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23.076 Botschaft zum Verpflichtungskredit für ein Programm zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen für die Jahre 2025­2034 vom 22. November 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses zum Verpflichtungskredit für ein Programm zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen für die Jahre 2025­ 2034.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2022

P

22.4022

Potenzial von Digitalisierung und Datenmanagement im Gesundheitswesen nutzen. Die Schweiz braucht eine übergeordnete Digitalisierungsstrategie!

(N 16.12.22, FDP-Liberale Fraktion)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. November 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2023-3447

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Übersicht Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten die Bewilligung eines Verpflichtungskredits von 391,7 Millionen Franken für die Umsetzung eines Programms zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen («Digisanté»). Ziele des Programms sind mehr Qualität, insbesondere für die Patientinnen und Patienten, mehr Effizienz, mehr Transparenz und eine erhöhte Patientensicherheit.

Ausgangslage Im internationalen Vergleich befindet sich das Schweizer Gesundheitssystem im Bereich Qualität stets auf den vorderen Rängen. Die Schweiz verfügt über eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Bei der Digitalisierung zeigen sich jedoch ganz andere Resultate: Bei diversen Studien belegt die Schweiz im Ländervergleich die hinteren Ränge. Diese Defizite kamen während der Covid-19-Pandemie verstärkt zum Vorschein und zeigten den hohen Handlungsbedarf.

Parlament und Bundesrat erkannten die Schwachstellen. Das Parlament reichte verschiedene Vorstösse zu unterschiedlichen Themen der Digitalisierung ein. Am 4. Mai 2022 erteilte der Bundesrat dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) den Auftrag, in Zusammenarbeit und Koordination mit weiteren Stellen der Bundesverwaltung ein Programm zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen auszuarbeiten.

Inhalt der Vorlage Ausgangspunkt ist das Zielbild eines digitalen Gesundheitswesens. Dieses baut auf der Strategie «Gesundheit 2030» auf und beinhaltet die Etablierung von medienbruchfreien Datenflüssen bei Behandlungs-, Abrechnungs-, und Behördenleistungen und die damit verbundene Gewährleistung des Datenschutzes, der informationellen Selbstbestimmung und der Cybersicherheit. Weiter wird die Sekundärnutzung der entstehenden Daten für die Planung und Steuerung sowie insbesondere für die akademische und die industrielle Forschung im Rahmen der rechtlichen Vorgaben erleichtert.

Mit dem Programm «Digisanté» wird die Schaffung dieses digitalen Gesundheitswesens gefördert, womit ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Ziele der Schweizer Gesundheitspolitik geleistet wird.

Der gesamte Bedarf an finanziellen Mitteln für die Umsetzung des Programms «Digisanté» in den Jahren 2025­2034 beträgt 623,8 Millionen Franken. Davon werden 102,6 Millionen Franken aus den beim Bundesamt für Gesundheit und beim
Bundesamt für Statistik bestehenden Mitteln finanziert. Der zusätzliche Mittelbedarf beträgt somit insgesamt 521,3 Millionen Franken. Dieser setzt sich zusammen aus nicht verpflichtungskreditrelevanten Personalausgaben von 129,6 Millionen Franken sowie verpflichtungskreditrelevanten Entwicklungskosten und Betriebsausgaben von 391,7 Millionen Franken.

Aufgrund der hohen Gesamtkosten und der Programmdauer von zehn Jahren wurde das Programm «Digisanté» in vier thematische Pakete und den Umsetzungsrahmen unterteilt. Mit dem beiliegenden Bundesbeschluss soll der Verpflichtungskredit bewil2 / 78

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ligt werden. Die Freigabe der Mittel des Verpflichtungskredits soll je Projekt erfolgen. Die Kompetenz dazu soll der Bundesrat erhalten (mit der Möglichkeit zur Delegation an das EDI). Entscheidend für die Freigabe soll sein, ob die vom Bundesrat definierten und in Ziffer 3.2.1 umschriebenen Kriterien erfüllt sind.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht 1

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Ausgangslage und Rahmenbedingungen 1.1 Problemlage und Anlass des Finanzbegehrens 1.1.1 Auftrag des Bundesrates 1.1.2 Notwendigkeit des Programms «Digisanté» 1.1.3 Zuständigkeiten und Steuerungsmöglichkeiten des Bundes 1.2 Digitale Transformation im Gesundheitswesen 1.2.1 Zielbild digitales Gesundheitswesen 1.2.2 Beitrag des Programms «Digisanté» zur digitalen Transformation im Gesundheitswesen 1.2.3 Beitrag der Kantone und anderer Akteure zur digitalen Transformation im Gesundheitswesen 1.2.4 Koordination mit den Massnahmen zur Verbesserung des Datenmanagements im Gesundheitswesen 1.2.5 Koordination und Abgrenzung zu anderen Digitalisierungsvorhaben des Bundes 1.2.6 Internationale Entwicklungen 1.3 Eckwerte des Programms «Digisanté» 1.3.1 Zeitrahmen 1.3.2 Evaluation des Programms 1.4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates 1.5 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

6 6 6 7 8 13 13

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

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3

Inhalt des Kreditbeschlusses 3.1 Antrag des Bundesrates und Begründung 3.2 Inhalt der Vorlage 3.2.1 Übersicht über die Pakete und Freigabe der Mittel 3.2.2 Paket 1 «Voraussetzungen für die digitale Transformation» 3.2.3 Paket 2 «Nationale Infrastruktur» 3.2.4 Paket 3 «Behördenleistungen digitalisieren» 3.2.5 Paket 4 «Sekundärnutzung für Planung, Steuerung und Forschung» 3.3 Umsetzungsrahmen 3.3.1 Agiles Vorgehen 3.3.2 Steuerung und Programmmanagement 3.3.3 Orchestrierung (Koordination) 3.3.4 Portfolio der Vorhaben 3.3.5 Finanzen 3.3.6 Risikozuschlag

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14 16 17 18 19 22 22 23 23 25

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3.4 4

5

3.3.7 Risikomanagement Teuerungsannahmen

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Auswirkungen 4.1 Auswirkungen auf den Bund 4.1.1 Finanzielle Auswirkungen 4.1.2 Personelle Auswirkungen 4.1.3 Auswirkungen auf die Informatik des Bundes 4.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 4.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 4.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 4.5 Auswirkungen auf die Umwelt

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Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.5 Datenschutz

67 67 71 71 72 72

64 65 66 67

Abkürzungsverzeichnis

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Glossar

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Bundesbeschluss zum Verpflichtungskredit für ein Programm zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen für die Jahre 2025­2034 (Entwurf) BBl 2023 2909

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Botschaft 1

Ausgangslage und Rahmenbedingungen

1.1

Problemlage und Anlass des Finanzbegehrens

1.1.1

Auftrag des Bundesrates

Die 2019 vom Bundesrat verabschiedete gesundheitspolitische Strategie 2020­2030 («Gesundheit 2030»)1 identifizierte den technologischen und digitalen Wandel als eine der vier zentralen gesundheitspolitischen Herausforderungen und die Nutzung von Gesundheitsdaten und Technologien als eines von acht Zielen.

Im internationalen Vergleich befindet sich das Schweizer Gesundheitssystem im Bereich Qualität stets auf den vorderen Rängen. Die Schweiz verfügt über eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Bei der Digitalisierung zeigen sich jedoch ganz andere Resultate: Beispielhaft können hier die Analysen der Bertelsmann-Stiftung2 von 2018 und des Obsan3 von 2023 genannt werden. Bei diesen Studien belegt die Schweiz im Ländervergleich die hinteren Ränge. In direkten Gesprächen mit Gesundheitsfachpersonen*4, Versicherern und Produkteherstellern bestätigen sich diese Analysen. Das Schweizer Gesundheitswesen ist nur fragmentiert und uneinheitlich digitalisiert. Generell ist der Digitalisierungsstand tief. Diese Defizite kamen während der Covid-19-Pandemie verstärkt zum Vorschein und zeigten den hohen Handlungsbedarf.5 Parlament und Bundesrat erkannten die Schwachstellen. Das Parlament reichte verschiedene Vorstösse zu unterschiedlichen Themen der Digitalisierung ein (vgl.

Ziff. 1.5). Am 4. Mai 2022 erteilte der Bundesrat dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) den Auftrag, in Zusammenarbeit und Koordination mit weiteren Stellen der Bundesverwaltung ein Programm zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen ­ das Programm «Digisanté», das sich in die nationale Strategie «Gesundheit 2030» einbettet ­ auszuarbeiten. Den zur Umsetzung nötigen Verpflichtungskredit soll dem Bundesrat Ende 2023 im Rahmen einer Botschaft zur Überweisung ans Parlament unterbreitet werden. Zudem hat der Bundesrat bereits im

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www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Gesundheit 2030 > Gesundheitspolitische Strategie des Bundesrats 2020­2030.

#SmartHealthSystems: Digitalisierungsstrategien im internationalen Vergleich (2018); kann abgerufen werden unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/ publikation/did/smarthealthsystems.

Ärztinnen und Ärzte in der Grundversorgung ­ Situation in der Schweiz und im internationalen Vergleich (2023); kann abgerufen werden unter: www.obsan.admin.ch > Publikationen > Thema: Gesundheitsfachkräfte; Jahr: 2023.

Die mit einem Stern gekennzeichneten Begriffe werden im angefügten Glossar erklärt.

Bericht zur Auswertung des Krisenmanagements der Bundesverwaltung in der Covid-19Pandemie (2. Phase / August 2020 bis Oktober 2021); kann abgerufen werden unter: www.bk.admin.ch > Dokumentation > Führungsunterstützung > Krisenmanagement.

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Januar 2022 fünf zentrale Massnahmen zur Verbesserung des Datenmanagements beschlossen und entsprechende Aufträge erteilt.6 Der politische Wille zur digitalen Transformation im Gesundheitswesen ist gross. Die Motion Ettlin 21.3957 «Digitale Transformation im Gesundheitswesen. Rückstand endlich aufholen!», die den Bundesrat dazu auffordert, die digitale Transformation* im Gesundheitswesen endlich substanziell voranzubringen, wurde vom Parlament einstimmig angenommen. Die Umsetzung dieser Forderungen ist jedoch komplex, insbesondere aufgrund der Vielzahl an betroffenen Akteuren und der föderalen Zuständigkeitsordnung im Gesundheitswesen. Dass die Schweiz in der Digitalisierung im Gesundheitswesen aufholen muss, ist zwar die einhellige Meinung aller Anspruchsgruppen, wie diese Digitalisierung aber im Detail aussehen soll, dazu gibt es eine Vielzahl von Standpunkten. Aus diesem Grund ist eines der zentralen Ziele des Programms die Abstimmung und Koordination der äusserst heterogenen Landschaft an Stakeholdern. Ein medienbruchfrei* digitalisiertes Gesamtsystem ist nur zu erreichen, wenn man sich auf gemeinsame Lösungen einigt.

1.1.2

Notwendigkeit des Programms «Digisanté»

Die digitale Transformation im Gesundheitswesen führt zu mehr Qualität, insbesondere für die Patientinnen und Patienten, mehr Effizienz, mehr Transparenz und einer erhöhten Patientensicherheit. Im Zentrum steht der Nutzen für die Bevölkerung, die Gesundheitsfachpersonen sowie die Unternehmen und Organisationen des Gesundheitswesens.

Dieser Nutzen kann sich nur entfalten, wenn alle Partner im Rahmen ihrer Zuständigkeiten koordiniert und aufeinander abgestimmt eine gemeinsame Vision und davon abgeleitete gemeinsame Ziele verfolgen. Erst eine solche Koordination ermöglicht weitere Effizienzgewinne, indem beispielsweise einmal erfasste Daten für verschiedene Zwecke genutzt werden können, wie zum Beispiel für Behördenprozesse im Projekt Spitalstationäre Gesundheitsversorgung (Spiges), bei dem die erhobenen Daten für die aufsichtsrechtliche und statistische Nutzung zur Verfügung stehen.

Dabei ist es wichtig, dass digitale Prozesse nahtlos aufeinander abgestimmt sind und Schnittstellen reibungslos funktionieren. Der zentrale Fokus der Digitalisierung muss somit auf der Erfassung, der Aufbewahrung, dem Fluss und der Nutzung der Daten als zentralen Elementen der Transformation liegen. Standardisierte Datenstrukturen und -inhalte sind die Grundvoraussetzung dafür, dass Systeme nahtlos zusammenarbeiten können, das heisst interoperabel sind. Sie sind sowohl für die akademische und industrielle medizinische Forschung als auch für eine effiziente und individuell optimale Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung sowie für den Erhalt und die Stärkung der öffentlichen Gesundheit wichtig.

Eine solche übergreifende Koordination kann nur mittels eines nationalen Programms ­ des Programms «Digisanté» ­ vollständig und effizient erfolgen. Zum einen soll das Programm Vorhaben, welche die digitale Transformation im Gesundheitswesen för6

Das Datenmanagement im Gesundheitsbereich soll verbessert werden; kann abgerufen werden unter:www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen.

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dern und in der Kompetenz des Bundes liegen, selbst umsetzen, zum anderen soll es die Koordination und Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen sicherstellen.

Bei der Umsetzung der verschiedenen Vorhaben soll sich der Bund ausschliesslich dort einbringen, wo es eine Basis für die digitale Transformation im Gesundheitswesen braucht und diese etwa durch private Anbieter nicht gelegt werden kann. Dies schafft die nötige Investitionssicherheit für die Digitalisierung im Gesundheitswesen: So können anschliessend die vielen unterschiedlichen Akteure im Gesundheitswesen darauf aufbauend ihre jeweiligen Dienstleistungen entwickeln und effizient betreiben.

Die Digitalisierung schreitet ­ in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen ­ mit grosser Dynamik voran. Wenn die hohe Qualität des Gesundheitssystems erhalten werden soll, sind Investitionen aller Akteure, auch des Bundes, unumgänglich, damit die Chancen der Digitalisierung im Interesse und zum Nutzen aller Anspruchsgruppen genutzt werden können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der bereits bestehende und sich noch verstärkende Fachkräftemangel es notwendig macht, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranschreitet, und zwar in einer Art und Weise, welche die Prozesse und Abläufe effizienter gestaltet.

1.1.3

Zuständigkeiten und Steuerungsmöglichkeiten des Bundes

Der Bund kann nur in Sachbereichen, für die ihn die Verfassung zuständig erklärt, tätig werden (Art. 3 i. V. m. Art. 42 Abs. 1 der Bundesverfassung [BV]7). Ferner soll er nur Aufgaben übernehmen, die die Kraft der Kantone übersteigen oder einer einheitlichen Regelung durch den Bund bedürfen (Art. 5a und Art. 43a Abs. 1 BV).

Im Gesundheitswesen verfügt der Bund über keine umfassende Zuständigkeit, sondern lediglich über fragmentarische Kompetenzen. Nach der verfassungsmässigen Aufgabenteilung sind demnach die Kantone für das Gesundheitswesen und insbesondere die Gesundheitsversorgung zuständig. An dieser Aufgabenteilung ändert auch die in den letzten zwei Jahrzehnten zu beobachtende Entwicklung nichts, wonach die fragmentarischen Kompetenzen des Bundes in umfassender und harmonisierender Weise ausgeschöpft und punktuell erweitert wurden.8 Namentlich die Gesundheitsversorgung und der Umgang mit in diesem Bereich erhobenen Gesundheitsdaten bleiben eine wichtige Aufgabe der Kantone.

Die Zuständigkeiten des Bundes im Gesundheitsbereich ergeben sich im Wesentlichen aus folgenden Bestimmungen: ­

7 8

Kranken- und Unfallversicherung (Art. 117 BV): Diese Bestimmung begründet eine umfassende Kompetenz des Bundes im Bereich der Kranken- und Unfallversicherung. Die offene Formulierung von Absatz 1 lässt dem Gesetzgeber einen grundsätzlich weiten Handlungsspielraum und schliesst die ZuSR 101 Stöckli, Andreas (2021): Rechtsgutachten betreffend Handlungsmöglichkeiten des Bundes zur Weiterentwicklung des elektronischen Patientendossiers, Rz. 9 ff; kann abgerufen werden unter: www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Nationale Gesundheitsstrategien & Programme > E-Health > Umsetzung und Vollzug EPDG > Weiterentwicklung EPD > Handlungsmöglichkeiten des Bundes zur Weiterentwicklung des EPD (2021).

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ständigkeit zur Regelung des Umgangs mit Daten im Rahmen der Krankenund Unfallversicherung ein. Der Bund hat diese Gesetzgebungskompetenz zum einen durch den Erlass des Bundesgesetzes vom 18. März 19949 über die Krankenversicherung (KVG), des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes vom 26. September 201410 (KVAG) und des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung vom 20. März 198111 wahrgenommen. Diese Verfassungsbestimmung erlaubt es dem Bund unter Umständen aber auch, Massnahmen vorzusehen, welche die Zielsetzungen der sozialen Krankenversicherung unterstützen und namentlich positive Effekte auf die Effizienz des Gesundheitssystems und die Kostenentwicklung haben. Es gilt im Einzelfall abzuwägen zwischen dem Interesse an der finanziellen Tragbarkeit der Krankenversicherung für die gesamte Bevölkerung und der Wahrung der verfassungsrechtlich vorgesehenen Kompetenzordnung, wonach die Gesundheitsversorgung grundsätzlich in den kantonalen Zuständigkeitsbereich fällt.12 ­

Medizinische Grundversorgung (Art. 117a BV): Nach Absatz 2 Buchstabe a dieser Bestimmung regelt der Bund die Aus- und Weiterbildung für Berufe der medizinischen Grundversorgung und die Anforderungen zur Ausübung dieser Berufe.

Auf diese Bestimmung stützen sich das Medizinalberufegesetz vom 23. Juni 200613 (MedBG), das Psychologieberufegesetz vom 18. März 201114 (PsyG) und das Gesundheitsberufegesetz vom 30. September 201615 (GesBG) ab.

­

Schutz der Gesundheit (Art. 118 Abs. 2 BV): Diese Bestimmung enthält eine umfassende Regelungskompetenz des Bundes in drei Teilbereichen: So ist der Bund zuständig für den Erlass von Vorschriften über gesundheitsgefährdende Produkte, insbesondere Heilmittel, Betäubungsmittel, Chemikalien (Bst. a), über die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten (Bst. b) sowie über den Schutz vor ionisierender Strahlung (Bst. c). Das Bundesrecht kann auch die Regelung sämtlicher Aspekte des Umgangs mit Daten in diesen Bereichen regeln.

Auf Grundlage dieser Zuständigkeitsnorm wurden unter anderem das Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 200016 (HMG), das Betäubungsmittelgesetz vom 3. Oktober 195117 (BetmG), das Chemikaliengesetz vom 15. Dezember 200018 (ChemG), das Epidemiengesetz vom 28. September 201219 (EpG), das

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

SR 832.10 SR 832.12 SR 832.20 Vgl. Stöckli (2021): Rz. 52.

SR 811.11 SR 935.81 SR 811.21 SR 812.21 SR 812.121 SR 813.1 SR 818.101

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Krebsregistrierungsgesetz vom 18. März 201620 (KRG) und das Strahlenschutzgesetz vom 22. März 199121 (StSG) erlassen.

­

Forschung am Menschen (Art. 118b BV): Gestützt auf diese Bestimmung erlässt der Bund Vorschriften im Bereich der Forschung am Menschen, soweit dies zum Schutz seiner Würde und seiner Persönlichkeit erforderlich ist. Dabei hat der Bund auch der Bedeutung der Forschung für Gesundheit und Gesellschaft Rechnung zu tragen. Der Bund kann folglich unter anderem Vorgaben zum Umgang mit Gesundheitsdaten für die Forschung machen, sofern eine Analyse ergibt, dass hinsichtlich der Menschenwürde und der Persönlichkeit ein Gefährdungspotenzial besteht. Inwiefern diese Kompetenz es dem Bund ermöglicht, spezifische Massnahmen für eine bessere Verfüg- und Nutzbarkeit der Personendaten für die Forschung zu sorgen, ist im Rahmen der Erarbeitung der notwendigen Grundlagen zu klären.22 Gestützt auf Artikel 118b BV wurde das Humanforschungsgesetz vom 30. September 201123 (HFG) erlassen.

­

Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie beim Menschen und der Transplantationsmedizin (Art. 119 und 119a BV): Diese Bestimmungen verleihen dem Bund umfassende Regelungskompetenzen in den betreffenden Sachbereichen, einschliesslich des Umgangs mit Daten im betreffenden Kontext.

Das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 199824, das Bundesgesetz vom 15. Juni 201825 über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG), das Stammzellenforschungsgesetz vom 19. Dezember 200326 und das Transplantationsgesetz vom 8. Oktober 200427 stützen sich auf eine dieser beiden Verfassungsbestimmungen.

Ausserhalb der Kompetenzbestimmungen im Gesundheitsbereich kann der Bund fallweise auch gestützt auf die Zivilrechtskompetenz (Art. 122 BV) Vorschriften im Gesundheitsbereich erlassen. So stützen sich etwa das Bundesgesetz vom 19. Juni 201528 über das elektronische Patientendossier (EPDG) und das GUMG unter anderem auf diese Bestimmungen; zusätzlich stützten sich die Berufsausübungsvorschriften des MedBG und des PsyG auf Artikel 95 BV.

Statistik (Art. 65 BV): Diese Bestimmung verleiht dem Bund eine allgemeine Kompetenz im Bereich der Statistik, damit er seine übrigen verfassungsrechtlichen Kompetenzen sachgemäss ausüben kann. Damit die Bundesstatistik einheitliche und vergleichbare Daten bereitstellen kann, muss der Bund auch in der Lage sein, die Führung von Registern sowie das Mutations- und Meldewesen gemeinsam mit den Kantonen zu gestalten. Nur harmonisierte und koordinierte Register eignen sich als Grundlage für die Bundesstatistik. Aus diesem Grund wurde Artikel 65 Absatz 1 (als allgemeine 20 21 22 23 24 25 26 27 28

SR 818.33 SR 814.50 Siehe unten Ziff. 3.2.5.

SR 810.30 SR 810.11 SR 810.12 SR 810.31 SR 810.21 SR 816.1

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Statistikkompetenz) durch eine Kompetenz zur Gesetzgebung im Registerbereich vervollständigt (Art. 65 Abs. 2 BV). Artikel 65 BV gibt dem Bund auch die Grundsatzkompetenz zum Erlass von Vorschriften zur gemeinsamen Bewirtschaftung und Nutzung von Daten durch Bund und Kantone, um den Erhebungsaufwand für statistische Arbeiten zu vermindern. Die einschlägigen Bestimmungen betreffend die Digitalisierung der Verwaltung müssen jedoch wegen der damit verbundenen Einschränkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung* (Art. 13 Abs. 2 BV) mit hinreichender Bestimmtheit in einem formellen Gesetz erlassen werden.29 Das Bundesstatistikgesetz vom 9. Oktober 199230 (BStatG), das Registerharmonisierungsgesetz vom 23. Juni 200631 (RHG), das Volkszählungsgesetz vom 22. Juni 200732 und das Bundesgesetz vom 18. Juni 201033 über die Unternehmens-Identifikationsnummer (UIDG) stützen sich auf Artikel 65 BV.

Der Umgang mit Daten durch die Bundesbehörden in Erfüllung ihrer Aufgaben und die internen Zuständigkeiten der Bundesbehörden werden im Allgemeinen gestützt auf Artikel 173 Absatz 2 BV geregelt. Auf dieser Bestimmung basieren sowohl das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 199734 (RVOG) und ­ bezüglich der Datenbearbeitung durch Bundesbehörden und Private ­ das Datenschutzgesetz vom 25. September 202035 (DSG). Ebenso auf diese Verfassungsbestimmung stützt sich das Bundesgesetz vom 17. März 202336 über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG), das die Voraussetzungen schaffen soll einerseits für die Zusammenarbeit unter Behörden verschiedener Gemeinwesen und mit Dritten beim Einsatz elektronischer Mittel zur Unterstützung der Erfüllung von Behördenaufgaben und andererseits betreffend den Ausbau und die Weiterentwicklung des Einsatzes von elektronischen Mitteln zur Unterstützung der Erfüllung von Behördenaufgaben. Es enthält wichtige Grundsätze zur Digitalisierung von Behördenleistungen und gibt den zuständigen Bundesbehörden die notwendigen Grundlagen, sich mit den Kantonen und Dritten über Digitalisierungsvorhaben abzustimmen.

Schliesslich ist im Rahmen des vorliegenden Programms näher zu prüfen, ob Artikel 81 BV als Kompetenzgrundlage für «digitale Werke» angerufen werden kann. So erwägt die Literatur, dass «essenzielle Einrichtungen der
Kommunikation sowie der Informations- und Datenverarbeitung» unter diese Bestimmung fallen könnten.37 Gegenteilige Stimmen warnen davor, dass eine weite Interpretation dieser Bestimmung die föderale Kompetenzaufteilung zu unterlaufen droht. Die Bezugnahme auf 29

30 31 32 33 34 35 36 37

Glaser, Andreas (2021): Rechtsgutachten betreffend «Digitale Verwaltung»: Verfassungsrechtliche Anforderungen an die bundesstaatliche Steuerung und Koordination, Kap. E Ziff. I; abrufbar unter: www.efd.admin.ch > Digitalisierung > Digitale Verwaltung > Dokumentation.

SR 431.01 SR 431.02 SR 431.112 SR 431.03 SR 172.010 SR 235.1 BBl 2023 787 (Inkraftsetzung voraussichtlich per 1. Januar 2024).

Vogel, Stefan (2023). In: Ehrenzeller Bernhard / Egli Patricia / Hettich Peter / Hongler Peter / Schindler Benjamin / Schmid Stefan G. / Schweizer Rainer J. (Hrsg.): Die schweizerische Bundesverfassung. St. Galler Kommentar, 4. Aufl., Art. 81 Rz. 5 ff.

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Artikel 81 für die Errichtung und den Betrieb einer digitalen Infrastruktur des Bundes im Gesundheitswesen ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Dabei gilt es jedoch die Grenzen der aus Artikel 81 folgenden Bundeskompetenz zu beachten. Eine Auslegung dieser Bestimmung, die insbesondere auch deren Entstehungsgeschichte berücksichtigt, ergibt, dass sie nur als Rechtsgrundlage für technische Einrichtungen mit Infrastrukturcharakter von (nahezu) landesweiter Bedeutung dienen kann. Zusätzlich setzt die Bestimmung voraus, dass einzelne Kantone die fragliche Einrichtung mangels Ressourcen oder aufgrund der Notwendigkeit einer landesweit einheitlichen Einrichtung nicht zur Verfügung stellen können. Schliesslich beschränkt sich die aus Artikel 81 folgende Rechtsetzungskompetenz des Bundes auf die Regelung der Werksinfrastruktur; allein gestützt auf diese Bestimmung kann der Bund weder die Kantone zur Nutzung des Werks verpflichten noch ein Monopol errichten. Diese Leitplanken und ihre abschliessende Bewertung werden im Rahmen des Programms «Digisanté» hinsichtlich konkreter Vorhaben zu prüfen sein.

