die Person gewerbsmässig handeln. Dies ist der Fall, wenn eine selbstständige, auf dauernden Erwerb gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt.

­

Zweitens muss die Person Transaktionen mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten vermitteln. Die Vermittlung von Transaktionen ist eine Tätigkeit, die darauf abzielt: ­ Dritten (Käufern oder Verkäufern) die Möglichkeit zu bieten, unmittelbar eine Transaktion mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten abzuschliessen oder sie dabei zu unterstützen (d. h. die Transaktion wird abgeschlossen); oder ­ ein Instrument zur Verfügung zu stellen, das es Dritten (Käufern oder Verkäufern) erleichtert, Transaktionen mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten abzuschliessen. Die blosse Bereitstellung von Mitteln, mit denen die Parteien einer Transaktion (oder einer möglichen Transaktion) miteinander kommunizieren können, reicht nicht aus.

Das Hauptmerkmal dieser Personen ist ihre Vermittlerrolle (unabhängig davon, ob sie als Auftraggeber oder als Agenten handeln). Im Unterschied zum Begriff des Marktteilnehmers ist also nicht der Abschluss, sondern die Organisation der Transaktion massgebend. Es ist indes nicht ausgeschlossen, dass dieselbe Person bei einer Transaktion als Vermittler und zugleich auch als Marktteilnehmer auftritt.

Als Vermittler am Schweizer Markt gelten in erster Linie Strom- und Gasbörsen, Broker und weitere Personen, die gewerbsmässig Transaktionen organisieren, sowie multilaterale Handelsplattformen. Die für die Schweiz bedeutendsten Strombörsen befinden sich in Frankreich (EPEX Spot) und Deutschland (EEX) und unterstehen damit den Pflichten gemäss den Regelungen der EU. EPEX Spot betreibt seit ihrer Gründung im Jahr 2009 den Schweizer Day-ahead-Markt. Im Juni 2013 startete sie dann den Schweizer Intraday-Markt.

18 / 78

BBl 2023 2864

Abs. 2 Auch wenn dies nicht präzisiert ist, gilt das Gesetz ohne Einschränkung für alle Sachverhalte, die einem unzulässigen Marktverhalten auf einem Energiegrosshandelsmarkt entsprechen (vgl. Art. 16 und 17 bzw. 39 und 40). Somit können diese besonderen Bestimmungen auch andere als in Absatz 1 genannte Personen betreffen. Diese Personen haben allerdings einen direkten Bezug zu schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten, sei es durch die Ausnützung einer Insiderinformation oder eine Marktmanipulation.

Hingegen ist das BATE nicht anwendbar, wenn unzulässiges Marktverhalten gleichzeitig auch gegen das FinfraG verstösst. Auch die europäischen Regelungen sehen im Falle von Überlappungen einen Vorrang des Finanzmarktrechts gegenüber der Gesetzgebung über die Energiegrosshandelsmärkte vor. Diese Ausnahme gilt sowohl für Widerhandlungen (die Anwendbarkeit von Art. 142 oder 143 FinfraG schliesst eine gleichzeitige Anwendbarkeit von Art. 16 oder 17 BATE aus) als auch für Straftaten (die Anwendbarkeit von Art. 154 oder 155 FinfraG schliesst eine gleichzeitige Anwendbarkeit von Art. 39 oder 40 BATE aus).

Art. 3

Begriffe

Abs. 1 Bst. a: Im Sinn des BATE gilt als «Energiegrosshandelsmarkt» jeder Markt in der Schweiz oder in der EU, auf dem Energiegrosshandelsprodukte direkt oder über einen Vermittler gehandelt werden.

Wie bereits in Artikel 2 Absatz 1 präzisiert, muss sich der betreffende Energiegrosshandelsmarkt zwingend in der Schweiz oder in der EU befinden. Der Begriff «Energiegrosshandelsmarkt» umfasst sowohl Waren- als auch Derivatemärkte, die von wesentlicher Bedeutung für den Energiemarkt und die Finanzmärkte sind. Dazu gehören unter anderem regulierte Märkte wie Strom- und Gasbörsen, multilaterale Handelssysteme, ausserbörsliche Transaktionen und bilaterale Verträge, die direkt oder über Vermittler abgewickelt werden.

Bst. b: Unter den Ziffern 1­4 werden Verträge und Derivate aufgelistet, die unter die Definition eines schweizerischen Energiegrosshandelsprodukts fallen.

Als «schweizerisches Energiegrosshandelsprodukt» gilt ein Vertrag über die Lieferung (Verkauf und Weiterverkauf) von Strom oder Gas in der Schweiz (Ziff. 1).

Der Begriff «Gas» umfasst in erster Linie Flüssiggas (Liquified Natural Gas, LNG).

Ob der Gastransport in Rohrleitungen oder anderweitig erfolgt, zum Beispiel per Lastwagen oder mit der Eisenbahn, ist unerheblich. Als Gas gelten überdies auch Biogas und Gas aus Biomasse sowie andere Gasarten, sofern diese Gase auf technische und sichere Weise in das Gasnetz eingespeist und durch dieses transportiert werden können.

Betreffend Liefervertrag ist in Bezug auf den geografischen Geltungsbereich zwingend erforderlich, dass die Lieferung des Stroms oder des Gases in der Schweiz erfolgt. Daher fallen Verträge über die Lieferung von Strom oder Gas, der oder das in der Schweiz produziert oder erzeugt, aber ausserhalb der Landesgrenzen geliefert 19 / 78

BBl 2023 2864

wird, nicht unter die Definition des Energiegrosshandelsprodukts. Hingegen werden Ausgleichsverträge, aber auch Verträge, die Intraday-, Within-day-, Day-ahead-, Two-day-ahead- und Weekend-Produkte betreffen, sowie Wochen-, Monats-, Quartals- und Jahreskontrakte, langfristige Verträge oder Verträge über andere Handelszeitbereiche auf dem Markt allgemein als Strom- oder Gaslieferverträge betrachtet.

Verträge über die Lieferung von Strom oder Gas an Endverbraucherinnen und Endverbraucher in der Schweiz gelten jedoch nur als schweizerische Energiegrosshandelsprodukte, wenn diese Verbraucherinnen und Verbraucher einen bedeutenden Einfluss auf die Preise dieser Produkte haben können. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Strom oder das Gas in der Schweiz verbraucht wird. Es handelt sich dabei um eine Einschränkung für Verträge, die eine Lieferung an Endverbraucherinnen und Endverbraucher betreffen.

Verträge über die Verteilung von Strom oder Gas an Endverbraucherinnen und Endverbraucher in der Schweiz (Ziff. 2) gelten nur dann als schweizerische Energiegrosshandelsprodukte, wenn diese Verbraucherinnen und Verbraucher einen bedeutenden Einfluss auf die Preise dieser Produkte haben können. Der geografische Geltungsbereich dieser Art von Verträgen ergibt sich unmittelbar aus Ziffer 1, wonach die Bedingung einer Lieferung in der Schweiz auf Verträge über die Verteilung ausgedehnt wird.

Beim Vertrag über den Transport von Strom oder Gas (Ziff. 3) ist hinsichtlich des geografischen Geltungsbereichs massgebend, dass sich mindestens eine Gebotszone (bidding zone) oder ein Lieferpunkt (delivery point) in der Schweiz befindet. Unter die Definition des schweizerischen Energiegrosshandelsprodukts fallen daher: ­

Verträge über den Transport von Strom oder Gas (einschliesslich LNG) zwischen Gebotszonen oder Lieferpunkten, die sich geografisch (ganz oder teilweise) auf schweizerischem Gebiet befinden,

­

Verträge über den Transport von Strom oder Gas (einschliesslich LNG) durch die Schweiz;

­

Verträge über den Transport von Strom oder Gas (einschliesslich LNG) von einer Gebotszone oder einem Lieferpunkt ausserhalb der Schweiz zu einer Gebotszone oder einem Lieferpunkt, die oder der (ganz oder teilweise) innerhalb der Schweiz liegt, sowie

­

Verträge über den Transport von Strom oder Gas (einschliesslich LNG) von einer Gebotszone oder einem Lieferpunkt, die oder der geografisch (ganz oder teilweise) innerhalb der Schweiz liegt, zu einer Gebotszone oder einem Lieferpunkt ausserhalb der Schweiz.

Beispiele hierfür sind Verträge betreffend die Vergabe von Übertragungs- und Transportkapazitäten für Strom oder Gas, wobei auch Verträge über die Vergabe von Kapazitäten an der Schweizer Grenze erfasst sind, unabhängig davon, in welchem Handelszeitbereich (Forward, Day-ahead, Intraday) und auf welchem Markt (Primäroder Sekundärmarkt) sie abgeschlossen werden.

Bei Verträgen über den Transport von Strom oder Gas sind Überschneidungen mit den Regelungen der EU möglich. In der Tat können solche Verträge sowohl als schweizerische Energiegrosshandelsprodukte als auch als Energiegrosshandelspro20 / 78

BBl 2023 2864

dukte im Sinn der Regelungen der EU definiert werden (vgl. Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 1 Bst. a).

Als «schweizerische Energiegrosshandelsprodukte» gelten auch Derivate auf Strom oder Gas, der oder das in der Schweiz erzeugt, gehandelt oder geliefert wird, oder auf den Transport von Strom oder Gas innerhalb der Schweiz, durch oder in die Schweiz oder von der Schweiz ins Ausland (Ziff. 4).

Bei Derivaten auf Strom oder Gas, der oder das in der Schweiz erzeugt, gehandelt oder geliefert wird, geht der geografische Geltungsbereich über den in Ziffer 1 genannten (d. h. nur die Lieferung in der Schweiz) hinaus und umfasst auch Verträge über Derivate auf Strom oder Gas, der oder das in der Schweiz erzeugt oder gehandelt wird. Daher gelten diese Verträge als schweizerische Energiegrosshandelsprodukte, und zwar unabhängig davon, ob der betreffende Strom oder das betreffende Gas in der Schweiz geliefert wird oder nicht. Wenn jedoch dieser Strom oder dieses Gas nicht in der Schweiz erzeugt, gehandelt oder geliefert wird, wird ein solcher Derivatvertrag nicht als schweizerisches Energiegrosshandelsprodukt erachtet.

Auch bei dieser Art von Produkten sind Überschneidungen mit den Regelungen der EU nicht ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere für Derivate auf Strom oder Gas, der oder das in der Schweiz erzeugt und in der EU geliefert wird (vgl. Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 1 Bst. a).

Die Definition der schweizerischen Energiegrosshandelsprodukte ist für das BATE von zentraler Bedeutung, denn sie stellt die Verbindung zwischen den Personen, die auf den Energiegrosshandelsmärkten Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen, und Teilnehmern am Schweizer Markt her. Denn nur wer mit solchen Produkten auf Energiegrosshandelsmärkten handelt, gilt als Teilnehmer am Schweizer Markt. Diese Eigenschaft führt zu einer direkten Unterstellung unter das Gesetz (vgl. Art. 2 Bst. a) und der Auferlegung einer Reihe von spezifischen Pflichten (vgl.

Art. 4, 6 und 11). Sie verpflichtet ausserdem zu einer gewissen Zurückhaltung in Bezug auf Verhaltensweisen am Markt, die als unzulässig gelten könnten (vgl. Art. 16 und 17 bzw. 39 und 40).

Bst. c: Eine «Insiderinformation» ist definiert als vertrauliche und präzise Information, die direkt oder indirekt ein schweizerisches Energiegrosshandelsprodukte betrifft und im
Fall ihres Bekanntwerdens den Preis dieses Produkts wahrscheinlich erheblich beeinflussen würde.

Wichtigstes Kriterium ist dabei, dass die Information vertraulich sein muss. Solange eine Information nicht öffentlich bekannt gegeben wurde, kann sie zu Informationsasymmetrien zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern führen. Die tatsächliche öffentliche Bekanntgabe an die Marktteilnehmer ist das Kriterium, das nicht öffentliche Informationen in öffentliche Informationen umwandelt. Sobald eine Information öffentlich ist, stärkt sie die Integrität und Transparenz des Markts. Im Allgemeinen gilt eine Information als öffentlich, wenn sie allen möglichen Parteien, das heisst einer unbestimmten Anzahl von Marktteilnehmern, zur Verfügung gestellt wurde. Dank einer zentralisierten Einrichtung (z. B. eine Plattform für Insiderinformationen oder eine Transparenzplattform) können sich interessierte Personen schnell und einfach einen Überblick über die veröffentlichten Informationen verschaffen. Es ist irrelevant,

21 / 78

BBl 2023 2864

ob die Information vom Marktteilnehmer oder von Dritten öffentlich bekannt gemacht wurde.

Ob eine Information präzise ist, muss hingegen von der Person im Besitz der Information von Fall zu Fall beurteilt werden und hängt von der Art der Information sowie vom Kontext ab. Bei dieser Beurteilung muss die Person im Besitz der Information unter anderem folgende Punkte beachten: ­

Eine Information gilt als präzise, wenn es realistisch ist, dass die Umstände oder Ereignisse, auf die sie sich bezieht, unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Beurteilung gegebenen Faktoren eintreten.

­

Die Berechnung der potenziellen Auswirkungen der Information auf die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten ist kein relevanter Faktor für die Beurteilung, ob die Information präzise ist. Allerdings muss die Wahrscheinlichkeit eines erheblichen Einflusses auf die Preise bewertet werden, um festzustellen, ob es sich um eine Insiderinformation handelt. Damit eine Information als präzise gilt, ist es aber nicht erforderlich, dass man aufgrund dieser Information mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass ihr Einfluss auf die Preise nach Bekanntwerden in eine bestimmte Richtung geht.

­

Die Zwischenschritte im Zusammenhang mit dem Eintreten künftiger Umstände oder Ereignisse sind hinreichend präzise, um Schlussfolgerungen über die wahrscheinlichen Auswirkungen all dieser Umstände oder Ereignisse auf die Preise der schweizerischen Energiegrosshandelsprodukte ziehen zu können. Ein Beispiel hierfür ist der lange und komplexe Prozess zur Inbetriebnahme neuer Kraftwerke oder zur Wiederinbetriebnahme von Kraftwerken.

Dabei sind die wichtigsten Etappen die Zwischenschritte.

Des Weiteren muss die Information direkt oder indirekt ein oder mehrere schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen. Informationen, die sich möglicherweise auf die Nachfrage, das Angebot oder den Preis eines schweizerischen Energiegrosshandelsprodukts oder auf die Erwartungen in Bezug auf die Nachfrage, das Angebot oder den Kurs eines solchen Produkts auswirken, gelten als direkt oder indirekt mit dem Energiegrosshandelsprodukt verbunden. Wenn die Information in diesem Kontext wahrscheinlich einen erheblichen Einfluss auf die Preise von Energiegrosshandelsprodukten hat, ist sie zwangsläufig mit diesen Produkten verbunden. Daher reicht es aus, die Wahrscheinlichkeit einer signifikanten Auswirkung auf die Preise zu bewerten, um festzustellen, ob die Information mit diesen Produkten verbunden ist.

Schliesslich muss das Bekanntwerden der Information die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten wahrscheinlich erheblich beeinflussen. Die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit einer Auswirkung auf die Preise muss von einem Marktteilnehmer von Fall zu Fall vorgenommen werden. Dabei hat er die erwartete Wirkung der Information im Lichte der Natur der Information sowie der Besonderheiten des Markts und der Marktsituation zum Zeitpunkt der Bewertung zu berücksichtigen. Die blosse «Wahrscheinlichkeit» eines erheblichen Einflusses auf die Preise reicht aus, um diese Bedingung zu erfüllen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit oder gar eine tatsächliche Auswirkung auf die Preise ist nicht erforderlich.

22 / 78

BBl 2023 2864

Bst. d: Als «grundlegende Daten über Anlagen» gelten Informationen über die Kapazität und die Nutzung von Anlagen zur Erzeugung, zur Speicherung, zum Verbrauch oder zum Transport von Strom oder Gas, einschliesslich Informationen über geplante oder ungeplante Nichtverfügbarkeiten solcher Anlagen.

Daten über Anlagen spielen eine entscheidende Rolle für die Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten, da sie den Marktteilnehmern und der Aufsichtsbehörde wichtige Informationen liefern. Sie müssen der ElCom und den Marktteilnehmern zwingend zur Verfügung gestellt werden, entweder durch Veröffentlichung (vgl.

Art. 6 oder 7), wenn es sich um Insiderinformationen handelt, oder durch Übermittlung (vgl. Art. 11), wenn sie nicht als Insiderinformationen gelten.

Bst. e: Eine «Plattform für Insiderinformationen» wird definiert als ein elektronisches System zur Veröffentlichung von Insiderinformationen, über das Marktteilnehmer diese Informationen öffentlich zugänglich machen können.

In Bezug auf die Veröffentlichungspflicht nach Artikel 6 spielen die Plattformen für Insiderinformationen eine wichtige Rolle. In der Tat sind die Teilnehmer am Schweizer Markt verpflichtet, ihre Insiderinformationen über eine dieser Plattformen zu veröffentlichen, weil die Veröffentlichung andernfalls nicht als erfolgt erachtet werden kann. Diese Informationen sind für die Überwachung und Analyse des Marktgeschehens, die Aufdeckung von Marktmissbrauch und die Förderung von mehr Transparenz von entscheidender Bedeutung.

Um das Vertrauen in diese Plattformen zu gewährleisten, ist es jedoch notwendig, dass sie von der ElCom zugelassen werden, bevor sie in der Schweiz aktiv sein können (vgl. Art. 8).

Bst. f: Als «Betreiber eines schweizerischen Gastransportnetzes» gilt ein Betreiber von Gasleitungen, die zur Anbindung der Schweiz an ausländische Gasnetze, zur Durchleitung von Gas durch die Schweiz und zum Transport von Gas über lange Strecken in der Schweiz dienen. Es handelt sich dabei vor allem um Netzanlagen, die mit höheren Druckstufen (> 5 bar) betrieben werden. Dazu gehört insbesondere auch die Transitgasleitung. Gegenwärtig umfasst das Gastransportnetz die Anlagen von Transitgas AG, Swissgas AG, Gaznat SA, Gasverbund Mittelland AG, Erdgas Ostschweiz AG, Erdgas Zentralschweiz AG, Unigaz SA sowie Aziende industriali di
Lugano SA.

Abs. 2 Der Bundesrat legt unter Berücksichtigung der EU-Regelungen die Kriterien zur Beurteilung des Einflusses im Sinn von Absatz 1 Buchstabe b Ziffern 1 und 2 fest, den Endverbraucherinnen und -verbraucher auf die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten haben. Innerhalb der EU wird als Kriterium die jährliche Verbrauchskapazität verwendet (Schwellenwert von 600 GWh pro Jahr). Diese Verbrauchskapazität entspricht dem Strom- oder Gasverbrauch einer Endverbraucherin oder eines Endverbrauchers, wenn diese oder dieser seine Produktionskapazität voll ausschöpft. Sie umfasst den gesamten Verbrauch dieser Endverbraucherin bzw. dieses Endverbrauchers als wirtschaftliche Einheit unter der Voraussetzung, dass der Verbrauch auf Märkten stattfindet, auf denen die Grosshandelspreise miteinander verknüpft sind. Dieses Kriterium verursacht jedoch zunehmend Probleme bei der An-

23 / 78

BBl 2023 2864

wendung in der EU, da es den Verbraucherinnen und Verbrauchern selbst häufig gar nicht bekannt ist.

2. Abschnitt: Pflichten der Marktteilnehmer und Vermittler sowie Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen und von Meldemechanismen Art. 4

Registrierung der Marktteilnehmer

Abs. 1 Die Registrierungspflicht gilt für alle Teilnehmer am Schweizer Markt sowie für alle Teilnehmer am europäischen Markt, und zwar schon bevor sie auf den Energiegrosshandelsmärkten Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen.

Auch wenn sie bereits bei einer ausländischen Energiemarktaufsichtsbehörde registriert sind, unterstehen die Teilnehmer am Schweizer Markt und die Teilnehmer am europäischen Markt der Pflicht, sich in der Schweiz bei der ElCom zu registrieren.

Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 2 der REMIT-Verordnung sieht vor, dass sich ein Marktteilnehmer nur bei einer einzigen nationalen Regulierungsbehörde registrieren lassen darf. Da die Schweiz jedoch kein EU-Mitgliedstaat ist, lässt sich eine doppelte Registrierung nicht vermeiden. Sollte zwischen der Schweiz und der EU ein Abkommen zustande kommen, das die REMIT-Verordnung für die Schweiz als anwendbar erklärt, wäre eine gegenseitige Anerkennung der Registrierung und ein gegenseitiges Zugangsrecht zu den Verzeichnissen über die Marktteilnehmer gewährleistet.

Bei Teilnehmern am schweizerisch-europäischen Markt ist eine einmalige Registrierung bei der ElCom ausreichend. Allerdings müssen sie der ElCom über ihre Kennung mitteilen (Abs. 2 Bst. d), dass sie bereits bei der ACER registriert sind (vgl. hierzu die Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 1 Bst. a).

Die Registrierungspflicht besteht auch dann, wenn eine Muttergesellschaft, eine Tochtergesellschaft oder ein anderes Unternehmen, das mit dem Marktteilnehmer verbunden ist, bereits registriert ist oder sich im Registrierungsprozess befindet. Hingegen müssen sich Zweigniederlassungen eines Marktteilnehmers, die keine unabhängigen juristischen Personen sind, nicht als separate Marktteilnehmer registrieren lassen.

Abs. 2 und 3 Bei der Registrierung müssen die Marktteilnehmer der ElCom eine Reihe von Informationen übermitteln, die diese für ihre Aufsichtstätigkeiten benötigt. Unter Vorbehalt von Artikel 5 werden diese Angaben im Informationssystem der ElCom gespeichert und sind nicht öffentlich zugänglich (vgl. Art. 21 Abs. 3).

Um den administrativen Aufwand für Marktteilnehmer, die bereits bei einer nationalen Regulierungsbehörde eines EU-Mitgliedstaatsregistriert sind, möglichst klein zu halten, können diese der ElCom genau die gleichen Informationen liefern, die sie gemäss den Regelungen der EU bereits übermittelt haben.

24 / 78

BBl 2023 2864

Abs. 4 Des Weiteren müssen die Marktteilnehmer Änderungen dieser Informationen der ElCom mitteilen. Die Registrierungspflicht ist somit keine einmalige Verpflichtung, sondern eine ständige Anforderung. Wenn die Änderungen nicht unverzüglich der ElCom mitgeteilt werden, gilt die Registrierung als unvollständig. Marktteilnehmer, deren Registrierungsformular nicht mehr aktuell ist, verletzen somit die Registrierungspflicht. Auch wenn die Verantwortung bei den Marktteilnehmern liegt, ist es derzeit in der EU gängige Praxis, dass die nationalen Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten die Marktteilnehmer regelmässig (z. B. jährlich) an diese Pflicht erinnern.

