05.011 Bericht über die Luftfahrtpolitik der Schweiz 2004 vom 10. Dezember 2004

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Bericht über die Luftfahrtpolitik der Schweiz 2004 mit dem Antrag, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

10. Dezember 2004

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Joseph Deiss Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2005-0197

1781

Übersicht Der Bundesrat setzt sich im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung für eine zusammenhängende, umfassende und prospektive Luftfahrtpolitik ein. Oberstes Ziel der schweizerischen Luftfahrt ist die Sicherstellung einer optimalen Anbindung der Schweiz an die europäischen und weltweiten Zentren. Der schweizerischen Luftfahrt kommt eine herausragende volkswirtschaftliche Bedeutung zu. Sie ist sowohl ein Element der Aussenwirtschaftspolitik als auch ein zentraler Standortfaktor. Deshalb ist die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrt zu fördern.

In Bezug auf die Luftfahrtsicherheit macht die Liberalisierung einen Paradigmawechsel in der Aufsichtsphilosophie erforderlich. Es kann nicht mehr einfach davon ausgegangen werden, dass die unter grossem Wettbewerbsdruck stehende Industrie einen hohen Sicherheitsstandard eigenverantwortlich aufrechterhält. Der Staat muss deshalb vermehrt regelnd eingreifen. Dabei strebt der Bundesrat einen im europäischen Vergleich hoch stehenden Sicherheitsstandard an.

Der Luftverkehr leistet bezüglich auf die Erreichbarkeit und Standortgunst einen wichtigen Beitrag. Deshalb stellt die Gewährleistung einer bestmöglichen Anbindung der Schweiz an die europäischen und weltweiten Zentren weiterhin ein wichtiges Ziel des Bundesrats dar. Der Bundesrat geht davon aus, dass dieses Ziel durch schweizerische Gesellschaften am effektivsten sichergestellt werden kann. Eine möglichst optimale Anbindung der Schweiz soll durch die Verbesserung der verkehrsrechtlichen Rahmenbedingungen sowie durch eine effiziente, qualitativ hoch stehende und sichere luft- und bodenseitige Infrastruktur gefördert werden.

Die Swiss International Air Lines AG stellt auch künftig einen wichtigen luftfahrtpolitischen Faktor dar. Von ihr erwartet der Bundesrat auch weiterhin, dass sie die für den wirtschaftlichen Erfolg notwendigen unternehmerischen Massnahmen trifft, um sich auf dem Luftverkehrsmarkt behaupten zu können. Das finanzielle Engagement des Bundes ist vorübergehend; ein Rückzug des Bundes soll aber nicht zur Unzeit erfolgen.

Die Dienstleistungen der Flugsicherung müssen im EU-Vergleich zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden. Die Flugplätze haben jene baulichen und betrieblichen Voraussetzungen zu schaffen, die es dem Luftverkehr erlauben, seine Dienstleistungen markt-
und preisgerecht unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen der Nachhaltigkeit abzuwickeln. Damit der Bund seine luftfahrtpolitische Verantwortung sowie seine Interessen und Ziele inskünftig umfassender und direkter wahrnehmen kann, prüft er Möglichkeiten zur Durchsetzung grösserer Bundeskompetenzen bei den Landesflughäfen.

Den Betrieb eines Drehkreuzes (Hub) in Zürich erachtet der Bundesrat als effizientes Mittel, um die Anbindung unseres Landes zu optimieren. Die Infrastrukturen sollen eine Realisierung kompetitiver Luftverkehrsverbindungen ermöglichen. Das konkrete Angebot an Luftverkehrsverbindungen zur Sicherstellung einer ausreichenden Anbindung der Schweiz überlässt der Bund jedoch den Marktkräften.

1782

Der Bundesrat legt grossen Wert auf eine optimale Einbindung der Schweiz ins internationale Umfeld. Die Schweiz übernimmt soweit wie möglich internationale Standards, beteiligt sich an wichtigen europäischen Projekten wie der Europäischen Agentur für Flugsicherheit der EU (EASA) sowie dem Single European Sky Projekt und setzt sich für einen attraktiven und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Schweiz ein.

1783

Inhaltsverzeichnis Übersicht

1782

Abkürzungsverzeichnis

1786

1 Einleitung 1.1 Ziel dieses Berichts 1.2 Luftfahrt als System 1.3 Bisherige Luftfahrtpolitik 1.3.1 Grundsätze 1.3.2 Förderung durch den Bund 1.3.3 Internationale Anbindung und Zusammenarbeit 1.4 Umfeldveränderungen und ihre Auswirkungen 1.4.1 Vom Monopol zur Liberalisierung 1.4.2 Von der Liberalisierung in die Krise 1.5 Absehbare Entwicklungen 1.5.1 Im Allgemeinen 1.5.2 Im Besonderen für die Akteure 1.6 Konsequenzen für den Staat 1.7 Handlungsmöglichkeiten des Bundesrats

1788 1788 1789 1790 1790 1790 1791 1793 1793 1795 1796 1796 1797 1797 1798

2 Nachhaltige Entwicklung der Luftfahrt 2.1 Allgemeines 2.2 Sicherheit als oberstes Gebot 2.2.1 Safety 2.2.2 Security 2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Zivilluftfahrt 2.4 Ökologische Dimension der nachhaltigen Entwicklung 2.5 Schlussfolgerungen für die Luftfahrtpolitik

1799 1799 1800 1800 1802 1802 1807 1809

3 Luftfahrtpolitische Ziele und Handlungsschwerpunkte 3.1 Grundsätzliche Aspekte 3.1.1 Ziele 3.1.2 Safety 3.1.3 Security 3.1.4 Umwelt, Raumordnung und Lärm 3.1.4.1 Umwelt 3.1.4.2 Raumordnung 3.1.4.3 Lärm 3.1.5 Internationale Zusammenarbeit 3.1.6 Eidgenössische Luftfahrtkommission 3.2 Luftverkehr 3.2.1 Allgemeines 3.2.2 Internationaler Luftverkehr (Linien- und Bedarfsluftverkehr) 3.2.3 SWISS 3.2.4 Binnenluftverkehr 3.2.5 Business Aviation

1810 1810 1810 1812 1814 1815 1815 1816 1818 1820 1822 1823 1823 1824 1828 1830 1831

1784

3.3

3.4

3.5 3.6

3.2.6 Arbeitsluftfahrt 3.2.7 Freizeitaviatik Flugplätze 3.3.1 Allgemeines 3.3.2 Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) 3.3.3 Landesflughäfen 3.3.4 Regionalflughäfen 3.3.5 Flughafen Zürich 3.3.6 Flughafen Genf 3.3.7 Flughafen Basel-Mulhouse Flugsicherung 3.4.1 Operative Herausforderungen 3.4.2 Single European Sky Luftfahrtindustrie Luftfahrtausbildung

1832 1833 1834 1834 1834 1837 1840 1841 1846 1849 1852 1852 1854 1855 1856

4 Luftfahrtpolitik 4.1 Leitsätze 4.2 Umsetzung

1858 1858 1868

Anhänge: 1 Quellenverzeichnis 2 Begriffsverzeichnis 3 Parlamentarische Vorstösse zur Luftfahrtpolitik

1870 1873 1876

1785

Abkürzungsverzeichnis AG Art.

AUA BAZL BBl BFU BV2 ca.

CHF CO2 d.h.

Doc EASA ECAC EFUK EG EU EU-VO EWG EWR f.

FAB ff.

FinÖV GPK-SR HGV IATA ICAO IDA Rio ITA JAA JAR JAR-FCL JAR-OPS KLM KMU 1786

Aktiengesellschaft Artikel Austrian Airlines Bundesamt für Zivilluftfahrt Bundesblatt Büro für Flugunfalluntersuchung Betriebsvariante 2 cirka Schweizer Franken Kohlendioxid das heisst Document (Dokument) European Aviation Safety Agency (Europäische Agentur für Flugsicherheit) European Civil Aviation Conference (Europäische Zivilluftfahrtkonferenz) Eidgenössische Flugunfallkommission Europäische Gemeinschaft Europäische Union Verordnung der Europäischen Kommission Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum Folgende Functional Airspace Block (funktionaler Luftraumblock) Fortfolgende Finanzierung von Infrastrukturen des öffentlichen Verkehrs Geschäftprüfungskommission ­ Ständerat Hochgeschwindigkeitsverkehr International Air Transport Association (Internationale Flug-Transport-Vereinigung International Civil Aviation Organization (Internationale Zivilluftfahrt-Organisation) Interdepartementaler Ausschuss Rio Institut du Transport Aérien, Paris (Institut für Luftverkehr, Paris) Joint Aviation Authorities (Vereinigte Luftfahrtbehörden) Joint Aviation Requirements Joint Aviation Requirements Flight Crew Licensing Joint Aviation Requirements Operations Royal Dutch Airlines Kleine und Mittlere Unternehmen

LFG LKS NEAT NLR Nr.

NZZ Prof.

RELIEF S.

SAFIR SAS SES SIAA SIL SLS SR SVP TGV TOPAS u.a.

usw.

UVEK v.a.

VBS Vgl.

VIL VO WMO WTO z.B.

Bundesgesetz über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz) Landschaftskonzept Schweiz Neue Eisenbahn Alpen Transversale Nationaal Lucht- en Ruimtevaartlaboratorium (Nationales Luft- und Raumfahrtinstitut [Holland]) Nummer Neue Züricher Zeitung Professor Raumentwicklungskonzept für die Flughafenregion und langfristige Infrastrukturentwicklung des Flughafens Seite Safety First Scandinavian Airlines Single European Sky Swiss International Airport Association (Vereinigung der internationalen Flughäfen der Schweiz) Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt Schweizerische Luftverkehrsschule Systematische Rechtssammlung Schweizerische Volkspartei Train à Grande Vitesse Topping Aviation Safety unter anderem und so weiter Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation vor allem Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Vergleiche Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt Verordnung(en) World Meterological Organization World Trade Organization (Welthandelsorganisation) zum Beispiel

1787

Bericht 1

Einleitung

1.1

Ziel dieses Berichts

Der letzte luftfahrtpolitische Bericht des Bundesrats stammt aus dem Jahr 1953.1 Dieser befasste sich primär mit der finanziellen Unterstützung der Swissair. Seither haben sich die schweizerische Zivilluftfahrt und ihr wirtschaftliches, soziales und umweltpolitisches Umfeld grundlegend weiterentwickelt. Parlament und Bundesrat mussten eine Reihe von luftfahrtpolitischen Entscheidungen treffen. Dabei haben sie luftfahrtpolitische Grundsätze vor allem im Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) sowie anlässlich der verschiedenen Revisionen des Luftfahrtgesetzes festgehalten. Luftfahrtpolitische Grundlagen und Strategien finden sich aber auch im Bericht des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) von 1980.2 Der Bericht Skyrights3, welcher ein Grundlagenpapier zur schweizerischen Luftverkehrsrechtspolitik darstellt, sowie der Bericht über die schweizerische Flugsicherungspolitik4 stellen weitere, vom Departementsvorsteher UVEK genehmigte Bausteine für eine gesamtschweizerische Luftfahrtpolitik dar.

Der vorliegende Bericht geht auf verschiedene parlamentarische Vorstösse5 sowie eine Empfehlung der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats6 ein und ermöglicht eine umfassende Diskussion über die bisherige und vor allem über die künftige Luftfahrtpolitik des Bundesrats. Vorstösse sowie Empfehlung fordern im Wesentlichen die Festsetzung einer neuen Luftfahrtpolitik durch den Bundesrat. Der Bericht beinhaltet eine umfassende Darstellung der heutigen Situation der Zivilluftfahrt einschliesslich einer Problemanalyse und einer Präsentation von Handlungsstrategien des Bundesrats zuhanden des Parlaments. Übereinstimmend mit der Stossrichtung der parlamentarischen Vorstösse behandelt der Bericht nur die zivile Luftfahrt und geht lediglich in den Bereichen Flugplätze, Flugsicherung und Ausbildung auf militäraviatische Anliegen ein.

Um die Diskussion in einem derart komplexen Bereich zu ermöglichen, wird zuerst der dem Bundesrat zur Verfügung stehende Handlungsspielraum erläutert. Dabei spielen die bisherige Luftfahrtpolitik des Bundesrats sowie in den letzten Jahren eingetretene Änderungen im luftfahrtpolitischen Umfeld eine entscheidende Rolle.

Gestützt darauf sowie anhand der übergeordneten Strategien legt dann der Bundesrat seine Ansichten über eine umfassende Luftfahrtpolitik in Form von Leitsätzen zu den Bereichen Luftverkehr, Flugplätze, Flugsicherung, Luftfahrtindustrie und -ausbildung dar.

1 2 3 4 5 6

Vgl. Bericht des Bundesrats an die Bundesversammlung über die Organisation des schweizerischen Luftverkehrs und der schweizerischen Luftverkehrspolitik (1953).

Prof. Werner Guldimann, Luftverkehrspolitik (1980).

Skyrights, BAZL, November 2000.

Bericht über die schweizerische Flugsicherungspolitik 1993­2010, BAZL, Mai 1993.

Vgl. Anhang 3.

02.3467 ­ Empfehlung GPK- SR. Neuformulierung der Luftverkehrspolitik (vgl. Anhang 3).

1788

1.2

Luftfahrt als System

Die schweizerische Luftfahrt ist als Gesamtsystem zu verstehen, dessen Träger sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene stark miteinander vernetzt sind. Zu den Hauptträgern der Luftfahrt gehören die Fluggesellschaften, die Flugplätze, die Flugsicherung, die Hersteller- und Ausbildungsbetriebe und weitere, so genannte flugnahe Unternehmen (Annex-Betriebe) wie die Unterhaltsfirma SR Technics, die Bodenabfertigungsgesellschaft Swissport oder das Cateringunternehmen Gate-Gourmet. Alle diese Protagonisten sind derart miteinander verbunden, dass das Scheitern eines Teilnehmers massive Auswirkungen auf die anderen Träger haben kann. In den zwei Jahren nach dem Grounding der ehemaligen Swissair verzeichneten die Landesflughäfen Basel-Mulhouse und Zürich einen Verkehrs- und Passagierrückgang von 20 %.7 Als Folge davon waren der Flughafen Zürich und die Flugsicherung Skyguide gezwungen, ihre Gebühren zu erhöhen, was wiederum die Kostenstrukturen der Swiss International Air Lines AG (SWISS) als deren Hauptkundin zusätzlich belastete.

Abbildung 1 System «Luftfahrt Schweiz» Luftverkehrsabkommen Schweiz - EG

Internationale Normen und Standards

Flugplätze

Flugsicherung

Airlines

Luftfahrtaus bildung

Bilaterale Luftverkehrsabkommen

Aufsichtsbehörde

Luftfahrtindustrie

Nationale politische Rahmenbedingungen und gesetzliche Grundlagen

Wegen diesen starken Vernetzungen und Abhängigkeiten sind die Steuerungsmöglichkeiten für den Staat begrenzt. Folglich muss eine umfassende Luftfahrtpolitik diesen Umstand berücksichtigen.

7

Quelle: BAZL-Statistik (2004).

1789

1.3

Bisherige Luftfahrtpolitik

1.3.1

Grundsätze

Die Luftfahrtpolitik des Bundesrats in den letzten 50 Jahren war geprägt von einem Vertrauen in die Fähigkeiten der privatwirtschaftlichen Marktteilnehmer im Rahmen eines regulierten Umfelds. Dabei richtete sich der Fokus des Bundesrats auf die Unterstützung der ehemaligen Fluggesellschaft Swissair, während sich die Kantone auf den Betrieb der Flughäfen konzentrierten. Neben gezielten Förderungsmassnahmen strebte der Bundesrat eine möglichst gute internationale Anbindung der Schweiz an. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Bundesrat bisher eine mehrheitlich liberale Luftfahrtpolitik verfolgt hat, welche durch das Vertrauen in die Fähigkeiten der ehemaligen Swissair geprägt war.

1.3.2

Förderung durch den Bund

Die Eidgenossenschaft ist seit den Anfängen der Luftfahrt davon ausgegangen, dass schweizerischer Unternehmergeist die Basis der Teilnahme am internationalen Luftverkehr bildet. Bereits in den 20er Jahren wurden in der Schweiz Luftfahrtunternehmen zur gewerbsmässigen Post- und Personenbeförderung im In- und Ausland gegründet.

Am 26. März 1931 entstand durch Fusion der ehemaligen Fluggesellschaften Balair und Ad Astra Aero die Swissair. Sie verfügte über 13 Flugzeuge und einen Mitarbeiterbestand von 60 Personen. Vor dem zweiten Weltkrieg bediente die Swissair München, Wien, Mailand, Berlin, Paris, Amsterdam und London. Mit der Genehmigung der Statuten der Swissair, der Vertretung des Bundes im Verwaltungsrat und der Vergabe von Verkehrsrechten ausschliesslich an die Swissair («Swissair Monopol») verfügte der Bund über die entsprechenden Steuerungsmöglichkeiten. Die Swissair stellte damit das wichtigste luftfahrtpolitische Instrument des Bundesrats dar. Das Luftfahrtgesetz vom 21. Dezember 19488 enthielt entsprechende Regelungen, die erst mit der Revision 1997 aufgehoben worden sind.

Nachdem die schweizerische Luftfahrt während des Zweiten Weltkriegs fast zum Erliegen gekommen war, stellte sich nach Kriegsende für die Swissair die grundsätzliche Frage, ob sie sich am aufkommenden interkontinentalen Linienverkehr beteiligen wolle. Der Bundesrat setzte sich für möglichst gute Luftverkehrsverbindungen in die ganze Welt ein. Der Bund unterstützte deshalb die Swissair, indem er sich (gestützt auf den Bundesbeschluss über die Hilfeleistung des Bundes an die Swissair vom 10. April 1951)9 am Aktienkapital der Swissair beteiligte, zwei Langstreckenflugzeuge erwarb, der Swissair einen jährlichen Beitrag an die Kosten der Ausbildung ihrer Piloten gewährte und einen Amortisationsfonds zur Abschreibung und Erneuerung ihres Flugzeugparks schaffte. Ausserdem wurde der Bundesrat ermächtigt, der Swissair kurzfristige, verzinsliche Darlehen bis zu einer Höhe von 3 Millionen Franken zu gewähren. Gegner einer solchen Hilfeleistung argumentierten bereits damals, dass auch ausländische Fluggesellschaften in der Lage seien, den Bedürfnissen der Schweiz ausreichend gerecht zu werden. Doch die Befürchtung überwog, 8 9

Bundesgesetz über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz) vom 21. Dezember 1948 (LFG, SR 748.0).

BBl 1951 I 899

1790

nach Beendigung des Weltkriegs ein wichtiges, luftfahrtpolitisches Instrument aus der Hand zu geben und die Schweiz damit in die Abhängigkeit einer ausländischen Gesellschaft zu führen. Hingegen lehnte es der Bundesrat ab, der Swissair die Deckung ihrer Betriebsdefizite zuzusichern.

Der Bund unterstützte nicht nur die Swissair als grösstes Schweizer Luftverkehrsunternehmen und als wichtigstes Mittel für die Umsetzung seiner Luftfahrtpolitik. Bis Anfang der 80er Jahre förderte er auch gezielt die Infrastruktur. Die weitgehende Interessendeckung mit den Flughafenkantonen führte dazu, dass der Bund die bauliche Gestaltung der Flughäfen den Kantonen überliess, sich aber in erheblichem Ausmass an den Ausbaukosten beteiligte. Gestützt auf den Bundesbeschluss über den Ausbau der Zivilflugplätze vom 22. Juni 1945 sowie auf das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1984 über die Sparmassnahmen, investierte der Bund sowohl in den Ausbau der drei Landesflughäfen als auch in die Infrastruktur der Regionalflugplätze Ecuvillens, La Chaux-de-Fonds­Les Eplatures, Grenchen und Sion.

Weitere Förderungsmassnahmen des Bundes waren die finanzielle Unterstützung der fliegerischen Ausbildung und der schweizerischen Flugsicherungsgesellschaft Skyguide sowie der Abschluss von bilateralen Luftverkehrsabkommen, welche der Swissair ausschliessliche Verkehrsrechte garantierten. Indirekt wurde der Luftverkehr auch dadurch gefördert, dass der Staat die Flugtarife der Luftverkehrsunternehmen genehmigte. Dabei orientierten sich die Aufsichtsbehörden im Wesentlichen an den von einem privatrechtlichen, internationalen Verband der Linienfluggesellschaften festgesetzten Preisen (International Air Transport Association IATA), was der staatlichen Legitimation eines Preiskartells gleichkam. Weitere Förderungsmassnahmen werden in Ziffer 1.4.1 näher beschrieben.

Anzumerken ist, dass die oben erwähnten Förderungsmassnahmen von vielen Staaten während Jahrzehnten als selbstverständlich angesehen worden sind und teilweise immer noch angesehen werden. Ausserhalb von Europa und Amerika wird die «nationale Fluggesellschaft» noch heute grösstenteils als weltweite Botschafterin des Landes unterstützt. Sogar in Europa gibt es noch Luftfahrtunternehmen, die mehrheitlich oder vollständig im Eigentum und unter Kontrolle der jeweiligen staatlichen Behörden sind. So z.B. Alitalia, Finnair, die griechische Olympic Airlines, die irische Aer Lingus und Turkish Airlines.

1.3.3

Internationale Anbindung und Zusammenarbeit

Als Binnenland, Wirtschafts- und Tourismusstandort ist die Schweiz auf ein gut funktionierendes Luftverkehrsnetz angewiesen. Der Bundesrat war deshalb immer bestrebt, den öffentlichen Luftverkehr international auszurichten.

Diese internationale Ausrichtung der schweizerischen Zivilluftfahrt ist aber nicht nur wirtschaftlich begründet. Die Schweiz als europäischer Staat mittlerer Grösse, welcher nicht der EU angehört, ist auf Technologie, Erkenntnisse und Verfahren ausländischer Behörden und Luftfahrtindustrien angewiesen. Eine enge internationale Zusammenarbeit auf technischer und flugbetrieblicher Ebene führt zu einer deutlichen Erhöhung des Sicherheitsniveaus der schweizerischen Luftfahrt. Heute gibt es kaum einen Luftfahrtbereich, der nicht massgeblich von internationalen Vorschriften geprägt ist. Diese internationalen Regelungen beschränken sich nicht nur auf Grundsatzbestimmungen. Sie richten sich teilweise direkt an die Mitgliedstaaten, 1791

garantieren eine harmonisierte, einheitliche Rechtsanwendung und beeinflussen damit die jeweilige nationale Gesetzgebung unmittelbar. Angesichts der grossen Bedeutung der internationalen Organisationen war der Bundesrat stets der Überzeugung, dass das Mitwirken der Schweiz in diesen Institutionen sowie die internationale Zusammenarbeit mit andern Behörden von grösster Bedeutung sind. Die Schweiz hat sich deshalb in allen internationalen Organisationen und Institutionen von Beginn an engagiert und dieses Engagement in den vergangen Jahren punktuell noch intensiviert. Aufgrund ihrer geografischen Lage im Herzen Europas kommt der Schweiz aber auch eine zentrale Rolle in der europäischen Luftfahrt zu. Der schweizerische Luftraum spielt im europäischen Luftfahrtsystem eine Schlüsselposition.

Internationale Organisationen und Institutionen10 Die Vereinfachung des grenzüberschreitenden Luftverkehrs war eines der wesentlichen Motive für die Gründung der Internationalen Zivilluftfahrt Organisation (ICAO), der die Schweiz 1947 beigetreten ist, sowie ­ auf europäischer Ebene ­ der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz (ECAC), welcher die Schweiz seit 1955 angehört. Basierend auf der ECAC wurden die Joint Aviation Authorities (JAA) gegründet. Diese Organisation, der die Schweiz seit 1979 angeschlossen ist, reguliert europaweit die technischen sowie operationellen Sicherheitsnormen und übernimmt dadurch eine unentbehrliche Standardisierungsfunktion in der Zivilluftfahrt. Künftig wird diese Standardisierungsfunktion durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit der EU (EASA) wahrgenommen. Für die Schweiz ist es deshalb von grösster Bedeutung, auch an dieser Agentur partizipieren zu können.

In der Flugsicherung ist die Schweiz seit 1992 Mitglied der Eurocontrol und setzt sich insbesondere für die Errichtung eines einheitlichen europäischen Luftraums (Single European Sky, SES) ein.

Als für Sicherheit (Safety) und Wirtschaftlichkeit der Luftfahrt bedeutender und notwendiger Teil des Flugsicherungssystems stellt die World Meterological Organization (WMO) den uneingeschränkten Austausch von Wetterinformationen unter den nationalen Wetterdiensten sicher. Die Schweiz ist seit der Gründung der WMO 1950 Mitglied und wird durch das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, MeteoSchweiz, vertreten.

Luftverkehrsabkommen
Schweiz ­ EG Das Luftverkehrsabkommen zwischen der Schweiz und der EG ist, nach der Unterzeichnung 1999, am 1. Juni 2002 in Kraft getreten. Damit hat die Schweiz die gesamte, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehende europäische Gesetzgebung im Bereich der Zivilluftfahrt übernommen und ist damit einem EU-Mitglied gleichgestellt. Schweizer Luftfahrtgesetzgebung und Luftfahrtpolitik werden deshalb künftig nicht nur von den Vorschriften der oben genannten Institutionen geprägt, sondern neu und hauptsächlich auch von den Entwicklungen in der EU.

Zwei- und mehrseitige Abkommen Die internationale Zusammenarbeit beschränkt sich nicht nur auf die Zugehörigkeit zu überstaatlichen Organisationen. Die Schweiz regelt ihre Beziehungen zum Ausland auch mittels zwei- und mehrseitiger Abkommen. Zu erwähnen sind hier die mit über 130 Staaten abgeschlossenen, bilateralen Luftverkehrsabkommen. Diese 10

Erklärungen siehe Begriffsverzeichnis, Anhang 2.

1792

Abkommen schaffen die Voraussetzungen für eine verkehrsrechtliche Anbindung der Schweiz. In technischer Hinsicht sind Verträge mit Luftfahrtbehörden aus nichteuropäischen Staaten von grundlegender Bedeutung. Diese Verträge regeln die gegenseitige Anerkennung von Luftfahrzeugen und Ausrüstungen sowie die Vereinfachung gegenseitiger Hilfeleistungen im grenzüberschreitenden Luftverkehr.

Ferner hat die Schweiz internationale Abkommen ratifiziert, die völkerrechtlich verbindliche Normen für den Luftverkehr enthalten. Dazu gehören die haftungsrechtlichen Instrumente des Warschauer Abkommens11 und die im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) abgeschlossenen Abkommen12, die mit der Liberalisierung der Weltmärkte auch Regelungen über den Luftverkehr enthalten.

1.4

Umfeldveränderungen und ihre Auswirkungen

1.4.1

Vom Monopol zur Liberalisierung

Jahrzehntelang zeigte die schweizerische Zivilluftfahrt eine stabile Entwicklung.

Durch den kontinuierlichen Ausbau ihres Streckennetzes erfüllte die Swissair das Hauptanliegen des Bundes, möglichst viele Direktverbindungen in alle Welt anzubieten. Sie entwickelte darüber hinaus ein weltweit führendes Sicherheitsniveau, von dem die gesamte schweizerische Zivilluftfahrt profitierte. Zusätzlich führte die Swissair eine vom Bund unterstützte Ausbildungsstätte für angehende Piloten (Schweizerische Luftverkehrsschule SLS) und garantierte damit einheitliche Ausbildungsstandards für die schweizerischen Linienpiloten. Das System der Preisabsprachen und staatlich geschützte Verkehrsrechte garantierten der Swissair die notwendigen Einnahmen, um als einer der attraktivsten und erfolgreichsten schweizerischen Arbeitgeber zu gelten. Es führte auch dazu, dass Konsumenten und Unternehmen diese Monopolpreise zu bezahlen hatten.

In den 70er Jahren bahnten sich ­ ausgehend von den USA ­ tiefgreifende Veränderungen an. Sie wirken sich seit den 90er Jahren auch in der Schweiz massiv aus: Die Liberalisierung des amerikanischen Luftverkehrs hat in einer ersten Phase zu einer Öffnung des Luftverkehrsmarktes und dadurch zu einem grösseren Angebot an Fluggesellschaften geführt. Die daraus entstandenen Überkapazitäten und der zunehmende Wettbewerbsdruck hatten aber einen markanten Rückgang der Zahl der Fluggesellschaften zur Folge. Unternehmen wie Pan Am oder Eastern Airlines sind von der luftfahrtpolitischen Landkarte verschwunden. In Europa hat sich das wettbewerbsverzerrende System des staatlichen Monopolschutzes und der Preisabsprachen bis in die 90er Jahre gehalten. Mit dem dritten Liberalisierungspaket, in Kraft seit 1993, hat die EG für ihre Mitgliedstaaten nun gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer geschaffen. Seither können sich namentlich die Anbieter von Billigflügen (Low Cost Carriers) auf dem Markt immer besser etablieren.

Die Swissair war bei dieser Entwicklung im Nachteil. Erstens, weil die Schweiz nicht am neuen EG-Binnenmarkt partizipierte und zweitens, da auch das Nein zum EWR-Beitritt im Dezember 1992 eine Beteiligung der Swissair am liberalisierten EU-Markt verhinderte. Während die direkten Konkurrenten der Swissair jede Desti11 12

Abkommen vom 12. Oktober 1929 zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (SR 0.748.410), in Kraft getreten am 7. August 1934.

Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation, in Kraft getreten am 1. Juli 1995 (SR 0.632.20).

1793

nation im Binnenmarkt bedienen konnten, mussten die Verkehrsrechte für die Swissair jeweils bilateral ausgehandelt werden. Ferner profitierten die europäischen Gesellschaften von liberalisierten Tarifen, während sich die Swissair weiterhin staatlichen Preiskontrollen zu unterziehen hatte. Zudem wurden sich bietende Chancen zur internationalen Zusammenarbeit nicht genützt. So scheiterte Ende November 1993 die Gründung einer europäischen Luftfahrtallianz mit der holländischen KLM, der skandinavischen SAS sowie der österreichischen AUA (Projekt «Alcazar»). Die Swissair setzte sich deshalb für den schnellen Abschluss eines umfassenden Luftverkehrsabkommens mit der EU ein.

Angetrieben vom wirtschaftlichen Aufschwung in den 90er Jahren, der den Luftverkehrsunternehmen überdurchschnittliche Zuwachsraten bescherte, und mit der Überzeugung, sich neben British Airways, Air France und Lufthansa als vierte Kraft im europäischen Luftverkehrsmarkt positionieren zu können, entschied sich die Swissair für eine expansive Strategie, um weitere Marktanteile zu sichern (Hunterstrategie). In dieser Zeit wuchs auch die ehemals kleine Fluggesellschaft Crossair zur grössten Regionalfluggesellschaft Europas. Sie zeichnete sich durch eine schlanke Kostenstruktur aus und erhielt garantierte Einnahmen von der Swissair für die Durchführung bestimmter Fluglinien. So konnte die Crossair ihren Umsatz innert 10 Jahren von 500 Millionen Franken auf über 1,5 Milliarden Franken verdreifachen und die Flugzeugflotte von 29 auf über 80 vergrössern. Im Zuge dieser Expansion wurden auch die grossen, von den Kantonen finanzierten Infrastrukturprojekte in Genf, Basel und vor allem in Zürich (5. Ausbauetappe) lanciert. Die Landesflughäfen schafften damit die baulichen Voraussetzungen, um mit dem durch die Swissair/Crossair generierten Verkehrswachstum weiterhin Schritt zu halten.

Die Entwicklung hin zu einem liberalisierten Markt ging einher mit dem Rückzug des Bundes von der aktiven Unterstützung und Steuerung der nationalen Fluggesellschaft und von den Bauvorhaben auf den Flughäfen. In der Politik wuchs die Überzeugung, dass die staatliche Einflussnahme auf die Luftfahrt auf ein Minimum zu reduzieren und der Luftverkehr den Marktkräften und dem privaten Unternehmertum zu überlassen sei. Der Staat solle sich auf die Sicherstellung von
günstigen Rahmenbedingungen beschränken. Dieses Vertrauen in die Marktkräfte und ins liberalisierte Umfeld hatte unter anderem folgende Auswirkungen, welche teilweise auch in der Revision des Luftfahrtgesetzes von 1997 ihren Niederschlag fanden: ­

Ablehnung von Subventionen des Bundes für Flugplätze;

­

Aufhebung des Monopols der Swissair;

­

Rückzug der Vertreter des Bundes im Verwaltungsrat der Swissair;

­

Wegfall der staatlichen Genehmigungspflicht der Statuten der Swissair;

­

Wegfall der staatlichen Genehmigungspflicht von Flugtarifen;

­

Abschluss von so genannten «Open Skies Abkommen», um bestehende verkehrsrechtliche Beschränkungen aufzuheben;

­

Wegfall der staatlichen Unterstützung an die Schweizerische Luftverkehrsschule.

Demgegenüber reagierte die Politik umgehend, als die Swissair ihre Langstreckenflotte auf den Flughafen Zürich konzentrierte und Genf dadurch wichtige Langstreckenverbindungen verlor. Das Parlament änderte das Luftfahrtgesetz dahingehend, dass die Verleihung von Streckenkonzessionen an Luftverkehrsunternehmen an die 1794

Bedienung der nationalen Flughäfen geknüpft wurde. Der Bund griff damit wieder direkt in die Vergabepolitik von Verkehrsrechten ein.

Der rasante Anstieg des Luftverkehrs in den 90er Jahren war begleitet von sich verschärfenden Umweltkonflikten. Wachstumsprognosen waren bereits nach wenigen Jahren überholt. Die Belastung der Bevölkerung rund um die Flughäfen nahm ständig zu, jede für den Flugbetrieb (An- und Abflugverfahren) relevante Änderung des Betriebsreglements eines Flughafens führte zu einer Unzahl von Beschwerden an die zuständigen Rechtsmittelinstanzen.

1.4.2

Von der Liberalisierung in die Krise

Die Krise der schweizerischen Luftfahrt gipfelte schliesslich im Kollaps des Swissair Konzerns. Eine verfehlte Expansionspolitik der Swissair und ihrer Tochter Crossair, der Wegfall des geschützten Tarifwesens und der Monopolstellung sowie der Zusammenbruch des Luftverkehrsmarktes nach dem 11. September führten im Oktober 2001 zum nicht für möglich gehaltenen Grounding der Swissair Flotte.

Das Scheitern des Konzerns bedrohte zahlreiche weitere Unternehmen, die mit der Swissair wirtschaftlich und rechtlich eng verbunden waren. Durch die enge rechtliche und finanzielle Verknüpfung der Swissair mit vielen unentbehrlichen AnnexBetrieben war die Aufrechterhaltung des Luftverkehrs in der Schweiz gefährdet.

Mehrere zehntausend Arbeitsplätze und die Stellung des Flughafens Zürich als Drehscheibe für den interkontinentalen Luftverkehr waren akut gefährdet. In dieser Situation entschieden sich Bundesrat, Finanzdelegation und Parlament für eine finanzielle Hilfeleistung: Zur Überbrückung der Krisensituation gewährte der Bund ein Darlehen von insgesamt 1,17 Milliarden Franken und engagierte sich bei der neuen Interkontinentalfluggesellschaft mit 600 Millionen Franken am Aktienkapital.

Der Bundesrat hielt fest, sein Engagement bei der neuen Fluggesellschaft sei einmalig und befristet.13 Diese werde keinesfalls im Sinne eines «Service public» verpflichtet, bestimmte Strecken weiter zu betreiben oder gewisse Flugplätze zu bedienen. Vielmehr habe sich die neue Fluggesellschaft den Marktverhältnissen anzupassen und einen rentablen Flugbetrieb sicherzustellen.14 Die letzte bedeutende luftfahrtpolitische Weichenstellung erfolgte im Jahr 2002 mit der Ablehnung des zwischen Deutschland und der Schweiz ausgehandelten Staatsvertrags durch den National- und Ständerat. Wie angekündigt hat Deutschland inzwischen restriktive Verordnungen erlassen, die eine noch stärkere Belastung der Bevölkerung rund um den Flughafen Zürich zur Folge haben. Gegen die Deutschen Verordnungen führt der Bund vor den Behörden der EG, die SWISS und die Flughafenbetreiberin Unique vor deutschen Gerichten Beschwerde, bislang erfolglos.

Der Absturz eines Swissair Flugzeugs bei Halifax (Kanada) im September 1998 und die beiden Unglücke der Crossair im Januar 2000 bei Nassenwil und im November 2001 bei Bassersdorf haben schliesslich Zweifel an der
Sicherheit der Zivilluftfahrt aufkommen lassen. Nach dem Zusammenstoss zweier Verkehrsflugzeuge über Überlingen (Deutschland) im Juli 2002 beauftragte das UVEK eine unabhängige

13 14

Botschaft über die Finanzierung des Redimensionierungskonzepts für die nationale Zivilluftfahrt (BBl 2001 VI 6439).

Einfache Anfrage Leutenegger Oberholzer 03.1047; SWISS. Strategie des Bundes.

1795

ausländische Institution, einen Bericht über das Sicherheitssystem in der schweizerischen Zivilluftfahrt zu erstellen. Die Ergebnisse liegen seit Juli 2003 vor.15

1.5

Absehbare Entwicklungen

1.5.1

Im Allgemeinen

Auch in Zukunft ist in der Schweiz mittel- bis langfristig wieder mit einem positiven Luftverkehrswachstum zu rechnen. Allerdings dürfte das Tempo etwas langsamer sein, als in den 90er Jahren vorhergesagt und in der Langfristprognose des Pariser Institut für Luftverkehr (ITA) von 1999 dargelegt.16 Abbildung 2 Langfristprognose Flugverkehr auf den Schweizer Landesflughäfen

390'000

147'000

150'000

140'000

140'000

150'000

131'000

200'000

118'000

250'000

129'000

300'000 116'000

Anzahl Flüge

350'000

380'000

400'000

330'000

450'000

395'000

Linien- und Charterverkehr auf den Schweizer Landesflughäfen: Langfristprognose IT A

100'000 50'000 0

2005

2010 Zürich

2015 Basel

2020

Genf

Zuverlässige Luftverkehrsprognosen sind wichtig für die Luftfahrtpolitik. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass sich eine prospektive Luftfahrtpolitik nicht nur auf Prognosedaten abstützen darf, sondern stärker mit Handlungsalternativen befassen muss. Solche Handlungsalternativen werden in den entsprechenden Kapiteln des dritten Teils entwickelt.

In Bezug auf die fortschreitende Liberalisierung des europäischen Luftverkehrsmarkts ist anzumerken, dass in gewissen Bereichen immer noch nicht der freie Wettbewerb spielt. So nehmen namentlich Flughäfen sowie Unterhalts- und Abfertigungsbetriebe monopolähnliche Stellungen ein.

15 16

Vgl. NLR (2003), Aviation Safety Management in Switzerland ­ Recovering from the myth of perfection.

ITA 1999. Perspektiven des Luftverkehrs für die Schweiz. Aussichten bis zum Jahr 2020.

1796

1.5.2

Im Besonderen für die Akteure

Allgemein wird davon ausgegangen, dass die seit einigen Jahren stattfindende Konsolidierung der Luftverkehrsbranche im liberalisierten europäischen Markt noch nicht abgeschlossen ist. Die Margen sind tief, der Kapitaleinsatz ausserordentlich hoch. Der Abbau von Überkapazitäten könnte dazu führen, dass die grossen europäischen Luftfahrtunternehmen mit den Drehkreuzen in London, Paris und Frankfurt ihre Marktstellung weiter ausbauen, während die kleineren Unternehmen sich auf den Europaverkehr konzentrieren und nur noch jene Langstreckenverbindungen anbieten werden, die im Rahmen einer Allianz als profitabel akzeptiert sind. Umfassende Strukturveränderungen wie die erst kürzlich vorgenommene Fusion von Air France und KLM sowie die Schliessung unrentabler Gesellschaften werden nach verbreiteter Ansicht den Luftverkehrsmarkt auch in den nächsten Jahren prägen.

Demnach wird die fortschreitende Segmentierung des Marktes insbesondere Low Cost Carriers erlauben, ihre Präsenz im europäischen Markt weiter auszubauen.

Aber auch die Flughäfen passen sich den neuen Verhältnissen an. Bereits heute ist festzustellen, dass diese teilweise ihre von Überkapazitäten geprägte Infrastruktur auch Unternehmen anbieten, die nicht unmittelbar mit der Luftfahrt verbunden sind.

Ferner unternehmen Flughäfen grosse Anstrengungen, um mit einem differenzierten Gebührenwesen für bestimmte Fluggesellschaften attraktiv zu werden.

Die europäische Flugsicherungsbehörde ist derzeit daran, grössere und damit auch wirtschaftliche Flugsicherungsräume ­ so genannte funktionale Lufttraumblöcke ­ auszuscheiden. Damit werden nationale Flugsicherungsinteressen zunehmend zurückgedrängt; nur eine enge Zusammenarbeit der einzelnen Flugsicherungsunternehmen kann auf längere Sicht zum Erfolg führen. Schliesslich ist festzustellen, dass die Ausbildung des Luftfahrtpersonals sowie die Anforderungen an die luftfahrttechnischen Unternehmen wie Unterhalts- und Herstellerbetriebe zunehmend durch europaweit einheitliche Standards geprägt werden.