Die Umsetzung einzelner Vorhaben des Programms «Digisanté» setzt nach dem Gesagten eine verfassungsmässige gesetzliche Sachkompetenz des Bundes voraus.

Zudem ist darauf zu achten, dass der Bund gemäss Artikel 43a Absätze 2 und 3 BV nur die Kosten für Massnahmen trägt, deren Nutzen auf Bundesebene anfallen und über die er entscheidet. Gerade bei transversalen Vorhaben wie dem vorliegenden Programm sind Bund und Kantone angesichts der föderalen Zuständigkeitsordnung zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit verpflichtet (vgl. Art. 44 Abs. 1 BV).

Dementsprechend werden mit dem Programm «Digisanté» Vorhaben realisiert, die zum einen für die effiziente und sichere Erfüllung von Bundesaufgaben essenziell sind (z. B. Architekturprinzipien, semantische Standards und Sicherheitsanforderungen für Anwendungen des Bundes) und zum anderen ­ zumindest in grossen Teilen ­ auch für die Kantone und weiteren Akteure nutzbar sind. Angesichts der beschränkten Zuständigkeiten des Bundes steht es den Kantonen und weiteren Akteuren jedoch grundsätzlich frei, ob sie die betreffenden Arbeitsergebnisse übernehmen wollen oder nicht. Mit dem kooperativen Ansatz, etwa durch die Einbindung der Kantone und weiterer Akteure in die Fachgruppe
Datenmanagement im Gesundheitswesen (FDMG), sowie dem Rückgriff auf international anerkannte Standards* und das in der Branche vorhandene Knowhow schafft das Programm «Digisanté» optimale Voraussetzungen, damit die erarbeiteten Instrumente und Prozesse auch ausserhalb der Anwendungen des Bundes eingesetzt werden und entsprechend den Programmzielen medienbruchfreie und sichere Datenflüsse im Gesundheitswesen ermöglichen. Um überdies zu gewährleisten, dass die Instrumente und Prozesse, die überwiegend vom Bund finanziert wurden, tatsächlich eingesetzt werden, ist dieser kooperative Ansatz allein aber nicht ausreichend. Vielmehr macht der Bundesrat die Freigabe der Mittel für die einzelnen Projekte von bestimmten Kriterien abhängig, die in Ziffer 3.2.1 näher erläutert werden. Ziel ist es, zu vermeiden, dass die Investitionen des Bundes ins Leere laufen, weil zum Beispiel die bei Dritten notwendigen Arbeiten ausbleiben oder weil keine nachhaltige Finanzierungslösung zustande kommt.

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1.2

Digitale Transformation im Gesundheitswesen

1.2.1

Zielbild digitales Gesundheitswesen

Die Vision eines digitalen Gesundheitswesens baut auf der Strategie «Gesundheit 2030» auf. Medienbruchfreie Datenflüsse in den Behandlungs-, Abrechnungs-, und Behördenleistungen sind etabliert. Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung und Cybersicherheit werden gewährleistet und die Forschung erhält den Zugang zu Gesundheitsdaten unter Berücksichtigung von Datenschutz und Ethik. Dabei werden die internationalen Entwicklungen berücksichtigt.

Mit dem Programm «Digisanté» soll die Schaffung dieses digitalen Gesundheitswesens gefördert werden, womit ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Ziele der Schweizer Gesundheitspolitik geleistet wird. Es handelt sich beim digitalen Gesundheitswesen um eine integrierte und vernetzte Umgebung, in der die Akteure miteinander interagieren. Damit wird der kontrollierte Zugang zu Gesundheitsinformationen unter Wahrung des Datenschutzes zu Zwecken wie Prävention, Diagnostik, Behandlung, Pflege, Aufsicht, akademischer und industrieller medizinischer Forschung sowie zur Information der Bevölkerung gewährleistet. Das digitale Gesundheitswesen umfasst elektronische Patientendaten, medizinische Geräte und Gesundheitsanwendungen sowie digitale Plattformen, die den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Patientinnen und Patienten, der Ärzteschaft, dem Pflegepersonal und anderen Gesundheitsdienstleistenden fördern. Ziel der digitalen Transformation ist es, die Qualität des Gesamtsystems insgesamt zu verbessern, indem die Zugänge zu digitalen Dienstleistungen vereinfacht und Zugangsschwellen gesenkt werden, wodurch auch die digitale Gesundheitskompetenz der Bevölkerung gestärkt wird.

Weiter soll die Effizienz gesteigert werden, indem durch Synergien einheitliche und effiziente Datenerhebung, -haltung, -flüsse und -nutzung gewährleistet werden. Zudem sollen die Transparenz verbessert und die Innovation in der Gesundheitsversorgung erhöht werden. Dies ermöglicht unter anderem die bessere Nutzung der künstlichen Intelligenz und fördert eine datenbasierte Entscheidungsfindung.

Voraussetzung für die Weiterentwicklung und gemeinsame Nutzung des digitalen Gesundheitswesens ist angesichts der föderalen Zuständigkeitsordnung die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren und die Etablierung des gemeinsamen Verständnisses über die semantische Bedeutung
der Dateninhalte und des Datenaustausches zur Entwicklung von übergreifenden und automatisierten Geschäftsprozessen.

Um diese Vision umsetzen zu können, muss an der Basis ­ den Daten ­ gearbeitet werden. Daten sind ein Kernelement der digitalen Transformation: Standardisierte Datenstrukturen und -inhalte sind die Grundvoraussetzung dafür, dass Systeme nahtlos zusammenarbeiten können, das heisst interoperabel sind, und Informationen nicht mehrfach erhoben werden müssen (Once-Only-Prinzip*). Klare, von den jeweiligen Akteuren in ihren Zuständigkeitsbereichen zu implementierenden Regeln für den Datenzugang und die Mehrfachnutzung durch verschiedene Akteure sollen im Programm «Digisanté» ebenso angegangen werden wie die Digitalisierung und Abstimmung von Behördenleistungen sowie die Bereitstellung von zentralen Dienstleistungen wie Registern, Schnittstellen und Identifikatoren*.

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Aufgrund der Kompetenz- und Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen (vgl.

Ziff. 1.1.3) müssen zur Umsetzung dieser Vision insbesondere die Kantone sowie die relevanten Partner der Privatwirtschaft (Leistungserbringer*, Krankenversicherer, Industrie usw.) involviert werden (vgl. Ziff. 1.2.2 und 1.2.3).

1.2.2

Beitrag des Programms «Digisanté» zur digitalen Transformation im Gesundheitswesen

Der Bund kann im Rahmen seiner verfassungsmässigen Kompetenzen nur Vorhaben in denjenigen Bereichen direkt umsetzen, in denen er über die rechtlichen Grundlagen verfügt (vgl. Ziff. 1.1.3). Von diesen ausgehend kann er Leitplanken für die digitale Transformation im Gesundheitswesen erarbeiten (z. B. im Rahmen der FDMG), für die Koordination durch Austauschplattformen mit den Akteuren sorgen (z. B. die stationäre medizinische Klassifikation oder die Interoperabilitätsplattform I14Y) und damit die digitale Transformation im Gesundheitswesen fördern (Koordinationsaufgaben). Der Bund kann diese Transformation aufgrund seiner beschränkten Kompetenzen jedoch nicht alleine umsetzen. Für eine erfolgreiche und nachhaltige digitale Transformation ist somit die konstruktive Zusammenarbeit und ein erhöhtes Engagement der Kantone und aller weiterer Akteure im Gesundheitswesen notwendig. Der Beitrag, den der Bund leisten kann und auch bereit ist, zu leisten, richtet sich nach den vier strategischen und sieben operativen Zielen des Programms.

Die vier strategischen Ziele des Programms sind: ­

Digitalisieren: Die für eine erfolgreiche digitale Transformation im Gesundheitswesen notwendigen Grundlagen werden erarbeitet und konkrete Projekte zum Nutzen der Gesundheitsversorgung sowie der sie sicherstellenden Akteure umgesetzt: durch Bund und Kantone im Rahmen ihrer Kompetenzen, durch die privatautonom handelnden Patientenorganisationen, Gesundheitsligen, Leistungserbringer, Versicherer, Produkt- und Dienstleistungsanbietenden sowie durch Forschungsinstitutionen. Die notwendige Beteiligung privater Akteure im Gesundheitswesen muss im Einzelfall entlang der bestehenden Aufgaben von Bund und Kantonen geprüft werden.

Beispiel: Die Schaffung einer modernen nationalen Plattform für die Überwachung und Meldung übertragbarer Krankheiten durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG).

­

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Orchestrieren (Koordinieren): Die Aktivitäten zur Umsetzung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen werden aufeinander abgestimmt, damit das Engagement für die Erreichung der gemeinsamen Ziele sowie die Systemwirkung verstärkt werden. Zu diesem Zweck bindet die Programmorganisation die relevanten Stakeholder des Gesundheitswesens in geeigneter Form ein.

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Beispiel: Die vom Bundesrat in Auftrag gegebene und vom EDI initiierte FDMG hat ihre Arbeit im September 2022 aufgenommen.38 Ziel der Fachgruppe ist es, Standards für das Gesundheitswesen (insbesondere solche, die eine Interoperabilität* zwischen Klinikinformations- und Praxisinformationssystemen ermöglichen) zu entwickeln, zu pflegen und als nationale Empfehlungen zur Implementierung in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen zu publizieren. Zudem fördert sie den Austausch unter den relevanten Akteuren.

­

Standardisieren: Der sichere und interoperable Datenaustausch zwischen den Akteuren des Gesundheitswesens wird etabliert und die Effektivität und Effizienz der Gesundheitsversorgung werden durch datenbasierte Leistungserbringung verbessert.

Beispiel: Mit dem Projekt Spiges wird die Mehrfachverwendung von Daten für eine aufsichtsrechtliche und statistische Nutzung ermöglicht. So werden Datenbedürfnisse zum Vollzug des KVG, wie die Pflege von Tarifstrukturen oder die Weiterentwicklung der Spitalplanung, auf Basis von kohärenteren Daten und mit einem weiter reduzierten Aufwand erfüllt.

­

Verankern: Zur Umsetzung notwendige Änderungen der Rechtsgrundlagen auf Bundes- und Kantonsebene werden identifiziert. Anpassungen der Verordnungen werden vom Bundesrat verabschiedet; was Bundesgesetze anbelangt, werden entsprechende Entwürfe erarbeitet und dem Parlament vorgelegt.

Beispiel (auf Bundesebene): Verankerung von Standards im Ausführungsrecht zu Registern des Bundes; Regelungsentwürfe zu einem harmonisierten Zugang zu Daten für Forschende.

Aus den strategischen Zielen ergeben sich insgesamt sieben operative Ziele:

38

­

Gemeinsames Verständnis: Es wird ein gemeinsames Verständnis für ein modernes Ökosystem im Gesundheitswesen geschaffen und ein gemeinsamer Prozess zu dessen Ent- und Weiterentwicklung etabliert. Zudem werden die einzelnen Vorhaben aller Akteure des Gesundheitswesens aufeinander abgestimmt.

­

Sichere Interoperabilität: Die Primärdatenerhebung, die Interoperabilität der Systeme und die Vertrauenswürdigkeit zwischen den Akteuren mit OnceOnly-Erhebung und Mehrfachnutzung von Daten werden unter Wahrung der Anforderungen des Datenschutzes und der Informationssicherheit gewährleistet.

­

Digitale Behördenleistungen: Die Behörden digitalisieren ihre Prozesse und etablieren deren kontinuierliche Weiterentwicklung. Zudem machen sie ihre Daten nach den Open Government Data (OGD)* Grundsätzen zugänglich.

Damit wird der administrative Aufwand der Akteure gemindert und die Effizienz erhöht.

Digitale Transformation im Gesundheitswesen: Fachgruppe Datenmanagement hat ihre Arbeit aufgenommen; kann abgerufen werden unter: www.bag.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen.

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­

Datennutzung Forschung: Der Zugang der Forschung auf Gesundheitsdaten wird gemäss den datenschutzrechtlichen und ethischen Anforderungen gewährleistet. Damit wird insbesondere auch der Forschungsplatz Schweiz gestärkt.

­

Vereinbarte Standards: Benötigte technische, semantische und prozessuale Standards werden identifiziert, festgelegt und für alle zur Verfügung gestellt.

Ihre kontinuierliche Pflege und Weiterentwicklung werden gewährleistet.

­

Eindeutige Identifikatoren: Eindeutige Identifikatoren für Personen, Unternehmen, Leistungen und Objekte werden zur Verfügung gestellt.

­

Übergreifende Basisdienste*: Gemeinsam nutzbare Basisdienste wie Register, Services, Schnittstellen und Anwendungen zur Gewährleistung der Datensicherheit, der Datensouveränität und des Datenflusses werden zur Verfügung gestellt oder die notwendigen Vorbereitungsarbeiten werden abgeschlossen.

Alle im Rahmen des Programms «Digisanté» geplanten Vorhaben tragen zur Erreichung von mindestens einem strategischen und einem operativen Ziel bei. Wird das gesamte Portfolio umgesetzt, können alle Ziele erreicht werden.

1.2.3

Beitrag der Kantone und anderer Akteure zur digitalen Transformation im Gesundheitswesen

Der Bund setzt gemäss den vorher erwähnten Zielen verschiedene eigene Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich um und ermöglicht damit den Kantonen und weiteren Akteuren im Gesundheitswesen, ihrerseits Projekte ­ teilweise basierend auf den Vorarbeiten des Bundes ­ umzusetzen. Zudem unterstützt er in der Orchestrierung (Koordination) die vielzähligen Vorhaben, welche die Digitalisierung im Gesundheitswesen ermöglichen, sodass keine Inkompatibilitäten entstehen. Nur mit dem Zusammenwirken aller Akteure kann das Zielbild eines digitalen Gesundheitswesens erreicht werden.

Das Spektrum an Stakeholdern im Bereich des Gesundheitswesens allgemein und im Bereich der digitalen Transformation im Besonderen ist sehr breit und umfasst eine Vielzahl von verschiedenen Akteuren. Basierend auf dem Zielbild eines digitalen Gesundheitswesens lassen sich diese unterschiedlichen Akteure in sechs Gruppen einteilen: Bund und Kantone, Bevölkerung (Leistungsbeziehende), Leistungserbringer, Anbieter von Produkten, Akteure der akademischen und industriellen medizinischen Forschung sowie Versicherer. Sie alle leisten einen wertvollen Beitrag zu einem funktionierenden Gesundheitswesen und sie alle sind bei den Vorhaben des Programms für die digitale Transformation relevant.

Die Beiträge der Akteure bestehen insbesondere darin, dass sie sich an den Gesundheitsdatenraum anbinden, was nicht vom Bund finanziert wird. Deswegen ist es wahrscheinlich, dass das Programm «Digisanté» Aktivitäten und Investitionen bei Dritten auslösen wird. Im Gegenzug besteht für alle Beteiligten Planungssicherheit, da der Bund in Absprache mit den Akteuren zum Beispiel die zu verwendenden Standards erarbeitet, in den eigenen Zuständigkeitsbereichen implementiert und darüber hinaus 16 / 78

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zur Anwendung empfiehlt. Nebst der Anbindung an den Gesundheitsdatenraum beteiligen sich die Akteure zum einen an den Vorhaben des Bundes, welche im Rahmen des Programms «Digisanté» umgesetzt werden (z. B. Spiges oder die Mitwirkung in der vom EDI initiierten FDMG). Hier finanziert der Bund, womöglich mit finanzieller Unterstützung der Kantone, die Vorhaben. Zum anderen gibt es Projekte von einzelnen Akteuren oder von mehreren gemeinsam, bei welchen der Bund im Rahmen des Programms «Digisanté» mit den Akteuren eng zusammenarbeitet (z. B. das E-Rezept der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte und des Schweizerischen Apothekerverbands; der Auftrag des Bundes an das Swiss Personalized Health Network [SPHN], eine nationale Dateninfrastruktur aufzubauen, um die Forschung mit klinischen und Omics-Daten voranzutreiben). Hier sind im Rahmen des vorliegenden Programms Koordinationsleistungen vorgesehen, die beteiligten Akteure werden aber nicht finanziell unterstützt. Schliesslich gibt es noch diejenigen Projekte, die in kompletter Eigenregie der Akteure angegangen und umgesetzt werden (z. B. die Ausrüstung der Arztpraxen mit Primärsystemen*; Gesundheitsapps der Krankenversicherer; Telemedizin* in Verbindung mit Spitälern und Randregionen). Hier übernimmt der Bund weder die Finanzierung noch koordiniert er solche Vorhaben, die Akteure profitieren aber indirekt vom Programm «Digisanté», beispielsweise durch eine gesteigerte Investitionssicherheit.

1.2.4

Koordination mit den Massnahmen zur Verbesserung des Datenmanagements im Gesundheitswesen

Im Zuge der Aufarbeitung der Covid-19-Pandemie hat der Bundesrat am 12. Januar 2022 den «Bericht zur Verbesserung des Datenmanagements im Gesundheitsbereich»39 zur Kenntnis genommen und darauf basierend die Umsetzung von 5 konkreten Massnahmen in Auftrag gegeben. Diese Umsetzungen sind im Gange. Das Programm «Digisanté» wird die Koordination und die Umsetzung der Massnahmen wie folgt übernehmen: ­

Massnahme 1: Aufbau eines Spitalregisters der spitalstationären Leistungserbringer Die Massnahme wird mit dem Vorhaben «Spitalregister» (vgl. Ziff. 3.2.3) weitergeführt und umgesetzt.

­

Massnahme 2: Harmonisierung von Registern und Einführung fehlender Identifikatoren Die Umsetzung erfolgt im Programm «Digisanté» einerseits mit den Vorhaben «Identifikatorenkonzept» (vgl. Ziff. 3.2.2) und den gegebenenfalls anzupassenden rechtlichen Grundlagen und andererseits mit dem geplanten Vorhaben «Harmonisierung der Gesundheitsberuferegister».

39

www.bag.admin.ch > Das BAG > Publikationen > Bundesratsberichte > 2022.

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­

Massnahme 3: Gemeinsame Interaktionen zum Datenaustausch entwickeln Diese Massnahme wird per Ende 2023 abgeschlossen. Die erarbeiteten Ergebnisse, wie beispielsweise die Analyse der Prozesse, fliessen in das Vorhaben «Architektur für das Gesundheitsökosystem definieren und entwickeln» (vgl.

Ziff. 3.2.2) ein.

­

Massnahme 4: Weiterentwicklung der Datenauswertungen im BAG Die Prüfung der Weiterentwicklung der Kompetenz im Bereich Data Science und der Infrastruktur zur Datenauswertung wird bereits 2024 abgeschlossen.

Mitberücksichtigt sind auch organisatorische Anpassungen und Modelle für eine allfällige Zusammenarbeit. Die Vorhaben im Paket 4 «Sekundärnutzung für Planung, Steuerung und Forschung» (vgl. Ziff. 3.2.5) berücksichtigen die erarbeiteten Grundlagen dieser Massnahme.

­

Massnahme 5: Ausgestaltung einer Fachgruppe Datenmanagement im Gesundheitswesen Diese Massnahme wurde bereits 2022 abgeschlossen. Ebenso wurde Ende 2022 die Einsetzung der Fachgruppe gestartet. Die FDMG (vgl. Ziff. 3.2.2) hat sich schnell etabliert und ist ein integraler Bestandteil des Programms «Digisanté».

1.2.5

Koordination und Abgrenzung zu anderen Digitalisierungsvorhaben des Bundes

Das Programm «Digisanté» gliedert sich in die Umsetzung der übergeordneten Digitalisierungsstrategien ein und weist Schnittstellen zu weiteren Vorhaben des Bundes sowohl direkt im Gesundheitsbereich40 als auch bei der digitalen Transformation der Bundesverwaltung auf. Im Rahmen der Durchführung des Programms «Digisanté» wird es eine zentrale Aufgabe der Programmführung sein, diese Schnittstellen systematisch zu bewirtschaften und Synergieeffekte entsprechend zu nutzen (vgl. Ziff. 3.3). Dabei sollen beispielsweise auch Erkenntnisse aus den bestehenden Aufträgen zur Schaffung von vertrauenswürdigen Datenräumen (Bundeskanzlei [BK]/Bereich Digitale Transformation und IKT-Lenkung [DTI], Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation/Bundesamt für Kommunikation, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten/Direktion für Völkerrecht, EDI/Bundesamt für Statistik [BFS]), zum Programm Nationale Datenbewirtschaftung (NaDB [EDI/BFS])41 oder zur gemeinsamen Stammdatenverwaltung (BK/DTI, EDI/BFS) miteinbezogen und bereits aufgebaute oder im Aufbau befindliche Infrastrukturen wie beispielsweise die Interoperabilitätsplattform I14Y des BFS oder das Portal Opendata Swiss gezielt genutzt werden.

Es ist geplant, auch die Handlungsfelder des Berichts «Kohärente Datenstrategie für das Gesundheitswesen» in Erfüllung des Postulats der Kommission für soziale Sicher40 41

www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Nationale Gesundheitsstrategien & Programme.

www.bfs.admin.ch > NaDB Nationale Datenbewirtschaftung.

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heit und Gesundheit 18.4102 in das Programm «Digisanté» aufzunehmen (Paket 3).

Bezüglich der Sekundärnutzung von Daten (Paket 4) ist zudem die Koordination mit den Arbeiten in Erfüllung der Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates 22.3890 betreffend ein Rahmengesetz für die Sekundärnutzung von Daten (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement/Bundesamt für Justiz) sicherzustellen. Ebenso setzt das Programm im Bereich der Identifikation auf den geplanten elektronischen Identifikationsnachweis (E-ID), welcher den Einwohnerinnen und Einwohnern der Schweiz ermöglichen soll, mittels eines digitalen Ausweises ihre Identität zu belegen. Weiter wird die Digitale Verwaltung Schweiz mit dem Authentifizierungsdienst AGOV ein Login-Verfahren zur Verfügung stellen, welches auch für Anwendungen im Gesundheitsbereich angewendet werden kann.

Zentrales Element aus inhaltlicher Sicht ist dabei die zum hier beschriebenen Vorhaben komplementäre Weiterentwicklung des elektronischen Patientendossiers (EPD)*.

Mit dem EPD wurde erstmals im Schweizer Gesundheitswesen eine national verfügbare Infrastruktur für Gesundheitsdaten aufgebaut. Die für das EPD definierten technischen und semantischen Standards für den Informationsaustausch im Behandlungsprozess sind global etabliert und weitgehend identisch mit den Ansätzen, welche die EU im Rahmen des Europäischen Raum für Gesundheitsdaten* (European Health Data Space, EHDS) verfolgt. Der technische Anschluss des Schweizer EPD wäre dank der Standardisierung mit relativ wenig Aufwand umsetzbar. Viele der im EPD eingesetzten Konzepte und Standards können den medienbruchfreien Datenaustausch auch in anderen Prozessen des Gesundheitswesens unterstützen.

Der modulare Aufbau des EPD sowie das technisch-semantische Fundament sind für das Programm «Digisanté» eine wichtige Grundlage. Die rechtlichen und organisatorischen Fragen zum EPD sind jedoch nicht Teil des Programms «Digisanté». Der Bundesrat hat bereits im April 2022 entschieden, das EPDG zu revidieren und diesbezüglich zwei Vorlagen in die Vernehmlassung zu schicken. Dies insbesondere, weil für die erfolgreiche und flächendeckende Verbreitung des EPD die Aufgaben- und Kompetenzaufteilung geklärt und die Finanzierung nachhaltig gesichert werden müssen.

Die eine Vorlage ­ zur Übergangsfinanzierung
­ soll bis zum Inkrafttreten der zweiten Vorlage ­ einer umfassenden Revision ­ die Finanzierung sicherstellen. Der Entwurf bezüglich der Übergangsfinanzierung wurde am 6. September 2023 vom Bundesrat ans Parlament überwiesen, für die zweite Vorlage betreffend die umfassende Revision dauerte die Vernehmlassung von Ende Juni bis Ende Oktober 2023.

1.2.6

Internationale Entwicklungen

Wie die in Ziffer 1.1.1 aufgeführten Studien der Bertelsmann-Stiftung und des Obsan deutlich zeigen, ist die Digitalisierung des schweizerischen Gesundheitswesens im internationalen Vergleich wenig fortgeschritten. Die Berücksichtigung internationaler Erfahrungen sowie der Einsatz national und international anerkannter Lösungen spielen bei der Umsetzung des Programms «Digisanté» daher eine zentrale Rolle, da ansonsten ein weiteres Zurückfallen droht.

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Europäische Union Von besonderem Interesse sind für die Schweiz die Entwicklungen auf europäischer Ebene beziehungsweise die Initiativen und Projekte der EU. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Nachbarstaaten der Schweiz stark von diesen Arbeiten betroffen sind und die Schweiz mit ihnen eng zusammenarbeitet. In der EU wird die digitale Transformation in und zwischen den Mitgliedsstaaten seit einiger Zeit vorangetrieben. Die Zuständigkeit für die Gesundheitsversorgung verbleibt dabei jedoch bei den einzelnen Ländern.

Auf technischer Ebene ist das Netzwerk für elektronische Gesundheitsdienste (eHealth Network)42 zu nennen. Es verbindet die für elektronische Gesundheitsdienste zuständigen nationalen Behörden der EU-Staaten. Im Rahmen dieses Netzwerks können sich die EU-Länder (plus Norwegen) in puncto Interoperabilität und Standardisierung austauschen und es werden Richtlinien erarbeitet. Weiter besteht mit den elektronischen grenzüberschreitenden Gesundheitsdiensten (E-Health Digital Service Infrastructure)43 eine Infrastruktur, die es ermöglicht, personenbezogene Gesundheitsdaten sicher, effizient und interoperabel zwischen EU-Ländern auszutauschen.

Auf politischer Ebene hat die EU im Mai 2022 den EHDS lanciert. Der entsprechende Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission44 wird derzeit im Rat und im Europäischen Parlament diskutiert. Beim EHDS handelt es sich um ein gesundheitsspezifisches Ökosystem, das aus Vorschriften, gemeinsamen Standards und Verfahren, Infrastrukturen und einem Gouvernanz*-Rahmen besteht. Der EHDS soll Patientinnen und Patienten dabei unterstützen, die Kontrolle über ihre eigenen Gesundheitsdaten zu bewahren, die Nutzung von Gesundheitsdaten für eine bessere medizinische Versorgung sicherstellen, die Forschung, Innovation und Politikgestaltung fördern sowie das Potenzial von Austausch, Nutzung und Weiterverwendung von Gesundheitsdaten unter gesicherten Bedingungen nutzen.

Für die Schweiz ist es wichtig, die Entwicklungen in der EU zu berücksichtigen. Im Programm «Digisanté» ist insbesondere das strategische Programmziel «Standardisieren» bedeutend. Dank gemeinsamen technischen und semantischen Standards könnte sich die Schweiz im Rahmen eines allfälligen Gesundheitsabkommens mit der EU mit wenig Aufwand dem EHDS anschliessen, sofern dies in beidseitigem Interesse
liegt. Gleichzeitig öffnen sich beispielsweise durch internationale Standards die Grenzen für Hersteller von IT-Systemen. Einerseits können Schweizer Firmen im EURaum aktiv werden, andererseits haben Firmen aus dem Ausland die Möglichkeit, innovative Produkte auf dem Schweizer Markt zu etablieren.