Abs. 5 Nach der Registrierung weist die ElCom den Marktteilnehmern eine Kennung zu. Um Mehrdeutigkeiten auf europäischer Ebene zu vermeiden, werden Kennungen, die den Marktteilnehmern bereits von der ACER gemäss den Regelungen der EU zugewiesen wurden, von der ElCom übernommen. Da die Marktteilnehmer der ElCom bei ihrer Registrierung mitteilen müssen, ob sie bereits über eine solche Kennung verfügen (Abs. 2 Bst. d), kann die ElCom diese Marktteilnehmer problemlos identifizieren.

Abs. 6 Unter Berücksichtigung der Regelungen der EU regelt der Bundesrat die Einzelheiten des Verfahrens zur Registrierung der Marktteilnehmer und umschreibt die für die Registrierung zu übermittelnden Informationen nach Absatz 2 näher. Er kann dabei insbesondere vorsehen, dass die ElCom ein Online-Formular zur Verfügung stellt, mit dessen Hilfe die Marktteilnehmer die für die Registrierung erforderlichen Informationen übermitteln können.

Abs. 7 Der Bundesrat kann ausserdem Ausnahmen von der Registrierungspflicht insbesondere für Teilnehmer am Schweizer Markt und Teilnehmer am europäischen Markt vorsehen, die nur Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen im Zusammenhang mit den Verträgen im Sinn von Artikel 11 Absatz 9 Buchstaben b und c. Es handelt sich dabei um Verträge über die physische Lieferung von Strom, der in einer einzigen oder mehreren Produktionsanlagen mit eingeschränkter Kapazität erzeugt wurde, und um Verträge über die physische Lieferung von Gas, das in einer einzigen Produktionsanlage mit eingeschränkter Kapazität erzeugt wurde.

Art. 5

Register der Marktteilnehmer

Abs. 1 Die ElCom führt ein öffentliches Register aller Teilnehmer am Schweizer Markt und am europäischen Markt, die bei ihr registriert sind, und hält dieses laufend auf dem aktuellen Stand. Dieses Register ist das schweizerische Pendant zum zentralen europäischen Register der Marktteilnehmer (CEREMP).

25 / 78

BBl 2023 2864

Abs. 2 Das Register enthält ausschliesslich die in Absatz 2 genannten Daten, die für die Gewährleistung der Transparenz auf den Energiegrosshandelsmärkten notwendig sind (die übrigen Informationen sind im Informationssystem der ElCom gespeichert und nicht öffentlich zugänglich). Anhand dieses Registers können die Marktakteure allgemeine Informationen über die verschiedenen Marktteilnehmer beschaffen, die auf den Energiegrosshandelsmärkten tätig sind.

Abs. 3 Teilnehmer am Schweizer Markt und Teilnehmer am europäischen Markt, die nicht mehr auf den Energiegrosshandelsmärkten tätig sind, haben die Möglichkeit, ihre Löschung aus dem Register zu beantragen. Die Informationen bleiben indessen ab dem Zeitpunkt der Löschung fünf Jahre einsehbar.

Art. 6

Veröffentlichung von Insiderinformationen

Abs. 1 Nur Teilnehmer am Schweizer Markt unterstehen der Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen. Da die Teilnehmer am europäischen Markt ihre Insiderinformationen bereits gestützt auf europäisches Recht veröffentlichen müssen und die Öffentlichkeit (und somit auch die ElCom) uneingeschränkten Zugang zu den Plattformen hat, auf denen diese Informationen veröffentlicht werden, wäre eine doppelte Veröffentlichungspflicht nicht gerechtfertigt. Im Fall der Teilnehmer am schweizerisch-europäischen Markt ist eine einmalige Veröffentlichung ausreichend (vgl.

hierzu die Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 1 Bst. a).

Insiderinformationen werden in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c definiert (vgl. hierzu die Erläuterungen oben).

Die Veröffentlichung sollte so bündig und spezifisch wie möglich sowie hinreichend präzise und vollständig sein, um ein korrektes Verständnis des betreffenden Ereignisses oder der betreffenden Ereignisse mit potenzieller Auswirkung auf die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten zu ermöglichen. Erfordert die Veröffentlichung eine Prognose, zum Beispiel über die Dauer einer Unterbrechung, so erfüllen die Teilnehmer am Schweizer Markt die Veröffentlichungspflicht, wenn ihre Prognose auf allen verfügbaren Daten beruht und mit angemessenem Aufwand erstellt wurde. Wenn sich eine Prognose im Laufe der Zeit ändert, muss die Veröffentlichung entsprechend aktualisiert werden, sobald neue Informationen vorliegen.

Ist eine Veröffentlichung von Insiderinformationen unvollständig oder unrichtig, gilt sie als nicht erfolgt und stellt daher einen Verstoss gegen Artikel 6 dar.

Des Weiteren gewährleistet die in den Buchstaben a und b enthaltene Aufzählung, dass auch Insiderinformationen in Bezug auf Unternehmen oder Anlagen im Besitz oder unter der Kontrolle des Mutterunternehmens oder eines anderen mit dem Teilnehmer am Schweizer Markt verbundenen Unternehmens veröffentlicht werden, falls diese selber keine Marktteilnehmer im Sinn des Gesetzes sein sollten. Ebenfalls unter die Veröffentlichungspflicht fallen Insiderinformationen in Bezug auf Unternehmen und Anlagen, für deren betriebliche Angelegenheiten der Teilnehmer am Schweizer 26 / 78

BBl 2023 2864

Markt oder sein Mutterunternehmen oder ein anderes mit ihm verbundenes Unternehmen ganz oder teilweise verantwortlich ist.

Die Veröffentlichung hat zu erfolgen, sobald der Marktteilnehmer von der Insiderinformation Kenntnis erhält. Diese Formulierung steht im Einklang mit Artikel 53 Absatz 2 des Kotierungsreglements der SIX vom 23. August 202316, weshalb keine Widersprüche zu den Vorschriften über die Ad-hoc-Publizität im Bereich der börsenkotierten Unternehmen bestehen. Gemäss der EU-Praxis müssen Insiderinformationen spätestens innerhalb einer Stunde veröffentlicht werden.

Abs. 2 Damit die Transparenz der Energiegrosshandelsmärkte gewährleistet werden kann, müssen Insiderinformationen so veröffentlicht werden, dass sie an ein möglichst breites Publikum gelangen und allen Nutzenden ein einfacher und gleichberechtigter Zugang gewährt wird. Die Informationen müssen über eine Plattform für Insiderinformationen (vgl. Art. 3 Abs. 1 Bst. e) bekanntgemacht werden, die bei der ElCom registriert ist und von ihr zugelassen wurde (vgl. Art. 8). Eine gleichzeitige Publikation auf der Website des Teilnehmers am Schweizer Markt oder über soziale Netzwerke kann als zusätzliches Instrument für die Veröffentlichung genutzt werden. Sie ersetzt allerdings nicht die Veröffentlichung auf einer Plattform für Insiderinformationen.

Die Teilnehmer am Schweizer Markt sind zwar grundsätzlich für die Veröffentlichung der Insiderinformation zuständig, auf den Betrieb der Plattformen für Insiderinformationen haben sie jedoch keinen Einfluss. Sie sind daher nicht für vorübergehende technische Probleme dieser Plattformen verantwortlich. Wenn der Teilnehmer am Schweizer Markt also die Information rechtzeitig an die Plattform übermittelt, diese aber vorübergehende technische Probleme hat, gilt dies nicht als Verstoss gegen die Veröffentlichungspflicht seitens des Teilnehmers. Wenn die technischen Probleme länger bestehen, sollten die Marktteilnehmer allerdings in Erwägung ziehen, andere zugelassene Plattformen zu nutzen, um der Veröffentlichungspflicht nachzukommen. Verzögert sich unter solchen Umständen die Veröffentlichung, muss der Marktteilnehmer zudem besonders das Verbot der Ausnützung und der Weitergabe von Insiderinformationen nach Artikel 16 beachten.

Abs. 3 Um den administrativen Aufwand für die Teilnehmer am Schweizer
Markt zu begrenzen und mehrere gleichartige Veröffentlichungen zu vermeiden, gilt die in diesem Artikel vorgesehene Veröffentlichungspflicht in zwei Fällen als erfüllt.

Im ersten Fall handelt es sich um Insiderinformationen nach Absatz 1, die bereits von einem anderen Marktteilnehmer auf einer Plattform für Insiderinformationen veröffentlicht wurden (Bst. a). Dies betrifft insbesondere Veröffentlichungen durch sogenannte Partneranlagen oder -werke. Dabei bleibt der Teilnehmer am Schweizer Markt jedoch verpflichtet, sich zu vergewissern, dass seine Insiderinformation tatsächlich gemäss Absatz 1 veröffentlicht wurde, da er sonst für einen allfälligen Verstoss haftbar gemacht werden kann.

16

Abrufbar unter: www.ser-ag.com > Gesetze, Reglemente, Bestimmungen.

27 / 78

BBl 2023 2864

Im zweiten Fall handelt es sich um bestimmte Insiderinformationen nach Absatz 1, die bereits auf einer der EU-Transparenzplattformen (ENTSO-E, ENTSOG etc.) im Sinn der Regelungen der EU17 veröffentlicht wurden (Bst. b). Es kann nämlich vorkommen, dass sich bestimmte grundlegende Daten über Anlagen, die von den Teilnehmern am Schweizer Markt auf diesen Transparenzplattformen veröffentlicht werden müssen, mit Insiderinformationen nach Absatz 1 decken. In diesem Fall und um unnötige Doppelveröffentlichungen zu vermeiden, ist es gerechtfertigt, dass eine Veröffentlichung auf der EU-Transparenzplattform als Veröffentlichung im Sinn des BATE gilt. Damit eine Veröffentlichung als erfolgt gilt, müssen diese Transparenzplattformen die Anforderungen an die Veröffentlichung von Insiderinformationen erfüllen, die für Plattformen für Insiderinformationen gelten, und bei der ACER registriert und von dieser zugelassen sein. Das Verzeichnis der zugelassenen Transparenzplattformen wird von der ACER laufend aktualisiert. Von dieser Art der Veröffentlichung sind insbesondere die nationale Netzgesellschaft nach Artikel 18 StromVG und die Betreiber von Gastransportnetzen betroffen.

Abs. 4 Der Bundesrat regelt die Einzelheiten des Veröffentlichungsverfahrens und umschreibt die zu veröffentlichenden Insiderinformationen näher. Nach EU-Recht müssen veröffentlichte Insiderinformationen insbesondere folgende Elemente enthalten: Kennung der Nachricht und Status des Ereignisses, Veröffentlichungsdatum, Uhrzeit sowie Anfang und Ende des Ereignisses, Name und Kennung des Marktteilnehmers, betroffene Gebotszone oder Ausgleichszone oder gegebenenfalls auch: Art der Nichtverfügbarkeit und Art des Ereignisses, Masseinheit, nicht verfügbare, verfügbare, installierte oder technische Kapazitäten, Grund für die Nichtverfügbarkeit, Brennstoffart, betroffener Vermögenswert oder betroffene Einheit und deren Identification Code.

Abs. 5 Der Bundesrat kann unter Berücksichtigung der Regelungen der EU Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht vorsehen, wenn es sich um Insiderinformationen handelt, die Anlagen von geringer Bedeutung oder kritische Infrastrukturen betreffen. Bei Anlangen von geringer Bedeutung könnte die Veröffentlichungspflicht unverhältnismässige Kosten verursachen. Die Bekanntmachung bestimmter sensibler Informationen in
Bezug auf kritische Infrastrukturen, die von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen, der Gesundheit, der Sicherheit und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens der Menschen sind und deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen auf die Schweiz hätte, könnte dazu verwendet werden, die Störung oder Zerstörung dieser Infrastrukturen zu bewirken.

17

Verordnung (EU) Nr. 543/2013 der Kommission vom 14. Juni 2013 über die Übermittlung und die Veröffentlichung von Daten in Strommärkten und zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 163 vom 15.6.2013, S. 1.

28 / 78

BBl 2023 2864

Art. 7

Aufschub der Veröffentlichung von Insiderinformationen

Abs. 1 Die Entscheidung, die Veröffentlichung einer Insiderinformation aufzuschieben, liegt bei den Teilnehmern am Schweizer Markt. Die ElCom hat diesen Aufschub nicht vorab zu genehmigen (sie prüft jedoch, ob ein Aufschub der Veröffentlichung begründet ist, und veranlasst gegebenenfalls die unverzügliche Veröffentlichung [vgl.

Abs. 3]). Allerdings ist ein solcher Aufschub nur ausnahmsweise und unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen gestattet.

Zunächst darf der Aufschub der Veröffentlichung nicht geeignet sein, die Öffentlichkeit irrezuführen (Bst. a). Zudem muss der Teilnehmer am Schweizer Markt in der Lage sein, die Vertraulichkeit der Insiderinformation während der gesamten Dauer des Aufschubs zu gewährleisten (Bst. b). Ist die Vertraulichkeit nicht mehr sichergestellt, muss die Information sofort veröffentlicht werden. Schliesslich darf der Marktteilnehmer auf der Grundlage dieser Informationen keine den Handel mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten betreffenden Entscheidungen treffen (Bst. c).

Darunter fallen sowohl Entscheidungen darüber, schweizerische Energiegrosshandelsprodukte zu kaufen oder zu verkaufen, als auch Entscheidungen darüber, auf den Kauf oder den Verkauf gewisser dieser Produkte zu verzichten. Erfasst sind also auch auf der Grundlage einer Insiderinformation getroffene Entscheidungen zum «Nichthandeln». Die Voraussetzungen für den Aufschub der Veröffentlichung von Insiderinformationen sind mit den Voraussetzungen für den Aufschub der Bekanntgabe kursrelevanter Tatsachen nach Artikel 54 des Kotierungsreglements der SIX kompatibel.

Der Teilnehmer am Schweizer Markt muss aber in jedem Fall die Insiderinformation veröffentlichen, sobald die berechtigten Interessen nicht mehr bestehen.

Abs. 2 Die Anforderung nach Absatz 1 Buchstabe c ist nicht vereinbar mit den Handlungen der nationalen Netzgesellschaft nach Artikel 18 StromVG und der Betreiber von schweizerischen Gastransportnetzen mit dem alleinigen Ziel, direkte physische Verluste infolge ungeplanter Nichtverfügbarkeiten zu decken. In einer solchen Situation sollten die Transportnetzbetreiber nämlich trotz des Aufschubs der Veröffentlichung einer Insiderinformation befugt sein, Entscheidungen über den Handel mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten zu treffen. Dies gilt insbesondere für
Redispatch-Massnahmen oder den Abruf von Regel- oder Ausgleichsenergie.

Abs. 3 Wird die Veröffentlichung einer Insiderinformation durch einen Teilnehmer am Schweizer Markt aufgeschoben, so muss dieser die Information zusammen mit einer Begründung für den Aufschub unverzüglich der ElCom übermitteln. Gemäss der EUPraxis muss diese Übermittlung innerhalb von etwa einer Stunde erfolgen. Mit der Übermittlung an die ElCom hat diese die Möglichkeit, zu prüfen, ob der Aufschub begründet ist, und gegebenenfalls die unverzügliche Veröffentlichung zu veranlassen, wenn sie die Voraussetzungen für den Aufschub als nicht erfüllt erachtet.

29 / 78

BBl 2023 2864

Abs. 4 Unter Berücksichtigung der Regelungen der EU präzisiert der Bundesrat, welche Informationen der ElCom zu übermitteln sind und wie die Übermittlung zu erfolgen hat.

In der EU ist es üblich, dass Marktteilnehmer, die die Veröffentlichung einer Insiderinformation aufschieben wollen, zu diesem Zweck ein Online-Formular nutzen, das von der ACER bereitgestellt wird. Dieses Formular enthält den Namen und die Kennung des Marktteilnehmers, Angaben zur Kontaktperson, Einzelheiten zu der betreffenden Insiderinformation, eine Begründung für den Aufschub, die Dauer des Aufschubs sowie die Bezeichnung der Stelle, an der die Insiderinformation veröffentlicht werden wird.

In Anlehnung an die Praxis in der EU wird der Bundesrat vorsehen, dass die ElCom ein Online-Formular zur Verfügung stellt, mit dessen Hilfe die Marktteilnehmer ihr jeden Aufschub einer Veröffentlichung melden können.

Art. 8

Registrierung und Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen

Abs. 1 In Bezug auf die Veröffentlichungspflicht nach Artikel 6 spielen die Plattformen für Insiderinformationen eine wichtige Rolle. In der Tat sind die Marktteilnehmer verpflichtet, ihre Insiderinformationen über eine dieser Plattformen zu veröffentlichen, weil die Veröffentlichung andernfalls nicht als erfolgt erachtet werden kann. Eine natürliche oder juristische Person, die eine Plattform für Insiderinformationen betreiben will, muss daher vorgängig bei der ElCom die Registrierung und Zulassung dieser Plattform beantragen. Auf diese Weise wird das Vertrauen in diese Plattformen und in deren Betrieb gewährleistet.

Solche Plattformen sind in der EU grösstenteils bereits gemäss der REMITVerordnung aktiv. Es ist nicht auszuschliessen, dass es auch nur für die Schweiz bestimmte Plattformen geben wird. Deren Zahl dürfte allerdings sehr überschaubar bleiben, da solche Plattformen ausschliesslich Daten mit Bezug zu schweizerischen Energiehandelsprodukten veröffentlichen oder übermitteln würden. Sobald nämlich die Plattform eine Insiderinformation zu einem Energiegrosshandelsprodukt veröffentlichen will, das den Regelungen der EU untersteht, benötigt sie eine Zulassung durch die ACER und wird daher mit ihrer Registrierung in der Schweiz einseitig anerkannt (vgl. Abs. 2).

Abs. 2 Da die überwiegende Mehrheit der Plattformen für Insiderinformationen in der EU aktiv ist, sieht das Gesetz eine einseitige Anerkennung solcher Plattformen vor, die bereits bei der ACER registriert sind und von dieser zugelassen wurden. Jede Veröffentlichung, die von Teilnehmern am Schweizer Markt auf einer solchen Plattform vorgenommen wird, gilt daher im Sinn von Artikel 6 Absatz 1 als erfolgt. Die Streichung einer solchen Plattform aus dem Register der ACER würde de facto bedeuten, dass sie auch in der Schweiz nicht mehr anerkannt wird. Die ACER führt ein laufend aktualisiertes Verzeichnis dieser Plattformen.

30 / 78

BBl 2023 2864

Um von der ACER zugelassen zu werden, müssen diese Plattformen unter anderem über Folgendes verfügen: ­

Angemessene Strategien und Mechanismen, um Insiderinformationen so zeitnah wie technisch möglich und zu zumutbaren Handelsbedingungen zu veröffentlichen. Diese Plattformen sorgen ausserdem für eine effiziente und kohärente Verbreitung dieser Informationen, um einen raschen Zugang zu Insiderinformationen auf nicht diskriminierender Grundlage und in einem Format, das die Konsolidierung mit ähnlichen Daten aus anderen Quellen erleichtert, zu gewährleisten.

­

Robuste Sicherheitsmechanismen, um die Sicherheit der Mittel für die Übertragung von Insiderinformationen zu gewährleisten, das Risiko von Datenkorruption und unbefugtem Zugriff zu minimieren und das Durchsickern von Insiderinformationen vor der Veröffentlichung zu verhindern. Diese Plattformen sehen ausreichende Ressourcen und Sicherungsmechanismen vor, um ihre Dienste jederzeit anbieten zu können.

­

Systeme, die in der Lage sind, die Vollständigkeit der Meldungen von Insiderinformationen rasch und effizient zu überprüfen, Auslassungen und offensichtliche Fehler zu erkennen und eine erneute Übermittlung der fehlerhaften Meldungen zu verlangen.

In der Praxis nutzen alle Teilnehmer am Schweizer Markt, die gleichzeitig auch der REMIT-Verordnung unterstehen, diese Art von Plattform bereits heute für ihre Veröffentlichungen. Durch die Anerkennung dieser Plattformen wird der Arbeitsaufwand dieser Marktteilnehmer verringert.

Die einseitige Anerkennung solcher Plattformen in der Schweiz befreit die Betreiber jedoch nicht von ihrer Pflicht, sich bei der ElCom registrieren zu lassen. Wenn ein Betreiber die Registrierung bei der ElCom beantragt, muss er ihr den Namen seiner Plattform melden. Gestützt auf Artikel 20 Absatz 1 kann die ElCom für die Registrierung eine Initialgebühr erheben.

Abs. 3 Bei der Registrierung müssen die Betreiber von Plattformen, die nur für die Schweiz bestimmt sind (alle anderen Plattformen werden einseitig anerkannt), der ElCom bestimmte Informationen übermitteln. Anhand dieser Informationen muss die ElCom feststellen können, ob die in Absatz 4 genannten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. Für die Zeit zwischen der Übermittlung der Informationen und der Erteilung der Zulassung erhalten diese Plattformen den Status «registriert». Die ElCom publiziert diesen Status im öffentlichen Register (vgl. Art. 9 Abs. 2 Bst. c).

Abs. 4 Nach erfolgter Registrierung einer nur für die Schweiz bestimmten Plattform kann die ElCom das Zulassungsverfahren einleiten. Im Rahmen dieses Verfahrens prüft sie, ob die Plattformen gewährleisten können, dass die Insiderinformationen sicher, schnell und effizient veröffentlicht werden (Bst. a) und dass die veröffentlichten Informationen vollständig und korrekt sind (Bst. b). Erachtet die ElCom die Zulassungsvoraussetzungen als erfüllt, ändert sie den Status der Plattformen zu «zugelassen». Die 31 / 78

BBl 2023 2864

ElCom publiziert diese Statusänderung im öffentlichen Register (vgl. Art. 9 Abs. 2 Bst. c).

Solange eine Plattform nicht zugelassen ist, darf sie keine Insiderinformationen nach dem BATE veröffentlichen. Für die Marktteilnehmer, die eine Information veröffentlichen wollen, bedeutet dies, dass sie darauf achten müssen, dass die von ihnen genutzte Plattform über eine Zulassung nach dem BATE verfügt. Andernfalls gilt die Veröffentlichung nicht als erfolgt im Sinn von Artikel 6. Es obliegt folglich jedem einzelnen Marktteilnehmer, das Register der Plattformen für Insiderinformationen nach Artikel 9 zu konsultieren und den aktuellen Status der Plattform, die er nutzen will, nachzuprüfen.

Gestützt auf Artikel 20 Absatz 1 kann die ElCom für die Registrierung und Zulassung eine Initialgebühr erheben.

Abs. 5 Um das Vertrauen in die Plattformen für Insiderinformationen kontinuierlich zu gewährleisten und den einwandfreien Betrieb der Plattformen sicherzustellen, müssen die Betreiber Änderungen der für die Zulassung massgebenden Sachverhalte der ElCom mitteilen, einschliesslich eines allfälligen Entzugs der Zulassung durch die ACER.

Abs. 6 In Anlehnung an die Regelungen der EU wird der Bundesrat die Einzelheiten des Registrierungs- und des Zulassungsverfahrens regeln. Dabei wird er insbesondere ein eigenes Zulassungsverfahren für nur für die Schweiz bestimmte Plattformen vorsehen.