1.6

Konsequenzen für den Staat

Die Aufgaben des Staats müssen sich den veränderten Verhältnissen in der Zivilluftfahrt anpassen. Globalisierung und Liberalisierung erfordern andere Strategien als dies in Zeiten der Monopole und Preiskontrollen der Fall war.

Die Liberalisierung des Luftverkehrs und der Preiszerfall stellen neue Anforderungen an die Aufsichtsbehörden, insbesondere bezüglich Sicherheit in der Luftfahrt. Es kann künftig nicht mehr einfach davon ausgegangen werden, dass die unter grossem Marktdruck stehende Industrie einen hohen Sicherheitsstandard eigenverantwortlich aufrechterhalten kann und zu bezahlen imstande ist. Dieser Paradigmawechsel führt dazu, dass der Staat vermehrt korrigierend einzuschreiten hat. Aufsichtsbehörden müssen zunehmend die Sicherheitsstandards überwachen und frühzeitig griffige Massnahmen treffen können.

In Bezug auf den Luftverkehr stellt sich für den Bundesrat überdies die Frage, ob und wie die Schweiz mit dem Ausland (internationaler Luftverkehr) bzw. innerhalb des Landes (Binnenluftverkehr) verbunden sein muss. Konkret ist zu prüfen, ob die Schweiz über eine Mindestversorgung mit Luftverkehrslinien im Sinne eines Service public verfügen soll. Aber auch die Luftfahrtindustrie stellt Anforderungen an den

1797

Staat. Er ­ nicht die Industrie ­ soll für die seit den Anschlägen vom 11. September 2001 massiv angestiegenen Sicherheitskosten aufkommen.

Nach den Erfahrungen bei der Auseinandersetzung um den Betrieb des Flughafens Zürich stellen sich für den Bundesrat Fragen bezüglich der bisher den Kantonen übertragenen Trägerschaft und Finanzierung der schweizerischen Landesflughäfen.

Sämtliche Schweizer Landesflughäfen (wie auch wichtige Regionalflughäfen wie St. Gallen-Altenrhein und Lugano-Agno) liegen in unmittelbarer Nähe zum angrenzenden Ausland. Sie sind für einen reibungslosen Betrieb auf die enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten angewiesen.

In Bezug auf die schweizerische Flugsicherungsgesellschaft Skyguide ist der Bundesrat mit dem Problem konfrontiert, dass diese im internationalen Vergleich zu den teuersten zählt. Ferner hat der Bundesrat die strategische Frage zu entscheiden, ob und inwieweit er die Rahmenbedingungen für eine Beteiligung der schweizerischen Flugsicherung auf europäischer Stufe schaffen will.

In Bezug auf die internationale Einbindung stellt sich die Frage, ob die bisherige Politik fortzuführen sei. Die Schweiz muss an den Entwicklungen teilhaben können, sonst drohen ihr gravierende wirtschaftliche, soziale und umweltpolitische Nachteile. Die weltweite Harmonisierung des Luftrechts sowie eine angemessene Anbindung der Schweiz an Europa und an die wichtigsten Weltmärkte bilden Grundlagen für die künftige Strategie des Bundesrats. Wegen der beschränkten Ressourcen muss der Bundesrat hier entscheiden, in welchen Gremien er sich schwergewichtig engagieren will.

Diskutiert werden muss auch der Umgang mit dem Verfassungsgrundsatz der Nachhaltigkeit: Welche Massstäbe soll der Bundesrat (im Bestreben, die Anbindung der Schweiz an Europa und die wichtigsten Wirtschaftszentren der Welt sicher zu stellen) im Konfliktfall zwischen den Anliegen des Umweltschutzes, den Bedürfnissen der Gesellschaft und der Wirtschaft anwenden? Und bis zu welchem Umfang ist er bereit, negative Konsequenzen in Kauf zu nehmen?

1.7

Handlungsmöglichkeiten des Bundesrats

Die obigen Ausführungen zeigen, dass der Bundesrat zwar auf eine jahrzehntelange, mehrheitlich geradlinige Luftfahrtpolitik zurückblicken kann. Diese basierte auf einer engen internationalen Verflechtung und auf einer punktuellen Förderung der Zivilluftfahrt. Wirtschaftliche, soziale und umweltpolitische Änderungen in den letzten Jahren zwingen den Bundesrat nun aber, seine bisherige Politik zu hinterfragen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Die Handlungsmöglichkeiten für die Festlegung einer neuen Luftfahrtpolitik sind allerdings beschränkt. Die internationalen Rahmenbedingungen bestimmen die bundesrätliche Luftfahrtpolitik. Es gibt heute praktisch keinen Bereich, der ausschliesslich durch nationale Regelungen und Lösungsansätze bestimmt werden könnte. Unabhängige Luftfahrtpolitik und eigenständige, nationale Regelungen kommen nur noch dort zum Tragen, wo internationale Organisationen den nationalen Behörden Regelungsbereiche oder Ermessensspielräume überlassen.

Beschränkt sind die Handlungsmöglichkeiten des Bundesrats vor allem auch deshalb, weil zumindest der europäische Luftverkehrsmarkt weitgehend liberalisiert und der schweizerische Luftverkehr Teil eines globalisierten Markts ist.

1798

Aufgrund dieser Ausgangslage ist der Bundesrat vermehrt gefordert, die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Interessen der Schweiz durch eine gezielte Zusammenarbeit mit anderen Staaten sowie konstruktive Vorschläge in den zuständigen internationalen Gremien auf europäischer und globaler Ebene einzubringen.

Im Folgenden gilt es zu prüfen, welche Gestaltungsmöglichkeiten dem Bundesrat für seine Luftfahrtpolitik unter Berücksichtigung der oben erwähnten Beschränkungen bleiben und wie diese allenfalls genutzt werden können. Die Handlungsspielräume und Strategien werden dann in Leitsätzen festgehalten, welche gegebenenfalls von Umsetzungsmassnahmen gefolgt werden.

2

Nachhaltige Entwicklung der Luftfahrt

2.1

Allgemeines

Der Bundesrat erklärte in seinem Bericht «Strategie zur nachhaltigen Entwicklung» aus dem Jahr 2002 die nachhaltige Entwicklung zu einem Ziel seiner Regierungspolitik. Diese Strategie hat sowohl Eingang in der Bundesverfassung als auch in der Legislaturplanung gefunden.

Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, welche die heutigen Bedürfnisse zu decken vermag, ohne künftigen Generationen die Möglichkeit zu schmälern, ihre eigenen Bedürfnisse zu decken.17 Nachhaltigkeit besteht aus drei Schlüsselfaktoren: der wirtschaftlichen Effizienz, der gesellschaftlichen Solidarität und dem Schutz der natürlichen Umwelt. Mobilitätsbedürfnisse nachhaltig bewältigen bedeutet demnach, dass ­

die Mobilitätsbedürfnisse volkswirtschaftlich möglichst effizient befriedigt werden und die Kosten für den Staat tragbar bleiben (wirtschaftliche Leistungsfähigkeit);

­

alle Bevölkerungsgruppen und Landesteile Zugang zur Mobilität haben (gesellschaftliche Solidarität);

­

die erforderliche Mobilität möglichst umweltgerecht bewältigt wird und diese Mobilität nicht zulasten der Umwelt und der von Lärm und anderen Immissionen betroffenen Menschen unbeschränkt zunimmt (ökologische Verantwortung).

Eine nachhaltige Entwicklung der Luftfahrt hat sich an diesen Zielvorgaben zu orientieren. Von grundlegender Bedeutung ist dabei, dass sich diese Sichtweise nicht einseitig auf eine der drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung ausrichtet, sondern stets alle drei Dimensionen ­ Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt ­ ausgewogen einbezogen werden.

17

Brundtland-Kommission 1987, zitiert aus World Commission on Environnement and Development, 1987.

1799

2.2

Sicherheit als oberstes Gebot

Unter Sicherheit wird einerseits die technisch und operationelle Zuverlässigkeit (= Safety) und andererseits der Schutz vor widerrechtlichen Handlungen, namentlich vor Terroranschlägen und Entführungen (= Security), verstanden.

Die Sicherheit betrifft nicht nur eine Dimension der nachhaltigen Entwicklung. Sie ist ein wichtiger Aspekt sowohl für die soziale, als auch die wirtschaftliche und die ökologische Nachhaltigkeit.

2.2.1

Safety

Bezug zur Luftfahrtpolitik Die Gewährleistung eines hohen Sicherheitsstandards ist Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der Luftfahrtpolitik, die Funktionstüchtigkeit des Verkehrsystems und die Prosperität der Marktteilnehmer.

Systemgrenzen Die Sicherheit betrifft alle Elemente der zivilen Luftfahrt: die Flugoperationen, die Flugsicherung, den Flugwetterdienst, die Flughäfen sowie die technischen Betriebe des Luftfahrzeugbaus und ­unterhalts. Im Zusammenhang mit der Systemabgrenzung sind die Nahtstellen zur militärischen Luftfahrt und zu den benachbarten Flugsicherungsbetrieben sowie zum Flugwetterdienst von besonderer Bedeutung.

Ziel der Luftfahrtsicherheitspolitik Die Erwartungshaltung von Benützern und Betroffenen der Luftfahrt verlangt, dass trotz steigendem Verkehrsvolumen die absolute Zahl der Unfälle und schweren Zwischenfälle nicht steigt. Das kommt mittelfristig einer weiteren Reduktion der Raten gleich und verlangt ein entsprechendes Sicherheitssystem und grosse Anstrengungen.

Insgesamt strebt die Schweiz einen im europäischen Vergleich hoch stehenden Sicherheitsstandard an.

Übergeordnete Behörden Das schweizerische Luftfahrtsystem weist bei vergleichsweise kleinem Verkehrsvolumen die ganze Komplexität der grossen europäischen Systeme auf. Gleichzeitig hängen das erreichbare Sicherheitsniveau und der Erfolg dieses grenzüberschreitenden Verkehrssystems von der Weiterentwicklung der international geltenden Normen ab. Der Standardisierungseinfluss der internationalen Behörden ICAO, besonders aber der EASA, wächst. Dagegen scheint die Zukunft der JAA ungewiss. Diese Aspekte machen eine möglichst umfassende Partizipation der Schweiz bei der EASA, namentlich in Bezug auf die Teilnahme der Schweiz in Kommissionen und beim Management Board, erforderlich. Die EU-Kommission hat der Schweiz bereits entsprechende Mitwirkungsrechte zugesichert.

Die Umsetzung und Vervollständigung der internationalen Standards in den nationalen Rechtsgrundlagen, die branchenspezifische Grundausbildung, die Sicherheitskul-

1800

tur und damit die Handhabung der Standards und Empfehlungen der ICAO18 bleiben jedoch in nationaler Verantwortung. Dies ist insbesondere in der Übergangsphase bis zur vollen und flächendeckenden Funktionstüchtigkeit der EASA von Bedeutung.

Anerkannte Regeln der Technik / Stand der Technik (best practice) Die konsequente Einhaltung der geltenden internationalen und ergänzenden nationalen Rechtsgrundlagen bietet Gewähr dafür, dass alle in der Zivilluftfahrt tätigen Unternehmen ein bestimmtes Mindestmass an Sicherheit einhalten. Diese Rechtsgrundlagen beinhalten Sicherheitsstandards, welche sich bereits in der Praxis bewährt haben (Anerkannte Regeln der Technik). In der Luftfahrt werden diese Sicherheitsstandards zumeist in internationalen Regelungen wie in den ICAO Standards festgehalten.

Ein höheres Mass an Sicherheit wird durch Normen gewährleistet, die dem so genannten Stand der Technik (best practice) entsprechen. Diese Normen, häufig auch als Empfehlungen oder Recommendations bezeichnet, basieren auf gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik und sind für die Mehrheit der in der Zivilluftfahrt tätigen Unternehmen wirtschaftlich tragbar. Sofern es sachlich angezeigt ist und der Gesetzgeber einen Spielraum lässt, sind im Hinblick auf eine Optimierung der schweizerischen Luftfahrtsicherheit Normen zu definieren bzw. anzuwenden, die über die anerkannten Regeln der Technik hinausgehen und den aktuellen Stand der Technik (best practice) widerspiegeln. Eine Erhöhung des Sicherheitsstandards hat längerfristig einen Imagegewinn und damit einen Konkurrenzvorteil der schweizerischen Luftfahrtunternehmen im Vergleich zu ihrer ausländischen Konkurrenz zur Folge. Der Bundesrat ist sich aber auch bewusst, dass eine einseitige Erhöhung des Sicherheitsstandards und die damit verbundene Kostenerhöhung in Einzelfällen zu einer Benachteiligung führen können. Er nimmt dies jedoch als Preis für einen höheren Sicherheitsstandard in Kauf.

Die Akteure stehen im Mittelpunkt Luftfahrtsicherheit ist in besonderem Mass eine Frage von Werten, Haltung und Qualifikation der Akteure (so genannte Sicherheitskultur). Rechtsgrundlagen standardisieren und reduzieren die Komplexität des Systems. Sie ersetzen aber in keiner Weise die besondere Bedeutung von Rekrutierung und Ausbildung aller Akteure.

Die allgemein
formulierten Rechtsvorgaben müssen von den Akteuren auf ihre jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten und umgesetzt werden. Vor dem Hintergrund der durch die Liberalisierung segmentierten Luftfahrtbranche kommt deshalb auch einer zentral gesteuerten Grund- und Weiterbildung entscheidende Bedeutung zu.

Ein branchenweites Lizenzierungssystem für alle sicherheitsrelevanten Arbeiten in den Bereichen Technik, Betrieb und Unterhalt sowie Ausbildung dient als Instrument zur laufenden Sicherstellung der geforderten Minimalqualifikation.

Die Einführung eines straflosen Meldesystems ermöglicht die Aufarbeitung verborgener Systemmängel und erleichtert die Wahrnehmung individueller Verantwortung der Fachkräfte. Hingegen kann ein solches System nicht ohne weiteres ins schweizerische Recht eingeführt werden. Zu berücksichtigen ist insbesondere der Grundsatz der Rechtsgleichheit.

18

Standards and Recommended Practices; verpflichtende Standards und Empfehlungen der ICAO.

1801

2.2.2

Security

Ziel der Security Strategie ist die Gewährleistung eines möglichst hohen Schutzes von Fluggästen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Luftfahrtindustrie sowie von Sachen und Personen am Boden vor widerrechtlichen Handlungen, insbesondere vor Terroranschlägen und Entführungen. Aufgrund des internationalen Wesens der Luftfahrt ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Staaten zwingend.

Um weltweit einheitliche Standards bei den Security Massnahmen in der Zivilluftfahrt zu erreichen, hat die ICAO schon im Jahr 1974 im Anhang 17 der Chicago Konvention Mindestanforderungen definiert, die von den Mitgliedstaaten eingehalten werden müssen. Auf europäischer Ebene hat die ECAC diese Forderungen im Dokument 30, einem erschöpfenden Massnahmenkatalog, konkretisiert und ergänzt.19 Die Terroranschläge des 11. Septembers 2001 in den USA haben erstmals gezeigt, dass der Luftverkehr zu einem äusserst effektiven Mittel für Attentate mit verheerenden Ausmassen missbraucht werden kann. Als unmittelbare Reaktion wurden die Security Anforderungen umfassend überarbeitet und die Rechtsgrundlagen verschärft. Die Kontrolle und Überwachung des aufgegebenen Gepäcks sowie die Anforderungen hinsichtlich der Zugänglichkeit zum Cockpit wurden verschärft und die fachliche Ausbildung von Besatzungen sowie die Qualitätskontrolle für die durchgeführten Security Massnahmen verbessert.

Die geänderten Standards und Empfehlungen der ICAO sind per 1. Juli 2002 in Kraft getreten und seither mehrmals überarbeitet worden. Zudem ist nach dem 11. September 2001 erstmals auch die EU aktiv geworden. In einer Verordnung zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Security in der Zivilluftfahrt hat das Europäische Parlament verbindliche Rahmenbedingungen für die Einführung einheitlicher Security Massnahmen festgelegt. Damit gilt für das gesamte Gebiet der EU ein einheitlich hoher Security Standard, der aufgrund eines Aufsichtsprogramms auch durchgesetzt wird.

2.3

Wirtschaftliche Bedeutung der Zivilluftfahrt

Mit der zunehmenden Globalisierung wird die Erreichbarkeit eines Standortes zu einem immer relevanteren Faktor für dessen wirtschaftliche Entwicklung. Die Erreichbarkeit bestimmt, in welchem Umfang die entsprechende Region am wirtschaftlichen Wachstumsprozess teilhaben kann. Eine optimale Anbindung stellt eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung der Schweiz dar. Neben den Verkehrsträgern Schiene und Strasse bieten insbesondere attraktive Luftverkehrsverbindungen die Voraussetzung für eine prosperierende und nachhaltig wachsende Volkswirtschaft. Der rasche Transport von Personen und Gütern über weite Distanzen ermöglicht der Wirtschaft die Ausdehnung ihrer Absatz- und Arbeitsmärkte, führt zu einer Intensivierung des Binnenwettbewerbs, macht die Schweiz als Standort für in- und ausländische Unternehmen attraktiv und fördert den für die Schweiz wichtigen Tourismus.

19

ECAC, Doc N. 30, Part II, Security, 11th Edition, July 2003.

1802

Die Luftfahrt ist sowohl ein Element der Aussenwirtschaftspolitik als auch ein zentraler Standortfaktor. Die Zahl der in der Luftfahrt Beschäftigten unterstreicht die volkswirtschaftliche Bedeutung der Luftfahrt für die Schweiz. Die Zivilluftfahrt bietet heute insgesamt 150 000 Personen einen Arbeitsplatz (die Pharmaindustrie ca.

70 000, die Maschinenindustrie ca. 100 000).

Eine zentrale Bedeutung hat der Luftverkehr für den Tourismus. Dieser generierte im Jahr 2003 Gesamteinnahmen von 22,2 Milliarden Franken. Davon wurden 56,8 % (12,6 Mia. Fr.) mit Gästen aus dem Ausland erwirtschaftet, von denen ca.

35 % per Flugzeug in die Schweiz gereist waren.20 Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Raumentwicklung unternimmt eine in der Schweiz wohnhafte Person pro Jahr durchschnittlich 0,87 Flugreisen.21 Über 90 % dieser Flugreisen sind Privatreisen, die überwiegend Feriencharakter haben. Hauptdestinationen sind mit 70 % die europäischen Länder, gefolgt von Asien (7,9 %), Nordamerika (7 %) und Afrika (5 %).22 In Europa befinden sich die Wirtschaftszentren mit grossen Flughafen-Drehkreuzen, namentlich Frankfurt, Amsterdam und London, an der Spitze der interkontinentalen und interregionalen Erreichbarkeit. Gemäss der Studie der BAK Basel Economics ist die Schweiz vor allem dank des Flughafens Zürich überdurchschnittlich gut in die Internationalen und interregionalen Verkehrsnetze integriert. Nutzniesserin dieser hohen Erreichbarkeit ist in erster Linie die Region Zürich.23 Weil sich die Marktverhältnisse ständig ändern, ist es nicht möglich, in diesem Bericht eine abschliessende, dauerhaft gültige Liste der Luftverkehrslinien mit hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung aufzustellen. Die Wichtigkeit kann lediglich qualitativ beschrieben werden.

Von grosser Bedeutung sind Direktverbindungen zu den europäischen Wirtschaftszentren24 und zu den wichtigsten interkontinentalen Metropolen. Es ist aber auch festzustellen, dass auf Interkontinentalstrecken von vielen Schweizer Unternehmen das Umsteigen und ein damit verbundener Zeitverlust in Kauf genommen werden, wenn sich damit signifikante Kosteneinsparungen erzielen lassen.25 Das Streckennetz der SWISS, aber auch andere Luftverkehrsgesellschaften verbinden die Schweiz direkt sowohl mit Europa als auch auf interkontinentaler Ebene.

Die interkontinentale Anbindung
wird ausserdem über die grossen europäischen Drehkreuze (London, Paris, Amsterdam, Frankfurt etc.) sichergestellt. Offen bleibt, ob bei einer weiteren Ausdünnung des SWISS Streckennetzes andere Luftverkehrsbetriebe die aufgegebenen Verbindungen übernehmen würden. Es ist davon auszugehen, dass wirtschaftlich attraktive Strecken weiterhin von anderen Airlines angeboten würden. Die übrigen Destinationen müssten über die grossen europäischen Hubs erschlossen werden.

20 21 22 23

24 25

Quelle: Bundesamt für Statistik.

Vgl. Mikrozensus Verkehrsverhalten 2000.

Vgl. auch Abbildung 4.

«Die internationale Verkehrsanbindung der Schweiz in Gefahr? Volkswirtschaftliche Beurteilung der Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandortes Schweiz und seiner Regionen», BAK Basel Economics, Mai 2004, Seite 12 ff.

SIAA (2003) Seite 37.

SIAA (2003) Seite 49.

1803

Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Flughäfen Zürich, Genf, Basel, Bern-Belp, Lugano-Agno und St.Gallen-Alternrhein wurde in einer Studie anhand deren Wertschöpfung26 errechnet. Gemäss dieser Studie resultierte im Jahr 2002 eine Gesamtwertschöpfung der sechs untersuchten Flughäfen von 20 Milliarden Franken mit 154 000 Beschäftigten. Von dieser Wertschöpfung profitieren insbesondere die flughafennahen Regionen.27 Tabelle 1 Die volkswirtschaftliche Bedeutung der 6 betrachteten Flughäfen (2002) Effekt

Wertschöpfung in Mia Fr. und %

Direkt1 Indirekt2 Induziert3 Katalytisch4 Total

Beschäftigung in 1000 und %

4.3 1.4 8.1 6.2

(21,5 %) (7 %) (40,5 %) (31 %)

29.8 11.3 64.1 48.9

(19 %) (7 %) (42 %) (32 %)

20.0

(100 %)

154.1

(100 %)

1

Die direkten Effekte setzen sich aus den Aktivitäten zusammen, die direkt auf dem Flughafengelände stattfinden.

Die indirekten Effekte entsprechen den Aktivitäten der Vorleister für die Flughafenaktivitäten.

3 Die induzierten Effekte ergeben sich aus den Multiplikatoreffekten der Ausgaben der direkt und indirekt Beschäftigen und der Weiterverwendung der Gewinne.

4 Die katalytischen Effekte ergeben sich über die bessere Erreichbarkeit ­ Bevölkerung und Wirtschaft profitieren von guten Verkehrsverbindungen.

2

Die ICAO geht davon aus, dass ein in der Luftfahrt erzielter Umsatz von 100 $ eine Nachfrage im Wert von 325 $ auslöst. 100 Arbeitsplätze in der Luftfahrt generieren in den übrigen Wirtschaftszweigen insgesamt 610 Arbeitsplätze.28 Untersucht wurde auch der Beitrag der Luftfahrt zu Konjunktur und Beschäftigung in Europa. Demnach schaffen eine Million Fluggäste pro Jahr durchschnittlich 950 Arbeitsplätze in Firmen, die Leistungen für den Betrieb des Flughafens erbringen.29 Beim Flughafen Zürich liegt das Verhältnis von Passagieraufkommen und Arbeitsplätzen über dem in dieser Studie genannten Durchschnittswert: Ein Passagierrückgang von 22.3 Millionen (Jahr 2000) auf 17 Millionen (Jahr 2003) hatte einen Abbau von 6300 Vollzeit- und 1500 bis 2000 Teilzeitstellen zur Folge.30 Das BAZL hat das Verkehrsverhalten der Passagiere, den Lokal- und Transfermarkt sowie die Marktanteile der schweizerischen und ausländischen Fluggesellschaften genauer untersucht. Auf der Basis der Ziel-Quelldaten der Luftverkehrsstatistik wurden die Zieldestinationen der Passagiere beim Abflug aus der Schweiz nach Lokal- und Transferpassagieren ermittelt und nach Fluggesellschaften für die Jahre 1999 bis 2003 ausgewertet.

26 27 28 29 30

Die Wertschöpfung ist definiert als Umsatz abzüglich der Vorleistungen. Mit diesem Indikator können Doppelzählungen vermieden werden.

Swiss International Airport Association (SIAA), Volkswirtschaftliche Bedeutung der Schweizerischen Landesflughäfen, Synthesebericht, Zürich/Bern 2. Juni 2003.

ICAO Journal, Ausgabe 8 (2003), Seite 18.

York Aviation study: «The social and economic impact of airports in Europe» (2004).

NZZ vom 27.4.2004, Flugverkehr schafft Arbeitsplätze.

1804

Drei viertel aller Passagiere wählten beim Abflug aus der Schweiz als Reiseziel eine Destination in Europa. Der Lokalmarkt nach europäischen Destinationen war in den letzten Jahren trotz des Einbruchs im Luftfahrtsektor relativ konstant (minus 4 % im Jahr 2003 gegenüber 2000). Der Flughafen Genf konnte sich auf diesem Markt sogar verbessern (plus 6 % im Jahr 2003 gegenüber 2000). Während die schweizerischen Fluggesellschaften im Jahr 1999 mit einem Anteil von über 55 % den europäischen Markt noch beherrscht hatten, fiel der entsprechende Anteil im Jahr 2003 auf 43 % zurück. Das heisst, dass heute mehrheitlich ausländische Unternehmen Passagiere aus der Schweiz ins europäische Ausland befördern.

Im interkontinentalen Flugreisemarkt haben seit dem Rekordjahr 2000 die Passagierzahlen für alle Destinationen teilweise stark abgenommen. Den grössten Rückgang hat Nordamerika mit einer Abnahme von bis zu 43 % zu verzeichnen. Weiter ist festzuhalten, dass seit dem Jahr 2001 erstmals mehr nach Asien als nach Nordamerika geflogen wird.

Im Interkontinentalverkehr beherrschen ausländische Fluggesellschaften den Schweizer Markt immer mehr. Im Jahr 2003 flogen 66 % der Fluggäste von der Schweiz aus (Lokalpassagiere) mit ausländischen Gesellschaften nach Interkontinentaldestinationen. Im Jahr 1999 hatte dieser Anteil ausländischer Gesellschaften erst 54 % betragen. Der Marktanteil schweizerischer Fluggesellschaften an sämtlichen Interkontinentalreisen (Lokal- und Transferpassagiere) betrug im Jahr 2003 51 %. Im Jahr 2000 hatte dieser Anteil noch gut 60 % betragen. Damit ist festzustellen, dass in der Schweiz nicht nur der Europaverkehr, sondern zunehmend auch der Interkontinentalverkehr von ausländischen Fluggesellschaften dominiert wird.

Abbildung 3 Vergleich Marktanteil der schweizerischen und ausländischen Unternehmen am Lokalmarkt Schweiz-Europa (1999 bis 2003)

Passagiere in Taus end

Lokalm arkt Schw e iz-E uropa nach Gese llschaft 6 000 5 000 4 000 3 000 2 000 1 000 0 1999

20 00

2001 schweiz.

2002

20 03

ausl.

1805

Abbildung 4 Entwicklung der Abflüge aus der Schweiz nach Kontinente (1999 bis 2003) Schweiz: Abflüge nach Kontinenten

Passagiere in Tausend

14'000 12'000 10'000 8'000 6'000 4'000 2'000 0 1999

2'000 Europa

2'001 Nordamerika

2'002 Asien

2'003

übrige

Schliesslich ist festzustellen, dass sich der Anteil an Transferpassagieren nach dem Rekordjahr 2000 wieder jenem Verhältnis annähert, das er vor 1999 noch innehatte.

Dieser Anteil hatte gesamtschweizerisch 15 bis 20 %, auf dem Flughafen Zürich rund 30 % betragen.

Abbildung 5 Entwicklung des Schweizer Lokal- und Transferverkehrs (1997 bis 2003)

Zürich: Passagiere am Abflug

Passagiere in Tausend

7000 6000 45%

43%

5000 36%

43%

40%

38%

4000 34%

3000 2000 1000 0 1997

1998

1999

2000

Lokal

1806

2001

Transfer

2002

2003

Neben der Passagierbeförderung stellt die Luftfracht einen wichtigen Teil der schweizerischen Luftfahrt dar. In der Schweiz werden jährlich Güter im Gesamtwert von 41,7 Milliarden Franken (30 % des exportierten Gesamtwerts) per Luftfracht transportiert. Dieser Transport erfolgt zu einem kleineren Teil durch Mittel-, vor allem aber durch Langstreckenflugzeuge. Passagierflugzeuge können teilweise nur wegen der Zusatzerträge aus der Frachtbeförderung kostendeckend betrieben werden. Eine prosperierende schweizerische Luftfracht ist deshalb auf zumindest eine Luftfahrtgesellschaft angewiesen, die aus der Schweiz ein Langstreckennetz betreibt. Die Flottenreduktion der SWISS hat auch einen erheblichen Kapazitätsrückgang für die Luftfrachtbeförderung bewirkt. Die schweizerischen Luftfrachtbeförderer wurden gezwungen, in vermehrtem Mass ausländische Drehkreuze wie Frankfurt, Paris, Amsterdam, Mailand oder Luxemburg zu benutzen, was sich wiederum negativ auf die Wertschöpfung im Inland ausgewirkt hat.

Im Bereich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist das Ziel, ein gutes Verhältnis zwischen direkten Kosten und Nutzen zu schaffen, die indirekten wirtschaftlichen Wirkungen zu optimieren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu fördern.

Konkret sollen ­

die Eigenwirtschaftlichkeit des Luftverkehrs erhöht,

­

die direkten Kosten im Betrieb und bei geplanten Vorhaben minimiert (Gesamtkostenrechnung Verkehrsträger) und der direkte Nutzen maximiert (z.B. Zeitgewinne, Reisekosteneinsparungen),

­

die Erreichbarkeit als Teil der Standortattraktivität verbessert,

­

eine regional ausgeglichene wirtschaftliche Entwicklung unterstützt,

­

eine gute Erreichbarkeit der wichtigen europäischen und interkontinentalen Zentren sichergestellt31 und

­

die Rahmenbedingungen für leistungsfähige, sichere und effiziente Luftfahrt Infrastrukturen am Boden und in der Luft sowie ein wettbewerbsfähiges Luftfahrt Ausbildungssystem geschaffen werden.

2.4

Ökologische Dimension der nachhaltigen Entwicklung

Die aktuellen Prognosen gehen weiterhin von einem deutlichen Wachstum des weltweiten Luftverkehrs, mit zunehmend schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, aus. Dies hat verschiedene Aktivitäten auf europäischer (EU, ECAC/Ancat) und weltweiter (ICAO/CAEP) Ebene hervorgerufen. Im Zentrum stehen eine Reduktion der Lärmbelastung (ausgeglichener Ansatz, «Balanced

31

Bei Reisezeiten bis vier Bahnstunden (Geschäftsverkehr) und bis acht Bahnstunden (Freizeit- und Nachtverkehr) kann mittel- bis längerfristig mit einer Verlagerung des Verkehrs zwischen den europäischen Zentren auf die Bahn gerechnet werden (vgl. SIL IIIB-8).

1807

Approach»32) und der Schadstoffemissionen sowie die Frage, wie der Luftverkehr zu den internationalen Klimazielen beitragen kann. Die Emissionen des internationalen Luftverkehrs sind von den Kyoto-Zielen vorerst noch ausgeschlossen. Auf Stufe ECAC und ICAO arbeitet die Schweiz massgebend an der Erarbeitung von Lösungsansätzen mit.

Umweltbelastungen sind lokal und regional auf ein langfristig unbedenkliches Niveau zu senken, die Ressourcen sind zu schonen und global ist ein Beitrag zur Senkung der atmosphärischen Umweltbelastung zu leisten. Aus dem Vorsorgeprinzip lassen sich folgende Aufgaben ableiten:

32

­

Die durch den Flugbetrieb verursachten Lärmbelastungen werden reduziert und mit der Raumplanung abgestimmt. Die Lärmbelastungsgrenzwerte sind einzuhalten. Erleichterungen der Lärmbelastungsgrenzwerte sind nur nach einer umfassenden Interessenabwägung und nur bei Flugplätzen mit öffentlichem Luftverkehr (Linienverkehr) zu gewähren.

­

Die durch den Luftverkehr verursachten Schadstoffemissionen (Stickoxide NOx, Feinpartikel PM10 und sämtliche weiteren schädlichen Stoffe, insbesondere Kohlenwasserstoffe VOC und Kohlenmonoxid CO) sowie die nicht ionisierenden Strahlungen (NIS) sind zu reduzieren.

­

Die durch die Infrastruktur verursachte Bodenversiegelung sowie die Beeinträchtigung der Landschaften, Lebensräume und Gewässer sind zu minimieren.

­

Der Schutz der Umwelt bei der Planung von Bauten und Anlagen sowie beim Betrieb von Luftfahrtanlagen ist von Beginn an und umfassend zu berücksichtigen.

­

Luftfahrtseitig nicht genutzte Flächen sind in Flugplatzarealen ­ unter Vorbehalt der luftfahrtspezifischen Sicherheitsvorschriften und der Ausbauerfordernisse ­ ökologisch aufzuwerten.

­

Die luftfahrtspezifische und auf eine nachhaltige Verkehrspolitik ausgerichtete Forschung und Entwicklung ist im Rahmen der von Bundesrat und Parlament bewilligten Ressourcen zu fördern.

­

Der Verbrauch nicht erneuerbarer Energieträger ist zu senken und die Energieeffizienz zu fördern.

2004 hat die ICAO das Konzept des «Balanced Approach» als das massgebliche Kriterium zur Begrenzung und Verringerung der Anzahl durch Flugverkehrslärm betroffenen Leute bestimmt verabschiedet. Dieser Ansatz bietet die Möglichkeit, für einzelne Flughäfen spezifische Lösungen zu erarbeiten. Der balanced approach berücksichtigt vier, weitgehend unabhängig voneinander festsetzbare Elemente zur Verminderung der Lärmbelastung. Dies sind: Lärmreduzierung an der Quelle, Raumplanung rund um Flughäfen, lärmmindernde Flugverfahren und lokale Flugeinschränkungen.

1808

­

Die Verpflichtungen der Schweiz aus Klimakonvention und KyotoProtokollen33 (Reduktion der Emission von CO2) sind zu erfüllen.

­

Zum Schutz der Landschaft vor Lärmimmissionen durch die Luftfahrt, besonders im Gebirge, sind einzelne Ruhezonen in Anwendung von Artikel 8 Absatz 4 LFG und LKS Sachziel 6D auszuscheiden.

2.5

Schlussfolgerungen für die Luftfahrtpolitik

Aus den Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung ergeben sich somit für die Luftfahrtpolitik die folgenden Aufgaben:

33

­

Sicherheit der Luftfahrt: Sie betrifft alle Elemente der zivilen Luftfahrt: die Flugoperationen, die Flugsicherung, den Flugwetterdienst, die Flughäfen sowie die technischen Betriebe des Luftfahrzeugbaus und -unterhalts. Insgesamt strebt die Schweiz im europäischen Vergleich einen hoch stehenden Sicherheitsstandard an.

­

Koordinierte Verkehrspolitik: Die einzelnen Verkehrsträger sollen nach ihren komparativen Vorteilen eingesetzt und sinnvoll miteinander verknüpft werden. Die Luftfahrtpolitik soll auf die Raumordnungspolitik abgestimmt und es soll eine systematische Vorsorge zur Konfliktvermeidung betrieben werden.

­

Optimierte Luftfahrtinfrastruktur: Die technischen Möglichkeiten zur Optimierung der Infrastruktur und der Luftfahrzeuge sollen ausgeschöpft werden. Die für einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Schweiz notwendige Luftfahrtinfrastruktur soll die Mobilitätsbedürfnisse möglichst effizient und umweltschonend abdecken. Dabei hat die optimale Nutzung der vorhandenen Infrastrukturen Vorrang vor dem Bau neuer Anlagen.

­

Der Luftverkehr ist ein Element zur Anbindung der Schweiz an die europäischen Zentren. Er ist als Ergänzung zum Ausbau der Hochgeschwindigkeitszüge (HGV) in Europa zu betrachten. Die Flughäfen Zürich und Genf sind an das nationale und somit an das internationale Schienennetz angeschlossen. Mit den FinöV-Projekten NEAT sowie BAHN 2000 wird die AnbinDie Klimakonvention wurde 1991 verabschiedet und 1993 durch die Schweiz ratifiziert.

Sie bezweckt die Stabilisierung der Konzentration der Treibhausgase und der Atmosphäre auf einem Niveau, das eine gefährliche Störung des Klimasystems verhindert (Art. 2). Sie verpflichtet die Vertragsstaaten zur Entwicklung, Anwendung und Verbreitung von Technologien, Methoden und Verfahren zur Bekämpfung, Verringerung oder Verhinderung anthropogener Emissionen von Treibhausgasen in allen wichtigen Bereichen, einschliesslich dem Verkehrssektor (Art. 4.1c).

Das Protokoll von Kyoto wurde 1997 im Rahmen der Klimakonvention verabschiedet und 2003 von der Schweiz ratifiziert. Es legt Reduktionsziele für TreibhausgasEmissionen für alle Industriestaaten fest. Im Zeitraum 2008­2012 soll erreicht werden, dass der Treibhausgasausstoss der Industriestaaten gegenüber 1990 um mindestens 5 Prozent tiefer liegt (Art. 3.1). Die Schweiz und die EU haben sich zu einer Reduktion um 8 Prozent verpflichtet. Ein grosser Reduktionsbeitrag wird in der Schweiz gemäss den Bestimmungen des CO2-Gesetzes von den freiwilligen Massnahmen der Wirtschaft und des Verkehrs erwartet. Der internationale Luftverkehr ist von dieser Zielsetzung ausgeklammert. Das Kyoto-Protokoll verlangt aber die Fortsetzung der Bemühungen der Vertragsstaaten um die Begrenzung und Reduktion der Emissionen beim Luftverkehr, insbesondere im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrt Organisation (Art. 2.2).

1809

dung der schweizerischen Landesteile verbessert. Daneben sorgt der Luftverkehr für die interkontinentale Anbindung der Schweiz.

­

Abstimmung mit der europäischen Verkehrspolitik: Die schweizerische Luftfahrtpolitik soll mit der europäischen Luftfahrt- und Verkehrspolitik abgestimmt werden. Dies erfordert auch den aktiven Einsatz für eine nachhaltige Verkehrspolitik in Europa.

­

Schutz der natürlichen Umwelt: Umweltbelastungen sind auf ein langfristig unbedenkliches Niveau zu senken und die Ressourcen sind zu schonen.

­

Volkswirtschaftliche Bedeutung: Dem Luftverkehr kommt eine herausragende volkswirtschaftliche Bedeutung zu. Deshalb ist die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrt zu fördern, jedoch ohne neue Bundesbeteiligungen an Fluggesellschaften.

­

Kostenwahrheit: Die Luftfahrt soll sowohl ihre betriebswirtschaftlichen wie ihre externen Kosten selber tragen, damit sich die Nachfrage nach Mobilität an den gesamten volkswirtschaftlichen Kosten orientiert.

­

Öffentlicher Verkehr: Dem Linienverkehr mit Beförderungs- und Flugplanpflicht kommt gegenüber den anderen Luftverkehrsarten Priorität zu.

­

Gesellschaftliche Solidarität: In diesem Bereich ist es das Ziel, eine angemessene Angebundenheit der verschiedenen Landesteile sicherzustellen, die Sicherheit in der Luftfahrt zu erhöhen und den Betroffenen in Fragen des Luftverkehrs Mitwirkungsmöglichkeiten zu gewähren, damit diese an geeigneter Stelle Beschwerden anbringen können. Dies beinhaltet jedoch keinen Anspruch auf eine Gewährleistung der luftfahrtmässigen Angebundenheit aller Landesteile oder Randregionen durch den Bund.

3

Luftfahrtpolitische Ziele und Handlungsschwerpunkte

3.1

Grundsätzliche Aspekte

3.1.1

Ziele

Die Luftfahrtpolitik ist Bestandteil der nationalen Verkehrspolitik. Das übergeordnete Ziel der schweizerischen Verkehrspolitik besteht in der möglichst sicheren und nachhaltigen Abwicklung des Verkehrs. Dazu braucht es leistungsfähige und koordinierte Verkehrsinfrastrukturen, welche zulassen, dass auf denen die einzelnen Verkehrsträger sinnvoll verknüpft und nach ihren komparativen Vorteilen eingesetzt werden. Die schweizerische Verkehrspolitik ist eng auf die europäische abzustimmen. Die Verkehrsträger müssen möglichst eigenwirtschaftlich operieren, unter Anlastung der externen Kosten und unter Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Interesse der landesweiten Grundversorgung.

Im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung der Luftfahrt verfolgt der Bundesrat insbesondere folgende drei Ziele.34

34

Vgl. auch Art. 7 der Organisationsverordnung für das UVEK vom 6. Dezember 1999 (OV-UVEK, SR 172.217.1).

1810

Erstens die Gewährleistung eines hohen Sicherheitsstandards in der schweizerischen Zivilluftfahrt: Infolge verschiedener Unfälle hat das UVEK im Juli 2002 eine unabhängige ausländische Institution damit beauftragt, einen Bericht über das Sicherheitssystem in der schweizerischen Zivilluftfahrt zu erstellen. Der Bericht hat bezüglich der Sicherheit im Luftfahrtsystem Schweiz Handlungsbedarf sowohl bei den Behörden wie auch bei der Industrie aufgedeckt und eine Reihe von Empfehlungen unterbreitet.35 Der Bundesrat strebt einen im europäischen Vergleich hoch stehenden Sicherheitsstandard der schweizerischen Zivilluftfahrt an. Die aus den Empfehlungen des Berichts hervorgegangenen Projekte werden mit grosser Kraft vorangetrieben; erste Massnahmen wurden bereits umgesetzt.