42

43

44

health.ec.europa.eu > Verbesserung der Gesundheitssysteme > Elektronische Gesundheitsdienste (eHealth): Digitale Gesundheitsversorgung und Pflege > Zusammenarbeit der EU.

health.ec.europa.eu > Verbesserung der Gesundheitssysteme > Elektronische Gesundheitsdienste (eHealth): Digitale Gesundheitsversorgung und Pflege > Elektronische grenzüberschreitende Gesundheitsdienste.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten, health.ec.europa.eu > COM/2022/197 final (https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:dbfd8974-cb79-11ec-b6f401aa75ed71a1.0003.02/DOC_1&format=PDF.).

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Weltgesundheitsorganisation (WHO) Den Kern der Bemühungen der WHO im Bereich der Digitalisierung im Gesundheitswesen stellt zurzeit die «Global Strategy on Digital Health 2020-2025»45 dar. Die Strategie enthält eine Vision, strategische Ziele, einen Handlungsrahmen sowie Leitlinien zur Umsetzung entsprechender Massnahmen. Damit soll sie die digitale Gesundheit weltweit, aber insbesondere auch auf nationaler und regionaler Ebene fördern. Es soll ein international vernetztes, digitales Gesundheitssystem entstehen.

Die Strategie zielt darauf ab, die internationale Zusammenarbeit zu fördern und die Länder gleichzeitig mittels Förderung der digitalen Transformation bei ihren nationalen Programmen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung, der Umsetzung nationaler Gesundheitsstrategien sowie der Förderung von Forschung und Entwicklung zu unterstützen. Die konkrete Umsetzung der Strategie ist jedoch den WHO-Mitgliedstaaten überlassen und beruht auf Freiwilligkeit.

Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass digitale Lösungen im Gesundheitssystem rasch grenzüberschreitend oder sogar global koordiniert werden müssen ­ zum Beispiel die gegenseitige Anerkennung der nationalen Covid-Zertifikate. Im Nachgang zu diesen Erfahrungen gibt es bei der WHO Überlegungen für einen globalen digitalen Vertrauensraum. Auch bei solchen Projekten braucht es internationale Standards, die im Programm «Digisanté» festgelegt werden können.

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Die OECD konzentriert sich auf die Nutzung des vorhandenen Potenzials digitaler Instrumente und Lösungen zwecks Transformation von Gesundheitssystemen zugunsten einer Verbesserung der Versorgung. So hat sie 2022 einen Bericht mit dem Titel «Recommendation of the Council on Health Data Governance»46 mit einer Reihe von konkreten Empfehlungen zur Verwaltung von Gesundheitsdaten publiziert.

Weitere Initiativen Auch im Rahmen anderer internationaler Plattformen bestehen Bestrebungen, die digitale Gesundheit global zu stärken. So treibt beispielsweise die aktuelle, indische G20-Präsidentschaft die Etablierung einer globalen Initiative zur digitalen Gesundheit («Global Initiative on Digital Health»47) voran. Diese Initiative soll eine globale Plattform für die Koordination, die Optimierung des Ressourceneinsatzes und den
Wissenstransfer schaffen. Die Plattform soll in enger Zusammenarbeit mit der WHO geschaffen und gesteuert werden und nicht zuletzt zur Umsetzung der globalen WHOStrategie und der WHO-Standards beitragen.

45 46 47

WHO ­ Global strategy on digital health 2020-2025, www.who.int > Health Topics > Digital health ).

https://legalinstruments.oecd.org/fr/instruments/OECD-LEGAL-0433.

www.g20.org > Medien & Ressourcen > Dokumente > Outcome Documents > G20 Health Ministers' Meeting Outcome Document and Chair's Summary.

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1.3

Eckwerte des Programms «Digisanté»

Das Programm besteht aktuell aus rund 50 verschiedenen Vorhaben, die alle zum Ziel haben, die digitale Transformation im Gesundheitswesen zu fördern. Die Komplexität des Programms ergibt sich aus der grossen Anzahl der Vorhaben, deren teilweiser Interdependenz sowie ihrer unterschiedlichen Natur. Sie reichen von der Rechtssetzung über die Softwareentwicklung bis hin zur Entwicklung von national abgestimmten Vorgaben für die Standardisierung.

1.3.1

Zeitrahmen

Das Programm «Digisanté» hat eine Laufzeit von zehn Jahren (2025­2034). Diese Dauer ist nötig, damit die teilweise komplexen Vorhaben realisiert werden können.

Für zahlreiche Vorhaben müssen zuerst die Grundvoraussetzungen geschaffen werden (etwa die Anpassung des rechtlichen Rahmens oder die Entwicklung von Basisdienstleistungen). Die Interdependenz der Vorhaben macht eine Beschleunigung des Programms unmöglich. Schliesslich müssen für die Umsetzung der Vorhaben zahlreiche Fachspezialistinnen und Fachspezialisten rekrutiert werden. Nach dem Ablauf dieser zehn Jahre wird das Gesundheitswesen zwar noch nicht komplett digital transformiert sein, jedoch werden aufgrund des Programms «Digisanté» viele wichtige Arbeiten umgesetzt sein. Mit dem Programm wird die notwendige Grundlage für eine allfällige Weiterentwicklung durch die Akteure im Gesundheitsbereich (Private, Kantone usw.) geschaffen, und die Unterstützung des Bundes wird im Rahmen seiner ordentlichen Aufgaben erfolgen.

Demgegenüber sprechen verschiedene Gründe gegen eine längere Laufzeit. Das dynamische Umfeld macht eine Planung des Portfolios über einen Zeitrahmen von mehr als zehn Jahren praktisch unmöglich. Ferner hat das Programm «Digisanté» das Ziel, die digitale Transformation im Gesundheitswesen zu fördern. Dies bedingt eine temporäre, aber nicht eine permanente Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln.

Die verschiedenen Arbeiten werden grundsätzlich in drei Phasen umgesetzt, wobei es auch viele Vorhaben gibt, deren Umsetzung über die gesamte Programmdauer hinweg erfolgt.

Phase 1: Standards und Systemaufbau (2025­2027) Die erste Phase umfasst insbesondere die Arbeit an Konzepten und Vorhaben, die Voraussetzung für eine erfolgreiche digitale Transformation sind oder die schnell konkrete Ergebnisse liefern können. Zudem sollen eindeutige Identifikatoren für alle Akteure im Gesundheitswesen (Patientinnen und Patienten, Gesundheitsfachpersonen, Leistungserbringer) festgelegt werden. Weiter sollen eine Übersicht über die vorhandenen und benötigten Standards erstellt, ein erstes Bündel von benötigten neuen Standards verabschiedet und der Prozess für die Erarbeitung, Weiterentwicklung und Verabschiedung weiterer Standards etabliert werden.

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Phase 2: Dienste und Schnittstellen (2028­2030) In der zweiten Phase werden vor allem Vorhaben im Bereich Register und Datenerhebung vorangetrieben, wobei die Erarbeitung der Konzepte bereits in der ersten Phase erfolgt. Die Erhebung der Primärdaten in der Gesundheitsversorgung soll sektoriell erweitert werden. Darüber hinaus soll ein erstes Paket an Anpassungen der diversen rechtlichen Grundlagen für die digitale Transformation verabschiedet werden.

Phase 3: Optimierung und Verstetigung (2031­2034) In der dritten Phase geht es mehrheitlich darum, die laufenden Arbeiten abzuschliessen, die bereits in Betrieb genommenen Anwendungen und Systeme zu optimieren und die digitale Transformation im Gesundheitswesen zu verstetigen. Es sollen beispielsweise die Grundlagen erarbeitet werden, um über die Verstetigung des Vorhabens «Fachliche Erarbeitung und Koordination der Datenstandards» im Rahmen eines Instituts und den Betrieb dieses Instituts (vgl. Ziff. 3.2.2) entscheiden zu können.

1.3.2

Evaluation des Programms

Zur Messung der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Vorhaben sollen die Ziele und Ergebnisse in Bezug auf die ursprüngliche Planung und die zugrundeliegenden Anforderungen analysiert werden. Um die Vorhaben zu evaluieren, können verschiedene Faktoren beigezogen werden. Zum einen ist natürlich die Wirtschaftlichkeit relevant, zum anderen kann der Erfolg aber auch an der Zufriedenheit der Akteure im Gesundheitswesen gemessen werden. Wie das Programm und die einzelnen Vorhaben evaluiert werden, ist Teil des Pakets «Umsetzungsrahmen» (vgl. Ziff. 3.3). Das Evaluationskonzept wird mit Programmstart in der ersten Phase erarbeitet.

1.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 29. Januar 202048 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 angekündigt.

Diese Botschaft erwähnt bei Ziel 249, dass behördliche Leistungen möglichst elektronisch erbracht werden sollen, und bei Ziel 1050, dass die Förderung der digitalen Transformation im Schweizer Gesundheitssystem ein zentrales Instrument zur Erreichung wichtiger gesundheitspolitischer Ziele ist. Artikel 11 des Bundesbeschlusses über die Legislaturplanung vom 21. September 202051 gibt die Massnahme vor, die zur Erreichung dieses Ziels unter anderem zu ergreifen ist. Es handelt sich dabei um die «Verabschiedung eines Massnahmenplans zur Umsetzung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen.».

48 49 50 51

BBl 2020 1777 BBl 2020 1835 BBl 2020 1850 BBI 2020 8385

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Verschiedene Strategien des Bundesrates behandeln die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die «Strategie Digitale Schweiz 202352» setzt die Leitlinien für die digitale Transformation in der Schweiz. Sie gibt nicht nur die Leitlinien für das Handeln der Bundesverwaltung vor, sondern soll auf der Grundlage einer vernetzten Zusammenarbeit von Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung sowie Zivilgesellschaft umgesetzt werden. Die Strategie sieht jährlich wechselnde Fokusthemen vor, die vom Bundesrat bestimmt werden. Die Fokusthemen adressieren Themen, in denen der Bundesrat eine besondere Priorität für die digitale Schweiz sieht. Für das Jahr 2023 hat er die Digitalisierung im Gesundheitsbereich als Fokusthema festgelegt. Das Programm «Digisanté» ist in diesem Rahmen namentlich als Umsetzungsmassnahme genannt.

Die Digitalisierungsstrategie des Bundes 202053 legt den Fokus darauf, die Bundesinformatik bestmöglich auf die Geschäftsbedürfnisse auszurichten und das Verwaltungsgeschäft bei der digitalen Transformation zu unterstützen. Das Programm «Digisanté» trägt im Gesundheitsbereich zur Umsetzung wesentlicher Zielsetzungen dieser Strategie bei, beispielsweise im Bereich des Informations-, Daten- und Prozessmanagements oder des potenziellen Nutzens für die Patientinnen und Patienten (Kundenorientierung).

Die Strategie «Gesundheit 2030» führt als eine der vier dringlichsten Herausforderungen bei der Gewährleistung eines möglichst gesunden Lebens den technologischen und digitalen Wandel auf. Das Programm «Digisanté» leistet einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderung (z. B. Stossrichtung 1 «Förderung der Digitalisierung und Nutzung der Daten» des Ziels 1 «Gesundheitsdaten und Technologien nutzen»).

Die von Bund und Kantonen gemeinsam erarbeitete «Strategie E-Health Schweiz 2.054» bezeichnet die Digitalisierung als ein zentrales Instrument für das Erreichen wichtiger gesundheitspolitischer Ziele, namentlich in den Bereichen Behandlungsqualität, Patientensicherheit, Effizienz, koordinierte Versorgung, Interprofessionalität und Gesundheitskompetenz. Diese Strategie begleitet insbesondere die Verbreitung des EPD. Darüber hinaus soll sie unter anderem zur Verbesserung der Koordination und Abstimmung der Digitalisierung im Gesundheitssystem beitragen. Sie umfasst insgesamt 25 Ziele
in drei Handlungsfeldern: Digitalisierung fördern, Digitalisierung abstimmen und koordinieren, zur Digitalisierung befähigen. Das Programm «Digisanté» nimmt dies auf und geht weitere Themen wie das Aufeinanderabstimmen von Prozessen und das Schaffen von Schnittstellen, sodass die Mehrfachnutzung von Daten gewährleistet ist, an.

52 53 54

digital.swiss > Strategie > Strategie Digitale Schweiz 2023.

www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT-Lenkung > Strategie und Planung > Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023.

www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Nationale Gesundheitsstrategien > eHealth.

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1.5

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit dem Programm «Digisanté» werden zahlreiche Vorstösse aus dem Parlament erledigt. Dies erfolgt mehrheitlich aber noch nicht mit vorliegender Botschaft, sondern erst während der Umsetzung des Programms. Folgender Vorstoss wird jedoch bereits mit vorliegender Botschaft erledigt:

­

Postulat der FDP-Liberale Fraktion 22.4022 «Potential von Digitalisierung und Datenmanagement im Gesundheitswesen nutzen: Die Schweiz braucht eine übergeordnete Digitalisierungsstrategie!»: Der Bundesrat beantragte im November 2022 die Annahme des Postulats. Der Nationalrat ist diesem Antrag im Dezember 2022 gefolgt. Das Postulat fordert, dass eine übergeordnete Strategie zu den Themen Digitalisierung und Datenmanagement im Gesundheitswesen erarbeitet und dem Parlament vorgelegt wird. Mit der Konzipierung und Umsetzung des Programms «Digisanté» wird dieser Auftrag erfüllt, weshalb das Postulat als erledigt gilt.

Nachfolgend zusätzlich eine Auflistung einiger überwiesener und zum Inhalt des Programms gehörender Vorstösse: ­

Motion der FDP-Liberale Fraktion 20.3243 «Covid-19. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen beschleunigen»: Die Motion wurde sowohl vom Nationalrat (25. Sept. 2020) als auch vom Ständerat (8. März 2021) angenommen.

Sie fordert verschiedene Massnahmen, um den Digitalisierungsprozess im Gesundheitswesen zu beschleunigen. Unter anderem verlangt sie, dass der Einsatz von Gesundheitsanwendungen gefördert wird.

­

Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates 20.3923 «Besseres Datenmanagement im Gesundheitsbereich»: Die Motion wurde sowohl vom Ständerat (15. Dezember 2020) als auch vom Nationalrat (16. Juni 2021) angenommen. Sie fordert, dass die Politik im Bereich des Datenmanagements im Gesundheitsbereich geändert wird und dabei zum Beispiel die «Open Government Data»-Strategie 2019­2023 rasch umgesetzt wird.

­

Motion Ettlin 21.3957 «Digitale Transformation im Gesundheitswesen: Rückstand endlich aufholen»: Die Motion wurde sowohl vom Ständerat (27. Sept. 2021) als auch vom Nationalrat (17. März 2022) angenommen. Sie fordert, dass die digitale Transformation im Gesundheitswesen endlich substanziell vorangebracht wird und man sich dabei an der Wirkung anderer erfolgreich digitalisierter Gesundheitssysteme der OECD orientiert.

­

Motion Silberschmidt 21.4373 «Einführung eines eindeutigen Patientenidentifikators»: Die Motion wurde sowohl vom Nationalrat (18. März 2022) als auch vom Ständerat (20. Sept. 2022) angenommen. Sie fordert, dass alle Gesetze dahingehend angepasst werden, dass ein eindeutiger digitaler PatientenIdentifikator («Master-Patienten-Nummer») erstellt und von allen Partnern im Gesundheitswesen in der Kommunikation eingesetzt werden kann.

­

Motion Silberschmidt 21.4374 «Einführung einer digitalen Patientenadministration»: Die Motion wurde sowohl vom Nationalrat (18. März 2022) als auch vom Ständerat (20. Sept. 2022) angenommen. Sie fordert, dass alle Ge25 / 78

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setze dahingehend angepasst werden, dass die Prozesse rund um die Patientenadministration für alle involvierten Parteien der ambulanten und stationären Versorgungsbereiche digital abgewickelt werden können.

­

Motion Ettlin 22.3859 «Masterplan zur digitalen Transformation im Gesundheitswesen. Nutzung von gesetzlichen Standards und bestehenden Daten»: Die Motion wurde sowohl vom Ständerat (20. Sept. 2022) als auch vom Nationalrat (03. Mai 2023) angenommen, wobei der Nationalrat eine kleine Änderung der Ziffer 2 vorgenommen hat. Der Ständerat hat dieser Anpassung von Ziffer 2 am 26. September 2023 zugestimmt, somit ist die gesamte Motion überwiesen. Die Motion fordert in Ziffer 1, dass dem Parlament ein konkreter Masterplan vorgelegt wird, der die zeitlichen und inhaltlichen Digitalisierungsziele verlässlich darlegt und aufzeigt, wie sie erreicht werden sollen.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Gemäss Artikel 2 Absatz 1 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200555 (VlG) wird mit der Durchführung einer Vernehmlassung bezweckt, dass die Kantone, die politischen Parteien und interessierten Kreise an der Meinungsbildung und Entscheidfindung des Bundes mitwirken können. Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d VlG ist ein Vernehmlassungsverfahren insbesondere dann durchzuführen, wenn ein Vorhaben unter anderem von grosser finanzieller oder wirtschaftlicher Tragweite ist. Auf ein Vernehmlassungsverfahren kann hingegen verzichtet werden, wenn keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die Positionen der interessierten Kreise bereits bekannt sind (vgl. Art. 3a Abs. 1 Bst. b VlG).

Mit dem vorliegenden Bundesbeschluss zum Programm soll die finanzielle Grundlage geschaffen werden, damit die eigentlichen Vorhaben, welche die digitale Transformation im Gesundheitswesen beziehungsweise deren Förderung zum Inhalt haben, umgesetzt werden können. Obschon es sich um ein Programm von grosser finanzieller Tragweite handelt, wurde auf die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens aus folgenden Gründen verzichtet.

Erstens ist die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens bei Anträgen für Verpflichtungskredite nicht üblich. Zweitens sind die Kantone direkt in das Programm einbezogen. Vertreterinnen und Vertreter des Sekretariats der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) sind zurzeit im Programmausschuss und im Sounding Board (Austauschgremium) vertreten und können damit auf den Aufbau des Programms und seine Umsetzung Einfluss nehmen. Drittens wurden die Erwartungen der Wirtschaft an das Programm bereits in mehreren parlamentarischen Vorstössen (vgl. Ziff. 1.5) und in diversen Berichten des Bundesrates hinlänglich dokumentiert und sind daher öffentlich bekannt.

Im Rahmen von Informationsveranstaltungen werden zudem die Anliegen weiterer Stakeholder regelmässig abgeholt. Inhaltliche Fragen in Bezug auf das Datenmanage55

SR 172.061

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ment werden in der bereits 2022 neu geschaffenen FDMG mit der ganzen Branche beraten. Deren Arbeiten flossen in die Konzeption des Programms ein und werden auch bei der Umsetzung berücksichtigt. Zudem finden bereits während der aktuellen Konzeptionsphase und auch zukünftig während der Umsetzung des Programms immer wieder bilaterale Treffen sowohl mit den Kantonen als auch mit verschiedenen Stakeholdern statt.

Die mitinteressierten Kreise werden auch nach Programmstart in die Umsetzung der einzelnen Vorhaben einbezogen. Schliesslich wird gemäss den Vorgaben des VlG bei den Rechtssetzungsprozessen ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt, das allen interessierten Kreisen die Gelegenheit bietet, sich zu äussern. Aufgrund der engen Einbindung aller relevanten Akteure während der Konzeptionsphase und aufgrund der künftigen Möglichkeiten, sich bei einzelnen Vorhaben einzubringen, ist davon auszugehen, dass die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens bei der vorliegenden Botschaft über einen Verpflichtungskredit keine neuen Erkenntnisse hervorgebracht hätte.

3

Inhalt des Kreditbeschlusses

3.1

Antrag des Bundesrates und Begründung

Der gesamte Bedarf an finanziellen Mitteln für die Umsetzung des Programms «Digisanté» in den Jahren 2025­2034 beträgt 623,8 Millionen Franken. Davon werden 102,6 Millionen Franken aus den beim BAG (78,0 Mio.) und beim BFS (24,6 Mio.) bestehenden Mitteln (Globalbudget) finanziert. Der zusätzliche Mittelbedarf beträgt somit insgesamt 521,3 Millionen Franken. Dieser setzt sich zusammen aus nicht verpflichtungskreditrelevanten Personalausgaben von 129,6 Millionen Franken sowie verpflichtungskreditrelevanten Entwicklungskosten und Betriebsausgaben von 391,7 Millionen Franken.

Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten die Bewilligung eines Verpflichtungskredits von 391,7 Millionen Franken für die Umsetzung von «Digisanté».

2033

2034

Davon verpflichtungskreditrelevant Total (in 2025­ Tausend 2034 CHF)

Paket / Jahre

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

2032

Paket 1: Voraussetzungen für die digitale Transformation

3 750

5 345

5 925

7 445

8 335

8 062

6 784

6 224 5 190 5 190 62 250

22 650

Paket 2: Nationale Infrastruktur

5 272

9 539

9 897 11 181 11 343 10 423

8 875

7 755 4 635 3 455 82 375

65 293

27 / 78

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Paket / Jahre Paket 3: Behördenleistungen digitalisieren

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

2032

2033

2034

Davon verpflichtungskreditrelevant Total (in 2025­ Tausend 2034 CHF)

19 670 22 500 26 500 24 390 23 360 20 410 21 690 20 390 19 960 18 240 217 110 190 290

Paket 4: Sekundärnutzung für Planung, Steuerung und Forschung

3 950

4 650

5 010

5 910

7 450

8 440

8 510

7 310 4 750 4 570 60 550

33 550

Umsetzungsrahmen

3 370

5 331

5 709

5 169

5 599

5 509

4 879

4 559 3 949 3 949 48 023

28 943

­

2 000

6 000

6 000

6 000

7 000

6 000

6 000 6 000 6 000 51 000

51 000

Risikozuschlag Total aller Aufwände (in Tausend CHF)

36 012 49 365 59 041 60 095 62 087 59 844 56 738 52 238 44 484 41 404 521 308 391 726

Eigenleistungen der beteiligten Ämter Für die erfolgreiche Umsetzung der Ziele des Programms und insbesondere ihre Verankerung in den bestehenden Organisationen werden neben den oben dargestellten Ressourcen im Sinne von Eigenleistungen auch bestehende Ressourcen der beteiligten Ämter eingesetzt (vgl. Tabelle in Ziff. 4.1.1). Dies betrifft zum einen die vorhandenen Mittel in den Globalbudgets, die aber für die angestrebte Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen bei Weitem nicht ausreichend sind. Zum anderen wird aber auch internes Personal in erheblicher Weise eingesetzt, um beispielsweise die fachliche Begleitung der Vorhaben und die Entwicklung entsprechender Spezifikationen auf der Basis der rechtlich definierten Aufgaben sicherzustellen.

Diese Eigenleistungen sind damit eine zentrale Voraussetzung für die Sicherstellung der einzelnen Vorhaben und des gesamten Programms.

Annahmen zur Kostenschätzung Die Schätzung der Kosten von «Digisanté» erfolgte auf Grundlage verschiedener methodischer Ansätze ­ angepasst an die jeweilige Charakteristik des Vorhabens:

­

Top-down-Ansatz: Die Kosten werden auf der Grundlage der strategischen und operativen Zielsetzungen geschätzt.

­

Bottom-up-Ansatz: Die Kosten werden auf der Grundlage einzelner Komponenten oder Aktivitäten geschätzt. Es werden erforderliche Ressourcen, zum Beispiel für Konzeptarbeiten inklusive Abstimmungen mit den Stakeholdern, Implementierungs- und Einführungskosten sowie der Betrieb aufgeschlüsselt und einzeln geschätzt.

28 / 78

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­

Benchmarking: Die Kosten werden anhand von Erfahrungen und Vergleichswerten aus ähnlichen Programmen geschätzt. Es werden Daten oder Informationen von anderen Ämtern genutzt, die ähnliche Transformationsprojekte durchgeführt haben. Mit diesem Ansatz erhält man Referenzwerte, indem man sich an bewährten Praktiken und Erfahrungen orientiert.

­

Expertenschätzung: In vielen Fällen ist es erforderlich, auf das Wissen und die Erfahrung von Expertinnen und Experten zurückzugreifen, um die Kosten der einzelnen Vorhaben im Programm «Digisanté» fundiert zu schätzen.

Aufgrund der noch fehlenden Detailanforderungen, der langen Laufzeit des Programms sowie des dynamischen Umfelds der Digitalisierung im Gesundheitswesen wird zum jetzigen Zeitpunkt bewusst darauf verzichtet, für spezifische Fachanwendungen einen Entscheid zur Technologieplattform zu treffen. Damit bleibt die Flexibilität erhalten, auf neue Erkenntnisse reagieren zu können. Zudem wird damit der angestrebten agilen Vorgehensweise Rechnung getragen. Die bestehenden und zukünftigen Standardisierungsvorgaben des Bereichs DTI der BK und die beim Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) vorhandenen Technologien werden konsequent eingesetzt.

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Schätzungen aufgrund des langen Planungshorizonts und nicht einschätzbarer Veränderungen nur Näherungswerte wiedergeben.

Aus diesem Grund ist vorgesehen, dass die geplanten Ressourcen für definierte Vorhaben nur freigegeben werden, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die gewählte agile Vorgehensweise führt zu grosser Transparenz und erlaubt es, auf neue Erkenntnisse und Änderungen schnell zu reagieren. Indem eine iterative und inkrementelle Vorgehensweise verfolgt wird, können der Fortschritt kontinuierlich überprüft und die Schätzungen entsprechend angepasst werden.

Aus heutiger Sicht beträgt der Investitionsbedarf für das gesamte Programm rund 623,8 Millionen Franken. Das Programm «Digisanté» befindet sich noch in der Initialisierungsphase, weshalb die Fehlermarge der Kostenschätzung noch bei rund 30 Prozent liegt. Sie beruht auf den nachfolgenden Annahmen:

­ ­ ­

die jährliche Teuerung bleibt unter 1 Prozent;

­ ­

keine wesentlichen Änderungen bei den Lizenzmodellen;

keine neuen Vorgaben, die zu einer wesentlichen Verteuerung führen; keine grösseren Veränderungen der Bezugskonditionen bei den internen und externen Leistungserbringern; die personellen Ressourcen stehen in benötigter Menge und Qualität für die Realisierung des Programms zur Verfügung.

3.2

Inhalt der Vorlage

3.2.1

Übersicht über die Pakete und Freigabe der Mittel

Aufgrund der hohen Gesamtkosten wurde das Programm «Digisanté» zum einen thematisch und entlang der Vision der digitalen Transformation im Gesundheitswesen in 29 / 78

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vier Pakete und einen Umsetzungsrahmen unterteilt, zum anderen wurden auch drei eher konzeptuell ausgerichtete Phasen gebildet. Die nachfolgenden Ziffern sind entlang der thematischen Pakete aufgebaut.