Des Weiteren wird er die Art und den Umfang der Informationen näher umschreiben, die für die Zulassung erforderlich sind, und die Voraussetzungen für die Zulassung präzisieren. In der EU ist es üblich, dass Betreiber, die die Registrierung und Zulassung ihrer Plattform beantragen wollen, zu diesem Zweck ein Online-Formular nutzen, das von der ACER bereitgestellt wird. Dieses Formular enthält alle Angaben, die zur Identifizierung des Plattformbetreibers erforderlich sind, sowie technische und organisatorische Informationen zur Plattform wie die Sprache und das Publikationsformat, die Aufbewahrungsdauer für Informationen auf der Plattform, die spezifische Dokumentation zur Sicherheit und zur Veröffentlichung der Insiderinformationen sowie den Tätigkeitsbereich.

Art. 9

Register der Plattformen für Insiderinformationen

Abs. 1 Die ElCom führt ein Register aller Plattformen für Insiderinformationen, die bei ihr registriert sind, und hält dieses laufend auf dem aktuellen Stand. Dieses Register ist das schweizerische Pendant zum europäischen Register der Plattformen für Insiderin-

32 / 78

BBl 2023 2864

formationen und Transparenzplattformen (Register of Inside Information and Transparency Platforms)18.

Abs. 2 und 3 Das Register enthält ausschliesslich die Informationen nach Absatz 2, sprich den Namen, den Tätigkeitsbereich und den Stand des Zulassungsverfahrens bei der ElCom oder der ACER (die übrigen Informationen sind im Informationssystem der ElCom gespeichert und nicht öffentlich zugänglich). Im Register muss daher angegeben sein, welche Plattformen bei der ElCom oder der ACER registriert sind, welche Plattformen von beiden Behörden zugelassen wurden und welchen Plattformen die Zulassung entzogen wurde. Anhand dieser Anmerkung können die Marktteilnehmer die verschiedenen von der ElCom zugelassenen Plattformen ermitteln, die gewährleisten, dass eine Veröffentlichung im Sinn von Artikel 6 als erfolgt gilt.

Analog zu den Regelungen der EU wird eine Plattform für Insiderinformationen erst fünf Jahre nach der Verfügung des Zulassungsentzugs aus dem Register gelöscht (vgl.

Art. 10).

Art. 10

Entzug der Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen

Abs. 1 Unter gewissen Umständen muss die ElCom den Entzug der Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen anordnen können, damit die Integrität und die Sicherheit von Insiderinformationen gewahrt werden. Sie darf dies allerdings nur in begründeten Fällen tun.

Einseitig anerkannte Plattformen für Insiderinformationen nach Artikel 8 Absatz 2, denen die Zulassung aufgrund der Regelungen der EU durch die ACER entzogen wurde, sind auch in der Schweiz nicht mehr anerkannt.

Abs. 2 Ist der Betreiber der Plattform in der Lage, für die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen zu sorgen, fordert die ElCom ihn auf, dies innerhalb einer von ihr gesetzten Frist zu tun. Diese Möglichkeit kommt allerdings nur in den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben a und c in Betracht, denn wiederholte oder schwerwiegende Verstösse gegen das Gesetz können eine einfache Aufforderung unter keinen Umständen rechtfertigen. Wurde die Zulassung durch falsche Angaben im Sinn von Absatz 1 Buchstabe b erlangt, muss die ElCom feststellen, ob dies vorsätzlich geschah oder nicht.

Liegt lediglich ein Fehler vor, sollte die ElCom eine einfache Aufforderung aussprechen können.

Abs. 3 Der Entzug der Zulassung wird im Register nach Artikel 9 publiziert. Diese Publikation dient in erster Linie dazu, die Marktteilnehmer über den veränderten Status der

18

www.acer-remit.eu/portal > REMIT Lists > List of Inside Information Platforms.

33 / 78

BBl 2023 2864

Plattform für Insiderinformationen zu informieren, damit sie gegebenenfalls zu einer anderen Plattform wechseln können.

Abs. 4 Unter Berücksichtigung der Regelungen der EU wird der Bundesrat das Verfahren für die Substitution von Plattformen für Insiderinformationen festlegen, denen die Zulassung entzogen wurde. Dieses deckt namentlich die Übertragung von bereits veröffentlichten Insiderinformationen auf eine neue Plattform ab.

Art. 11

Übermittlung von Informationen an die ElCom

Abs. 1 Die Übermittlungspflicht nach Absatz 1 betrifft nur die Teilnehmer am Schweizer Markt (sowie die Teilnehmer am schweizerisch-europäischen Markt). Diese müssen der ElCom einerseits Angaben übermitteln über ihre Transaktionen und Handelsaufträge auf den Energiegrosshandelsmärkten, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen (Bst. a), und andererseits die grundlegenden Daten über ihre Anlagen, also Informationen über die Kapazität und die Nutzung von Anlagen zur Erzeugung, zur Speicherung, zum Verbrauch oder zum Transport von Strom oder Gas, einschliesslich Informationen über geplante oder ungeplante Nichtverfügbarkeiten dieser Anlagen (Bst. b).

Wie in der EU dürften die meisten Übermittlungen dennoch nicht direkt durch die Marktteilnehmer, sondern durch ordnungsgemäss beauftragte Dritte erfolgen.

Schliesst nämlich ein Marktteilnehmer Transaktionen auf einem organisierten Markt ab, so wird in den allermeisten Fällen dieser Markt für den Marktteilnehmer die Informationen übermitteln. Diese Möglichkeit der Betrauung von Dritten ist im Gesetz zwar nicht ausdrücklich erwähnt, sie besteht aber ohnehin aufgrund allgemeiner Grundsätze. Daraus ergibt sich aber auch, dass sich die übermittlungspflichtigen Marktteilnehmer durch eine Beauftragung Dritter nicht aus der Verantwortung ziehen können; letztlich bleiben sie selber rechtlich zur Datenlieferung verpflichtet.

Im Fall eines Teilnehmers am schweizerischen-europäischen Markt kann eine einzelne Transaktion nach Artikel 11 Absätze 1 und 3 zu einer doppelten Übermittlungspflicht führen. Aufgrund der in Artikel 11 Absatz 5 Buchstabe c verankerten Ausnahmen ist in so einem Fall jedoch eine einzige Übermittlung ausreichend (vgl. hierzu die Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 1 Bst. a).

Abs. 2 Angaben nach Absatz 1 Buchstabe a, die aufgrund einer Pflicht nach dem FinfraG bereits gemeldet wurden, müssen nicht ein weiteres Mal der ElCom übermittelt werden. In solchen Fällen kann die ElCom gestützt auf Artikel 77 FinfraG diese Angaben direkt über das Transaktionsregister abrufen. Im Übrigen garantiert Artikel 32 Absatz 1 E-BATE den Zugang der ElCom zu den Informationen und Daten der FINMA, die sie zur Erfüllung ihrer Aufsichtsaufgaben benötigt.

34 / 78

BBl 2023 2864

Abs. 3 Mit Absatz 3 werden die Bestimmungen von Artikel 26abis Absätze 1 und 2 Buchstabe a StromVV in das BATE überführt und auf den Gasbereich ausgeweitet. Die Artikel 26abis­26c StromVV werden daher in den Ausführungsbestimmungen aufgehoben.

Die Teilnehmer am europäischen Markt müssen der ElCom gleichzeitig und in identischer Form die Informationen übermitteln, die sie gemäss den EU-Regelungen den Behörden der EU oder eines EU-Mitgliedstaats zur Verfügung stellen müssen. Dabei handelt es sich namentlich um Angaben über ihre Transaktionen und Handelsaufträge auf den Energiegrosshandelsmärkten, die Energiegrosshandelsprodukte im Sinn der Regelungen der EU betreffen (Bst. a), und die grundlegenden Daten über ihre Anlagen, sprich Angaben zur Kapazität und Nutzung von Anlagen zur Erzeugung, zur Speicherung, zum Verbrauch oder zum Transport von Strom oder Gas, einschliesslich Informationen über geplante oder ungeplante Nichtverfügbarkeiten solcher Anlagen (Bst. b).

In der Praxis ist es unerheblich, ob die Teilnehmer am europäischen Markt diese Informationen tatsächlich an die Behörden der EU oder eines EU-Mitgliedstaats liefern oder ob sie dies in Verletzung ihrer Pflichten unterlassen. Ausschlaggebend ist die grundsätzliche Veröffentlichungspflicht dieser Personen gemäss den Regelungen der EU. Im Übrigen sind die Informationen, die der ElCom übermittelt werden müssen, identisch mit denjenigen, die an die Behörden in der EU gehen. Diese einseitige Anerkennung identischer Daten ist gewollt, da dadurch ein unnötiger administrativer Mehraufwand für die Teilnehmer am europäischen Markt vermieden werden kann.

Schliesslich müssen die Informationen zwingend gleichzeitig und in der gleichen Form, wie die Lieferung an die Behörden der EU oder der EU-Mitgliedstaaten erfolgt oder erfolgen sollte, der ElCom übermittelt werden.

Abs. 4 Damit die Daten gestrafft und effizient der ElCom übermittelt werden können, muss dies zwingend über einen Meldemechanismus erfolgen, der bei der ElCom registriert ist und von ihr zugelassen wurde (vgl. Art. 12). Die Nutzung von Meldemechanismen gewährleistet eine einheitliche Kommunikation sowie die Sicherheit, Vertraulichkeit und Vollständigkeit der Informationen, erleichtert die Identifizierung und Korrektur von Fehlern in der Übermittlung sowie die Authentifizierung der
Informationsquelle und stellt die Geschäftskontinuität (Business Continuity) sicher.

Sofern also ihr Meldemechanismus registriert und zugelassen ist, ist es unerheblich, ob Teilnehmer am Schweizer Markt, Teilnehmer am europäischen Markt oder Dritte diese Informationen der ElCom übermitteln. Zu diesen Dritten gehören Strom- und Gasbörsen, Broker und weitere Personen, die gewerbsmässig Transaktionen organisieren, oder auch Handelsplattformen.

Abs. 5 Dank der in Absatz 5 vorgesehenen Befreiung von der Übermittlungspflicht wird der administrative Aufwand der Marktteilnehmer verringert, da sie dadurch nicht mehr eine Information der ElCom übermitteln müssen, die dieser bereits vorliegt.

35 / 78

BBl 2023 2864

Im ersten Fall handelt es sich um Informationen, die sowohl der Veröffentlichungspflicht unterliegende Insiderinformationen als auch der Übermittlungspflicht unterliegende Informationen im Sinn von Absatz 1 oder 3 sind. Falls diese Informationen bereits von den Teilnehmern am Schweizer Markt nach Artikel 6 oder von den Teilnehmern am europäischen Markt aufgrund der Regelungen der EU veröffentlicht wurden, hat die ElCom über die Plattformen für Insiderinformationen uneingeschränkten Zugang dazu (Bst. a).

Beim zweiten Fall geht es um Informationen, die sowohl gemäss den EU-Regelungen auf einer Transparenzplattform veröffentlicht werden müssen als auch unter die Übermittlungspflicht nach Absatz 1 oder 3 fallen. Falls diese Informationen bereits auf einer Transparenzplattform veröffentlicht wurden, die bei der ACER registriert ist und von ihr zugelassen wurde, hat die ElCom über diese Plattformen ebenfalls uneingeschränkten Zugang dazu. Das Verzeichnis der von der ACER zugelassenen Transparenzplattformen wird veröffentlicht (vgl. Erläuterungen zu Art. 9 Abs. 1) (Bst. b).

Der dritte Fall umfasst Informationen, die der ElCom bereits übermittelt wurden. Dies sind beispielsweise Insiderinformationen, deren Veröffentlichung aufgeschoben wurde, die aber der ElCom im Sinn von Artikel 7 übermittelt worden sind (Bst. c).

Die Teilnehmer am Schweizer Markt und die Teilnehmer am europäischen Markt müssen sich jedoch in jedem Fall vergewissern, ob tatsächlich eine dieser drei Konstellationen vorliegt, die sie von ihrer Übermittlungspflicht befreien, da sie sonst für einen allfälligen Verstoss haftbar gemacht werden können.

Abs. 6 und 7 Diese Zentralisierung der Übermittlung von Angaben über Energie zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität oder zum Ausgleich von Abweichungen in den schweizerischen Elektrizitätsnetzen ­ namentlich betreffend Regelenergie ­ bei der nationalen Netzgesellschaft und den Betreibern von schweizerischen Gastransportnetzen ist gerechtfertigt, da so eine zu feine Granularität der Daten vermieden wird.

Abs. 8 Unter Berücksichtigung der Regelungen der EU regelt der Bundesrat die Einzelheiten des Übermittlungsverfahrens und umschreibt die zu übermittelnden Informationen näher; ausserdem legt er die Fristen für die Übermittlung fest. Dabei stützt er sich insbesondere auf die Durchführungsverordnung
(EU) Nr. 1348/2014 der Kommission vom 17. Dezember 2014 und auf allfällige Nachfolgeregelungen.

In Artikel 5 und im Anhang der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 wird präzisiert, welche Informationen in Bezug auf Verträge und Handelsaufträge übermittelt werden müssen. Dazu gehören beispielsweise die genaue Identifizierung der erworbenen und veräusserten Energiegrosshandelsprodukte, der vereinbarte Preis und die vereinbarte Menge, Datum und Uhrzeit der Ausführung, die Parteien und die Begünstigten der Transaktion, die Einzelheiten der Transaktionen und Aufträge, der genutzte Grosshandelsmarkt sowie alle weiteren damit verbundenen Informationen.

Hinsichtlich des Umfangs der Informationen werden in Artikel 3 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 die zu meldenden Verträge aufgelistet. Erwähnt werden beispielsweise Intraday- oder Within-day-Verträge über die Lieferung von Strom 36 / 78

BBl 2023 2864

oder Erdgas bei Lieferung in der EU, unabhängig davon, wo und wie der Handel erfolgt, insbesondere ob im Weg einer Auktion oder als kontinuierlicher Handel, oder Verträge über den Transport von Strom oder Erdgas in der EU zwischen zwei oder mehr Standorten oder Gebotszonen bzw. Marktgebieten, die zwischen Marktteilnehmern an Sekundärmärkten geschlossen werden und physische oder finanzielle Kapazitätsnutzungsrechte oder -pflichten umfassen, einschliesslich des Weiterverkaufs oder der Übertragung solcher Verträge.

Mit Blick auf das Übermittlungsverfahren regelt Artikel 6 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 die Frage der Meldekanäle für Transaktionen. Dabei wird danach differenziert, ob Verträge an organisierten Marktplätzen (z. B. Strom- und Gasbörsen, Broker und weitere Personen, die gewerbsmässig Transaktionen organisieren, und Handelsplattformen) oder ausserhalb von organisierten Marktplätzen (z. B. bilaterale Verträge) geschlossen wurden.

Die Fristen für die Meldung von Transaktionen schliesslich sind in Artikel 7 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 festgelegt. Dieser Artikel sieht insbesondere vor, dass die Einzelheiten von Standardverträgen und Handelsaufträgen, auch bei Auktionen, so bald wie möglich, spätestens jedoch am Arbeitstag nach Abschluss des Vertrags oder der Erteilung des Handelsauftrags, gemeldet werden. Einzelheiten von Nicht-Standardverträgen sind spätestens einen Monat nach dem Abschluss, der Änderung oder der Beendigung des Vertrags zu melden.

Abs. 9 Für die Teilnehmer am Schweizer Markt wird der Bundesrat überdies Ausnahmen von der Übermittlungspflicht vorsehen. Abgesehen von denjenigen für Endverbraucherinnen und Endverbraucher leiten sich alle Ausnahmen unmittelbar von Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 ab.

Was die Endverbraucherinnen und Endverbraucher betrifft, die Transaktionen abschliessen oder Handelsaufträge erteilen, die einen Vertrag nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern 1 und 2 betreffen, hat die Erfahrung in der EU gezeigt, dass eine Pflicht zur Übermittlung dieser Informationen für diese Personen kein zufriedenstellendes Kosten-Nutzen-Verhältnis ergibt. Der zusätzliche administrative Aufwand für die betroffenen grossen Endverbraucherinnen und Endverbraucher oder Lieferanten wird nämlich durch den geringen Gewinn
an Transparenz oder Mehrwert für die Marktintegrität kaum aufgewogen. Ausserdem entfällt auf diese Art von Verträgen nur ein vernachlässigbarer Teil der Handelsaktivitäten auf den Energiegrosshandelsmärkten, die Energiegrosshandelsprodukte betreffen.

Was die Ausnahmen für bestimmte Transaktionen und Handelsaufträge betrifft, so wird in Bezug auf die eingeschränkte Kapazität der in den Buchstaben b und c genannten Verträge im EU-Recht ein Wert von 10 MW für Verträge über die physische Lieferung von Strom und von 20 MW für Verträge über die physische Lieferung von Gas festgelegt. Die genannten Werte können als Richtwerte dienen für die Festlegung eines geeigneten Schwellenwerts für Transaktionen und Handelsaufträge, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen.

37 / 78

BBl 2023 2864

Art. 12

Registrierung und Zulassung von Meldemechanismen

Abs. 1 Die Meldemechanismen spielen in Bezug auf die Übermittlungspflicht nach Artikel 11 eine wichtige Rolle. Damit die Daten gestrafft und effizient der ElCom übermittelt werden können, sind die Marktteilnehmer nämlich verpflichtet, einen solchen Mechanismus für die Übermittlung ihrer Angaben zu nutzen (vgl. Art. 11 Abs. 4).

Deshalb müssen natürliche oder juristische Personen mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz oder in der EU, die der ElCom Informationen in ihrem Namen oder im Auftrag eines Teilnehmers am Schweizer Markt oder eines Teilnehmers am europäischen Markt übermitteln wollen, vorgängig bei der ElCom die Registrierung und die Zulassung ihres Meldemechanismus beantragen.

Solche Mechanismen sind in der EU grösstenteils bereits gemäss der REMITVerordnung aktiv. Es ist nicht auszuschliessen, dass es auch nur für die Schweiz bestimmte Mechanismen geben wird. Deren Zahl dürfte allerdings sehr überschaubar bleiben, da solche Mechanismen ausschliesslich Informationen und Daten mit Bezug zu schweizerischen Energiehandelsprodukten übermitteln würden. Sobald nämlich ein Mechanismus eine Information zu einem Energiegrosshandelsprodukt übermitteln will, das den Regelungen der EU untersteht, benötigt er eine Zulassung durch die ACER und wird daher mit seiner Registrierung in der Schweiz einseitig anerkannt (vgl. Abs. 2).

Abs. 2 Da die überwiegende Mehrheit der Meldemechanismen in der EU aktiv ist, sieht das Gesetz eine automatische Anerkennung solcher Mechanismen vor, die bereits bei der ACER registriert sind und von dieser zugelassen wurden. Die Streichung eines solchen Mechanismus aus dem Register der ACER würde de facto bedeuten, dass er auch in der Schweiz nicht mehr anerkannt wird. Die ACER führt ein laufend aktualisiertes Verzeichnis dieser Plattformen.

Um von der ACER zugelassen zu werden, müssen diese Mechanismen unter anderem über Folgendes verfügen: ­

Robuste Sicherheitsmechanismen, um die Sicherheit und die Authentifizierung der Mittel für die Übertragung von Informationen zu gewährleisten, das Risiko von Datenkorruption und unbefugtem Zugriff zu minimieren und das Durchsickern von Informationen zu verhindern, indem die Vertraulichkeit der Daten jederzeit gewahrt bleibt;

­

Systeme, die in der Lage sind, die Vollständigkeit der Transaktionsmeldungen effizient zu überprüfen, Auslassungen und offensichtliche Fehler, die auf den Marktteilnehmer zurückzuführen sind, zu erkennen und bei Auftreten einer solchen Auslassung oder eines solchen Fehlers dem Marktteilnehmer die Einzelheiten der Auslassung oder des Fehlers mitzuteilen und eine erneute Übermittlung der fehlerhaften Meldung zu verlangen;

­

Systeme, die es ermöglichen, Auslassungen oder Fehler, die auf den Meldemechanismus zurückzuführen sind, selber zu erkennen, Transaktionsmel-

38 / 78

BBl 2023 2864

dungen zu korrigieren und der ACER die korrekten und vollständigen Transaktionsmeldungen gegebenenfalls erneut zu übermitteln.

In der Praxis nutzen die Teilnehmer am Schweizer Markt, die den EU-Regelungen unterstehen, und die Teilnehmer am europäischen Markt bereits diese Art von Mechanismen für ihre Übermittlung. Durch die Anerkennung dieser Mechanismen wird der Arbeitsaufwand dieser Marktteilnehmer verringert.

Die einseitige Anerkennung in der Schweiz befreit die Zulassungsinhaber jedoch nicht von ihrer Pflicht, ihren Meldemechanismus bei der ElCom registrieren zu lassen.

Der Zulassungsinhaber muss die Registrierung seines Meldemechanismus bei der ElCom beantragen. Überdies kann die ElCom gestützt auf Artikel 20 Absatz 1 für die Registrierung eine Initialgebühr erheben.

Abs. 3 Bei der Registrierung müssen die Betreiber von Meldemechanismen, die nur für die Schweiz bestimmt sind (alle anderen Mechanismen werden einseitig anerkannt), der ElCom bestimmte Informationen übermitteln. Anhand dieser Informationen muss die ElCom feststellen können, ob die in Absatz 4 genannten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. Für die Zeit zwischen der Übermittlung der Informationen und der Erteilung der Zulassung erhalten diese Mechanismen den Status «registriert». Die ElCom publiziert diesen Status im öffentlichen Register (vgl. Art. 13 Abs. 2 Bst. e).

Abs. 4 Nachdem der Betreiber den Meldemechanismus, der nur für die Schweiz bestimmt ist, registriert hat, kann die ElCom das Zulassungsverfahren einleiten. Im Rahmen dieses Verfahrens prüft sie, ob die Meldemechanismen gewährleisten können, dass die Informationen sicher, schnell und effizient übermittelt werden (Bst. a) und dass die übermittelten Informationen vollständig und korrekt sind (Bst. b). Erachtet die ElCom die Zulassungsvoraussetzungen als erfüllt, ändert sie den Status der Mechanismen zu «zugelassen». Die ElCom publiziert diese Statusänderung im öffentlichen Register (vgl. Art. 13 Abs. 2 Bst. e).

Solange ein Meldemechanismus nicht zugelassen ist, darf er keine Informationen oder Daten nach dem BATE übermitteln.

Gestützt auf Artikel 20 Absatz 1 kann die ElCom für die Registrierung und Zulassung eine Initialgebühr erheben.

Abs. 5 Um das Vertrauen in die Meldemechanismen kontinuierlich zu gewährleisten und deren einwandfreien Betrieb sicherzustellen,
müssen die Zulassungsinhaber Änderungen der für die Zulassung massgebenden Sachverhalte der ElCom mitteilen, einschliesslich eines allfälligen Entzugs der Zulassung durch die ACER.