Zweitens die Sicherstellung eines attraktiven und bedarfsgerechten Angebots der schweizerischen Luftfahrt durch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrt: Luftverkehr ist nicht Selbstzweck. Der Luftverkehr ist ein massgeblicher Bestandteil des nationalen Verkehrssystems, bildet eine wichtige Voraussetzung für die Standortattraktivität der Schweiz und stellt einen bedeutenden Volkswirtschaftsfaktor dar. Es liegt im übergeordneten Interesse, die Schweiz ans europäische und aussereuropäische Ausland möglichst optimal anzubinden. Die Sicherstellung der bestmöglichen Erreichbarkeit erfolgt durch die Förderung eines nachfrageorientierten Angebots an Luftfahrtdienstleistungen sowie durch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrtunternehmen. Konkret soll die bedarfsgerechte Anbindung der Schweiz an europäische und interkontinentale Zentren sichergestellt werden. Das Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist der Luftverkehr.

Drittens die Sicherstellung einer langfristigen, aktiven Rolle der Schweiz im internationalen Luftverkehr: Schweizerischer Luftverkehr bedeutet praktisch ausschliesslich internationaler Luftverkehr. Ein Verkehrsflugzeug braucht eine Viertelstunde, um die Schweiz zu überfliegen. Die Binnenluftfahrt ist deshalb im Vergleich zu anderen Staaten von untergeordneter Bedeutung. Die Schweiz ist trotz ihrer vergleichsweise kleinen Ausdehnung überproportional in der internationalen Luftfahrt vertreten. Die schweizerischen Flughäfen und Fluggesellschaften nehmen im internationalen
Vergleich wichtige Positionen ein. Die Sicherstellung einer aktiven Rolle der Schweiz im internationalen Luftverkehr ist deshalb von grosser Bedeutung. Sie wird umgesetzt durch den Abschluss von bilateralen Abkommen und die Beteiligung an internationalen Organisationen der Zivilluftfahrt.

Die luftfahrtpolitischen Ziele sind heute in einer untergeordneten Organisationsverordnung, im vom Bundesrat genehmigten SIL, in Antworten zu parlamentarischen Vorstössen sowie in einigen vom UVEK erarbeiteten Berichten festgelegt. Hingegen fehlt eine Festlegung wichtiger luftfahrtpolitischer Grundlagen in einem formellen Gesetz, zu welchem sich das Parlament und im Falle eines Referendums der Souverän hätten äussern können.

Angesichts der Bedeutung der Luftfahrt drängt sich die Festlegung luftfahrtpolitischer Ziele in einem formellen Gesetz auf. Zu stipulieren sind Aussagen zur nachhaltigen Entwicklung, Sicherheit, Erreichbarkeit, Wettbewerbsfähigkeit und zur internationalen Vernetzung der schweizerischen Zivilluftfahrt.

35

Vgl. Fussnote 15.

1811

3.1.2

Safety

Ausgangslage Der einst aussergewöhnlich hohe Sicherheitsstandard in der schweizerischen Zivilluftfahrt war unter anderem zurückzuführen auf die ehemalige Swissair, die in einem reglementierten, monopolisierten und kartellistischen Markt bedeutende finanzielle Mittel und Anstrengungen für die Sicherheit des Luftverkehrs einsetzte. Auch andere schweizerische Unternehmen nahmen ihre Verantwortung für die Gewährleistung eines hohen Sicherheitsstandards mit grossem Einsatz wahr. Die zunehmende Liberalisierung im Luftverkehr führte aber nicht nur zu starkem Verkehrswachstum und verstärktem Wettbewerb, sondern auch zu einem verschärften Preisdruck auf einen zuvor geschützten Industriezweig. Als Folge dieser Liberalisierung sind die Unternehmen heute gezwungen, vermehrte Anstrengungen für ihre Positionierung im Markt zu unternehmen.

Problemstellung Es kann heute nicht mehr einfach davon ausgegangen werden, dass die unter grossem Marktdruck stehenden Unternehmen von sich aus einen derart hohen Sicherheitsstandard aufrechterhalten und bezahlen können, wie dies in der Vergangenheit der Fall war. Der Bundesrat und namentlich das BAZL können sich deshalb nicht mehr in dem Masse auf die Eigenverantwortlichkeit der Unternehmen abstützen, wie dies noch in den Zeiten der ehemaligen Swissair der Fall war. Dieser Paradigmawechsel führt dazu, dass der Staat vermehrt korrigierend einzuschreiten hat.

Weiter ist festzustellen, dass im Vergleich zu Flugtechnik und Flugbetrieben die Bereiche Flugsicherung und Flugplätze weniger stark reglementiert sind. Was bedeutet, dass der Staat in den beiden letztgenannten Gebieten grundsätzlich einen grösseren Handlungsspielraum besitzt und hier stärker eingreifen kann und muss.

Die Umsetzung einer eigenständigen schweizerischen Sicherheitspolitik findet seine Grenzen in der Verpflichtung, ausländische Luftverkehrsunternehmen in der Schweiz zu akzeptieren, welche (nur) die internationalen Mindeststandards erfüllen.

Angesichts der starken internationalen Vernetzung der Schweiz stellt sich die Frage, inwieweit das Sicherheitsniveau insgesamt erhöht würde, wenn die Schweiz nur ihre eigenen Unternehmen zur Einhaltung erhöhter Sicherheitsstandards verpflichtet.

Heute fliegen mehr als 100 ausländische Fluggesellschaften schweizerische Flughäfen an und mehr als die Hälfte aller Fluggäste,
welche von der Schweiz ins europäische Ausland fliegen, werden von ausländischen Fluggesellschaften transportiert.

Die schweizerischen Aufsichtsbehörden überprüfen diese Flugzeuge im Rahmen des Safety Assessment of Foreign Aircraft (SAFA) Programms der Europäischen Zivilluftfahrtbehörde. Diese Kontrollen beinhalten lediglich eine allgemeine, punktuelle Prüfung. Eine umfassende Kontrolle ausländischer Flugzeuge durch schweizerische Behörden ist hingegen nicht möglich und international auch nicht vorgesehen.

1812

Haltung des Bundesrats Umsetzung der Empfehlungen aus dem Bericht NLR Der Bundesrat hat bereits mit der Umsetzung der Empfehlungen des Berichts NLR die Weichen für eine Verbesserung des Sicherheitsniveaus der schweizerischen Zivilluftfahrt gestellt.36 Der Aktionsplan optimiert die organisatorischen Abläufe bei der Sicherheitsaufsicht im Luftverkehr (Reorganisation BAZL sowie Bereitstellung sicherheitsrelevanter Kompetenz beim UVEK), sorgt für die erforderlichen, neuen Rechtsgrundlagen (so z.B. um Beispiel über die Einführung eines freiwilligen, vertraulichen und straflosen Meldewesens) und hat direkte Auswirkungen auf wichtige Akteure der Luftfahrt wie Luftverkehrsunternehmen, Flughäfen und Flugsicherung.

Das Regelsystem zur Sicherstellung der Luftfahrtsicherheit Die Komplexität ist bei begrenztem Mitteleinsatz nur mit einem hohen Delegierungsgrad an die Unternehmen beherrschbar. Die Notwendigkeit der Delegierung, und damit die Eigenverantwortlichkeit der Unternehmen, verlangt die Pflege einer sehr hohen Sicherheitskultur und die Entwicklung gut ausgebauter Safety Management Systeme. Das Gesamtsystem besteht aus folgenden drei Ebenen: Die erste Ebene bilden die Marktteilnehmer. Jeder Marktteilnehmer gestaltet den Betrieb im Rahmen der gesetzlichen Mindestanforderungen sowie ergänzend aufgrund der best practice. Er unterhält ein Regelkreissystem zur kontinuierlichen Verbesserung der Luftfahrtsicherheit seines Betriebs. Zurzeit wird geprüft, ob die Wirkung dieses Regelkreises durch ein System des freiwilligen und straflosen Meldewesens verbessert werden kann.

Die zweite Ebene bildet das BAZL. Es erarbeitet Rechtsgrundlagen für die Luftfahrt und überwacht deren Einhaltung. Lücken und Schwächen der internationalen Rechtsgrundlagen werden durch nationale Erlasse geschlossen. Das BAZL unterhält ein Regelkreissystem zur kontinuierlichen Verbesserung der Luftfahrtsicherheit. Es betreibt eine ausgereifte, rollende Planung, um sich auf künftige Entwicklungen rechtzeitig einzurichten und um den Mitteleinsatz gesamtwirksam zu optimieren.

Die dritte Ebene bildet der Bundesrat. Er legt mit diesem Bericht die Grundzüge seiner Sicherheitspolitik fest. Diese richtet sich schwergewichtig auf die Gewährleistung eines hoch stehenden Sicherheitsstandards der schweizerischen Zivilluftfahrt.

Die Wahrnehmung der
Oberaufsicht erfolgt durch eine antizipierende Planung, die Definition der in der Luftfahrt zu erreichenden Sicherheitsziele sowie durch die Sicherstellung eines Regelkreises, der systemische Schwächen erkennt und behebt.

Auf fachtechnischer Ebene ist das UVEK verantwortlich.

Zentrale Rolle des BAZL Das BAZL ist nicht nur unmittelbare Aufsichtsbehörde über die Zivilluftfahrt nach Artikel 3 Absatz 2 LFG sondern auch für die Vorbereitung und Umsetzung luftfahrtpolitischer Entscheide zuständig. Es wirkt somit an der Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Luftfahrt mit und muss jederzeit über die erforderlichen personellen und materiellen Ressourcen verfügen, um die Aufsichtsfunktion über die Zivilluftfahrt in kompetenter und unabhängiger Weise wahrneh36

Vgl. Fussnote 15.

1813

men zu können. Zudem muss die strukturelle Flexibilität sichergestellt sein, um einerseits aus der langfristigen Amtsplanung erwachsende Aufgaben erfüllen und andererseits auf unerwartete kurzfristige Entwicklungen reagieren zu können.

Die Prioritäten richten sich nach dem Schadenspotenzial und den auftretenden Risiken. Hierfür unterhält das Amt ein ausgebautes, systemweites Safety- und Riskmanagement.

3.1.3

Security

Ausgangslage Um den Schutz der Luftfahrt vor widerrechtlichen Handlungen, namentlich Terroranschlägen und Entführungen, zu gewährleisten, braucht es Massnahmen, die weltweit in möglichst einheitlicher Form zur Anwendung gelangen. Die dafür erforderlichen Rechtsgrundlagen richten sich in der Schweiz deshalb nach den entsprechenden internationalen Vorschriften der ICAO und der EG, welche nach dem 11. September 2001 deutlich verschärft worden sind.

Problemstellung Die Verschärfung der Rechtsgrundlagen führt zu höheren Security Kosten in der Luftfahrt. Betroffen sind dabei vor allem Flugplätze und Fluggesellschaften.

Bei der Finanzierung der Sicherheitskosten geht das EU-Recht vom Verursacherprinzip aus. Eine umfassende Kostenübernahme von Sicherheitsmassnahmen durch staatliche Stellen ist demnach unzulässig. Die jüngsten Entwicklungen in Frankreich und Deutschland zeigen, dass die staatliche Finanzierung von Sicherheitsmassnahmen durch ein benutzerfinanziertes System abgelöst wird.

Die Abwehr von Gefahren gehört grundsätzlich zu den hoheitlichen Aufgaben.

Hoheitlich sind namentlich alle Massnahmen, welche erlassen werden, um sich vor Handlungen zu schützen, die gegen den Staat selbst gerichtet sind (z.B. Entführung eines schweizerischen Flugzeugs).

Handlungsalternativen Die derzeitige Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen, Flughäfen und Fluggesellschaften trägt den beiden genannten Grundsätzen Rechnung: Die öffentliche Hand trägt die Kosten zum Schutz vor Handlungen, welche sich gegen den Staat als solchen richten. Flughäfen und Fluggesellschaften tragen die Kosten für den zusätzlichen Kontrollaufwand, der wegen der Bedrohungslage für den Luftverkehr erforderlich ist.

Alternativ dazu kann die öffentliche Hand die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrtunternehmen verbessern und weitere Sicherheitskosten übernehmen.

Der Handlungsspielraum ist aber eng. Das EU ohne -Recht und die EU-Kommission setzen Schranken, die es der Schweiz nicht weiteres erlauben, zusätzliche Sicherheitskosten zu übernehmen. So hat die EU-Kommission im Nachgang zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 strikte Richtlinien für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit der Übernahme von Sicherheitskosten aufgestellt.

1814

Haltung des Bundesrats Der Bundesrat setzt sich für einen möglichst hohen Sicherheitsstandard zur Abwehr von widerrechtlichen Handlungen, namentlich Terroranschlägen und Entführungen, ein. Dabei orientiert er sich an den massgeblichen EU-Sicherheitsstandards. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrtunternehmen prüft der Bundesrat die Übernahme weiterer Sicherheitskosten. Dabei sind die übergeordneten Rechtsgrundlagen, namentlich das EU-Recht, das Verursacherprinzip, die Schutzaufgabe des Staates gegenüber Bürgerinnen und Bürger vor kriminellen und terroristischen Angriffen sowie die Grundsätze einer Kostenaufteilung zwischen Bund und Kanton zu beachten.

3.1.4

Umwelt, Raumordnung und Lärm

3.1.4.1

Umwelt

Ausgangslage Obwohl in den letzten Jahren weltweit ein Rückgang der Flugbewegungen zu verzeichnen war, ist langfristig wieder mit einem Wachstum im Luftverkehr zu rechnen. Im Jahr 1992 trug der Luftverkehr 2,4 % zu den globalen CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger bzw. 13 % zu den globalen CO2-Emissionen des Verkehrssektors bei.37 Man geht davon aus, dass der technologische Fortschritt nur bei einem geringen Luftverkehrswachstum ausreichen wird, um die mit dem Wachstum verbundene Mehrbelastung an Lärm- und Schadstoffemissionen zu kompensieren.38 Problemstellung Dem Bestreben nach einem möglichst flexiblen Flugbetrieb stehen die Bedürfnisse der Bevölkerung nach Schutz vor übermässigen Emissionen des Luftverkehrs gegenüber.

Die Herausforderung der Luftfahrtpolitik besteht darin, die Mobilitätsansprüche mit den Anforderungen einer ökologischen Entwicklung in Einklang zu bringen. Nachhaltigkeitsziele zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Erreichbarkeit über Luftverkehrsverbindungen) sind auf Nachhaltigkeitsziele zur Umwelt (z.B. Reduktion Lärm- und Schadstoffbelastung) abzustimmen.

Dieser Zielkonflikt hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Zugenommen hat indessen die Sensibilität der Bevölkerung gegenüber den belastenden Auswirkungen. Obwohl der Luftverkehr in den letzten drei Jahren um ungefähr 20 % abgenommen hat, ist die Anzahl der Lärmklagen der betroffenen Bevölkerung um ein Vielfaches angestiegen.

Eine Sonderstellung nimmt die Kerosinbesteuerung ein. Der Staat besteuert den auf Inlandflügen verbrauchten Treibstoff, die Erträge fliessen teilweise in den Nationalstrassenfonds.

37 38

IPCC Special Report: Aviation and the Global Atmosphere, Intergovernmental Panel on Climate Change, ISBN: 92-9169-111-9.

Vor allem erhöhte Energieeffizienz der Triebwerke, verbessertes Lärmverhalten der Triebwerke, bessere Aerodynamik bei Fahrwerk und Klappen.

1815

Haltung des Bundesrats Die Schweiz berücksichtigt bei ihren Entscheiden die internationalen Verpflichtungen und Empfehlungen zum Umweltschutz. In den sensiblen Umweltbereichen (Lärm und Schadstoffe) hat die Schweiz eigene, weitergehende Normen und Anreizsysteme geschaffen. Diese sollen aufrechterhalten und weiterentwickelt werden.

Auf nationaler Ebene richten sich sämtliche Entscheide nach den geltenden gesetzlichen Vorgaben. Für die Luftfahrt sind neben dem Luftfahrtrecht primär die Bestimmungen der Umweltschutzgesetzgebung relevant (Vorsorgeprinzip, Grenzwerte, Umweltverträglichkeitsprüfungen). Der SIL und das Landschaftskonzept Schweiz (LKS) enthalten weiterführende Regeln, Leitlinien und Schwerpunkte. So z.B.

Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen Luft- und Schienenverkehr.

Konkrete Massnahmen werden zudem im Rahmen von Plangenehmigungsverfahren angeordnet und umgesetzt (z.B. Vorgaben zum Modal Split in der Baukonzession zur 5. Bauetappe Flughafen Zürich).

Die Schweiz spielt bei der internationalen Harmonisierung von Umweltschutzmassnahmen im Luftverkehr eine wichtige Rolle. Insbesondere setzt sie sich für international koordinierte Massnahmen zur Begrenzung und Reduktion der Treibhausgasemissionen beim Luftverkehr ein, z.B. durch Abgaben auf Flugtreibstoffe oder Flugstrecken.

Der Bundesrat prüft, inwieweit die Erträge aus der heutigen Kerosinbesteuerung für den Binnenluftverkehr, welche jährlich ungefähr 60 Millionen Franken betragen, künftig zugunsten von Umweltschutz-, Security- und Safetymassnahmen im Zusammenhang mit dem Luftverkehr eingesetzt werden können.

3.1.4.2

Raumordnung

Ausgangslage Mit dem vom Bundesrat am 18. Oktober 2000 verabschiedeten Konzeptteil des SIL erhielt die Raumplanung das für eine nachhaltige Entwicklung nötige Steuerungsinstrument.

Der SIL legt für jeden Flugplatz den Rahmen zur baulichen und betrieblichen Entwicklung behördeverbindlich fest. Der konzeptionelle Teil vom 18. Oktober 2000 enthält die allgemeinen Ziele und Vorgaben zur Infrastrukturpolitik der schweizerischen Zivilluftfahrt. Er definiert das Gesamtnetz mit Lage und Funktion der einzelnen Anlagen. Damit sind für jeden Flugplatz der Zweck und die wesentlichen Rahmenbedingungen zum Betrieb festgelegt sowie der raumplanerische Nachweis für den Bedarf und die Standortgebundenheit erbracht. In den Objektblättern zu den einzelnen Anlagen werden die allgemeinen Ziele und Vorgaben für jeden Flugplatz umgesetzt und präzisiert. Bis zum heutigen Zeitpunkt hat der Bundesrat für 22 Flugplätze ein Objektblatt verabschiedet (Regionalflugplätze und private Flugfelder). Die Objektblätter der Landesflughäfen sind noch in Arbeit.

1816

Problemstellung Die Luftfahrt hat auf die Raumordnung positive und negative Auswirkungen.

­

Mobilität und Verkehr: Der Luftverkehr verkürzt die Reisezeit und fördert damit die Mobilität. Er bedingt eine landseitige Verkehrserschliessung, wirkt auf die Verkehrsentwicklung und konkurrenziert andere Verkehrsträger auf kurzen Distanzen.

­

Wirtschaftliche Entwicklung: Als Verkehrszubringer tragen Flugplätze dazu bei, die Standortattraktivität einer Region, namentlich für Industrie, Dienstleistungen und Tourismus, zu stärken. Sie generieren Aktivitäten und Arbeitsplätze, die sich ebenfalls positiv auf die Entwicklung der Region auswirken. Als Verkehrsanlagen verursachen sie Emissionen, die sich auf die Wohnqualität der umliegenden Siedlungen oder auf den Tourismus negativ auswirken können.

­

Bodennutzung: Durch die Flugplätze werden Flächen beansprucht. Betrieb und Sicherheit der Anlagen erfordern in der näheren Umgebung Nutzungseinschränkungen bezüglich der Hindernisfreiheit. Weitere konfliktträchtige Einflüsse auf die Nutzung flugplatznaher Flächen löst die mit dem Flugbetrieb verbundene Fluglärmbelastung aus.

Haltung des Bundesrats Der Luftverkehr übt als einer der Verkehrsträger im Rahmen einer integrierten Verkehrspolitik eine wichtige Funktion aus. Unter den Verkehrsträgern ist das jeweils wesensgerechte Verkehrsmittel einzusetzen. Bei Reisezeiten bis vier Bahnstunden (Geschäftsverkehr) und bis acht Bahnstunden (Freizeit- und Nachtverkehr) kann mittel- bis langfristig mit einer Verlagerung des Verkehrs zwischen den europäischen Zentren auf die Bahn gerechnet werden.

Der Luftverkehr ist Teil des integrierten Verkehrssystems Schweiz. An den Landesflughäfen ist die Vernetzung der verschiedenen Elemente dieses Verkehrssystems sicherzustellen. Neben einer guten Erschliessung mit Hochleistungsstrassen, sollen die Landesflughäfen möglichst direkt ans europäische Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahnen angeschlossen werden. Die Regionalflughäfen sind mit attraktiven öffentlichen Verkehrsverbindungen zu erschliessen.

Standortwahl, Bau und Betrieb der Luftfahrtanlagen sollen unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips auf die umgebenden Nutzungs- und Schutzansprüche abgestimmt werden, damit Nutzungskonflikte gar nicht erst auftreten. Für diese Abstimmung arbeiten die zuständigen Fachstellen von Bund und Kanton, die Flugplatzhalter, die betroffenen Gemeinden, die Bevölkerung und die angrenzenden Nachbarn eng zusammen. Die Ergebnisse dieser Koordination fliessen in die anlagespezifischen Objektblätter im SIL ein. Die Festlegungen im SIL sind verbindlich für die Behörden aller Stufen (Bund, Kantone und Gemeinden). Sie sind Voraussetzung für die allgemeinverbindlichen Verfahren zur Genehmigung der Betriebsreglemente und der Plangenehmigung von Bauten und Anlagen.

In Bezug auf die von den Luftfahrtanlagen beanspruchten Flächen ist darauf zu achten, dass der Flächenverbrauch auf ein Minimum reduziert wird und Flächen, die landwirtschaftlich, landschaftlich und aus Sicht der Natur oder Erholung wertvoll sind, dauerhaft geschont bleiben.

1817

3.1.4.3

Lärm

Ausgangslage Luftverkehr verursacht in bedeutendem Mass auch Lärm. Die für eine griffige Raumplanung unerlässlichen Lärmgrenzwerte für die Landesflughäfen wurden vom Bundesrat im Jahr 2000 festgelegt, nachdem über Jahrzehnte hinweg so genannte Lärmzonen für die Beurteilung von raumplanerischen Massnahmen Anwendung gefunden hatten. Der Bundesrat hat im Frühling 2001 die Belastungsgrenzwerte in einem Anhang zur Lärmschutzverordnung (LFV, SR 814.41) endgültig festgelegt.

Er hatte dabei die Grundsätze des bundesgerichtlichen Urteils vom 8. Dezember 2000 zu beachten. Die Belastungsgrenzwerte werden nach Planungswerten, Immissionsgrenzwerten und Alarmwerten unterschieden. Bei Überschreiten von Immissionsgrenzwerten durch ortsfeste Anlagen wie Flughäfen besteht eine grundsätzliche Verpflichtung, die lärmverursachende Anlage innert Frist zu sanieren. Ist dies nicht möglich, können bei Flughäfen Erleichterungen gewährt werden. In diesem Fall sind lärmempfindliche Räume durch Schallschutzmassnahmen wie Schallschutzfenster zu schützen. Den betroffenen Grundeigentümern stehen unter Umständen Ansprüche aus Entschädigungen wegen formeller und materieller Enteignung zu.

Problemstellung Durch die Zunahme des Luftverkehrs und damit des Lärms werden immer grössere Bevölkerungsteile betroffen. Ungefähr 100 000 Personen leben in Gebieten, in denen die Immissionsgrenzwerte durch den Luftverkehr überschritten werden. Viele rechtshängige Verfahren werden erst in den nächsten Jahren entschieden. Damit sehen sich auch die verursachenden Anlagen ­ die Flughäfen ­ Forderungen in Milliardenhöhe gegenüber. Diese Rechts- und Planungsunsicherheiten sind sowohl für die betroffene Bevölkerung als auch für die Betreiber der Flughafenanlagen längerfristig nicht annehmbar.

Heute wird die unterschiedliche Lärmerzeugung von Flugzeugen bei der Gestaltung der Flughafengebühren berücksichtigt (Art. 39 LFG, Art. 32 VIL). Ferner verlangen Flughäfen Lärmzuschläge für bestimmte Flugzeuge, die in sensiblen Nachtstunden landen und starten, und es wird ein Lärmanteil bei den Passagiertaxen erhoben. Die daraus entstehenden Erträge fliessen in spezielle Lärmfonds der Flughäfen. Sie belaufen sich auf ungefähr 80 Millionen Franken für den Flughafen Zürich und ca.

50 Millionen Franken für den Flughafen Genf. Die Mittel sind zweckbestimmt und
werden für allgemeine Lärmschutzmassnahmen sowie für künftig anfallende Entschädigungen für formelle Enteignung verwendet. Damit werden die Kosten für Schallschutzmassnahmen und Entschädigungen aus formeller Enteignung über Gebühren von den Verursachern bzw. Benützern gedeckt.

Die Kosten für die Flughäfen belaufen sich voraussichtlich auf mehrere Milliarden Franken. Dabei ist weder die absolute Höhe der Entschädigungen noch der Zeitpunkt, wann diese Kosten anfallen klar. Zu Unsicherheiten führen auch die bisher fehlende gesetzliche Regelung der Verjährungsfristen, die Inkonsistenz der Verfahren zur formellen Enteignung sowie die fehlenden standardisierten Bewertungsmethoden für die Berechnung der Fluglärmentschädigungen. Fest steht jedoch, dass die betroffenen Flughäfen die anfallenden Entschädigungsforderungen nicht sofort zu decken vermögen. Damit können Situationen entstehen, in denen der Betrieb von Infrastrukturanlagen von nationalem Interesse nicht mehr gewährleistet ist. Es stellt sich deshalb die Frage, ob der Bund bereit ist, die Ausgliederung der bestehenden 1818

Lärmfonds der Flughäfen in eine eigenständige juristische Einheit zu unterstützen und die Trägerschaft dieser Einheit zu übernehmen. Mit der Übernahme der Lärmfonds könnte der Bund kurzfristige Finanzierungslücken der Flughäfen kompensieren. Die Benützer der Flughafeninfrastruktur würden weiterhin in den Lärmfonds einzahlen, das Verursacherprinzip wäre vollumfänglich gewahrt.

Gegenüber dem Luftverkehr kommt der Bund bei der Bahn für Lärmkosten an Gebäuden von ungefähr 1 Milliarde Franken sowie solchen an Schienenfahrzeugen von ca. 900 Millionen Franken auf. Im Gegensatz zum Luftverkehr steht die ortsfeste Infrastruktur der Bahn ausschliesslich im Eigentum des Bundes. Als Eigentümer dieser Anlagen ist der Bund aufgrund des Verursacherprinzips verpflichtet, Entschädigungen für Lärmschutzmassnahmen sowie aus formeller und materieller Enteignung zu bezahlen. Die Kosten für Entschädigungen aus formellen Enteignungen müssen vom Konzessionär getragen werden.39 Bei der Strasse belaufen sich die Kosten für die Lärmsanierung auf 3,5 Milliarden Franken, wovon bis heute ein Drittel ausgegeben wurde. 1,4 Milliarden Franken wird der Bund aus der Mineralölsteuer beitragen, die Kantone werden ihren Anteil von 800 Millionen Franken aus den Einnahmen aus den Motorfahrzeugsteuern und aus einem Teil der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) entnehmen.40 Handlungsalternativen Die gänzliche Übernahme von Kosten für Lärmschutzmassnahmen und Entschädigungen aus formeller Enteignung würde eine Abkehr vom Grundsatz des Verursacherprinzips bedeuten und somit eine Änderung des Umweltschutzgesetzes sowie der Lärmschutzverordnung bedingen. Sie würde zudem erhebliche finanzielle Mehrbelastungen für den Bund mit sich bringen. Hingegen wäre die Übertragung der von den Flughäfen geäufneten Lärmfonds auf den Bund unter Wahrung des Verursacherprinzips eine gesetzeskonforme Lösung. Die Speisung eines solchen vom Bund getragenen Fonds würde wie bisher durch Benutzergebühren erfolgen. Des Weiteren könnten die Erträge aus der heutigen Kerosinbesteuerung für den Binnenluftverkehr, welche jährlich rund 60 Millionen Schweizer Franken betragen, künftig zugunsten von Umweltschutz-, Security- und Safetymassnahmen im Zusammenhang mit dem Luftverkehr eingesetzt werden.

Haltung des Bundesrats Der Bundesrat hat die Folgen einer
Ausgliederung der bestehenden Lärmfonds der Flughäfen in eine eigenständige juristische Einheit geprüft. Aufgrund der Finanzlage des Bundes und des Sparbedarfs hat er diesen Vorschlag verworfen.

Er prüft hingegen, inwieweit die Erträge aus der heutigen Kerosinbesteuerung für den Binnenluftverkehr, welche jährlich ungefähr 60 Millionen Franken betragen, künftig zugunsten von Umweltschutz-, Security- und Safetymassnahmen im Zusammenhang mit dem Luftverkehr eingesetzt werden können.

Weiter prüft der Bundesrat den gesetzgeberischen Handlungsbedarf bezüglich der Verfahren im Zusammenhang mit Lärmschutzmassnahmen sowie der materiellen und formellen Enteignung.

39 40

Bundesgesetz über den Lärmschutz der Eisenbahnen vom 24. März 2000, SR 742.144.

BUWAL Faktenblatt Lärmbekämpfung vom 31. Januar 2002.

1819

3.1.5

Internationale Zusammenarbeit

Ausgangslage Praktisch sämtliche Aktivitäten in der Luftfahrt werden heute massgeblich durch internationale und zum Teil weltweit verbindliche Vorschriften geregelt und beeinflusst. Diese werden hauptsächlich von Organisationen erlassen, denen die Schweiz als Mitglied angehört (ICAO, ECAC, JAA, Eurocontrol) oder mit denen unser Land auf andere Weise verbunden ist (EG). Ausserdem hat die Schweiz weit über hundert zwei- oder mehrseitige Abkommen abgeschlossen, mit denen sie ihre Beziehungen zum Ausland regelt. Dies betrifft unter anderem den Umfang der Luftverkehrsverbindungen (Verkehrsrechte), die Anzahl der Flugbewegungen (Frequenzen), die Bedienung von Flughäfen sowie die Bezeichnung von Fluggesellschaften zur Durchführung von Linienflügen. Die im Rahmen der Mitgliedschaft in internationalen Organisationen angestrebte Harmonisierung von technischen und operationellen Vorschriften sowie die enge Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern mittels bi- oder multilateraler Vereinbarungen waren bisher denn auch tragende Pfeiler der schweizerischen Luftfahrtpolitik. Sie haben einen hohen Sicherheitsstandard, die Erleichterung grenzüberschreitender Aktivitäten (Waren, Personen und Dienstleistungen) und damit eine optimale verkehrsrechtliche und wirtschaftliche Anbindung an den internationalen Luftverkehr zum Ziel. Der Bundesrat war stets der Überzeugung, dass eine rein auf nationale Entwicklungen ausgerichtete Luftfahrtpolitik in diesem Tätigkeitssektor die Landesinteressen nicht genügend wahrnehmen kann. Er hat ein gezieltes, aktives Engagement der Schweiz in internationalen Luftfahrtorganisationen immer unterstützt und durch die Ratifizierung zahlreicher internationaler Abkommen zudem selber aktiv zur Förderung einer engen internationalen Zusammenarbeit in der Luftfahrt beigetragen.

Aufgrund der intensiven politischen und gesetzgeberischen Aktivitäten der EG im Bereich der Luftfahrt (z.B. Errichtung EASA, SES, einheitliche Aushandlung von Verkehrsrechten für die EG mit Drittstaaten wie USA) erfährt die internationale Zusammenarbeit der Schweiz seit dem Inkrafttreten des Luftverkehrsabkommens mit der EG am 1. Juni 2002 eine zusätzliche Dynamik.

Problemstellung Die internationalen, völkerrechtlichen Rahmenbedingungen sind in der Zivilluftfahrt, wie wohl kaum in einem anderen Bereich, sehr umfassend und
entwickeln sich laufend weiter. Dies hat zur Folge, dass es heute praktisch keinen Bereich gibt, in dem die Schweiz autonom Regelungen und Lösungsansätze bestimmen kann. Handlungs- und Steuerungsmöglichkeiten sind deshalb beschränkt. In Europa dringt die EU zunehmend in Bereiche vor, die bis anhin in die Zuständigkeit der einzelnen Staaten gefallen sind, welche sich ihrerseits in den bereits genannten europäischen Organisationen zusammengeschlossen haben (ECAC, JAA, Eurocontrol). Da diese Organisationen gegenüber der EG, insbesondere seit deren Erweiterung auf 25 Mitgliedstaaten, zunehmend an politischem und institutionellem Gewicht verlieren, sieht sich die Schweiz vor allem in Europa mit der Schwierigkeit konfrontiert, ihre Interessen im Rahmen der bisherigen Organisationen angemessen und mit dem nötigen Einfluss einbringen und wahrnehmen zu können.

Mit Blick auf die Entwicklungen in Europa ist festzustellen, dass schweizerische Luftfahrtgesetzgebung und Luftfahrtpolitik zukünftig massgeblich vom bilateralen 1820

Luftverkehrsabkommen mit der EG geprägt sein werden. Die politischen Leitsätze und Zielrichtungen der EG werden aufgrund der engen Anbindung der Schweiz an die EG die schweizerische Luftfahrtpolitik direkt und massgeblich beeinflussen.41 Dies bedeutet, dass eine unabhängige schweizerische Politik und eigenständige nationale Regelungen im europäischen Kontext hauptsächlich dort zum Tragen kommen sollen bzw. können, wo die EG bestimmte Bereiche entweder nicht regelt oder den nationalen Behörden Ermessensspielräume überlässt. Selbst in solchen Fällen ist jedoch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich die Schweiz mit dem Luftverkehrsabkommen zu gewissen Grundsätzen bekennt (z.B. Diskriminierungsverbot), die bei der Festlegung eigener Standards zu berücksichtigen sind. Strengere nationale Vorschriften (sei es im technischen, wirtschaftlichen, umweltpolitischen oder in einem anderen Bereich) bergen damit im europäischen Umfeld von vornherein ein gewisses Risiko, entweder unerwünschte Wettbewerbsnachteile der eigenen Industrie zu verursachen (Inländerbenachteiligung) oder mit dem Luftverkehrsabkommen unvereinbare Wettbewerbsbehinderungen zulasten der europäischen Industrie hervorzurufen.

Haltung des Bundesrats Der Bundesrat hält an seiner bisherigen Politik fest, die Anbindung der schweizerischen Luftfahrt an den internationalen Luftverkehr und die entsprechenden Märkte sicherzustellen und den grenzüberschreitenden Austausch von Waren, Personen und Dienstleistungen aus der und in die Schweiz zu ermöglichen.42 Dies setzt voraus, dass die Schweiz ihre Aktivitäten in der Luftfahrt nach den entsprechenden internationalen und insbesondere europäischen Entwicklungen ausrichtet. Wenn deshalb im Rahmen internationaler Harmonisierungs- und Liberalisierungsbestrebungen konkrete Regelungen und Rahmenbedingungen festgelegt werden, ist der Bundesrat bestrebt, diese im Interesse der schweizerischen Luftfahrtpolitik auch in unserem Land umzusetzen.

Um den engen Handlungsspielraum bestmöglich ausnützen zu können, sind heute ­ viel stärker als noch vor einigen Jahren ­ eine gezielte Zusammenarbeit mit anderen Staaten und internationalen Organisationen sowie ein gutes Netzwerk an internationalen Verbindungen und Kontakten unverzichtbar.

Der Bundesrat fördert aus diesen Gründen primär ein möglichst aktives Mitwirken
der Schweiz in der europäischen Luftfahrtpolitik. Dies ist für die Schweiz in Zukunft deshalb umso wichtiger, weil sie als Nichtmitglied der EG nicht mehr automatisch (wie bisher im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den europäischen Organisationen) an allen politisch relevanten Entscheidungsfindungsprozessen beteiligt sein wird. Dabei müssen die Ressourcen gezielt dort eingesetzt werden, wo für die Schweiz eine hohe politische Priorität besteht und wo mit einem aktiven Engagement für die schweizerischen Interessen die grösste Wirkung erzielt werden kann. Als Kleinstaat kann sich die Schweiz nur dann Gehör verschaffen, wenn sie mit ausgereiften und durchdachten Vorschlägen aufwartet und in den als relevant erachteten Gremien engagiert und konstruktiv mitwirkt.

41

42

Vgl. z.B. das Weissbuch «Die europäische Verkehrspolitik bis 2010», worin die EU z.B.

das Überdenken der Flughafenkapazitäten und ihre Nutzung bekannt gibt oder die Intermodalität zwischen der Luftfahrt und dem Bahnverkehr thematisiert.

Vgl. die Botschaft zum Abkommen über den Luftverkehr, BBl 1999 6253.

1821

Ein Engagement im weltweiten Kontext (v.a. im Rahmen der ICAO) hat sich an den gleichen Kriterien zu orientieren und soll sich auf Bereiche konzentrieren, in denen die Schweiz besondere Interessen zu vertreten hat.

3.1.6

Eidgenössische Luftfahrtkommission

Ausgangslage Gestützt auf Artikel 5 des Luftfahrtgesetzes ernennt der Bundesrat für die Begutachtung wichtiger Fragen der Luftfahrt eine Luftfahrtkommission von mindestens sieben Mitgliedern. In der Verordnung über die Luftfahrtkommission43 werden die Einzelheiten geregelt. Heute besteht die Luftfahrtkommission aus 20 Mitgliedern.

Sie tritt jährlich mindestens zweimal zusammen.

Die Aufgaben der Luftfahrtkommission bestehen in der Begutachtung wichtiger Fragen der Luftfahrt. Insbesondere können Gutachten der Kommission eingeholt werden über Fragen der Rechtsetzung, der Luftverkehrspolitik, des weiteren Ausbaus von Flugplätzen und Flugsicherung sowie des Subventionswesens.44 Problemstellung Die Kommission hat seit ihrer Konstituierung vor gut 50 Jahren nie die Rolle einer wirksamen Beraterin des Bundesrats für wichtige Fragen der Luftfahrt einnehmen können. Zwar äusserte sich die Kommission zu verschiedensten Themen der Luftfahrt, nahm zu Rechtsetzungsprojekten Stellung und informierte jeweils den Departementvorsteher UVEK über ihre Haltung. Indessen wurde sie nie als eigentliches Expertengremium eingesetzt, welches dem Bundesrat vor allem in Krisenzeiten beratend zur Seite stand. So wurde die Kommission weder vor dem Swissair Grounding im Oktober 2001 konsultiert noch als Sachverständigengremium für sicherheitsrelevante Fragestellungen im Nachgang zu den Unfällen in der schweizerischen Zivilluftfahrt der letzten Jahre beigezogen. Der Bundesrat hat an ihrer Stelle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung der SWISS eine bundeseigene Koordinationsgruppe unter Leitung eines bundesrätlichen Ausschusses eingesetzt und für die Beurteilung des Sicherheitssystems der Luftfahrt in der Schweiz eine ausländische Institution mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

Die Kommission ist aufgrund ihrer Grösse und Kompetenz heute nicht in der Lage, den Bundesrat innert nützlicher Frist in wichtigen Fragen kompetent beraten zu können. Wie der Schlussbericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats zur Swissair Krise festhält, verfügte die Kommission «[...] weder über die Mittel noch über die Befähigung [...], sich an der Krisenbewältigung zu beteiligen. Ihre Mitglieder hatten nicht alle die nötigen Kenntnisse, um fundiert Stellung zu nehmen» 45.

43 44 45

Verordnung über die Luftfahrtkommission vom 5. Juni 1950, SR 748.112.3.

Art. 3 der Verordnung über die Luftfahrtkommission vom 5. Juni 1950.

Vgl. Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats über die Rolle von Bundesrat und Bundesverwaltung im Zusammenhang mit der Swissair Krise vom 19. September 2002, S. 201 und die Empfehlung 02.3467 der GPK-SR (siehe Anhang 6).

1822

Handlungsalternativen Es bestehen drei Optionen.

Erstens: Die Luftfahrtkommission wird wegen ihrer relativen Bedeutungslosigkeit aufgehoben. Der Bundesrat verzichtet auf eine fachliche Unterstützung durch die Kommission zu wichtigen Fragen der Luftfahrt. Er wird hierfür situativ auf interne oder externe Experten zurückgreifen. Das Luftfahrtgesetz sowie die Verordnung werden geändert bzw. aufgehoben.

Zweitens: Die bisherige Funktion der Luftfahrtkommission wird beibehalten. Sie wird punktuell zu luftfahrtrelevanten Themen konsultiert. Der Bundesrat verzichtet weiterhin auf eine systematische fachliche Unterstützung der Kommission zu wichtigen Fragen der Luftfahrt. Der Bundesrat wird hierfür auf interne oder externe Experten zurückgreifen. Diese Massnahme hat keine Gesetzesänderung zur Folge.