Das Programm «Digisanté» umfasst die heute bekannten Vorhaben, die zur Erreichung der Ziele notwendig sind. Es setzt sich aus Vorhaben zusammen, für welche bereits Aufträge von Volk, Parlament oder Bundesrat bestehen. Daneben bestehen im Gesundheitsbereich aber auch weitere Vorhaben, die nicht in das Portfolio aufgenommen wurden, da die Unsicherheiten über ihre Ausgestaltung aktuell noch so gross sind, dass die Berechnung der Aufwände nicht möglich ist. Das betrifft etwa die Einführung einer medizinischen Klassifikation im ambulanten Bereich. Diese Klassifikation hängt stark von der Nachfolgelösung des ambulanten Einzelleistungstarifs Tarmed* ab, die zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bekannt ist. Dieses und allfällige weitere mit ähnlichen Unsicherheiten verbundene Vorhaben (z. B. zusätzlich benötigte Daten) werden zu gegebener Zeit in einem separaten Antrag dem Bundesrat unterbreitet.

Freigabe von Mitteln durch den Bundesrat Bundesbeschlüsse für Programme dieses Ausmasses können zur besseren Steuerung eine Freigabe der Mittel in zeitlichen Tranchen durch den Bundesrat vorsehen. Da die im Programm «Digisanté» bis 2034 umzusetzenden Vorhaben naturgemäss einen sehr unterschiedlichen Konkretisierungsgrad aufweisen und verschiedenste Themenbereiche umfassen, erfolgt die Freigabe der Mittel pro Vorhaben. Aus verwaltungsökonomischen Gründen soll der Bundesrat nur bei Vorhaben über 20 Millionen Franken (Gesamtkosten inklusive Ressourcen ausserhalb des Verpflichtungskredits) über eine Freigabe der Mittel entscheiden. Für kleinere Vorhaben soll diese Kompetenz an das EDI delegiert werden. Damit verfügen der Bundesrat und das EDI über eine wirksame finanzielle Steuerung und können anhand der folgenden Kriterien weitere Mittel im Rahmen des Verpflichtungskredits freigeben: ­

Die Finanzierung des Projekts muss über seine gesamte Laufzeit gesichert sein.

­

Das Bedürfnis einer Lösung muss gegeben sein. Die Beteiligung der von einem Vorhaben betroffenen Akteur muss geklärt werden. Bei Umsetzungsvorhaben ist teilweise die Mitwirkung der Kantone oder von Dritten zwingend notwendig. In diesen Fällen muss die Bereitschaft zur Mitwirkung vor der Freigabe der Mittel sichergestellt und eine Mitfinanzierung geprüft werden.

Der Bundesrat resp. das EDI kann jedoch bei der Mittelfreigabe auf Antrag von diesem Erfordernis absehen.

­

Die gesetzlichen Grundlagen für das Projekt und dessen Finanzierung durch den Bund müssen vorliegen.

Diese Kriterien sollen verhindern, dass der Bund Investitionen tätigt, die sich im Nachhinein als nutzlos erweisen, weil der Abschluss eines Vorhabens mangels Finanzierung oder Rechtsgrundlage misslingt.

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3.2.2

Paket 1 «Voraussetzungen für die digitale Transformation»

Ausgangslage Wie bereits in Ziffer 1.1.2 ausgeführt, ist die digitale Transformation im schweizerischen Gesundheitswesen im Vergleich zu anderen Ländern und anderen Branchen wenig fortgeschritten. Auch wenn zum Teil digitale Prozesse und Infrastrukturen eingeführt wurden, sind diese heute nicht immer durchgängig und aufeinander abgestimmt. Dies hat zum Beispiel zur Folge, dass die Informationssysteme in Spitälern, Arztpraxen, Spitex-Diensten oder Apotheken nicht stets nahtlos miteinander kommunizieren, Daten austauschen und zusammenarbeiten können. Dies betrifft auch die Kommunikation von Daten, die der Bundesverwaltung übermittelt werden. Die Daten sind nicht dort verfügbar, wo sie gebraucht werden, oder die gleichen Daten müssen mehrfach erhoben und somit mehrfach eingegeben werden. Für einen lückenlosen Informations- und damit Datenfluss zwischen den Gesundheitseinrichtungen sowie von diesen zu Drittsystemen (z. B. Bundesstellen) müssen diese verschiedenen Systeme miteinander kommunizieren können, das heisst interoperabel sein. Mit den Massnahmen im ersten Paket sollen die Grundlagen geschaffen werden, damit die Interoperabilität der digitalen Prozesse und der Systeme im Gesundheitswesen massgeblich gefördert werden kann.

Neben der technischen Interoperabilität (z. B. durch geeignete Schnittstellen) ist auch die semantische Interoperabilität wichtig: Es genügt nicht, dass ein Empfängersystem Nachrichten technisch verarbeiten kann. Das System muss auch deren Bedeutung erkennen können, das heisst den semantischen Inhalt verstehen. Die verwendete Semantik* muss immer die gleiche Bedeutung haben. Je vernetzter das Gesundheitssystem wird, desto wichtiger ist daher die Einigung auf semantische Standards, um die Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen zu ermöglichen.

Die Digitalisierung bringt nebst vielen Vorteilen schliesslich auch Herausforderungen im Datenschutz und Datensicherheitsbereich und Risiken wie Cyberkriminalität und Cybersabotage mit sich. Es ist davon auszugehen, dass Störungen, Manipulationen und gezielte Angriffe in Zukunft häufiger auftreten. Diese können zum Ausfall von Systemen und Infrastrukturen oder gar zu Datenverlust führen. Gesundheitsdaten sind besonders schützenswert. Eine zunehmende Digitalisierung im Gesundheitssystem bedingt daher von allen Akteuren zwingend
einen verantwortungsvollen Umgang mit Cyberrisiken sowie mit der Informations- und Datensicherheit, da in vernetzten Systemen die schwächste Stelle das Sicherheitsniveau des Gesamtsystems definiert. Für die Sicherheit und den Schutz ihrer Systeme sind alle Akteure selber verantwortlich.

Für die Vorhaben des Bundes legt das Programm «Digisanté» einen speziellen Wert auf die Sicherheit und stellt diese entsprechend sicher.

Bei den in diesem Paket behandelten Vorhaben handelt es sich um grundlegende Arbeiten, für die es keine Geschäftsmodelle gibt und welche somit für die Privatwirtschaft nicht lukrativ sind. Ohne Finanzierung der öffentlichen Hand werden diese essenziellen Vorhaben kaum realisiert. Diese Arbeit an den Grundlagen ist aber eine Grundvoraussetzung für die angestrebte digitale Transformation im Gesundheitswesen.

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Ziele Ein funktionierendes digitales Gesundheitswesen braucht nicht nur eine breit abgestützte Strategie sowie einen klaren rechtlichen und organisatorischen Rahmen, sondern es müssen auch fachliche Voraussetzungen erfüllt sein, damit Informationen nahtlos ausgetauscht werden können, zum Beispiel durch eine Zielarchitektur, eindeutige Identifikatoren, strukturierte Daten, Gefässe für die technische und semantische Standardisierung und ein günstiges Umfeld für digitale Anwendungen unter Wahrung der Datensicherheit.

Die in diesem Paket enthaltenen Massnahmen dienen der Umsetzung des operativen Programmziels der Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses für ein modernes Ökosystem im Gesundheitswesen und der Etablierung eines gemeinsamen Prozesses zu dessen Ent- und Weiterentwicklung. Es handelt sich dabei um Voraussetzungen, die für alle Prozessgruppen (Behandlungs-, Abrechnungs- und Behördenprozess) notwendig sind.

Massnahmen Erarbeitung einer Zielarchitektur: Viele Prozesse und Datenflüsse im Gesundheitswesen sind nicht durchgängig digitalisiert und nicht interoperabel ausgestaltet.

Daraus resultieren während der Reise eines Datenelements von der Erfassung bis zur Nutzung oft mehrfache Medienbrüche, manuelle Eingriffe oder Änderungen in den technischen und semantischen Formaten. Zentrale Grundlage für die Verbesserung ist ein leicht verständliches Gesamtbild der Prozesse und Datenflüsse im Gesundheitswesen. Dazu gehören auch eine Architekturvision und Architekturprinzipien mit Datenmodellen und Datenkatalogen. Beispielsweise ist im Medikationsprozess eine Zielarchitektur notwendig, damit die Systeme bei der Ärzteschaft, in Apotheken, Spitälern oder der Pflege durch die einzelnen Betreiber auf den nahtlosen Informationsaustausch ausgerichtet werden können.

Erarbeitung eines Konzepts für einheitliche Identifikatoren: Gesundheitsdaten müssen jeweils eindeutig einer Person zugeordnet werden können. Dazu wird ein einheitlicher Identifikator benötigt (Patientenidentifikator). Ähnliches gilt für Gesundheitsfachpersonen und -einrichtungen. Heute sind diese Personen in den verschiedenen Registern im Gesundheitswesen teilweise nicht einheitlich identifiziert. Mit einer klaren Konzeption sollen Lücken identifiziert und einheitliche Definitionen zur Verwendung von Identifikatoren im Gesundheitswesen erstellt
werden. Das Ziel ist, dass die in den Gesundheitsregistern benutzten Identifikatoren einheitlich und nur einmal definiert, erfasst und verwendet werden (Once-Only-Prinzip).

Erarbeiten der Grundlagen für die Erfassung von strukturierten Daten in den Primärsystemen: Ein durchgängiger Datenaustausch ohne Medienbrüche ist nur möglich, wenn die Informationen bereits am Anfang des Datenflusses in strukturierter Form erfasst werden. Dies erlaubt eine systematische und maschinenlesbare Verarbeitung der Daten. Insbesondere im ambulanten Bereich sind viele Systeme der Gesundheitseinrichtungen nicht in der Lage, Daten systematisch und strukturiert zu erfassen. Deshalb haben die meisten im Gesundheitswesen ausgetauschten Informationen keine Struktur und sind oft nur als Texte in PDF-Dokumenten oder Mails verfügbar. Werden in einem bestimmten Prozess oder Prozessschritt aber strukturierte Daten verlangt, muss die Information nachträglich neu erfasst werden. Vor diesem 32 / 78

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Hintergrund ist es eine zentrale Voraussetzung für einen digitalen Datenaustausch, dass alle Systeme in der Gesundheitsversorgung bereits beim Patientenkontakt («Point of Care») zentrale Informationen strukturiert erfassen können.

Standardisierung und fachliche Koordination: Damit die Abläufe in einem digitalen Gesundheitswesen im Sinne der angestrebten Verstetigung dauerhaft aufeinander abgestimmt werden können, sollen zuerst die Daten im Gesundheitswesen so weit wie möglich standardisiert und harmonisiert werden. Dazu gehört auch die Modernisierung bestehender Standards wie zum Beispiel der Wechsel bei den Klassifikationssystemen (geplanter Wechsel der Diagnoseklassifikation ICD 10* auf ICD 11* durch die WHO) oder der Einsatz weiterer, international etablierter, medizinischer Begriffssysteme (z. B. SNOMED CT*, LOINC*). Als weiteres Beispiel können die verpflichtende Meldung von Daten an die kantonalen Krebsregister und das vom Bund mandatierte Kinderkrebsregister erwähnt werden. Solche Meldungen erfolgen heute grösstenteils mittels unstrukturierter (PDF-)Berichte und einiger proprietärer Formate. Sie sollen neu strukturiert und digitalisiert erfolgen. Im späteren Verlauf des Programms soll ein entsprechender organisatorischer Rahmen (einschliesslich Rechtsgrundlagen) geschaffen werden, in dem die fachliche Koordination und die technisch-semantische Standardisierung sichergestellt werden. International hat sich dafür das Konzept von behördennahen Kompetenzzentren beziehungsweise «Agenturen für digitale Gesundheit» durchgesetzt, beispielsweise die Agence du Numérique en Santé in Frankreich, die ELGA in Österreich oder die Gematik in Deutschland. Für die Ausweitung auf alle Bereiche in einem auf interoperablen Systemen basierenden, digitalen Gesundheitswesen müssen die heutigen Arbeiten von eHealth Suisse, des BFS (Semantik, Opendata Swiss, I14Y und NaDB) und des Data Coordination Centers (DCC) des SPHN nachhaltig in diesem organisatorischen Rahmen koordiniert werden. Die Trägerschaft sowie die Organisationsform werden im Rahmen des Programms geklärt und festgelegt.

Digitale Gesundheitsanwendungen: Unter digitalen Gesundheitsanwendungen werden Produkte und Leistungen verstanden, deren medizinischer Zweck durch die Hauptfunktion der digitalen Technologien erzielt wird. Dies umfasst unter anderem
Anwendungen im Bereich der Telemedizin und des Telemonitorings* sowie Apps und mobile Geräte. Diesen digitalen Gesundheitsanwendungen wird ein grosses Potenzial bei der Erhöhung der Behandlungsqualität, der Senkung der Kosten und der Verbesserung beim Zugang zur und der Abdeckung in der Versorgung zugeschrieben.

Bei diesem neuen, sich stark entwickelnden Bereich entstehen auch neue Herausforderungen hinsichtlich Marktzulassung, Datenschutz und Finanzierung. Was die Vergütung durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) betrifft, werden digitale Gesundheitsanwendungen in die bestehende Systematik eingeordnet. Im Rahmen des Programms «Digisanté» soll geprüft werden, wo Handlungsbedarf besteht und allfällige Rechtsgrundlagen anzupassen oder neu zu schaffen sind. Im engen Austausch mit den betroffenen Kreisen erarbeitet der Bund ­ wo notwendig und sinnvoll ­ innovative und nachhaltige Lösungen für eine angemessene, rasche und effektive Inverkehrbringung, Marktüberwachung und Vergütung von sicheren und qualitativ einwandfreien digitalen Gesundheitsanwendungen.

Sicherstellen der Informations- und Datensicherheit: Die Kriterien für die IT-Sicherheit aller Digitalprojekte des Bundes werden vom Nationalen Zentrum für 33 / 78

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Cybersicherheit definiert. Die im Rahmen des Programms umgesetzten Vorhaben sollen dabei von Beginn weg auf mögliche Risiken im Bereich des Datenschutzes sowie der Informations- und Datensicherheit geprüft und entsprechende Schutzmassnahmen umgesetzt werden. Ziel ist es, die Cybersicherheit aller Vorhaben im Zusammenhang mit «Digisanté» zu gewährleisten. Dabei geht es insbesondere darum, nicht nur die Vertraulichkeit der persönlichen Daten sicherzustellen, sondern dies auch explizit für die Bevölkerung erkennbar zu machen. Schliesslich muss auch sichergestellt sein, dass die Dienste zugänglich sind (Vermeidung von Downtime).

Portfolio der Vorhaben Das Paket «Voraussetzungen für die digitale Transformation» umfasst eine Vielzahl von verschiedenen Vorhaben.

Nachfolgend findet sich eine Übersicht über diejenigen Vorhaben, die nach jetzigem Wissensstand direkt zu Beginn des Programms oder sehr früh im Programm gestartet beziehungsweise bearbeitet werden.

Fachgruppe Datenmanagement im Gesundheitswesen (FDMG) Die FDMG bildet die fünfte Massnahme des Bundesratsberichts zur Verbesserung des Datenmanagements. In diesem Gremium sind Delegierte aller zentralen Akteure des Gesundheitswesens vertreten. Die FDMG schafft Voraussetzungen für und unterstützt die digitale Transformation im Gesundheitswesen, indem sie für die Etablierung der nötigen Standards sorgt. Sie bringt die fachliche Expertise aller relevanten Stakeholder zur Förderung eines gemeinsamen Datenmanagements im Gesundheitswesen ein.

Die erste Konferenz der Delegierten fand im September 2022 statt, seither trifft sich die FDMG alle zwei Monate, wobei die Arbeiten zu bestimmten Themen in Arbeitsgruppen weitergeführt werden. Die Mitglieder wirken im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auf die Umsetzung der erarbeiteten Standards hin. Konzeptuell sollen ausserdem die Möglichkeiten der Verstetigung der FDMG und der Verbindlichkeit der erarbeiteten Standards geprüft werden.

Architektur für das Gesundheitsökosystem definieren und entwickeln Ziel dieses Vorhabens ist es, eine Architekturvision des digitalen Gesundheitswesens in einer strukturierten und inhaltlich kohärenten Form zu formulieren und zu kommunizieren. Die Architekturvision wird mit einer Referenzarchitektur auf den Ebenen von Prozessen, Daten und Informationssystemen konkretisiert und beinhaltet
auch die konkreten Zielarchitekturen für jede notwendige Etappe der Transition. Diese konkreten Architekturen dienen als Referenzelemente und sollen in den Anwendungen des Bundes im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung hinterlegt werden.

Fachliche Erarbeitung und Koordination der Datenstandards, Verstetigung in einem Institut Im Gesundheitswesen werden durch die fortschreitende Digitalisierung Entscheidungen zunehmend datenbasiert getroffen. Allerdings zeigt sich in der Schweiz in unterschiedlichen Institutionen eine uneinheitliche Bewirtschaftung semantischer, syntaktischer und technischer Standards. Zudem fehlen Anbindungen an relevante inter34 / 78

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nationale Akteure wie die WHO. Daher braucht es eine nationale Koordinationsstelle, die zuständig ist für eine systematisierte und einheitliche Pflege, Weiterentwicklung und Herausgabe von semantischen Standards im Gesundheitswesen. Ziel ist es, die Standards rechtlich zu verankern und vorschreiben zu können. Diese rechtliche Verankerung wird im Programm geprüft. Eine Möglichkeit wäre es, nach Abschluss des Programms ein rechtlich verankertes Institut zu schaffen, um die fachliche Koordination und die Standardisierung der digitalen Prozesse im digitalen Gesundheitswesen auch nach Programmende sicherzustellen. Als mögliches Vorbild könnte eHealth Suisse dienen.

Sicherheit im Gesundheitsökosystem Datenschutz sowie Daten- und Cybersicherheit sind zentrale Voraussetzungen für alle Vorhaben von «Digisanté». Mit dem Vorhaben «Sicherheit im Gesundheitsökosystem» werden die Grundlagen für IT-Vorhaben des Bundes erarbeitet und die Voraussetzungen, die sie erfüllen müssen, konkretisiert. Neben den übergreifenden Konzepten werden basierend auf den Vorgaben des Bundes sowie des DSG und des Informationssicherheitsgesetzes vom 18. Dezember 202056 auch die Schutzbedarfsanalysen der Vorhaben erarbeitet, abgestimmt und beaufsichtigt.

Identifikatorenkonzept Damit Lücken identifiziert und einheitliche Definitionen zur Verwendung von Identifikatoren im Gesundheitswesen erstellt werden können, benötigt es ein Konzept, das die Grundlagen liefert, um die Akteure im Gesundheitswesen vollständig, typisiert und eindeutig zu identifizieren. Das unter Einbezug der Behörden des Bundes und der Kantone sowie weiterer Akteure im Gesundheitswesen erarbeitete Konzept soll aufzeigen, welche organisatorischen, rechtlichen und technischen Grundlagen geschaffen werden müssen, um die Identifikation der Akteure zuverlässig und vollständig zu ermöglichen. Ziel ist es somit, dass die in den Registern der Gesundheitsfachpersonen (z. B. Medizinalberuferegister, Psychologieberuferegister, Gesundheitsberuferegister, Nationales Register der Gesundheitsberufe) benutzten Identifikatoren einheitlich und nach dem Once-Only-Prinzip definiert, erfasst und verwendet werden.

Förderung der Nutzung von digitalen Gesundheitsanwendungen Im Rahmen dieses Vorhabens soll geprüft werden, wo Handlungsbedarf besteht und allfällige Rechtsgrundlagen anzupassen
oder neu zu schaffen sind. Im engen Austausch mit den betroffenen Kreisen erarbeitet der Bund ­ wo notwendig und sinnvoll ­ innovative und nachhaltige prozessuale Lösungen für eine angemessene, rasche und effektive Inverkehrbringung, Marktüberwachung und Vergütung von sicheren und qualitativ einwandfreien digitalen Gesundheitsanwendungen.

56

SR 128

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Rechtsetzung «Digisanté» Alle Vorhaben im Programm «Digisanté» setzen eine umfassende Analyse der bestehenden Rechtsgrundlagen auf Verfassungs-, Gesetzes- und Verordnungsstufe voraus.

Die Schaffung neuer Rechtsgrundlagen muss im Rahmen der Konzeptualisierung der einzelnen Vorhaben geprüft und gegebenenfalls angegangen werden. Die juristische Begleitung der Vorhaben, bis hin zur Vorlage von Botschaften, ist insofern aufwendig und erfordert entsprechende Ressourcen.

Weitere Phasen: Die beiden nachfolgend beschriebenen Vorhaben, die später im Programm gestartet und umgesetzt werden, sind zwar definiert, aber aufgrund ihres späteren Starts und der langen Dauer des Programms noch wenig ausgearbeitet.

Pflege und Weiterentwicklung von bestehenden und zukünftigen Systemen der medizinischen Klassifikation Die Pflege und Weiterentwicklung der medizinischen Klassifikationen ist für die semantische Interoperabilität in den statistischen Anwendungsgebieten von entscheidender Bedeutung und trägt zur Mehrfachverwendung der Daten (Umsetzung des Once-Only-Prinzips) bei.

Bundesstelle für semantische Standards im Gesundheitswesen Mittels eines Prüfberichts soll eruiert werden, wie eine nationale Koordinationsstelle aufgebaut werden kann, die für eine systematisierte und einheitliche Pflege, Weiterentwicklung und Herausgabe von semantischen Standards im Gesundheitswesen zuständig ist. Bereits bestehende und zukünftige Aufgaben, die aktuell auf diverse Akteure wie beispielsweise das BFS, eHealth Suisse oder das BAG verteilt sind, sollen einheitlich im Rahmen einer Organisationsform bewirtschaftet werden Finanzen Die Arbeiten werden während der ganzen Umsetzungsdauer des Programms laufen (62,3 Mio. Fr.).

Nachfolgend werden die für die Umsetzung benötigten finanziellen Mittel dargestellt: Aufwände

Paket 1

Total in Tausend CHF

62 250

­ davon Personal

39 600

­ davon Entwicklung

5 760

­ davon Betrieb

2 380

­ davon übriger Sachaufwand

14 510

Anteil Verpflichtungskredit am Total

22 650

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3.2.3

Paket 2 «Nationale Infrastruktur»

Ausgangslage Basisdienste und Infrastrukturen bilden das Fundament eines effektiven und effizienten digitalen Gesundheitswesens und dessen technischer Umsetzung im Rahmen eines Datenraums Gesundheit. Sie sind eine essenzielle Voraussetzung dafür, dass die einzelnen Akteure im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und unter Respektierung der rechtlichen Rahmenbedingungen Daten sicher und zuverlässig erheben, teilen und nutzen können. Die Schlüsselkomponenten umfassen die konkreten Regelungen für die Teilnahme am Datenraum, die Weiterentwicklung der Register und den Aufbau von Basisdiensten. Diese Aspekte tragen dazu bei, den digitalen Datenraum im Gesundheitswesen funktional, skalierbar, interoperabel, sicher und vertrauenswürdig zu machen.

Der Aufbau dieser Komponenten im Rahmen des Programms «Digisanté» gründet sich auf der Feststellung, dass für Unternehmen und Private keine guten Geschäftsmodelle bestehen, um eine solche Infrastruktur für das digitale Gesundheitswesen (vgl. Ziff. 1.2.1) aufzubauen und zu erhalten. Zudem führt der Aufbau von Teillösungen auf dem freien Markt in der Regel dazu, dass sie nicht den gesamten Datenraum abdecken, was zu einer weiteren Fragmentierung und damit zur Erhöhung der Komplexität und der Gesamtkosten führt. Der Bund kann hier, ausgehend von den zur Erfüllung seiner Behördenaufgaben notwendigen Infrastrukturen (z. B. im Registerbereich), die entsprechenden Dienste entwickeln und bereitstellen.

Ziele Mit der Umsetzung der Vorhaben in diesem Paket soll gemäss den operativen Zielen die notwendige Infrastruktur geschaffen werden, damit im digitalen Gesundheitswesen auf der Basis einer sicheren Interoperabilität (operatives Ziel 2) eine rasche Umsetzung neuer, digitaler Gesundheitsdienste möglich wird. Dazu stehen im digitalen Gesundheitswesen gemeinsam nutzbare Basisdienste wie Register, Schnittstellen und Anwendungen zur Gewährleistung des sicheren Datenaustausches zur Verfügung. Sie können von allen Akteuren genutzt werden und schaffen neben der rein technischen Interoperabilität auch die entsprechenden technischen Voraussetzungen, um die organisatorische und semantische Interoperabilität zu vereinfachen und die rechtliche Interoperabilität (beispielsweise im Bereich der spezifischen Zugriffsrechte für jeden Akteur) für den gesamten Datenraum sicherzustellen.

Massnahmen
Aufbau der Gouvernanz-Strukturen: Ausgebaute Gouvernanz-Strukturen sind unverzichtbar, um die Qualität, Konsistenz, Sicherheit und Verfügbarkeit der Daten im Datenraum Gesundheit sicherzustellen. Gemeint ist damit das Gesamtkonzept von Richtlinien, Regeln, Standards, Prozessen und Verantwortlichkeiten, die den Umgang mit Daten im Datenraum bestimmen. In der Konzeption werden zahlreiche Aspekte berücksichtigt, um eine effektive und effiziente Nutzung der Daten dauerhaft zu gewährleisten. Datensicherheit und Datenschutz sind dabei zwei der wichtigsten Aspekte der Daten-Gouvernanz. Sie zielen darauf ab, die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit von Daten zu gewährleisten und personenbezogene Daten zu schützen.

Daten müssen gegen unautorisierten Zugriff, Diebstahl, Verlust, Manipulation und 37 / 78

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Datenschutzverletzungen geschützt werden. Mit diesen Vorgaben werden gleichzeitig auch die Rechte und die Privatsphäre der betroffenen Personen geschützt.

Weiterentwicklung der Gesundheitsregister: Für einen funktionierenden Datenraum ist die Qualität der Daten ein wichtiger Aspekt. Die bestehenden Bundesregister im Gesundheitswesen sind bereits heute verlässliche und autoritative Quellen, sie sollen aber in bestimmten Bereichen (Spitalregister, Leistungserbringerregister, Gesundheitsberuferegister) ergänzt respektive qualitativ verbessert werden. Dazu gehört auch der Aufbau eines Organ- und Gewebespenderegisters zur Umsetzung der Widerspruchslösung, in dem die Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz ihren Willen äussern können. Zentraler Aspekt der Arbeiten ist die Harmonisierung und gegenseitige Abstimmung der verschiedenen neuen und bestehenden Register, um eine systematische Nutzung von eindeutig definierten Stammdaten* und Identifikatoren der Institutionen, Organisationen und Fachpersonen in der Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Die Wirkung dieser Arbeiten entfaltet sich besonders im Bereich der Forschung, aber auch im Rahmen des EPD, der Epidemiologie, der Statistik und Versorgungsforschung sowie bei der administrativen Überwachung und im Vollzug der Behördenaufgaben.