Abs. 6 In Anlehnung an die Regelungen der EU regelt der Bundesrat die Einzelheiten des Registrierungs- und des Zulassungsverfahrens. Dabei wird er insbesondere ein eigenes Zulassungsverfahren für nur für die Schweiz bestimmte Mechanismen vorsehen.

39 / 78

BBl 2023 2864

Des Weiteren wird er die Art und den Umfang der Informationen näher umschreiben, die für die Zulassung erforderlich sind, und die Voraussetzungen für die Zulassung präzisieren. In der EU ist es üblich, dass Betreiber, die die Registrierung und Zulassung ihres Meldemechanismus beantragen wollen, zu diesem Zweck ein Online-Formular nutzen, das von der ACER bereitgestellt wird. Dieses Formular enthält alle Angaben, die zur Identifizierung erforderlich sind, sowie technische und organisatorische Informationen zum Mechanismus, die sicherstellen, dass die Angaben über Transaktionen und Handelsaufträge sowie die grundlegenden Daten über Anlagen sicher, schnell und effizient übermittelt werden.

Art. 13

Register der Meldemechanismen

Abs. 1 Die ElCom führt ein öffentliches Register aller Meldemechanismen, die bei ihr registriert sind, und hält dieses laufend auf dem aktuellen Stand. Dieses Register ist das schweizerische Pendant zur europäischen Liste der registrierten Meldemechanismen (Register of Registered Reporting Mechanisms)19.

Abs. 2 und 3 Das Register enthält ausschliesslich die Informationen nach Absatz 2, sprich den Namen des Zulassungsinhabers, die Adresse, die Webadresse, die Kennung des Zulassungsinhabers, die Art der Übermittlungen und den Stand des Zulassungsverfahrens bei der ElCom oder der ACER (die übrigen Informationen sind im Informationssystem der ElCom gespeichert und nicht öffentlich zugänglich). Im Register muss daher angegeben sein, welche Mechanismen bei der ElCom oder der ACER registriert sind, welche Mechanismen von beiden Behörden zugelassen wurden und welchen Mechanismen die Zulassung entzogen wurde. Anhand dieser Anmerkung können die Marktteilnehmer die verschiedenen von der ElCom zugelassenen Mechanismen ermitteln, über die eine Übermittlung nach Artikel 11 erfolgen kann.

Analog zu den Regelungen der EU wird ein Meldemechanismus erst fünf Jahre nach der Verfügung des Zulassungsentzugs aus dem Register gelöscht (vgl. Art. 14).

Art. 14

Entzug der Zulassung von Meldemechanismen

Abs. 1 Unter gewissen Umständen muss die ElCom den Entzug der Zulassung von Meldemechanismen anordnen können, damit die Integrität und die Sicherheit der über diese Mechanismen abgewickelten Übermittlungen gewahrt werden. Sie darf dies allerdings nur in begründeten Fällen tun.

Einseitig anerkannte Meldemechanismen nach Artikel 12 Absatz 2, denen die Zulassung aufgrund der Regelungen der EU durch die ACER entzogen wurde, sind auch in der Schweiz nicht mehr anerkannt.

19

www.acer-remit.eu/portal > REMIT Lists > List of RRMs.

40 / 78

BBl 2023 2864

Abs. 2 Ist der Zulassungsinhaber in der Lage, für die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen zu sorgen, fordert die ElCom ihn auf, dies innerhalb einer von ihr gesetzten Frist zu tun. Diese Möglichkeit kommt allerdings nur in den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben a und c in Betracht, denn wiederholte oder schwerwiegende Verstösse gegen das Gesetz können eine einfache Aufforderung unter keinen Umständen rechtfertigen. Wurde die Zulassung durch falsche Angaben im Sinn von Absatz 1 Buchstabe b erlangt, muss die ElCom feststellen, ob dies vorsätzlich geschah oder nicht.

Liegt lediglich ein Fehler vor, sollte die ElCom eine einfache Aufforderung aussprechen können.

Abs. 3 Der Entzug der Zulassung wird im Register nach Artikel 13 publiziert. Diese Publikation dient in erster Linie dazu, die Marktteilnehmer über den veränderten Status des Meldemechanismus zu informieren, damit sie gegebenenfalls zu einem anderen Mechanismus wechseln können.

Art. 15

Pflichten der Vermittler

Die Pflichten der Vermittler am Schweizer Markt leiten sich aus der Tatsache ab, dass eine bedeutende Anzahl Transaktionen auf den Energiegrosshandelsmärkten von solchen Personen vermittelt wird. Als Vermittler verfügen sie über exklusive Kenntnisse des Markts, auf dem sie tätig sind, und ihrer Kundinnen und Kunden. Sie befinden sich somit in einer idealen Position, um Handelstätigkeiten zu überwachen und unzulässiges Marktverhalten zu erkennen.

Nach Buchstabe a müssen die Betroffenen in ihrem «Einflussbereich» präventiv Vorkehrungen treffen und Verfahren einführen, um jede Form von unzulässigem Marktverhalten erkennen zu können. Als professionelle Akteure auf den Energiegrosshandelsmärkten sind sie verpflichtet, die Märkte, an denen sie tätig sind, proaktiv zu überwachen.

Laut Buchstabe b müssen die Vermittler jeden begründeten Verdacht, dass eine Transaktion ein unzulässiges Marktverhalten darstellen könnte, unverzüglich der ElCom melden. Bei einer solchen Meldung müssen sie der ElCom Angaben zur Art des unzulässigen Verhaltens, zur Identität des Marktteilnehmers bzw. der Marktteilnehmer, zum Zeitpunkt des unzulässigen Marktverhaltens und zu den betroffenen Märkten sowie Einzelheiten über die betroffenen Transaktionen oder Handelsaufträge übermitteln. Diese Meldung muss überdies so rasch wie möglich erfolgen, das heisst, sobald ein begründeter Verdacht entsteht. Für die Erhebung der Beweise ist es nämlich entscheidend, wie schnell Meldung erstattet wurde. Je früher die ElCom über einen potenziellen Verstoss informiert wird, desto früher kann sie auch Beweise sammeln und so deren Zerstörung oder Beschädigung verhindern. Gemäss der Praxis in der EU muss die Meldung in jedem Fall spätestens vier Wochen nach dem Zeitpunkt des unzulässigen Marktverhaltens erfolgen.

41 / 78

BBl 2023 2864

3. Abschnitt: Unzulässiges Marktverhalten Art. 16

Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen

Abs. 1 Die Definition des Verbots der Ausnützung und der Weitergabe von Insiderinformationen stützt sich sowohl auf die Regelungen der EU als auch auf das Finanzmarktrecht (Art. 142 Abs. 1 FinfraG). Im Gegensatz zum FinfraG gilt dieses Verbot jedoch nicht nur für Effekten, die auf einer Handelsplattform mit Sitz in der Schweiz zum Handel zugelassen sind, sondern für alle schweizerischen Energiegrosshandelsprodukte (vgl. Art. 3 Abs. 1 Bst. b).

Bst. a: Der erste Aspekt des Verbots betrifft die Ausnützung von Insiderinformationen mit dem Ziel, schweizerische Energiegrosshandelsprodukte für eigene oder fremde Rechnung zu erwerben oder zu veräussern bzw. zu erwerben oder zu veräussern zu versuchen.

Mit «Erwerb und Veräusserung» (die deutsche Terminologie entspricht derjenigen der Regelungen der EU) sind alle Handlungen gemeint, die in einem Zusammenhang mit Handelsaufträgen oder Transaktionen stehen oder die Teil der Erteilung von Aufträgen bzw. des Abschlusses von Transaktionen auf einem oder mehreren Energiegrosshandelsmärkten sind, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen (dazu gehören z. B. die Erteilung von neuen Handelsaufträgen, die Änderung von bestehenden Handelsaufträgen, die Stornierung von Handelsaufträgen oder die Herstellung von Verknüpfungen oder Abhängigkeiten zwischen Handelsaufträgen).

Ein wesentlicher Unterschied zum Finanzmarktrecht besteht darin, dass im BATE ­ ebenso wie in den Regelungen der EU ­ auch die versuchte Ausnützung von Insiderinformationen untersagt ist. Das Verbot der Ausnützung von Insiderinformationen gilt daher ab dem Zeitpunkt, ab dem die betreffende Person in den Besitz dieser Informationen gelangt und eine Handlung begeht, die als Erwerb oder Veräusserung von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten gilt.

Überdies ist das Verbot an keinerlei subjektive Voraussetzung in Bezug auf die Absicht geknüpft. Mit anderen Worten: Es spielt keine Rolle, ob die betroffene Person die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat. Das Verbot umfasst nämlich sowohl die Tathandlung als auch das Ausbleiben erwarteter Handlungen, die sich aus der Verwendung von Insiderinformationen ergeben. Zudem wird beim Verbot des Erwerbs und der Veräusserung von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten nicht danach unterschieden, ob der Erwerb oder die Veräusserung
auf eigene oder auf fremde Rechnung erfolgt.

Analog zum Finanzmarktrecht ist es unerheblich, ob ein Vermögensvorteil erlangt wird. Der unlautere Vorteil, der durch die asymmetrische Kenntnis einer Information entsteht, muss mit anderen Worten nicht unbedingt in einem finanziellen Vorteil materialisiert sein, damit die beteiligte Person gegen diese Bestimmung verstösst.

Bst. b: Der zweite Aspekt des Verbots bezieht sich auf die Weitergabe einer Insiderinformation an eine Drittperson ausserhalb der Ausübung der Arbeit oder des Berufs oder der Erfüllung der Aufgaben der betreffenden Person.

42 / 78

BBl 2023 2864

Es ist irrelevant, ob jemand eine Insiderinformation erhalten oder zu Handelszwecken genutzt hat, da die Weitergabe selbst verboten ist. Auch ob die Insiderinformation an eine oder mehrere Personen verbreitet wurde, ist nicht von Belang.

Buchstabe b ist in Anlehnung an Artikel 128 der Finanzmarktinfrastrukturverordnung vom 25. November 201520 so formuliert, dass kein unzulässiges Verhalten vorliegt, wenn jemand einer Drittperson im normalen Rahmen der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit eine Insiderinformation mitteilt.

Bst. c: Der dritte Aspekt des Verbots betrifft die Ausnützung einer Insiderinformation mit dem Zweck, einer anderen Person eine Empfehlung zum Erwerb oder zur Veräusserung von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten abzugeben.

In diesem Zusammenhang umfasst der Begriff «Empfehlung» jede Handlung einer Person im Besitz einer Insiderinformation, die darauf abzielt, im Zusammenhang mit dieser Insiderinformation einer anderen Person ein oder mehrere direkte oder indirekte Signale zu übermitteln, die für den Handel mit schweizerischen Energieprodukten auf einem oder mehreren Energiegrosshandelsmärkten von Nutzen sind. Verboten ist nicht erst die Weitergabe einer Insiderinformation an eine andere Person, sondern bereits das Aussenden eines Signals im Hinblick auf den Handel mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten. Unerheblich ist auch, ob die Person, die die Empfehlung erhalten hat, diese Information tatsächlich für eine Handelstätigkeit genutzt hat.

Abs. 2 Die Aufzählung in Absatz 2 stützt sich auf die Regelungen der EU.

Das Verbot beschränkt sich nicht auf die Ausnützung oder Weitergabe von Insiderinformationen durch die ausdrücklich genannten Personen. Es gilt auch für jene natürlichen oder juristischen Personen, die wissen oder wissen müssen, dass es sich um eine Insiderinformation handelt. Das schliesst Personen mit ein, die eher indirekt an Prozessen beteiligt sind, Insiderinformationen generieren oder verwalten oder aus persönlichen oder beruflichen Gründen mit Personen in Kontakt stehen, die mit Insiderinformationen umgehen und daher mit solchen Informationen in Berührung kommen (z. B. Verwaltungspersonal, das von der Ausfallzeit eines Stromversorgungsunternehmens Kenntnis hat). Entscheidend ist die Frage, ob die betreffende Person angesichts ihrer Berufserfahrung
und der abgeschlossenen Transaktion weiss oder wissen muss, dass es sich um eine Insiderinformation handelt.

Abs. 3 Im Einklang mit den EU-Regelungen ist die Ausnützung von Insiderinformationen im Sinn von Absatz 1 Buchstaben a und c nicht verboten, wenn die nationale Netzgesellschaft nach Artikel 18 StromVG oder Betreiber von schweizerischen Gastransportnetzen Strom oder Gas zur Gewährleistung des sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzbetriebs kaufen. Sie dürfen Insiderinformationen jedoch nicht Dritten mitteilen, es sei denn, die Mitteilung erfolgt im Rahmen der normalen Ausübung ihres Berufs oder der Erfüllung ihrer Aufgaben.

20

SR 958.11

43 / 78

BBl 2023 2864

Es ist nämlich von entscheidender Bedeutung, dass die nationale Netzgesellschaft sowie die Betreiber von Gastransportnetzen für einen bedarfsgerechten Ausbau, einen sicheren Betrieb und einen laufenden Unterhalt des Netzes sorgen. Dazu müssen sie insbesondere berechtigt sein, Käufe im Rahmen der Erbringung von Systemdienstleistungen zu tätigen, etwa für Regel- und Ausgleichsenergie sowie Regel- und Ausgleichsleistung oder für Produktions- und Lastverschiebungen (Redispatch).

Abs. 4 Kein unzulässiges Verhalten liegt vor, wenn Informationen von Teilnehmern am Schweizer Markt im Rahmen von vom Bundesrat angeordneten Notfallmassnahmen zur Abwendung einer Gefährdung der Stromversorgung nach Artikel 9 StromVG oder einer Gefährdung der Gasversorgung verwendet werden (Bst. a). Diese Notfallmassnahmen sind als letztes Mittel zu verstehen, das der Bundesrat nur anordnen kann, um eine sichere und bezahlbare nationale Stromversorgung zu gewährleisten, und wenn die Teilnehmer am Schweizer Markt (z. B. Unternehmen der Branche) die Versorgung nicht mehr mit eigenen Mitteln sicherstellen können.

Dasselbe gilt für Informationen, die von Teilnehmern am Schweizer Markt im Rahmen von Massnahmen zur Sicherstellung der Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen in schweren Mangellagen im Sinn des Landesversorgungsgesetzes vom 17. Juni 201621 (LVG) verwendet werden (Bst. b). Darunter fallen insbesondere die Vorbereitungsmassnahmen und die wirtschaftlichen Interventionsmassnahmen nach den Artikeln 5 f. und 31 f. LVG.

Abs. 5 Nach Absatz 5 kann der Bundesrat unter Berücksichtigung der Regelungen der EU weitere Fälle vorsehen, in denen die Verwendung von Insiderinformationen ausnahmsweise zulässig ist.

Bst. a: Die erste Ausnahme betrifft namentlich Geschäfte, mit denen einer Verpflichtung nachgekommen werden soll, die der Marktteilnehmer eingegangen ist, bevor er in den Besitz der Insiderinformation gelangt ist.

Nach der EU-Praxis ist die ACER der Ansicht, dass Vertragsverpflichtungen bestehen müssen, bevor der Marktteilnehmer von der Insiderinformation Kenntnis erlangt, und dass sich diese Verpflichtungen auf diese Information beziehen müssen. Ausserdem muss sich ein Marktteilnehmer der ACER zufolge in einer Situation befinden, die zu einem Vertragsbruch führen würde, und er darf nicht über
andere eigene Vermögenswerte zur Erfüllung der Verpflichtung verfügen, damit davon ausgegangen werden kann, dass er nicht in der Lage ist, seinen Vertragsverpflichtungen nachzukommen.

Da die Ausnahme auch für Handelsaufträge gilt, die erteilt werden, bevor die betreffende Person im Besitz einer Insiderinformation ist, ist der Marktteilnehmer nach Auffassung der ACER verpflichtet, von einer selektiven Änderung oder Zurückziehung des erteilten Handelsauftrags im Zusammenhang mit dieser Insiderinformation abzusehen (hands-off approach), um nicht gegen das Verbot zu verstossen.

21

SR 531

44 / 78

BBl 2023 2864

Die Anwendung dieser Ausnahme darf nicht mit der Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c zusammenfallen. In bestimmten Situationen müssen die Transportnetzbetreiber nämlich trotz des Aufschubs der Veröffentlichung einer Insiderinformation befugt sein, Entscheidungen über den Handel mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten zu treffen (vgl. Erläuterungen zu Art. 7 Abs. 2).

Bst. b: Die zweite Ausnahme betrifft Transaktionen, mit denen direkte physische Verluste infolge ungeplanter Nichtverfügbarkeiten gedeckt werden können.

Gemäss den EU-Regelungen gilt diese Ausnahme nur für Stromerzeuger und Erdgasproduzenten, Betreiber von Erdgasspeicheranlagen oder Betreiber von Flüssiggaseinfuhranlagen. Die ACER ist der Ansicht, dass aufgrund der Beschränkung der Ausnahme auf diese Marktteilnehmer jede ungeplante Nichtverfügbarkeit nur die Anlagen zur Erzeugung, Speicherung oder Flüssiggaseinfuhr betreffen kann.

Sie vertritt ferner die Auffassung, dass diese Ausnahme nur für ungeplante Ausfälle gelten kann, sprich nur für Ausfälle, die dem primären Informationsinhaber nicht im Voraus bekannt sind, und dass ein physischer Verlust direkt und ausschliesslich durch diesen ungeplanten Ausfall verursacht worden sein muss. Daher sollten die oben genannten Marktteilnehmer diese Ausnahmeregelung nur nutzen können, um Transaktionen zur Deckung des direkten physischen Verlusts abzuschliessen. Alle anderen Transaktionen, die über die Deckung des direkten physischen Verlusts hinausgehen (z. B. within the day), fallen nicht unter diese Ausnahme.

Darüber hinaus ist diese Ausnahme gemäss den EU-Regelungen nur anwendbar, wenn andernfalls die Marktteilnehmer nicht in der Lage wären, die bestehenden Vertragsverpflichtungen zu erfüllen, oder wenn die Transaktion im Einvernehmen mit dem betroffenen Übertragungsnetzbetreiber erfolgt, um den sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten.

Schliesslich sehen die EU-Regelungen ausdrücklich vor, dass ein Marktteilnehmer, der sich auf diese Ausnahme beruft, die relevanten Informationen unverzüglich der ACER mitteilt.

Art. 17

Marktmanipulation

Abs. 1 Die Definition des Verbots von Marktmanipulation stützt sich sowohl auf die Regelungen der EU als auch auf das Finanzmarktrecht (Art. 143 Abs. 1 FinfraG). Der einzige wesentliche Unterschied zum EU-Recht besteht darin, dass Marktmanipulation nur strafbar ist, wenn mindestens ein Absichtselement vorliegt («wissen oder wissen müssen»). Demzufolge und anders als in den Regelungen der EU gelten einfache Handelsfehler in der Schweiz nicht als unzulässiges Marktverhalten. Liegt indessen dem Handelsfehler eine manipulatorische Absicht zugrunde, so ist er strafbar, und zwar ungeachtet dessen, ob der Fehler die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten tatsächlich beeinflusst oder lediglich beeinflussen könnte. Für eine klare Unterscheidung zwischen Manipulation und versuchter Manipulation, wie sie in den Regelungen der EU vorgenommen wird, besteht somit im E-BATE keine Notwendigkeit.

45 / 78

BBl 2023 2864

Wie auch das Verbot der Ausnützung und der Weitergabe von Insiderinformationen gilt dieses Verbot für alle schweizerischen Energiegrosshandelsprodukte (vgl. Art. 3 Abs. 1 Bst. b) und setzt keine Bereicherungsabsicht voraus.

Das Verbot von Marktmanipulationen umfasst drei Aspekte, nämlich die Verbreitung von Informationen, die falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten geben oder geben könnten (Bst. a), der Abschluss von Transaktionen oder das Erteilen von Handelsaufträgen, die falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten geben oder geben könnten (Bst. b Ziff. 1), sowie der Abschluss von Transaktionen oder das Erteilen von Handelsaufträgen, die den Preis eines oder mehrerer schweizerischer Energiegrosshandelsprodukte beeinflussen oder beeinflussen könnten, sodass ein künstliches Preisniveau erzielt wird (Bst. b Ziff. 2).

Die erste Art von Marktmanipulation, die Verbreitung falscher oder irreführender Informationen, kann ausserhalb des Markts erfolgen (im Gegensatz zu unzulässigem Verhalten auf der Grundlage von Handelsaufträgen oder Transaktionen), indem ein beliebiger Kommunikationskanal oder ein beliebiges anderes Mittel zur Verbreitung von Gerüchten oder falschen Nachrichten genutzt wird. Für diese Art der Manipulation ist keine Handelstätigkeit auf dem Markt erforderlich. Eine Marktmanipulation oder ein Manipulationsversuch kann daher aus einer Vielzahl von Umständen und Verhaltensweisen resultieren, die nicht ausschliesslich mit der Handelstätigkeit auf den Energiegrosshandelsmärkten verbunden sein müssen.

Die Verbreitung von Informationen in jeglicher Form, die falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten geben oder geben könnten, stellt einen Verstoss gegen das Verbot von Marktmanipulation dar. Der Begriff «Information» ist als jede Art von Information zu verstehen, einschliesslich Gerüchten, Nachrichten, falschen oder irreführenden Informationen und unbegründeten Informationen.

Die Verbreitung wird als unzulässig betrachtet, wenn die Person, die die Information verbreitet, weiss oder wissen muss, dass die Information falsch oder irreführend
ist.

Daher muss mindestens Vorsatz oder Eventualvorsatz vorliegen. Es muss nicht nachgewiesen werden, dass die Verbreitung der Informationen die Marktteilnehmer tatsächlich in die Irre geführt hat. Es genügt der Nachweis, dass ein direkter Zusammenhang zwischen den verbreiteten falschen oder irreführenden Informationen und Komponenten der Nachfrage, des Angebots oder des Preises von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten besteht. Allerdings kann ein indirekter Zusammenhang ausreichen, wenn es eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich ist, dass sich die Verbreitung der fraglichen Information auf die oben genannten Komponenten auswirken kann.

Der Kanal und die Mittel, die zur Verbreitung der Informationen verwendet werden, sind nicht relevant. Die Verbreitung kann über die Medien, einschliesslich des Internets, oder über andere Wege (z. B. Social Media oder Chatrooms) erfolgen. Ebenso ist die Anzahl der Personen, an die die Informationen verbreitet werden, nicht relevant.

46 / 78

BBl 2023 2864

Im Übrigen gelten bei einer unbefugten Verbreitung von Personendaten die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes vom 25. September 202022 (DSG).

Sowohl bei der Marktmanipulation als auch bei der versuchten Marktmanipulation setzen die in Buchstabe b genannten Verhaltensweisen die Erteilung eines Handelsauftrags oder den Abschluss einer Transaktion voraus. In diesem Sinn stellen sie Marktverhalten dar. Dazu gehört zum Beispiel die Erteilung von neuen Handelsaufträgen, die Änderung von bestehenden Handelsaufträgen, die Stornierung von Handelsaufträgen oder die Herstellung von Verknüpfungen oder Abhängigkeiten zwischen Handelsaufträgen.