Drittens: Der Bundesrat wertet die Rolle der Luftfahrtkommission auf. Der gesetzlich vorgesehene Handlungsspielraum wird vollumfänglich ausgenützt. Die Kommission wird derart zusammengesetzt (d.h. verkleinert), dass sie effizient, zielgerichtet und kompetent arbeiten kann. Für wichtige Einzelfragen stellt die Kommission Spezialausschüsse zusammen und zieht bei Bedarf Experten bei. Sodann werden unter dem Patronat der Luftfahrtkommission nationale Luftverkehrskonferenzen durchgeführt. Diese Konferenzen bezwecken, einem weiteren Kreis von Interessierten der Luftfahrt sowie der allgemeinen Öffentlichkeit Aufschluss über den Stand der Entwicklung zu geben, Anregungen entgegenzunehmen und Einblick in künftige Projekte zu gewähren. Diese Massnahmen haben keine Gesetzesänderung zur Folge.

Haltung des Bundesrats Die Luftfahrtkommission wird aufgehoben. Der Bundesrat wird bei wichtigen Fragen der Luftfahrt im Einzelfall Experten beiziehen. Das Luftfahrtgesetz wird entsprechend angepasst und die Verordnung über die Luftfahrtkommission aufgehoben.

Unter der Leitung des BAZL wird ein koordinierendes und beratendes Gremium geschaffen, in welchem die obersten Verantwortlichen des schweizerischen Luftfahrtsystems zusammengeschlossen sind. Es beschäftigt sich mit der Gewährleistung eines im europäischen Vergleich hoch stehenden Sicherheitsstandards (Safety und Security) in der schweizerischen Luftfahrt, der Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrt sowie deren nachhaltigen Entwicklung.

3.2

Luftverkehr

3.2.1

Allgemeines

Der Luftverkehr ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Internationale Luftverkehrsverbindungen dehnen Absatz- und Arbeitsmärkte aus, führen zu einer Intensivierung des Binnenwettbewerbs und machen die Schweiz als Standort für in- und ausländische Unternehmen attraktiv. Die Einflüsse zwischen Wirtschaftsentwicklung und Luftverkehr sind dabei als Wechselwirkung zu betrachten.46

46

SIAA (2003), S. 48 f.; 48.

1823

Um die Anzahl an Direktverbindungen zu erhöhen, bedienen sich einige Fluggesellschaften einer so genannten Drehkreuzstrategie (Hub-Strategie). Dieses betriebswirtschaftliche Mittel dient der besseren Auslastung von Flugzeugen. Welche Direktflüge angeboten werden, entscheidet die Fluggesellschaft. Der Flughafen stellt die hierfür erforderlichen infrastrukturellen Rahmenbedingungen zur Verfügung.

Das betriebswirtschaftliche Konzept eines Drehkreuzes erhöht die Anzahl der Fluggäste und damit die Wertschöpfung eines Flughafens. Zudem wird das Angebot an Direktflügen verbessert. Allerdings verursacht der Drehkreuzbetrieb im Vergleich zu einem herkömmlichen Flugbetrieb mit Punkt zu Punkt Verbindungen einen entsprechenden Mehrverkehr mit entsprechenden Mehrbelastungen für die betroffene Bevölkerung.

Obwohl Direktverbindungen eine wichtige Rolle spielen und von den Fluggästen grundsätzlich geschätzt werden, stellen sie keinen primären Standortfaktor dar. Eine Befragung von in- und ausländischen Grossunternehmen hat ergeben, dass das Angebot an Direktverbindungen sehr begrüsst wird. Gleichzeitig sind diese Unternehmen kostenbewusst und weisen eine zunehmende Flexibilität bei der Wahl der Fluggesellschaften auf. Attraktive Umsteigeverbindungen über angrenzende Drehkreuze sind zwar umständlicher, zeitaufwändiger und anfälliger auf Verspätungen47, stellen aber eine Alternative dar, sofern der Preis für einen Umsteigeflug entsprechend tief ist.

In den folgenden Kapiteln wird zunächst der Internationale Luftverkehr abgehandelt, der sowohl den Linien- als auch den Bedarfsluftverkehr umfasst. Anschliessend widmet sich der Bericht der derzeit grössten Fluggesellschaft der Schweiz, der Swiss International Air Lines AG, an welcher der Bund heute ungefähr 20 % der Aktien hält. In Ziffer über den Binnenluftverkehr werden spezifische Fragen zur innerschweizerischen Anbindung erläutert. Das Thema Business Aviation befasst sich dann mit der gewerbsmässigen und nichtgewerbsmässigen Geschäftsluftfahrt. Abgeschlossen wird das Kapitel Luftverkehr mit der so genannten General Aviation, welche den übrigen Luftverkehr, insbesondere aber die Arbeitsluftfahrt und die Freizeitaviatik umfasst.

3.2.2

Internationaler Luftverkehr (Linien- und Bedarfsluftverkehr)

Ausgangslage Gemäss der Organisationsverordnung des UVEK stellt der Bund ein attraktives und bedarfsgerechtes Angebot der schweizerischen Luftfahrt durch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrtunternehmen sicher.48 Gemäss den strategischen Zielen der Luftfahrtpolitik setzt sich der Bundesrat für die Anbindung der Schweiz an alle wichtigen europäischen Bestimmungsorte sowie an die wichtigsten Zentren des entfernteren Auslands mit Direktverbindungen ein.49 Der 47 48 49

SIAA (2003), S. 48 f.; 67.

Vgl. Fussnote 34.

U.a. in der Departementsstrategie UVEK, S. 17, Mai 2001. «Für die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes sind daher direkte Anschlussverbindungen an die wichtigsten Handels- und Industriezentren der Welt von zentraler Bedeutung» (Botschaft Redimensionierungskonzept für nationale Zivilluftfahrt; BBL 2001 Nr. 51 S. 6445).

1824

Linienverkehr ist Teil des öffentlichen Verkehrs. Diese Definition begründet allerdings keinen Anspruch auf Unterstützung durch die öffentliche Hand.50 Problemstellung Wie einleitend ausgeführt, sind die Handlungsmöglichkeiten des Bundesrats im Luftverkehr auch deshalb beschränkt, weil zumindest der europäische Luftverkehrsmarkt weitgehend liberalisiert und der schweizerische Luftverkehr Teil eines globalisierten Markts ist. Im Gegensatz zum Schienenverkehr, bei dem der Bund einen relativ grossen Handlungsspielraum besitzt und beispielsweise einen verbindlichen Fahrplan für alle Bahnunternehmen aufstellen kann, sind die Eingriffsmöglichkeiten des Bundesrats im Luftverkehr wegen seiner liberalisierten, globalen und marktwirtschaftlichen Ausrichtung stark eingeengt. Einer finanziellen Unterstützung des Luftverkehrs durch die öffentliche Hand sind ausserdem auf europäischer Ebene durch übergeordnete europäische EU Regelungen über staatliche Beihilfen enge Grenzen gesetzt.51 Bei der Definition einer Luftverkehrspolitik ist deshalb stets zu berücksichtigen, dass der Spielraum des Bundesrats aufgrund der marktwirtschaftlichen, rechtlichen und finanzpolitischen Beschränkungen ausserordentlich eng ist.

Übergeordnetes Ziel für den Bundesrat ist eine optimale Anbindung der Schweiz an die wichtigen europäischen und interkontinentalen Zentren. In wirtschaftlich guten Zeiten wird diese Anbindung durch in- und ausländische Fluggesellschaften in ausreichendem Masse gewährleistet. Der Bundesrat unterstützt die Anbindung des Luftverkehrs, indem er für optimale Rahmenbedingungen sorgt. Hierzu setzt er sich beim Abschluss von Luftverkehrsabkommen für eine möglichst liberale Regelung ein und ist bestrebt, dem Luftverkehr möglichst optimale luft- und bodenseitige Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen.

Es ist davon auszugehen, dass eine Anbindung der Schweiz an alle wichtigen europäischen Zentren aufgrund der weitgehenden Liberalisierung und der Attraktivität des Standortes Schweiz auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gewährleistet ist.

Es existieren schweizerische und ausländische Fluggesellschaften, welche heute die Schweiz mit den grösseren europäischen Städten verbinden und aller Voraussicht nach auch in konjunkturell schlechten Zeiten verbinden werden. Ausländische Fluggesellschaften kommen bereits heute
für zwei Drittel aller Flugverbindungen aus der Schweiz nach europäischen Destinationen auf.

Es stellt sich die Frage, ob erstens die Anbindung der Schweiz an die wichtigsten interkontinentalen Zentren mit Direktverbindungen ein strategisches Ziel des Bundesrats sein soll und zweitens, wie dieses Ziel allenfalls umgesetzt werden muss, falls der Markt die entsprechenden Verbindungen nicht mehr anbieten sollte. Ein massgeblicher Grund für das Engagement des Bundes bei der heutigen SWISS war die Beibehaltung eines substantiellen Angebots an interkontinentalen Direktverbindungen.52 Hierzu ist folgendes festzuhalten: Die Fluggesellschaften sind zumindest in der Schweiz privatwirtschaftliche Unternehmen, die nicht zur Bedienung einzelner Fluglinien verpflichtet werden können.

In diesem Sinne besteht auch kein Service Public-Charakter, der die Luftverkehrsunternehmen verpflichten würde, eine Grundversorgung an Luftverkehrsverbindungen 50 51 52

Vgl. Departementsstrategie UVEK (2001), Seite 17; SIL (2000) Teil IV, Seite 3; Antwort des Bundesrats 17.11.1999 auf die Interpellation 99.3436 ­ Innovation im Tourismus.

Art. 13 des Luftverkehrsabkommens CH-EG vom 21.06.1999.

Vgl. Fussnote 13.

1825

sicherzustellen.53 Die Luftverkehrsunternehmen betreiben ihr Fluggeschäft nach betriebs- und nicht nach volkswirtschaftlichen Kriterien. Die SWISS fliegt zwar heute diverse Interkontinentaldestinationen an, die sowohl nach volks- als auch betriebswirtschaftlichen Kriterien sinnvoll sind und somit einen wesentlichen Beitrag zur interkontinentalen Anbindung der Schweiz leisten. Allerdings hat sie aus betriebswirtschaftlichen Gründen volkswirtschaftlich sinnvolle Destinationen streichen müssen (z.B. Peking, New Delhi, Rio de Janeiro, San Francisco), betreibt aber gleichzeitig verschiedene rentable Strecken nach Afrika, obwohl diese volkswirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung sind.

Weil die SWISS heute auf dem Flughafen Zürich ein Drehkreuz betreibt, steht in Zürich eine beachtliche Zahl von interkontinentalen Direktverbindungen zur Verfügung. Die Mehrzahl der von der Schweiz aus reisenden Fluggäste benutzt aber dennoch die angrenzenden europäischen Hubs für Interkontinentalflüge54, weil entweder die angebotenen Flüge kostengünstiger sind oder die benötigte Langstreckenverbindung von der Schweiz aus nicht direkt angeboten wird.55 Handlungsalternativen Der Bundesrat geht davon aus, dass eine angemessene Anbindung der Schweiz an alle wichtigen europäischen Zentren aufgrund der weitgehenden Liberalisierung auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gewährleistet ist. Falls der Luftverkehrsmarkt eine angemessene Luftverkehrsanbindung der Schweiz an aussereuropäische Destinationen nicht mehr anbieten können sollte, bestünden grundsätzlich zwei Vorgehensweisen: Entweder würde ein möglichst umfassendes Angebot an direkten Interkontinentalverbindungen indirekt durch die Verbesserung von Rahmenbedingungen wie den Abschluss von liberalen Luftverkehrsabkommen gefördert oder das Ziel würde mit direkten Massnahmen umgesetzt.

Sollte sich der Bund für eine direkte Einflussmöglichkeit entscheiden, müsste eine staatlich kontrollierte Fluggesellschaft gegründet werden, die im Auftrag des Bundes und unabhängig von betriebswirtschaftlichen Kriterien bestimmte Destinationen anfliegt. Angesichts der strengen europäischen Beihilferegelung fällt diese Option ausser Betracht. Bliebe die Verpflichtung einer bestehenden, privatwirtschaftlich organisierten Fluggesellschaft. Der Bund müsste zunächst die volkswirtschaftlich
bedeutenden Interkontinentalverbindungen bestimmen und anschliessend ­ sofern keine Fluggesellschaft diese Verbindungen anbietet ­ eine öffentliche Ausschreibung dieser Strecken vornehmen, um die einschlägigen Bestimmungen über das öffentliche Beschaffungswesen einzuhalten. Der Bund würde denjenigen schweizerischen oder ausländischen Fluggesellschaften den Zuschlag geben, welche das beste Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten. Die Fluggesellschaften wären dann verpflichtet, die geforderten Verbindungen anzubieten und aufrechtzuerhalten; der Bund hätte die Gesellschaften entsprechend zu entschädigen. Die Vergabe von Interkontinentalstrecken an Fluggesellschaften gegen staatliches Entgelt wäre weltweit einmalig. So genannte «gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen» gibt es heute in der EU aus-

53 54 55

Interpellation SVP 03.3074.

Mikrozensus 2000 über das Verkehrsverhalten.

SIAA (2003), S. 37.

1826

schliesslich für Strecken innerhalb der Mitgliedstaaten. Sie bezwecken, bestimmte Rand- oder Entwicklungsgebiete eines Mitgliedstaates verkehrsmässig zu erschliessen.56 Haltung des Bundesrats Attraktive Luftverkehrsverbindungen in wichtige ausländische Handelszentren sind auch weiterhin eine zentrale Voraussetzung für eine international ausgerichtete und wettbewerbsfähige Volkswirtschaft. Der Bundesrat anerkennt die volkswirtschaftliche Bedeutung des internationalen Luftverkehrs. Dieser trägt wesentlich zum Bruttoinlandprodukt bei und ist von grossem Nutzen für die schweizerische Wirtschaft.

Internationaler Luftverkehr leistet in Bezug auf die Erreichbarkeit und Standortgunst einen wichtigen Beitrag. Deshalb stellt die Gewährleistung einer bestmöglichen Anbindung der Schweiz an die europäischen und weltweiten Zentren weiterhin ein wichtiges Ziel dar.

Der Bundesrat geht davon aus, dass eine angemessene Anbindung der Schweiz an alle wichtigen europäischen Zentren und somit zu wichtigen interkontinentalen Drehkreuzen aufgrund der weitgehenden Liberalisierung auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sichergestellt ist. Über diese Drehkreuze ist eine Anbindung der Schweiz an die weltweiten Wirtschaftsmetropolen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten grundsätzlich gewährleistet.

Direkte staatliche Eingriffe in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zugunsten einzelner Marktteilnehmer sind nicht zukunftsträchtig. Vielmehr soll das Ziel einer möglichst optimalen Anbindung der Schweiz durch die Verbesserung der verkehrsrechtlichen Rahmenbedingungen gefördert werden. Der Bundesrat setzt sich insbesondere weiterhin für den Abschluss von liberalen Luftverkehrsabkommen ein und ist bestrebt, bestehende restriktive Abkommen so rasch wie möglich neu zu verhandeln.

So können Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in der Schweiz wie auch im Ausland von guten Rahmenbedingungen profitieren.

Damit der Luftverkehr auch inskünftig wettbewerbsfähig bleibt, ist er auf eine effiziente, qualitativ hoch stehende und sichere luft- und bodenseitige Infrastruktur angewiesen. Die Dienstleistungen der Flugsicherung müssen im EU-Vergleich zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden. Die Flugplätze haben jene baulichen und betrieblichen Voraussetzungen zu schaffen, die es dem Luftverkehr erlauben, seine Dienstleistungen markt-
und preisgerecht unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen der Nachhaltigkeit abwickeln zu können.

Der Bund schafft weiterhin günstige Rahmenbedingungen für den Luftverkehr. Er begrüsst attraktive Direktverbindungen nach europäischen und interkontinentalen Zielen. Der Betrieb eines Drehkreuzes in Zürich erachtet er als effizientes Mittel, um die Anbindung unseres Landes zu optimieren. Die Infrastrukturen sollen die Realisierung kompetitiver Luftverkehrsverbindungen ermöglichen. Das konkrete Angebot an Luftverkehrsverbindungen zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsanbindung der Schweiz überlässt der Bund jedoch den Marktkräften.

Er legt grossen Wert auf eine optimale Einbindung der Schweiz in das internationale Umfeld. Die Schweiz übernimmt soweit wie möglich internationale Standards, 56

Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs.

1827

beteiligt sich an wichtigen europäischen Projekten wie der EASA und dem SES und setzt sich für einen attraktiven und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Schweiz ein.

3.2.3

SWISS

Ausgangslage Nach dem Grounding der Swissair, an deren Aktienkapital der Bund zu 3 % beteiligt gewesen war, hat der Bund unter anderem eine Minderheitsbeteiligung an der heutigen SWISS im Umfang von rund 20 % erworben. Neben anderen übergeordneten Überlegungen waren das Weiterbestehen von Interkontinentalverbindungen und das Überleben der für den Flugbetrieb notwendigen Annex-Betriebe57 wichtige Argumente für sein Engagement. Gemäss der Botschaft über das Redimensionierungskonzept für die nationale Zivilluftfahrt sind «[...] für die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes [...] daher direkte Anschlussverbindungen an die wichtigsten Handels- und Industriezentren der Welt von zentraler Bedeutung»58. Dabei betrachtete der Bund seine Beteiligung an der SWISS als vorübergehende Investition. Sie soll veräussert werden, sobald sich die wirtschaftliche Lage der SWISS so weit konsolidiert hat, dass ein Rückzug des Bundes das wirtschaftliche Fortkommen des Unternehmens nicht mehr gefährdet.59 An der SWISS hängt ungefähr die Hälfte der airline- und airportbezogenen Wertschöpfung (rund 10 Mia. Fr. oder gut 65 000 Beschäftigte). Ein Wegfall der SWISS hätte einschneidende Konsequenzen. Das Ausmass der Folgen ist aber wesentlich von der Substitutionswirkung durch andere Fluggesellschaften abhängig. Allgemein kann erwartet werden, dass nur ein Teil der ausfallenden Flugverbindungen von anderen Gesellschaften angeboten und die Anzahl der Direktverbindungen sinken würde, und dass die wirtschaftlichen Folgen vor allem in Zürich und Basel spürbar wären. Andererseits ist abzusehen, dass die Direktverbindungen zu den anderen Drehkreuzen wesentlich ausgebaut würden.60 Problemstellung Die SWISS befindet sich trotz einschneidenden betriebswirtschaftlichen Massnahmen weiterhin in einer schwierigen Lage. In der Öffentlichkeit wurde deshalb bereits mehrmals die Forderung an den Bund laut, die SWISS ein weiteres Mal zu unterstützen, um einerseits sein früheres finanzielles Engagement zu erhalten, andererseits weiterhin ein Angebot an direkten Interkontinentalverbindungen zu gewährleisten und damit ein funktionstüchtiges Drehkreuz Zürich zu erhalten.

Handlungsalternativen Die Frage stellt sich, ob der Bundesrat seine bisherige Haltung, die Investition bei der SWISS sei einmalig, ändern soll. Die Alternative wäre eine weitere finanzielle Unterstützung der SWISS.

57 58 59 60

Insbesondere SR Technics, Swissport und Atraxis.

Vgl. Fussnote 49.

Vgl. Fussnote 53.

SIAA (3003), S. 68.

1828

Der Bundesrat hat mehrmals festgehalten, dass sich die SWISS vorrangig am wirtschaftlichen Erfolg zu orientierten und den Markterfordernissen anzupassen habe.

Als privatwirtschaftliches Unternehmen wird die SWISS deshalb jene Strecken anbieten, welche die erforderliche Rentabilität gewährleisten. Der heutige Streckenplan der SWISS enthält deshalb Destinationen, deren Bedienung volks- und betriebswirtschaftlich sinnvoll ist und einen bedeutenden Beitrag zur interkontinentalen Anbindung der Schweiz leistet. Die SWISS musste aber ­ wie bereits erwähnt ­ volkswirtschaftlich wichtige Ziele aufgrund betriebswirtschaftlicher Realitäten aufgeben. Sie wird weiterhin gezwungen sein, ihr Streckennetz laufend den Marktverhältnissen anzupassen. Dennoch stellt sie für den Bundesrat einen wichtigen luftfahrtpolitischen Faktor dar, der die europäische und interkontinentale Anbindung unseres Landes in bedeutendem Umfang sicherstellt. Die SWISS wird aber aufgrund betriebswirtschaftlicher Gesetzmässigkeiten nie alle volkswirtschaftlich wünschbaren Destinationen bedienen können.

Haltung des Bundesrats Der Bundesrat hält an seiner bisherigen Strategie fest. Als Investor erwartet er von der SWISS auch weiterhin, dass sie die für den wirtschaftlichen Erfolg und die angestrebte Rentabilität notwendigen unternehmerischen Massnahmen trifft, um sich auf dem Luftverkehrsmarkt behaupten zu können. Dazu können die verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Fluggesellschaften sowie weitere Flotten- und Streckenoptimierungen gehören. In diesem Sinn setzt sich der Vertreter des Bundes im Verwaltungsrat für die erstrangigen unternehmerischen Zielsetzungen ein. Der Bundesrat schliesst aber den Einsatz weiterer Bundesmittel in Form von Darlehen oder Beiträgen aus.61 Ein teilweiser oder vollständiger Rückzug des Bundes erfolgt mit dem primären Ziel, die SWISS in eine neue, dauerhafte Partnerschaft zu überführen. Ein solcher Schritt erfolgt nicht zur Unzeit, er wird dann ins Auge gefasst, wenn sich die wirtschaftliche Lage der SWISS so weit konsolidiert hat, dass das Überleben des Unternehmens nicht mehr gefährdet ist.

Die SWISS stellt auch künftig einen wichtigen luftfahrtpolitischen Faktor dar, selbst wenn neueste Studien zeigen, dass die Existenz einer «nationalen Fluggesellschaft» für die Sicherstellung der Erreichbarkeit nicht
unabdingbar ist.62 Der Bundesrat geht davon aus, dass die europäische und interkontinentale Anbindung der Schweiz durch eine schweizerische Fluggesellschaft am effektivsten sichergestellt werden kann.

Der Bund fördert die SWISS, wie auch andere schweizerische Fluggesellschaften, durch die Gewährleistung von optimalen Rahmenbedingungen, namentlich durch die Verbesserung der verkehrsrechtlichen Voraussetzungen63, die Gewährleistung einer effizienten und sicheren luft- und bodenseitigen Infrastruktur sowie durch die Prüfung der Übernahme von Sicherheitskosten im Rahmen der einschlägigen Rechtsvorschriften.

61

62 63

Antwort Bundesrat Merz auf die Frage von Pierre Kohler: «Swiss. Wie weiter nach dem Scheitern des Beitritts zur Allianz Oneworld?» Nationalrat - Sommersession 2004 ­ Zehnte Sitzung ­ 14.06.04 ­ 14 h 30.

SIAA (2003) 67 f; BAK Basel Economics, (2004), S. 31 ff.

Vgl. Ausführungen in Ziffer 3.1.5.

1829

3.2.4

Binnenluftverkehr

Ausgangslage Für die touristische und wirtschaftliche Entwicklung sind die schweizerischen Randregionen auf gute Verkehrsverbindungen mit den Zentren im Inland sowie im angrenzenden Ausland angewiesen. Je nach geografischer Lage kommt dabei auch der Anbindung an den Luftverkehr eine besondere Bedeutung zu.

Bisher war der Bundesrat bei der Erteilung von Streckenkonzessionen für interne Luftverkehrslinien mit Rücksicht auf das gute Schienen- und Strassennetz der Schweiz sehr zurückhaltend. Nach Artikel 32 des Luftfahrtgesetzes ist die gewerbsmässige Beförderung von Personen oder Gütern zwischen zwei Orten in der Schweiz (Kabotage oder 8. Freiheit) grundsätzlich schweizerischen Unternehmen vorbehalten, soweit Staatsverträge nichts anderes vorsehen. Das Luftverkehrsabkommen zwischen der Schweiz und der EG vom 21. Juni 1999 verpflichtet die Parteien, fünf Jahre nach Inkrafttreten (d.h. im Jahr 2007) Verhandlungen über dessen Ausdehnung auf die 8. Freiheit an die Hand zu nehmen.

Seit der Aufgabe des binnenschweizerischen Luftverkehrsnetzes durch die Swissair im Jahr 1971 hat die öffentliche Hand keine Beiträge oder Darlehen an den Betrieb regelmässig beflogener Linien mehr gewährt, obschon Artikel 101 des Luftfahrtgesetzes diese Möglichkeit nach wie vor erwähnt. Auch die in der EWG-Verordnung 2408/92 erwähnte Möglichkeit des Ausgleichs gemeinwirtschaftlicher Leistungen für die Bedienung von Rand- oder Entwicklungsgebieten wurde bisher nicht angewendet, obwohl diese Verordnung auch in der Schweiz gültig ist.

Problemstellung Kurzstreckenverbindungen des Linienverkehrs können kaum kostentragend betrieben werden. Die hohen Betriebskosten (Flugsicherungs- und Landegebühren, Fluggastgebühren, Handling etc.) lassen sich bei Flügen über eine Distanz von weniger als 300 Kilometern und einem meist geringen Verkehrsaufkommen nur schwerlich vollumfänglich auf die Benutzer abwälzen.

Interne Luftverkehrsverbindungen (heute nur ab Lugano, früher auch ab Bern) erfüllen zwar eine willkommene Zubringerfunktion für die Landesflughäfen. Vorhandene Alternativen internationaler Regionallinien zu ausländischen Drehscheiben (Frankfurt, Paris, London, Amsterdam, München, Milano) beschleunigen jedoch die Aufgabe unwirtschaftlicher Luftverkehrsverbindungen im Inland. Trotz der erkannten, wichtigen Zubringerfunktion sah der
Bundesrat jedoch keinen Anlass, interne Luftverkehrslinien zu subventionieren oder die SWISS zu verpflichten, die Bedienung der Regionalflughäfen Bern und Lugano zu garantieren.64 Die Bedienung der schweizerischen Regionen ist direkt von der betriebswirtschaftlichen Rentabilität der Flugverbindungen abhängig. In konjunkturell schlechten Zeiten ist daher der Anschluss der Regionen ans internationale Luftverkehrsnetz gefährdet. Mit dem sukzessiven Abbau des von der Crossair AG ausgebauten Angebots an internen und internationalen Kurzstreckenverbindungen ist vor allem der Anschluss des Tessins ans Luftverkehrsnetz in Frage gestellt. Der generelle Vorbe-

64

Vgl. auch 01.3783 ­ Motion. Sicherstellung des Anschlusses der Regionalflughäfen Bern und Lugano ans Luftverkehrs Liniennetz der neuen nationalen Airline.

1830

halt der Kabotage für schweizerische Unternehmen behindert den Marktzugang ausländischer Fluggesellschaften.

Handlungsalternativen Der Luftverkehr zwischen zwei Orten in der Schweiz hat lediglich eine den Bodenverkehr ergänzende Funktion. Er wird sich nur dort durchsetzen, wo er einer peripheren Region eine entscheidend bessere Anbindung und damit einen komparativen Vorteil (Fahrplan, Qualität, Reisezeit) bieten und damit einen unabdingbaren Beitrag zur touristischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region leisten kann.

Es stellt sich die Frage, ob schweizerische Randregionen, insbesondere das Tessin, auch weiterhin in zweckmässiger Ergänzung zu Bahn und Strasse durch den Luftverkehr mit den Zentren der übrigen Schweiz verbunden bleiben sollen. Dieses aus der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit fliessende Anliegen wäre dann zu prüfen, wenn aus rein wirtschaftlichen Gründen keine Fluggesellschaft mehr bereit ist, die Anbindung des Tessins über den Luftverkehr zu gewährleisten. Die seit dem Inkrafttreten des bilateralen Luftverkehrsabkommens zwischen der EG und der Schweiz am 1. Juni 2002 anwendbare EU-Verordnung 2408/92 sieht vor, dass die öffentliche Hand sog. «gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen» für bestimmte Strecken eines Luftfahrtunternehmens abgelten kann. Bei der dazu notwendigen öffentlichen Ausschreibung können sich nicht nur schweizerische, sondern auch Unternehmen der EU für die Bedienung von Inlandstrecken bewerben.

Haltung des Bundesrats Grundsätzlich hält der Bundesrat daran fest, dass für kurze Distanzen die Bahn vorzuziehen ist. Zur Förderung der Luftverkehrsanbindung des Tessins prüft der Bundesrat das Instrument der «gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen» gemäss Artikel 4 EU VO 2408/92, sofern die Anbindung nicht durch den Markt gewährleistet wird und die betroffenen Kantone und Gemeinden bereit sind, Beiträge an den Betrieb solcher Linienverbindungen zu leisten.

3.2.5

Business Aviation

Ausgangslage Die Mobilität ist nicht nur für Grosskonzerne, sondern auch für klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie für öffentliche Unternehmen ein wesentlicher Faktor der Wettbewerbsfähigkeit. Dank der starken Präsenz weltweit tätiger Handels- und Industriekonzerne wie auch des Dienstleistungssektors entwickelte sich die Business Aviation (Geschäftsluftfahrt) in der Schweiz überproportional. Die auf schweizerischen Flughäfen beheimateten Unternehmen bilden in Bezug auf Flugzeugflotte und Personal einen wichtigen Faktor der Schweizer Luftfahrt. Die Business Aviation stellt durch den Individualtransport und flexible Nutzung einen immer höheren volkswirtschaftlichen Nutzen dar.

Problemstellung Im Zuge der immer stärkeren Globalisierung der Geschäftsaktivitäten und des internationalen Dienstleistungs- und Warenaustausches einerseits, sowie der Entwicklung des Flugzeugs zum Massentransportmittel andererseits, findet eine Verlagerung der Verkehrsbedürfnisse vom Linienverkehr auf den Bedarfsverkehr statt. Dabei 1831

verwischen die Grenzen zwischen dem gewerbsmässigen Taxiverkehr und dem Betrieb firmeneigener Flugzeuge (Corporate Aviation).

Für die Regulierung dieser Sparte des Luftverkehrs sind auch internationale Entwicklungen zu beachten. Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen gewerbsmässigen und privaten Beförderungen (und damit verbundenen, unterschiedlichen Sicherheitsanforderungen an die Unternehmen in organisatorischer, betrieblicher und technischer Hinsicht) sind nicht mehr vertretbar. Die Geschäftsreiseflugzeuge bewegen sich nämlich im selben Luftraum und nach den gleichen Verkehrsregeln wie der Linien- und Charterverkehr. Trotz ihrer hohen Wertschöpfung geniesst jedoch die Geschäftsluftfahrt gegenüber der Freizeitaviatik kaum bevorzugte Benützungsrechte auf Flugplätzen und im Luftraum.

Haltung des Bundesrats Zur Durchsetzung einheitlicher Sicherheitsstandards für die gewerbsmässige Luftfahrt (Linien- und Charterverkehr) wie für die Business Aviation sind die von den JAA ausgearbeiteten Regelungen JAR-OPS 2 (Corporate Aviation) für die Zertifizierung von schweizerischen Unternehmen als einheitliche Zulassungsgrundlagen einzuführen. Die Aufsicht über die Business Aviation wird gleichermassen wahrgenommen wie beim Linien- und Charterverkehr.

In Bezug auf betriebliche und verkehrsrechtliche Regelungen soll die Business Aviation in Anwendung einer einheitlichen europäischen Praxis dem internationalen Linien- und Charterverkehr grundsätzlich gleichgestellt werden.

Der Bundesrat prüft die steuerliche Gleichstellung der Business Aviation mit den übrigen Unternehmen des internationalen Luftverkehrs (Linien- und Charterverkehr), soweit dies nicht bereits erfolgt ist, und stellt sicher, dass die Mehrwertsteuer entsprechend ihrer Ausgestaltung als Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzugsrecht bzw.

Rückerstattung gemäss den Vorgaben der 6. EU-Richtlinie erhoben wird.

3.2.6

Arbeitsluftfahrt

Ausgangslage Der Bundesrat erachtet Flüge zur Hilfeleistung sowie Transportflüge in schwierigem Gelände als wichtig, weshalb genügend Kapazitäten vorhanden sein müssen. Auch dient die Arbeitsluftfahrt der wirtschaftlichen Stärkung der Gebirgsregionen sowie der Entwicklung des Tourismus. Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten in schwierigem Gelände sollen durch entsprechende Regelungen für Flüge und Landungen im Gebirge gewährleistet werden. Dafür ist ein angemessenes Netz von Gebirgslandeplätzen bereitzustellen (vgl. SIL).

Seit dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der EG am 1. Juni 2002 dürfen Unternehmen aus der EU während 90 Tagen im Jahr in der Schweiz Arbeitsflüge durchführen.

1832

Problemstellung Wo sich Landestellen in unmittelbarer Nähe von Erholungs- oder Naturschutzgebieten befinden, sind sie konfliktträchtig. Es stellt sich die Frage, wie der Aufgabe nachgekommen werden kann, bei der Bezeichnung der Gebirgslandeplätze die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezonen (Art. 8 Abs. 4 LFG) auszuscheiden.65 In flugbetrieblicher Hinsicht sind die bestehenden nationalen Rechtsgrundlagen ungenügend. Einheitliche und umfassende Sicherheitsstandards werden derzeit von den JAA ausgearbeitet (JAR-OPS 4, Aerial Work).

Haltung des Bundesrats An einem angemessenen Netz von Gebirgslandeplätzen wird festgehalten (vgl. SIL).

Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten in schwierigem Gelände sollen unter Berücksichtigung der Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes durch entsprechende Regelungen gewährleistet werden. Bei der Wahl von Landestellen sollen neben der operationellen Eignung (Safety) auch die Anliegen der Umwelt berücksichtigt werden. Gewissen Konflikten kann mit entsprechenden Benützungsbeschränkungen wirksam begegnet werden. Es sind Ruhezonen auszuscheiden.

Der Bundesrat setzt sich für die rasche Einführung einer schweizerischen Rechtsgrundlage zur Einführung von JAR-OPS 4 (VJAR-OPS 4) ein.

Er fordert gleiche Rechte für schweizerische wie für EU-Unternehmen, die gestützt auf das Abkommen über die Personenfreizügigkeit in der Schweiz tätig sind.

3.2.7

Freizeitaviatik

Ausgangslage Die Freizeitaviatik umfasst Flüge für Freizeit- und Sportzwecke, Ballone sowie Hängegleiter. In der bisherigen Luftfahrtpolitik wurde die Freizeitaviatik nicht explizit behandelt. Freizeitflüge sind eher regional denn national geprägt und relevant. Zentrales Instrument ist die Bewilligungspolitik des Bundes für Flugzeuge und Flugplätze.

Den Freizeitflügen kommt auch eine Bedeutung im Bereich der fliegerischen Ausbildung und Nachwuchsförderung zu.

Problemstellung In Flughafen- und Tourismusregionen nimmt die Wahrnehmung der Umweltbelastungen (insbesondere Lärm, aber auch Schadstoffe) durch die Freizeitaviatik zu. Die Ecolight-Flugzeuge, welche aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeit und Umweltvorteile gegenüber konventionellen Kleinflugzeugen Vorteile besitzen, sind in der Schweiz noch nicht zugelassen.

65

Vgl. SIL Teil III B6a.

1833

Handlungsalternativen Mit innovativen Lösungen sollen die Belastungen für Mensch und Umwelt im Bereich Freizeitverkehr reduziert werden. Benützungsrestriktionen durch die Bewilligungspolitik für die Freizeittaviatik auf Flugplätzen und im Luftraum müssen aber verhältnismässig sein.

Haltung des Bundesrats Die Freizeitaviatik hat möglichst umweltschonend zu erfolgen. Luftfahrtpolitisch ist sie gegenüber dem internationalen Luftverkehr, dem Binnenluftverkehr, der Business Aviation und der Arbeitsluftfahrt von untergeordneter Bedeutung.

Um die Umweltbelastungen zu reduzieren, setzt sich der Bundesrat ein: ­

für eine möglichst zügige Zulassung der Ecolight-Flugzeuge;

­

für flankierende Massnahmen, um eine wesentliche Zunahme der Freizeitaviatik zu vermeiden;

­

für die Ausscheidung von Ruhezonen, um wichtige Gebiete vor Belastungen durch die Freizeitfliegerei zu schonen.

Die Sicherheit der Freizeit- und Sportaviatik ist durch eine der Gefährdung angemessene Zulassungs- und Aufsichtstätigkeit sicherzustellen. Dabei sind effiziente Zusammenarbeitsformen mit Organisationen der Freizeit- und Sportaviatik zu fördern.

3.3

Flugplätze

3.3.1

Allgemeines

Die Luftfahrtpolitik des Bundesrats für die Flugplätze ist ausführlich im SIL umschrieben. Dieser Teil des Berichts erläutert deshalb zuerst die SIL-Grundsätze und zeigt den Handlungsbedarf auf. Im Anschluss daran befasst sich der Bericht in allgemeiner Form mit den drei Landesflughäfen Zürich, Genf und Basel-Mulhouse.

Dabei wird insbesondere auf die Frage der Trägerschaft der Landesflughäfen näher eingegangen. Schliesslich werden spezifische Ausführungen zu den einzelnen drei Landesflughäfen gemacht.

3.3.2

Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL)

Ausgangslage Die entscheidende Weichenstellung zum heutigen Flugplatzsystem erfolgte vor über 50 Jahren. Noch während des Zweiten Weltkriegs wurde ein Bundesprogramm für den Aufbau einer Infrastruktur für die Zivilluftfahrt ausgearbeitet und im Bundesbeschluss vom 22. Juni 1945 über den Ausbau der Zivilflugplätze verankert. In jene Zeit fällt auch der Grundsatzentscheid zugunsten des dezentralen Systems mit drei Landesflughäfen anstelle eines schweizerischen Zentralflughafens. Diese Dezentralisierung führte zwar zu höheren Investitions- und Betriebskosten, ermöglichte dafür eine bessere Bedienung der regionalen Handels- und Industriezentren und liess eine höhere Gesamtkapazität entstehen.

1834

Für die Flugplätze ist der vom Bundesrat am 18. Oktober 2000 verabschiedete Konzeptteil des SIL massgebend. Mit diesem bekannte sich der Bundesrat zu einer nachhaltigen Infrastrukturpolitik. Wegweisende Ziele sind die effiziente Nutzung der Luftfahrtinfrastruktur, die Einordnung in den Gesamtverkehr, ein umfassender Umweltschutz und die räumliche Abstimmung. Die bestehenden Flugplätze sollen in der Substanz erhalten, qualitativ verbessert und bedarfsgerecht entwickelt werden können. Eine generelle Begrenzung im Sinne eines Ausbaustopps ist nicht vorgesehen. Im Interesse der anzustrebenden Nachhaltigkeit legt der SIL folgende Entwicklungsgrundsätze fest: ­

Die Landesflughäfen sollen sich der Luftverkehrsnachfrage folgend entwickeln können.

­

Die Regionalflugplätze sollen sich dann entwickeln können, wenn ein regionalwirtschaftlicher Bedarf und ein öffentliches Interesse an Luftverkehrsleistungen vorliegen. Die Lärmimmissionsgrenzwerte sind grundsätzlich einzuhalten.

­

Umweltrechtliche Ausnahmen (so genannte Erleichterungen) sollen nur bei Flugplätzen mit Linienverkehr gewährt werden können.

Neben diesen Entwicklungsgrundsätzen hält der SIL folgende Maximen fest: ­

Bevor neue Flugplätze gebaut werden, muss die vorhandene Luftfahrtinfrastruktur bestmöglich genutzt und qualitativ verbessert werden. Dabei geniesst die Ausrichtung auf den öffentlichen Luftverkehr Priorität.

­

Die Luftverkehrspolitik ist auf die schweizerische und europäische Verkehrspolitik abzustimmen. Die verschiedenen Verkehrsträger sollen ihren Vor- und Nachteilen entsprechend eingesetzt und sinnvoll miteinander verknüpft werden. Dabei liegen die grössten Einflussmöglichkeiten in der Weiterentwicklung des europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes (HGV), wodurch eine sinnvolle Verlagerung von den Kurzstreckenflügen auf die Schiene angestrebt wird.

­

Das weltweit prognostizierte Wachstum des Luftverkehrs geht zwangsläufig mit einer zunehmenden Umweltbelastung einher. Die Bundesbehörden sind unter anderem verpflichtet, sich auch auf internationaler Ebene für wirksame Massnahmen zur Bekämpfung der CO2-Emissionen zu engagieren.

­

Die weitere Entwicklung der Luftfahrtinfrastruktur hat sich an der Raumordnungspolitik zu orientieren. Bau und Betrieb von Luftfahrtanlagen sollen besser auf die angestrebte räumliche Entwicklung sowie auf andere Infrastrukturvorhaben und Nutzungsinteressen ausgerichtet werden.