Entwicklung und Aufbau von Basisdiensten: Hiermit sollen Dienste entwickelt werden, die den Zugang zu weiteren Services und Anwendungen des Datenraums sicherstellen beziehungsweise ermöglichen. Dabei handelt es sich beispielsweise um einen Dienst für die Protokollierung von Zugriffen gemäss den Anforderungen der neuen Datenschutzgesetzgebung oder um die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen für die Autorisierung der Benutzerinnen und Benutzer nach dem Ansatz einer Vertrauensinfrastruktur. Beide Dienste werden auch zur Erfüllung von Leistungen der Bundesstellen benötigt. Ein weiteres Beispiel ist der zentrale Dienst zur Verwaltung der Einwilligung von Patientinnen und Patienten zur Nutzung ihrer Daten für medizinische Forschung oder ihre Weitergabe an andere Gesundheitsdienstleistende.

Zudem können als Beispiele die Nutzung der bereits bestehenden I14Y-Plattform des BFS für die Dokumentation von Metadaten* (Beschreibungen der Daten und der Zugriffsmöglichkeiten via Schnittstellen) oder das Verzeichnis der Patientinnen
und Patienten (sog. Master Patient Index), mit dem Patientinnen und Patienten über Systemgrenzen hinweg sicher und vertraulich identifiziert werden können, genannt werden.

Portfolio der Vorhaben Das Paket «Nationale Infrastruktur» umfasst eine Vielzahl von verschiedenen Vorhaben.

Nachfolgend findet sich eine Übersicht über diejenigen Vorhaben, die nach jetzigem Wissensstand direkt zu Beginn des Programms oder sehr früh im Programm gestartet beziehungsweise bearbeitet werden.

Aufbau eines Spitalregisters (Spireg) Bei diesem Vorhaben geht es um den Aufbau eines Registers, das sämtliche Listenund Nichtlistenspitäler erfasst. Dabei sollen die Spitalunternehmen und deren Standorte abgebildet werden. Es ist eine Massnahme aus dem Bundesratsbericht zur Ver38 / 78

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besserung des Datenmanagements, mit deren Umsetzung eine gemeinsame Basis für datenbasierte Prozesse und Analysen geschaffen wird. Dazu sollen zukünftig alle Akteure die Identifikatoren für Spitäler in der Schweiz aus einem öffentlichen und aktuellen Spitalregister verwenden. Durch die Verwendung der gleichen Identifikatoren für Spitäler wird die Interoperabilität des Schweizer Gesundheitswesens verbessert. Das Spitalregister unterstützt unter anderem das Informations- und Einsatzsystem, die Spitalplanung und die Umsetzung des EPD und berücksichtigt die Ziele des Programms «NaDB» und das Once-Only-Prinzip.

Organ- und Gewebespenderegister Das Schweizer Volk hat die Widerspruchslösung betreffend Organspende am 15. Mai 2022 angenommen. Der Bund wird nun ein Organ- und Gewebespenderegister schaffen. Denn wer seine Organe, Gewebe oder Zellen im Todesfall nicht spenden möchte, muss unter der Widerspruchslösung die Möglichkeit haben, seinen Widerspruch verbindlich festzuhalten, was durch ein Register erleichtert werden soll. Neben dem Festhalten eines Widerspruchs soll es weiterhin möglich sein, auch einer Entnahme generell zuzustimmen oder diese nur auf einzelne Organe oder Gewebe zu beschränken.

Das Register muss für die gesamte Schweizer Bevölkerung zugänglich sein. Ein wichtiger Kernpunkt hier ist das Consent Management*.

Leistungserbringerregister (Lereg) Das Parlament entschied im Rahmen der Änderung des KVG vom 19. Juni 202057 zur Zulassung von Leistungserbringern, ein Register über die zugelassenen Leistungserbringer im ambulanten Bereich des KVG einzuführen. Das Register dient dem interkantonalen Informationsaustausch über zugelassene Leistungserbringer und getroffene Massnahmen oder Sanktionen sowie der Information der Versicherer und der Versicherten, statistischen Zwecken und der Festlegung der Höchstzahlen von zugelassenen Leistungserbringern. Es definiert erstmals die Gesamtheit von Leistungserbringern im ambulanten Bereich des KVG (ohne Spitäler, Geburtshäuser, Pflegeheime, Heilbäder). Damit stellt es eine notwendige Ergänzung zu den bestehenden Registern dar, die dem effizienten Vollzug des KVG und gleichzeitig der Interoperabilität des Gesundheitswesens dient.

Terminologieserver der nationalen Gesundheitsdiensteinfrastruktur Ein mit dem Sendersystem interoperables Empfängersystem soll
eine Nachricht nicht nur technisch verarbeiten (speichern, weiterleiten usw.), sondern auch deren Bedeutung (semantischen Inhalt) erkennen können. Je vernetzter das Gesundheitswesen wird, desto wichtiger ist die Einigung auf semantische Standards, um die Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen zu ermöglichen. Nun soll es das Ziel sein, dass alle Anbieter eines Systems die gleichen Daten nutzen, also die gleichen semantischen Standards verwenden. Der Bund entwickelt in Abstimmung mit Deutschland und Österreich diese Standards und baut eine zentrale Verwaltung auf der I14Y-Plattform auf.

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AS 2021 413

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Registerdienste der nationalen Gesundheitsdiensteinfrastruktur Für den Datenaustausch im Datenraum Gesundheit ist eine Basisinfrastruktur nötig, die Regeln und Bedingungen für die Teilnahme definiert. Die Basisinfrastruktur muss auch bestimmte Dienste bereitstellen, die von allen anderen Diensten des Datenraums genutzt werden können beziehungsweise müssen. Ein wesentlicher Aspekt des Datenaustausches ist die Möglichkeit der Identifikation und Auffindbarkeit der beteiligten Akteure (Gesundheitsfachpersonen, Patientinnen und Patienten, Gruppen von Gesundheitsfachpersonen und Institutionen).

Gouvernanzmodell der nationalen Gesundheitsdiensteinfrastruktur Für die Basisinfrastruktur des Datenraums Gesundheit sind Regeln, Richtlinien und Prozesse notwendig, um einen sicheren und nachhaltigen Datenaustausch im Datenraum sicherzustellen.

Infrastruktur für Entwicklung und Betrieb von Diensten im Datenraum Gesundheit Für den Datenraum Gesundheit ist die Bereitstellung der obengenannten Dienste notwendig, um einen standardisierten, sicheren Datenaustausch zu ermöglichen beziehungsweise zu unterstützen. Damit diese Dienste operationalisiert und betrieben werden können, muss eine Betriebsinfrastruktur bestehend aus Prozessen, Überwachung und Hosting erarbeitet werden.

Weitere Phasen: Die nachfolgend beschriebenen Vorhaben, die später im Programm gestartet und umgesetzt werden, sind zwar definiert, aber aufgrund ihres späteren Starts und der langen Dauer des Programms noch wenig ausgearbeitet.

Harmonisierung der Gesundheitsberuferegister Es gibt vier verschiedene Personenregister für die Gesundheitsberufe. Die entsprechenden Registerverordnungen sind historisch gewachsen und nur teilweise aufeinander abgestimmt. Abweichungen gibt es beispielsweise beim Inhalt der Register. Die unterschiedlichen Regelungen führen zu unterschiedlichen Handhabungen, weshalb die Register, soweit sinnvoll, harmonisiert werden sollen.

Dienste für die Unterstützung des Datenaustausches Es gibt viele verschiedene lokalgenutzte digitale Dienste, die die Kommunikation zwischen den Leistungserbringern unterstützen, aber nicht interoperabel sind und somit nur zwischen den Teilnehmenden des gleichen lokalen Netzwerks funktionieren.

Es braucht eine Prüfung der gesetzlichen Vorgaben, eine Definition der Austauschformate und Schnittstellenspezifikationen.

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Basisdienste der nationalen Gesundheitsdiensteinfrastruktur Für das Ökosystem sind digitale Basisdienste (Schaffung von IT-Grundlagen) nötig.

Diese beinhalten zum Beispiel die Authentifizierung (Sicherstellung der Identität) und Autorisierung (Sicherstellung der Zugriffsberechtigung). Diese beiden Basisdienste werden mit den aktuellen Arbeiten in Bezug auf die elektronische Identität und dem Authentifizierungsdienst der Digitalen Verwaltung Schweiz eng abgestimmt. Des Weiteren beinhalten die Basisdienste einen Dienst für die Verwaltung der Einwilligung von Patientinnen und Patienten (sog. Consent Management).

Register betreffend die Gesundheitsversorgung Dieses Vorhaben ist weiter gefasst als die Harmonisierung der Gesundheitsberuferegister. Es hat die Harmonisierung aller Behördenregister betreffend die Institutionen, Organisationen und Gesundheitsfachpersonen zum Ziel.

Finanzen Die Arbeiten werden während der ganzen Umsetzungsdauer des Programms laufen (82,4 Mio. Fr.).

Nachfolgend werden die für die Umsetzung benötigten finanziellen Mittel dargestellt: Aufwände

Paket 2

Total in Tausend CHF

82 375

­ davon Personal

17 082

­ davon Entwicklung

36 130

­ davon Betrieb

18 913

­ davon übriger Sachaufwand

10 250

Anteil Verpflichtungskredit am Total

65 293

3.2.4

Paket 3 «Behördenleistungen digitalisieren»

Ausgangslage Im Bereich des Gesundheitswesens sind viele Behördenleistungen des Bundes (Aufgaben in Bundeskompetenz) heute nicht oder nur unvollständig digitalisiert und auch nur wenig konsolidiert. Die digitale Transformation dieser Leistungen ist aber eine zentrale Vorbedingung, um die entsprechende Aussenwirkung zu erzielen und die Anschlussfähigkeit an die Lösungen der weiteren Akteure im Gesundheitswesen sicherzustellen. Heute kann es beispielsweise sein, dass entweder Formulare noch per Hand ausgefüllt und per Post eingereicht werden müssen oder dass diese zwar online ausgefüllt werden können, am Schluss aber handschriftlich unterschrieben und per Post versendet werden müssen. Solche Medienbrüche führen zu mehr Arbeit ­ in der Ver41 / 78

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waltung, der Ärzteschaft oder bei den Krankenversicherern. Zudem können sie auch eine Fehlerquelle darstellen.

Insgesamt stellen die Informationssysteme des Bundes im Datenraum Gesundheit einen zentralen Faktor dar. Über sie laufen viele Datenflüsse für das Monitoring, die Register, die Bewilligungs- und Meldeverfahren sowie die Aufsicht. Sie müssen nun konsequent auf das Zielbild eines digitalen Gesundheitswesens ausgerichtet werden.

Wenn also beispielsweise gewisse Standards festgelegt werden, dann müssen diese auch vom Bund umgesetzt werden, was nur möglich ist, wenn die bundesinternen Systeme dazu in der Lage sind.

Damit kann eine wichtige Signalwirkung für das gesamte Gesundheitswesen erreicht und die Grundlage für die in vorliegendem Programm mittelfristig beabsichtigte gemeinsame Entwicklung von Lösungen in Zusammenarbeit mit den Kantonen geschaffen werden.

Ziele Der Bund erbringt gemäss der Legislaturplanung 2019­2023 seine staatlichen Leistungen effizient und möglichst digital. Soweit sinnvoll sollen Vereinheitlichungen und Synergien innerhalb der Bundes-IT vorangetrieben werden. Das Ziel der Digitalisierung der Behördenleistungen ist eine Qualitäts- und Effizienzsteigerung des Datenaustausches mit den Behörden. Zusätzlich sollen die Arbeiten aber auch zu einer besseren Datengrundlage für Entscheide der Politik führen, da die Daten evidenzbasiert sind, schneller übermittelt werden und vollständig zur Verfügung stehen. Zudem wird mit dem Ausbau des digitalen Leistungsangebots des BAG und des BFS auch der Rückstand zu den relevanten Angeboten in den umliegenden Ländern aufgeholt und die digitale Kommunikation der Bundesbehörden mit der privaten und öffentlichen Gesundheitswirtschaft vereinfacht und effizienter gestaltet.

Massnahmen beziehungsweise Portfolio der Vorhaben Das Paket «Voraussetzungen für die digitale Transformation» umfasst eine Vielzahl von verschiedenen Vorhaben. Die Massnahmen entsprechen hier direkt den einzelnen Vorhaben.

Nachfolgend findet sich eine Übersicht über diejenigen Vorhaben, die nach jetzigem Wissensstand direkt zu Beginn des Programms oder sehr früh im Programm gestartet beziehungsweise bearbeitet werden.

Plattform für die Überwachung und Meldung übertragbarer Krankheiten: Die elektronische Verwaltung von Daten über übertragbare Krankheiten erfolgt heute
isoliert und je nach Bedarf ohne Integration oder Konsolidierung der Systeme. Die Covid-19-Pandemie hat jedoch gezeigt, dass die Verwaltung dieser Daten wichtig und eine Konsolidierung der Systeme nötig ist, da ansonsten die notwendigen Daten nicht schnell und präzise genug vorliegen. Die derzeitigen Systeme sind am Ende ihres Lebenszyklus. Ziel des Vorhabens ist eine Ablösung der bestehenden Systeme für die obligatorischen Meldungen durch die Kantone und den Bund, basierend auf den Erkenntnissen aus der Pandemie. Des Weiteren sollen der Antibiotikaverbrauch, die antimikrobiellen Resistenzen und das Abwassermonitoring überwacht und die Sentinel-Überwachung integriert werden. Die Realisierung dieser Plattform ist eine Grund42 / 78

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voraussetzung für die Umsetzung des sich in Revision befindenden EpG58 und soll dessen Bedürfnissen gerecht werden sowie auf zukünftige Bedürfnisse vorbereiten.

Erneuerung des Informationssystems Aufsicht der Krankenversicherung (ISAK): Alle relevanten Informationen zu einer Krankenversicherung sollen in einem System bereitgestellt und abgerufen werden können. Der aktuelle Status eines Geschäftsprozesses der Aufsicht bezüglich einer Versicherung kann jederzeit und unmittelbar eingesehen werden. Die Aufgaben und Prozesse sind soweit möglich digitalisiert und automatisiert. Es soll ein neues System entwickelt werden, das den Bedürfnissen der Benutzenden entspricht und leicht an künftige Anforderungen angepasst werden kann. Dabei werden aktuelle Ineffizienzen und Medienbrüche, wenn möglich und wirtschaftlich sinnvoll, eliminiert und eine zeitgemässe Arbeitsweise etabliert.

Spitalstationäre Gesundheitsversorgung (Spiges): Das Projekt Spiges zielt auf die Vereinfachung der Datenerhebung und -nutzung im Bereich der spitalstationären Gesundheitsversorgung ab. Momentan erheben verschiedene nationale Institutionen Daten mit unterschiedlichen Definitionen zu denselben Themen. Das ist für alle Beteiligten aufwendig und führt zu Doppelspurigkeiten und Abweichungen. Mit Spiges koordiniert das BFS die vielfältigen Anliegen aller Akteure in der spitalstationären Gesundheitsversorgung. Ein einheitlicher Datensatz einschliesslich Nomenklaturen* und Klassifikationen für die tarifliche und medizinische Anwendung ermöglicht es im Gesundheitswesen erstmals, dass Kantone, Spitäler und Versicherungen in einem Tool die Datenerhebung sowie ihre Validierung und Freigabe sicherstellen. Diese Plattform spielt eine zentrale Rolle für die Umsetzung des Once-Only-Prinzips und erhöht die Transparenz, weil Spitaldaten nur einmal, aber für verschiedene Verwendungszwecke erhoben werden. Das Projekt wurde bereits 2020 gestartet (Programm NaDB). In der ersten Etappe bis Ende 2024 werden die konzeptuellen Grundlagen geschaffen und die technischen Minimalanforderungen umgesetzt, um die Plattform mit Daten von stationären Patientinnen und Patienten in Betrieb zu nehmen. Es sind budgetierte Ausgaben in Höhe von 3,5 und 2,2 Millionen Franken für Sach- und Personalaufwand geplant. Das Projekt wird ab 2025 in das Programm «Digisanté»
integriert. In der nächsten Etappe ab 2025 wird die Spiges-Plattform weiterentwickelt und sämtliche technischen Anforderungen werden umgesetzt, um die Betriebs-, Personalund Finanzdaten der Spitalunternehmen sowie die Daten von Patientinnen und Patienten bei ambulanten Spitalaufenthalten in die Prozesse und Gouvernanz von Spiges zu integrieren.

Elektronische Plattform Leistungen (EPL): Basierend auf Artikel 52 Absatz 1 Buchstaben a Ziffer 2 und b KVG und der Verordnung vom 27. Juni 199559 über die Krankenversicherung (KVV) ist das BAG verpflichtet, eine Liste aller vergütungspflichtigen pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel (Spezialitätenliste) sowie eine Liste der in der Rezeptur verwendeten Präparate, Wirk- und Hilfsstoffe mit Tarif über eine öffentliche Plattform online (Art. 71 Abs. 6 KVV) zur Verfügung zu stellen. Ausserdem erlässt das EDI, basierend auf Artikel 52 Absatz 1 58

59

Vernehmlassung geplant; kann abgerufen werden unter: www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > geplante Vernehmlassungen > EDI > Teilrevision des Bundesgesetzes über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz).

SR 832.102

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Buchstabe a Ziffer 3 KVG, Bestimmungen über die Leistungspflicht und den Umfang der Vergütung von der Untersuchung oder Behandlung dienenden Mitteln und Gegenständen. Die IT-Anwendungen «Spezialitätenliste» und «Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre» des BAG müssen aufgrund veralteter Technologien neu entwickelt werden. Die aktuell eingesetzten IT-Anwendungen sind am Ende ihres Lebenszyklus und werden durch den Anbieter nur noch vorübergehend weiterbetrieben. Mit der Erneuerung sollen zudem Synergien mit anderen Prozessen genutzt, die Mittel- und Gegenständeliste integriert und die Grundlage für die Einbindung weiterer Prozesse zur Listung von OKP-Leistungen (z. B. Analyseliste) gelegt werden.

Once-Only-Prinzip bei Datenflüssen: Dieses Vorhaben hat zum Ziel, das OnceOnly-Prinzip bei Datenflüssen in der Gesundheitsversorgung umzusetzen und Datengrundlagen für die Mehrfachnutzung durch die verschiedenen Behörden und Institutionen zur Erfüllung ihrer Gesetzesaufgaben zu schaffen. In erster Linie sind die Aufgaben der Bundesstatistik sowie des Vollzugs des KVG (z. B. Entwicklung und Pflege von Tarifstrukturen und Überwachung der Qualität der Leistungen) zu unterstützen, da die dafür erforderlichen Daten ähnlich in ihrer Struktur und ihrem Inhalt sind und von der gleichen Quelle stammen. Gestützt auf die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Projekt Spiges werden bestehende Datenflüsse optimiert und gemäss dem Bedarf an benötigten Daten in den Sektoren der ambulanten Versorgung oder der Pflege erweitert. Wie im Projekt Spiges koordiniert das BFS das Anliegen mit den verschiedenen Stakeholdern (Datenlieferanten und Datennutzende), um gemeinsame Regeln und Lösungen zu vereinbaren.

Elektronische Portale Gesundheit und Umwelt (EPGU): Das Digitalisierungsprogramm E-Portale Gesundheit und Umwelt unterstützt Fachbereiche der Bundesverwaltung bei der Bewältigung der digitalen Transformation durch die Entwicklung und den Betrieb von IT-Fachanwendungen. Die Anwendungen ermöglichen im Kern das Management von Melde- und Bewilligungsprozessen sowie von Datenerhebungen.

Zum Portfolio gehören aktuell: das Chemikalienprodukteregister, das Radiation Portal Switzerland, das Dosimetrieportal, das Portal für nicht ionisierende Strahlen, das Meldeprotal für Cannabisarzneimittelabgaben, das Portal für
Bewilligungs- und Meldeprozesse im Bereich der Transplantationen, die Radondatenbank, das Portal für Vernehmlassungen, das Meldeportal für Tabakprodukte und das Portal für Erhebungen zum Beispiel in Zusammenhang mit genetischen Untersuchungen beim Menschen. Im Rahmen der Weiterentwicklung sollen weitere Bewilligungs- und Meldeprozesse aufgenommen werden, wobei im Zentrum der Ansatz steht, dass gleichartige Prozesse auch gleich umgesetzt werden (Synergiepotenzial).

Vigilanzmeldesystem in der Transplantation: Im Rahmen der laufenden Teilrevision des Transplantationsgesetzes60 wird vorgeschlagen, ein Vigilanzmeldesystem einzuführen, um die Sicherheit und Qualität im Bereich der Transplantationsmedizin weiter zu erhöhen. Denn in der Schweiz ist aktuell einzig für Transplantatprodukte ein Meldesystem für unerwünschte Vorkommnisse gesetzlich geregelt. Es fehlt jedoch eine Pflicht zur Meldung schwerwiegender unerwünschter Ereignisse in der Organ-, Gewebe- und Blutstammzelltransplantation. Das Vigilanzmeldesystem soll bestmöglich in die bereits bestehenden Strukturen der Transplantationsmedizin inte60

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griert werden und auf bestehenden Prozessen aufbauen, um den zusätzlichen Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten so niedrig wie möglich zu halten. Beim Vigilanzmeldesystem handelt es sich um eine digitale Lösung, die es den verschiedenen Stakeholdern (meldende Institutionen, Vigilanzstellen und BAG) erlaubt, ohne Medienunterbrüche zusammenzuarbeiten und so die Qualität und Sicherheit von Organ-, Gewebe- und Zelltransplantationen zu verbessern.

Todesursachen- und Todesfallstatistik: Die Todesursachenstatistik ist eine der ältesten nationalen Statistiken der Schweiz. Sie stellt die Basis für die Beurteilung des Sterbegeschehens auf nationaler, regionaler und demografischer Ebene sowie des Spektrums an Todesursachen im Zeitverlauf und im internationalen Vergleich dar.

Zusammen mit der zeitnahen Überwachung der Todesfälle ist sie ein Kernbestandteil der informationellen Infrastruktur zur Beschreibung der Gesundheit der Bevölkerung.

Innerhalb des Programms «Digisanté» soll durch die Integration automatisierter Kodierungssysteme und die entsprechende Datenanalyse eine zeitnahe automatisierte Kodierung umgesetzt werden. Erreicht wird dies durch die vollständige Umstellung von papierbasierten auf digitalisierte Prozesse, von der Erhebung über das Rückfragenmanagement bis zur statistischen Auswertung, einschliesslich der Publikation von OGD und der Metadatenverwaltung I14Y.

Digitalisierung des Vollzugs des Medizinalberufegesetzes: Ausländische Diplome und Weiterbildungstitel werden durch die Medizinalberufekommission anerkannt, wenn mit dem betreffenden Staat ein Abkommen über die gegenseitige Diplomanerkennung besteht. Zurzeit müssen die Gesuchstellenden originalbeglaubigte Kopien der verlangten Unterlagen einreichen. Damit soll verhindert werden, dass gefälschte oder abgeänderte Dokumente eingereicht werden. Die eingereichten Dokumente werden in Meduse erfasst, damit können alle erforderlichen Briefe und Verfügungen via Meduse erstellt und Gebührenrechnungen ausgelöst werden. Mit der neuen Gesundheitsberufeplattform, die im Herbst 2022 eingeführt wurde, werden die erstellten Briefe und Verfügungen via Schnittstelle automatisiert im Geschäftsverwaltungstool der Bundesverwaltung gespeichert. Ziel dieses Vorhabens ist es nun, auch noch den Prozess der Gesuchseinreichung zu digitalisieren. Die ausländischen
Gesuchstellenden sollen ihre Gesuche samt den notwendigen Unterlagen digital via Gesuchsplattform einreichen können.

Erneuerung des Prämienrechners (Priminfo): Das BAG bietet der Bevölkerung mit dem Prämienrechner eine Informationsplattform zu den aktuellen Krankenkassenprämien, die jedes Jahr im Herbst neu veröffentlicht werden. Der Prämienrechner erlaubt es der Bevölkerung, alle Prämien aller Modelle und Versicherungen in ihrem Wohngebiet aufzulisten und zu vergleichen. Die Applikation wird zurzeit von einem externen Anbieter betrieben. Der Vertrag mit diesem läuft Ende 2026 aus. Dieser Zeitpunkt soll genutzt werden, um eine umfassende Analyse von Priminfo vorzunehmen.

Es soll eine Umfeld- und Technologieanalyse durchgeführt werden. Basierend darauf sollen dann Varianten für technische Lösungen aufgezeigt werden, sowie der Entscheid, ob der Auftrag extern (öffentliche Ausschreibung) oder intern (BIT als Leistungserbringer) vergeben wird, gefällt werden.

Monitoring der Pflicht zur Weitergabe von Vergünstigungen gemäss KVG: Die Aufsicht und der Vollzug betreffend die Pflicht zur Weitergabe von Vergünstigungen bei Arzneimitteln sowie bei Mitteln und Gegenständen bei betroffenen Leistungser45 / 78

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bringern ist bei weit über 30 000 Leistungserbringern flächendeckend ohne technische Unterstützung weder ökonomisch sinnvoll, noch wäre es mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu bewältigen. Für die Operationalisierung der gesamten Daten soll deshalb ein digitales Monitoring-Tool aufgebaut und verwendet werden. Aktuell besteht keine Möglichkeit der eigenständigen Datenerhebung zur Auswahl von zu kontrollierenden Leistungserbringern. Zudem weisen risikobasierte Kontrollen eine höhere Glaubwürdigkeit und Objektivität auf und werden in der Regel auch besser akzeptiert als Kontrollen, die auf willkürlich oder subjektiv ausgewählten Stichproben basieren. So soll ein digitales Tool die effiziente und vor allem nachvollziehbare Analyse von grossen Datenmengen ermöglichen.

Krebsregistrierungssoftware: Das Krebsregistrierungsgesetz regelt unter anderem die Erhebung, Meldung und Registrierung von Krebserkrankungen sowie die (weitgehend elektronische) Übermittlung der entsprechenden Daten zwischen den meldepflichtigen Institutionen und den kantonalen sowie nationalen Vollzugsstellen. Gemäss Artikel 27 Buchstabe c der Krebsregistrierungsverordnung vom 11. April 201861 stellt die nationale Krebsregistrierungsstelle den kantonalen Krebsregistern die für die Registrierung erforderliche Software zur Verfügung. Diese Software wird seit 2018 vom BAG in Zusammenarbeit mit dem BIT entwickelt und laufend erweitert und angepasst, dies unter Einbezug der neu zu definierenden Standards.