Eine Gemeinsamkeit der Verhaltensweisen nach den Buchstaben a und b betrifft die Tatsache, dass sie falsche oder irreführende Signale in Bezug auf das Angebot, die Nachfrage oder den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten aussenden oder aussenden könnten.

Die falschen oder irreführenden Signale, die durch die Verbreitung gewisser Informationen oder durch gewisse Handelsaufträge beziehungsweise Transaktionen ausgesendet werden, können andere Marktteilnehmer dazu veranlassen, Handelsentscheidungen auf der Grundlage falscher oder irreführender Informationen über Angebot, Nachfrage oder Preise zu treffen und so auf eine Weise zu handeln, die sie ohne manipulatives Verhalten nicht in Betracht gezogen hätten. Wenn solche Handelsaufträge oder Transaktionen von anderen Marktteilnehmern wahrgenommen oder vermutet werden, können sie auch Misstrauen gegenüber der Integrität des Markts wecken und sich zum Beispiel negativ auf die Liquidität auswirken. Unter gewissen Umständen können sie auch falsche oder irreführende Preissignale an die Verbraucherinnen und Verbraucher oder Wiederverkäufer von Energie aussenden, wenn Detailverträge vorliegen, die auf Energiegrosshandelspreise indexiert sind.

Beispiele hierfür sind Handelsaufträge oder Transaktionen, die zu einem Preisniveau erteilt oder ausgeführt werden, das für den Marktteilnehmer nicht gewinnbringend ist, sowie Handelsaufträge oder Transaktionen, die fehlerhaft sind und daher kein echtes Interesse am Kauf oder Verkauf zum betrachteten Preis widerspiegeln.

Um festzustellen, ob das verdächtige Verhalten falsche oder irreführende Signale an den Markt gegeben hat, muss der Marktzustand vor und nach dem fraglichen
Verhalten überprüft werden. Auf diese Weise kann beurteilt werden, ob die Marktentwicklung tatsächlich auf dieses Verhalten oder auf andere Ereignisse, die möglicherweise eingetreten sind, zurückgeführt werden kann.

Auch wenn verdächtige Informationsverbreitungen, Transaktionen oder Handelsaufträge scheinbar keine Auswirkungen auf die Marktentwicklung hatten und daher nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie tatsächlich falsche oder irreführende Signale an den Markt ausgesendet haben, können sie dennoch als manipulativ angesehen werden, wenn die betreffenden Handlungen solche Signale hätten geben können. So verbietet diese Bestimmung nicht nur jede Informationsverbreitung oder Handelstätigkeit, die tatsächlich falsche oder irreführende Signale aussendet, sondern auch solche, die falsche oder irreführende Signale geben könnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Verhalten dem Markt falsche oder irreführende Signale gibt, muss 22

SR 235.1

47 / 78

BBl 2023 2864

unter Berücksichtigung der Umstände, die zum Zeitpunkt des verdächtigen Verhaltens geherrscht haben, sowie der Merkmale der verdächtigen Informationsverbreitung, Handelsaufträge oder Transaktionen beurteilt werden. Verdächtige Transaktionen oder Handelsaufträge, die bedeutend sind, auf abweichenden Preisniveaus liegen, in der Nähe der Markierung von Referenzzeiträumen platziert werden oder wiederkehrend sind, sind eher geeignet, falsche oder irreführende Signale auszusenden.

Schliesslich kann Marktmanipulation auch dann vorliegen, wenn durch Handelsaufträge oder Transaktionen ein künstliches Preisniveau erzielt wird. «Erzielen» verweist auf die Tatsache, dass der Preis eines schweizerischen Energiegrosshandelsprodukts erfolgreich auf einem bestimmten Niveau festgelegt bzw. positioniert wurde. Dabei wird impliziert, dass ein Preis zumindest teilweise auf Handlungen (in diesem Fall auf Handelsaufträge oder Transaktionen) eines Marktteilnehmers zurückzuführen ist.

Der Begriff «künstliches Preisniveau» impliziert, dass das Preisniveau für ein schweizerisches Energiegrosshandelsprodukt nicht dem Preisniveau entspricht, das sich aus einer fairen und wettbewerbsorientierten Interaktion zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Markt ergeben hätte und die grundlegenden Marktmechanismen widerspiegeln würde. Ein künstlicher Preis darf aber nicht mit einem anormalen Preis verwechselt werden. Ein Marktpreis kann extrem hoch oder niedrig und dennoch auf Grundlage des Markts völlig gerechtfertigt sein (z. B. bei einer Verknappung der Stromerzeugung).

Damit der Preis eines schweizerischen Energiegrosshandelsprodukts als künstlich angesehen werden kann, ist es nicht erforderlich, dass er über einen bestimmten Zeitraum auf einem künstlichen Niveau bleibt. Somit genügt selbst eine künstliche Preisbewegung über einen sehr kurzen Zeitraum, um als Marktmanipulation qualifiziert zu werden.

Die Festlegung des Preises auf einem künstlichen Niveau stellt immer eine Marktmanipulation dar, es sei denn, die Person weist nach, dass aus berechtigten Gründen gehandelt und nicht gegen die zulässige Marktpraxis auf den Energiegrosshandelsmärkten verstossen wurde. Diese beiden Bedingungen sind kumulativ. Die Beweislast liegt bei dem verdächtigten Marktteilnehmer. Die Gründe, die zur Rechtfertigung eines Handelsauftrags oder einer
Transaktion angeführt werden und die nachweisen, dass das Verhalten der zulässigen Marktpraxis entsprach, müssen von Fall zu Fall geprüft werden (Bst. b Ziff. 2).

Abs. 2 In den Ausführungsbestimmungen wird der Bundesrat die zulässige Marktpraxis auf den Energiegrosshandelsmärkten präzisieren. Gemäss den EU-Regelungen können die von den Finanzmarktbehörden zugelassenen Marktpraktiken auf den Energiegrosshandelsmärkten angewendet werden. Die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Insider-Geschäfte

48 / 78

BBl 2023 2864

und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) listet zudem bestimmte Kriterien auf, anhand derer die Konformität mit der Marktpraxis beurteilt werden kann: ­

Die Marktpraxis gewährt einen erheblichen Grad an Markttransparenz.

­

Durch die Marktpraxis werden das Funktionieren der Marktkräfte und das richtige Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage in hohem Grade gewährleistet.

­

Die Marktpraxis wirkt sich positiv auf die Marktliquidität und -effizienz aus.

­

Die Marktpraxis trägt dem Handelsmechanismus des betreffenden Markts Rechnung und erlaubt es den Marktteilnehmern, angemessen und rechtzeitig auf die durch die Marktpraxis entstehende neue Marktsituation zu reagieren.

Der Bundesrat kann überdies Bestimmungen über zulässige Verhaltensweisen insbesondere bei der Verbreitung von Informationen zu journalistischen oder künstlerischen Zwecken erlassen, die von Journalistinnen und Künstlern bei der Ausübung ihres Berufs zu befolgen sind. Dabei wird er die Meinungs- und Informationsfreiheit, die Medienfreiheit sowie die spezifischen Bestimmungen für die betreffenden Berufe und über die Pressefreiheit berücksichtigen. Soweit es sich um Informationen handelt, die im Besitz der Bundesbehörden sind und von diesen zugänglich gemacht werden, trägt der Bundesrat ausserdem den Grundsätzen und Bestimmungen des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 200423 (BGÖ) Rechnung.

4. Abschnitt: Aufsichtsbehörde und Datenbearbeitung Art. 18

Aufgaben der ElCom

Abs. 1 Die ElCom übt die Aufsicht über die Energiegrosshandelsmärkte nach dem BATE aus (vgl. auch Art. 21). Zu den damit verbundenen Aufsichtsaufgaben zählen insbesondere die Überwachung der Einhaltung der Pflichten, die den Teilnehmern am Schweizer Markt, den Teilnehmern am europäischen Markt und den Vermittlern am Schweizer Markt auferlegt werden, die Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen und von Meldemechanismen sowie der Umgang mit unzulässigem Marktverhalten.

Abs. 2 Als Aufsichtsbehörde trifft die ElCom die für den Vollzug des Gesetzes und der Ausführungsbestimmungen notwendigen Massnahmen und erforderlichen Entscheide (vgl. Art. 57a Abs. 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199724 [RVOG]).

Abs. 3 Dank der Informationen, die die ElCom durch das BATE erhält (insbesondere Insiderinformationen, Angaben über Transaktionen und Handelsaufträge auf den Energiegrosshandelsmärkten oder Informationen aus Verfahren wegen unzulässigem Markt23 24

SR 152.3 SR 172.010

49 / 78

BBl 2023 2864

verhalten), kann sie die Entwicklung der Energiegrosshandelsmärkte beobachten und überwachen, damit eine sichere und erschwingliche Energieversorgung in der Schweiz gewährleistet werden kann. Da Energiegrosshandelsmärkte zunehmend untereinander vernetzt sind, beeinflussen Marktaktivitäten in einem EU-Mitgliedstaat sowohl die Grosshandelspreise für Strom und Gas über die Staatsgrenzen dieses Staates hinaus als auch die Endkundenpreise, die von den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Kleinstunternehmen zu tragen sind. Eine strenge grenzübergreifende Marktüberwachung und -beobachtung ist für die Vollendung eines uneingeschränkt funktionsfähigen, als Verbund organisierten und integrierten Energiebinnenmarkts von entscheidender Bedeutung. Die ElCom wird dem Bundesrat zudem jährlich einen Bericht vorlegen, um ihn über die Entwicklungen auf den Energiegrosshandelsmärkten zu informieren (vgl. Abs. 4 und den Verweis auf Art. 22 Abs. 6 StromVG).

Abs. 4 Absatz 4 verweist auf die Artikel 21 Absätze 1, 2 und 4, 22 Absätze 5 und 6 sowie 23 StromVG, die sinngemäss für den Vollzug des BATE gelten. Diese Verweise betreffen im Einzelnen die Organisation der ElCom, die Anwendung des Geschäftsreglements vom 12. September 200725 der Elektrizitätskommission auf das BATE, bestimmte Aufgaben der ElCom oder auch die Rechtsmittelwege.

Art. 19

Beschwerdelegitimation

In Artikel 19 wird festgehalten, dass die ElCom zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ist. Dies ist insofern notwendig, als die ElCom in Artikel 89 Absatz 2 Buchstabe a des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200526 (BGG) nicht aufgeführt ist.

Art. 20

Finanzierung

Dieser Artikel regelt die Finanzierung der ElCom. Darin werden die bestehenden Regelungen zur Finanzierung der FINMA (Art. 15 des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 200727 [FINMAG]) weitgehend übernommen.

Diese Finanzierungsregelungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Kosten der Aufsicht über die Energiegrosshandelsmärkte grösstenteils durch die Teilnehmer am Schweizer Markt getragen werden. Zu diesen Kosten gehören neben den direkten Kosten der Aufsichtsausübung auch Kosten, die indirekt mit der Aufsicht in Zusammenhang stehen, namentlich Kosten für die Vorbereitung und Mitwirkung bei der Gesetzgebung, für die Wahrnehmung internationaler Aufgaben sowie für die Marktbeobachtung.

Mit der Aufsichtsabgabe werden die Kosten der ElCom gedeckt, die den Marktteilnehmern nicht individuell, sondern als Gruppe zugerechnet werden können. Diese Erhebung ist gerechtfertigt, weil sich der Kreis der abgabepflichtigen Marktteilnehmer mit dem Kreis der Personen deckt, denen die Verwendung der Abgabe zugutekommt (qualifizierte Gruppenäquivalenz). Die jährlich erhobene pauschale Abgabe 25 26 27

SR 734.74 SR 173.110 SR 956.1

50 / 78

BBl 2023 2864

zur Deckung der Kosten der Aufsicht lässt sich als Kausalabgabe aufgrund qualifizierter Gruppenäquivalenz charakterisieren: Der von der Gruppe der Marktteilnehmer verursachte Aufsichtsaufwand wird verursachergerecht durch eine von den Marktteilnehmern erhobene Abgabe gedeckt.

Abs. 1 Die ElCom erhebt Gebühren zur Finanzierung ihrer Dienstleistungen sowie für jedes Aufsichtsverfahren. Damit wird auch all jenen Fällen Rechnung getragen, in denen das Verfahren nicht in eine formale Verfügung mündet oder eingestellt wird. Im Gegensatz zur Aufsichtsabgabe, die nur bei Teilnehmern am Schweizer Markt erhoben werden kann, können Gebühren namentlich von Marktteilnehmern, Vermittlern am Schweizer Markt, Betreibern von Plattformen für Insiderinformationen und Inhabern einer Zulassung für einen Meldemechanismus eingefordert werden.

Im Übrigen regelt der Bundesrat die Gebührenerhebung in Übereinstimmung mit Artikel 46a RVOG.

Abs. 2 Die nicht durch Gebühren gedeckten Kosten sollen, soweit möglich, nach den einzelnen Aufsichtsbereichen aufgeschlüsselt und über die Aufsichtsabgabe finanziert werden, und zwar auf der Basis des Anteils am allgemeinen Aufsichtsaufwand, der den einzelnen Kategorien der Marktteilnehmer zugerechnet werden kann. Damit wird verhindert, dass die Marktteilnehmer aus einem bestimmten Aufsichtsbereich (z. B. dem Stromgrosshandelsmarkt) allgemeinen Aufwand mitfinanzieren, der einem anderen Aufsichtsbereich (z. B. dem Erdgasgrosshandelsmarkt) zuzuordnen ist.

Abs. 3 Massgebend für die Festsetzung der Aufsichtsabgabe ist das Volumen der Transaktionen und Handelsaufträge mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten. Mit dem Begriff «Volumen» ist ausdrücklich die Anzahl der Transaktionen oder Handelsaufträge gemeint, die schweizerische Energiegrosshandelsprodukte betreffen. Darunter fallen auch sämtliche Änderungen und Korrekturen von Transaktionen oder Handelsaufträgen sowie deren vorzeitige Beendigung. Die Verknüpfung der Höhe der Aufsichtsangabe mit der Anzahl der Transaktionen ergibt sich aus dem Verursacherprinzip. Unbestrittenermassen generiert die Meldung einer einzigen Transaktion über eine grosse Energiemenge weniger Arbeitsaufwand als eine Vielzahl von Meldungen, die je nur eine kleine Energiemenge betreffen.

Auf diese Weise wird der allgemeine Aufwand für die Aufsicht, der den
Marktteilnehmern nicht einzeln zugeordnet werden kann, mit dem Umfang der Handelstätigkeit der Marktteilnehmer in Bezug gesetzt. Eine Aufschlüsselung dieses Aufwands abhängig vom Volumen ist naheliegend, denn es ist davon auszugehen, dass die Aufsicht über eine grosse Anzahl an Transaktionen seitens der Aufsichtsbehörde mehr Personalaufwand verursacht.

Abs. 4 und 5 Im Übrigen kann der Bundesrat vorsehen, die Aufsichtsabgabe in eine fixe Grundabgabe und eine variable Zusatzabgabe aufzuteilen. Zudem legt er die Einzelheiten der 51 / 78

BBl 2023 2864

Finanzierung fest, namentlich die Bemessungsgrundlagen, die Aufsichtsbereiche und die Aufteilung der durch die Aufsichtsabgabe zu finanzierenden Kosten unter den Aufsichtsbereichen.

Art. 21

Datenbearbeitung

Abs. 1 Diese Bestimmung übernimmt im Wesentlichen die geltende Systematik für die Datenbearbeitung durch die FINMA (Art. 23 FINMAG).

Das Sammeln fundierter Informationen über die Marktteilnehmer ist eine Grundvoraussetzung für die Ausübung der Aufsicht über die Energiegrosshandelsmärkte. Es ist daher zu erwarten, dass die ElCom als zuständige Stelle für die Bearbeitung im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben eine Reihe von Personendaten sowie Daten über juristische Personen bearbeiten wird (vgl. Abs. 2).

Diese stammen insbesondere aus Informationen im Zusammenhang mit der Registrierung von Marktteilnehmern (vgl. Art. 4), von Plattformen für Insiderinformationen (vgl. Art. 8) und von Meldemechanismen (vgl. Art. 12), aber auch aus Informationen mit Bezug zu den verschiedenen Veröffentlichungs- (vgl. Art. 6 und 7) und Übermittlungspflichten (vgl. Art. 11), die den Teilnehmern am Schweizer Markt und den Teilnehmern am europäischen Markt auferlegt werden, aus der Durchführung von Verfahren nach dem BATE, aus Verfügungen, Unterlagen von Straf- und anderen Behörden sowie Urteilen. Die Ausführungsbestimmungen werden eine abschliessende Aufstellung der von der ElCom bearbeiteten Daten enthalten (Abs. 4 Bst. a).

Für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben (vgl. Abs. 2 und Art. 18) wird die ElCom zudem besonders schützenswerte Personendaten und besonders schützenswerte Daten über juristische Personen bearbeiten müssen, die verwaltungs- oder strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen sowie Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse betreffen. Besonders schützenswerte Daten, die verwaltungs- oder strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen betreffen, sind zum Beispiel Informationen über die Einleitung, Durchführung und Beendigung von Verfolgungen, über Verurteilungen durch Strafrechtsorgane, über Verfahren im Zusammenhang mit aufsichtsrechtlichen Massnahmen, Verwaltungssanktionen und dem Berufs- oder dem Tätigkeitsverbot, aber auch über entsprechende Durchführungsmassnahmen. Bei besonders schützenswerten Daten, die Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse betreffen, handelt es sich beispielsweise um Informationen über bestimmte Transaktionen von Unternehmen, die der ElCom übermittelt werden müssen (vgl. Art. 11). Absatz 1 schafft die gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung solcher Daten
durch die ElCom (vgl. Art. 34 Abs. 2 DSG).

Abs. 2 Absatz 2 enthält eine abschliessende Aufzählung der Situationen, in denen die ElCom Daten im Sinn von Absatz 1 bearbeiten darf. Die ElCom muss bei der Ausübung der Aufsicht im Sinn des BATE Daten bearbeiten können. Zu den damit verbundenen Aufsichtsaufgaben zählen insbesondere die Überwachung der Einhaltung der Pflichten, die den Teilnehmern am Schweizer Markt, den Teilnehmern am europäischen 52 / 78

BBl 2023 2864

Markt und den Vermittlern am Schweizer Markt auferlegt werden, aber auch die Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen und Meldemechanismen sowie der Umgang mit unzulässigem Marktverhalten. Im Zusammenhang mit dem Umgang mit unzulässigem Marktverhalten muss die ElCom unter Umständen auch Daten ohne unmittelbaren Bezug zu Marktteilnehmern oder Vermittlern bearbeiten. Hierbei handelt es sich um eine Aufsichtsaufgabe, die auf die Integrität der Energiegrosshandelsmärkte ausgerichtet ist. Auch die Beobachtung und Überwachung der Entwicklung der Energiegrosshandelsmärkte im Hinblick auf eine sichere und erschwingliche Versorgung in der Schweiz gehört zu diesen Aufsichtsaufgaben.

Die ElCom muss überdies in der Lage sein, Daten zu bearbeiten, wenn sie Verfahren nach dem BATE (Verfahren betreffend aufsichtsrechtliche Instrumente und Verwaltungssanktionen) durchführt oder Amts- und Rechtshilfe leistet (vgl. 8. Abschnitt).

Abs. 3 Da die ElCom Daten in bedeutendem Umfang wird bearbeiten müssen, benötigt sie ein Informationssystem, das eine automatisierte Datenverarbeitung ermöglicht. Das System darf indessen nur die Daten enthalten, die in Absatz 1 ausdrücklich genannt sind, und ausschliesslich für die ElCom zugänglich sein.

Mit dieser Bestimmung wird die in Artikel 26c StromVV enthaltene Regelung auf Gesetzesstufe gehoben. Diese Bestimmung wird daher in den Ausführungsbestimmungen aufgehoben.

Abs. 4 Die Einzelheiten der Datenbearbeitung wird der Bundesrat in den Ausführungsbestimmungen regeln. Dabei geht es namentlich um die Definition der Personenkategorien, zu denen Daten erhoben werden, und um die Festlegung der Personendatenkategorien für jede dieser Personenkategorien, die bearbeitet werden dürfen. Dazu gehören hauptsächlich Daten über Marktteilnehmer, Vermittler am Schweizer Markt, Plattformen für Insiderinformationen, Meldemechanismen und Personen, die ein unzulässiges Marktverhalten im Sinn der Artikel 16 und 17 zeigen.

Darüber hinaus wird der Bundesrat die Organisation und den Betrieb des Informationssystems sowie den Zugang zu diesem präzisieren. Tatsächlich wird nur ein kleiner Teil der von der ElCom gesammelten Daten über die verschiedenen im Gesetz vorgesehen Register der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Alle übrigen Daten werden in einem System aufbewahrt, das nicht
öffentlich zugänglich ist.

Aus dieser Bestimmung kann nicht abgeleitet werden, dass ein breiterer Zugang nach dem BGÖ verweigert werden kann. Demzufolge wird der Zugang zu Informationen im Sinn des BGÖ durch diese Bestimmung nicht tangiert.

5. Abschnitt: Aufsichtsinstrumente Art. 22

Auskunftspflicht

Die Definition der Auskunftspflicht lehnt sich stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 29 Abs. 1 FINMAG).

53 / 78

BBl 2023 2864

Um ihre Aufsichtsaufgaben wahrnehmen zu können, muss die ElCom die Möglichkeit haben, gewisse Untersuchungsmassnahmen durchzuführen. Sie kann deshalb die Teilnehmer am Schweizer Markt, die Teilnehmer am europäischen Markt, die Vermittler am Schweizer Markt sowie gegebenenfalls die Betreiber von Plattformen für Insiderinformationen und die Inhaber einer Zulassung für Meldemechanismen auffordern, ihr alle Auskünfte zu erteilen und ihr alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.

Nicht vorgesehen ist indessen ein Hausdurchsuchungs-, Vorladungs- und Einvernahmerecht, da für ein aufsichtsrechtliches Verwaltungsverfahren die Auskunftspflicht als ausreichend erachtet wird. Ist ein Sachverhalt möglicherweise (auch) strafrechtlich relevant, hat die Strafverfolgungsbehörde die Möglichkeit, Hausdurchsuchungen vorzunehmen sowie Zeugen oder Auskunftspersonen vorzuladen und einzuvernehmen.

Dieser Unterschied gegenüber den Untersuchungsrechten ergibt sich aus der Tatsache, dass der Unrechtsgehalt bei strafrechtlich relevanten Sachverhalten gravierender ist als bei aufsichtsrechtlich unzulässigem Verhalten.

Art. 23

Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes

Die Definition der Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes lehnt sich stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 31 FINMAG).

Erhält die ElCom Kenntnis von Verstössen gegen das Gesetz oder von anderen Unregelmässigkeiten, muss sie von sich aus tätig werden und die Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes veranlassen. Sie kann dabei nach eigenem Ermessen vorgehen, soweit dies mit den ihr anvertrauten Aufgaben vereinbar ist.

Art. 24

Feststellungsverfügung

Die Definition der Feststellungsverfügung lehnt sich stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 32 FINMAG).