Der SIL ist mit den vom Bundesrat verabschiedeten konzeptionellen Teilen aber noch nicht vollendet. In weiteren Schritten müssen die anlagespezifischen Ziele und Vorgaben konkretisiert werden, wobei für jede Luftfahrtanlage ein Objektblatt zu erstellen ist. Als Voraussetzung für die Festlegungen in den Objektblättern sollen die Flugplatzanlagen mit dem Flugbetrieb einerseits und mit den umgebenden Nutzungs- und Schutzansprüchen andererseits in einem Koordinationsprozess aufeinander abgestimmt werden. Diese Abstimmung erfolgt durch Zusammenarbeit der beteiligten Partner, namentlich der interessierten Stellen des Bundes und der Kantone, der betroffenen Gemeinden und der Flugplatzhalter. Eine erste Objektblattserie hat der Bundesrat am 30. Januar 2002 für die Flugplätze Bern-Belp, Interlaken, Ecuvillens, Bellechasse, Gruyères, Schwarzsee, Grenchen, Samedan, Birrfeld, 1835

Fricktal-Schupfart, Lausanne-La Blécherette und La Chaux de Fonds-Les Eplatures verabschiedet. Eine zweite Serie Objektblätter für die Flugplätze Reichenbach, Bex, Münster, Raron Flugplatz, Raron Heliport und Birrfeld (Anpassung) wurde am 14. Mai 2003 vom Bundesrat genehmigt. Noch ausstehend sind insbesondere die Koordinationsprozesse und Objektblätter für die Landesflughäfen.

Problemstellung Die vor allem in Zürich und Basel verzeichneten Einbrüche in der Verkehrsnachfrage, ungewisse Aussichten bezüglich der Entwicklung des Passagieraufkommens sowie die trotz gedämpfter Wachstumsprognosen heftige und komplexe Fluglärmdiskussion um den Flughafen Zürich haben die nationale Flughafenpolitik ins Blickfeld gerückt. Bedeutsam ist der Umstand, dass die mit dem Betrieb der grenznahen Flughäfen verbundenen Auswirkungen zunehmend über die Kantons- und Landesgrenzen hinausgreifen und von nationaler Bedeutung sind.

Handlungsalternativen Der Spielraum für alternative Lösungen ist bezüglich der Landesflughäfen begrenzt.

Einerseits liegen sie in unmittelbarer Nähe zum angrenzenden Ausland. Andererseits befinden sie sich in Regionen, die zu den dichtest besiedelten der Schweiz gehören.

Zudem ist der Betrieb der Flughäfen einer übergeordneten, einheitlichen Bundesplanung weitgehend entzogen. Kantonale Behörden und Gemeinden betreiben die Flughäfen entweder selbst oder indirekt über von ihnen kontrollierte Gesellschaften und verfügen über umfassende Rechtsetzungskompetenzen sowie Sperrminoritäten.

Die Festlegung luftfahrtpolitischer Grundsätze im SIL gestaltet sich heute äusserst schwierig, wie die Erfahrungen mit dem Koordinationsprozess für den Flughafen Zürich veranschaulichen.

Beim Flughafen Basel-Mulhouse ist der Handlungsspielraum noch weiter begrenzt als bei den anderen zwei Landesflughäfen. Er liegt auf französischem Staatsgebiet, wird durch einen Staatsvertrag mit Frankreich geregelt und ist den bundesrechtlichen Planungsvorgaben des SIL vollständig entzogen.

In Bezug auf die zivil mitbenützten Militärflugplätze, Flugfelder, Heliports und Landestellen sind die Probleme namentlich wegen der begrenzten Auswirkungen weniger gravierend. Die diesbezüglichen SIL-Grundsätze können im herkömmlichen SIL-Änderungsverfahren den neuen Verhältnissen angepasst werden.

Haltung des Bundesrats Die im SIL festgelegte
Politik hinsichtlich der künftigen Entwicklung sowie der Rollenverteilung beim Bau und Betrieb der Landesflughäfen wird überprüft und wo nötig angepasst (vgl. Ziffer 3.3.3 bis 3.3.6).

Die übrige SIL-Politik, namentlich zu den zivil mitbenützten Militärflugplätzen, Flugfeldern, Heliports und Landestellen, wird beibehalten. Festgehalten wird dabei auch an den im SIL verankerten Überprüfungsaufträgen hinsichtlich der Gebirgslandeplätze (SIL Teil III B6a) und Lastaufnahmeplätze (SIL Teil III B6c).

1836

3.3.3

Landesflughäfen

Ausgangslage Von den Betreibern der Landesflughäfen Zürich, Genf und Basel-Mulhouse wird erwartet, dass sie sich auf den vom Markt bestimmten Luftverkehr ausrichten und dabei den Bund in seinem Bemühen unterstützen, den Standort Schweiz zweckmässig in das Weltluftverkehrsnetz einzubinden.

Die Wichtigkeit der Landesflughäfen unterstreicht der SIL in der Fassung vom 18. Oktober 2000 mit folgenden Grundsätzen: ­

Die Landesflughäfen sind die nationalen Drehscheiben des internationalen Luftverkehrs und Teil des Gesamtverkehrssystems. Der Flughafen Zürich soll seine Rolle als eine der grossen europäischen Drehscheiben des Weltluftverkehrs wahrnehmen können. Die Flughäfen Basel-Mulhouse und Genf sollen sich entsprechend ihrer tri- bzw. binationalen Funktion entwickeln und auf regional erforderliche Interkontinentalflüge sowie den Europaluftverkehr ausrichten können.

­

Auf den Landesflughäfen kommt dem Linienverkehr Priorität zu.

­

Die Landesflughäfen sollen untereinander zusammenarbeiten und die sich bietenden marktwirtschaftlichen Möglichkeiten für eine sinnvolle Verkehrsteilung nutzen.

­

Die Landesflughäfen sollen eine ihrer Funktion entsprechende, leistungsfähige Infrastruktur anbieten. Die erforderlichen Entwicklungsschritte sind rechtzeitig einzuleiten und unter räumlichen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Kriterien zu optimieren.

Problemstellung Bis anhin wurden die Flughäfen der tatsächlichen und absehbaren Verkehrsentwicklung folgend ausgebaut. Nach jeder Erweiterung führte eine weitere Zunahme des Verkehrsvolumens jeweils rasch dazu, dass die Kapazitätsgrenzen erneut erreicht wurden und betriebliche Engpässe und Verspätungen entstanden. Aufgrund des Einbruchs im Luftverkehr sind die Flughäfen heute aber mit zum Teil erheblichen Überkapazitäten konfrontiert.

Trotz der deutlichen Abnahme des Luftverkehrs in den letzten Jahren nehmen die Klagen der Bevölkerung rund um die Flughäfen kontinuierlich zu. Dabei präsentiert sich die vom Fluglärm betroffene Bevölkerung nicht als homogene Einheit; je nach Herkunft sind die Forderungen und Lösungsvorschläge unterschiedlich. In vielen Fällen sind die zuständigen Flughafenbetreiber sowie die Kantonsregierungen nicht in der Lage, zwischen den Beteiligten einvernehmliche Lösungen zu finden. Entscheide über Änderungen des Betriebsreglements eines Flughafens werden heute mit tausenden von Einsprachen angefochten. Hinzu kommt, dass die Flughäfen weit über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus Auswirkungen entfalten und demnach von nationaler Bedeutung sind. So ist die heute bestehende Situation vor allem beim Flughafen Zürich unbefriedigend. Der Bund ist wegen seinen begrenzten Einflussmöglichkeiten nicht in der Lage, verbindliche Vorgaben zum Betrieb des Flughafens aufzustellen. Die heutige Rollenverteilung (grosse Einflussmöglichkeiten der Flughafenkantone, ungenügende Planungskompetenz des Bundes) wird der nationalen Bedeutung der Landesflughäfen nicht gerecht. Die bundesrechtliche Genehmi1837

gungspflicht für Betriebsregelemente erlaubt es nicht, aktiv in die Betriebsplanung von Flughäfen einzugreifen. Dieser Mangel an Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten durch den Bund hat auch dazu geführt, dass der Kanton Zürich im Rahmen seiner Planungskompetenz in Flughafenfragen primär die eigenen Interessen vertrat und übergeordnete, namentlich grenzüberschreitende Anliegen zu wenig wahrnahm, was auf Bundesebene zu einer Belastung der Beziehungen sowohl mit den Nachbarkantonen als auch mit Deutschland geführt hat.

Der Bund kann den Flughafenbetrieb heute nicht selber aktiv gestalten. Als Mittel zur Durchsetzung seiner verkehrspolitischen Ziele verfügt der Bund im Rahmen der geltenden Rechtsordnung über den SIL. Er kann darin die wichtigen Eckdaten des Flughafens festlegen, insbesondere den Zweck, das beanspruchte Areal, die Grundzüge der Nutzung, die Erschliessung sowie die Rahmenbedingungen zum Betrieb.

Er zeigt darin ausserdem auch die Umweltbelastungen auf. Für die Infrastruktur selbst und die Ausgestaltung des Betriebs ist der Flughafenhalter verantwortlich. Er beschliesst über Bauvorhaben und die grundlegenden betrieblichen Fragen. Der Bund kann weder neue Anflugverfahren verordnen noch sonstige gestalterische Massnahmen direkt durchsetzen; er agiert ausschliesslich als Bewilligungsbehörde, kann heute Gesuche bewilligen oder ablehnen. Es stellt sich deshalb die Frage, inwieweit der Bund künftig eine aktivere Rolle in Planung und Betrieb eines Flughafens einnehmen soll.

Handlungsalternativen Flughäfen sind die Lebensadern für jedes Land, insbesondere für die Schweiz als exportorientiertes Binnenland. Von der Leistungsfähigkeit der Flughäfen hängen Wirtschaftswachstum und Wohlstand unmittelbar ab. Die Schweiz darf also nicht zu einer vom internationalen Luftverkehr abgeschnittenen Insel werden. Deshalb hat die Luftfahrtpolitik stets darauf hingewiesen, dass die Landesflughäfen wichtige Tore zu Europa und zur Welt sind, die offen bleiben müssen. Sollen sie ihren Beitrag zu einer gesunden Wirtschaft leisten, müssen sie im Einklang mit der Nachhaltigkeit leistungsfähig erhalten, gezielt ausgebaut und möglichst effizient mit den anderen Verkehrsträgern verknüpft werden. Die Landesflughäfen richten sich auf den vom Markt bestimmten Betrieb der Fluggesellschaften aus (Nachfrageorientierung). Schweizerische
und ausländische Fluggesellschaften sind dafür besorgt, dass die weltweiten Destinationen von der Schweiz aus angeflogen werden können und somit unser Land auch für die ausländischen Geschäftsleute und Touristen gut erreichbar ist. Um die übergeordneten nationalen Interessen in verstärktem Mass berücksichtigen zu können, ergeben sich für den Bund folgende Möglichkeiten: ­

Der Bund kann die Verkehrsentwicklung auf den Landesflughäfen durch die Einführung von Bewegungslimiten oder durch die Festlegung entsprechender Lärmbelastungs- oder Schadstoffgrenzwerte plafonieren. Auf diese Weise steuert der Bund, obwohl nicht Eigentümer der Flughäfen, in einem gewissen Mass das Angebot auf den Landesflughäfen.

­

Der Bund übernimmt vermehrte Kompetenzen hinsichtlich des Betriebs von Flughäfen, indem er nicht nur Änderungen der Betriebsreglemente zur Anpassung an den rechtmässigen Zustand verfügt, sondern darüber hinaus selbst aktiv in allen Belangen des Flugplatzbetriebs eingreifen kann. Insbesondere soll der Bund Vorschriften über die Organisation des Flugplatzes, die Betriebszeiten sowie über die An- und Abflugverfahren erlassen können.

1838

Dies bedingt eine Änderung des Luftfahrtgesetzes sowie der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt.

­

Der Bund kann die übergeordneten nationalen Interessen an der Aufrechterhaltung und der Weiterentwicklung des Flughafenbetriebs wahrnehmen, indem er in Gebieten, welche durch den Fluglärm belastet werden, Nutzungseinschränkungen erlässt. Solche Nutzungseinschränkungen können in Form von spezialrechtlichen Baulinien oder Lärmzonen angeordnet werden.

Sie werden durch den Bund ­ im Einvernehmen mit dem Flughafenhalter und dem Standortkanton ­ erlassen. Der Flughafenhalter kommt für allfällige Entschädigungen auf. Entsprechende Kompetenzen wären in der Luftfahrtgesetzgebung aufzunehmen. Der SIL und kantonale Richtplanung würden als Rechtsgrundlage für die Ausscheidung dienen.

Die konsequente Umsetzung einer Politik, welche der nationalen Bedeutung von Flughäfen gerecht wird, verlangt eine Übernahme der Trägerschaft der Flughäfen durch den Bund. Eine solche Übernahme rechtfertigt sich auch deshalb, weil aufgrund der systembedingten Planungsunsicherheit die betriebswirtschaftliche Führung eines Flughafens äusserst anspruchsvoll ist. Obwohl die Konzessionsdauer eines Flughafens in der Regel 50 Jahre beträgt, muss ein Flughafenbetreiber damit rechnen, dass aufgrund äusserer Umstände eine längerfristige Planung verunmöglicht wird. So zeigt das aktuelle Beispiel des Flughafens Zürich, dass die durch deutsche Verordnungen erzwungenen Massnahmen erhebliche und sehr kurzfristige Betriebsänderungen zur Folge hatten.

Die Übernahme der Trägerschaft bedarf einer Revision des Luftfahrtgesetzes und der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt. Zu prüfen ist die Frage nach der Art der Trägerschaft. Möglich ist eine spezialgesetzliche Flughafengesellschaft, an welcher der Bund eine Mehrheitsbeteiligung ausübt. Solche Trägerschaftsformen bestehen heute in einigen europäischen Staaten. Ebenso zu untersuchen sind die Konsequenzen in Bezug auf die Änderung oder den Entzug der Betriebskonzessionen (für die Flughäfen Zürich und Genf wurden die Konzessionen im Jahre 2001 letztmals um 50 Jahre verlängert) sowie die finanziellen und rechtlichen Folgen für den Bund.

Die Verschiebung der Kompetenzen bei der Planung und beim Betrieb eines Flughafens führt einerseits zu einem Verlust gewisser kantonaler Mitbestimmungsmöglichkeiten (der Bund erhält Rechtsetzungskompetenzen, die bisher den Kantonen und Gemeinden vorbehalten waren), andererseits zu einer grösseren finanziellen Verantwortung des Bundes. Diese Option bedingt Änderungen des Luftfahrtgesetzes und der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt66 sowie diverser kantonaler Erlasse und Gemeindereglemente.

Haltung des Bundesrats Der Bundesrat bekennt sich weiterhin zu einer nachfrageorientierten Entwicklung der Landesflughäfen. Im Rahmen von Nachhaltigkeitsüberlegungen sind jedoch Ausnahmen denkbar, in denen von diesem Grundsatz abgewichen werden kann.

Damit der Bund seine luftfahrtpolitische Verantwortung sowie seine Interessen und Ziele inskünftig umfassender und direkter wahrnehmen kann, prüft er Möglichkeiten 66

Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt vom 23. November 1994 (VIL, SR 748.131.1).

1839

zur Durchsetzung grösserer Bundeskompetenzen. Insbesondere prüft er den Erlass von Nutzungseinschränkungen in Gebieten, welche durch den Fluglärm belastet werden. Solche Nutzungseinschränkungen können in Form von spezialrechtlichen Baulinien oder Lärmzonen angeordnet werden. Sie würden durch den Bund ­ im Einvernehmen mit dem Flughafenhalter und dem Standortkanton ­ erlassen. Ferner braucht der Bund auch die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Betriebsreglemente der Flughäfen und damit auf die Organisation des Flugplatzes, die Betriebszeiten sowie auf die An- und Abflugverfahren, um übergeordnete nationale Interessen wahrnehmen zu können.

Kurzfristig wird der Bund seine bestehenden Planungskompetenzen im Bereich der Flughäfen ausschöpfen.

Langfristig prüft er neue Formen der Trägerschaft. Die konkrete Umsetzung dieser Zielsetzung bedarf detaillierter Abklärungen, unter anderem sind rechtliche und finanzpolitische Machbarkeiten vertieft zu untersuchen, respektive Möglichkeiten für weitergehende Privatisierungen zu prüfen. Ziel dieser Abklärungen ist die Entwicklung von Trägerschaftsmodellen, die zu einer ausgewogenen Berücksichtigung der nationalen Luftfahrtinteressen und der lokalen Bedürfnisse führen. Gleichzeitig sollen wirtschaftliche Betreibermodelle der Flughafeninfrastrukturen realisierbar sein. Dabei ist eine direkte Trägerschaft der Flughäfen durch den Bund ausgeschlossen.

3.3.4

Regionalflughäfen

Ausgangslage In der Schweiz gibt es heute zehn Regionalflughäfen, nämlich Bern-Belp, LuganoAgno, Sion, St. Gallen-Altenrhein, Birrfeld, Ecuvillens, La Chaux de Fonds-Les Eplatures, Grenchen, Lausanne-La Blécherette und Samedan. Es handelt sich um konzessionierte Anlagen, mit Ausnahme von St. Gallen-Altenrhein, für den die Konzessionierung aber angestrebt wird. Voraussichtlich noch 2004 werden die Konzession und die Plangenehmigung für den Regionalflughafen Bressaucourt erteilt.

Im Konzeptteil des SIL wird der Zweck der Regionalflughäfen umschrieben. Sie dienen der Geschäfts-, Touristik- und Arbeitsfliegerei sowie der fliegerischen Ausund Weiterbildung und dem Flugsport. Einzelne von ihnen, wie Bern-Belp, LuganoAgno, Sion oder St. Gallen-Altenrhein dienen auch dem Linienverkehr.

Den Regionalflughäfen kommt als Ergänzung der auf flugplanmässigen Verkehr ausgerichteten Landesflughäfen eine tragende Rolle in allen übrigen Luftfahrtbereichen zu. Sie unterliegen dem Zulassungszwang für alle Benutzer und verfügen über Zollabfertigung. Ihr technischer Ausrüstungsstand ist höher als der von privaten Flugfeldern. Die Regionalflughäfen mit Linienverkehr erfüllen eine besonders wichtige Rolle, indem sie die verschiedenen Regionen der Schweiz an den internationalen Luftverkehr anbinden.

1840

Haltung des Bundesrats Die bestehende Funktion der Regionalflughäfen soll erhalten bleiben. Die Festsetzungen im Konzeptteil des SIL behalten bis auf weiteres ihre Gültigkeit. Anzustreben ist eine möglichst dem internationalen technischen Standard entsprechende Infrastruktur. Weiter sollen alle Regionalflughäfen konzessioniert werden.

3.3.5

Flughafen Zürich

Ausgangslage Der Flughafen Zürich, eröffnet 1953, hat sich zum grössten und wichtigsten Landesflughafen der Schweiz entwickelt. Bis Mai 2001 wurde er vom Kanton Zürich selbst betrieben, seither ist Unique (Flughafen Zürich AG) Trägerin der am 1. Juni 2001 für 50 Jahre erneuerten Betriebskonzession. Mit einem Anteil von 48,8 % ist der Kanton Zürich Hauptaktionär, zweitgrösste Aktionärin ist die Stadt Zürich mit 5,41 % (Stand Ende 2003). Dem Kanton kommt das statutarische Recht zu, 4 der 9 Verwaltungsräte zu stellen. Weiter verfügt er über eine Sperrminorität in allen Fragen mit Auswirkungen auf die Fluglärmbelastung.

Im Jahr 2003 wurde der Flughafen von ca. 17 Millionen Passagieren benutzt, davon knapp 40 % Transferpassagiere. Es fanden rund 270 000 Flugbewegungen (Starts und Landungen) statt. In Spitzenzeiten können in Zürich pro Stunde ca. 70 Starts und Landungen erfolgen. Im Jahre 2004 haben mehr als 100 verschiedene Fluggesellschaften Zürich angeflogen und die Schweiz mit 143 Städten in 69 Ländern verbunden.

Der Flughafen Zürich ist das Drehkreuz der SWISS, die 2003 ­ trotz sinkendem Verkehrsanteil ­ immer noch 59 % aller Flugbewegungen bestritt und für 56 % des Passagieraufkommens sorgte.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Flughafens Zürich ist gross. Ca. 180 Unternehmen beschäftigen am Flughafen bei rund 15 000 Vollzeitstellen ca. 20 000 Angestellte. Etwa 1400 davon arbeiten bei der Flughafengesellschaft Unique.67 In den letzten 15 Jahren verzeichnete der weltweite Luftverkehr ein rasantes Wachstum. In Zürich entschied sich die ehemalige Swissair für eine expansive Strategie, um weitere Marktanteile zu sichern (Hunterstrategie). Dadurch konnte der Flughafen Zürich seine Passagierzahlen zwischen 1991 und 2001 nahezu verdoppeln. Im Zuge dieses Booms wurde auch die so genannte 5. Bauetappe mit einem Investitionsvolumen von über 2 Milliarden Franken initiiert. Sie ist heute zu grossen Teilen fertig gestellt und führt zu einer bedeutenden Erweiterung der Abfertigungskapazitäten.

Der seit drei Jahren festgestellte Verkehrsrückgang stellt indessen den Flughafen vor grosse Herausforderungen. Die Kapitallasten für den Flughafenausbau schmälern den betriebswirtschaftlichen Bewegungsspielraum des Flughafens substantiell.

Aufgrund der Überkapazitäten ist der Flughafen gezwungen, gewisse Infrastrukturanlagen einer neuen, nichtaviatischen Nutzung zuzuführen.

Mit dem Verkehrswachstum verschärfte sich auch das Lärmproblem rund um den Flughafen Zürich.

67

Vgl. hierzu die Ausführungen in Ziffer 1.2.3.

1841

Die süddeutschen Gemeinden setzten sich seit Mitte der 70er Jahre für eine Reduktion der Anflüge durch süddeutschen Luftraum ein. Eine Vereinbarung auf Verwaltungsstufe über die Anflugmodalitäten im Jahr 1984 konnte die Probleme nicht lösen. Jahrelange Verhandlungen führten schliesslich zu einem Staatsvertrag, der eine Beschränkung der Anflüge über süddeutschem Gebiet, die Delegation der Flugsicherung an die Schweiz und deren Entschädigung vorsah. Der Staatsvertrag wurde von den eidgenössischen Räten im März 2003 abgelehnt. Deutschland reagierte darauf mit einseitigen Massnahmen und schränkte morgens und abends die Anflüge durch süddeutschen Luftraum massiv ein.

Um einen reibungslosen Flugbetrieb weiterführen zu können, beantragte der Flughafen beim Bund die Genehmigung von Anflügen aus Süden bzw. eine Intensivierung der Anflüge aus Osten. Zehntausende von Einsprachen wurden eingereicht. Ihnen wurde die aufschiebende Wirkung durch das BAZL entzogen, um den Betrieb des Flughafens ohne Unterbruch zu gewährleisten. Dadurch wurden die Flughafenanwohner im Osten des Flughafens mit mehr Fluglärm konfrontiert. Von der Einführung der Südanflüge im Herbst 2003 waren neue Bevölkerungskreise betroffen, die bis anhin nie mit Fluglärm gerechnet hatten.

Problemstellung Die aufgrund der Deutschen Verordnung neu eingeführten An- und Abflugverfahren, die daraus resultierende Zunahme der vom Fluglärm betroffenen Gebiete und Bevölkerung sowie die Ungewissheit bezüglich Durchführung der Flugsicherung und Benützung des süddeutschen Luftraums stellen derzeit die grössten Probleme dar.

Der massive Widerstand breiter Bevölkerungskreise gegen den Fluglärm lässt heute keine tragfähige Basis für den Flughafenbetrieb zu. Dabei spielt die wegen den einseitigen deutschen Massnahmen erforderliche Änderung des An- und Abflugregimes eine wesentliche Rolle. Ausschlaggebend ist aber die allgemeine Ablehnung von Fluglärm durch die Bevölkerung rund um den Flughafen Zürich.

Die Benützung des süddeutschen Luftraums ist für einen funktionsfähigen Flughafenbetrieb essentiell. Pistensystem und Instrumentierung sind primär auf Anflüge aus dem Norden ausgerichtet. Deshalb muss es der schweizerischen Flugsicherung möglich sein, auch einen Teil des süddeutschen Luftraums zu bewirtschaften. Eine Übernahme durch die deutsche Flugsicherung
würde den Betrieb erheblich erschweren. Um Wettbewerbsverzerrungen für die schweizerische Luftfahrt zu verhindern, muss die Luftraumüberwachung von Skyguide durch Deutschland entschädigt werden. Es ist deshalb zwingend, dass die Schweiz mit Deutschland eine dauerhafte Lösung in der Frage der Flugsicherung findet. Eine tragfähige Lösung muss auch bezüglich der Einschränkungen bei der Benützung des süddeutschen Luftraums gefunden werden; die heutigen, unflexiblen Beschränkungen in den Randstunden beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens Zürich erheblich.

Handlungsalternativen Einvernehmliche Lösung mit den Direktbetroffenen Anzustreben ist eine einvernehmliche Lösung. An dieser müssen alle wichtigen Akteure beteiligt sein, namentlich der Flughafen, die Fluggesellschaften, die Flugsicherung, Vertreter der Wirtschaft sowie die Bevölkerung, Kantone, Gemeinden,

1842

Umweltverbände und Vertreter aus dem süddeutschen Raum. Auch verschiedene Bundesstellen sind in die Lösungssuche einzubeziehen.

Ab Herbst 2001 wurden im Rahmen des SIL-Koordinationsprozesses Lösungsmöglichkeiten für die künftige Lärmverteilung gesucht. Neben dem Flughafen, der SWISS, der Skyguide sowie verschiedenen Fachstellen des Bundes nahmen 14 Kantone teil. Es wurden verschiedene betriebliche Möglichkeiten mit unterschiedlichen An- und Abflugwegen untersucht. Ein Jahr später hatten sich die Teilnehmer auf eine Tagesbetriebsvariante geeinigt, welche eine Verteilung der Flugbewegungen vorsah (sog. Betriebsvariante 2, kurz BV2). Keine Einigung gab es bezüglich des Nachtflugkonzepts sowie in der Frage des Verkehrsvolumens, auf das der Betrieb auszurichten sei. Im Herbst 2002 distanzierte sich der Kanton Zürich von der Verteilvariante BV2, da er sie als nicht tragfähig erachtete.

In der Folge riefen Bund, Kanton Zürich und Flughafen ein neues, breit angelegtes Verfahren zur Suche nach einer einvernehmlichen Lösung ins Leben. Sie beschlossen im September 2003, ein Mediationsverfahren über den Betrieb des Flughafens Zürich zu initiieren. Mögliche Ziele dieses Prozesses wären die Einigung über die An- und Abflugverfahren, der Inhalt des Objektblattes im SIL sowie Grundsätze eines neuen Staatsvertrags mit Deutschland gewesen. Das Verfahren hätte möglichst rasch vorangetrieben und wenn möglich innert zwei Jahren abgeschlossen werden sollen. Im Idealfall hätte sich aus der Mediation ein Konsens über den zukünftigen Betrieb des Flughafens ergeben sollen. Am 15. Juli 2004 scheiterte das Mediationsverfahren bereits in der Vorbereitungsphase, konnten sich doch die eingeladenen 28 Interessengruppen nicht auf die weitere Vorgehensweise einigen.

Damit steht fest, dass der ordentliche SIL-Koordinationsprozess wieder aufgenommen werden muss. Dem Bund kommt dabei die Rolle zu, die verkehrs-, umwelt- und raumordnungspolitischen Vorgaben zu definieren, die der Flughafen einzuhalten hat.

Weiter definiert und überprüft der Bund die einzuhaltenden Sicherheitsstandards.

Eine tragende Rolle soll aber auch dem Richtplanverfahren des Kantons Zürich zukommen. Ihm und dem Flughafen obliegt es, innerhalb der Vorgaben des Bundes sinnvolle Konzepte zu erarbeiten. Sachplanung des Bundes und Richtplanung des Kantons Zürich
sind eng aufeinander abzustimmen. Der Einbezug Deutschlands sowie der betroffenen Nachbarkantone wird dabei durch den Bund gewährleistet.

Bezüglich Mitwirkung der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten des Kantons Zürich kommt diesem die tragende Rolle zu.

Aufbauend auf den Vorarbeiten des Koordinationsprozesses sind auch die weiteren Betriebsvarianten, die seither ins Spiel gebracht worden sind, wie z.B. der gekrümmte Nordanflug sowie das erst kürzlich präsentierte Projekt «Relief»,68 welches unter anderem einen Verzicht auf Südanflüge sowie mehr Landungen von Osten her vorsieht, mit in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Der Bund wird diesen Sachplanungsprozess führen und dabei eine aktive Rolle spielen.

Lösungen mit Deutschland im Besonderen Die Hauptanflugrichtung des Flughafens Zürich ist heute Norden. Zwar sind auch aus Süden und Osten Anflüge möglich, Nordanflüge sind aber betriebstechnisch und umweltmässig am besten geeignet. Bei sehr schlechten Sichtverhältnissen sind aus 68

Raumentwicklungskonzept für die Flughafenregion und langfristige Infrastrukturentwicklung des Flughafens.

1843

technischen Gründen nur Anflüge von Norden möglich. Deshalb ist eine Vereinbarung mit Deutschland auch nach dem Scheitern des Staatsvertrags von 2001 von grosser Wichtigkeit.

Deutschland, das die Benützung des süddeutschen Luftraums in einer Verordnung geregelt hat, zeigt derzeit aber kein Interesse an einem neuen Vertrag. Im SILProzess sollen die deutschen Stellen so integriert werden, dass im Rahmen eines konstruktiven Dialogs stabile Betriebskonzepte entwickelt werden können, die sowohl die deutschen Interessen als auch jene der Schweizer Anwohner berücksichtigen.

Hinzu kommen flugsicherungsspezifische Anliegen. Skyguide übt seit Jahrzehnten in einem mehrere tausend Quadratkilometer grossen Gebiet über Süddeutschland die Flugverkehrskontrolle aus, um den Flugverkehr von und nach Zürich optimal organisieren zu können. Für einen reibungslosen Flughafenbetrieb ist es zwingend, dass die Flugsicherung über süddeutschem Gebiet weiterhin durch die Schweiz ausgeführt wird. Eine vertragliche Absicherung dieser Befugnis wäre für die Schweiz auch deshalb von erheblichem Vorteil, weil eine Entschädigungsregelung für die bisher unentgeltlich erfolgte Flugsicherung gefunden werden muss. Der schweizerischen Flugsicherung entgehen durch den vertragslosen Zustand jährlich Erträge in Höhe von über 20 Millionen Franken, was höhere Gebühren und eine entsprechende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Luftverkehrs zur Folge hat. Zurzeit sind Verhandlungen mit Deutschland über die Flugsicherung im süddeutschen Luftraum im Gang. Vor dem Hintergrund der Einführung einer einheitlichen europäischen Flugsicherung (SES) ist aber nicht mit deren raschem Abschluss zu rechnen.

Suche nach technischen Lösungen zur Lärmbekämpfung Beim Flugmaterial sind die Möglichkeiten zur Lärmreduktion eng begrenzt. Die Massnahmen, mit denen der Einsatz von lärmgünstigem Flugmaterial gefördert werden kann (vor allem mittels Lärmtaxen), sind weitgehend ausgeschöpft. Insbesondere die SWISS verfügt über eine im internationalen Vergleich sehr moderne und leise Flugzeugflotte. Ein Umlagerungspotential besteht noch bei der Anpassung von Lärmtaxen während sensibler Zeiten, beispielsweise in den Tagesrandstunden oder zu gewissen Zeiten am Wochenende. Zudem ist auch der technische Fortschritt in der Luftfahrtindustrie nicht
zu unterschätzen. Mittel- bis langfristig rechnet man nochmals mit einer Lärmreduktion von bis zu 10 Dezibel.

Als technische Lösungen kommen deshalb vornehmlich neue Anflugverfahren in Frage. Die heutigen Anflugverfahren sind in Bezug auf die Lärmbelastung der betroffenen Bevölkerung soweit wie möglich zu optimieren.

Betriebsbegrenzungen Eine Betriebsbegrenzung wird vielfach als einzige verlässliche Möglichkeit zur Limitierung der Umweltbelastungen gesehen. In aller Regel werden dabei Bewegungszahllimitierungen gefordert. Aber auch die Auferlegung eines Lärmkorsetts und die Beschränkung der Betriebszeiten kommen in Betracht. Der Flughafen strebt eine im internationalen Vergleich lange Nachtflugsperre von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr an.

Einer Reduktion der Umweltbelastung durch Betriebsbegrenzungen steht die entsprechende Einschränkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Flughafens 1844

Zürich gegenüber. Mit den heutigen Betriebszeiten, den Überkapazitäten und Kapitallasten sowie den hohen Gebühren ist der Flughafen Zürich im internationalen Wettbewerb bereits erheblich belastet.

Verteilung (Demokratisierung) oder Konzentration des Lärms Eine entscheidende Frage in der Fluglärmdiskussion ist, ob der Fluglärm verteilt oder konzentriert werden soll. Bei einer Konzentrationsvariante werden An- und Abflüge auf einen möglichst kleinen Raum begrenzt, der dann hohen Lärmbelastungen ausgesetzt ist, während die übrigen Regionen entlastet werden. Weniger Menschen werden also mit mehr Fluglärm betroffen.

Bei einer Verteilung des Fluglärms werden mehr Menschen mit übermässigem Lärm belastet und es ergeben sich aufgrund der Lärmberechnungsart in der Schweiz tendenziell grössere Gebiete, die mit Fluglärm über den Belastungsgrenzwerten belegt werden als bei einer Konzentrationsvariante. Permanente und intensive Belastungen in den einzelnen Anflugschneisen können allerdings etwas gemildert werden.

Die Folge von grossen mit Lärmimmissionen bedeckten Gebieten sind aber entsprechend höhere Schallschutzkosten und Kosten für formelle Enteignungen von nachbarrechtlichen Abwehransprüchen. In operationeller Hinsicht führt eine Verteilung der An- und Abflüge auf das gesamte Pistensystem zu einem flexibleren Betrieb des Flughafens mit täglich mehrmaligen Wechseln des Pistenbenützungskonzepts.

Die heutige Betriebsart des Flughafens Zürich stellt eine Mischform aus Konzentration und Verteilung dar. Die Anflüge erfolgen selbst mit den verschärften deutschen Massnahmen mehrheitlich von Norden, die übrigen Anflüge sowie sämtliche Abflüge belasten den West-, Süd-, Nord- und Ostsektor. Eine ausschliessliche Konzentration der An- und Abflüge hätte Kapazitätsreduktionen um etwa die Hälfte zur Folge.

Der 2001/2002 durchgeführte SIL-Koordinationsprozess hatte zur Wahl einer Verteilvariante geführt, da keine Region bereit war, zur vollständigen Entlastung bzw.

Schonung einer anderen mehr Lärm zu tragen. Der Kanton Zürich als Standortkanton hat sich von der im SIL-Koordinationsprozess gefundenen Lösung distanziert und prüft heute mit dem Projekt «Relief», wie mittel- und langfristig der Lärm besser als heute konzentriert werden könnte. Er zielt dabei auf eine tendenzielle Nordausrichtung des Flughafenbetriebs. Gleichzeitig
wurde der «runde Tisch» in neuer Form wieder aktiviert, um innerhalb des Kantons Zürich die politische Diskussion der künftigen Ausrichtung des Flughafens zu führen.

Haltung des Bundesrats Der Flughafen Zürich ist eine Schlüsselinfrastruktur und sein reibungsloses Funktionieren ist für die Schweiz deshalb von grösster Bedeutung. Er soll den Fluggesellschaften weiterhin die geeignete Infrastruktur bereitstellen, um ab Zürich möglichst gute Direktverbindungen nach Europa und den wichtigen weltweiten Zentren zu unterhalten und damit die Bedürfnisse des Markts zu befriedigen. Erwartet wird auch die Ermöglichung eines Drehkreuzbetriebs für eine Fluggesellschaft. Der Flughafen Zürich muss Rahmenbedingungen bieten, unter denen die Fluggesellschaften im Wettbewerb mit ihrer Konkurrenz auf anderen Flughäfen bestehen können.

Kurz- bis mittelfristig will der Bundesrat seine Handlungsmöglichkeiten wie folgt nutzen:

1845

­

Mit Deutschland soll in einvernehmlicher Weise die Befugnis zur Durchführung der Flugsicherung im süddeutschen Raum durch die schweizerische Flugsicherung vereinbart werden. Auch die Benützungsbedingungen für den süddeutschen Luftraum sollen nach Möglichkeit einvernehmlich geregelt werden. Die Rechtsverfahren in Bezug auf die Benützungsbeschränkungen des süddeutschen Luftraums werden weitergeführt.

­

Die Prüfung alternativer Anflugmöglichkeiten, einschliesslich des gekrümmten Nordanflugs, wird fortgesetzt.

­

Die zu treffenden Massnahmen zur Verminderung der Lärmbelastung müssen für den Flughafen Zürich wirtschaftlich tragbar sein. Das gilt insbesondere für die Fixierung betrieblicher Grenzen. Einschränkungen bei den Betriebszeiten müssen in vernünftigem Verhältnis zu den Bedingungen auf konkurrenzierenden Flughäfen im Ausland stehen.

­

Für die zukünftige Ausgestaltung des Flughafenbetriebs in Zürich, wie sie im Rahmen der Sachplanung zu erarbeiten ist, sollen die erwähnten luftfahrtpolitischen Ziele des Bundes eingehalten werden. Der Betrieb muss die Nutzungsbedingungen für den süddeutschen Luftraum berücksichtigen. Weiter definiert und überprüft der Bundesrat die einzuhaltenden Sicherheitsstandards. Aus umwelt- und raumordnungspolitischer Sicht sind möglichst wenige Personen einer schädlichen oder lästigen Lärmimmissionen auszusetzen, sollen möglichst wenige Bauzonen von Überschreitungen der Planungswerte betroffen und so wenig neue Gebiete und Personen wie möglich beschallt werden. In diesem Sinn spricht sich der Bundesrat grundsätzlich für eine Konzentration des Lärms im Rahmen der bestehenden faktischen und rechtlichen Rahmenbedingungen aus. Dabei ist sich der Bundesrat bewusst, dass aufgrund der bestehenden Rahmenbedingungen eine gewisse Verteilung des Lärms unumgänglich sein wird.

3.3.6

Flughafen Genf

Ausgangslage Seit 1920 hat der Kanton Genf am jetzigen Standort des Flughafens festgehalten, obwohl die Windverhältnisse nur den Betrieb einer einzigen Piste zulassen. 1937 haben die Genfer Behörden in den Bau der schweizweit ersten Betonpiste investiert.

Zwischen 1945 und 1985 wurden die Bauprojekte hauptsächlich vom Kanton Genf finanziert und lediglich zu einem kleineren Teil durch Bundesgelder subventioniert.

1985 wurde die Gewährung von Darlehen «à fonds perdu» abgeschafft. 1990 gewährte der Bund zum letzten Mal ein Darlehen zum Präferenzsatz in einer Höhe von bis zu 20 % der Anpassungskosten.

1993 hat der Genfer Staatsrat dem Gesetz über den Internationalen Flughafen Genf (Aéroport International de Genève AIG) zugestimmt und damit die Rahmenbedingungen für den Betrieb und die Anpassungen der eigenständigen öffentlichrechtlichen Anstalt festgelegt. Per 1. Januar 1994 hat das zuständige Departement der Übertragung an eine eigenständige öffentliche Anstalt zugestimmt. Unter der Oberaufsicht und der Überwachung durch den Genfer Staatsrat wird der Flughafen Genf primär durch den Aufsichtsrat geführt. Budget wie auch Rechnungsführung werden dem Staatsrat zur Zustimmung unterbreitet.

1846

Das derzeitige Investitionsprogramm (1996­2005) beläuft sich auf 600 Millionen Franken und wird vollständig durch den Flughafen Genf finanziert. Es muss mit dem jährlich ansteigenden Passagiervolumen mithalten können (1996: 5 955 821; 2003: 8 022 379 Passagiere). Die vom Flughafen Genf unternommenen Anstrengungen zur Abwendung des sukzessiven Rückzugs der Swissair-Gruppe, die 1996 durch die Einstellung der Mehrheit der Langstreckenflüge in Gang gesetzt worden ist, tragen nun ihre Früchte. EasyJet und andere wichtige Fluggesellschaften haben bereits vor dem Swissair Debakel in Genf Fuss gefasst. Trotz der durch die Swissair-Gruppe verursachten Turbulenzen und der damit zusammenhängenden Missstimmung ist der Passagierverkehr weiter angestiegen und hat damit die Notwendigkeit einer Entwicklung der Infrastruktur aufgezeigt.

Am Ende der gesetzlich gültigen Konzessionsdauer von 50 Jahren wurde dem Flughafen Genf am 31. Mai 2001 eine neue Konzession erteilt. Es wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt und ein neues Betriebsreglement erlassen. Der Staatsrat hat im Rahmen des Konsultationsverfahrens die wirtschaftlichen Auswirkungen (direkte, indirekte sowie induzierte) des Flughafens Genf auf die umliegende Region mit 8,7 Milliarden Franken und die Anzahl der direkt oder indirekt mit dem Flughafen Genf verbundenen Arbeitsplätze auf 24 000 beziffert.