Ausnahmebewilligungen für Betäubungsmittel (Autostup): Für die administrative Steuerung und Kontrolle der Vollzugsaufgaben des Betäubungsmittelgesetzes wurde 2016 die Fachapplikation Vollzug BetmG für die heroingestützte Behandlung und Ausnahmebewilligung eingeführt. Für die erste Version der Fachapplikation wurde zugunsten einer kürzeren Entwicklungsdauer und geringerer Kosten bewusst auf eine Digitalisierung der zugehörigen Geschäftsprozesse verzichtet. Bis dato wurden die Applikationen nur marginal weiterentwickelt. Vielen Anforderungen an die Benutzerfreundlichkeit oder die Abbildung der Bearbeitungsprozesse werden nicht erfüllt. Insgesamt entspricht das System den heutigen Anforderungen an die digitale Geschäftsbearbeitung nicht. Das System soll entweder erneuert oder neu entwickelt werden.

Mit dem neuen System sollen die
Geschäftsprozesse digitalisiert und die Funktionalität den neuen fachlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden.

Schweizerisches Organzuteilungssystem: Das Schweizerische Organzuteilungssystem wird ständig weiterentwickelt und wurde über die Jahre immer komplexer. Dies hauptsächlich, um die gesetzlichen Anforderungen bezüglich der Zuteilungsregeln umzusetzen. Das System muss erneuert werden, da es die Nutzeranforderungen nicht mehr erfüllt und der Support nicht garantiert wird. So können im Verlauf der Zeit Sicherheitsprobleme entstehen.

Weitere Phasen: Das nachfolgend beschriebene Vorhaben, das später im Programm gestartet und umgesetzt wird, ist zwar definiert, aber aufgrund seines späteren Starts und der langen Dauer des Programms noch wenig ausgearbeitet.

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SR 818.331

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Datenlandschaft der Gesundheitsversorgung Es soll eine Infrastruktur zur Erhebung, Validierung beziehungsweise Plausibilisierung, Bearbeitung und Nutzung von Daten der Leistungserbringer (Patienten- und Strukturdaten) aufgebaut werden. So soll die Nutzung und Weiterentwicklung der Plattform aus dem Spitalsektor (Projekt Spiges) nach ihrer Inbetriebnahme gewährleistet werden. Insbesondere ist in diesem Vorhaben geplant, die Handlungsfelder des Berichts «Kohärente Datenstrategie für das Gesundheitswesen» in Erfüllung des Postulats 18.4102 aufzunehmen.

Finanzen Die Arbeiten werden während der ganzen Umsetzungsdauer des Programms laufen (217,1 Mio. Fr.).

Nachfolgend werden die für die Umsetzung benötigten finanziellen Mittel dargestellt: Aufwände

Paket 3

Total in Tausend CHF

26 820

­ davon Personal ­ davon Entwicklung

137 826 43 884

­ davon Betrieb ­ davon übriger Sachaufwand Anteil Verpflichtungskredit am Total

3.2.5

217 110

8 580 190 290

Paket 4 «Sekundärnutzung für Planung, Steuerung und Forschung»

Ausgangslage Mit den in den vorhergehenden Ziffern dargestellten Vorhaben werden sich die Möglichkeiten für die Erhebung, die Sammlung und die Verknüpfbarkeit von Gesundheitsdaten verbessern. Diese Potenziale sollen im Rahmen der datenschutzrechtlichen Vorgaben für die nicht personenbezogene Sekundärnutzung sukzessive genutzt werden.

Damit soll den deutlichen Forderungen aus der Forschung und der Pharmaindustrie Rechnung getragen werden. Wie der Bundesrat in seinem Bericht in Erfüllung des Postulats Humbel 15.4225 «Bessere Nutzung von Gesundheitsdaten für eine qualitativ hochstehende und effiziente Gesundheitsversorgung»62 festgehalten hat, besteht heute dringender Bedarf, die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von gesundheitsbezogenen Daten für die Forschung und auch für die Planung und Steuerung des Gesund62

Bessere Nutzung von Gesundheitsdaten für eine qualitativ hochstehende und effiziente Gesundheitsversorgung ­ Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 15.4225 Humbel vom 18.12.2015; kann abgerufen werden unter: www.parlament.ch.

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heitswesens zu verbessern. Zu ähnlichen Schlüssen gelangt auch der Forschungsbericht zu den Daten betreffend die Gesundheitsversorgung im Rahmen des Forschungsprogramms NFP 74.63 Demnach werden zwar in der Schweiz viele Gesundheitsdaten im Rahmen der klinischen Versorgung oder zur Erfüllung regulatorischer Anforderungen (z. B. im Rahmen der Rechnungsstellung) gesammelt und gespeichert ­ und liegen damit auch in digitaler Form vor ­, diese Daten liegen jedoch oft in unverbundenen, inkonsistenten «Datensilos», die jeweils ihre eigenen Prozesse und Verfahren für die Nutzbarmachung der Daten haben. Das BFS hat grundsätzlich zwar heute bereits die Möglichkeit, Daten aus unterschiedlichen Quellen zu nutzen und diese auch zu verknüpfen sowie der Forschung zur Verfügung zu stellen. Zudem stellt ab 2025 das transitorisch bei der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften angesiedelte SPHN-DCC als Weiterführung der Aktivitäten des SPHN komplementäre Infrastrukturen zur Verfügung, mit denen Daten aus dem klinischen Bereich für die Forschung genutzt werden können. Diese Angebote müssen aber weiter ausgebaut, besser aufeinander abgestimmt, skalierbar ausgestaltet und verstetigt werden, damit die in den Berichten gezeigten Potenziale gezielt genutzt werden können. Dazu müssen auch rechtliche Fragen in Bezug auf die Verknüpfung von Daten ­ beispielsweise betreffend das Zusammenspiel zwischen dem DSG, dem HFG und dem BStatG oder die Möglichkeit eines eindeutigen Personenidentifikators ­ weiter bearbeitet und geklärt werden.

Ziele Mit den Vorhaben in diesem Paket sollen die organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen für die Sekundärnutzung von Daten für die Planung, Steuerung und die verschiedenen Formen der Forschung (z. B. akademische, industrielle oder Ressortforschung) ausgebaut und verbessert werden. Weiter werden auch die rechtlichen Grundlagen erarbeitet, um die Umsetzung der Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates 22.3890 «Rahmengesetz für die Sekundärnutzung von Daten» voranzutreiben. Diese Daten umfassen sowohl die Daten zum Gesundheitszustand von Personen (z. B. Routinedaten aus der ambulanten oder stationären Versorgung) als auch die in der Strategie «Gesundheit 2030» hervorgehobenen Gesundheitsdeterminanten (z. B. Alter, Geschlecht oder
Arbeitssituation). Zudem sind Daten zur Beschreibung des Gesundheitswesens selber (z. B. zu gesundheitsbezogenen Leistungsangeboten und Leistungsbezügen) enthalten. Ziel ist die Nutzung des grossen Spektrums an gesundheitsrelevanten Daten im Sinne der Strategie «Gesundheit 2030». Mit den Vorhaben in diesem Paket werden daher Massnahmen umgesetzt, die einerseits die Datennutzung für die Planung und Steuerung des Gesundheitswesens durch die Behörden und die beteiligten Akteure und andererseits den Zugang zu gesundheitsrelevanten Daten für Forschende aus der akademischen und der privatwirtschaftlichen Forschung verbessern sollen. Die Datengrundlagen und Analysemöglichkeiten bei zentralen Fragestellungen sollen verbessert werden, beispielsweise in Bereichen wie dem Krebsmonitoring oder betreffend die Daten der Krankenversicherer. Dabei sollen insbesondere auch neue datenwissenschaftliche 63

Synthesis Working Paper: Health Care Data von NFP74, S. 27: Zwei Schlüssel-Empfehlungen: Unique Personal Identifier und Nationale Organisation für die Koordination von Gesundheitsdaten; kann abgerufen werden unter: www.nfp74.ch > Ergebnisse.

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Ansätze genutzt, entsprechende Plattformen aufgebaut und die Daten, wenn immer möglich, als OGD zur Verfügung gestellt werden. In ihrer Gesamtheit soll die Umsetzung dieser Ziele insbesondere auch dazu führen, dass im Pandemiefall die notwendigen Daten- und Entscheidungsgrundlagen deutlich schneller und differenzierter bereitgestellt werden können.

Massnahmen Erweiterte Sekundärnutzung der Gesundheitsdaten: Hier geht es im Rahmen eines gestaffelten Aufbaus um die Weiterentwicklung der technischen, organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, mit denen die mehrfache Nutzung dieser Daten ermöglicht wird. Zentrale Elemente sind dabei der weitere Ausbau der Angebote des BFS und des SPHN-DCC, die Nutzung der im Rahmen der in Ziffer 3.2.3 dargestellten Basisdienste (z. B. zur Verwaltung von Einwilligungen betroffener Personen in die Nutzung ihrer Daten für Forschungszwecke), die Ausrichtung auf die sogenannten «FAIR»-Datenprinzipien (Daten sollen auffindbar, zugänglich, interoperabel und mehrfach nutzbar gemacht werden) oder die Verwendung eines eindeutigen Personenidentifikators als Grundlage für die Verknüpfung von Daten aus verschiedenen Bereichen. Das Ziel ist die Bereitstellung einer Plattform und fachlicher Dienstleistungen zur Vernetzung von Datenproduzenten und Datennutzenden (Nationale Datenkoordinationsstelle) unter Berücksichtigung der Datensouveränität und des Datenschutzes.

Erweiterung des Informationsangebots: Das Parlament hat im Frühling 2021 in Umsetzung der parlamentarischen Initiative Eder 16.411 «Für den Persönlichkeitsschutz auch in der Aufsicht über die Krankenversicherung» neue Bestimmungen zur Erhebung und Weitergabe von Daten verabschiedet. Neu können unter bestimmten Voraussetzungen Daten pro versicherte Person zur Überwachung der Kostenentwicklung regelmässig erhoben und diese Daten den Datenlieferanten, der Forschung und der Öffentlichkeit stufengerecht zur Verfügung gestellt werden. Diese und weitere Daten sollen auch dazu genutzt werden, Analysen in Bereichen wie beispielsweise der Gesundheitsökonomie, der Risikofaktorenepidemiologie oder der Evaluation von gesundheitspolitischen Programmen oder von Versorgungsstrukturen und -prozessen durchzuführen und zu evaluieren. Mit Blick auf die konkrete Gesundheit der Bevölkerung sollen weiter die durch die Einführung des
KRG ab 2023 erstmals schweizweit flächendeckend verfügbaren Krebsregisterdaten auf Personenebene dazu genutzt werden, das bestehende Krebsmonitoring gezielt zu erweitern, unter anderem durch den Aufbau eines entsprechenden Dashboards, und die entsprechenden Daten für die Forschung nutzbar zu machen.

Modernisierung der Auswertungsmethoden und der Publikation: Moderne Auswertungsmethoden aus dem Bereich Datenwissenschaft (z. B. maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz) haben ein erhebliches Potenzial für die Entwicklung neuer Grundlagen für das Gesundheitswesen. Mit der Verankerung einer engen Zusammenarbeit zwischen dem EDI (BAG, BFS), dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Koordinierter Sanitätsdienst) und dem Eidgenössischen Finanzdepartement (BIT) sollen die während der Covid-19-Pandemie in kurzer Zeit aufgebauten Kompetenzen im Bereich Datenwissenschaft langfristig gesichert und konsolidiert werden. Dazu sollen 49 / 78

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Fachexpertinnen und -experten der Bundesverwaltung moderne und zukunftsfähige Werkzeuge zur Datenanalyse zur Verfügung stehen, die beispielsweise auch im Bereich der übertragbaren Krankheiten genutzt werden können. Die entsprechenden Werkzeuge sollen es weiter auch erlauben, Resultate und Informationen als OGD zur Verfügung zu stellen. Diese Daten sind frei zugänglich und können ohne Einschränkung für alle Zwecke (Planung/Steuerung, Forschung, Innovation, kommerzielle Zwecke) genutzt werden. Damit werden Doppelerhebungen vermieden und schlanke Prozesse und Innovation insbesondere auch für private Unternehmen gefördert. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die rasche Publikation von OGD in Krisenzeiten (Covid-19-Pandemie, Energiekrise) als Basis für die Nachvollziehbarkeit von politischen Entscheiden absolut zentral ist.

Portfolio der Vorhaben Das Paket «Sekundärnutzung für Planung, Steuerung und Forschung» umfasst eine Vielzahl von verschiedenen Vorhaben.

Nachfolgend findet sich eine Übersicht über diejenigen Vorhaben, die nach jetzigem Wissensstand direkt zu Beginn des Programms oder sehr früh im Programm gestartet beziehungsweise bearbeitet werden.

Datenraum für die gesundheitsbezogene Forschung (Umsetzung des Postulats Humbel) Das digitalisierte Gesundheitswesen soll attraktive Rahmenbedingungen für die gesundheitsbezogene Forschung bieten. Dafür müssen die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden. Neben technischen und organisatorischen sind insbesondere (datenschutz-)rechtliche Fragen zu klären, damit die Weiterverwendung und Verknüpfung von Gesundheitsdaten aus verschiedenen Quellen erleichtert wird. Denn die Erhebung, Weiterverwendung und verknüpfte Auswertung von Gesundheitsdaten liefert die Entscheidungsgrundlagen für notwendige Optimierungen und Innovationen, die es für eine qualitativ hochwertige und effiziente Gesundheitsversorgung braucht. Es werden die rechtlichen und konzeptuellen Voraussetzungen geschaffen, die es für das Consent Management der Datenlieferanten braucht.

Massnahme 4 aus dem Bundesratsbericht zur Verbesserung des Datenmanagements, Weiterentwicklung der Datenauswertungen Das EDI wurde vom Bundesrat beauftragt, zusammen mit dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Koordinierter Sanitätsdienst)
und dem Eidgenössischen Finanzdepartement (BIT) die Weiterentwicklung der Kompetenz im Bereich Data Science und die damit notwendige Datenauswertungsinfrastruktur für die Analyse der Daten im Gesundheitswesen zu prüfen. Dabei werden unter anderem die Erfahrungen aus den Vorhaben im Bereich Data Science des BFS bei der Ausgestaltung einer künftigen Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen einbezogen.

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Monitoring der Kosten für die obligatorische Krankenpflegeversicherung Artikel 21 KVG ermöglicht die Erhebung individueller Daten der Versicherten über ihre Krankenversicherer und verlangt, dass diese Daten Datenlieferanten, der Forschung und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Das BAG kann, sofern aggregierte Angaben nicht genügen, regelmässig Angaben pro versicherte Person zur Überwachung der Kostenentwicklung erheben. Zudem ist das BAG beauftragt, die bei den Versicherungen erhobenen Daten (Individualdaten oder gruppierte Daten) den Datenlieferanten, der Forschung und der Öffentlichkeit stufengerecht und im Einklang mit dem DSG zur Verfügung zu stellen. Das Vorhaben soll dank der Erweiterung der Krankenversicherungsstatistik mit neu verfügbaren Angaben über die Kosten nach Leistungserbringer und nach Leistungsart eine bessere Überwachung und grössere Transparenz in Bezug auf die Kostenentwicklung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sicherstellen.

Open Government Data (OGD) Bundesrat und Parlament haben entschieden, die Publikation von OGD für die gesamte Bundesverwaltung obligatorisch zu machen. Dies ist in Artikel 10 EMBAG festgelegt. Gemäss einer Umfrage von 2022 bei den OGD-Verantwortlichen stellen insbesondere die fehlenden Kenntnisse und Kompetenzen Hürden für die Publikation von OGD dar. Eine zentrale und nutzerfreundliche Plattform ist darüber hinaus wesentlich dafür, dass Daten einfach gefunden und auch tatsächlich genutzt werden können. Als Basis dafür braucht es eine Erhöhung der Datenkompetenz (OGDKenntnisse) im Gesundheitsbereich und in der zentralen Bundesverwaltung.

Weitere Phasen: Die nachfolgend beschriebenen Vorhaben, die später im Programm gestartet und umgesetzt werden, sind zwar definiert, aber aufgrund ihres späteren Starts und der langen Dauer des Programms noch wenig ausgearbeitet.

Nationale Krebsstatistik / Krebsmonitoring Bei diesem Vorhaben geht es darum, ein Kompetenzzentrum für nationale Krebsauswertungen mit ausgereiften Digitalisierungs- und Datenschutzkonzepten für eine gesetzeskonforme Nutzung der nationalen Krebsdaten zu schaffen. Forschende erhalten sicheren Zugang zu den Krebsinformationen und -daten, die im Auftrag der Forschenden vorgängig auch mit Drittdaten verknüpft werden können. Auf diese Weise kann die Entwicklung der
Krebserkrankungen analysiert werden.

Plattform zur Analyse von Krankheitsdaten (Diseases Data Analytics Plattform) Eine moderne Datenanalyseplattform für die grosse Anzahl von öffentlichen Gesundheitsdaten zu übertragbaren Krankheiten ist das zentrale Element, um eine durchgehende Digitalisierung von den Datendrehscheiben bis zur Datenpublikation nach Open-Government-Prinzipien gewährleisten zu können.

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Sekundärnutzung für die Forschung Es soll ein sicherer und einfacher Zugang zu fallspezifisch pseudonymisierten beziehungsweise anonymisierten Daten für die verschiedenen Formen der gesundheitsbezogenen Forschung geschaffen werden. Zur dauerhaften Stärkung des Forschungsstandortes Schweiz wird eine Plattform zur Vernetzung von Datenproduzenten und Datennutzenden unter Berücksichtigung der Datensouveränität aufgebaut. So wird sichergestellt, dass die vorhandenen disparaten Daten standardisiert und unter transparenten Zugangsbedingungen, via einen umfassenden Datenkatalog, für Forschungsvorhaben aus dem akademischen und industriellen Bereich bedarfsgerecht verfügbar gemacht, aufbereitet und genutzt werden.

Finanzen Die Arbeiten werden während der ganzen Umsetzungsdauer des Programms laufen (60,6 Mio. Fr.).

Nachfolgend werden die für die Umsetzung benötigten finanziellen Mittel dargestellt: Aufwände

Paket 4

Total in Tausend CHF

60 550

­ davon Personal

27 000

­ davon Entwicklung

12 800

­ davon Betrieb

13 050

­ davon übriger Sachaufwand Anteil Verpflichtungskredit am Total

3.3

Umsetzungsrahmen

3.3.1

Agiles Vorgehen

7 700 33 550

Die Programmdauer von zehn Jahren sowie die grosse Zahl und Heterogenität der Vorhaben bedingt einen offenen Umgang mit gesellschaftlichen Entwicklungen und erhöhten Unsicherheiten. Diesem Umstand begegnet das Programm mit einem agilen Vorgehen. Das bedeutet, dass das Portfoliomanagement bei der Priorisierung und Freigabe der Vorhaben auf ein rollierendes Vorgehen setzt. Dies beinhaltet die Berücksichtigung der Parallelität, die unterschiedlichen Geschwindigkeiten und die verschiedenen Charakteristiken der Vorhaben. Des Weiteren müssen die Vorhaben immer der Erreichung der Programmziele dienen und stetig Fortschritte erzielen.

Das agile Vorgehen wird insbesondere in der Softwareentwicklung seit Frühling 2023 in enger Zusammenarbeit mit dem BIT vorbereitet. Dies beinhaltet Veränderungsmanagement, Schulungen und eine Transformations-Roadmap. Ziel ist es, kundenzentrierte Produkte zu erstellen, die auf einer soliden Architektur in Bezug auf die 52 / 78

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Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) basieren. Dies beinhaltet auch die datenschutzkonforme Entwicklung.

3.3.2

Steuerung und Programmmanagement

Da das vorliegende Programm aufgrund seines Ressourcenbedarfs in Bezug auf Personal und Finanzen, seiner strategischen Bedeutung, seiner Komplexität, seiner Auswirkungen und seiner Risiken als IKT-Schlüsselprojekt des Bundes eingestuft wurde, erfordert es jeweils eine verstärkte übergeordnete Führung, Steuerung, Koordination und Kontrolle, die in der Programmorganisation und den Aufwandschätzungen zur Programmbegleitung entsprechend berücksichtigt wurden. Das Programm «Digisanté» unterliegt den Vorgaben der «Weisungen des Bundesrates zu den IKTProjekten in der Bundesverwaltung und zum IKT-Portfolio des Bundes»64.

Das Programm hat im EDI einen hohen Stellenwert und in Anbetracht der Grösse, der Tragweite und der Tatsache, dass mehrere Ämter involviert sind, wird die Funktion der Programmauftraggeberin oder des Programmauftraggebers durch die Generalsekretärin oder den Generalsekretär des EDI übernommen. Diese Rolle nimmt sie oder er gemeinsam mit der Direktorin oder dem Direktor des BAG und der Direktorin oder dem Direktor des BFS als Co-Programmauftraggeber wahr. Diese sogenannte Programmauftraggeberschaft trägt somit die Gesamtverantwortung für das Programm «Digisanté» und ist für die Entscheide auf Stufe Programm zuständig. Dabei wird sie unterstützt von einem schlanken Programmausschuss, der beratend zur Seite steht.

Entsprechend der zentralen Bedeutung des Programms «Digisanté» ist es gerechtfertigt, dass die zwei hauptbetroffenen Ämter des EDI (BAG und BFS) mit der jeweiligen Direktorin oder dem jeweiligen Direktor im Programmausschuss vertreten sind.

Da das BIT einen Grossteil der Entwicklung und Wartung sowie des Betriebs der bestehenden Fachanwendungen über den gesamten Programmzeitraum sicherstellen muss, begleitet es das Programm «Digisanté» im Bereich der IKT und ist im Programmausschuss vertreten. Ausserdem weist das Programm «Digisanté» eine grosse Relevanz für die Kantone auf, weshalb es im Programmausschuss auch eine Vertretung aus der GDK gibt. In der laufenden Programminitialisierungsphase wird noch zu entscheiden sein, inwieweit eines oder mehrere Sounding Boards implementiert werden. Ein Sounding Board unterstützt die Programmauftraggeberschaft und die Programmleiterin oder den Programmleiter in wichtigen Entscheiden und hilft bei der Verankerung dieser Entscheide in den
beteiligten Organisationen. Dabei sollten unter anderem wichtige Stakeholder wie das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Koordinierter Sanitätsdienst, und Logistikbasis der Armee, Sanität), die Swissmedic und der Bereich DTI der BK berücksichtigt werden.

Direkt der Programmauftraggeberschaft unterstellt ist die Programmleiterin oder der Programmleiter. Sie oder er unterstützt unter anderem die Programmauftraggeberschaft bei der Umsetzung des Programms «Digisanté». Sie oder er leitet und kontrol64

www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT-Lenkung > Vorgaben > Grundlagen.

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liert die Arbeiten auf Stufe Programm, koordiniert Interdependenzen, konsolidiert die Rapportierung und Kommunikation und verwaltet die Risiken. Die rund 50 Vorhaben im Programmportfolio (vgl. Ziff. 3.3.5) sind alle auf die Programmzielsetzung ausgerichtet. Die Programmsteuerung umfasst die Programmleitung sowie das Programmoffice, das die administrative Unterstützung der Programmleitung sicherstellt. Das unabhängige Qualitäts- und Risikomanagement prüft auf allen Ebenen die Qualität der Arbeiten; seine Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung richtet es direkt an die Programmauftraggeberschaft.

Die betroffenen Akteure des Gesundheitswesens können sich direkt über die FDMG einbringen und sind so in die Umsetzung des Programms «Digisanté» einbezogen. In den konkreten Projekten werden die jeweils betroffenen Akteure ebenfalls einbezogen.

Ziele Es ist ein zentrales Anliegen des Bundesrates, Synergien zu erzeugen und zu nutzen.

Aus diesem Grund soll innerhalb des Programms «Digisanté» nicht nur ein traditionelles Programmmanagement durchgeführt, sondern mittels umfassender Steuerung auch sichergestellt werden, dass die vielzähligen Vorhaben ­ in der Bundesverwaltung aber auch im gesamten Gesundheitswesen ­ richtig priorisiert und aufeinander abgestimmt sind. Ausserdem werden im Rahmen der Führung auch die nötigen Ressourcen geplant und es wird sichergestellt, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen effizient und am richtigen Ort eingesetzt werden. Schliesslich sorgt eine umfassende Steuerung für eine bessere Transparenz und Kontrolle über die laufenden Vorhaben.

Massnahmen Bestandteil der Programmsteuerung sind der Aufbau und die Umsetzung der Steuerung des Programms «Digisanté» sowie die Einbindung von Projekt- und Teilprojektleiterinnen und -leitern. Prinzipiell werden die Projekte nach Hermes65 geführt und die bestehenden Kontrollinstrumente, wie zum Beispiel das IKT-Cockpit, verwendet.

Des Weiteren werden die Projekte bei den Phasenübergängen in der bestehenden Gouvernanz für die «Operative Steuerung Digitale Transformation» des BAG eingebunden. Zudem müssen die Vorhaben im Programm «Digisanté» die Kriterien für die Freigabe von Mitteln durch den Bundesrat erfüllen.

Weiter ist geplant, im Rahmen der Steuerung des Programms Pilotversuche und Innovationsprojekte in bestimmten Gebieten
durchzuführen, um so mittels anschliessender Evaluation mögliche Erkenntnisse für die Umsetzung von gewissen Vorhaben zu gewinnen. Da solche Vorhaben aufgrund ihrer Komplexität und ihrer Vielfalt herausfordernd sein können, ist es wichtig, dass eine Stelle eingerichtet wird, die die Orchestrierung und Koordination dieser Vorhaben übernimmt und sicherstellt, dass die Ressourcen effizient genutzt und neue Technologien und Ideen schneller und effektiver in die Praxis umgesetzt werden. Ausserdem kann die Koordination der Vorhaben dazu beitragen, die Risiken und Kosten der Umsetzung zu reduzieren.

65

www.hermes.admin.ch

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3.3.3

Orchestrierung (Koordination)

Das Programm umfasst nicht nur Arbeiten in der Bundesverwaltung, sondern betrifft das gesamte Gesundheitswesen. Um die mehrfach erläuterte Wirkung zu erzielen, muss die Branche eng einbezogen werden. Im Programm wird diesbezüglich von der Orchestrierung beziehungsweise Koordination gesprochen. Mit der Gründung der FDMG ist der erste Schritt für die Orchestrierung beziehungsweise Koordination erfolgt. Diesen Weg gilt es auf Ebene des Programms stetig weiter zu verfolgen. Bei den konkreten Umsetzungsvorhaben ist dieser partizipative Ansatz das Schlüsselelement für eine erfolgreiche Umsetzung. Mit den geplanten Orchestrierungsplattformen soll dies erreicht werden. Konkret werden für die einzelnen Vorhaben jeweils die beteiligten Stakeholder identifiziert und angefragt und ihre Teilnahme wird definiert, wie dies beispielsweise für die Umsetzungsprojekte Plattform für die Überwachung und Meldung übertragbarer Krankheiten, Lereg oder Spiges erfolgt ist. Ebenso ist der Einbezug der bereits existierenden Standardisierungsorganisationen zentral. Diese Organisationen können technischer Natur sein, wie beispielsweise eHealth Suisse oder das Forum Datenaustausch, es kann sich aber auch um Organisationen im Bereich Semantik handeln, wie beispielsweise das SPHN-DCC, die Plattform I14Y oder den Bereich Medizinische Klassifikationen des BFS. Dieser Einbezug ist aufwendig und kostenintensiv, jedoch für ein erfolgreiches Gelingen der Vorhaben absolut zentral. Die Orchestrierung (Koordination) soll nicht nur aus Sicht Programm erfolgen, sondern auch zwischen den Stakeholdern. Jeglicher Fortschritt von Akteuren, mit dem man sich dem gemeinsamen Zielbild nähert, ist relevant und soll geteilt werden. Mit dem Programm wird die Kultur des gemeinsamen Lernens in der Gesundheitsbranche unterstützt.