Bei der Feststellungsverfügung handelt es sich um die mildeste Form, in der eine Behörde ihren Unmut ausdrücken kann. Als Aufsichtsinstrument kommt ihr im Wesentlichen eine präventive Rolle zu. Sie soll dazu beitragen, dass die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen eingehalten und wiederholte Gesetzesverstösse vermieden werden.

Ergreift der Verfügungsadressat im Zuge des Verfahrens aus eigenem Antrieb die erforderlichen Korrekturmassnahmen, kann auf weitere Massnahmen zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes verzichtet werden. Je nach Schwere der Widerhandlung können indessen weitere Massnahmen erforderlich werden, etwa der Erlass einer Verfügung, die Verhängung eines Berufsverbots oder eine Einziehung.

Art. 25

Einziehung

Abs. 1 Die Definition der Einziehung lehnt sich stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 35 FINMAG).

54 / 78

BBl 2023 2864

Bei der Einziehung handelt es sich um eine Sanktion mit Verwaltungscharakter. Sie hat eine ausgleichende Funktion und soll Marktteilnehmer, Personen in leitender Funktion sowie andere Personen davon abhalten, gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen zu verstossen. Nur durch eine Einziehung kann verhindert werden, dass durch schwere Verstösse gegen solche Bestimmungen ein Nutzen erzielt wird. Würden rechtswidrig erworbene Gewinne nicht eingezogen, hätte dies Marktverzerrungen zur Folge. Denn Marktteilnehmer oder andere Personen, die gesetzeskonform handeln, würden einen Nachteil erleiden, während diejenigen, die gegen das Gesetz verstossen, daraus einen Vorteil ziehen könnten. Mit anderen Worten: Die Einziehung ist ein Instrument zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes und begünstigt die Gerechtigkeit unter den Marktteilnehmern.

Erzielt ein Marktteilnehmer durch schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen einen Gewinn oder vermeidet er einen Verlust, so kann die ElCom den Gewinn beziehungsweise den Gegenwert des vermiedenen Verlusts einziehen. Ob ein schwerer Verstoss vorliegt, ist von der ElCom im Einzelfall zu beurteilen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn sich ein Marktteilnehmer des schwerwiegenden unzulässigen Marktverhaltens schuldig gemacht hat. Ebenfalls denkbar ist, dass die Kumulation verschiedener oder wiederholter leichter Verstösse als eine schwere Widerhandlung betrachtet wird.

Die ElCom achtet darauf, dass die Einziehung nicht zu einer unverhältnismässigen Härte führt. Dies könnte dann der Fall sein, wenn die Einziehung zum Konkurs der betroffenen Person führt. Zudem kann die ElCom im Gegensatz zur Einziehung nach dem Strafgesetzbuch (StGB)28 nur bei Marktteilnehmern oder Personen, die an Transaktionen oder Handelsaufträgen im Sinn des BATE beteiligt sind, eine Einziehung veranlassen, nicht aber bei Dritten. Der Einziehung kommt damit in erster Linie ein wiederherstellender und kein Strafcharakter zu (BGE 126 IV 265).

Bei Verfügungsadressaten mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland (z. B. einem Teilnehmer am Schweizer Markt) muss die ElCom für die Sanktionierung mit ausländischen Behörden zusammenarbeiten. Die Amts- und die Rechtshilfe sind daher äusserst wichtig.

Abs. 2 Die Einziehung soll nicht daran scheitern, dass sich der Einziehungsbetrag nicht errechnen
lässt. Deshalb kann die ElCom den Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte schätzen, wenn dieser nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand ermittelt werden kann.

Abs. 3 Das Recht zur Einziehung verjährt sieben Jahre nach Verletzung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen.

28

SR 311.0

55 / 78

BBl 2023 2864

Abs. 4 Absatz 5 klärt das Verhältnis zu den entsprechenden Bestimmungen im StGB: Die strafrechtliche Einziehung nach den Artikeln 70­72 StGB geht vor. Das Verhältnis zwischen dem BATE und dem Finanzmarktrecht ist in Artikel 2 Absatz 2 geregelt: Die strafrechtliche Einziehung nach Artikel 35 FINMAG geht vor.

Abs. 5 Wenn infolge einer schweren Verletzung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen ein Schadenersatzanspruch gegenüber einem Marktteilnehmer besteht, der unbestritten ist (z. B. durch aussergerichtlichen Vergleich zustande gekommen) oder gerichtlich festgestellt wurde, so kann die ElCom den Geschädigten auf Verlangen einen Betrag bis zur Höhe der eingezogenen Vermögenswerte entrichten.

Wurde niemand geschädigt oder werden keine Schadenersatzansprüche geltend gemacht, gehen die eingezogenen Vermögenswerte an den Bund. Sind die Schadenersatzansprüche tiefer als die eingezogenen Vermögenswerte, geht der Restbetrag ebenfalls an den Bund.

Art. 26

Berufsverbot

Abs. 1 Die Definition des Berufsverbots lehnt sich stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 33 FINMAG).

Das Berufsverbot ist eine Sanktion mit Verwaltungscharakter. Bei schwerwiegendem unzulässigem Marktverhalten oder anderen schweren Verstössen gegen die Pflichten nach dem BATE kann die ElCom den verantwortlichen Personen die Tätigkeit in leitender Stellung bei einem Teilnehmer am Schweizer Markt oder bei einem Vermittler am Schweizer Markt untersagen. Das Berufsverbot hat präventiven Charakter. Es dient immer dem Ziel, zu verhindern, dass die betroffenen Personen erneut in gleicher oder ähnlicher Weise gegen das Gesetz verstossen.

Das Berufsverbot nach dem BATE unterscheidet sich vom strafrechtlichen Berufsverbot nach Artikel 67 StGB. Letzteres darf das Gericht nur aussprechen, wenn die Täterschaft ein Verbrechen oder Vergehen im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit begangen hat und dafür zu einer Freiheitsstrafe von über sechs Monaten verurteilt wurde und wenn darüber hinaus die Gefahr eines weiteren Missbrauchs besteht. Mit dem Berufsverbot im Sinn dieser Bestimmung dagegen wird ein schwerer Verstoss gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften sanktioniert und nicht eine Widerhandlung, die im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit begangen wurde. Diese strengere Behandlung ist insofern gerechtfertigt, als bei der Aufsicht über die Energiegrosshandelsmärkte Schutzgüter wie die Funktionsfähigkeit der Märkte und der Schutz von Endverbraucherinnen und -verbrauchern vor missbräuchlichen Strom- und Gaspreisen Vorrang haben. Deshalb muss die Aufsichtsbehörde die Möglichkeit haben, gegenüber Personen, die eine leitende Funktion ausüben, präventive und repressive Massnahmen wie das Berufsverbot zu ergreifen.

Bei Verfügungsadressaten mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland (z. B. einem Teilnehmer am Schweizer Markt) muss die ElCom für die Sanktionierung mit ausländischen 56 / 78

BBl 2023 2864

Behörden zusammenarbeiten. Die Amts- und die Rechtshilfe sind daher äusserst wichtig.

Abs. 2 Das Berufsverbot kann für maximal fünf Jahre ausgesprochen werden.

Art. 27

Tätigkeitsverbot

Die Definition des Tätigkeitsverbots lehnt sich stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 33a FINMAG).

Das Tätigkeitsverbot ist eine Sanktion mit Verwaltungscharakter. Die ElCom kann einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter eines Teilnehmers am Schweizer Markt oder eines Vermittlers am Schweizer Markt die Tätigkeit im Handel mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten oder als Kundenberaterin oder Kundenberater verbieten, wenn sie oder er ein schwerwiegendes unzulässiges Marktverhalten zeigt oder die Pflichten nach dem BATE schwer verletzt.

Bei Verfügungsadressaten mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland (z. B. einem Teilnehmer am Schweizer Markt) muss die ElCom für die Sanktionierung mit ausländischen Behörden zusammenarbeiten. Die Amts- und die Rechtshilfe sind daher äusserst wichtig.

6. Abschnitt: Verwaltungssanktionen Die Verwaltungssanktionen ergänzen die Palette an Massnahmen, die die ElCom als Aufsichtsbehörde ergreifen kann. Die Bestimmungen dieses Abschnitts stützen sich auf den Bericht des Bundesrates vom 23. Februar 202229 über pekuniäre Verwaltungssanktionen.

Art. 28

Sanktionen bei schwerwiegendem unzulässigem Marktverhalten

Abs. 1 Gemäss dieser Bestimmung wird ein Teilnehmer am Schweizer Markt, ein Teilnehmer am europäischen Markt oder ein Vermittler am Schweizer Markt, der ein schwerwiegendes unzulässiges Marktverhalten nach Artikel 16 oder 17 zeigt, mit einem Betrag bis zu 15 Prozent des gesamten in der Schweiz erzielten Vorjahresumsatzes belastet.

Pekuniäre Verwaltungssanktionen sind ein Aufsichtsinstrument. Daher dürfen solche Sanktionen nur gegen Personen verhängt werden können, über welche die ElCom eine wirksame und langfristige Aufsicht ausübt. Solche Sanktionen richten sich deshalb ausschliesslich gegen Teilnehmer am Schweizer Markt, Teilnehmer am europäischen Markt und Vermittler am Schweizer Markt.

Indem die Gesetzgebung über die Energiegrosshandelsmärkte pekuniäre Verwaltungssanktionen vorsieht, unterscheidet sie sich deutlich vom Finanzmarktrecht, das 29

BBl 2022 776

57 / 78

BBl 2023 2864

bis heute keine solchen Sanktionen kennt. Dies steht indessen im Einklang mit den Regelungen der EU, gemäss denen die Mitgliedstaaten pekuniäre Verwaltungssanktionen beschliessen müssen. Der Betrag von 15 Prozent des gesamten Vorjahresumsatzes wurde ebenfalls in Abstimmung mit diesen Regelungen30 festgesetzt.

Das BATE sieht folglich für dieselben Tatbestände sowohl Verwaltungssanktionen (Art. 28 und 29) als auch Strafbestimmungen (Art. 39 und 40) vor. Diese Parallelität ist indessen nicht neu. So ermöglicht es beispielsweise das Kartellgesetz vom 6. Oktober 199531 (KG), gleichzeitig eine pekuniäre Verwaltungssanktion (Art. 50 KG) und eine strafrechtliche Busse (Art. 54 KG) zu verhängen. Weitere Beispiele finden sich im Geldspielgesetz vom 29. September 201732 (BGS), im Entsendegesetz vom 8. Oktober 199933, im Bundesgesetz vom 16. Juni 201734 über den internationalen automatischen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne und im Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 200535 (AIG).

Das gleichzeitige Vorhandensein von Bestimmungen über Verwaltungssanktionen und von Strafbestimmungen kann indes zur Eröffnung getrennter Verfahren führen.

Dabei stellt sich die Frage, ob dies vereinbar ist mit dem Grundsatz, dass niemand für die gleiche Tat zweimal verfolgt bzw. verurteilt werden darf (ne bis in idem).

Im Hinblick auf pekuniäre Verwaltungssanktionsverfahren, die als strafrechtliche Anklagen im Sinn von Artikel 6 der Konvention vom 4. November 195036 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) gelten, ist davon auszugehen, dass das in der EMRK und in der Bundesverfassung (BV) verankerte Verbot anwendbar ist. Soweit bekannt, wurde die Frage der Vereinbarkeit mit dem Prinzip ne bis in idem bei parallelen Verwaltungssanktions- und Strafverfahren von den Gerichten noch nicht beurteilt. Generell richten sich die Bestimmungen über Verwaltungssanktionen und die Strafbestimmungen an unterschiedliche Personen, sodass Konflikte mit dem Grundsatz ne bis in idem von vornherein ausgeschlossen sind: Verwaltungssanktionen sind auf juristische Personen anwendbar, während Strafbestimmungen in der Regel bei natürlichen Personen zum Tragen kommen.

Handelt es sich indessen beim Adressaten der pekuniären Verwaltungssanktion um eine natürliche Person (z. B. Inhaberinnen und
Inhaber von Einzelunternehmen) und richtet sich das Strafverfahren ebenfalls gegen diese Person, so liegt ein Fall von Personenidentität vor. In Fällen der Unternehmensstrafbarkeit von Artikel 102 StGB kann es zu einer Personenidentität bei juristischen Personen kommen. In einem solchen Fall ist zu klären, ob das Verwaltungssanktions- oder das Strafverfahren Vorrang hat. Die Straf- und Sanktionsbehörden müssen sich im Einzelfall über die Zuständigkeit der einen oder anderen Behörde verständigen.

30

31 32 33 34 35 36

Art. 18 des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1227/2011 und (EU) 2019/942 für einen besseren Schutz der Union vor Marktmanipulation auf dem Energiegrosshandelsmarkt, COM (2023) 147 final.

SR 251 SR 935.51 SR 823.20 SR 654.1 SR 142.20 SR 0.101

58 / 78

BBl 2023 2864

Abs. 2 Bei der Festsetzung der Höhe einer pekuniären Verwaltungssanktion verfügt die zuständige Behörde über einen Spielraum, wobei sie namentlich den Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, der Gleichbehandlung und der Verhältnismässigkeit Rechnung tragen muss. Das Verhältnismässigkeitsprinzip verlangt, dass im Einzelfall die zu erwartenden Folgen einer Sanktion für die betroffene Partei und insbesondere für deren finanzielle und gesellschaftliche Stellung zu berücksichtigen sind.

In Fällen von schwerwiegendem unzulässigem Marktverhalten im Sinn der Artikel 16 und 17 wird sich die ElCom bei der Festsetzung der Höhe der Sanktion primär auf die Dauer und die Schwere des unzulässigen Marktverhaltens abstützen. Ebenfalls berücksichtigt wird dabei der mutmassliche erzielte Gewinn.

Art. 29

Sanktionen bei schweren Verstössen gegen die Pflichten nach diesem Gesetz

Abs. 1 und 2 Diese Bestimmung sieht auch bei schweren Verstössen gegen die Pflichten nach dem BATE ein System von Verwaltungssanktionen vor. Die Hauptpflichten sind die Registrierungspflicht (vgl. Art. 4), die Veröffentlichungspflicht (vgl. Art. 6 und 7), die Übermittlungspflicht (vgl. Art. 11) sowie die Pflichten der Vermittler (vgl.

Art. 15).

Da Verstösse gegen die Veröffentlichungspflicht oder gegen die Pflichten der Vermittler der Integrität der Energiegrosshandelsmärkte mehr schaden dürften, ist es gerechtfertigt, hierfür eine schärfere Sanktion vorzusehen. Die Beträge von 2 beziehungsweise 1 Prozent des gesamten Vorjahresumsatzes wurden im Einklang mit den Regelungen der EU37 festgelegt.

Im Unterschied zu Artikel 28 wird in dieser Bestimmung der Aufsichtsbehörde bewusst ein bedeutender Spielraum bei der Festsetzung der Höhe der Sanktion zugestanden. Selbstverständlich muss die ElCom dabei dem Verhältnismässigkeitsprinzip Rechnung tragen. Massgebend für die Höhe der Sanktion sind die konkreten Umstände im Einzelfall. Die Maximalbeträge werden nur in besonders schwerwiegenden Fällen erreicht werden.

Art. 30

Gemeinsame Bestimmungen

Die Ausgestaltung des Verfahrens orientiert sich stark an derjenigen im KG (Art. 53), im BGS (Art. 100 Abs. 2) und im AIG (Art. 122c).

Die Untersuchung von Verstössen wird vom Fachsekretariat der ElCom (vgl. Art. 5 des Geschäftsreglements der Elektrizitätskommission) zusammen mit dem Präsidium

37

Art. 18 des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1227/2011 und (EU) 2019/942 für einen besseren Schutz der Union vor Marktmanipulation auf dem Energiegrosshandelsmarkt, COM (2023) 147 final.

59 / 78

BBl 2023 2864

oder dem Vizepräsidium durchgeführt. Nach Abschluss der Untersuchung trifft die ElCom einen Entscheid (Abs. 1).

Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und zur Vermeidung einer Verjährung muss das Verfahren innerhalb einer bestimmten Frist eingeleitet werden. Angesichts der Schwere der angedrohten Strafen und der Schwierigkeiten, die sich aus dem Auslandbezug ergeben, wird für die Einleitung der Untersuchung eine realistische Frist von sieben bzw. fünf Jahren gesetzt (Abs. 2).

In Anbetracht des erwähnten Auslandbezugs ist es überdies unabdingbar, dass die Artikel 28 und 29 unabhängig davon gelten, ob der Verstoss in der Schweiz oder im Ausland begangen wurde (Abs. 3).

7. Abschnitt: Veröffentlichung einer aufsichtsrechtlichen Verfügung Art. 31 Abs. 1 und 2 Die Veröffentlichung einer aufsichtsrechtlichen Verfügung ist eine Sanktion mit Verwaltungscharakter. Mit diesem aufsichtsrechtlichen Instrument werden die Marktteilnehmer über ein gesetzeswidriges Verhalten informiert, das korrigiert wurde oder korrigiert werden muss. Im Vordergrund steht dabei nicht die Vergeltung begangenen Unrechts, sondern die (Wieder-)Herstellung des ordnungsgemässen Zustandes, indem rechtskonformes oder rechtswidriges Verhalten herausgestrichen wird (BGE 147 I 57).

Bei einem schweren Verstoss gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen kann die ElCom ihre Endverfügung in elektronischer oder gedruckter Form veröffentlichen, sobald sie rechtskräftig ist; dabei ist der Verfügungsadressat zu benennen. Die Angaben zur Identität des Verfügungsadressaten umfassen bei natürlichen Personen den Namen, den Vornamen, das Geburtsdatum, den Heimatort und den Wohnsitz und bei juristischen Personen die Firma, den Sitz und die Adresse.

Mit der Endverfügung wird eine Rechtslage abschliessend geklärt. Gegenstand der Verfügung können sowohl Aufsichtsinstrumente als auch Verwaltungssanktionen sein. Die Veröffentlichung muss in der Verfügung selbst angeordnet werden und kann somit angefochten werden.

Abs. 3 Im Rahmen dieser Bestimmung stellt die ElCom sicher, dass wirtschaftlich sensible Informationen nicht aktiv veröffentlicht werden. Aus dieser Bestimmung kann aber nicht abgeleitet werden, dass ein breiterer Zugang nach dem BGÖ verweigert werden kann. Der Zugang zu Informationen muss nämlich nach dem BATE und insbesondere nach Artikel 7 BGÖ
beurteilt werden. In Letzterem sind die Ausnahmen zum Schutz der wirtschaftlich sensiblen Informationen der betroffenen Personen abschliessend aufgelistet (vgl. Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ [Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse] und Art. 7 Abs. 2 BGÖ [Schutz der Privatsphäre]).

60 / 78

BBl 2023 2864

8. Abschnitt: Amts- und Rechtshilfe Der Begriff «Informationen», der im Zusammenhang mit den Bestimmungen zur Amts- und Rechtshilfe (Art. 32­38) verwendet wird, umfasst sowohl Personendaten als auch Daten über juristische Personen. Sind besonders schützenswerte Daten betroffen, so werden sie jedoch explizit erwähnt.

Art. 32

Aufsichtsbehörden des Bundes

Abs. 1 In Anbetracht der engen Zusammenarbeit zwischen der FINMA und der ElCom ist es unverzichtbar, dass sich diese beiden Behörden gegenseitig informieren, sobald sie von Vorkommnissen Kenntnis haben, die für die andere Aufsichtsbehörde von Bedeutung sind. Sie stellen den gegenseitigen Zugang zu den Informationen sicher, die sie für die Erfüllung ihrer jeweiligen gesetzlichen Aufsichtsaufgaben benötigen. Ein regelmässiger Informationsaustausch zwischen diesen beiden Aufsichtsbehörden ist für das reibungslose Funktionieren der Energiegrosshandelsmärkte wie auch der Finanzmärkte von grösster Bedeutung. Da die FINMA für die Verfolgung und Beurteilung von unzulässigem Marktverhalten zuständig ist, das gleichzeitig schweizerische Energiegrosshandelsprodukte und Finanzinstrumente betrifft, kann sie auf gewisse Informationen einschliesslich besonders schützenswerter Daten angewiesen sein, die sich im Besitz der ElCom befinden. Umgekehrt könnte auch die ElCom bei der Ausübung ihrer Aufsichtsaufgaben Zugriff auf gewisse Informationen benötigen, die sich im Besitz der FINMA befinden (vgl. Art. 11 Abs. 2). Die Zwecke, zu denen die ElCom und die FINMA die Informationen bearbeiten dürfen, sind in Artikel 21 Absatz 2 E-BATE bzw. in Artikel 23 Absatz 2 FINMAG aufgeführt.

Abs. 2 Die ElCom kann der WEKO, dem Bundesamt für Energie (BFE) (z. B. im Bereich der Transportpflicht für Erdgas nach Art. 13 des Rohrleitungsgesetzes vom 4. Oktober 196338) oder dem für Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung nicht öffentlich zugängliche Informationen übermitteln, die diese für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen. Dazu können auch besonders schützenswerte Daten im Sinn von Artikel 21 Absatz 1 gehören. Die ElCom darf jedoch nur die Informationen übermitteln, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeiten zur Aufsicht über die Energiegrosshandelsmärkte gesammelt hat.

Art. 33

Strafverfolgungsbehörden

Abs. 1 Absatz 1 verpflichtet die ElCom und die Strafverfolgungsbehörden (des Bundes und der Kantone) zum gegenseitigen Austausch von Informationen, die für die Verfolgung von Widerhandlungen gegen das BATE notwendig sind. Diese Informationen umfassen auch besonders schützenswerte Daten nach Artikel 21 Absatz 1. Die Verwertbar38

SR 746.1

61 / 78

BBl 2023 2864

keit dieser Informationen in Strafverfahren unterliegt den Regeln der Strafprozessordnung (StPO)39.

Abs. 2 Die ElCom wie auch die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Kantone werden angehalten, ihre Verfahren soweit möglich und erforderlich zu koordinieren.

Erhalten Mitarbeitende der ElCom Kenntnis von Verbrechen oder Vergehen, die von Amtes wegen verfolgt werden, muss das Sekretariat gestützt auf Artikel 22a des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 200040 die zuständigen Strafverfolgungsbehörden benachrichtigen.

Art. 34

Amtsstellen des Bundes und der Kantone

In Anlehnung an Artikel 25 Absatz 2 StromVG wird eine Pflicht anderer inländischer Behörden statuiert, an Abklärungen der ElCom mitzuwirken und ihr die Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie für den Vollzug des BATE benötigt. Dazu gehören auch besonders schützenswerte Daten nach Artikel 21 Absatz 1. Diese Pflicht gilt sowohl für Amtsstellen des Bundes als auch für solche der Kantone.

Art. 35

Verweigerungsgründe

Die ElCom kann die Bekanntgabe von Informationen verweigern, wenn diese ausschliesslich der internen Meinungsbildung dienen (Bst. a) oder wenn deren Bekanntgabe ein laufendes Verfahren gefährden oder die Aufsichtstätigkeit der ElCom beeinträchtigen würde (Bst. b). Ein weiterer Verweigerungsgrund ist gegeben, wenn die Bekanntgabe mit den Zielen oder dem Zweck der Aufsicht über die Energiegrosshandelsmärkte nicht vereinbar ist (Bst. c).