Seit Beginn der 50er Jahre konnte eine Vervielfachung des Passagier- und Frachtverkehrs verzeichnet werden. Die Verlängerung der Landepiste von 2000 auf 3900 Meter war für den Betrieb der neuen Düsenflugzeuge unabdingbar. Die unmittelbare Nähe des Flughafens zu Frankreich veranlasste die beiden Staaten, ihre Beziehungen in einem bilateralen Übereinkommen zu regeln. Nur durch einen Landaustausch war es möglich, den Flughafen vollständig auf schweizerischem Territorium zu errichten. Diese Thematik wie auch jene der Hindernisfreiheit, der Errichtung radionavigatorischer Hilfen und der Befeuerung sind Inhalt eines bilateralen Übereinkommens. In diesem Zusammenhang wurde von Frankreich gewünscht, dass Passagiere, welche in Cointrin ankommen und nach Frankreich einreisen wollen, dies ohne Kontrolle durch die schweizerischen Zollbehörden tun können. Für die französischen Einrichtungen/Dienste wurde ein eigener Sektor definiert, von dem aus eine Strasse
direkt auf französisches Territorium führt. Am 25. April 1956 stimmten die Schweiz und Frankreich dem französisch-schweizerischen Übereinkommen zu und vereinbarten damit den Ausbau des Flughafens Genf-Cointrin sowie die Errichtung der nebeneinander liegenden Grenzkontrollstellen Ferney-Voltaire und GenèveCointrin.

Gesamthaft betrachtet handelt es sich beim Flughafen Genf um einen ausschliesslich schweizerischen Flughafen. Die französisch-schweizerischen Beziehungen entsprechen dem im Übereinkommen von 1956 vereinbarten Rahmen, welcher der Commission mixte franco-suisse die Aufgabe übertragen hat, Schwierigkeiten zu besprechen und gegebenenfalls ausgearbeitete Lösungen beiden Regierungen zu unterbreiten. Diese Kommission setzt sich aus je drei Vertretern der beiden Länder zusammen. Während der vergangenen Jahre war sie mit der Lösung von Grenzproblemen und anderen vielfältigen Fragestellungen konfrontiert. Dazu gehörten insbesondere die Wiederherstellung der Hindernisfreiheit (Fôret de Ferney-Voltaire), die Beteiligung an den Kosten zur Schallisolierung französischer Wohnquartiere, die von Lärmimmissionen aus dem Flughafenbetrieb betroffen sind, sowie die Reduktion der Lärmimmissionen durch die Freizeitaviatik, welche vor allem Anwohner der Region Ferney-Voltaire belasten.

1847

Für den Flughafen Genf sind die Beziehungen zwischen der Schweiz und Frankreich weitaus bedeutungsvoller als die blosse Anwendung des Übereinkommens von 1956. Die Regelungen über die Flugsicherungsdienste, welche es der schweizerischen Flugsicherungsgesellschaft Skyguide erlaubt, auch Teile des angrenzenden französischen Luftraums zu bewirtschaften, sind für einen reibungslosen Flugbetrieb auf dem Flughafen Genf entscheidend.

Problemstellung Der Flughafen Genf befindet sich in unmittelbarer Nähe stark besiedelter Zonen.

Der Ausbau des Flughafens wurde dennoch fortgeführt. Während der letzten Jahre haben der Flughafen Genf und die Anwohner eine Übereinkunft getroffen, wonach alles daran gesetzt wird, die Anwohner in der Schweiz sowie im benachbarten Frankreich gleich zu behandeln. Im Jahr 2001 wurde anlässlich der Erneuerung der Konzession die Unzufriedenheit der Anwohnervereinigungen beidseits der Landesgrenze durch verschiedene schweizerische wie auch französische Gemeinden kundgetan. Bis im Oktober 2004 waren noch alle gegen das neue Betriebsreglement des Flughafens Genf erhobenen Einsprachen hängig.

Seit 1987 haben Eigentümer, welche den Lärmimmissionen ausgesetzt sind, Antrag auf Eröffnung von nachbarrechtlichen Enteignungsverfahren gestellt. Der Flughafen Genf hat daraufhin Entschädigungen in einer Höhe von 55 Millionen Franken sowie 5 Millionen Franken für Schallisolierungsmassnahmen bezahlt. Das derzeitige Investitionsprogramm wird weitere Forderungen nach sich ziehen, insbesondere Fälle der materiellen Enteignung. Das durch den Flughafen aufgrund der Lärmschutzverordnung entwickelte Konzept zur Schallisolierung hat ebenfalls schwerwiegende finanzielle Konsequenzen. Der Flughafen Genf hat mehrfach darauf hingewiesen, dass derartige Kosten nicht über die Umweltgebühren auf die Benutzer abgewälzt werden können. Wie andere Schweizer Flughäfen muss auch Genf wettbewerbsfähig sein und seine Infrastruktur mit attraktiven Gebühren nicht nur Billigfluggesellschaften, sondern auch den traditionellen Fluggesellschaften zur Verfügung stellen können.

Gegenstand der aktuellen Diskussionen bildet auch der Status der öffentlichrechtlichen, kantonalen Anstalt. Zwischenzeitlich hat der Staatsrat des Kantons Genf erneut die Möglichkeit einer Anpassung der Gesellschaftsform in Betracht gezogen.

Die Meinungen
sind jedoch geteilt: Befürworter einer Rückkehr des Flughafens Genf in Staatseigentum stehen Befürwortern der Schaffung einer gemischtwirtschaftlichen Aktiengesellschaft gegenüber. Gegebenenfalls wird das UVEK um Zustimmung zur Änderung der Konzession angefragt werden.

Haltung des Bundesrats Der Bundesrat hält an seiner im SIL festgelegten Flughafenpolitik fest. Er sorgt weithin für gute Rahmenbedingungen. Insbesondere fördert er ein einvernehmliches Verhältnis zwischen schweizerischen und französischen Behörden. Die Commission mixte franco-suisse dient hierfür als wichtiges Instrument.

Der Bundesrat betrachtet den Flughafen Genf als Schlüssel zu einem internationalen Genf. Er erkennt, dass die wirtschaftliche Bedeutung weit über die Grenzen der Region Léman hinausreicht.

1848

3.3.7

Flughafen Basel-Mulhouse

Ausgangslage Bau und Betrieb des Flughafens Basel-Mulhouse basieren auf einem Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich vom 4. Juli 1949.69 Dieser Staatsvertrag schreibt unter anderem eine zwischen Frankreich und der Schweiz paritätisch aufgebaute Organisationsform vor. Die Geschäfte werden von einem Verwaltungsrat und von einer Direktion geführt. Der Flughafen BaselMulhouse ist ein öffentlichrechtliches Unternehmen besonderen Rechts. Sofern im Staatsvertrag nichts Gegenteiliges bestimmt ist, gilt französisches Recht. Sämtliche Flughafendienste (Polizei, Feuerwehr und insbesondere Flugsicherung) werden durch die französischen Behörden wahrgenommen.

Der paritätisch zusammengesetzte Verwaltungsrat entscheidet grundsätzlich endgültig, mit Ausnahme gewisser, im Staatsvertrag festgelegter Sachbereiche, die der Genehmigung durch die zuständigen Luftfahrtbehörden beider Staaten bedürfen.

Schweizerischerseits sind diese Befugnisse zum Teil an die beiden Kantone Basel Stadt und Basel Landschaft delegiert worden.

Der Flughafen spielt für die wirtschaftliche Entwicklung insbesondere der Regio Basiliensis eine wichtige Rolle. Binational in der Struktur, ist er faktisch ein trinationaler Verkehrsträger geworden, stammt doch ungefähr ein Drittel der Passagiere aus dem süddeutschen Raum. Wie der Flughafen Genf dient er Fluggesellschaften, die einen so genannten Punkt zu Punkt Luftverkehr betreiben. Auch für Frachttransporte bildet der Flughafen für die ansässige Industrie einen wichtigen Standortvorteil.

Problemstellung Nach zehn Jahren des steten Wachstums ist der Flughafen Basel-Mulhouse nach dem Niedergang der Swissair, dem Wegzug von Teilen der ehemaligen Crossair nach Zürich und durch die von der SWISS ab Basel vorgenommene Streckenausdünnung inmitten der Realisierung eines ambitiösen Investitionsprogramms in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Schwindende Passagierzahlen und Überkapazitäten bei der Infrastruktur, verbunden mit steigenden Finanzlasten, prägen zurzeit seine wirtschaftliche Situation.

Frankreich und die Schweiz kommen gemäss Staatsvertrag für allfällige Defizite im Verhältnis des jeweiligen Verkehrsaufkommens auf. Im Innenverhältnis teilen sich Bund und Kanton Basel Stadt den schweizerischen Anteil je zur Hälfte. Eine Schuldenlast (entstanden durch die von der früheren Crossair
zum Ausbau eines Euro Drehkreuzes geforderten Ausbauten der Passagierabfertigungsinfrastrukturen) engt die finanzielle Handlungsfähigkeit des Flughafens für zukunftsgerichtete Investitionsentscheide massiv ein.

Im Jahr 2003 wurde eine Anzahl Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramme erfolgreich durchgeführt. Gleichzeitig in den Wiederaufbau eines den Bedürfnissen der Reisenden gerecht werdenden Streckennetzes investiert.

Die Binationalität des Flughafens führt, verglichen mit einer nationalen Anlage, zu Mehrkosten in Infrastrukturen und Sicherheitsvorkehrungen, welche in Anbetracht 69

SR 0.748.131.934.92

1849

des erhöhten Wettbewerbs nur zu einem geringen Teil durch Tariferhöhungen kompensiert werden können. Diese Tatsache wiegt umso schwerer, als die variablen, vom Verkehrsaufkommen abhängigen Kosten nur einen verhältnismässig geringen Teil des Gesamthaushalts ausmachen.

Das Schwergewicht der Entwicklungsaktionen gilt dem Wiederaufbau eines europäischen Linien-Streckennetzes, der Ausweitung des Frachtverkehrs sowie jener des kommerziellen Angebots im Terminal.

Die Luftfracht, als wichtiger Beitrag des Flughafens zur Intermodalität der Transportarten, ist von grosser Bedeutung nicht nur für den Flughafen, sondern für die Prosperität der ganzen Regio Tri Rhena. Es soll deshalb ein neues, schweizerisches Zentrum für Express Luftfracht erstellt und im Jahr 2007 in Betrieb genommen werden.

Diese Programme ziehen allerdings erneut Investitionen nach sich, was in Anbetracht der angespannten finanziellen Verhältnisse nach kreativen Finanzierungsstrategien ruft. Eine binationale Expertengruppe ist kürzlich mit dem Auftrag eingesetzt worden, den beiden Staaten mögliche Lösungen für eine Reduktion der Verschuldung aufzuzeigen.

In diesem Zusammenhang ist die trinationale Bedeutung des Flughafens hervorzuheben. Der Anteil der deutschen Passagiere beträgt heute, wie bereits erwähnt, rund einen Drittel. Der bessere Einbezug Deutschlands in die Gestaltung des Flughafens und damit auch eine angemessene finanzielle Beteiligung ist als Option zur Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Flughafens jedenfalls im Auge zu behalten.

Im Sinne einer integrierten Verkehrspolitik ist es mittelfristig notwendig, den Flughafen an die Schiene zu schliessen, wie das für die Landesflughäfen Genf und Zürich schon seit Jahren geschehen ist. Mit einem Bahnanschluss kann nicht nur eine unter Umweltaspekten erwünschte Verlagerung des Passagierzubringerverkehrs von der Strasse auf die Schiene erreicht werden, sondern es wird auch die Voraussetzung geschaffen für eine Schienenvernetzung mit Nachbarflughäfen, in erster Line mit dem Flughafen Zürich. Das Fehlen einer Bahnanbindung wird im Übrigen von zahlreichen Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften als einer der Gründe für die Konzentration der Flüge nach Zürich und Genf genannt.

Erschwerend wirkt sich allerdings aus, dass das aktuelle Passagieraufkommen einen
solchen Bahnanschluss unter rein betriebswirtschaftlichen Aspekten noch nicht rechtfertigt. Entsprechende raumplanerische Entscheide müssen aber heute gefällt werden, um die Bahnanschlussoption nicht zu verlieren. Zu bedenken ist, dass es sich um ein ausschliesslich französisches Projekt handelt, die Schweiz aber zur Mitfinanzierung aufgerufen ist.

In jüngster Zeit ist festzustellen, dass auch die elsässische und deutsche Nachbarschaft zunehmend auf die Belastungen durch den Flugbetrieb reagieren, wie das auf schweizerischer Seite schon seit Jahren der Fall ist. Vor allem bei der elsässischen Bevölkerung ist der Eindruck entstanden, die Schweiz wolle nur die Vor- nicht aber die Nachteile des binationalen Flughafens tragen. Da die Flugsicherung, und damit auch die An- und Abflugverfahren, gemäss Staatsvertrag in französischer Zuständigkeit liegt, die Auswirkungen aber auch schweizerisches Hoheitsgebiet betreffen, ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Frankreich besonders anspruchsund bedeutungsvoll. Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass die Schweiz auch beim 1850

Betrieb des Flughafens Genf auf die uneingeschränkte Kooperationsbereitschaft Frankreichs angewiesen ist.

Ein Prüfstein für diese Zusammenarbeit wird die geplante Installation eines Instrumentenlandesystems (ILS) für Landungen von Süden her sein, welches das heutige Anflugverfahren nach Sicht ablösen soll. Das ILS erhöht die Flugsicherheit beträchtlich, hat im Gegenzug aber zur Folge, dass in der Schweiz bei Nordwind, somit Südanflügen, neue Gebiete überflogen werden, was wiederum Widerstand von schweizerischen Bevölkerungskreisen erwarten lässt.

Handlungsalternativen Durch seine Binationalität, welche weltweit einmalig ist, hat der Flughafen BaselMulhouse seit jeher für die Schweiz eine luftfahrtpolitische Sonderstellung, ist hier doch der Bund gegenüber Frankreich Vertragspartner und nimmt somit eine Garantenstellung ein, die er gegenüber den beiden anderen Landesflughäfen Genf und Zürich in dieser Form nicht hat.

Daraus ergibt sich auch ein vergleichsweise eingeschränkter politischer Handlungsspielraum. Jede Änderung seines heutigen Engagements kann der Bund nur im Einvernehmen mit dem französischen Partner bewerkstelligen.

Im Lichte der faktischen Trinationalität und der angespannten Finanzlage des Flughafens muss aber eine Öffnung der Partnerschaft für Deutschland ernsthaft in Erwägung gezogen werden, damit alle Nutzerstaaten sich einbringen und ihre Interessen gleichwertig vertreten können.

Bezüglich der An- und Abflugverfahren über schweizerischem Hoheitsgebiet ist darauf zu achten, dass sich die Lösungen an der Sache und nicht an der Landesgrenze orientieren. Die Detailregelung der französischen Flugsicherungsverfahren im Zusammenhang mit der Installation des Instrumentenlandesystems ist auf eine vertragliche Grundlage über die Mitbestimmung der schweizerischen Bevölkerung sowie über die Anwendung von Schweizer Recht zu stellen. Der Anschluss des Flughafens ans Schienennetz ist ein altes Postulat der interessierten Kreise und findet seinen Niederschlag auch im SIL. Seit Ende 2001 besteht für dieses Projekt ein trinationales «comité de pilotage» unter der Leitung Frankreichs. Bis heute wurden die notwendigen Grundlagenstudien erarbeitet, wobei es vor allem um die generelle Machbarkeit und die Festlegung der Trassenführung gegangen ist.

Über den Realisierungszeitplan bestimmt die
französische Seite. Diese wird nach heutigem Kenntnisstand bis 2012 die TGV-Strecken bevorzugen, so dass für den Anschluss an den Flughafen Basel-Mulhouse kaum Gelder bereitgestellt werden dürften. Auch für die Schweiz stellt sich die Finanzierungsfrage im Lichte der Verschlechterung der allgemeinen Finanzlage neu.

Der Bundesrat wird dem Parlament in den Jahren 2007/08 eine Gesamtschau all jener Projekte unterbreiten, deren Finanzierung bisher nicht geregelt werden konnte.

Dazu wird aller Voraussicht nach auch der Bahnanschluss zum Flughafen BaselMulhouse gehören.

In Anbetracht der bestehenden unterschiedlichen Kapazitäten der Landesflughäfen ist im Sinne einer koordinierten Verkehrspolitik zu prüfen, inwieweit der Bund Verlagerungen des Flugbetriebs unter den Landesflughäfen beeinflussen kann.

1851

Haltung des Bundesrats Am partnerschaftlichen Betrieb des Flughafens Basel-Mulhouse mit Frankreich wird festgehalten. Der entsprechende Staatsvertrag soll aber in Richtung Öffnung für Dritte/Tri-nationalisierung weiterentwickelt werden. Allfällige an die Trägerstaaten gerichtete Lösungsvorschläge zur Reduktion der Verschuldungssituation sollen im Lichte der besonderen Situation, in der sich der Flughafen befindet, unvoreingenommen geprüft werden.

Die Zollabfertigung und administrative Prozesse sollen im Hinblick auf das geplante neue Express Frachtzentrum auf Optimierungs- bzw. Erleichterungspotenzial überprüft werden.

Die vom Flugbetrieb ausgehende Umweltbelastung ist möglichst gering zu halten, wobei die Schweiz einen fairen Anteil zu übernehmen hat. Der Bundesrat setzt sich dafür ein, dass allfällige Leistungen aus dem Flughafenlärmgebührenfond für Schallschutzmassnahmen unter vergleichbaren Voraussetzungen auch den schweizerischen Nachbarn zugute kommen.

Die Schweiz prüft eine Beteiligung an den Kosten des Bahnanschlusses in einem noch auszuhandelnden Mass. Voraussetzung hierfür ist die durch Frankreich vorzunehmende raumplanerische Sicherung der Trassenführung. Der Bundesrat prüft, inwieweit er Verlagerungen des Flugbetriebs unter den Landesflughäfen beeinflussen kann.

3.4

Flugsicherung

3.4.1

Operative Herausforderungen

Ausgangslage Bereits im Jahr 1922 wurden in der Schweiz die ersten Flugsicherungsdienste angeboten. Bis 1987 führte die Radio Schweiz AG die Flugsicherung durch. Ein Jahr später wurden die Flugsicherungsdienste einer neuen Gesellschaft, der Swisscontrol, übertragen, die im Gegensatz zur Radio Schweiz AG eine gewisse Eigenverantwortlichkeit bei der Unternehmensführung besass. Die finanzielle Verselbstständigung der Swisscontrol erfolgte 1996. Auf den 1. Januar 2001 wurden zivile und militärische Flugsicherung unter der heutigen Skyguide AG zusammengeführt.

Skyguide erfüllt einen hoheitlichen Auftrag und muss jederzeit in der Lage sein, den Flugverkehr sicher, effizient und pünktlich abzuwickeln. Sie ist eine nicht gewinnorientierte, gemischtwirtschaftliche Aktiengesellschaft, an welcher der Bund zu 99,9 % beteiligt ist. Die Skyguide ist einerseits verantwortlich für die Regelung des Überflugs. Der Luftraum über der Schweiz gehört zu den komplexesten in Europa.

Zwei der drei wichtigsten Kreuzungspunkte der europäsichen Luftstrassen werden von der Schweiz aus bewirtschaftet. Andererseits ist Skyguide verantwortlich für die Regelung der An- und Abflugverfahren der Flughäfen Zürich, Genf, Bern-Belp, Sion und Lugano-Agno. Seit dem 22. Juni 2001 sind die Schweiz und Frankreich durch einen «Accord relatif à la délégation consentie par la France à la Suisse pour la fourniture des services de la circulation aérienne par la Suisse, dans une partie de l'espace aérien français» verbunden. Dieses Abkommen erlaubt es Skyguide, den Verkehr im gesamten Luftraum westlich der Schweiz gegen Entgelt zu bewirtschaften. Die Komplexität und Verkehrsdichte bedarf der Bewirtschaftung eines entspre1852

chend grossen Luftraums über Frankreich durch die schweizerische Flugsicherung (delegierter Luftraum). Frankreich erwartet von der Schweiz, dass in Bezug auf die Bewirtschaftung des Luftraums über dem Flughafen Basel-Mulhouse das bisherige Abkommen angepasst wird.

Die Flugsicherung für den Flughafen Basel-Mulhouse wird von den französischen Behörden ausgeübt. Die Regionalflugplätze Grenchen, St.Gallen-Altenrhein und La Chaux-de-Fonds-Les Eplatures betreiben ihren örtlichen Flugsicherungsdienst unter Aufsicht und Kostenbeteiligung der Skyguide. 43 % der Flugsicherungsdienste erbringt Skyguide im angrenzenden Ausland, 57 % in der Schweiz.

Der Flugsicherungsdienst wird im Wesentlichen durch Anflug- und Streckengebühren sowie durch die Entschädigung der französischen Luftfahrtbehörde für die in ihrem Luftraum geleisteten Dienste finanziert. Für die Tätigkeiten im süddeutschen Luftraum und in Teilen des italienischen und österreichischen Luftraums erhält die Skyguide keine Entschädigung.

Problemstellung In den letzten Jahren haben sich mehrere Vorfälle im schweizerisch kontrollierten Luftraum ereignet. Trauriger Höhepunkt war der Zusammenstoss zweier von der Skyguide Zürich kontrollierter Verkehrsflugzeuge im Jahr 2002 über dem süddeutschen Überlingen.

Skyguide gehört zurzeit zu den teuersten Dienstleistungsanbietern in Europa. Zum einen muss Skyguide die Einnahmeausfälle aus im delegierten Luftraum über Deutschland, Italien und Österreich erbrachten Dienstleistungen auf Gebühren der übrigen Dienstleistungen überwälzen. Zum anderen fällt das hohe schweizerische Lohnniveau ins Gewicht. Gemessen an realen Kennziffern wie der Arbeitsproduktivität schneidet Skyguide im Vergleich zu anderen Anbietern jedoch gut ab. Die Einnahmeausfälle der Flugsicherungsdienstleistungen in Deutschland, Italien und Österreich belaufen sich zurzeit auf rund 35 Millionen Franken pro Jahr. Hinzu kommt die Kostenunterdeckung aus den angebotenen Dienstleistungen für Regionalflugplätze (15 Mio. Fr.) und für die Freizeitaviatik (6 Mio. Fr.). Ein nicht unwesentlicher Kostenfaktor sind ferner auch die Investitionen für neue Anflugverfahren auf dem Flughafen Zürich, welche keine zusätzlichen Erträge generieren (15 Mio. Fr.).

Das Hauptproblem bleiben indes die genannten Einnahmeausfälle in den delegierten Lufträumen.

Der Bundesrat als Eigner hat zur längerfristigen Stabilisierung der Finanzlage der Skyguide ein abgestimmtes Massnahmenpaket verabschiedet. Hierzu gehören: ­

ein substantielles Kostensenkungsprogramm;

­

die Aufnahme von Verhandlungen mit Deutschland, Italien und Österreich mit dem Ziel, die Flugsicherungsdienste der Skyguide in ausländischen Lufträumen inklusive deren finanzielle Abgeltung sowie die Haftungsfragen in Staatsverträgen zu regeln;

­

die Abgeltung von Investitionskosten der Skyguide für die aufgrund der deutschen Durchführungsverordnung erforderlichen An- und Abflugverfahren am Flughafen Zürich und die Erstattung von bestimmten Regulatorkosten.

1853

Handlungsalternativen Neben der Weiterführung der heutigen Übertragung des Flugsicherungsauftrags an Skyguide ist auch die Beauftragung eines ausländischen Flugsicherungsunternehmens denkbar. Die Frage der Übertragung von Flugsicherungsdiensten stellt sich vor allem auch im Zusammenhang mit dem SES. Folgende Gründe sprechen für den Erhalt der Firma Skyguide als schweizerische Flugsicherungsorganisation: ­

Die erst kürzlich erfolgte Integration der militärischen und zivilen Flugsicherung wäre bei einer Auslagerung oder Fusion mit einem ausländischen Flugsicherungsunternehmen wieder rückgängig zu machen, was mit erheblichen Kosten verbunden wäre.

­

Eine Beteiligung der Schweiz am SES wäre durch eine Auslagerung/Fusion der Flugsicherungsdienste zum heutigen Zeitpunkt ausgeschlossen.

­

Bei einer Auslagerung oder Fusion mit einem ausländischen Betreiber gingen nach Einschätzung der Skyguide mehrere hundert Arbeitsplätze in der Schweiz verloren.

Haltung des Bundesrats Die Skyguide wird weiterhin damit beauftragt, den Flugsicherungsdienst in der Schweiz und im zugewiesenen ausländischen Luftraum durchzuführen.

Die Integration der zivilen und militärischen Flugsicherung innerhalb der Skyguide wird zügig umgesetzt und die daraus entstehenden Synergiepotenziale ausgenützt.

Dabei erwartet der Bundesrat, dass die Skyguide eine effiziente Abwicklung des anfallenden zivilen und militärischen Luftverkehrs gewährleistet.

Skyguide hat mit einem kompetenten und auf kontinuierlichen Verbesserungsprozess ausgelegten Qualitäts- und Sicherheitsmanagement einen vorbildlichen Flugsicherungsstandard zu gewährleisten und eine hohe Sicherheitskultur zu pflegen.

Strukturelle Mängel des heutigen internationalen und nationalen Flugsicherungsgebührensystems sollen so rasch als möglich behoben werden. Der Bund strebt mit den benachbarten Staaten Vereinbarungen an, welche die Flugsicherung einschliesslich einer angemessenen Abgeltung regeln. Ferner setzt er sich für ein verursachergerechtes Gebührensystem ein.

Die Nutzung des Schweizer Luftraums soll allen Benutzern grundsätzlich offen stehen. Da der Luftraum jedoch beschränkt ist, geniesst der Linienverkehr oberste Priorität. Zudem sind die Bedürfnisse der Luftwaffe zu berücksichtigen.

3.4.2

Single European Sky

Ausgangslage Das europäische System der Flugsicherungsdienste, das heute noch hauptsächlich von nationalen Monopolgesellschaften betrieben wird, hat sich gegen Ende des letzten Jahrhunderts als zu wenig effizient und zu teuer erwiesen. Deshalb hat die Europäische Kommission einen wettbewerbs- und marktorientierten Reformprozesses (SES) gestartet, welcher ab dem Jahr 2004 rasch umgesetzt werden soll. Im Mittelpunkt steht dabei die Schaffung eines einheitlichen «europäischen» Luftraums, dessen Management sich an der Wirksamkeit des Gesamtsystems orientiert. Im Interesse grösstmöglicher Kapazität und Effizienz des Flugverkehrsmanagements 1854

wird der obere Luftraum in mehrere grenzüberschreitende, funktionale Luftraumblöcke (Functional Airspace Block FAB) eingeteilt. Die Festlegung und die Änderung funktionaler Luftraumblöcke sowie der Entscheid, welche Flugsicherungsdienste diese kontrollieren und welche Aufsichtsbehörden zuständig sein sollen, fallen in die Zuständigkeit der betreffenden Mitgliedstaaten.

Problemstellung Durch den europäischen Reformprozess SES wird es zu einer Optimierung der Anzahl Flugsicherungsdienstleister kommen. Die verbleibenden Unternehmen werden zukünftig alleine oder gemeinsam mit Partnerunternehmen jeweils einen funktionalen Luftraumblock bewirtschaften. Diese Luftraumblöcke dürfen eine kritische Grösse nicht unterschreiten, damit die Flugsicherungsfirmen wettbewerbsfähige Gebühren erheben können. Das Hoheitsgebiet der Schweiz ist bei weitem zu klein, um einen solchen funktionalen Luftraumblock darzustellen. Die Skyguide wird in vermehrtem Masse darauf angewiesen sein, ausländischen Luftraum bewirtschaften zu können.

Handlungsalternativen Die Skyguide ist im zukünftigen europäischen Flugsicherungsumfeld längerfristig nur dann wettbewerbsfähig, wenn sich die Schweiz am SES beteiligen kann. Eine solche Beteiligung würde zudem die Chance bieten, die grenzüberschreitenden Flugsicherungsprobleme der schweizerischen Flughäfen besser zu lösen.

Als Alternative kann die Flugsicherung an ein ausländisches Flugsicherungsunternehmen delegiert werden.

Haltung des Bundesrats Die Schweiz beteiligt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten am SES der EU. Die Bewirtschaftung eines Luftraumblocks über der Schweiz und dem angrenzenden Ausland durch Skyguide im Rahmen des SES stellt ein übergeordnetes Ziel dar. Der Bundesrat sorgt dabei für die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen, unter anderem mit der zügigen Umsetzung der Regelungen der Eurocontrol ins nationale Recht. Der Bundesrat überträgt der Skyguide die Aufgabe, den bestmöglichen organisatorischen Rahmen zur Bewirtschaftung eines funktionalen Luftraumblocks zu erarbeiten und setzt sich dafür ein, mit den betroffenen Staaten zeitgerecht die notwendigen Abkommen abzuschliessen.

3.5

Luftfahrtindustrie

Ausgangslage Die schweizerische Luftfahrtindustrie umfasst nicht nur Unternehmen, welche Luftfahrzeuge, Triebwerke und Komponenten entwickeln, warten und prüfen. Sie umfasst auch so genannte «flugnahe Betriebe» wie Bodenabfertigungsunternehmen und Cateringfirmen. Es handelt sich hier um einen bedeutenden Industriezweig. Er erwirtschaftet mit ungefähr 5500 Arbeitsplätzen rund 2 Milliarden Franken Umsatz pro Jahr. Mehr als 3/4 der Leistungen werden exportiert. Dabei sind Produkte für die Raumfahrt nicht inbegriffen. Über 90 % der Betriebe sind KMU, die wenigen Grossbetriebe stellen rund 80 % der Arbeitsplätze. Die Luftfahrtindustrie wird stark beeinflusst von der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Schweiz. Die Luftfahrtindust1855

rie ist deshalb in eine schweizerische Luftfahrtpolitik einzubeziehen, weil auch sie auf gute Rahmenbedingungen angewiesen ist. Die Anforderungen an Produktionsverfahren, Materialspezifikationen und Personalqualifikationen sind international genormt. Damit ist ein einheitliches Sicherheitsniveau gewährleistet und Produkte werden gegenseitig anerkannt. Dies ist eine elementare Voraussetzung der Exporttätigkeit.

Wie in Ziffer 1.2 dargelegt, sind die Akteure im schweizerischen Luftfahrtsystem eng miteinander vernetzt. Die Luftfahrtindustrie gehört zu den Hauptträgern dieses Systems. Vor dem Grounding der Swissair Flotte im Herbst 2001 war die Verflechtung unter den Hauptträgern derart gross, dass der wirtschaftliche Niedergang der SAirGroup auch die Funktionsfähigkeit des gesamten Luftfahrtsystems in Frage gestellt hätte. Aus diesem Grund ermöglichte der Bund mit seinem finanziellen Engagement sowohl das Überleben der Luftfahrtindustrie als auch deren Entflechtung. Heute muss festgestellt werden, dass diese Verflechtung nur noch in beschränktem Ausmass vorhanden ist.

Problemstellung Die Liberalisierung des Luftverkehrs wirkt sich auch auf die schweizerische Luftfahrtindustrie aus. Wettbewerbs- und Preisdruck zwingen die Betriebe, ihre Kosten weiter zu reduzieren. Der Konzentrationsprozess führte dazu, dass sich heute der Wettbewerb auf wenige Grosskonzerne beschränkt, die über effiziente und zentralisierte Beschaffungsorganisationen verfügen. Dank der überdurchschnittlichen Qualität, den hohen Qualifikationen und dem ausgezeichneten Ruf gelingt es aber der Schweizer Luftfahrtindustrie, sich weiterhin im Markt durchzusetzen. Die Luftfahrtindustrie ist jedoch darauf angewiesen, dass sie über optimale Rahmenbedingungen verfügt. Es ist für sie von essenzieller Bedeutung, dass ihre Produkte und Leistungen in der Schweiz zugelassen und diese Zulassungen in anderen Staaten anerkannt werden. Der Beitritt der Schweiz zur EASA ist zwingend. Probleme bereitet der Luftfahrtindustrie schliesslich die hohe Regelungsdichte.

Haltung des Bundesrats Die Wettbewerbsfähigkeit der Luftfahrtindustrie soll mit der Schaffung von optimalen Rahmenbedingungen gefördert werden. Der Bundesrat ist bestrebt, die Harmonisierung und Standardisierung von Vorschriften sowie gegenseitige Anerkennung von Verfahren und Zertifikaten zu fördern. Die Schweiz vollzieht den Beitritt zur EASA rasch.

3.6

Luftfahrtausbildung

Ausgangslage Bildung, Forschung und Technologie stellen Grundvoraussetzungen für die Sicherung der Wohlfahrt der Bevölkerung und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft dar.70

70

Vgl. BBl 2003 2363 (Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Technologie in den Jahren 2004­2007). Siehe auch die wachstumspolitischen Ziele des Bundesrats vom 17.2.2004.

1856

Auch die Wettbewerbsfähigkeit der Luftfahrt und insbesondere die Sicherheit hängen massgeblich von den Fertigkeiten, den Kenntnissen und der Einstellung derjenigen Menschen ab, welche die eingesetzten Systeme entwerfen, bauen, bedienen oder in Stand halten. Deshalb gehört die Aus- und Weiterbildung des Luftfahrtpersonals zu den Verantwortungs- und Förderungsbereichen des Bundes.71 Es gibt heute nur wenige Bereiche, in denen der Ausbildung ein derart hoher Stellenwert zukommt (z.B. Spitzenmedizin). Linienpiloten müssen beispielsweise jährlich mindestens acht verschiedene Prüfungen absolvieren, damit sie ihre Flugberechtigung erhalten können.

Problemstellung Noch vor 10 Jahren investierte der Bund jedes Jahr 25 Millionen Franken in die Ausbildung des Luftfahrtpersonals. Heute sind es noch 1,2 Millionen Franken, die hauptsächlich zur Ausbildung von Sachverständigen und Instruktionspersonal in der Zivilluftfahrt eingesetzt werden. Die ehemalige fliegerische Vorschulung FVS wird heute im Auftrag des Bundes durch die Schweizer Luftwaffe betrieben und firmiert neu unter dem Namen SPHAIR.

Der Ausbildung in allen Kategorien der Luftfahrtberufe wird politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich verhältnismässig wenig Bedeutung beigemessen. Sie ist denn auch nicht im schweizerischen Ausbildungssystem integriert. In der Schweiz fehlt zudem eine fachspezifische Ausbildung auf höherer Stufe.

Haltung des Bundesrats Die Schweiz soll künftig gerade auch in Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung der Zivilluftfahrt über ein genügendes Angebot an qualifizierten Instruktoren und Ausbildungsstätten für Luftfahrtberufe verfügen. Zur Erreichung dieses Ziels fördert der Bundesrat die Ausbildung, die Forschung und die Technologie im Bereich der Luftfahrt durch eine rasche Integration ins schweizerische Ausbildungssystem. Es ist zu prüfen, inwieweit eine fachspezifische Ausbildung auf höherer Stufe anzubieten und dabei namentlich der Aufbau eines aviatischen Lehrgangs an einer Fachhochschule anzustreben ist. Der Bundesrat steht dem Aufbau eines aviatischen Lehrgangs an einer schweizerischen Fachhochschule positiv gegenüber. Gleichzeitig sind auch die lizenzierten Aviatikberufe künftig anzuerkennen.

Die Schweiz orientiert sich am europäischen Ausbildungsstandard und sorgt für eine einheitliche aviatische Ausbildung
in der Schweiz. Der Bundesrat setzt sich für die weitere Harmonisierung der Ausbildungsvoraussetzungen ein.

Im Rahmen der fliegerischen Vorschulung sollen ziviler und militärischer Bereich zusammenarbeiten und Synergien soweit wie möglich nutzen.

71

Bundesgesetz über die Luftfahrt, dritter Teil, Förderung der Luftfahrt, Art. 103.

1857

4

Luftfahrtpolitik

4.1

Leitsätze

Die folgenden Leitsätze entsprechen der «Haltung des Bundesrats» aus der Ziffer 3: Safety Umsetzung der Empfehlungen aus dem Bericht NLR Der Bundesrat hat bereits mit der Umsetzung der Empfehlungen des Berichts NLR die Weichen für eine Verbesserung des Sicherheitsniveaus der schweizerischen Zivilluftfahrt gestellt. Der Aktionsplan optimiert die organisatorischen Abläufe bei der Sicherheitsaufsicht im Luftverkehr (Reorganisation BAZL sowie Bereitstellung sicherheitsrelevanter Kompetenz beim UVEK), sorgt für die erforderlichen, neuen Rechtsgrundlagen (so z.B. über die Einführung eines freiwilligen, vertraulichen und straflosen Meldewesens) und hat direkte Auswirkungen auf wichtige Akteure der Luftfahrt wie Luftverkehrsunternehmen, Flughäfen und Flugsicherung.

Das Regelsystem zur Sicherstellung der Luftfahrtsicherheit Die Komplexität ist bei begrenztem Mitteleinsatz nur mit einem hohen Delegierungsgrad an die Unternehmen beherrschbar. Die Notwendigkeit der Delegierung, und damit die Eigenverantwortlichkeit der Unternehmen, verlangt die Pflege einer sehr hohen Sicherheitskultur und die Entwicklung gut ausgebauter Safety Management Systeme. Das Gesamtsystem besteht aus folgenden drei Ebenen: Die erste Ebene bilden die Marktteilnehmer. Jeder Marktteilnehmer gestaltet den Betrieb im Rahmen der gesetzlichen Mindestanforderungen sowie ergänzend aufgrund der best practice. Er unterhält ein Regelkreissystem zur kontinuierlichen Verbesserung der Luftfahrtsicherheit seines Betriebs. Zurzeit wird geprüft, ob die Wirkung dieses Regelkreises durch ein System des freiwilligen und straflosen Meldewesens verbessert werden kann.

Die zweite Ebene bildet das BAZL. Es erarbeitet Rechtsgrundlagen für die Luftfahrt und überwacht deren Einhaltung. Lücken und Schwächen der internationalen Rechtsgrundlagen werden durch nationale Erlasse geschlossen. Das BAZL unterhält ein Regelkreissystem zur kontinuierlichen Verbesserung der Luftfahrtsicherheit. Es betreibt eine ausgereifte, rollende Planung, um sich auf künftige Entwicklungen rechtzeitig einzurichten und um den Mitteleinsatz gesamtwirksam zu optimieren.

Die dritte Ebene bildet der Bundesrat. Er legt mit diesem Bericht die Grundzüge seiner Sicherheitspolitik fest. Diese richtet sich schwergewichtig auf die Gewährleistung eines hoch stehenden Sicherheitsstandards der
schweizerischen Zivilluftfahrt.

Die Wahrnehmung der Oberaufsicht erfolgt durch eine antizipierende Planung, die Definition der in der Luftfahrt zu erreichenden Sicherheitsziele sowie durch die Sicherstellung eines Regelkreises, der systemische Schwächen erkennt und behebt.

Auf fachtechnischer Ebene ist das UVEK verantwortlich.

Zentrale Rolle des BAZL Das BAZL ist nicht nur unmittelbare Aufsichtsbehörde über die Zivilluftfahrt nach Artikel 3 Absatz 2 LFG sondern auch für die Vorbereitung und Umsetzung luftfahrtpolitischer Entscheide zuständig. Es wirkt somit an der Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Luftfahrt mit und muss jederzeit über die 1858

erforderlichen personellen und materiellen Ressourcen verfügen, um die Aufsichtsfunktion über die Zivilluftfahrt in kompetenter und unabhängiger Weise wahrnehmen zu können. Zudem muss die strukturelle Flexibilität sichergestellt sein, um einerseits aus der langfristigen Amtsplanung erwachsende Aufgaben erfüllen und andererseits auf unerwartete kurzfristige Entwicklungen reagieren zu können.

Die Prioritäten richten sich nach dem Schadenspotenzial und den auftretenden Risiken. Hierfür unterhält das Amt ein ausgebautes, systemweites Safety- und Riskmanagement.

Security Der Bundesrat setzt sich für einen möglichst hohen Sicherheitsstandard zur Abwehr von widerrechtlichen Handlungen, namentlich Terroranschlägen und Entführungen, ein. Dabei orientiert er sich an den massgeblichen EU-Sicherheitsstandards. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrtunternehmen prüft der Bundesrat die Übernahme weiterer Sicherheitskosten. Dabei sind die übergeordneten Rechtsgrundlagen, namentlich das EU-Recht, das Verursacherprinzip, die Schutzaufgabe des Staates gegenüber Bürgerinnen und Bürger vor kriminellen und terroristischen Angriffen sowie die Grundsätze einer Kostenaufteilung zwischen Bund und Kanton zu beachten.

Umwelt Die Schweiz berücksichtigt bei ihren Entscheiden die internationalen Verpflichtungen und Empfehlungen zum Umweltschutz. In den sensiblen Umweltbereichen (Lärm und Schadstoffe) hat die Schweiz eigene, weitergehende Normen und Anreizsysteme geschaffen. Diese sollen aufrechterhalten und weiterentwickelt werden.

Auf nationaler Ebene richten sich sämtliche Entscheide nach den geltenden gesetzlichen Vorgaben. Für die Luftfahrt sind neben dem Luftfahrtrecht primär die Bestimmungen der Umweltschutzgesetzgebung relevant (Vorsorgeprinzip, Grenzwerte, Umweltverträglichkeitsprüfungen). Der SIL und das Landschaftskonzept Schweiz (LKS) enthalten weiterführende Regeln, Leitlinien und Schwerpunkte. So z.B.

Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen Luft- und Schienenverkehr.

Konkrete Massnahmen werden zudem im Rahmen von Plangenehmigungsverfahren angeordnet und umgesetzt (z.B. Vorgaben zum Modal Split in der Baukonzession zur 5. Bauetappe Flughafen Zürich).

Die Schweiz spielt bei der internationalen Harmonisierung von Umweltschutzmassnahmen im Luftverkehr eine wichtige Rolle. Insbesondere
setzt sie sich für international koordinierte Massnahmen zur Begrenzung und Reduktion der Treibhausgasemissionen beim Luftverkehr ein, z.B. durch Abgaben auf Flugtreibstoffe oder Flugstrecken.

Der Bundesrat prüft, inwieweit die Erträge aus der heutigen Kerosinbesteuerung für den Binnenluftverkehr, welche jährlich ungefähr 60 Millionen Franken betragen, künftig zugunsten von Umweltschutz-, Security- und Safetymassnahmen im Zusammenhang mit dem Luftverkehr eingesetzt werden können.

1859

Raumordnung Der Luftverkehr übt als einer der Verkehrsträger im Rahmen einer integrierten Verkehrspolitik eine wichtige Funktion aus. Unter den Verkehrsträgern ist das jeweils wesensgerechte Verkehrsmittel einzusetzen. Bei Reisezeiten bis vier Bahnstunden (Geschäftsverkehr) und bis acht Bahnstunden (Freizeit- und Nachtverkehr) kann mittel- bis langfristig mit einer Verlagerung des Verkehrs zwischen den europäischen Zentren auf die Bahn gerechnet werden.

Der Luftverkehr ist Teil des integrierten Verkehrssystems Schweiz. An den Landesflughäfen ist die Vernetzung der verschiedenen Elemente dieses Verkehrssystems sicherzustellen. Neben einer guten Erschliessung mit Hochleistungsstrassen, sollen die Landesflughäfen möglichst direkt ans europäische Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahnen angeschlossen werden. Die Regionalflughäfen sind mit attraktiven öffentlichen Verkehrsverbindungen zu erschliessen.

Standortwahl, Bau und Betrieb der Luftfahrtanlagen sollen unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips auf die umgebenden Nutzungs- und Schutzansprüche abgestimmt werden, damit Nutzungskonflikte gar nicht erst auftreten. Für diese Abstimmung arbeiten die zuständigen Fachstellen von Bund und Kanton, die Flugplatzhalter, die betroffenen Gemeinden, die Bevölkerung und die angrenzenden Nachbarn eng zusammen. Die Ergebnisse dieser Koordination fliessen in die anlagespezifischen Objektblätter im SIL ein. Die Festlegungen im SIL sind verbindlich für die Behörden aller Stufen (Bund, Kantone und Gemeinden). Sie sind Voraussetzung für die allgemeinverbindlichen Verfahren zur Genehmigung der Betriebsreglemente und der Plangenehmigung von Bauten und Anlagen.

In Bezug auf die von den Luftfahrtanlagen beanspruchten Flächen ist darauf zu achten, dass der Flächenverbrauch auf ein Minimum reduziert wird und Flächen, die landwirtschaftlich, landschaftlich und aus Sicht der Natur oder Erholung wertvoll sind, dauerhaft geschont bleiben.

Lärm Der Bundesrat hat die Folgen einer Ausgliederung der bestehenden Lärmfonds der Flughäfen in eine eigenständige juristische Einheit geprüft. Aufgrund der Finanzlage des Bundes und des Sparbedarfs hat er diesen Vorschlag verworfen.

Er prüft hingegen, inwieweit die Erträge aus der heutigen Kerosinbesteuerung für den Binnenluftverkehr, welche jährlich ungefähr 60 Millionen Franken betragen,
künftig zugunsten von Umweltschutz-, Security- und Safetymassnahmen im Zusammenhang mit dem Luftverkehr eingesetzt werden können.

Weiter prüft der Bundesrat den gesetzgeberischen Handlungsbedarf bezüglich der Verfahren im Zusammenhang mit Lärmschutzmassnahmen sowie der materiellen und formellen Enteignung.

Internationale Zusammenarbeit Der Bundesrat hält an seiner bisherigen Politik fest, die Anbindung der schweizerischen Luftfahrt an den internationalen Luftverkehr und die entsprechenden Märkte sicherzustellen und den grenzüberschreitenden Austausch von Waren, Personen und Dienstleistungen aus der und in die Schweiz zu ermöglichen. Dies setzt voraus, dass die Schweiz ihre Aktivitäten in der Luftfahrt nach den entsprechenden internationalen und insbesondere europäischen Entwicklungen ausrichtet. Wenn deshalb im 1860

Rahmen internationaler Harmonisierungs- und Liberalisierungsbestrebungen konkrete Regelungen und Rahmenbedingungen festgelegt werden, ist der Bundesrat bestrebt, diese im Interesse der schweizerischen Luftfahrtpolitik auch in unserem Land umzusetzen.

Um den engen Handlungsspielraum bestmöglich ausnützen zu können, sind heute ­ viel stärker als noch vor einigen Jahren ­ eine gezielte Zusammenarbeit mit anderen Staaten und internationalen Organisationen sowie ein gutes Netzwerk an internationalen Verbindungen und Kontakten unverzichtbar.

Der Bundesrat fördert aus diesen Gründen primär ein möglichst aktives Mitwirken der Schweiz in der europäischen Luftfahrtpolitik. Dies ist für die Schweiz in Zukunft deshalb umso wichtiger, weil sie als Nichtmitglied der EG nicht mehr automatisch (wie bisher im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den europäischen Organisationen) an allen politisch relevanten Entscheidungsfindungsprozessen beteiligt sein wird. Dabei müssen die Ressourcen gezielt dort eingesetzt werden, wo für die Schweiz eine hohe politische Priorität besteht und wo mit einem aktiven Engagement für die schweizerischen Interessen die grösste Wirkung erzielt werden kann. Als Kleinstaat kann sich die Schweiz nur dann Gehör verschaffen, wenn sie mit ausgereiften und durchdachten Vorschlägen aufwartet und in den als relevant erachteten Gremien engagiert und konstruktiv mitwirkt.

Ein Engagement im weltweiten Kontext (v.a. im Rahmen der ICAO) hat sich an den gleichen Kriterien zu orientieren und soll sich auf Bereiche konzentrieren, in denen die Schweiz besondere Interessen zu vertreten hat.

Eidgenössische Luftfahrtkommission Die Luftfahrtkommission wird aufgehoben. Der Bundesrat wird bei wichtigen Fragen der Luftfahrt im Einzelfall Experten beiziehen. Das Luftfahrtgesetz wird entsprechend angepasst und die Verordnung über die Luftfahrtkommission aufgehoben.

Unter der Leitung des BAZL wird ein koordinierendes und beratendes Gremium geschaffen, in welchem die obersten Verantwortlichen des schweizerischen Luftfahrtsystems zusammengeschlossen sind. Es beschäftigt sich mit der Gewährleistung eines im europäischen Vergleich hoch stehenden Sicherheitsstandards (Safety und Security) in der schweizerischen Luftfahrt, der Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Luftfahrt sowie deren nachhaltigen
Entwicklung.

Internationaler Luftverkehr (Linien- und Bedarfsverkehr) Attraktive Luftverkehrsverbindungen in wichtige ausländische Handelszentren sind auch weiterhin eine zentrale Voraussetzung für eine international ausgerichtete und wettbewerbsfähige Volkswirtschaft. Der Bundesrat anerkennt die volkswirtschaftliche Bedeutung des internationalen Luftverkehrs. Dieser trägt wesentlich zum Bruttoinlandprodukt bei und ist von grossem Nutzen für die schweizerische Wirtschaft.

Internationaler Luftverkehr leistet in Bezug auf die Erreichbarkeit und Standortgunst einen wichtigen Beitrag. Deshalb stellt die Gewährleistung einer bestmöglichen Anbindung der Schweiz an die europäischen und weltweiten Zentren weiterhin ein wichtiges Ziel dar.

Der Bundesrat geht davon aus, dass eine angemessene Anbindung der Schweiz an alle wichtigen europäischen Zentren und somit zu wichtigen interkontinentalen Drehkreuzen aufgrund der weitgehenden Liberalisierung auch in wirtschaftlich 1861

schwierigen Zeiten sichergestellt ist. Über diese Drehkreuze ist eine Anbindung der Schweiz an die weltweiten Wirtschaftsmetropolen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten grundsätzlich gewährleistet.

Direkte staatliche Eingriffe in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zugunsten einzelner Marktteilnehmer sind nicht zukunftsträchtig. Vielmehr soll das Ziel einer möglichst optimalen Anbindung der Schweiz durch die Verbesserung der verkehrsrechtlichen Rahmenbedingungen gefördert werden. Der Bundesrat setzt sich insbesondere weiterhin für den Abschluss von liberalen Luftverkehrsabkommen ein und ist bestrebt, bestehende restriktive Abkommen so rasch wie möglich neu zu verhandeln.

So können Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in der Schweiz wie auch im Ausland von guten Rahmenbedingungen profitieren.

Damit der Luftverkehr auch inskünftig wettbewerbsfähig bleibt, ist er auf eine effiziente, qualitativ hoch stehende und sichere luft- und bodenseitige Infrastruktur angewiesen. Die Dienstleistungen der Flugsicherung müssen im EU-Vergleich zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden. Die Flugplätze haben jene baulichen und betrieblichen Voraussetzungen zu schaffen, die es dem Luftverkehr erlauben, seine Dienstleistungen markt- und preisgerecht unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen der Nachhaltigkeit abwickeln zu können.

Der Bund schafft weiterhin günstige Rahmenbedingungen für den Luftverkehr. Er begrüsst attraktive Direktverbindungen nach europäischen und interkontinentalen Zielen. Den Betrieb eines Drehkreuzes in Zürich erachtet er als effizientes Mittel, um die Anbindung unseres Landes zu optimieren. Die Infrastrukturen sollen die Realisierung kompetitiver Luftverkehrsverbindungen ermöglichen. Das konkrete Angebot an Luftverkehrsverbindungen zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsanbindung der Schweiz überlässt der Bund jedoch den Marktkräften.

Er legt grossen Wert auf eine optimale Einbindung der Schweiz in das internationale Umfeld. Die Schweiz übernimmt soweit wie möglich internationale Standards, beteiligt sich an wichtigen europäischen Projekten wie der EASA und dem SES und setzt sich für einen attraktiven und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Schweiz ein.

SWISS Der Bundesrat hält an seiner bisherigen Strategie fest. Als Investor erwartet er von der SWISS auch weiterhin,
dass sie die für den wirtschaftlichen Erfolg und die angestrebte Rentabilität notwendigen unternehmerischen Massnahmen trifft, um sich auf dem Luftverkehrsmarkt behaupten zu können. Dazu können die verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Fluggesellschaften sowie weitere Flotten- und Streckenoptimierungen gehören. In diesem Sinn setzt sich der Vertreter des Bundes im Verwaltungsrat für die erstrangigen unternehmerischen Zielsetzungen ein. Der Bundesrat schliesst aber den Einsatz weiterer Bundesmittel in Form von Darlehen oder Beiträgen aus. Ein teilweiser oder vollständiger Rückzug des Bundes erfolgt mit dem primären Ziel, die SWISS in eine neue, dauerhafte Partnerschaft zu überführen. Ein solcher Schritt erfolgt nicht zur Unzeit, er wird dann ins Auge gefasst, wenn sich die wirtschaftliche Lage der SWISS so weit konsolidiert hat, dass das Überleben des Unternehmens nicht mehr gefährdet ist.

Die SWISS stellt auch künftig einen wichtigen luftfahrtpolitischen Faktor dar, selbst wenn neueste Studien zeigen, dass die Existenz einer «nationalen Fluggesellschaft» für die Sicherstellung der Erreichbarkeit nicht unabdingbar ist. Der Bundesrat geht 1862

davon aus, dass die europäische und interkontinentale Anbindung der Schweiz durch eine schweizerische Fluggesellschaft am effektivsten sichergestellt werden kann.

Der Bund fördert die SWISS, wie auch andere schweizerische Fluggesellschaften, durch die Gewährleistung von optimalen Rahmenbedingungen, namentlich durch die Verbesserung der verkehrsrechtlichen Voraussetzungen, die Gewährleistung einer effizienten und sicheren luft- und bodenseitigen Infrastruktur sowie durch die Prüfung der Übernahme von Sicherheitskosten im Rahmen der einschlägigen Rechtsvorschriften.

Binnenluftverkehr Grundsätzlich hält der Bundesrat daran fest, dass für kurze Distanzen die Bahn vorzuziehen ist. Zur Förderung der Luftverkehrsanbindung des Tessins prüft der Bundesrat das Instrument der «gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen» gemäss Artikel 4 EU VO 2408/92, sofern die Anbindung nicht durch den Markt gewährleistet wird und die betroffenen Kantone und Gemeinden bereit sind, Beiträge an den Betrieb solcher Linienverbindungen zu leisten.

Business Aviation Zur Durchsetzung einheitlicher Sicherheitsstandards für die gewerbsmässige Luftfahrt (Linien- und Charterverkehr) wie für die Business Aviation sind die von den JAA ausgearbeiteten Regelungen JAR-OPS 2 (Corporate Aviation) für die Zertifizierung von schweizerischen Unternehmen als einheitliche Zulassungsgrundlagen einzuführen. Die Aufsicht über die Business Aviation wird gleichermassen wahrgenommen wie beim Linien- und Charterverkehr.

In Bezug auf betriebliche und verkehrsrechtliche Regelungen soll die Business Aviation in Anwendung einer einheitlichen europäischen Praxis dem internationalen Linien- und Charterverkehr grundsätzlich gleichgestellt werden.

Der Bundesrat prüft die steuerliche Gleichstellung der Business Aviation mit den übrigen Unternehmen des internationalen Luftverkehrs (Linien- und Charterverkehr), soweit dies nicht bereits erfolgt ist, und stellt sicher, dass die Mehrwertsteuer entsprechend ihrer Ausgestaltung als Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzugsrecht bzw.

Rückerstattung gemäss den Vorgaben der 6. EU Richtlinie erhoben wird.

Arbeitsluftfahrt An einem angemessenen Netz von Gebirgslandeplätzen wird festgehalten (vgl. SIL).

Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten in schwierigem Gelände sollen unter Berücksichtigung der Interessen des Natur- und
Landschaftsschutzes durch entsprechende Regelungen gewährleistet werden. Bei der Wahl von Landestellen sollen neben der operationellen Eignung (Safety) auch die Anliegen der Umwelt berücksichtigt werden. Gewissen Konflikten kann mit entsprechenden Benützungsbeschränkungen wirksam begegnet werden. Es sind Ruhezonen auszuscheiden.

Der Bundesrat setzt sich für die rasche Einführung einer schweizerischen Rechtsgrundlage zur Einführung von JAR-OPS 4 (VJAR-OPS 4) ein.

Er fordert gleiche Rechte für schweizerische wie für EU-Unternehmen, die gestützt auf das Abkommen über die Personenfreizügigkeit in der Schweiz tätig sind.

1863

Freizeitaviatik Die Freizeitaviatik hat möglichst umweltschonend zu erfolgen. Luftfahrtpolitisch ist sie gegenüber dem internationalen Luftverkehr, dem Binnenluftverkehr, der Business Aviation und der Arbeitsluftfahrt von untergeordneter Bedeutung.

Um die Umweltbelastungen zu reduzieren, setzt sich der Bundesrat ein: ­

für eine möglichst zügige Zulassung der Ecolight-Flugzeuge;

­

für flankierende Massnahmen, um eine wesentliche Zunahme der Freizeitaviatik zu vermeiden;

­

für die Ausscheidung von Ruhezonen, um wichtige Gebiete vor Belastungen durch die Freizeitfliegerei zu schonen.

Die Sicherheit der Freizeit- und Sportaviatik ist durch eine der Gefährdung angemessene Zulassungs- und Aufsichtstätigkeit sicherzustellen. Dabei sind effiziente Zusammenarbeitsformen mit Organisationen der Freizeit- und Sportaviatik zu fördern.

Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) Die im SIL festgelegte Politik hinsichtlich der künftigen Entwicklung sowie der Rollenverteilung beim Bau und Betrieb der Landesflughäfen wird überprüft und wo nötig angepasst (vgl. Ziffer 3.3.3 bis 3.3.6).

Die übrige SIL-Politik, namentlich zu den zivil mitbenützten Militärflugplätzen, Flugfeldern, Heliports und Landestellen, wird beibehalten. Festgehalten wird dabei auch an den im SIL verankerten Überprüfungsaufträgen hinsichtlich der Gebirgslandeplätze (SIL Teil III B6a) und Lastaufnahmeplätze (SIL Teil III B6c).

Landesflughäfen Der Bundesrat bekennt sich weiterhin zu einer nachfrageorientierten Entwicklung der Landesflughäfen. Im Rahmen von Nachhaltigkeitsüberlegungen sind jedoch Ausnahmen denkbar, in denen von diesem Grundsatz abgewichen werden kann.

Damit der Bund seine luftfahrtpolitische Verantwortung sowie seine Interessen und Ziele inskünftig umfassender und direkter wahrnehmen kann, prüft er Möglichkeiten zur Durchsetzung grösserer Bundeskompetenzen. Insbesondere prüft er den Erlass von Nutzungseinschränkungen in Gebieten, welche durch den Fluglärm belastet werden. Solche Nutzungseinschränkungen können in Form von spezialrechtlichen Baulinien oder Lärmzonen angeordnet werden. Sie würden durch den Bund ­ im Einvernehmen mit dem Flughafenhalter und dem Standortkanton ­ erlassen. Ferner braucht der Bund auch die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Betriebsreglemente der Flughäfen und damit auf die Organisation des Flugplatzes, die Betriebszeiten sowie auf die An- und Abflugverfahren, um übergeordnete nationale Interessen wahrnehmen zu können.

Kurzfristig wird der Bund seine bestehenden Planungskompetenzen im Bereich der Flughäfen ausschöpfen.

Langfristig prüft er neue Formen der Trägerschaft. Die konkrete Umsetzung dieser Zielsetzung bedarf detaillierter Abklärungen, unter anderem sind rechtliche und finanzpolitische Machbarkeiten vertieft zu untersuchen, respektive Möglichkeiten für weitergehende Privatisierungen zu prüfen. Ziel dieser Abklärungen ist die Entwicklung von Trägerschaftsmodellen, die zu einer ausgewogenen Berücksichtigung 1864

der nationalen Luftfahrtinteressen und der lokalen Bedürfnisse führen. Gleichzeitig sollen wirtschaftliche Betreibermodelle der Flughafeninfrastrukturen realisierbar sein. Dabei ist eine direkte Trägerschaft der Flughäfen durch den Bund ausgeschlossen.

Regionalflughäfen Die bestehende Funktion der Regionalflughäfen soll erhalten bleiben. Die Festsetzungen im Konzeptteil des SIL behalten bis auf weiteres ihre Gültigkeit. Anzustreben ist eine möglichst dem internationalen technischen Standard entsprechende Infrastruktur. Weiter sollen alle Regionalflughäfen konzessioniert werden.

Flughafen Zürich Der Flughafen Zürich ist eine Schlüsselinfrastruktur und sein reibungsloses Funktionieren ist für die Schweiz deshalb von grösster Bedeutung. Er soll den Fluggesellschaften weiterhin die geeignete Infrastruktur bereitstellen, um ab Zürich möglichst gute Direktverbindungen nach Europa und den wichtigen weltweiten Zentren zu unterhalten und damit die Bedürfnisse des Markts zu befriedigen. Erwartet wird auch die Ermöglichung eines Drehkreuzbetriebs für eine Fluggesellschaft. Der Flughafen Zürich muss Rahmenbedingungen bieten, unter denen die Fluggesellschaften im Wettbewerb mit ihrer Konkurrenz auf anderen Flughäfen bestehen können.

Kurz- bis mittelfristig will der Bundesrat seine Handlungsmöglichkeiten wie folgt nutzen: ­

Mit Deutschland soll in einvernehmlicher Weise die Befugnis zur Durchführung der Flugsicherung im süddeutschen Raum durch die schweizerische Flugsicherung vereinbart werden. Auch die Benützungsbedingungen für den süddeutschen Luftraum sollen nach Möglichkeit einvernehmlich geregelt werden. Die Rechtsverfahren in Bezug auf die Benützungsbeschränkungen des süddeutschen Luftraums werden weitergeführt.

­

Die Prüfung alternativer Anflugmöglichkeiten, einschliesslich des gekrümmten Nordanflugs, wird fortgesetzt.

­

Die zu treffenden Massnahmen zur Verminderung der Lärmbelastung müssen für den Flughafen Zürich wirtschaftlich tragbar sein. Das gilt insbesondere für die Fixierung betrieblicher Grenzen. Einschränkungen bei den Betriebszeiten müssen in vernünftigem Verhältnis zu den Bedingungen auf konkurrenzierenden Flughäfen im Ausland stehen.

­

Für die zukünftige Ausgestaltung des Flughafenbetriebs in Zürich, wie sie im Rahmen der Sachplanung zu erarbeiten ist, sollen die erwähnten luftfahrtpolitischen Ziele des Bundes eingehalten werden. Der Betrieb muss die Nutzungsbedingungen für den süddeutschen Luftraum berücksichtigen. Weiter definiert und überprüft der Bundesrat die einzuhaltenden Sicherheitsstandards. Aus umwelt- und raumordnungspolitischer Sicht sind möglichst wenige Personen einer schädlichen oder lästigen Lärmimmissionen auszusetzen, sollen möglichst wenige Bauzonen von Überschreitungen der Planungswerte betroffen und so wenig neue Gebiete und Personen wie möglich beschallt werden. In diesem Sinn spricht sich der Bundesrat grundsätzlich für eine Konzentration des Lärms im Rahmen der bestehenden faktischen und rechtlichen Rahmenbedingungen aus. Dabei ist sich der Bundesrat 1865

bewusst, dass aufgrund der bestehenden Rahmenbedingungen eine gewisse Verteilung des Lärms unumgänglich sein wird.

Flughafen Genf Der Bundesrat hält an seiner im SIL festgelegten Flughafenpolitik fest. Er sorgt weithin für gute Rahmenbedingungen. Insbesondere fördert er ein einvernehmliches Verhältnis zwischen schweizerischen und französischen Behörden. Die Commission mixte franco-suisse dient hierfür als wichtiges Instrument.

Der Bundesrat betrachtet den Flughafen Genf als Schlüssel zu einem internationalen Genf. Er erkennt, dass die wirtschaftliche Bedeutung weit über die Grenzen der Region Léman hinausreicht.

Flughafen Basel-Mulhouse Am partnerschaftlichen Betrieb des Flughafens Basel-Mulhouse mit Frankreich wird festgehalten. Der entsprechende Staatsvertrag soll aber in Richtung Öffnung für Dritte/Tri-nationalisierung weiterentwickelt werden. Allfällige an die Trägerstaaten gerichtete Lösungsvorschläge zur Reduktion der Verschuldungssituation sollen im Lichte der besonderen Situation, in der sich der Flughafen befindet, unvoreingenommen geprüft werden.

Die Zollabfertigung und administrative Prozesse sollen im Hinblick auf das geplante neue Express Frachtzentrum auf Optimierungs- bzw. Erleichterungspotenzial überprüft werden.

Die vom Flugbetrieb ausgehende Umweltbelastung ist möglichst gering zu halten, wobei die Schweiz einen fairen Anteil zu übernehmen hat. Der Bundesrat setzt sich dafür ein, dass allfällige Leistungen aus dem Flughafenlärmgebührenfond für Schallschutzmassnahmen unter vergleichbaren Voraussetzungen auch den schweizerischen Nachbarn zugute kommen.

Die Schweiz prüft eine Beteiligung an den Kosten des Bahnanschlusses in einem noch auszuhandelnden Mass. Voraussetzung hierfür ist die durch Frankreich vorzunehmende raumplanerische Sicherung der Trassenführung. Der Bundesrat prüft, inwieweit er Verlagerungen des Flugbetriebs unter den Landesflughäfen beeinflussen kann.

Operative Herausforderungen der Flugsicherung Die Skyguide wird weiterhin damit beauftragt, den Flugsicherungsdienst in der Schweiz und im zugewiesenen ausländischen Luftraum durchzuführen.

Die Integration der zivilen und militärischen Flugsicherung innerhalb der Skyguide wird zügig umgesetzt und die daraus entstehenden Synergiepotenziale ausgenützt.

Dabei erwartet der Bundesrat, dass die Skyguide eine effiziente
Abwicklung des anfallenden zivilen und militärischen Luftverkehrs gewährleistet.

Skyguide hat mit einem kompetenten und auf kontinuierlichen Verbesserungsprozess ausgelegten Qualitäts- und Sicherheitsmanagement einen vorbildlichen Flugsicherungsstandard zu gewährleisten und eine hohe Sicherheitskultur zu pflegen.

Strukturelle Mängel des heutigen internationalen und nationalen Flugsicherungsgebührensystems sollen so rasch als möglich behoben werden. Der Bund strebt mit den benachbarten Staaten Vereinbarungen an, welche die Flugsicherung einschliesslich

1866

einer angemessenen Abgeltung regeln. Ferner setzt er sich für ein verursachergerechtes Gebührensystem ein.

Die Nutzung des Schweizer Luftraums soll allen Benutzern grundsätzlich offen stehen. Da der Luftraum jedoch beschränkt ist, geniesst der Linienverkehr oberste Priorität. Zudem sind die Bedürfnisse der Luftwaffe zu berücksichtigen.

Single European Sky Die Schweiz beteiligt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten am SES der EU. Die Bewirtschaftung eines Luftraumblocks über der Schweiz und dem angrenzenden Ausland durch Skyguide im Rahmen des SES stellt ein übergeordnetes Ziel dar. Der Bundesrat sorgt dabei für die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen, unter anderem mit der zügigen Umsetzung der Regelungen der Eurocontrol ins nationale Recht. Der Bundesrat überträgt der Skyguide die Aufgabe, den bestmöglichen organisatorischen Rahmen zur Bewirtschaftung eines funktionalen Luftraumblocks zu erarbeiten und setzt sich dafür ein, mit den betroffenen Staaten zeitgerecht die notwendigen Abkommen abzuschliessen.

Luftfahrtindustrie Die Wettbewerbsfähigkeit der Luftfahrtindustrie soll mit der Schaffung von optimalen Rahmenbedingungen gefördert werden. Der Bundesrat ist bestrebt, die Harmonisierung und Standardisierung von Vorschriften sowie gegenseitige Anerkennung von Verfahren und Zertifikaten zu fördern. Die Schweiz vollzieht den Beitritt zur EASA rasch.

Luftfahrtausbildung Die Schweiz soll künftig gerade auch in Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung der Zivilluftfahrt über ein genügendes Angebot an qualifizierten Instruktoren und Ausbildungsstätten für Luftfahrtberufe verfügen. Zur Erreichung dieses Ziels fördert der Bundesrat die Ausbildung, die Forschung und die Technologie im Bereich der Luftfahrt durch eine rasche Integration ins schweizerische Ausbildungssystem. Es ist zu prüfen, inwieweit eine fachspezifische Ausbildung auf höherer Stufe anzubieten und dabei namentlich der Aufbau eines aviatischen Lehrgangs an einer Fachhochschule anzustreben ist. Der Bundesrat steht dem Aufbau eines aviatischen Lehrgangs an einer schweizerischen Fachhochschule positiv gegenüber. Gleichzeitig sind auch die lizenzierten Aviatikberufe künftig anzuerkennen.

Die Schweiz orientiert sich am europäischen Ausbildungsstandard und sorgt für eine einheitliche aviatische Ausbildung in der Schweiz. Der Bundesrat
setzt sich für die weitere Harmonisierung der Ausbildungsvoraussetzungen ein.

Im Rahmen der fliegerischen Vorschulung sollen ziviler und militärischer Bereich zusammenarbeiten und Synergien soweit wie möglich nutzen.

1867

4.2

Umsetzung

Der vorliegende Bericht bedingt die Anpassung bestehender Gesetze und Verordnungen sowie Planungsinstrumente. Sofern die Anpassungen Gesetze betreffen, werden diese dem Parlament vorgelegt. Bezüglich Verordnungen wird entweder der Bundesrat oder das betroffene Departement die erforderlichen Änderungen vornehmen. Für die Genehmigung des SIL ist der Bundesrat zuständig.

Zusammenfassend sind die nachfolgenden Umsetzungsmassnahmen erforderlich: Luftfahrtpolitische Zielsetzung Angesichts der Bedeutung der Luftfahrt prüft der Bund, grundsätzliche Aussagen zur Nachhaltigen Entwicklung, Sicherheit, Erreichbarkeit, Wettbewerbsfähigkeit und zur internationalen Vernetzung der schweizerischen Zivilluftfahrt im LFG aufzunehmen.

Freiwilliges, vertrauliches und strafloses Meldewesen Die erforderlichen neuen Rechtsgrundlagen sind im Rahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der Empfehlungen des Berichts NLR sowie in der Umsetzung der Vorgaben der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO zu schaffen.

Lärm Es sind die rechtlichen Instrumente zu prüfen, ob und wie die Erträge aus der heutigen Kerosinbesteuerung für den Binnenluftverkehr, welche jährlich ungefähr 60 Millionen Franken betragen, künftig zugunsten von Umweltschutz-, Securityund Safetymassnahmen im Zusammenhang mit dem Luftverkehr eingesetzt werden können.

Des Weiteren ist der gesetzgeberischen Handlungsbedarf bezüglich der Verfahren im Zusammenhang mit Lärmschutzmassnahmen sowie der materiellen und formellen Enteignung zu prüfen.

Aufhebung der Eidgenössischen Luftfahrtkommission Die Aufhebung hat eine Anpassung der entsprechenden rechtlichen Grundlagen zur Folge. Artikel 5 des Luftfahrtgesetzes (LFG; SR 748.0) und die Verordnung über die Luftfahrtkommission (SR 748.112.3) sind aufzuheben.

Landesflughäfen Die Verlagerung der Planungskompetenzen von den Standortkantonen und -gemeinden auf den Bund sowie die Übernahme der Trägerschaft haben eine Anpassung der Artikel 36 ff LFG, sowie eine Teilrevision der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt (VIL; SR 748.131.1) zur Folge. Auch der SIL ist entsprechend anzupassen. Des Weiteren sind die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Anpassung bzw. eines Entzugs der Konzessionen der Flughäfen Zürich und Genf zu prüfen.

Bezüglich neuer Formen der Trägerschaft sind u.a. rechtliche und finanzpolitische Machbarkeiten vertieft zu untersuchen, respektive Möglichkeiten für weitergehende Privatisierungen zu prüfen.

1868

Delegationsgrundlage Skyguide Mit den benachbarten Staaten sind Vereinbarungen abzuschliessen, welche die Flugsicherung einschliesslich einer angemessenen Abgeltung regeln. Die Verordnung über den Flugsicherungsdienst (VFSD; SR 748.132.1) ist gegebenenfalls anzupassen.

Beitritt der Schweiz zum Single European Sky (SES) Die Beitrittsverhandlungen sind zu verfolgen und gegebenenfalls die nötigen rechtlichen Anpassungen vorzunehmen.

Beitritt der Schweiz zu Europäische Agentur für Flugsicherheit der EU (EASA) Der Beitritt erfolgt durch Anpassung des Abkommens über den Luftverkehr zwischen der Schweiz und der EG vom 21. Juni 1999. Die Botschaft ans Parlament ist für das Jahr 2005 vorgesehen.

Ausscheidung von Ruhezonen Zum Schutz der Landschaft vor Lärmimmissionen durch die Luftfahrt, besonders im Gebirge, sind einzelne Ruhezonen in Anwendung von Artikel 8 Absatz 4 LFG und LKS Sachziel 6D auszuscheiden.

Mehrwertsteuer Der Bundesrat prüft die steuerliche Gleichstellung der Business Aviation mit den übrigen Unternehmen des internationalen Luftverkehrs (Linien- und Charterverkehr), soweit dies nicht bereits erfolgt ist, und stellt sicher, dass die Mehrwertsteuer entsprechend ihrer Ausgestaltung als Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzugsrecht bzw.

Rückerstattung gemäss den Vorgaben der 6. EU Richtlinie erhoben wird.

Flugbetriebliche Rechtgrundlagen Zur Durchsetzung einheitlicher Sicherheitsstandards für die gewerbsmässige Luftfahrt (Linien- und Charterverkehr) wie für die Business Aviation sind die von den JAA ausgearbeiteten Regelungen JAR-OPS 2 (Corporate Aviation) für die Zertifizierung von schweizerischen Unternehmen als einheitliche Zulassungsgrundlagen einzuführen.

Die schweizerischen Rechtsgrundlagen zur Einführung von JAR-OPS 4 (VJAR-OPS 4 aerial work) sind einzuführen.

Die Arbeiten für eine Zulassung der Ecolight-Flugzeuge sind zügig voranzubringen.

Binnenluftverkehr Zur Förderung der Luftverkehrsanbindung des Tessins prüft der Bundesrat das Instrument der «gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen» gemäss Artikel 4 EU VO 2408/92, sofern die Anbindung nicht durch den Markt gewährleistet wird und die betroffenen Kantone und Gemeinden bereit sind, Beiträge an den Betrieb solcher Linienverbindungen zu leisten.

1869

Anhang 1

Quellenverzeichnis Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation, in Kraft getreten am 1. Juli 1995 (SR 0.632.20).

Airport Council International/York Aviation (2004) The social and economic impact of airports in Europe, Januar 2004.

Bieger, Thomas (2003) Zweitmeinung zuhanden der Ständeratskommission für Verkehr, Kommunikation und Fernmeldewesen, St. Gallen, Januar 2003.

Botschaft des Bundesrats (2001) Botschaft über die Finanzierung des Redimensionierungskonzepts für die nationale Zivilluftfahrt vom 7. November 2001 (BBl 2001 VI 6439).

Bundesamt für Zivilluftfahrt (1980) Bericht über die schweizerische Luftfahrtpolitik, Bern, Januar 1980.

Bundesamt für Zivilluftfahrt (1993) Die schweizerische Flugsicherungspolitik 1993­2010, Bern, Mai 1993.

Bundesamt für Zivilluftfahrt (2000) Skyrights ­ Schweizerische Luftverkehrspolitik, Bern, November 2000.

Bundesamt für Zivilluftfahrt (2004) Schweizerische Zivilluftfahrt, Jahresstatistik 2003, Bern 2004.

Bundesrat (1953) Bericht des Bundesrats an die Bundesversammlung über die Organisation des schweizerischen Luftverkehrs und die schweizerische Luftverkehrspolitik, April 1953 (BBl 1953 I 757).

Bundesrat (2002-a) Bericht des Bundesrats «Strategie zur nachhaltigen Entwicklung» vom 27. März 2002.

Bundesrat (2002-b) Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Technologie in den Jahren 2004­2007 vom 29.11.2002.

Bundesverfassung (1999) Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, in Kraft getreten am 1. Januar 2000 (AS 1999 2556).

1870

ECAC (2003) European Civil Aviation Conference ECAC, Doc N. 30, Part II, Security, 11th Edition, July 2003.

ICAO Journal (2003) Economic Impact of Civil Aviation, ICAO Journal, Ausgabe 8, Oktober 2003.

ITA (1999) Institut du Transport Aérien ITA, Perspektiven des Luftverkehrs für die Schweiz, Aussichten bis zum Jahr 2020, Paris, März 1999.

Luftfahrtgesetz (1948) Bundesgesetz über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 (SR 748.0).

Motion Joder (2001) Motion 01.3783, Sicherstellung des Anschlusses der Regionalflughäfen Bern und Lugano an das Luftverkehrs-Liniennetz der neuen nationalen Airline, eingereicht am 14.12.2001.

NLR (2003) National Aerospace Labarotory NLR, Aviation Safety Management in Switzerland ­ Recovering from the myth of perfection, Amsterdam, Juni 2003.

Pariser Abkommen (1956) Mehrseitiges Abkommen über die Verkehrsrechte für Beförderungen im nicht regelmässigen Luftverkehr in Europa, abgeschlossen in Paris am 30. April 1956, von der Bundesversammlung genehmigt am 4. März 1957, in Kraft getreten am 23. Juli 1957 (BBl 1956 II 520 861).

Rat der europäischen Gemeinschaften (1992) Verordnung EWG Nr. 2409/92 Artikel 4 des Rates vom 23. Juli 1992 über Flugpreise und Luftfrachtraten.

SIAA (2003) Swiss International Airport Association SIAA, volkswirtschaftliche Bedeutung der schweizerischen Landesflughäfen, Zürich/Bern, Juni 2003.

UVEK (2001-a) Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK, Departementsstrategie, Mai 2001.

UVEK (2001-b) Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation/Bundesamt für Raumentwicklung, Ziel- und Indikatorensystem nachhaltiger Verkehr UVEK (ZINV UVEK), Version Oktober 2001.

1871

Warschauer Abkommen (1929) Abkommen vom 12. Oktober 1929 zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (mit Zusatzprotokoll), in Kraft getreten am 7. August 1934 (SR 0.748.410).

1872

Anhang 2

Begriffsverzeichnis Allgemeine Luftfahrt (General Aviation) All civil aviation operations other than scheduled air services and non-scheduled air transport operations for remuneration or hire.

(ICAO Doc 9161, Doc 9562) Arbeitsluftfahrt (Aerial Work) An aircraft operation in which an aircraft is used for specialized services such as agriculture, construction, photography, surveying, observation and patrol, search and rescue, aerial advertisement, etc.

(ICAO An 6/I, An 6/II, An 6/III) Bedarfsluftverkehr / Charterverkehr Luftverkehr, dem keine Beförderungs- und Flugplanpflicht zukommt.

EASA The European Aviation Safety Agency, is an agency of the European Union which has been given specific regulatory and executive tasks in the field of aviation safety.

The European Aviation Safety Agency is a key part of the European Union's strategy to establish and maintain a high uniform level of civil aviation safety in Europe.

(www.easa.eu.int) ECAC Founded in 1955 as an intergovernmental organisation, ECAC's objective is to promote the continued development of a safe, efficient and sustainable European air transport system. In so doing, ECAC seeks to harmonise civil aviation policies and practices amongst its Member States and to promote understanding on policy matters between its Member States and other parts of the world.

(www.ecac-ceac.org) Ecolight-Aircraft Bei den Ecolight-Flugzeugen handelt es sich um eine neue Kategorie von modernen, leistungsfähigen ein- oder zweiplätzigen Flugzeugen. Aufgrund der extrem leichten Bauweise und des Antriebes durch Motoren mit niedrigem Treibstoffverbrauch und geringen Emissionen bilden sie eine besonders ökologische und ökonomische Alternative zu den herkömmlichen Kleinflugzeugen. Für diese im Ausland seit längerem vor allem zu Freizeit- und Ausbildungszwecken eingesetzten Leichtflugzeuge bestehen in der Schweiz noch keine Lufttüchtigkeitsanforderungen, weshalb die Zulassung beziehungsweise der Betrieb von Ecolight-Flugzeugen bisher noch nicht gestattet ist. Nachdem das UVEK Ende 2002 einen Grundsatzentscheid für die Zulassung getroffen hat, werden nunmehr im Rahmen eines Projektes vom BAZL in enger Zusammenarbeit mit dem Aero-Club der Schweiz die erforderlichen Rahmenbedingungen erarbeitet.

(BAZL)

1873

Eurocontrol Eurocontrol is the European Organisation for the Safety of Air Navigation. This civil and military Organisation which currently numbers 34 Member States, has as its primary objective the development of a seamless, pan-European Air Traffic Management (ATM) system. The achievement of this objective is a key element to the present and future challenges facing the aviation community, which are to cope with the forecast growth in air traffic, while maintaining a high level of safety, reducing costs, and respecting the environment.

(www.eurocontrol.int) Business Aviation Business Aviation ­ Commercial The commercial operation or use of aircraft by companies for the carriage of passenger or goods as an aid to the conduct of their business and the availability of the aircraft for whole aircraft charter, flown by a professional pilot(s) employed to fly the aircraft.

Business Aviation ­ Corporate The non-commercial operation or use of aircraft by a company for the carriage of passengers or goods as an aid to the conduct of company business, flown by a professional pilot(s) employed to fly the aircraft.

Business Aviation ­ Owner Operated The non-commercial operation or use of aircraft by an individual for the carriage of passengers or goods as an aid to the conduct of his/her business.

(http://www.ibac.org) Flugplätze Flugplätze werden in Flughäfen und Flugfelder unterteilt. Ein Flughafen ist ein konzessionierter Flugplatz mit Zulassungszwang, ein bewilligtes Flugfeld ist ein Flugplatz ohne Zulassungszwang.

CO2 Gas, das in der Natur bei der Verbrennung oder Zersetzung von Biomasse (z.B.