3.3.4

Portfolio der Vorhaben

Das Paket «Umsetzungsrahmen» umfasst eine Vielzahl von verschiedenen Vorhaben.

Nachfolgend findet sich eine Übersicht über die Vorhaben, die zum Umsetzungsrahmen gehören und im Programm bearbeitet werden.

Sicherstellung der Wirksamkeit des Programms «Digisanté» Bei der Überprüfung der Wirksamkeit von IT-Projekten geht es darum, die Zielerreichung und den Nutzen des Projekts zu bewerten und sicherzustellen, dass die investierten Ressourcen effektiv eingesetzt wurden. Durch diese Überprüfung können Schwachstellen und Verbesserungspotenziale identifiziert werden, um zukünftige IT-Projekte erfolgreicher zu gestalten. Es geht dabei vor allem darum, eine datenbasierte Entscheidungsgrundlage für das Management zu schaffen, um zum Beispiel Risiken zu minimieren und die IT-Strategie und -Gouvernanz kontinuierlich zu verbessern. Daneben soll die Wirksamkeit des Programms insgesamt sichergestellt werden. Dafür ist eine Studie durch ein Beratungsunternehmen vorgesehen, in der auch der indirekte Nutzen des Programms «Digisanté» untersucht werden soll.

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Portfoliomanagement der Projekte im Programm «Digisanté» Ziel des Portfoliomanagements ist es, eine strategische Auswahl und Priorisierung von Projekten zu ermöglichen, um die gesetzten Ziele effektiv zu erreichen. Es dient dazu, Ressourcen optimal zu nutzen, Risiken zu minimieren und Synergien zwischen Projekten zu schaffen. Zudem verbessert es die Transparenz und Kontrolle über die Projekte sowie die Ausrichtung auf die Unternehmensstrategie, es erhöht die Rentabilität und es ermöglicht eine effiziente Nutzung von Ressourcen, was letztendlich zu einer höheren Erfolgsquote der Projekte und einer besseren Gesamtleistung führt.

Innovation und Pilotierung von Projekten im Gesundheitswesen Der Zweck von Pilotprojekten besteht darin, neue Ideen, Konzepte oder Technologien in einem begrenzten Umfang und in einer kontrollierten Umgebung zu testen und zu validieren. Sie dienen dazu, mögliche Risiken und Herausforderungen frühzeitig zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln, um die Effektivität und Machbarkeit eines grösseren Projekts zu bewerten. Somit handelt es sich um Lern- und Verbesserungsprozesse, bei denen wertvolles Feedback und Erkenntnisse gesammelt werden, die zur Optimierung des Projekts beitragen, bevor der Umfang des Projekts erweitert wird.

Programmführung und -steuerung Die Programmführung und -steuerung plant, organisiert und überwacht den gesamten Projektablauf, um sicherzustellen, dass die Programmziele erreicht werden. Sie umfasst die Koordination von Ressourcen, die Verwaltung von Zeitplänen und Budgets sowie die Kommunikation mit den Stakeholdern. Damit werden eine effektive und effiziente Umsetzung des Programms gewährleistet, Risiken und Probleme frühzeitig erkannt und angegangen, der Projektfortschritt verfolgt und die Qualität der Ergebnisse sichergestellt.

Aufbau der Arbeitsorganisation und der Unterstützungsprozesse Die Arbeitsorganisation und die Unterstützungsprozesse sollen Arbeitsabläufe effizient gestalten, Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar definieren und die Zusammenarbeit im Team erleichtern. Dadurch werden Arbeitsprozesse optimiert, Fehler minimiert und die Produktivität gesteigert. Der Nutzen einer soliden Arbeitsorganisation besteht darin, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter effektiver arbeiten können, eine bessere Arbeitsqualität erreicht wird und
die Zufriedenheit im Team steigt, was letztendlich zu einem erfolgreichen Abschluss von Aufgaben und Projekten führt.

Orchestrierungsplattform für das Gesundheitswesen Ziel der Orchestrierungsplattform ist es, innovative Ideen und Lösungen zu entwickeln und zu besprechen. Hochqualifizierte Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitswesen kommen zusammen, um komplexe Herausforderungen zu erforschen und zu analysieren. Auf Basis ihrer Expertise sollen fundierte Empfehlungen und Politikvorschläge erarbeitet werden, damit den Stakeholdern im Gesundheitswesen fundierte Informationen und Handlungsanleitungen geboten werden können. So können 56 / 78

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eine evidenzbasierte Politikgestaltung gefördert, öffentliche Debatten angeregt, innovative Ideen generiert und zur Entwicklung von effektiven Lösungen beigetragen werden.

Koordination der Verbesserung des Datenmanagements Das BAG hat den Auftrag, die fünf Massnahmen aus dem Bundesratsberichts zur Verbesserung des Datenmanagements zu koordinieren. Dabei ist es für die Umsetzung der Massnahmen 2, 4 und 5 direkt zuständig. Die Umsetzung der Massnahme 1 «Spitalregister» wurde als separates Vorhaben aufgenommen und die Ergebnisse der Massnahme 3 werden in die Architektur des Programms «Digisanté» einfliessen (die Massnahme wird Ende 2023 abgeschlossen).

Koordination der Sanitätsdienste Die Koordination der Sanitätsdienste hat das Ziel, die effiziente und effektive Versorgung und Hilfeleistung im Gesundheitswesen sicherzustellen. Durch eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sanitätsdiensten können Ressourcen optimal genutzt und eine schnellere Reaktion in allen Lagen gewährleistet werden.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz betreibt für den Koordinierten Sanitätsdienst ein Informations- und Einsatzsystem Koordinierter Sanitätsdienst (IES-KSD). Im Rahmen des Projekts zur Erneuerung dieses Systems können zusätzlich Module zur Umsetzung des Programms «Digisanté» aufgenommen werden. Die Nutzung des IESKSD im Tagesgeschäft würde die Verwendung dieses Systems bei Grossereignissen erleichtern.

3.3.5

Finanzen

Die Arbeiten werden während der ganzen Umsetzungsdauer des Programms laufen (99 Mio. Fr.).

Nachfolgend werden die für die Umsetzung benötigten finanziellen Mittel dargestellt: Aufwände

Umsetzungsrahmen

Total in Tausend CHF

99 023

­ davon Personal

19 080

­ davon Entwicklung

10 660

­ davon Betrieb

33

­ davon übriger Sachaufwand

18 250

­ Risikozuschlag

51 000

Anteil Verpflichtungskredit am Total

79 943

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3.3.6

Risikozuschlag

Ein Programm mit einer Dauer von zehn Jahren muss mit Unsicherheiten umgehen können. Die Unsicherheiten verändern sich über die Laufzeit des Programms. Zu Beginn handelt es sich primär um Aspekte im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit und dem Fortschritt, zu einem späteren Zeitpunkt betreffen sie Einschätzungen der Kosten der einzelnen Vorhaben sowie den Technologiewandel. Um diesen Unsicherheiten zu begegnen, wird ein expliziter Risikozuschlag beziehungsweise eine Reserve in Bezug auf die Gesamtkosten transparent im Verpflichtungskredit ausgewiesen. Insgesamt liegt der Risikozuschlag im Schnitt bei 11 Prozent, was auch die Tatsache widerspiegelt, dass es sich um ein Portfolio mit rund 50 Umsetzungsvorhaben handelt. Somit können die finanziellen Risiken spezifisch in den einzelnen Vorhaben mitigiert werden. Der Risikozuschlag wird für aus heutiger Sicht nicht einschätzbaren Mehraufwand, zum Beispiel aufgrund von Entscheiden zu Technologien auf Stufe Bund, für Unsicherheiten bei der Beschaffung oder für zusätzliche Kosten aufgrund von Schätzungsungenauigkeiten betreffend die einzelnen Vorhaben eingesetzt werden. Die Nutzung des Risikozuschlags wird von der Programmauftraggeberschaft freigegeben, kontinuierlich überwacht und in der Berichterstattung transparent dargestellt. Sofern sich im Verlauf der zehnjährigen Realisierungsphase grundlegende Änderungen ergeben, wird auch die Berechnung der Mittel neu vorgenommen.

3.3.7

Risikomanagement

Das EDI hat Vorkehrungen getroffen, um bei eintretenden Risiken den höchstmöglichen Handlungsspielraum zu wahren und die Kosten zu minimieren.

Die Programmleitung hat den Programmumfang zweckdienlich in Vorhaben zerlegt, die möglichst unabhängig voneinander aufgabenorientiert geplant, entwickelt und umgesetzt werden können. So kann die Komplexität der angestrebten Transformation besser gehandhabt werden. Definierte Referenzarchitekturen, Mindestinhalte und -anforderungen ermöglichen es dem Bund zudem, entstehende Interdependenzen zu erkennen und zu berücksichtigen. Die Art und Intensität der Interdependenzen bestimmen den Koordinationsbedarf. Projektstatus und Risiken werden regelmässig analysiert; so können Risiken wie etwa Ressourcenengpässe geeignet kompensiert und vorbeugende Massnahmen aufgrund von Veränderungen im Umfeld beschlossen werden.

Da das Programm «Digisanté» ein IKT-Schlüsselprojekt des Bundes ist, unterliegt es den Vorgaben zu solchen Grossprojekten. Eine dieser Vorgaben ist das Führen eines Risikomanagements. Dem Risikomanagement kommt angesichts der Grösse, Komplexität und Bedeutung des Programms «Digisanté» eine besondere Bedeutung zu.

Als zentrales Führungsinstrument ermöglicht es, frühzeitig Probleme bei der Umsetzung zu orten, und es dient als Grundlage dafür, rechtzeitig Gegenmassnahmen zu treffen. Damit bildet das Risikomanagement eine wichtige Voraussetzung dafür, dass ein Vorhaben unter wirksamer und wirtschaftlicher Zuteilung der erforderlichen Ressourcen zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden kann. Um ein wirksames und von der Programmleitung unabhängiges ­ und somit absolut transparentes ­ Risikomanagement zu gewährleisten, soll eine unabhängige Stelle damit beauftragt werden.

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Der Bundesrat ist sich der Risiken bewusst, die ein solch grosses Programm in diesem Bereich birgt. Aus diesem Grund wird der Programmausschuss regelmässig über die bestehenden Risiken und die getroffenen Massnahmen informiert und kann entsprechend handeln.

Bei der Umsetzung des Programms «Digisanté» wird auf die folgenden Hauptrisiken besonders geachtet:

­

Die Programmziele und die Vorhaben sind qualitativ und quantitativ zu ambitioniert.

­

Beschaffungen, die unter das revidierte Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. April 199466 fallen, stellen in Bezug auf Aufwand, Durchlaufzeiten und Koordinationsbedarf eine grosse Herausforderung dar. Es müssen für die sich überschneidenden und dynamisch aufeinander wirkenden Arbeitspakete einzelne Ausschreibungen vorgenommen werden, was die Handlungsfähigkeit des Programms «Digisanté» einschränken kann. Bei den Übergängen zwischen den Arbeitspaketen kann es zu Knowhow-Verlust und Verzögerungen kommen, was zu finanziellen Mehrbelastungen für den Bund führen kann.

­

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den notwendigen Fähigkeiten können nicht oder nicht in ausreichendem Masse bereitgestellt werden. Der vorübergehende Einbezug externer Fachleute kann dazu beitragen, dass internes Knowhow nicht aufgebaut wird oder verloren geht.

­

Der Bedarf an finanziellen Mitteln für die Umsetzung von Massnahmen zur Förderung der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist bei den Behörden sehr gross. Die aktuelle Finanzlage bei Bund und Kantonen ist angespannt, weshalb nur beschränkt Mittel für die Digitalisierung im Gesundheitswesen zur Verfügung stehen.

­

Die Komplexität des Programms ist zu hoch, weil gleichzeitig die Voraussetzungen für die digitale Transformation und die Infrastruktur (Pakete 1 und 2) geschaffen und Vorhaben (Pakete 3 und 4) umgesetzt werden müssen.

­

Die Ziele der einzelnen Vorhaben können nur teilweise umgesetzt werden und entfalten aufgrund von Interdependenzen nicht die erwartete Wirkung.

­ ­

Rechtliche Grundlagen liegen nicht rechtzeitig vor.

­

Es bestehen Datenschutzrisiken (keine Datenschutzrichtlinie, keine Abstimmung zu Projektbeginn mit Stakeholdern, die rechtliche Ansprüche haben).

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Akteure stellen sich gegen Veränderungen und können damit nicht im notwendigen Ausmass in die Umsetzungsarbeiten miteinbezogen werden. Damit erschweren sie die organisatorische Transformation und konsequente Digitalisierung.

Nebst den eigentlichen Risiken in Bezug auf die Programmumsetzung existieren weitere Risiken im Zusammenhang mit der komplexen Situation des Gesundheitswesens und seinen Akteuren: 66

SR 0.632.231.422

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­

Partikularinteressen der Branchenvertreter verhindern die Erreichung der Ziele (divergierende Interessen der Stakeholder).

­ ­

Es fehlt an Akzeptanz bei den Nutzenden.

­

Der Bedarf an finanziellen Mitteln für die Anpassung der Primärsysteme bei den Leistungserbringern ist gross und die Umsetzung wird nicht angegangen.

­

Die Akteure haben kein ausreichendes gemeinsames Verständnis der Ziele des Programms «Digisanté» und unterstützen sie nicht ausreichend.

Es fehlen Möglichkeiten zur Umsetzung von der Verwaltung erarbeiteten Standards.

Nachfolgend finden sich einige Massnahmen, mit denen diesen Risiken begegnet werden soll:

­

Die Branchenvertreter werden aktiv in das Programm eingebunden und erhalten mittels eines regelmässigen Austauschs mit der Programmleitung die für sie nötigen Informationen in Bezug auf das Programm. Zudem werden weiterhin Informationsveranstaltungen durchgeführt. So soll sichergestellt werden, dass die Stakeholder die Ziele von «Digisanté» mittragen.

­

Die Auftraggeberschaft und die Auftragnehmer erarbeiten eine gemeinsame Vision auf der Basis des dargelegten Zielbildes. Dabei werden die Programmziele unter Betrachtung der vier Dimensionen Kosten, Zeit, Qualität und Umfang bewertet.

­

Die Wirkung des Programms wird mittels der dargestellten Wirksamkeitsmessung punktuell gemessen.

­

Die Programmziele werden gestützt auf die Prioritäten in klare Meilensteine und Zwischenziele aufgeteilt, um die Komplexität zu reduzieren und die Programmziele als Ganzes zu erreichen. Ausserdem können dadurch potenzielle Abweichungen oder Probleme bei der Zieldefinition oder -erreichung mittels erwähnter offener und transparenter Kommunikation innerhalb des Teams und mit den Stakeholdern frühzeitig erkannt und Lösungsentscheide bewusst im Sinne der Risikooptimierung getroffen werden.

­

Die Freigabe der Vorhaben ist an vorgängig zu erfüllende Kriterien gebunden.

Damit werden die Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Umsetzung und Anwendung geschaffen.

­

Um die nötigen Ressourcen fristgerecht zur Verfügung zu haben, muss frühzeitig mit der Planung und Identifizierung der benötigten Ressourcen begonnen werden. Somit kann der Beschaffungsprozess gestartet werden, sobald die bewilligten finanziellen Mittel feststehen, anstatt dass erst zu diesem Zeitpunkt mit der Bedarfsanalyse begonnen.

­

Damit die rechtlichen Grundlagen rechtzeitig bereit sind und die darauf basierenden Vorhaben umgesetzt werden können, müssen die Rechtsetzungsprozesse frühzeitig eingeleitet werden und transparent sein. Zudem muss die Konzipierung der auf den angepassten oder neuen rechtlichen Grundlagen basierenden Vorhaben bereits parallel dazu gestartet werden.

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­

Die digitale Transformation im Gesundheitswesen bedingt ein Veränderungsmanagement, das mit einer Kommunikationsstrategie und mit dem frühzeitigen Einbezug der Anspruchsgruppen sichergestellt wird. Das Kommunikations- und Stakeholdermanagement wird aktiv betrieben. Dabei soll das Erwartungsmanagement bewusst im Vordergrund stehen, um ein abgestimmtes Bild über den Nutzen, die Wirkung und die dazugehörigen Leistungen zu erhalten.

Nebst den programmspezifischen Risiken besteht das generelle Risiko, dass die benötigten finanziellen Mittel vom Parlament abgelehnt oder stark gekürzt werden. Falls dies geschieht, kann das Programm «Digisanté» nicht in die Umsetzungsphase gelangen oder nur in einem deutlich geringeren Umfang, was zur Folge hat, dass die digitale Transformation im Gesundheitswesen nicht wie gewünscht gefördert werden kann.

Es gibt zwar die Möglichkeit, gewisse Vorhaben gegenüber anderen prioritär zu behandeln. Aufgrund der in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern bisher wenig fortgeschrittenen Digitalisierung braucht es alle Vorhaben, um eine relevante digitale Transformation im Gesundheitswesen zu erreichen, was das übergeordnete Ziel des Programms «Digisanté» ist.

3.4

Teuerungsannahmen

Dem beantragten Verpflichtungskredit von 391,7 Millionen Franken liegen der Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise vom Juni 2023 mit 106,3 Punkten (Dezember 2020 = 100 Punkte) sowie eine Teuerungsannahme von 1 Prozent zugrunde.

Ausserdem wird aufgrund der Programmdauer ein Risikozuschlag von 11 Prozent eingerechnet und separat ausgewiesen (vgl. Ziff. 3.3.6).

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Auswirkungen des Programms «Digisanté» lassen sich nicht in vollem Umfang in verbindlichen Zahlen ausdrücken. Dies hängt vor allem mit der langen Realisierungsdauer in einem technologischen Umfeld zusammen, das sich in rasantem Tempo weiterentwickelt. Dennoch sollen nachfolgend die finanziellen Auswirkungen aufgezeigt und im Rahmen des Möglichen substanziiert werden.

Der gesamte einmalige Bedarf an finanziellen Mitteln für die Umsetzung des Programms «Digisanté» in den Jahren 2025­2034 beträgt 623,8 Millionen Franken. Aus den ordentlichen Budgets des BAG und des BFS stehen 102,6 Millionen Franken für das Programm zur Verfügung. Der zusätzliche Mittelbedarf beträgt somit 521,3 Millionen Franken.

Nach Programmende ist infolge der neu entstanden IT-Systeme wie Register, Fachanwendungen und Basisdienste mit jährlichen zusätzlichen Aufwendungen von 39 Millionen Franken zu rechnen.

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Mit der nachfolgenden Tabelle wird die indikative Verteilung der Ausgaben über die Programmdauer ausgewiesen.

Aufwände (in Tausend CHF)

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

2032

2033

2034

Total 2025­ 2034

Davon verpflichtungskreditrelevant

Personalausgaben

12 042 17 154 18 693 21 051 21 735 20 511 16 929 16 353 13 419 12 303 170 190

Informatikausgaben (Entwicklung)

22 816 24 565 27 015 25 660 26 380 24 200 25 880 22 560 19 250 17 250 235 576

203 176

Informatikausgaben (Betrieb)

6 229 10 006 10 459 10 832 10 934 10 939 11 839 12 039 12 029 12 029 107 335

78 260

Übrige Sachund Betriebsausgaben

5 740 6 605 7 750

7 580

8 030 7 345

5 655

4 815

3 135 3 135

59 790

59 290

­ 2 000 6 000

6 000

6 000 7 000

6 000

6 000

6 000 6 000

51 000

51 000

46 827 60 330 69 917 71 123 73 079 69 995 66 303 61 767 53 833 50 717 623 891

391 726

Risikozuschlag Total

4.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Umsetzung des Programms «Digisanté» ist personalintensiv. Die 50 Vorhaben müssen umgesetzt, geführt und gesteuert werden. Ebenso werden viele Grundlagen, insbesondere in der Thematik Daten und Standards sowie der IKT, geschaffen. Zur Realisierung des Programms «Digisanté» wird grundsätzlich Personal mit Kompetenzen in den folgenden drei Bereichen benötigt:

­

Wissenschaft: Gesundheit, Statistik, fachliche Datenwissenschaft, Datenstandards, Medizin, Recht usw.

­

Fachwissen Informatik (IKT): Architektur, Informationssicherheit, Businessanalyse, Technologie, technische Datenwissenschaft, Tests usw.

­

Projektspezifisches Fachwissen: Product Owner, Scrum Master, Produktmanagement, Projektleitung, Projektunterstützung, Portfoliomanagement, Risiko- und Qualitätsmanagement, Gouvernanz, Veränderungsmanagement usw.

Aufgrund der aktuell angespannten Arbeitsmarktsituation wird die Rekrutierung von qualifiziertem Personal eine grosse Herausforderung sein. Dies insbesondere zu Beginn des Programms, wo am meisten Personen rekrutiert werden müssen (43 neue Stellen). Dazu ist jedoch festzuhalten, dass 32 dieser 43 neuen Stellen aktuell bereits mit Personen mit bis Ende 2024 befristeten Anstellungen im BAG und im BFS besetzt sind. Diese Personen konnten insbesondere basierend auf den Ressourcen aus dem Bundesratsantrag «Förderung der Digitalen Transformation im Gesundheitswesen.

Ressourcenantrag» angestellt werden und sollen ab 2025 für die Umsetzung des Pro62 / 78

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gramms tätig werden. Somit sind für 2025 lediglich 11 Stellen neu zu besetzen, welche sich auf drei Ämter verteilen, was bezüglich Rekrutierung machbar ist. Für die weiteren Phasen des Aufbaus zwischen 2026 und 2029 sind im Durchschnitt 13 neue Stellen zu besetzen, was ebenfalls als realistisch einzustufen ist.

Vollzeitäquivalente

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

2032

2033

2034

Personenjahre

Wissenschaft Fachwissen Informatik (IKT) Projektspezifisches Fachwissen

35

49

50

58

59

56

47

46

37

35

472

17

23

29

34

34

33

26

25

20

16

257

15

23

25

25

28

25

21

20

18

17

217

Total

67

95

104

117

121

114

94

91

75

68

946

43

69

79

91

95

92

74

71

56

50

720

32

32

32

32

32

32

32

32

32

32

320

24

26

25

26

26

22

20

20

19

18

226

­ davon zusätzliche Stellen ­ davon zu verlängernde Stellen ­ Eigenleistungen

In der Summe lässt sich festhalten, dass über die Jahre hinweg rund die Hälfte des Personals im Bereich Wissenschaft benötigt wird, ein gutes Viertel im Bereich Fachwissen Informatik (IKT) und ein knappes Viertel im Bereich Projektspezifisches Fachwissen. Nach Programmende ist infolge der neu entstandenen IT-Systeme wie Register, Fachanwendungen, Basisdienste und gegebenenfalls der neuen Aufgaben mit jährlichem zusätzlichem Personal von 36 Vollzeitäquivalenten zu rechnen.

4.1.3

Auswirkungen auf die Informatik des Bundes

Mit der vorgeschlagenen Bündelung im Bereich der Voraussetzungen und Standards in Paket 1 und der notwendigen Basisdienste in Paket 2 soll im Programm «Digisanté» von Beginn weg sichergestellt werden, dass diese Elemente projektübergreifend konzipiert werden. Aufgrund des langen Horizonts und der gleichzeitigen raschen Entwicklung stehen viele Technologieentscheidungen (vor allem für die Vorhaben in den Phasen 2 und 3) noch aus. Diese Entscheidungen werden mit Fokus auf für die jeweiligen Zwecke verfügbare Standardtechnologien getroffen. Dabei sollen insbesondere Vorteile bei der Wartung und der Weiterentwicklung sowie Skaleneffekte beim Betrieb berücksichtigt werden. Wo vorhanden oder innerhalb des notwendigen Zeitrahmens verfügbar, werden konsequent Standardservices eingesetzt. Ebenso konsequent sollen auch Technologieentscheide und dazugehörige Erfahrungen aus anderen Grossprojekten berücksichtigt werden. Mit diesen Massnahmen wird sichergestellt,

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dass sich die Lösungen und die gewählte Architektur an den übergeordneten Vorgaben orientieren und dass soweit sinnvoll auf gleiche Technologien und Modelle gesetzt wird. Schliesslich muss auch beachtet werden, dass neben der Nutzung von identifiziertem Synergiepotenzial auf Bundesebene auch die angestrebte Anschlussfähigkeit an internationale Vorhaben wie den EHDS und vor allem auch zentralen Akteuren wie den Kantonen und den Leistungserbringern Rechnung getragen werden muss. Diesem Umstand wird durch den Einbezug relevanter Akteure im Programm und den Abgleich mit den jeweiligen Referenzarchitekturen begegnet.

4.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Vorlage hat keine direkten Auswirkungen auf Gemeinden, urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete. Die entsprechenden Fragen wurden daher nicht vertieft untersucht. Es ist allerdings möglich, dass Arbeiten der Kantone, die aufgrund des Programms «Digisanté» angegangen werden, Auswirkungen auf Gemeinden, urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete haben. Diese Auswirkungen sind jedoch keine direkte Folge der vorliegenden Vorlage.

Die Bundesverfassung weist dem Bund nur fragmentarische Kompetenzen im Bereich des Gesundheitswesens zu (vgl. Ziff. 1.1.3). Die Kantone sind grundsätzlich für die Sicherstellung und Organisation der Gesundheitsversorgung zuständig.

Mit dem Programm «Digisanté» wird aber unter der Federführung des Bundes das Zielbild eines digitalen Gesundheitswesens der Schweiz verfolgt. Vor diesem Hintergrund sind die Kantone von allen vier inhaltlichen Paketen des Programms «Digisanté» betroffen, was in den nachfolgenden Abschnitten näher erläutert wird. Zudem ist gemäss den Kriterien für die Mittelfreigabe (vgl. Ziff. 3.2.1) bei Umsetzungsprojekten mit Mitbeteiligung der Kantone jeweils eine allfällige finanzielle Beteiligung der Kantone zu prüfen. Darüber hinaus müssen bei solchen Projekten die Bedürfnisse und die Bereitschaft zur Nutzung vorliegen. Der Bundesrat resp. das EDI können hiervon Ausnahmen machen:

­

Voraussetzungen für die digitale Transformation (vgl. Ziff. 3.2.2): Die Kantone sind bei der Erarbeitung der Zielarchitektur für ein digitales Gesundheitswesen einzubeziehen. Dasselbe gilt für die Erarbeitung und Weiterentwicklung von technischen und semantischen Standards. Basierend darauf liegt es dann in der Zuständigkeit der Kantone, die Prozesse und Infrastrukturen in ihrem Verantwortungsbereich unter Einbezug der definierten Standards auf die Zielarchitektur auszurichten und ­ wo nötig ­ auch die kantonalen Gesetzgebungen anzupassen.

