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20.505 Parlamentarische Initiative Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten gewährleisten Bericht des Büros des Nationalrats vom 17. November 2023

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf1 zu einer Änderung der Verordnung der Bundesversammlung zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (ParlVV).

Das Büro beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

17. November 2023

Im Namen des Büros Der Präsident: Martin Candinas

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Übersicht Am 18. Dezember 2020 wurde die pa.Iv 20.505 Suter Gabriela «Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten gewährleisten» eingereicht. Die parlamentarische Initiative verlangt, dass die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, um die Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten im National- und Ständerat zu gewährleisten. Der Live-Stream soll mit Untertiteln versehen werden, damit auch gehörlose und schwerhörige Menschen diese mitverfolgen können.

Zudem sei zu prüfen, inwieweit ausgewählte Debatten auch in Gebärdensprache übersetzt werden können. Beide Räte haben der parlamentarischen Initiative Folge gegeben. Das Büro schlägt vor, in der Parlamentsverwaltungsverordnung (ParlVV; SR 171.115) Artikel 14 (Direktübertragungen) mit einem entsprechenden Passus zu ergänzen.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Die Pa.Iv 20.505 Suter Gabriela «Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten gewährleisten» wurde am 18. Dezember 2020 eingereicht. Sie wurde dem Büro des Nationalrats (Büro-N) zur Vorberatung zugeteilt. Die parlamentarische Initiative verlangt, dass die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, um die Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten im National- und Ständerat zu gewährleisten. Der Live-Stream soll mit Untertiteln versehen werden, damit auch gehörlose und schwerhörige Menschen die Debatten mitverfolgen können. Zudem sei zu prüfen, inwieweit ausgewählte Debatten auch in Gebärdensprache übersetzt werden können. Das Büro hat der Pa.Iv am 7. Mai 2021 Folge gegeben, das Büro des Ständerats lehnte diese am 27. August 2021 ab.

Der Nationalrat beschloss am 15. März 2022 Folge zu geben, der Ständerats erteilte am 21. September 2022 ebenfalls seine Zustimmung.

Am 17. November 2023 hat das Büro den beiliegenden Entwurf einstimmig zuhanden des Nationalrats verabschiedet.

Gemäss Artikel 3a des Vernehmlassungsgesetzes (VlG; SR 172.061) kann auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden, wenn «das Vorhaben vorwiegend die Organisation oder das Verfahren von Bundesbehörden (...) betrifft». Gemäss Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG; SR 171.10) verzichtet das Büro darauf, seinen Bericht und Erlassentwurf dem Bundesrat zur Stellungnahme weiterzuleiten, weil es sich um Bestimmungen über die Organisation der Bundesversammlung handelt, die nicht im Gesetz festgelegt sind und die den Bundesrat nicht unmittelbar betreffen.

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Grundzüge

Mit der vorgeschlagenen Revision wird verankert, dass die Direktübertragungen aller Ratsdebatten, die durch die Parlamentsdienste als Livestream zur Verfügung gestellt werden, mit Untertiteln in der Sprache der Rednerin oder des Redners versehen werden und so der barrierefreie Zugang gewährleistet wird. Damit wird ein Beitrag zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am politischen Leben im Sinn der UNBehindertenrechtskonvention geleistet. Mit der vorgeschlagenen Änderung und deren Umsetzung können rund 600 000 hörbehinderte Menschen in der Schweiz (Quelle: Schweizerischer Hörbehindertenverband) die Ratsdebatten in der Originalsprache barrierefrei mitverfolgen. Die Untertitelung kann zudem ein nützliches Hilfsmittel für alle Nutzerinnen und Nutzer des Livestreams sein. Mit einer Einführung einer Untertitelung, würde die Bundesversammlung einen ähnlichen Ansatz wählen, wie zahlreiche andere europäische Parlamente. Eine Umfrage im Frühjahr 2023, an der 15 Parlamente teilnahmen, hat ergeben, dass fünf davon (z.B. Deutscher Bundestag, Assemblée nationale, House of commons) eine Untertitelung anbieten, eines (Nationalrat Österreich) eine komplette Gebärdenverdolmetschung; mehrere Parlamente 3/6

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stellen bei einzelnen Debatten eine Gebärdenverdolmetschung zur Verfügung (z.B.

Luxemburg); sieben Parlamente bieten keinen barrierefreien Zugang an, oder sind in der Phase von Abklärungen (z.B. Europäisches Parlament).