Pflanzen) sowie bei der Atmung von Menschen und Tieren entsteht. In der Atmosphäre ist CO2 ein wichtiges Treibhausgas. Der Anstieg der CO2-Konzentration in den letzten hundert Jahren ist auf die Verbrennung von Fossilen Energieträgern (Kohle, Öl, Gas) sowie auf das Abholzen der Tropenwälder durch den Menschen zurückzuführen. Je Tonne verbranntem Kerosin entstehen 3,154 Tonnen CO2. 1992 waren rund 2,4 % der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energie und 13 % der globalen Verkehrsemissionen auf den weltweiten Luftverkehr zurückzuführen. Die globale Erwärmung der letzten Jahrzehnte lässt sich nur unter Berücksichtigung der Zunahme der CO2-Konzentration in der Atmosphäre erklären. Die Verweilzeit von CO2 in der Atmosphäre beträgt rund 100 Jahre.

1874

Hub-Airport Any Airport having numerous inbound and outbound flights and a high percentage of connecting traffic. In the context of scheduling and marketing it denotes an airport where many of its inbound and outbound schedules are coordinates with the aim of producing the most convenient connections and/or transshipment for passengers, freight and/or mail.

(ICAO Doc 9626) ICAO ICAO was established in 1947. Its main objectives are to: Ensure the safe and orderly growth of international civil aviation. Encourage the design and operation of aircraft for peaceful purposes. Support the development of airways, airports and air navigation facilities for civil aviation. Meet the needs of the international public for safe, regular, efficient and economical air transport.

(www.un.org) Kabotage A situation in which a single State controls the traffic and tariffs between points in its own territory and may grant traffic and tariff privileges between such points on a non-exclusive basis to airline(s)/aircrafts of other States.

(ICAO Doc 9364) Öffentlicher Luftverkehr Als öffentlichen Luftverkehr wird der Linienverkehr mit Beförderungs- und Flugplanpflicht verstanden.

(SIL IV-3) Safety A condition in which the risk of harm or damage is limited to an acceptable level.

(ICAO Doc 9735) Security A combination of measures and human and material resources intended to safeguard international civil aviation against acts of unlawful interference.

(ICAO An 17) Single European Sky (SES) The Single European Sky is an ambitious initiative to reform the architecture of European air traffic control to meet future capacity and safety needs.

(http://europa.eu.int)

1875

Anhang 3

Parlamentarische Vorstösse zur Luftfahrtpolitik 01.3375 ­ Postulat. Schweizerische Luftfahrtpolitik Eingereicht von

Kurrus Paul

Einreichungsdatum

21.6.2001

Eingereicht im

Nationalrat

Stand der Beratung

Erledigt

Eingereichter Text Der Bundesrat wird aufgefordert, dem Parlament bis Ende 2001 einen Bericht über den Beitrag des Bundes zur Verwirklichung einer prospektiven schweizerischen Luftfahrtpolitik vorzulegen.

Begründung Eine leistungsfähige Infrastruktur und effiziente Flugverbindungen mit wichtigen ausländischen Wirtschaftszentren und der damit verbundenen Standortattraktivität sind für wirtschaftliche Prosperität und den Wohlstand der Bevölkerung eines Landes von entscheidender Bedeutung. Der letzte Bericht des Bundesrats zur Luftfahrt der Schweiz wurde dem Parlament im Jahre 1953 vorgelegt. Seither hat sich der Verkehrsträger Luftfahrt weiterentwickelt und in verschiedenen Bereichen eine entscheidende verkehrs- und gesellschaftspolitische Bedeutung erlangt. Dies wurde durch die jüngsten Ereignisse rund um den Landesflughafen Zürich besonders deutlich. Lärmgrenzwerte für Landesflughäfen, finanzielle Probleme der Swissair Group, Staatsvertragsverhandlungen mit Deutschland sowie die fünfte Ausbauetappe sind nur einige Stichworte dazu.

Das Luftfahrtgesetz regelt im Wesentlichen nur die Aufsicht über die Zivilluftfahrt.

Im Gegensatz zu anderen Staaten in Europa, aber auch im Gegensatz zum Verkehr auf Schiene und Strasse, fehlt im konzeptionellen Sinn aber eine breit abgestützte schweizerische Luftfahrtpolitik, an der sich eine gesunde Entwicklung dieses Verkehrsträgers orientieren kann. Eine solche langfristig verlässliche Prospektive ist auch für die Investitionssicherheit der Luftfahrtbetreiber und des Wirtschaftsstandorts Schweiz unerlässlich.

Im kürzlich vom Bundesrat verabschiedeten Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt sind zwar zahlreiche Elemente einer solchen nationalen, koordinierten Luftfahrtpolitik enthalten, eine parlamentarische Debatte darüber hat aber leider nicht stattgefunden; der verlangte Bericht bietet deshalb gute Gelegenheit, dies nachzuholen.

Im Bericht sollen insbesondere Aussagen zu folgenden Themen enthalten sein: 1.

Behauptung der Luftfahrt als Gesamtsystem und öffentlicher Verkehrsträger;

2.

Wahrnehmung des gesamtschweizerischen öffentlichen Interesses an einer wettbewerbsfähigen Luftfahrt;

3.

Sicherstellung einer «Grundversorgung» mit effizientem Lufttransport (Service Public);

1876

4.

Umsetzung einer gesamtschweizerischen Infrastrukturpolitik für die drei Landesflughäfen, die Regionalflugplätze und die Flugfelder;

5.

Gleichbehandlung der Luftfahrt gegenüber anderen Verkehrsträgern, u.a. bei deren Finanzierung und bei der Anwendung von Schutzmassnahmen vor übermässigen Immissionen;

6.

Beitrag des Bundes zur effizienten Verknüpfung mit anderen Verkehrsträgern;

7.

Vertretung der schweizerischen Luftfahrtinteressen im Ausland;

8.

Massnahmen zur Sicherstellung ausreichender Kapazität in der Luftfahrt;

9.

Beitrag des Bundes zur beruflichen Ausbildung in der Luftfahrt.

Stellungnahme des Bundesrats 7.11.2001 Wegen den Umständen, in denen sich die schweizerische Zivilluftfahrt nach den Entwicklungen bei der Swissair befindet, kann der Bericht über den Beitrag des Bundes zur Verwirklichung einer prospektiven schweizerischen Luftfahrtpolitik zwar nicht bis Ende 2001 erstellt werden, er wird dem Parlament jedoch noch in der laufenden Legislaturperiode vorgelegt.

Erklärung des Bundesrats 7.11.2001 Der Bundesrat ist bereit, das Postulat entgegenzunehmen.

Chronologie: 16.11.2001 NR Annahme.

Zuständig: Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Mitunterzeichnende: Cavalli Franco ­ Frey Walter ­ Maitre Jean-Philippe ­ Pelli Fulvio ­ Scheurer Rémy (5)

02.3467 ­ Empfehlung GPK- SR.

Neuformulierung der Luftverkehrspolitik Wortlaut der Empfehlung vom 19. September 2002 Die GPK-SR fordert den Bundesrat auf, die Luftverkehrspolitik der Schweiz angesichts der internationalen Entwicklungen neu zu formulieren und die Rolle des Staates bei der Aufrechterhaltung der Luftverkehrsinfrastruktur zu definieren. Er überprüft dabei auch die Rolle der Luftfahrtkommission.

Begründung Die Kommission verweist auf den Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 19. September 2002 über die Rolle von Bundesrat und Bundesverwaltung im Zusammenhang mit der Swissair-Krise.

1877

Erklärung des Bundesrats Der Bundesrat ist bereit, die Empfehlung entgegen zu nehmen.

Der Bundesrat hat bereits das Postulat Kurrus vom 21.6.2001 «Schweizerische Luftfahrtpolitik» (01.3375) angenommen, welches die gleiche Zielrichtung verfolgt wie die vorliegende Empfehlung der GPK-S.

01.3637 ­ Motion. Luftverkehrspolitik des Bundes Eingereicht von

Vaudroz Jean-Claude

Einreichungsdatum

5.10.2001

Eingereicht im

Nationalrat

Stand der Beratung

Erledigt

Eingereichter Text Der Bundesrat erarbeitet, und zwar so rasch als möglich, eine Luftverkehrspolitik des Bundes, die diesen Namen verdient. Diese nimmt insbesondere Rücksicht auf die Interessen der einzelnen Landesgegenden.

Der Bund sorgt dafür, dass das Bundesamt für Zivilluftfahrt der Crossair die Konzessionen erteilt, die diese für die Weiterentwicklung ihrer Aktivitäten benötigt, dass diejenigen der Swissair rückgängig gemacht werden und dass dem Monopol, das die Swissair noch bis im Jahr 2008 innehat, ein Ende gesetzt wird.

Begründung Die Ereignisse der letzten Tage bedeuten nicht nur eine Katastrophe in der schweizerischen Zivilluftfahrt, sondern bringen auch einen sehr grossen Imageschaden für unser Land mit sich, mit einer Vielzahl von wirtschaftlichen, touristischen und finanziellen Folgeschäden. Angesichts dieser Ereignisse ist es angezeigt, die Luftfahrtpolitik dieses Landes von Grund auf neu festzulegen.

Die Luftfahrtpolitik des Bundes war bis zum heutigen Tag im Wesentlichen auf die Swissair ausgerichtet. Diese hat der Schweiz, und ganz besonders auch der französischen Schweiz, wiederholt Schaden zugefügt. Ich bin deshalb der Meinung, dass es an der Zeit ist, dass der Bund in einer objektiveren und breiteren Gesamtsicht der Dinge eine wirkliche Luftfahrtstrategie entwickelt, die stärker auf die Interessen des ganzen Landes und seiner Regionen Rücksicht nimmt als nur auf diejenigen eines einzelnen Luftfahrtunternehmens.

Es wäre aber kaum nachvollziehbar, ja inakzeptabel, wenn man nun einfach die Vorrechte der Swissair auf die Crossair übertragen würde, Privilegien, die die Swissair im Rahmen ihrer Konzessionen erhalten hat und die ihren Teil an die Tatsache beigetragen haben dürften, dass sich die Swissair immer mehr auf ihren Lorbeeren ausgeruht hat und dass sich ihr Verwaltungsrat zu völlig überzogenen Projekten hinreissen liess, die an Grössenwahnsinn grenzen.

Mit der Swissair müssen wir auch ihre Vorrechte zu Grabe tragen. Allerdings sollten die Linien, die von der Verstorbenen bewirtschaftet wurden, prioritär auf die Crossair übertragen werden, jedoch ohne irgendwelche zusätzlichen Privilegien, die nur

1878

den Effekt haben, dass jegliche Initiative, im Interesse der Regionen des Landes unsere Flughäfen zu bedienen, gelähmt wird.

Stellungnahme des Bundesrats 7.11.2001 1. Der Motionär verlangt die Erarbeitung einer Luftverkehrspolitik. Sofern damit gemeint ist, dass der Bund einen entsprechenden Bericht dem Parlament vorzulegen hat, so ist die Form des Postulates und nicht der Motion zu wählen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Bundesrat sich bereit erklärt hat, das Postulat Kurrus 01.3375 bezüglich der Erstellung eines Berichtes über den Beitrag des Bundes zur Verwirklichung einer prospektiven schweizerischen Luftfahrtpolitik entgegenzunehmen.

2. Vor dem Hintergrund der Liberalisierung in Europa und dem Entscheid der Swissair, den grössten Teil ihrer interkontinentalen Linienflüge von Genf nach Zürich zu verlagern, beauftragte der Bundesrat am 8. Mai 1996 das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl), Artikel 103 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt (LFG; SR 748.0) im Sinne einer Marktöffnung zu revidieren. Diese Bestimmung enthielt faktisch ein Monopol der Swissair, da die internen, kontinentalen und interkontinentalen Linienverbindungen, die im «allgemeinen Interesse» lagen, von einem nationalen Luftverkehrsunternehmen betrieben wurden, an dem sich der Bund beteiligte.

Das vom Bundesrat vorgegebene Ziel konnte nur mit der Aufhebung von Artikel 103 LFG und einer Revision der Verordnung über die Luftfahrt (LFV; SR 748.01) erreicht werden. In der Botschaft des Bundesrats vom 28. Mai 1997 (BBl 1997 III 1181) wurden die neuen Rahmenbedingungen erläutert, die den Übergang der bisherigen Vorzugsbehandlung der Swissair zu einer echten Wettbewerbssituation bewerkstelligen sollten. Die Änderungen wurden von beiden Kammern mit grosser Mehrheit gutgeheissen; sie traten am 15. November 1998 in Kraft.

Die revidierte LFV legt auch die Voraussetzungen für die Zuteilung von Streckenkonzessionen an schweizerische Unternehmen fest. Grundsätzlich werden solche Konzessionen an alle interessierten Luftverkehrsunternehmen erteilt, wenn nicht wesentliche verkehrspolitische Gründe dagegen sprechen. Kann allerdings aufgrund zwischenstaatlicher Abmachungen nur ein Luftverkehrsunternehmen bezeichnet werden, so kommt ein Auswahlverfahren nach Artikel 114 LFV zum Tragen. Die in der Verordnung
festgelegten Kriterien schliessen u. a. die Bedienung der schweizerischen Flughäfen mit ein. Damit werden auch die Interessen der einzelnen Landesgegenden beim Entscheid über die Konzessionserteilung gebührend berücksichtigt.

Schliesslich enthält das Grundlagenpapier «Skyrights» des Bazl eine Wegleitung für die praxisbezogene Anwendung der gesetzlichen Vorschriften. Die zusammen mit dem UVEK erarbeiteten Ausführungen wurden den betroffenen Kreisen im November 2000 zur Information zugestellt. Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass sich weitergehende gesetzgeberische Eingriffe nicht aufdrängen.

3. Das Bazl hat der Crossair am 25. Oktober 2001 eine provisorische Bewilligung zum Betrieb von 31 Luftverkehrslinien im Kurz- und Mittelstreckenbereich erteilt.

Nach Abschluss des ordentlichen Konzessionsverfahrens für diese Strecken wird dem UVEK Antrag auf Erteilung der betreffenden Streckenkonzessionen an Crossair gestellt. Der Entscheid darüber soll noch vor Ende November erfolgen. Was den Langstreckenverkehr betrifft, hat Crossair noch kein entsprechendes Gesuch gestellt.

Mit der Erteilung der Streckenkonzessionen an Crossair fällt der der Swissair bis 1879

Ende Dezember 2008 gewährte Monopolschutz dahin. Damit ist zumindest im Europaverkehr die Möglichkeit geschaffen, dass neben Crossair auch andere schweizerische Unternehmen zugelassen werden und der Wettbewerb gefördert wird.

Erklärung des Bundesrats 7.11.2001 Der Bundesrat beantragt, die Motion abzulehnen.

Chronologie: 16.11.2001 Zurückgezogen.

Zuständig: Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Mitunterzeichnende: Bader Elvira ­ Chevrier Maurice ­ Cina Jean-Michel ­ Dupraz John ­ Eberhard Toni ­ Ehrler Melchior ­ Estermann Heinrich ­ Imhof Rudolf ­ Lauper Hubert ­ Leu Josef ­ Leuthard Doris ­ Mariétan Fernand ­ Meyer Thérèse ­ Neirynck Jacques ­ Raggenbass Hansueli ­ Robbiani Meinrado ­ Sandoz Marcel ­ Schmid Odilo ­ Zäch Guido ­ Zapfl Rosmarie (20)

01.3761 ­ Motion. Konzept für eine nachhaltige Luftverkehrspolitik Eingereicht von

Leutenegger Oberholzer Susanne

Einreichungsdatum

13.12.2001

Eingereicht im

Nationalrat

Stand der Beratung

Erledigt

Eingereichter Text Der Bundesrat wird eingeladen, ein Konzept mit konkreten Massnahmen für eine nachhaltige Luftverkehrspolitik der Schweiz zu erarbeiten. Das Konzept soll insbesondere folgende Bereiche umfassen: 1.

Es ist eine gesamtschweizerische Kosten-Nutzen-Analyse des Flugverkehrs inklusive externe Kosten zu erstellen.

2.

Für die neue nationale Airline, an deren Ausbau sich der Bund massgeblich beteiligt, ist vom Bund aus eine Eignerstrategie zu entwickeln, die sich an den Zielen einer nachhaltigen Flugverkehrspolitik orientiert. Diese umfasst insbesondere auch die Beschaffungspolitik.

3.

Das Konzept für eine nachhaltige Luftverkehrspolitik hat den ökonomischen und ökologischen Interessen aller Landesteile angemessen Rechnung zu tragen.

4.

Es werden klare Zielwerte zur Verminderung der Emissionen des Flugverkehrs definiert. Insbesondere sind folgende Bereiche zu beachten: ­ In Bezug auf den Lärm ist eine Reduktion um ein Dezibel pro Jahr bis zum Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2000 anzustreben.

­ Für die Stickoxide und die CO2-Emissionen sind ein Absenkpfad bzw.

Kompensationen festzulegen.

1880

5.

Für die Durchsetzung der Kostenwahrheit im Flugverkehr müssen geeignete Instrumente und Massnahmen national und international entwickelt werden.

6.

Mittels wirksamer Anreize sind die Emissionen bei den Flugzeugen, d. h. an der Quelle, deutlich zu verringern. Dazu gehören weit wirksamere lärm- und emissionsorientierte Gebühren auf allen Flughäfen, insbesondere aber den internationalen Flughäfen. Die Lenkungswirkung der bestehenden Gebühren ist deutlich zu verstärken. Besonders lärm- und emissionsarme Flugzeuge sind mit einem Bonus zu belohnen.

7.

Eine rasche Anbindung der Schweiz an das internationale BahnHochgeschwindigkeitsnetz ist zu gewährleisten. Weiter sind wirksame Massnahmen zur Verlagerung der Kurzstreckenflüge auf den öffentlichen Schienenverkehr einzuleiten.

8.

Die Schweiz setzt sich auch auf internationaler Ebene für die Durchsetzung einer nachhaltigen Flugverkehrspolitik ein. Neben der aktiven Teilnahme an der ICAO und der Europäischen Zivilluftfahrt-Konferenz soll sie sich insbesondere an den Programmen der EU zur Reduktion der Flugverkehrsemissionen beteiligen.

Begründung Der Bund trägt mit einem grossen finanziellen Engagement massgeblich zur Sicherung einer nationalen Airline mit interkontinentaler Einbindung bei. Aus ökonomischen Gründen ist dies zur Sicherung von Arbeitsplätzen, der Wertschöpfung in der Schweiz und der Attraktivität des Standortes richtig. Das starke ökonomische Engagement gebietet auch, dass im Rahmen einer nationalen Luftverkehrspolitik den ökologischen Anliegen der Bevölkerung an den Luftverkehr endlich angemessen Rechnung getragen wird.

Der Flugverkehr hat durch die weltweiten Ereignisse einen massiven Einbruch verzeichnet. Es ist allerdings durchaus möglich, dass wieder die Zuwachsraten der vergangenen Jahre in der Höhe von 3 bis 6 Prozent pro Jahr erreicht werden.

Ein Grossteil des Flugverkehrs (etwa 70 Prozent) entfällt auf den Freizeitverkehr.

Der Flugverkehr hat unbestrittenermassen wirtschaftlich und sozial positive Effekte.

Gleichzeitig trägt er aber in erheblichem Masse zur Verschlechterung der schweizerischen Umweltbilanz bei. Vor allem im Umfeld der Flughäfen Zürich, Basel und Genf führen massive Lärmbelastungen zu erheblichen Wohlfahrtseinbussen für die Bevölkerung.

Der Flugverkehr hat zudem negative Klimaeffekte, die bislang noch ungenügend untersucht sind. Die CO2-Bilanz der Schweiz müsste massiv nach oben korrigiert werden, wenn auch die Flüge der schweizerischen Bevölkerung im Ausland einbezogen würden. Zu den 44 Millionen Tonnen CO2-Emissionen, die im Inland produziert werden, kämen mindestens 6 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr hinzu.

Die Stickoxid-Emissionen tragen zum Treibhauseffekt und damit zur Klimaveränderung mit gravierenden Folgen bei.

Für einen nachhaltigeren Flugverkehr besteht ein erhebliches technisches Potenzial, bei den Flugzeugen mit der Festlegung einer an der ökologischen Effizienz orientierten Beschaffungspolitik und bei der Wahl der An- und Abflugrouten, das weit intensiver genutzt werden sollte. Die EU hat im Frühjahr ein Programm präsentiert, das u.a. auf die Realisierung der technischen Potenziale zur Verminderung der Umwelt1881

belastungen des Flugverkehrs abzielt (vgl. EU: Aeronautical Research & Technology for Europe in the 21st Century, Brüssel 2001). Bis zum Jahr 2020 sollen die Stickoxid-Emissionen um bis zu 80 Prozent und die CO2-Emissionen um rund 50 Prozent pro Sitzplatzkilometer verringert werden. Beim Lärmpegel rund um die Flughäfen wird das Verminderungspotenzial auf insgesamt gegen 20 Dezibel veranschlagt. In der weiteren Umgebung der Flughäfen sollen die Lärmemissionen praktisch nicht mehr wahrnehmbar sein.

Die Durchsetzung einer nachhaltigen Flugverkehrspolitik wird zur Überlebensfrage für den Luftverkehr. Sie erhöht auch die Akzeptanz der Bevölkerung für das finanzielle Engagement des Bundes zur Finanzierung des Redimensionierungskonzeptes für die nationale Zivilluftfahrt. Die schweizerische Bevölkerung hat das Vertrauen in die Flugverkehrspolitik in erheblichem Ausmass verloren. Vielfach blockieren Grabenkämpfe die Diskussionen. Mit ein Grund dafür ist das Fehlen einer umfassende Flugverkehrspolitik in der Schweiz, die sich an den Interessen der ganzen Bevölkerung und der Volkswirtschaft orientiert. Die Politik wurde weitgehend durch die kurzfristigen Interessen der Flughäfen und der Airlines bestimmt. Eklatantestes Beispiel ist die Festlegung überhöhter Lärmgrenzwerte für die Landesflughäfen durch den Bundesrat. Die Umsetzung einer nachhaltigen Flugverkehrspolitik ist insbesondere zur Sicherung der Standortqualität der Schweiz dringend notwendig.

Stellungnahme des Bundesrats 15.3.2002 Der Bundesrat verfolgt seit vielen Jahren eine Luftverkehrspolitik, welche sich an den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung orientiert. Diese Politik wird insbesondere im «Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt» (SIL) festgelegt, dessen Konzeptteil vom Bundesrat im Oktober 2000 verabschiedet worden ist. Darüber hinaus verfügt der Bund in den Bereichen Luftverkehrsrechte, Luftraumbewirtschaftung sowie im Umweltrecht über weitere wirksame Instrumente. Wir verweisen zudem auf den Bericht über die schweizerische Luftverkehrspolitik, welcher noch in dieser Legislaturperiode in Beantwortung des Postulats Kurrus (01.3375) erstellt werden wird.

Zu den einzelnen Punkten nehmen wir wie folgt Stellung: 1.

In der Schweiz fehlt tatsächlich eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse, welche die externen Kosten des Flugverkehrs berücksichtigt. Eine solche Analyse wäre aus verkehrswirtschaftlicher Sicht wünschenswert und könnte über Kosten, Wirtschaftlichkeit und Finanzierung des Luftverkehrs Auskunft geben sowie einen entsprechenden Vergleich der einzelnen Verkehrsträger (Strasse, Schiene, Luft) ermöglichen. Die Erarbeitung einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse ist allerdings sehr aufwendig und kostspielig.

Bezüglich der externen Kosten des Luftverkehrs existieren in der Schweiz gegenwärtig keine Untersuchungen.

Zurzeit erarbeiten die Bundesämter für Raumentwicklung und Zivilluftfahrt die Grundlagen für eine Kostenrechnung im Luftverkehr. Damit wird es ­ auf der Basis der Strassen- und der Schienenrechnung ­ zum ersten Mal möglich sein, Infrastrukturkosten und Erträge des Luftverkehrs einander gegenüber zu stellen. Die Modellrechnung sollte im zweiten Semester 2002 bereit stehen.

2.

1882

Die Eidgenossenschaft ist mit rund 20 Prozent des Aktienkapitals an der neuen schweizerischen Fluggesellschaft beteiligt. Sie ist somit nicht in der Lage, die Eignerstrategie in einem Ausmass zu bestimmen, wie sie es als

Mehrheitsaktionärin (z.B. SBB, Skyguide oder Ruag) kann. Die Eidgenossenschaft bringt ihre spezifischen Interessen indes durch ihren Vertreter im Verwaltungsrat ­ auch wenn dieser primär verpflichtet ist, die Interessen der Gesellschaft zu vertreten ­ und über die im OR festgeschriebenen Aktionärsrechte ein. Wir unterstreichen einmal mehr, dass der Bundesrat beabsichtigt, die Beteiligung der Eidgenossenschaft am Aktienkapital der neuen Gesellschaft zu reduzieren bzw. ganz abzubauen, sobald dies deren Finanzsituation und die Marktbedingungen erlauben.

Bezüglich der Beschaffungspolitik der neuen Fluggesellschaft ist festzuhalten, dass diese nicht dem öffentlichen Beschaffungsrecht untersteht. Zwar sind mit dem bilateralen Übereinkommen zwischen der Schweiz und der EU über das öffentliche Beschaffungswesen Betreiber von Flughäfen dem WTO-Übereinkommen unterstellt, nicht jedoch Flugunternehmen selbst.

3.

Mit dem SIL vom 18. Oktober 2000 hat der Bundesrat die Weichen in Richtung einer nachhaltigen Luftfahrtpolitik bereits gestellt. Aus den Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung und der Raumordnungspolitik ergeben sich für die Luftfahrtpolitik folgende Aufgaben: koordinierte Verkehrspolitik, optimierte Luftfahrtinfrastruktur, Abstimmung mit der europäischen Verkehrspolitik, Kostenwahrheit, Priorität beim öffentlichen Verkehr sowie hohe Verkehrssicherheit.

Bezüglich der ökonomischen und ökologischen Interessen aller Landesteile formuliert der SIL insbesondere folgende Grundsätze: ­ Der Bund schafft die Voraussetzungen, um die für Gesellschaft und Wirtschaft notwendigen Lufttransporte zu gewährleisten. Dazu ist eine moderne und den Sicherheitsanforderungen entsprechende Luftfahrtinfrastruktur erforderlich.

­ Die Luftfahrtinfrastruktur bildet ein funktionales Gesamtnetz im Sinne eines Flugplatzsystems Schweiz, in dem jede Anlage bestimmte Funktionen erfüllen und Leistungen erbringen soll.

­ Die Verfügbarkeit der Luftverkehrsleistungen ist so auszurichten, dass alle Regionen, Bevölkerungsgruppen und Wirtschaftszweige zu vergleichbaren Bedingungen Zugang haben.

4.

Internationale Forschungsprogramme gehen davon aus, dass bei den Flugzeugtriebwerken in den nächsten Jahren markante technologische Fortschritte zu erwarten sind; Lärmemissionen dürften somit spürbar gesenkt werden können. Triebwerke kommender Generationen lassen eine Reduktion der Lärmemissionen von etwa 10 bis 15 Dezibel erwarten.

Da aber die Triebwerke mit den heute besten Werten eine relativ hohe Lebensdauer haben und noch einige Jahre in Produktion bleiben, bringen die neuen Technologien Verbesserungen bei der Lärmbelastung erst, wenn die Flugzeugflotten mehrheitlich mit den neuesten Antrieben ausgestattet sind.

Es ist davon auszugehen, dass bis 2020 eine durchschnittliche Reduktion der Lärmemissionen von rund 3 bis 4 Dezibel erzielt werden kann, was einer Halbierung der Schallenergie entspricht.

Diese zu erwartende Lärmverminderung berifft allerdings nur den Startlärm.

Bei der Landung tritt Lärm auf, der zur Hauptsache durch ausgefahrene Fahrwerke und Landeklappen entsteht und bereits heute den Triebwerklärm 1883

übertönt. Bezüglich der Stickoxid-Emissionen verweisen wir auf die bereits seit Jahren eingeführten emissionsabhängigen Landetaxen auf Schweizer Flughäfen; in der Europäischen Zivilluftfahrt-Konferenz (ECAC) setzt sich die Schweiz zusammen mit Schweden überdies für ein europaweit koordiniertes Vorgehen ein. Im Zusammenhang mit den CO2-Abgaben ist der Weg ebenfalls vorgezeichnet: Für Flüge im Landesinnern kommt Artikel 2 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen (SR 641.71) zur Anwendung, welcher das Reduktionsziel auf 8 Prozent bis ins Jahr 2008 festschreibt. Im Bereich der internationalen Flüge (Art. 2 Abs. 3) hat das langjährige Schweizer Engagement Früchte getragen: Der ICAO-Rat wird der ICAO-Vollversammlung voraussichtlich im Jahr 2004 konkrete Vorschläge für eine internationale Regelung vorlegen.

5.

Wie unter Ziffer 1 ausgeführt, sind verschiedene Bundesstellen zurzeit daran, die notwendigen Grundlagen für eine aussagekräftige Kosten-NutzenAnalyse zu erarbeiten. Für die Kostenwahrheit setzt sich die Schweiz auch in den internationalen Gremien (ICAO, ECAC) seit Jahren ein.

6.

Gemäss Artikel 39 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Luftfahrt (LFG; SR 748.0) sind die unterschiedlichen Lärmbelastungen und Schadstoffemissionen bei der Gebührengestaltung durch den Flugplatzhalter mit dem Ziel zu berücksichtigen, wirksame Anreize für die Verwendung emissionsärmerer Flugzeuge zu schaffen. Seit 1980 werden auf den Flughäfen Lärmgebühren für Strahlflugzeuge (vor allem Linien- und Charterverkehr) und seit Ende der Achtzigerjahre solche für Propellerflugzeuge (vor allem Kleinaviatik) erhoben. Seit 1997 (Zürich), 1998 (Genf) bzw. 2001 (Bern) sind zudem schadstoffabhängige Landetaxen zu entrichten. Diesbezüglich nimmt die Schweiz ­ zusammen mit Schweden ­ weltweit eine führende Rolle ein.

Die aus diesen Emissionsabgaben (Lärm und Schadstoffe) resultierenden Einnahmen für die Flughäfen werden zweckgebunden für ökologisch sinnvolle bauliche, betriebliche und organisatorische Projekte verwendet. Die Erfahrung aus diesen Massnahmen zeigt, dass namentlich die schweizerischen Fluggesellschaften mit modernem Flugmaterial operieren, dass aber auch ausländische Airlines die Schweiz vermehrt mit Flugzeugen anfliegen, die überdurchschnittlich günstige Emissionswerte aufweisen.

7.

Der Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Hochgeschwindigkeits-Bahnnetz ist Bestandteil des Bundesbeschlusses über «Bau und Finanzierung von Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Verkehrs», der am 29. November 1998 in der Volksabstimmung angenommen worden ist. Zudem stellen bilaterale Verträge mit Deutschland, Italien und Frankreich die grenzübergreifende Koordination für die effiziente und rasche Realisierung dieser Verbindungen sicher.

Die Anbindung der Schweiz an dieses Netz wird die Reisezeiten senken und die Verbindungen mit den grossen Wirtschafts- und Kulturzentren Europas attraktiver gestalten. Durch die angestrebte Verkürzung der Reisezeit auf Mittelstrecken um rund 25 Prozent kann sich die Eisenbahn als Alternative zum Flugzeug positionieren. Neben den Hochgeschwindigkeits-Verbindungen müssen indes weitere Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Bahn ergriffen werden. Die beiden Neat-Achsen wie auch der Ausbau der Oberrhein-Strecke zwischen Basel und Karlsruhe werden das Angebot auf der Schiene markant erhöhen. Auf verschiedenen Abschnitten kann mit

1884

dichteren Fahrplanfrequenzen und der Einführung von Neigezügen die Effizienz des Schienenverkehrs und damit der Anreiz zum Wechsel auf diesen Verkehrsträger gesteigert werden.

8.

Die Schweiz setzt sich auf internationaler Ebene bereits seit vielen Jahren konsequent für die Durchsetzung einer nachhaltigen Luftverkehrspolitik ein.

Dies erfolgt insbesondere im Rahmen der Internationalen ZivilluftfahrtOrganisation (ICAO), beispielsweise im Zusammenhang mit der Besteuerung von Flugbenzin, der Einführung neuer Lärmgrenzwerte für Triebwerke und insbesondere verbunden mit einer Stilllegung besonders lärmiger Flugzeugtypen. Zudem ist die Schweiz zusammen mit Schweden das erste Land, welches ­ wie erwähnt ­ emissionsabhängige Landegebühren auf Flughäfen eingeführt hat.

Die Zusammenarbeit mit Vertretern der EU ist bereits heute sehr intensiv und wird nach Inkrafttreten des Luftverkehrsabkommens weiter ausgebaut werden.

Erklärung des Bundesrats 15.3.2002 Der Bundesrat beantragt, die Motion in ein Postulat umzuwandeln.

Chronologie: 22.3.2002 NR Bekämpft; Diskussion verschoben.

2.6.2003 NR Ablehnung.

Zuständig: Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Mitunterzeichnende: Aeppli Wartmann Regine ­ de Dardel Jean-Nils ­ FässlerOsterwalder Hildegard ­ Fehr Hans-Jürg ­ Fehr Jacqueline ­ Fehr Mario ­ Gross Jost ­ Günter Paul ­ Haering Barbara ­ Hämmerle Andrea ­ Hofmann Urs ­ Hubmann Vreni ­ Jossen-Zinsstag Peter ­ Jutzet Erwin ­ Marti Werner ­ Marty Kälin Barbara ­ Müller-Hemmi Vreni ­ Rechsteiner Rudolf ­ Rennwald Jean-Claude ­ Sommaruga Simonetta ­ Stump Doris ­ Tillmanns Pierre ­ Vollmer Peter ­ Widmer Hans (24) Bekämpft von: Kurrus Paul (1)

03.3133 ­ Postulat. Fachgruppe Luftverkehr Eingereicht von

Sozialdemokratische Fraktion (S)

Sprecher/in:

Fehr Jacqueline

Einreichungsdatum

20.3.2003

Eingereicht im

Nationalrat

Stand der Beratung

Erledigt

Eingereichter Text Der Bundesrat wird aufgefordert, eine «Fachgruppe Luftverkehr» einzusetzen. Diese hat den Auftrag, bis Ende 2003 die Grundlagen für eine nationale Luftverkehrspoli1885

tik zu erarbeiten. Im Zentrum der Arbeiten müssen folgende Problemschwerpunkte stehen: ­

Abbau der vorhandenen Überkapazitäten in der Luftverkehrsinfrastruktur;

­

Verhinderung künftiger Überkapazitäten;

­

Lärmverteilung und Zusammenarbeit mit den Nachbarländern;

­

Flugsicherung und Zukunft der Skyguide;

­

Entwicklung des internationalen Luftverkehrs und der Swiss;

­

Regelung der Mitsprache- und Entscheidungskompetenzen.

Die Fachgruppe soll aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, der Kantone und der Parteien zusammengesetzt sein. Je nach Themen soll sie weitere Fachleute beiziehen können.

Begründung Die schweizerische Luftverkehrspolitik wurde in der Vergangenheit beinahe ausschliesslich von den direkt betroffenen Unternehmen (teilweise mit Unterstützung der Standortkantone) formuliert und entwickelt. Das Resultat ist verheerend: Die Swissair ging Konkurs (die Crossair wäre heute ohne Neustart im Rahmen der Swiss ebenfalls Konkurs), die beiden Flughäfen Basel und Zürich stehen mit ihren gigantischen Überkapazitäten am wirtschaftlichen Abgrund, das Verhältnis mit unserem wichtigsten Handelspartner Deutschland ist durch die arrogant geführte Diskussion um das Luftverkehrsabkommen stark belastet und die Zukunft der Flugsicherung Skyguide ist äusserst unsicher. Gerade das neueste Kapitel, das Luftverkehrsabkommen mit Deutschland, hat den grossen Einfluss des Standortkantons und der direkt betroffenen Gesellschaften wieder deutlich gezeigt. Dabei wurde auch erneut klar, dass die Gesamtsicht mit dieser eingeschränkten Optik zu kurz kommt. Am Konkretesten zeigt sich das in der Frage, welche Auswirkungen die Ablehnung des Luftverkehrsabkommens auf die Zukunft der Skyguide und damit auf die Kapazitäten am Flughafen Zürich hat.

Um grösseren Schaden zu verhindern, muss der Bund nun nach der Ablehnung des Staatsvertrages das Heft stärker in die Hand nehmen und unverzüglich eine «Fachgruppe Luftverkehr» ­ zusammengesetzt aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, der Kantone und der Parteien ­ einsetzen. Je nach Themenkreis sollen weitere Fachleute beigezogen werden.

Die Grösse der Schweiz und der Wettbewerbsdruck im internationalen Luftverkehrsmarkt erfordern eine schweizweit koordinierte Entwicklung des Luftverkehrs.

Insbesondere bei den Flughäfen ist eine bessere Koordination dringend notwendig.

Eine Gesamtplanung für die Fluginfrastruktur der Schweiz fehlt bis heute. So wurden speziell die beiden Flughäfen Basel und Zürich in einem oft chauvinistisch anmutenden Regionalwettbewerb ausgebaut. Diese prestigegetriebenen Ausbauten haben zu teuren Überkapazitäten geführt. Sollten diese Unternehmen in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, wäre der Schaden für das ganze Land enorm.

In einer künftigen schweizerischen
Luftverkehrspolitik müssen Kompetenzen und Verantwortung für die jeweiligen Entscheide kongruenter werden. Zwar verfügt der Bund heute über gewisse Instrumente, doch erwiesen sie sich im konkreten Fall jeweils als relativ stumpf (Betriebskonzessionen, SIL-Prozess usw.). Auch fehlt in

1886

wesentlichen Bereichen die Regelung der Mitbestimmung. Künftig muss ein solches adäquates Mitbestimmungsrecht allen Betroffenen gewährleistet werden.

Stellungnahme des Bundesrats 28.5.2003 Die im Postulat aufgeworfenen Fragen werden zurzeit im Rahmen der Erarbeitung des Berichtes über die schweizerische Luftfahrtpolitik geprüft und in der Eidgenössischen Luftfahrtkommission zur Diskussion gestellt. Dieser Bericht wird Ende Jahr vom Bundesrat zuhanden des Parlamentes verabschiedet. Mit dem kurzfristigen Handlungsbedarf befasst sich der Regierungsausschuss «Rahmenbedingungen Swiss», mit der Frage der Lärmverteilung am Flughafen Zürich der SIL-Koordinationsprozess. Deshalb besteht zurzeit kein Bedarf nach einer Fachgruppe, um die aufgeworfenen Fragen zu klären.

Erklärung des Bundesrats 28.5.2003 Der Bundesrat ist bereit, das Postulat entgegenzunehmen Chronologie: 20.6.2003 NR Annahme.

Zuständig: Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

03.3161 ­ Interpellation. Zivilluftfahrt.

Welches ist die übergeordnete Strategie?

Eingereicht von

Leuthard Doris

Einreichungsdatum

21.3.2003

Eingereicht im

Nationalrat

Stand der Beratung

Im Plenum noch nicht behandelt

Eingereichter Text Ich frage den Bundesrat: ­

Welche übergeordneten Eckwerte verfolgt die schweizerische Luftverkehrspolitik?

­

Welches seiner Mitglieder ist für die Kontrolle der Einhaltung dieser Eckwerte verantwortlich?

­

Welche Massnahmen zur Herstellung des Vertrauens und zur Gewährleistung der Investitionssicherheit hat der Bundesrat bislang ergriffen?

­

Welche Frühwarnmechanismen wurden seit dem Grounding der Swissair im Oktober 2001 bzw. seit dem Eingang der Empfehlung der Geschäftsprüfungskommission (GPK) geschaffen?

­

Welches Dispositiv hat er vor dem angekündigten Irak-Krieg geschaffen, um die Auswirkungen auf die gesamte Zivilluftfahrt abschätzen zu können?

1887

Begründung Die aktuelle Unsicherheit, hervorgerufen durch das Swissair-Debakel, durch die allgemeine wirtschaftlich schwierige Situation für die Luftfahrt, durch eine neue Sicherheitssituation, durch die drohende einseitige Verfügung aus Deutschland und den drohenden Irak-Krieg führt zu Vertrauensverlust. Das fehlen einer erkennbaren Strategie untergräbt die Sicherheit in getätigte Investitionen und führt möglicherweise auch zu Fehlinvestitionen bzw. dem Rückzug von Aktionären. Kunden bleiben aus, weil sie verunsichert sind.

Angesichts der ungewissen Zukunft in der schweizerischen Zivilluftfahrt (nationale Airline, Luftraumüberwachung, Flughafen-Infrastruktur, flugnahe Betriebe); angesichts der in der Vergangenheit festgestellten Mängel (Aufsicht) stellt sich je länger je dringender die Frage nach der übergeordneten und umfassenden Strategie des Bundesrats. Die Vergangenheit hat aufgezeigt, wie der Bund teils zu spät und nur in Einzelbereichen punktuell interveniert hat.

Ich bitte den Bundesrat um Auskunft betreffend Dispositiven und Strategien ­ nicht zuletzt ­ weil der drohende Irak-Krieg sich nachhaltig auf die Zivilluftfahrt und damit auf Swiss auswirken dürfte.

Zuständig: Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Mitunterzeichnende: Cina Jean-Michel ­ Decurtins Walter ­ Eberhard Toni ­ Ehrler Melchior ­ Estermann Heinrich ­ Heim Alex ­ Hess Walter ­ Leu Josef ­ Lustenberger Ruedi ­ Riklin Kathy ­ Schmid Odilo ­ Zäch Guido (12)

1888