Diese Bestimmung bezieht sich auf die Übermittlung bzw. auf die Verweigerung der Übermittlung von Daten im Rahmen der Amts- und Rechtshilfe und hat somit keinerlei Auswirkungen auf den Vollzug des BGÖ.

Durch die Aufsichtstätigkeit erhält die ElCom Kenntnis von umfangreichen vertraulichen Informationen über Marktteilnehmer und über weitere natürliche oder juristische Personen. Allerdings müssen dabei einerseits diese Informationen geschützt werden, da sonst die Aufsichtstätigkeit der ElCom beeinträchtigt würde, und andererseits sind die legitimen Informationsinteressen der Strafverfolgungsbehörden und der anderen inländischen Behörden zu wahren. Es ist daher Aufgabe der ElCom, diese unterschiedlichen vorliegenden Interessen gegeneinander abzuwägen und ihnen auf ausgewogene Weise Rechnung zu tragen.

Art. 36

Streitigkeiten

Gleich wie bei Meinungsverschiedenheiten in der Zusammenarbeit zwischen der FINMA einerseits und den Strafverfolgungsbehörden und anderen inländischen Behörden andererseits (Art. 41 FINMAG) ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig, 39 40

SR 312.0 SR 172.220.1

62 / 78

BBl 2023 2864

über Meinungsverschiedenheiten in der Zusammenarbeit zwischen der ElCom und Strafverfolgungsbehörden oder anderen inländischen Behörden endgültig zu entscheiden. Dabei geht es nicht um die Klärung von Zuständigkeitsfragen, die über die allgemeinen Verfahrensgrundsätze der Artikel 8 und 9 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196841 geregelt werden. Vielmehr geht es um die Beurteilung von Streitigkeiten über die Zusammenarbeit zwischen den involvierten Behörden, namentlich im Zusammenhang mit dem Austausch von Informationen, Personendaten oder Daten über juristische Personen. Da sich das Bundesverwaltungsgericht schon als ordentliche Beschwerdeinstanz mit aufsichtsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den Energiegrosshandelsmärkten befasst, kann es auch beurteilen, ob die Interessen der Aufsicht über diese Märkte vorgehen.

Art. 37

Amtshilfe zwischen der ElCom und ausländischen Behörden

Abs. 1 Gemäss Absatz 1 kann die ElCom ausländische Aufsichtsbehörden für die Energiegrosshandelsmärkte ersuchen, ihr die Informationen zu übermitteln, die sie zu den Zwecken nach Artikel 21 Absatz 2 für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, einschliesslich besonders schützenswerter Daten nach Artikel 21 Absatz 1. Ob diesem Ersuchen entsprochen wird, richtet sich indessen nach dem für die ausländischen Behörden massgebenden Recht.

Abs. 2 Die ElCom kann auf Antrag Informationen an ausländische Aufsichtsbehörden für die Energiegrosshandelsmärkte übermitteln, einschliesslich besonders schützenswerter Daten nach Artikel 21 Absatz 1, wenn alle nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss die Gesetzgebung des betreffenden Staates oder das internationale Organ einen angemessenen Schutz gewährleisten (Bst. a, vgl. Art. 16 Abs. 1 DSG).

Zweitens darf die ausländische Behörde diese Informationen nur für den Vollzug von Bestimmungen über die Integrität und Transparenz der Energiegrosshandelsmärkte verwenden oder zu diesem Zweck an andere Behörden, Gerichte oder Organe weitergeben (Bst. b Ziff. 1), drittens muss die Behörde an das Amts- oder Berufsgeheimnis gebunden sein (Bst. b Ziff. 2), viertens dürfen diese Informationen nur mit vorheriger Zustimmung der schweizerischen Behörde weitergegeben werden (Bst. b Ziff. 3) und fünftens muss die ausländische Behörde Gegenrecht gewähren (Bst. b Ziff. 4).

Abs. 3 und 4 Wortlaut und Geltungsbereich der Absätze 3 und 4 lehnen sich an Artikel 42 Absätze 4 und 5 FINMAG an.

Abs. 5 Im Rahmen internationaler Vereinbarungen können besondere Bestimmungen über den Austausch von Daten getroffen werden, die die Integrität und Transparenz in den

41

SR 172.021

63 / 78

BBl 2023 2864

Energiegrosshandelsmärkten betreffen. Die Bestimmungen solcher Vereinbarungen gehen denjenigen dieses Artikels vor.

Art. 38

Verfahren bei Amtshilfe mit ausländischen Behörden

Abs. 1 Dieser Absatz lehnt sich an Artikel 55 Absatz 3 DSG an. Erwägt die ElCom im Rahmen eines Amtshilfeverfahrens, Informationen, Personendaten oder Daten über juristische Personen an eine ausländische Behörde zu übermitteln, so muss sie die betroffenen Personen darüber in Kenntnis setzen und sie zur Stellungnahme auffordern. Die ElCom ist von dieser Pflicht allerdings befreit, wenn dies nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand möglich ist.

Abs. 2 und 3 Wortlaut und Geltungsbereich der Absätze 2 und 3 lehnen sich an Artikel 42a Absätze 4 und 6 FINMAG an.

9. Abschnitt: Strafbestimmungen Art. 39

Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen

Die Strafbestimmung zur Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen lehnt sich stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 154 FinfraG), da die Art des Delikts und der damit verbundene Unrechtsgehalt vergleichbar sind. Es handelt sich bei dieser Bestimmung um das strafrechtliche Pendant zum Verbot nach Artikel 16.

Die Struktur der Norm folgt dem Täterkreis und der Schwere der angedrohten Strafe.

Als Täterin oder Täter kommt jede natürliche Person in Frage, die über Insiderinformationen verfügt. Die Schwere der Strafe hängt davon ab, aus welchem Grund eine Person Kenntnis von einer Insiderinformation hat. Primärinsiderinnen und -insider, das heisst Personen, die direkten Zugang zu Insiderinformationen haben, können mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe (Abs. 1) oder in qualifizierten Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe (Abs. 2) bestraft werden. Sekundärinsiderinnen und -insider, also Personen, die eine Insiderinformation von einer Primärinsiderin oder einem Primärinsider erhalten oder durch ein Verbrechen oder Vergehen erlangt haben, werden mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft (Abs. 3). Wer eine Insiderinformation nur zufällig erhält, wird mit Busse bestraft (Abs. 4).

Täterkreis Die in Absatz 1 umschriebenen Personen gelten als sogenannte Primärinsiderinnen und -insider. Es handelt sich dabei um Personen, die aufgrund ihrer Tätigkeit oder Beteiligung nach den geltenden Bestimmungen direkten Zugang zu Insiderinformationen haben. Ausdrücklich erwähnt werden Personen, die als Organ oder Mitglied eines Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Marktteilnehmers oder einer den Marktteilnehmer beherrschenden oder von ihm beherrschten Gesellschaft auftreten. Als Primärinsiderinnen und -insider gelten aber auch Personen, die als Hilfspersonen oder 64 / 78

BBl 2023 2864

als Beauftragte einzustufen sind, wie Assistentinnen und Assistenten und rechtliche Beraterinnen und Berater, sowie Personen, die der obersten Führungsstufe unterstellt sind und Zugang zu sensitiven Informationen haben oder diese gar selber erschaffen.

Die Insiderinformation muss nicht unbedingt aus dem unmittelbaren beruflichen Umfeld der Täterin oder des Täters stammen. Auch eine Person, die Kenntnis davon hat, dass ihr Unternehmen mit einem anderen Unternehmen einen noch nicht publik gewordenen Vertrag abschliessen wird, der voraussichtlich einen erheblichen Einfluss auf den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten hat, ist Primärinsiderin oder Primärinsider. Ebenfalls abgedeckt sind Fälle, in denen die Primärinsiderin oder der Primärinsider Kenntnis von einer vertraulichen Information über unternehmensexterne Umstände erhält, die aber den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten beeinflussen können.

Sekundärinsiderinnen und -insider im Sinn von Absatz 3 sind Personen, die eine Information direkt und aktiv von einer Primärinsiderin oder einem Primärinsider erhalten haben, beispielsweise Journalistinnen und Journalisten, die im Rahmen einer Presseinformation vorgängig über vertrauliche Umstände informiert werden. Erforderlich ist, dass eine Person die Information zum Zweck erhält, sie zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen. Werden z. B. im Rahmen einer Übernahmeverhandlung der potenziellen Käuferin oder dem potenziellen Käufer Insiderinformationen aus dem anderen Unternehmen offengelegt und nützt diese Person diese Informationen aus, um Geschäfte zu tätigen, so ist der Insiderstraftatbestand erfüllt.

Personen, die eine Insiderinformation durch ein Verbrechen oder Vergehen erlangt haben, das sie selbst begangen haben, werden wie Sekundärinsiderinnen und -insider behandelt.

Zum Täterkreis gehören nach Absatz 4 auch Personen, die zufällig in den Besitz von Insiderinformation gelangen, beispielsweise das Reinigungspersonal, das im Rahmen seiner Tätigkeit (z. B. beim Leeren des Papierkorbs) Kenntnis einer Insiderinformation erlangt.

Der Tatbestand der Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen kann auch eine subsidiäre strafrechtliche Verantwortlichkeit einer juristischen Person im Sinn von Artikel 102 Absatz 1 StGB nach sich ziehen, vorausgesetzt, die Tat wird
von einer Primär- oder Sekundärinsiderin bzw. einem Primär- oder Sekundärinsider begangen (von Tertiärinsiderinnen und -insidern begangene Taten gelten als Übertretungen).

Tatobjekt Tatobjekte bilden vertrauliche Informationen, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten erheblich zu beeinflussen.

Es handelt sich dabei um Insiderinformationen nach der Definition in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c.

Tathandlung Primärinsiderinnen und -insidern (Abs. 1 und 2) ist es verboten, für sich oder eine andere Person einen Vermögensvorteil zu erzielen, indem sie eine Insiderinformation dazu ausnützen, um schweizerische Energiegrosshandelsprodukte zu erwerben oder 65 / 78

BBl 2023 2864

zu veräussern (Bst. a), indem sie eine Insiderinformation ausserhalb des Rahmens der Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufs oder der Erfüllung ihrer Aufgaben an eine andere Person weitergeben (Bst. b) oder indem sie eine Insiderinformation dazu ausnützen, um einer anderen Person den Erwerb oder die Veräusserung von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten zu empfehlen (Bst. c). Diese Bestimmungen betreffen auch Transaktionen mit Derivaten, vorausgesetzt, diesen Derivaten liegen schweizerische Energiegrosshandelsprodukte zugrunde (vgl. Art. 3 Abs. 1 Bst. b).

Allen übrigen Personen ist es verboten, für sich oder eine andere Person einen Vermögensvorteil zu erzielen, indem sie eine Insiderinformation dazu ausnützen, um schweizerische Energiegrosshandelsprodukte zu erwerben oder zu veräussern. Für die Absätze 3 und 4 wird damit nur die Tathandlungsvariante von Absatz 1 Buchstabe a übernommen. Dies ist gerechtfertigt, da nur der die Primärinsiderin oder der Primärinsider die Pflicht hat, die in Frage stehende Information als Geheimnis zu hüten.

Taterfolg Die Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen ist als Erfolgsdelikt ausgestaltet. Das Delikt ist erst vollendet, wenn die Täterin oder der Täter für sich oder für eine andere Person einen Vermögensvorteil erzielt hat. Hat die Täterin oder der Täter mit der Absicht gehandelt, einen Vermögensvorteil zu erzielen, ist dieser aber nicht eingetreten, so ist lediglich das versuchte Delikt strafbar (vgl. Art. 22, 105 Abs. 2 und 333 Abs. 1 StGB). Die Weitergabe von Insiderinformationen ohne zumindest die Absicht, für sich oder eine andere Person einen Vermögensvorteil zu erzielen, ist indes nicht strafbar.

Beim Vermögensvorteil kann es sich um einen Vermögenszuwachs (bereits bei Buchgewinn) oder um einen vermiedenen Vermögensverlust handeln.

Erzielt die Primärinsiderin oder der Primärinsider einen Vermögensvorteil von mehr als einer Million Franken, liegt ein qualifizierter Tatbestand vor (Abs. 2). Bei einem tieferen Betrag wäre das Strafmass dem Unrechtsgehalt der Tat nicht angemessen.

Subjektiver Tatbestand Bei der Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen handelt es sich um ein Vorsatzdelikt im Sinn des Strafrechts. Fahrlässigkeit ist somit nicht strafbar.

Konkurrenz Unter der Annahme, dass ein und dieselbe Verhaltensweise einen Tatbestand nach Artikel 39 BATE und nach Artikel 154 FinfraG darstellt, wäre das FinfraG als lex specialis massgebend (vgl. Art. 2 Abs. 2).

Art. 40

Marktmanipulation

Die Strafbestimmung zur Marktmanipulation lehnt sich stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 155 FinfraG), sowohl im Wortlaut als auch in der rechtlichen Wirkung.

Beim Straftatbestand der Marktmanipulation handelt es sich beim zu schützenden Rechtsgut nicht um das Vermögen von Marktteilnehmern, Endverbraucherinnen und 66 / 78

BBl 2023 2864

-verbrauchern und weiteren Personen, sondern um deren Vertrauen in einen sauberen und unverfälschten Markt, auf dem die Chancengleichheit gewährleistet ist. Diese Bestimmung ist das strafrechtliche Pendant zum Verbot nach Artikel 17.

Täterkreis Es handelt sich um ein Allgemeindelikt. Folglich kann jede Person den Tatbestand erfüllen, also nicht nur Mitarbeitende von Handelsplattformen und Finanzinstituten, sondern auch Angestellte anderer Marktteilnehmer, (Finanz-)Journalistinnen und Journalisten, Herausgeber von Börsennachrichten oder Personen, die für Emittenten tätig sind. Die Erfolgschancen der Marktmanipulation hängen massgeblich von der Stellung der Täterschaft sowie von den Verbreitungskanälen und Finanzmitteln ab, die ihr zur Verfügung stehen.

Da es sich bei der Marktmanipulation um eine Straftat handelt, kann sie eine subsidiäre strafrechtliche Verantwortlichkeit einer juristischen Person im Sinn von Artikel 102 Absatz 1 StGB nach sich ziehen.

Tatobjekt Tatobjekte sind die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten.

Tathandlung Die Marktmanipulation kann grundsätzlich auf zwei Arten erfolgen: entweder durch die bewusste Verbreitung falscher oder irreführender Informationen (Bst. a) oder durch bestimmte Käufe und Verkäufe von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten (Bst. b), beides in der Absicht, den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten erheblich zu beeinflussen.

Bst. a: Die Tathandlung der Verbreitung falscher oder irreführender Informationen unterscheidet sich leicht von der Widerhandlung. Aus strafrechtlicher Sicht muss diese Verbreitung nämlich mit dem Ziel erfolgen, den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten erheblich zu beeinflussen; bei der Widerhandlung dagegen muss das Ziel darin bestehen, falsche oder irreführende Signale in Bezug auf das Angebot, die Nachfrage oder den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten auszusenden. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass bei der Marktmanipulation als verwaltungsrechtlichem Tatbestand eine öffentliche Verbreitung vorausgesetzt wird, während beim Straftatbestand eine Verbreitung an sich genügt.

Informationen gelten als irreführend, wenn sie geeignet sind, Investoren zu täuschen.

Dabei kann es sich sowohl um wahre als auch um unwahre Informationen handeln.
Die Beurteilung muss sich auf die Kenntnisse eines durchschnittlichen Marktteilnehmers abstützen. Auf diese Weise können leicht erkennbare Unwahrheiten, die nur ein äusserst naiver Empfänger als wahr einschätzen würde, ausgeschlossen werden. Informationen gelten überdies als falsch, wenn sie nicht den Tatsachen bzw. den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Dazu gehören Lügen und selbst grobe Lügen.

Wie bei der Widerhandlung ist die Art und Weise der Verbreitung nebensächlich. Mit welchen Mitteln oder über welchen Kommunikationskanal die Information verbreitet wird, ist unerheblich.

67 / 78

BBl 2023 2864

Bst. b: Im Gegensatz zur Widerhandlung bezieht sich dieser Artikel nur auf fiktive Transaktionen. Der Geltungsbereich dieser Bestimmung ist daher deutlich eingeschränkter. Transaktionen sind fiktiv, wenn es sich beim Käufer und beim Verkäufer um ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit handelt (wash sales) oder wenn sich Käufer und Verkäufer abgesprochen haben (matched orders oder daisy chains) und diese Transaktionen keinerlei wirtschaftliche Wirkung haben, sondern nur dazu dienen, eine Marktaktivität zu simulieren. Die Manipulation besteht darin, eine Marktaktivität vorzuspiegeln, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Bei wash sales ist der wirtschaftlich Berechtigte der gehandelten Produkte ein und dieselbe Person, obwohl in der öffentlichen Wahrnehmung eine Übertragung auf einen anderen wirtschaftlich Berechtigten stattgefunden hat. In Tat und Wahrheit findet jedoch keine Übertragung von Vermögenswerten statt. Im Falle eines matched order erteilt die Täterin oder der Täter einen Kaufauftrag, der in Absprache mit einer Mittäterin oder einem Mittäter bzw. einer Komplizin oder einem Komplizen durch einen simultanen Verkaufsauftrag kompensiert wird. Auch hier wird die Handelstätigkeit lediglich simuliert. Es findet zwar tatsächlich eine Übertragung von Vermögenswerten statt, aber der Vorgang wurde vorgängig abgesprochen. Sind mehr als zwei Personen beteiligt, ist die Rede von daisy chains.

Einfacher gesagt: Mit dem Straftatbestand werden die Verbreitung falscher oder irreführender Informationen und der Abschluss von fiktiven Geschäften mit der Absicht, den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten erheblich zu beeinflussen, verboten.

Taterfolg Die beiden Tatbestände nach Absatz 1 sind abstrakte Gefährdungsdelikte. Der qualifizierte Tatbestand nach Absatz 2 ist hingegen ein Erfolgsdelikt.

Wird ein Vermögensvorteil von mehr als einer Million Franken erzielt, liegt ein qualifizierter Tatbestand vor (Abs. 2). Bei einem tieferen Betrag wäre das Strafmass dem Unrechtsgehalt der Tat nicht angemessen.

Subjektiver Tatbestand Marktmanipulation ist aus strafrechtlicher Sicht ein Vorsatzdelikt. Fahrlässigkeit ist somit nicht strafbar.

Den allgemeinen Prinzipien folgend, ist daher hinsichtlich des Verhaltens nach Absatz 1 Buchstabe b Eventualvorsatz ausreichend. Dagegen ist im Hinblick auf
das Verhalten nach Absatz 1 Buchstabe a direkter Vorsatz erforderlich, weil die Verbreitung der falschen oder irreführenden Information mit einem entsprechenden Bewusstsein erfolgen muss («wider besseres Wissen»). Eventualvorsatz reicht nicht aus. Die Täterin oder der Täter muss mithin wissen, dass die Information falsch oder irreführend ist, und die Verbreitungshandlung wollen.

Konkurrenz Unter der Annahme, dass ein und dieselbe Verhaltensweise einen Tatbestand nach Artikel 40 BATE und nach Artikel 155 FinfraG darstellt, wäre das FinfraG als lex specialis massgebend (vgl. Art. 2 Abs. 2).

68 / 78

BBl 2023 2864

Art. 41

Erteilen falscher Auskünfte

Die Strafbestimmung zur Erteilung falscher Auskünfte lehnt sich stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 45 FINMAG). Im Unterschied zum FINMAG sieht das BATE jedoch nur eine Busse als Strafe vor.

Art. 42

Strafverfolgung

Abs. 1 Verfolgung und Beurteilung der Widerhandlungen nach den Artikeln 39­41 unterstehen der Bundesstrafgerichtsbarkeit. Verfolgende Behörde ist die Bundesanwaltschaft, das Verfahren richtet sich nach der StPO.

Im Gegensatz zum FINMAG obliegt die Strafverfolgung für den Tatbestand des Erteilens falscher Auskünfte der Bundesstrafgerichtsbarkeit. Einerseits sind die Gerichte eher in der Lage, zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Massnahme gegeben sind. Zum anderen wird so der zeitaufwändige Prozess der Aktenübermittlung zwischen den Verwaltungsbehörden und der Bundesstaatsanwaltschaft vermieden.

Abs. 2 Es ist für Widerhandlungen nach den Artikel 39 und 40 bewusst ausgeschlossen, dass die Bundesanwaltschaft die Zuständigkeit an die Kantone delegieren kann, weil das zur Verfolgung der Tatbestände nach diesen Artikeln notwendige Fachwissen zu bündeln ist. Die erstinstanzliche Beurteilung der genannten Verstösse obliegt dem Bundesstrafgericht. Möglichkeit und Voraussetzungen für einen Weiterzug ans Bundesgericht richten sich nach den Artikeln 78 ff. BGG.

Art. 43

Missachten von Verfügungen

Die Strafbestimmung zur Missachtung von Verfügungen lehnt sich ebenfalls stark an diejenige im Finanzmarktrecht an (Art. 48 FINMAG).

Mit dieser Bestimmung wird den Verwaltungsverfügungen der ElCom Nachdruck und eine zusätzliche Durchsetzungskraft verliehen. Wer einer Verfügung der ElCom vorsätzlich nicht Folge leistet, wird mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft. Damit eine Busse ausgesprochen werden kann, muss die ElCom in ihrer Verfügung auf die Strafdrohung nach diesem Artikel hinweisen.

Art. 44

Zuständigkeit des BFE

Zuständig für die Verfolgung und die Beurteilung von Handlungen nach Artikel 43 ist das BFE. Ist der Straftatbestand erfüllt, spricht das BFE mittels Strafbescheid eine Busse aus (Art. 64 des Bundesgesetzes vom 22. März 197442 über das Verwaltungsstrafrecht [VStrR]). Gegen den Strafbescheid kann innert dreissig Tagen Einsprache erhoben werden. Dies führt dazu, dass dieser überprüft und gegebenenfalls mittels Strafverfügung bestätigt wird (Art. 70 VStrR).

42

SR 313.0

69 / 78

BBl 2023 2864

Das versuchte Delikt ist nicht strafbar (Art. 2 VStrR i. V. m. Art. 104 und 105 Abs. 2 StGB). Anstiftung und Gehilfenschaft sind hingegen strafbar (Art. 5 VStR).