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Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

3.1

Verordnung der Bundesversammlung zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung

Art. 14 Abs. 2 Direktübertragung Gemäss Artikel 4 Absatz 1 ParlG sind die Sitzungen der Räte und der Vereinigten Bundesversammlung öffentlich. In Artikel 14 der Parlamentsverwaltungsverordnung wird festgehalten, dass diese Öffentlichkeit unter anderem durch eine Direktübertragung sichergestellt wird Der neu eingefügte Absatz 2 regelt, dass die durch die Parlamentsdienste auf www.parlament.ch angebotene Direktübertragung der Debatten der Räte und der Vereinigten Bundesversammlung für den barrierefreien Zugang mit Untertiteln versehen werden.

Damit wird die Hauptforderung der parlamentarischen Initiative umgesetzt. Die genaue Form der Untertitelung wird offengelassen, was eine gewisse Flexibilität bei der technischen Umsetzung oder einer Anpassung an künftige Bedürfnisse zulässt. Das Büro des Nationalrats hat in einer ersten Diskussion angeregt, eine Umsetzung unter Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) zu prüfen. Entsprechende Abklärungen im Rahmen einer Vorstudie haben ergeben, dass dies grundsätzlich möglich sein sollte.

Eine Herausforderung wird, neben der nötigen Qualität der Spracherkennung, vor allem die Frage des Sprachwechsels sein. Vorgesehen ist der Einsatz eines professionellen Systems basierend auf automatischer Spracherkennung, allenfalls ergänzt durch eine manuelle Korrektur. Die Interviews die im Rahmen einer Vorstudie mit Betroffenen und einem Vertreter des Schweizerischen Gehörlosenbunds geführt wurden, zeigten, dass die Bedürfnisse hörbehinderter Menschen mit Untertiteln erfüllt werden, idealerweise mit einem separaten Textfeld. Eine Untertitelung kann nicht nur von Gehörlosen, sondern auch von hörbehinderten Personen benutzt werden und dient ergänzend auch dem breiten Publikum als Orientierungshilfe bei der Nutzung der Übertragung ohne Ton. Die Untertitelung ist einzig eine Verständnishilfe für die Liveübertragung in der Sprache der Rednerin oder des Redners und steht im Videoarchiv nachträglich nicht zur Verfügung. Die definitive und rechtsverbindliche Verschriftlichung findet weiterhin im Amtlichen Bulletin statt. Rund eine Stunde nach der Debatte steht dort der provisorische Text des Wortprotokolls zur Verfügung.

Die in der parlamentarischen Initiative erwähnte Prüfung einer zusätzlichen Verdolmetschung durch Gebärdensprache steht nach der ersten Diskussion im Büro des
Nationalrats nicht im Vordergrund und wird in der Anpassung von Artikel 14 ParlVV nicht erwähnt. Es ist jedoch grundsätzlich möglich, eine punktuelle Verdolmetschung einzelner Debatten auch ohne rechtliche Anpassung in einer späteren Phase zu prüfen oder umzusetzen.

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Inkrafttreten Das Inkrafttreten wird, sobald die technische Umsetzung erfolgt ist, durch die Koordinationskonferenz festgelegt. Voraussichtlich dürfte dies rund 12­18 Monate nach Verabschiedung der Vorlage in den Räten der Fall sein.

3.2

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die vorgeschlagene Änderung und deren Umsetzung, verursacht für die Bundesversammlung bzw. die Parlamentsdienste zusätzliche Kosten. Eine Untertitelung muss durch eine spezielle Software respektive durch eine externe Firma umgesetzt werden und anschliessend in das bestehende Webangebot integriert werden. Aufgrund erster Tests sowie einer Vorstudie ist davon auszugehen, dass je nach gewählter Lösung einmalige Investitionskosten von 50 000 bis 100 000 Franken anfallen und jährlich wiederkehrende Kosten von 100 000 bis ca. 250 000 Franken für Betrieb, Unterhalt und Weiterentwicklung. Damit liegen die zu veranschlagenden Kosten deutlich unter der ersten Kostenschätzung von rund 600 000 Franken. Der finanzielle Aufwand bleibt vergleichsweise hoch, weil zwei Kammern und je drei Sprachen abgedeckt werden müssen. Mit zusätzlichem Personalaufwand bei den Parlamentsdiensten ist nicht zu rechnen.

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Rechtliche Grundlagen

Gemäss Artikel 5 Absatz 2 ParlG werden die Verwendung von Ton- und Bildübertragungen aus den Ratssälen in einer Verordnung der Bundesversammlung oder durch die Ratsreglemente geregelt. Die vorgeschlagene Änderung wird mit einer Änderung der ParlVV unterbreitet.

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