­

Nationale Infrastruktur (vgl. Ziff. 3.2.3): Der Aufbau und die Zurverfügungstellung der nationalen Infrastruktur sind Aufgaben des Bundes, jedoch sind die Kantone, aufgrund ihrer zentralen Rolle im Gesundheitswesen, in den Aufbau der Infrastruktur miteinzubeziehen, insbesondere da sie ihre Infrastrukturen anschliessend an die nationalen Infrastrukturen anbinden können

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beziehungsweise von der nationalen Infrastruktur auch für ihre Prozesse und Infrastrukturen profitieren sollen.

­

Behördenleistungen digitalisieren (vgl. Ziff. 3.2.4): Viele Behördenleistungen im Gesundheitswesen betreffen sowohl Aufgaben des Bundes als auch Aufgaben der Kantone. Als Beispiel kann hier das Meldewesen im Bereich der übertragbaren Krankheiten genannt werden, bei welchem die Prozesse von den Leistungserbringern über die Kantone zum Bund verlaufen. Aus diesem Grund ist es auch in diesem Paket zentral, dass die Kantone bei der Digitalisierung der Behördenleistungen einbezogen werden und sie parallel dazu beziehungsweise in Zusammenarbeit mit dem Bund ihre Prozesse ebenfalls digitalisieren. Ziel muss es jeweils sein, alle Prozesse beim Aufbau im Überblick zu haben, um ein medienbruchfreies Umsetzen der Prozesse zu ermöglichen.

­

Sekundärnutzung für Planung, Steuerung und Forschung (vgl.

Ziff. 3.2.5): Mit diesem Paket sollen Daten für die sekundäre Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehört auch die Nutzung der Daten für die Steuerung der Gesundheitspolitik auf Ebene des Bundes und der Kantone.

Daher ist es auch zentral, dass die Kantone ihre Bedürfnisse betreffend die Sekundärnutzung der Daten einbringen können.

Basierend auf der Bedeutung der Kantone für die Umsetzung des Programms «Digisanté» wird ein enger Einbezug auf ganz unterschiedlichen Ebenen sichergestellt.

Als erstes ist hier zu nennen, dass die Kantone mit dem Generalsekretariat der GDK im Programmausschuss von «Digisanté» vertreten sind. Zudem wird das Programm «Digisanté» regelmässig an der ständigen Plattform von Bund und Kantonen zur Gesundheitspolitik (Dialog nationale Gesundheitspolitik) traktandiert. Das Programm sowie zu diskutierende Einzelvorhaben aus dem Programm können zudem im Gremium der eHealth- bzw. eGovernment-Verantwortlichen der Kantone (organisiert durch die GDK) besprochen werden. Die zentrale Thematik der verbindlichen Standards für das Gesundheitswesen wird über die FDMG bearbeitet. In dieser sind die Kantone über die GDK vertreten. eHealth Suisse, die Kompetenz- und Koordinationsstelle von Bund und Kantonen, übernimmt die Geschäftsstelle der FDMG. Auch damit wird unterstrichen, dass die Kantone, als zentrale Akteure im Gesundheitswesen, die Inhalte des Programms «Digisanté» mitprägen und mittragen sollen.

Es lässt sich festhalten, dass die Kantone von fast allen Aspekten des Programms «Digisanté» betroffen sind und deshalb auf unterschiedlichen Ebenen ins Programm eingebunden werden. Die Umsetzung des Programms wird für die Kantone auch finanzielle Auswirkungen haben, deren Höhe aktuell noch nicht abgeschätzt werden kann. Sie hängen ab von der konkreten Ausgestaltung der einzelnen Vorhaben, aber auch von den Voraussetzungen (z. B. bestehende Infrastrukturen), die in den Kantonen bereits bestehen.

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die mit dem Programm «Digisanté» geförderte digitale Transformation im Gesundheitswesen bietet erhebliche, aber kaum bezifferbare Vorteile für die Volkswirtschaft.

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So sind ­ gerade mit Blick auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel ­ effiziente interoperable Systeme entscheidend für die Aufrechterhaltung der vielzähligen Dienstleistungen im Gesundheitsbereich und damit der Pflege- und Versorgungsqualität in der Schweiz. Mit einer alternden Bevölkerung steigt die Nachfrage nach Gesundheits- und Pflegedienstleistungen. Interoperable Systeme ermöglichen es Gesundheitsdienstleistern, effizienter zu arbeiten, indem sie einen reibungslosen Austausch von Patienteninformationen gewährleisten. Dies kann zu einer höheren Qualität der Pflege führen und reduziert den administrativen Aufwand.

Die gesteigerte Verfügbarkeit hochwertiger, standardisierter und interoperabler Gesundheitsdaten kann sowohl die universitäre als auch die privatwirtschaftliche Forschung stark unterstützen, beispielsweise indem neue Therapien vermehrt in der Schweiz entwickelt werden können, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz als Forschungs- und Pharmastandort stärkt. Darüber hinaus können datengestützte Erkenntnisse dazu beitragen, effektivere und kosteneffiziente Therapien zu identifizieren, was sowohl den Patientinnen und Patienten als auch der gesamten Volkswirtschaft zugutekommt.

Durch die Verbesserung der Effizienz des Gesundheitswesens kann die digitale Transformation erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen. Effizientere Gesundheitsdienste bedeuten weniger Verschwendung. Zudem kann eine verbesserte Gesundheitsversorgung dazu beitragen, die Arbeitsfähigkeit der Bevölkerung zu erhalten und dadurch die Produktivität zu steigern.

Schliesslich soll das Programm auch dazu dienen, Planungssicherheit für die Entwicklung und den Betrieb von IT-Systemen zu schaffen. Private Anbieter, aber auch beschaffende kantonale und kommunale Stellen erlangen so die Sicherheit, dass ihre Systeme bei Einhaltung der Standards und Vorgaben des Bundes sowohl mit den übrigen Systemen kompatibel sind als auch über längere Zeit eingesetzt werden können.

Darüber hinaus müssen bei Umsetzungsprojekten, für deren erfolgreiche Umsetzung die Zusammenarbeit mit Dritten erforderlich ist, die Bedürfnisse und die Bereitschaft zur Nutzung vorliegen. Der Bundesrat resp. das EDI können hiervon Ausnahmen machen.

4.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Vorhaben, die im Rahmen des Programms «Digisanté» umgesetzt werden sollen, bieten viele Vorteile für die Bevölkerung. Der Zugang zu Gesundheitsdiensten wird erweitert, die Qualität und Effizienz der Versorgung verbessert, die medizinische Forschung unterstützt und eine bessere Planung und Steuerung von Gesundheitsdienstleistungen ermöglicht. Damit wird die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung insgesamt verbessert.

Durch die Schaffung interoperabler Systeme und die Einführung einheitlicher Standards können Gesundheitsdaten nahtlos zwischen verschiedenen Anbietern und Plattformen ausgetauscht werden, was den Abbau der Bürokratie bei den Leistungserbringern fördert. Der einfache Austausch von Gesundheitsdaten erleichtert eine umfassendere, besser koordinierte Behandlung und ermöglicht es Gesundheitsdienstleistenden, stets auf vollständige und aktuelle Patienteninformationen zuzugreifen, was 66 / 78

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die Patientensicherheit erhöht. Darüber hinaus können Patientinnen und Patienten dank der Interoperabilität ihre eigenen Gesundheitsdaten besser kontrollieren und verwalten, indem sie Zugriff auf ihre Informationen über verschiedene Plattformen und Anbieter haben.

Die Verfügbarkeit von zusätzlichen und vollständigeren Gesundheitsdaten kann die medizinische Forschung erheblich vorantreiben. Dabei können beispielsweise datenwissenschaftliche Ansätze genutzt werden, um Muster in den vorhandenen Daten zu identifizieren. Solche Muster können zur Entwicklung neuer Behandlungen, zur Verbesserung bestehender Therapien und zur Vorhersage von Krankheitsausbrüchen beitragen. Datengestützte Forschung kann auch zur personalisierten Medizin genutzt werden, bei der Behandlungen und Therapien beispielsweise besser auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden. So wird die Behandlungsqualität erheblich verbessert.

Die verbesserte Interaktion zwischen den einzelnen Systemen ermöglicht zudem auch eine bessere Sammlung, Analyse und Nutzung von Gesundheitsdaten zur Planung und Steuerung von Gesundheitsdienstleistungen. Beispielsweise kann die Analyse von Daten über die Inanspruchnahme von bestimmten Gesundheitsdienstleistungen dazu beitragen, Bereiche mit unzureichender Versorgung zu identifizieren und Ressourcen effizienter zu verteilen. Zeitnah erhobene Daten können auch verwendet werden, um auf Krisensituationen oder generell plötzliche Änderungen in der Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen zu reagieren. Schließlich können Gesundheitsdaten auch verwendet werden, um die Qualität der Gesundheitsversorgung und die Patientensicherheit zu überwachen und zu verbessern.

4.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Vorlage hat keine direkten Auswirkungen auf die Umwelt. Die entsprechenden Fragen wurden daher nicht vertieft untersucht.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den vorliegenden Kreditbeschluss ergibt sich aus Artikel 167 BV.

Die im Rahmen des Programms «Digisanté» vorgesehenen Arbeiten stützen sich auf bestehende oder im Rahmen der verfassungsmässigen Aufgaben noch zu erarbeitende Sachbereichskompetenzen (vgl. Ziff. 1.1.3). Einige der Massnahmen beinhalten daher einzig Vorbereitungs-, Projektierungs- und Koordinationsaufgaben (in der Tabelle unten: P), einschliesslich der Vorbereitung von Gesetzesentwürfen in Bezug auf den Einsatz elektronischer Mittel durch die zuständigen Bundesstellen. Eine Umsetzung ist hingegen nur bei einer spezifischen Kompetenz möglich (in der Tabelle unten: U).

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Paket 1 «Voraussetzungen für die digitale Transformation»

Fachgruppe Datenmanagement im Gesundheitswesen (FDMG) Architektur für das Gesundheitsökosystem definieren und entwickeln

U

Art. 57 RVOG

U

Fachliche Erarbeitung und Koordination der Datenstandards, Verstetigung in einem Institut

P

Sicherheit im Gesundheitsökosystem

U

Identifikatorenkonzept

U

Förderung der Nutzung von digitalen Gesundheitsanwendungen Pflege und Weiterentwicklung von bestehenden und zukünftigen Systemen der medizinischen Klassifikation

U

Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten im Rahmen der Sachzuständigkeiten des EDI (BAG/BFS) Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten sowie gesetzliche Grundlage im Rahmen bestehender Bundesaufgaben erarbeiten: Art. 7 RVOG Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten im Rahmen der Sachzuständigkeiten des EDI (BAG/BFS) Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten im Rahmen der Sachzuständigkeiten des EDI (BAG/BFS) Art. 33 ff. KVG

Bundesstelle für semantische Standards im Gesundheitswesen

P

U

Art. 4 und 5 BStatG (i. V. m. Anhang Ziff. 62 der Statistikerhebungsverordnung vom 30. Juni 199367) (Art. 59a und 59abis KVV) Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten sowie gesetzliche Grundlage im Rahmen bestehender Bundesaufgaben erarbeiten: Art. 7 RVOG

Paket 2 «Nationale Infrastruktur»

Aufbau eines Spitalregisters (Spireg)

U

Organ- und Gewebespenderegister U Leistungserbringerregister (Lereg) U Terminologieserver, Basis- und Register- P dienste sowie Gouvernanzmodell der nationalen Gesundheitsdiensteinfrastruktur Infrastruktur für Entwicklung und Betrieb von Diensten im Datenraum Gesundheit

67 68 69

SR 431.012.1 SR 431.903 BBl 2021 2328

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P

Art. 39 KVG Art. 10 Abs. 3 und 19 BstatG Art. 11 UIDG (Art. 3, 9a, 10 und 12 der Verordnung vom 30. Juni 199368 über das Betriebs- und Unternehmensregister) Art. 10a nTransplantationsgesetz69 Art. 40a ff. KVG Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten sowie gesetzliche Grundlage im Rahmen bestehender Bundesaufgaben erarbeiten: Art. 7 RVOG Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten sowie gesetzliche Grundlage im Rahmen bestehender Bundesaufgaben erarbeiten: Art. 7 RVOG

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Paket 2 «Nationale Infrastruktur»

Harmonisierung der Gesundheitsberuferegister

U

Dienste für die Unterstützung des Datenaustausches

P

Register betreffend die Gesundheitsversorgung

U

Art. 51 MedBG Art. 38 PsyG Art. 23 GesBG Art. 40a­40f nKVG Art. 10 BstatG Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten sowie gesetzliche Grundlage im Rahmen bestehender Bundesaufgaben erarbeiten: Art. 7 RVOG Art. 10 Abs. 3 BstatG Art. 60 EpG Art. 51 MedBG Art. 38 PsyG Art. 14 und 21 KRG Art. 23 GesBG Art. 10a nTransplantationsgesetz

Paket 3: «Behördenleistungen digitalisieren»

Plattform für die Überwachung und U Meldung übertragbarer Krankheiten Erneuerung des Informationssystems U Aufsicht der Krankenversicherung (ISAK) Spitalstationäre Gesundheitsversorgung U (Spiges) Elektronische Plattform Leistungen (EPL) U Once-Only-Prinzip bei Datenflüssen U

70

Art. 11, 12 und 60 EpG Art. 21 KVG Art. 35 KVAG Art. 59a KVG Art. 52 KVG (i. V. m. Art. 71 Abs. 6 KVV) Umsetzung in sämtlichen Melde-, Bewilligungs- und Zulassungsverfahren in der Kompetenz des EDI (BAG/BFS): z. B. auf Grundlage von: ­ Art. 14 und 35 StSG ­ Art. 4 und 19 BstatG ­ Art. 21 KVG ­ Art. 40a nKVG70

AS 2021 413

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Paket 3: «Behördenleistungen digitalisieren»

Elektronische Portale Gesundheit und Umwelt (EPGU)

U

Vigilanzmeldesystem in der Transplantation Todesursachen- und Todesfallstatistik

U U

Digitalisierung des Vollzugs des Medizi- U nalberufegesetzes Erneuerung des Prämienrechners U (Priminfo)

Umsetzung in sämtlichen Melde-, Bewilligungs- und Zulassungsverfahren in der Kompetenz des EDI (BAG/BFS): z. B. auf Grundlage von: ­ Art. 27 ChemG ­ Art. 14 StSG ­ Art. 11 des Bundesgesetzes vom 16. Juni 201771 über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall ­ Art. 5 Abs. 1bis und 18d­18f und 29a BetmG ­ Art. 26 des Tabakproduktegesetzes vom 1. Oktober 202172 ­ Art. 47 und 62c HMG Art. 36a ff. E-Transplantationsgesetz Art. 4 und 5 BstatG Art. 11 ff. ZGB (Anhang Ziff. 10 und 50 der Statistikerhebungsverordnung, Art. 52 der Zivilstandsverordnung vom 28. April 200473) Art. 51 und 60 MedBG

Monitoring der Pflicht zur Weitergabe von Vergünstigungen gemäss KVG Krebsregistrierungssoftware Ausnahmebewilligungen für Betäubungsmittel (Autostup) Schweizerisches Organzuteilungssystem

U

Art. 84a Abs. 3 KVG Art. 57l Buchstabe b Ziffer 1 RVOG Art. 56 Abs. 3 und 82a KVG

U U

Art. 14 und 21 KRG Art. 18d und 18e BetmG

U

Datenlandschaft der Gesundheitsversorgung

U

Art. 19 Abs. 4 Transplantationsgesetz und Art. 23a ff. E-Transplantationsgesetz Art. 21 KVG

Paket 4: «Sekundärnutzung für Planung, Steuerung und Forschung»

Datenraum für die gesundheitsbezogene Forschung (Umsetzung des Postulats Humbel)

P

Massnahme 4 aus dem Bundesratsbericht P zur Verbesserung des Datenmanagements, Weiterentwicklung der Datenauswertungen

71 72 73

SR 814.71 BBl 2021 2327 SR 211.112.2

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Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten sowie gesetzliche Grundlage im Rahmen bestehender Bundesaufgaben erarbeiten: Art. 7 RVOG Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten sowie gesetzliche Grundlage im Rahmen bestehender Bundesaufgaben erarbeiten: Art. 7 RVOG

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Paket 4: «Sekundärnutzung für Planung, Steuerung und Forschung»

Monitoring der Kosten für die obligatorische Krankenpflegeversicherung

U

Open Government Data (OGD)

U

Nationale Krebsstatistik / Krebsmonitoring

P

Plattform zur Analyse von KrankheitsU daten (Diseases Data Analytics Plattform) Sekundärnutzung für die Forschung P

5.2

Art. 21 KVG Art. 2 RVOG Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten; Umsetzung für sämtliche in Betracht fallende Datenbestände in der Kompetenz des EDI (BAG/BFS) i. V. m. Art. 10 EMBAG Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten (einschliesslich der Prüfung der Machbarkeit eines Kompetenzzentrums) sowie gesetzliche Grundlage im Rahmen bestehender Bundesaufgaben erarbeiten: Art. 7 RVOG Art. 60 EpG Koordinations- und Konzipierungstätigkeiten (einschliesslich der Prüfung der Machbarkeit einer Plattform) sowie gesetzliche Grundlage im Rahmen bestehender Bundesaufgaben erarbeiten: Art. 7 RVOG

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz im Bereich der Gesundheit vereinbar. Gleichzeitig spielen die Berücksichtigung internationaler Erfahrungen sowie der Einsatz national und international anerkannter Standards bei der Umsetzung des Programms «Digisanté» eine zentrale Rolle. Damit sollen die Interoperabilität und die Anschlussfähigkeit des Schweizer Gesundheitswesens an internationale Projekte und Initiativen im Bereich der digitalen Gesundheit gewahrt bleiben (vgl. Ziff. 1.2.5). Ergeben sichbei der Schaffung entsprechender Rechtsgrundlagen im Rahmen der Umsetzung der einzelnen Vorhaben mögliche Berührungspunkte mit internationalen Verpflichtungen, namentlich im Bereich des Datenschutzes, ergeben, so sind diese im jeweils konkreten Fall anzugehen.

5.3

Erlassform

Nach Artikel 163 Absatz 2 BV und Artikel 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200274 ist für den vorliegenden Fall ein Erlass in der Form des einfachen, also nicht dem Referendum unterstehenden Bundesbeschlusses vorgesehen.

74

SR 171.10

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5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedarf Artikel 1 des vorliegenden Bundesbeschlusses der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, da der beantragte Verpflichtungskredit neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken nach sich zieht.

5.5

Datenschutz

Die vorliegende Botschaft bezieht sich auf keine Erlasse, für deren Vollzug die Bearbeitung von Personendaten notwendig ist. Hingegen ist die nachfolgende Umsetzung der einzelnen Vorhaben praktisch durchgehend mit der Bearbeitung von (teilweise besonders schützenswerten) Personendaten verbunden. Die Sicherstellung des Datenschutzes und die Schaffung der erforderlichen Rechtsgrundlagen erfolgt daher einerseits durch geeignete Rahmenbedingungen auf der Programmebene und anderseits im Rahmen der einzelnen Vorhaben.

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Abkürzungsverzeichnis BAG BFS BIT BK «Digisanté» DTI EDI EPD EPL EPGU FDMG GDK ICD IKT ISAK IT Lereg LOINC NaDB NFP OECD OGD OKP SNOMED CT SPHN-DCC Spiges Spireg VBS WHO

Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Statistik Bundesamt für Informatik und Telekommunikation Bundeskanzlei Programm zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen («Digi» für digital; «santé» = Französisch für Gesundheit) Bereich Digitale Transformation und IKT-Lenkung der BK Eidgenössisches Departement des Innern Elektronisches Patientendossier Elektronische Plattform Leistungen Elektronische Portale Gesundheit und Umwelt Fachgruppe Datenmanagement im Gesundheitswesen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems Informations- und Kommunikationstechnologie Informationssystem Aufsicht der Krankenversicherung Informationstechnologie Leistungserbringerregister Logical Observation Identifiers Names and Codes Nationale Datenbewirtschaftung Nationales Forschungsprogramm Organisation für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Open Government Data obligatorische Krankenpflegeversicherung Systematized Nomenclature of Medicine Clinical Terms Data Coordination Center des Swiss Personalized Health Networks Spitalstationäre Gesundheitsversorgung Spitalregister Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Weltgesundheitsorganisation

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Glossar Begriff

Erklärung

Basisdienste

IKT-Dienste, die ein System zwingend benötigt, um lauffähig zu sein.

Consent Management

Die digitale Verwaltung von Einwilligungen durch die betroffenen Personen, welche für alle Erhebungen oder Studien für Forschungszwecke nach dem HFG angewandt werden können.

Digitale Transformation

Gesamtheit der Veränderungsprozesse, die durch neue digitale Technologien ausgelöst werden und Unternehmen, Organisationen, Institutionen sowie die Gesellschaft als Ganzes betreffen.

Europäischer Raum für Gesund- Ein gesundheitsspezifisches Ökosystem, das aus heitsdaten (European Health Data Vorschriften, gemeinsamen Standards und VerSpace, EHDS) fahren, Infrastrukturen und einem GouvernanzRahmen besteht.

Eindeutiger Identifikator

Eindeutiges künstliches Merkmal oder Attribut, das zur Identifizierung eines Objekts dient und in der Regel aus alphanummerischen Zeichen besteht. Auch Menschen können einen Identifikator erhalten (Personenidentifikator).

Elektronisches Patientendossier (EPD)

Fakultatives virtuelles Dossier, das dazu dient, in einem konkreten Behandlungsfall den Gesundheitsfachpersonen behandlungsrelevante Daten zugänglich zu machen.

Gesundheitsfachperson

Nach eidgenössischem oder kantonalem Recht anerkannte Fachperson, die im Gesundheitsbereich Behandlungen durchführt oder anordnet oder im Zusammenhang mit einer Behandlung Heilmittel oder andere Produkte abgibt.

Gouvernanz

Gesamtheit der Regelungen und der rechtlichen, koordinativen und weiteren Steuerungs- und Lenkungsmassnahmen, die beispielsweise für die Nutzung der Infrastrukturen, die primäre und sekundäre Nutzung von Gesundheitsdaten usw.

benötigt werden.

ICD 10 / ICD 11

Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme zur Kodierung von Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung.

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Begriff

Erklärung

Informationelle Selbstbestimmung

Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen.

Interoperabilität

Summe der technischen, organisatorischen, rechtlichen und semantischen Voraussetzungen für einen nahtlosen Austausch von Daten. Auf der technischen Ebene die Fähigkeit unabhängiger, heterogener Informatiksysteme, möglichst nahtlos zusammenzuarbeiten, sodass Informationen auf effiziente und verwertbare Art und Weise ausgetauscht beziehungsweise der Benutzerin oder dem Benutzer zur Verfügung gestellt werden können. Dazu ist in der Regel die Einhaltung gemeinsamer Standards notwendig.

Leistungserbringer

Diejenigen Personengruppen, die (paramedizinische, medizinische, pflegerische) Leistungen für die Versicherten der Krankenkassen erbringen.

LOINC

Logical Observation Identifiers Names and Codes: Kodierung von Labormessungen und von klinischen und medizinisch-technischen Untersuchungen.

Medienbruch

Wechsel des informationstragenden Mediums (z. B. Papier / elektronischer Datenträger) innerhalb eines Informationsbeschaffungs- oder -verarbeitungsprozesses.

Metadaten

Daten, die Informationen über andere Daten enthalten, bei einem Dokument beispielsweise die Angaben zur Autorin oder zum Autor, zum Zeitpunkt der Erstellung usw.

Nomenklatur

Ordnungssystem zur Klassifizierung und Darstellung von Merkmalsausprägungen. Möglichst vollständige Benennungen der Fachbegriffe eines Gebiets, wobei zwischen den Objekten keine vollständig definierte und vor allem keine systematische oder hierarchische Beziehung bestehen muss. Beispiele sind LOINC oder SNOMED CT.

OGD

Daten des öffentlichen Sektors, die im Interesse der Allgemeinheit kostenlos zur freien Nutzung zugänglich gemacht werden, soweit dies gesetzlich zulässig ist.

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Begriff

Erklärung

Once-Only-Prinzip

Prinzip, wonach Privatpersonen und Unternehmen Behörden ihre Daten zur Verringerung des Aufwands auf beiden Seiten nur noch einmal melden und wonach diese Daten so aufbereitet sind, dass sie mehrfach genutzt werden können.

Primärsystem

Praxis- und Klinikinformationssysteme eines Spitals, einer Arztpraxis oder Apotheke oder einer Therapeutin oder eines Therapeuten, in denen die interne elektronische Krankengeschichte der Patientinnen und Patienten geführt wird. Diese interne elektronische Krankengeschichte oder -akte ist die primäre Basis für alle behandlungsrelevanten Entscheidungen. Im Gegensatz dazu wird das elektronische Patientendossier als Sekundärsystem positioniert, das lediglich als Quelle für weitere medizinische Daten dienen soll.

Semantik

Lehre von der Wortbedeutung, Sinn und Inhalt einer Information. Im Bereich der Informatik ist der semantische Aspekt einer Information von Zeichen und deren Anordnung abhängig. Bei einem Programm werden die Bedeutungsinhalte durch Programmzeilen dargestellt. Da Computer keine Interpretationsmöglichkeiten haben, müssen die Programmzeilen aus einer exakten Syntax und einer eindeutigen Semantik bestehen. Zu diesem Zweck werden die semantischen Sprachelemente durch Zeichen, Ziffern und Befehle dargestellt.

SNOMED CT

Terminologiesystem für die Kodierung von medizinischen Begriffen mithilfe mehrerer semantischer Achsen. SNOMED CT ist das grösste medizinische Terminologiesystem, das auch als Referenzterminologiesystem benutzt werden kann.

Stammdaten

Zustandsorientierte Daten, die der Identifikation, Klassifikation und Charakterisierung von Sachverhalten dienen und die unverändert über einen längeren Zeitraum zur Verfügung stehen. Sie werden auch als feste Daten bezeichnet.

Standards

Vorgeschriebene, vereinbarte, empfohlene oder standardisierte Inhalte für einen theoretischen oder praktischen Sachverhalt.

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Begriff

Erklärung

Tarmed

Tarifstruktur, die der Abrechnung von ambulanten ärztlichen Leistungen in Arztpraxen und Spitälern mit einem Einzelleistungstarif dient.

Telemedizin

Medizin, bei der die Interaktion zwischen Ärztin oder Arzt und Patientin oder Patient nicht in direktem physischem Kontakt, sondern aus räumlicher oder auch zeitlicher Entfernung erfolgt.

Telemonitoring

Mittels elektronischer Technologie durchgeführte Überwachung und Übertragung von je nach Krankheit relevanten klinischen Daten zum Gesundheitszustand einer Patientin oder eines Patienten über eine räumliche (regionale) Distanz.

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