10. Abschnitt: Internationale Vereinbarungen Art. 45 Aufgrund von Artikel 7a Absatz 2 RVOG ist der Bundesrat in allgemeiner Weise berechtigt, völkerrechtliche Verträge von beschränkter Tragweite selbstständig abzuschliessen. Nach Artikel 7a Absatz 1 RVOG kann er völkerrechtliche Verträge von grösserer Tragweite dann selbstständig abschliessen, wenn er durch ein Bundesgesetz oder einen von der Bundesversammlung genehmigten völkerrechtlichen Vertrag dazu ermächtigt ist. Mit der vorliegenden Bestimmung wird dem Bundesrat eine solche Ermächtigung erteilt. Die Ermächtigung stösst indes dann an ihre Grenzen, wenn die fragliche Vereinbarung dem fakultativen oder obligatorischen Referendum nach den Artikeln 140 Absatz 1 Buchstabe b und 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegt.

11. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 46

Ausführungsbestimmungen

Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen (Abs. 1). Um eine hohe Kompatibilität mit dem EU-Recht zu gewährleisten, wird er dabei namentlich die Regelungen der EU berücksichtigen, insbesondere die REMIT-Verordnung und die zugehörigen Verordnungen. Das Erlassen technischer und administrativer Vorschriften kann er dem BFE übertragen (Abs. 2).

Strafprozessordnung43 Art. 269 Abs. 2 Bst. o Aufgrund der Digitalisierung und der (internationalen) Vernetzung der Energiegrosshandelsmärkte wird unzulässiges Marktverhalten üblicherweise unter Verwendung von Fernmeldemitteln begangen. Im geltenden Artikel 269 Absatz 2 StPO wird auch unzulässiges Verhalten auf den Finanzmärkten (Art. 154 und 155 FinfraG) erwähnt; der Unrechtsgehalt der Delikte nach dem E-BATE ist mit demjenigen im Bereich der Finanzmärkte durchaus vergleichbar. Daher ist es nur gerechtfertigt, eine Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs auch zur Verfolgung von unzulässigem Marktverhalten auf den Energiegrosshandelsmärkten anzuordnen.

Stromversorgungsgesetz vom 23. März 200744 Art. 21 Abs. 5 Aufgrund der Analogie zu Artikel 10 Absatz 1 E-BATE und zur Erfüllung der Anforderungen der Gesetzmässigkeit muss Artikel 21 Absatz 5 StromVG durch einen Ver43 44

SR 312.0 SR 734.7

70 / 78

BBl 2023 2864

weis auf Artikel 46a RVOG präzisiert werden, der die Modalitäten für die Erhebung von Gebühren genauer regelt.

Finanzmarktinfrastrukturgesetz vom 19. Juni 201545 3. Abschnitt (Art. 47) Mit dem Inkrafttreten des BATE wird Artikel 47 FinfraG hinfällig. Zur Vermeidung von Unklarheiten und Rechtsunsicherheiten muss dieser Artikel deshalb aufgehoben werden.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

Im BATE werden die in Artikel 26abis StromVV festgelegten Kompetenzen im Bereich der Aufsicht über die Energiegrosshandelsmärkte übernommen und erheblich ausgeweitet. Die Artikel 26abis­26c StromVV werden daher in den Ausführungsbestimmungen aufgehoben.

Mit der Vorlage werden die Aufgaben der ElCom als Aufsichtsbehörde signifikant erweitert. So müssen künftig umfassendere Daten und grössere Datenvolumen erfasst und ausgewertet und die Einhaltung der neuen Verbotsnormen über unzulässiges Marktverhalten wirksam überwacht werden. Marktmissbrauchsabklärungen sind zwar aufwändig, müssen aber dennoch mit einem grossen Mass an Sorgfalt durchgeführt werden. Im Fall von festgestellten Gesetzesverstössen wäre zudem unter Umständen ein Strafverfahren zu veranlassen. Diese zusätzlichen Aufgaben machen neben den im Zusammenhang mit Artikel 26abis StromVV bereits gesprochenen Stellen eine weitere Stelle erforderlich; diese wäre in Anbetracht des Aufgabenbereichs vorzugsweise durch eine Juristin oder einen Juristen zu besetzen.

Überdies werden mit der Vorlage der ElCom in sachlicher Hinsicht neue Kompetenzen im Gasbereich übertragen. Die Sachkenntnisse in diesem bislang wenig beaufsichtigten Bereich sind aufzubauen. Dies gilt insbesondere für den Grosshandel mit Gas. Für die mit dem Gashandel zusammenhängenden zusätzlichen Aufgaben sind zwei neue Stellen vorzusehen, die den gaswirtschaftlichen Bereich abdecken, sowie eine halbe Stelle für das Monitoring der kurzfristigen und systemrelevanten Märkte.

Die für die Erfassung und Auswertung von Grosshandelsdaten notwendigen Informatiksysteme wurden im Rahmen des Vollzugs von Artikel 26abis­26c StromVV bereits aufgebaut. Die damit verbundenen Entwicklungskosten enthielten auch die Hardwarekosten für die gesamte Infrastruktur und die Softwarekosten (insbesondere für die Monitoringsoftware). Da die Lizenzen für die Nutzung der Monitoringsoftware im Jahr 2025 ablaufen, müssen diese erneuert werden. Für die Beschaffung einer neuen Lösung, die Erweiterung der bestehenden Systeme und die notwendigen Anpassungen wäre mit Kosten in der Höhe von 3 bis 4 Millionen Franken zu rechnen. Für die gleichen Komponenten wären zudem jährlich wiederkehrende Kosten in der Höhe von 45

SR 958.1

71 / 78

BBl 2023 2864

rund 1 bis 1,3 Millionen Franken zu veranschlagen. Verursacht werden diese Kosten insbesondere durch das Volumen der zu bearbeitenden Daten sowie durch den Geheimnisschutz für Handelsdaten. Dabei handelt es sich um grobe Schätzungen aufgrund der zurzeit verfügbaren Informationen.

Sämtliche Kosten werden durch Verwaltungsgebühren und Aufsichtsabgaben gedeckt.

Aufgrund der derzeitigen Ausgangslage ist in absehbarer Zeit nicht davon auszugehen, dass die Schweiz mit europäischen Institutionen wie der ACER im Bereich der Marktüberwachung aktiv zusammenarbeiten kann. Dieses und weitere Argumente (z. B. Datenhoheit) sprechen dafür, dass die Schweiz weiterhin eine eigene IT-Lösung für die Aufsicht über die Energiegrosshandelsmärkte betreibt.

6.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Durch die Einführung des BATE erhält die ElCom als Regulierungsbehörde die Möglichkeit, die Marktintegrität durch eine umfassende Überwachung der Energiegrosshandelsmärkte sicherzustellen. Darüber hinaus stellen das Verbot der Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen und die Veröffentlichungspflicht sicher, dass Angebot und Nachfrage für alle Marktteilnehmer gleichermassen transparent sind (vgl. insbesondere die Erläuterungen zu Art. 6).

Die Energiegrosshandelsmärkte senden Preissignale, die für die Entscheidungen von Marktteilnehmern bedeutsam sein können. Dazu gehören kurzfristige Entscheidungen etwa über das Angebot von Strom seitens der Produzenten oder die Nachfrage nach Strom seitens der Konsumentinnen und Konsumenten. Preissignale sind auch eine wichtige Grundlage für langfristige Investitionsentscheidungen (z. B. über Investitionen in Kraftwerke, Verbrauchsanlagen oder Netze). Um eine zutreffende Grundlage für Entscheidungen zu bieten, müssen diese Signale in einem fairen und transparenten Wettbewerb entstehen.

Das BATE schafft, wie die REMIT-Verordnung für die EU, einen bedeutenden Rahmen für die Erkennung und Ahndung von Marktmissbrauch in der Schweiz. Dies stärkt das Vertrauen von Konsumentinnen und Konsumenten, der Industrie und der anderen Marktteilnehmer, dass Energiepreise offen, fair und kompetitiv sind. Solche Preise sind eine Grundvoraussetzung für einen einwandfrei funktionierenden Energiemarkt.

Das Gesetz gilt für alle Marktteilnehmer, die mit schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten handeln. Diese Marktteilnehmer werden mit dem BATE verpflichtet, Informationen zu ihren Handelsaktivitäten an organisierten Handelsplätzen sowie ausserhalb organisierter Handelsplätze der ElCom zu übermitteln.

6.3

Auswirkungen auf die einzelnen Akteure

Die neuen Bestimmungen betreffen insbesondere die nationale Netzgesellschaft nach Artikel 18 StromVG, die Betreiber von Transport-, Verteil- und Speichernetzen für 72 / 78

BBl 2023 2864

Gas oder Strom, Energiehandelsunternehmen, Strom- oder Gaserzeuger, Lieferanten, Bilanzgruppenverantwortliche sowie Endverbraucherinnen und -verbraucher, sofern diese einen bedeutenden Einfluss auf die Preise von Schweizer Energiegrosshandelsprodukten haben können.

Für europäische Marktteilnehmer, die im Strombereich tätig sind, wird mit dem Entwurf die Pflicht zur Meldung von Transaktionen (Überführung von Art. 26abis StromVV ins Gesetz) sowie die Registrierungspflicht übernommen. Gemäss der ACER unterstehen in der EU derzeit 10 060 Marktteilnehmer diesen Regeln, darunter 162 Marktteilnehmer aus der Schweiz (in den Bereichen Strom und Gas). Der administrative Mehraufwand für diese Akteure im Strombereich dürfte sich in Grenzen halten, da ihnen bereits heute die StromVV vergleichbare Pflichten auferlegt.

Auch für europäische Marktteilnehmer im Gasbereich dürfte sich der zusätzliche administrative Aufwand in Grenzen halten, denn diese erstatten bereits den EUBehörden Bericht über alle ihre Transaktionen und Insiderinformationen (aber nicht der ElCom). Diese Marktteilnehmer werden ihre Angaben der ElCom nämlich in identischer Form übermitteln müssen wie der ACER, was den Arbeitsaufwand verringern sollte.

Für Teilnehmer am Schweizer Markt, die im Strom- oder Gasbereich tätig sind, geht die Unterstellung unter die Registrierungs-, die Veröffentlichungs- und die Übermittlungspflicht mit einem gewissen administrativen Aufwand einher. Dieser dürfte jedoch dank verschiedenen Ausnahmen oder Befreiungen gemildert werden. Dazu gehören unter anderem die Möglichkeit, Plattformen für Insiderinformationen oder Meldemechanismen zu nutzen, die von Dritten betrieben werden, Ausnahmen von der Registrierungspflicht (vgl. Art. 4 Abs. 7), die Berücksichtigung von bereits erfolgten Veröffentlichungen (vgl. Art. 6 Abs. 3) und Übermittlungen (vgl. Art. 11 Abs. 2 und 5) sowie verschiedene Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht (Art. 6 Abs. 5) und der Übermittlungspflicht (Art. 11 Abs. 9). An der Strombörse für den Schweizer Markt sind rund 40 Schweizer Unternehmen tätig. Hinzu kommen etwa 60 ausländische Akteure, die beim nationalen Netzbetreiber über eine Bilanzgruppe verfügen. Die Zahl hat in den letzten Jahren zugenommen und dürfte weiter steigen.

Von den gesetzlichen Bestimmungen sind allerdings mehr Unternehmen
betroffen, da auch ausserbörsliche Verträge und Derivate unter den Geltungsbereich fallen, darunter insbesondere auch innerschweizerische Verträge.

Eine weitere Folge für alle Marktteilnehmer könnte sein, dass organisatorische Anpassungen zur Vermeidung von regulatorischen Risiken notwendig werden. Auch besteht aus Sicht der Unternehmen neu das Risiko von straf- oder aufsichtsrechtlichen Verfahren. Insgesamt hängt der administrative Aufwand der Unternehmen auch von den Verordnungsbestimmungen und ihrem ordnungsgemässen Vollzug ab.

Schliesslich dürften in Anlehnung an die EU-Regelungen nur wenige Endverbraucherinnen und Endverbraucher als Grossverbraucher im Sinn dieser Vorlage gelten und von der Regelung direkt betroffen sein. Grossverbraucher können den Preis von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten bedeutend beeinflussen. Allerdings dürften diese Grossverbraucher lediglich der Registrierungs- und der Veröffentlichungspflicht unterstellt werden, da sie in den Genuss einer Ausnahme von der Über-

73 / 78

BBl 2023 2864

mittlungspflicht kommen (vgl. Art. 11 Abs. 9). Auch für sie dürfte sich der administrative Mehraufwand somit in Grenzen halten.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Integrität und Transparenz der Energiegrosshandelsmärkte sollen den guten Glauben bei Handelsgeschäften, der ein schützenswertes Rechtsgut darstellt, wahren. Deshalb kann Artikel 95 Absatz 1 BV als verfassungsrechtliche Grundlage dienen, wie dies beim FinfraG der Fall ist. Die dem Bund durch Artikel 95 Absatz 1 BV übertragene Kompetenz, Vorschriften über die Ausübung der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit zu erlassen, erweist sich als äusserst weitreichend. Parallel dazu kommen auch andere Artikel der Bundesverfassung als verfassungsrechtliche Grundlage in Betracht, was den in sich geschlossenen Charakter der Bundesverfassung verdeutlicht. Dies ist insbesondere beim Abschnitt über Energie und Kommunikation (Art. 89­93 BV) der Fall.

Die Vorlage zielt überdies darauf ab, Missbräuche bei der Preisbildung sowie unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Die Energiegrosshandelsmärkte sind zunehmend untereinander vernetzt, sodass ein Marktmissbrauch sowohl die Grosshandelspreise für Strom und Gas über Staatsgrenzen hinaus als auch die Endkundenpreise, die von den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Kleinstunternehmen zu tragen sind, beeinflusst. Der Entwurf kann sich daher allein oder in Verbindung mit Artikel 91 BV auch auf Artikel 96 Absatz 2 BV abstützen.

Mit der Vorlage sollen ferner Informationen über die Aktivitäten der Marktteilnehmer auf den Energiegrosshandelsmärkten beschafft werden können. Alle diese Informationen ­ ob sie aus den verschiedenen Pflichten oder der Verfolgung von unzulässigem Marktverhalten stammen ­ beziehen sich auf Energiegrosshandelsprodukte, entweder auf Verträge über die Lieferung, den Transport und die Verteilung von Strom oder Gas oder auf Derivate auf Strom oder Gas. Dank dieser Informationen können unzulässige Verhaltensweisen frühzeitig erkannt und so die Systemstabilität sowie die Versorgungssicherheit in der Schweiz gestärkt werden. Diese Informationen ermöglichen es nämlich der ElCom, die Entwicklung der Energiegrosshandelsmärkte im Hinblick auf eine sichere und erschwingliche Versorgung in der Schweiz zu beobachten und zu überwachen. Da Energiegrosshandelsmärkte zunehmend untereinander vernetzt sind, beeinflussen Marktaktivitäten in einem EU-Mitgliedstaat sowohl die Grosshandelspreise für Strom und Gas über die Staatsgrenzen dieses Staats hinaus als auch die
Endkundenpreise, die von den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Kleinstunternehmen zu tragen sind. Eine strenge grenzübergreifende Marktüberwachung und beobachtung ist daher für die Vollendung eines uneingeschränkt funktionsfähigen, als Verbund organisierten und integrierten Energiebinnenmarkts von entscheidender Bedeutung. Der Entwurf kann sich daher auf Artikel 91 BVstützen, der dem Bund die Kompetenz zur Regelung des Transports und der Lieferung von elektrischer Energie überträgt. Auf der Grundlage dieser weitreichenden Gesetzgebungskompetenz kann der Bund insbesondere den Transport monopolisieren, Tarifvorschriften erlassen, Vorschriften für Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft einführen, ein Recht auf 74 / 78

BBl 2023 2864

Netzzugang verankern oder Massnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit wie Netzanschluss- oder Stromlieferverpflichtungen vorsehen. Soweit das neue Gesetz die ElCom ermächtigt, die von den Marktteilnehmern übermittelten Informationen zu verwenden, um zu überprüfen, ob die Energieversorgung der Schweiz und der Stromverbund gewährleistet sind, sind diese Aufgaben durch Artikel 91 BV abgedeckt.

Artikel 101 BV bildet schliesslich die verfassungsrechtliche Grundlage in Bezug auf die grenzüberschreitenden Auswirkungen der vorgesehenen Regelungen.

Die mit den vorgeschlagenen Bestimmungen einhergehenden Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit sind geeignet und erforderlich, um das Vertrauen in die Integrität der Energiegrosshandelsmärkte zu stärken und dadurch die Effizienz des wettbewerblichen Systems zu gewährleisten. Sie gehen nicht über das hinaus, was zum Erreichen der angestrebten Ziele vernünftigerweise getan werden muss, sind gemessen an diesen Zielen zumutbar und tasten den Kerngehalt der Wirtschaftsfreiheit nicht an. Der Erlass ist somit verfassungskonform.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist vereinbar mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

7.3

Erlassform

Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Das BATE folgt demzufolge dem Verfahren der einfachen Gesetzgebung.

7.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Das BATE enthält gestützt auf Artikel 182 BV verschiedene Delegationsnormen zum Erlass von Verordnungsrecht. Diese Rechtsetzungsermächtigungen beschränken sich jeweils auf einen bestimmten Regelungsgegenstand und sind nach Inhalt, Zweck und Ausmass hinreichend konkretisiert. Die Delegationen beziehen sich insbesondere auf: ­

die massgebenden Kriterien zur Bestimmung des Einflusses einer Endverbraucherin oder eines Endverbrauchers auf die Preise von schweizerischen Energiegrosshandelsprodukten (Art 3 Abs. 2);

­

die Einzelheiten des Registrierungsverfahrens, die für die Registrierung zu übermittelnden Informationen und die Ausnahmen von der Registrierungspflicht (Art. 4 Abs. 6 und 7);

­

die Einzelheiten des Veröffentlichungsverfahrens, die zu veröffentlichenden Insiderinformationen und die Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht (Art. 6 Abs. 4 und 5); 75 / 78

BBl 2023 2864

­

die Informationen, die bei einem Aufschub der Veröffentlichung übermittelt werden müssen, sowie die diesbezüglichen Einzelheiten (Art. 7 Abs. 4);

­

die Einzelheiten des Registrierungs- und des Zulassungsverfahrens, die für die Zulassung zu übermittelnden Informationen, die Voraussetzungen für die Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen und von Meldemechanismen sowie die Einzelheiten der Überführung von Insiderinformationen auf neue Plattformen (Art. 8 Abs. 6, 10 Abs. 4 und 12 Abs. 6);

­

die Einzelheiten des Übermittlungsverfahrens, die der ElCom zu übermittelnden Informationen, die Fristen für die Übermittlung und die Ausnahmen von der Übermittlungspflicht (Art. 11 Abs. 8 und 9);

­

die zulässige Nutzung von Insiderinformationen (Art. 16 Abs. 5);

­

die zulässige Marktpraxis (Art. 17 Abs. 2);

­

die Erhebung von Gebühren durch die ElCom sowie die Ausgestaltung der Aufsichtsabgabe (Art. 20 Abs. 1, 4 und 5 sowie Art. 21 Abs. 5 StromVG);

­

die Einzelheiten der Datenbearbeitung (Art. 21 Abs. 4).

Mit diesen Delegationen soll der Gesetzestext von Bestimmungen mit hohem Konkretisierungsgrad entlastet werden. Bei den vom Bundesrat festzulegenden Regelungen handelt es sich zudem zum grossen Teil um Inhalte, bei denen rasche Anpassungen nötig sein können, um den sich ändernden Marktverhältnissen oder technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen. In mehreren Belangen geht es zudem um Detailfragen, in denen sich die Schweizer Regelung an jene im EU-Raum anlehnen muss und bei denen die Delegation ermöglichen soll, Neuerungen und Weiterentwicklungen zeitnah nachvollziehen zu können. Der Gesetzesentwurf wird deswegen in den genannten Bereichen zulässigerweise darauf beschränkt, den Regelungsgegenstand zu umschreiben.

In Artikel 46 Absatz 2 wird schliesslich die Möglichkeit der Subdelegation an das BFE im Bereich von technischen und administrativen Vorschriften vorgesehen (vgl.

Art. 48 Abs. 2 RVOG).

7.5

Datenschutz

Dem Datenschutz kommt im E-BATE aufgrund der zahlreichen durch die ElCom erhobenen und bearbeiteten Daten eine besondere Bedeutung zu.

Die ElCom trägt bei ihrer Tätigkeit den verfassungsmässig garantierten Persönlichkeitsrechten, die im DSG konkretisiert werden, Rechnung. Nach Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe a DSG bedarf es für die Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten einer ausdrücklichen Regelung in einem Gesetz im formellen Sinn. Dasselbe gilt für Daten juristischer Personen im Sinn von Artikel 57r Absatz 2 RVOG.

Die Berechtigung der ElCom zur Bearbeitung von Personendaten und von Daten juristischer Personen unter Einschluss von besonders schützenswerten Daten über verwaltungs- oder strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen sowie über Berufs-, Ge-

76 / 78

BBl 2023 2864

schäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse wird in Artikel 21 Absatz 1 der Vorlage verankert.

Im Übrigen wird die ElCom mit Artikel 21 Absatz 2 zur Bearbeitung solcher Daten zu den folgenden Zwecken ermächtigt: ­

zur Ausübung der Aufsicht nach dem BATE;

­

zur Durchführung von Verfahren nach dem BATE;

­

zur Amts- oder Rechtshilfe.

Die ElCom muss bei der Ausübung der Aufsicht nach dem BATE Daten bearbeiten können. Zu den damit verbundenen Aufgaben zählen insbesondere die Überwachung der Einhaltung der Pflichten, die den Teilnehmern am Schweizer Markt, den Teilnehmern am europäischen Markt und den Vermittlern am Schweizer Markt auferlegt werden, aber auch die Zulassung von Plattformen für Insiderinformationen und Meldemechanismen sowie der Umgang mit unzulässigem Marktverhalten. Im Zusammenhang mit dem Umgang mit unzulässigem Marktverhalten muss die ElCom unter Umständen auch Daten ohne unmittelbaren Bezug zu Marktteilnehmern oder Vermittlern bearbeiten. Hierbei handelt es sich um eine Aufsichtsaufgabe, die auf die Integrität der Energiegrosshandelsmärkte ausgerichtet ist.

Auch für die Bekanntgabe von Personendaten sowie von Daten juristischer Personen durch Bundesorgane bedarf es nach Artikel 36 DSG und Artikel 57s RVOG einer gesetzlichen Grundlage. Diese muss sich ausdrücklich auf die Bekanntgabe, also auf die Veröffentlichung der Daten oder auf ihre Weitergabe an Dritte beziehen. Diese beiden Artikel gelten sowohl für den Datenaustausch zwischen Bundesorganen als auch für die Weitergabe von Daten an kantonale, kommunale und ausländische Behörden und an private Personen im In- und Ausland. Eine diesen Anforderungen entsprechende Rechtsgrundlage wird neu in Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe c geschaffen. Die Möglichkeit der Übermittlung von Personendaten sowie von Daten juristischer Personen an inländische Behörden, einschliesslich der Möglichkeit der Verweigerung einer solchen Übermittlung, wird im Übrigen in den Artikeln 32­36 explizit geregelt. Die grenzüberschreitende Bekanntgabe von Personendaten und von Daten juristischer Personen unterliegt den in den Artikeln 37 und 38 genannten Bedingungen.

77 / 78

BBl 2023 2864

78 / 78