BBl 2024 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

Behördenkommunikation vor Abstimmungen Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 19. Juni 2023

2023-3785

BBl 2024 65

BBl 2024 65

Schlüsselbegriffe

Freie Willensbildung Die freie Willensbildung wird von der Bundesverfassung garantiert (Art. 34 Abs. 2). Dies bedeutet, dass die Kommunikation der Behörden vor Abstimmungen gewisse rechtliche Grundsätze wie Vollständigkeit, Sachlichkeit, Transparenz und Verhältnismässigkeit einhalten muss.

Abstimmungsbüchlein des Bundesrates Der Bundesrat muss die Abstimmungsvorlagen sachlich erläutern und die Meinungen der Minderheiten darlegen. Das Abstimmungsbüchlein mit den Erläuterungen wird von der Bundeskanzlei in Zusammenarbeit mit den Departementen verfasst.

Öffentliche Äusserungen Der Bundesrat organisiert eine Medienkonferenz, an der er die Stimmberechtigten über die Abstimmungsvorlagen und seine Positionen informiert. Die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher können sich danach im Namen des Bundesrates in den Medien, an Sitzungen oder in Debatten äussern.

Beiträge in den sozialen Medien Die Behörden verfügen über verschiedene offizielle Accounts in diversen sozialen Medien mit dem Ziel, Informationen zu verbreiten und mit einem grösseren Zielpublikum auszutauschen.

2 / 60

BBl 2024 65

Das Wichtigste in Kürze Die Behördenkommunikation vor Abstimmungen ist bedingt zweckmässig. Das Abstimmungsbüchlein mit den Erläuterungen des Bundesrates wird von der Bevölkerung breit genutzt. Die Weisungen der Bundeskanzlei für die Redaktion dieser Erläuterungen sind geeignet, doch die Departemente beachten sie wenig. Zudem haben die Departemente unterschiedliche Auffassungen über die Behördenkommunikation vor Abstimmungen und setzen sie unterschiedlich um. Die rechtlichen Grundsätze werden dennoch bis auf wenige Ausnahmen eingehalten.

Die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) beauftragten die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) im Januar 2022 mit einer Evaluation der Behördenkommunikation vor Abstimmungen.

An ihrer Sitzung vom 25. Mai 2022 hat die zuständige Subkommission EJPD/BK der GPK des Nationalrates (GPK-N) beschlossen, dass sich die Evaluation mit den Weisungen, Strategien und Prozessen der Kommunikation vor Abstimmungen und deren Umsetzung befassen soll. Zudem solle die PVK bei vier Abstimmungen, bei denen die Kommunikation der Behörden kritisiert worden war, deren Inhalte untersuchen.

Schliesslich solle sie die Unterschiede bei der Intensität der Behördenkommunikation sowie die Nutzung der kommunizierten Inhalte durch die Stimmbürgerinnen und -bürger prüfen.

Zu diesem Zweck unterzog die PVK die Grundlagen der Behördenkommunikation vor Abstimmungen einer Dokumentenanalyse. Ausserdem führte sie rund zwanzig Interviews mit Mitarbeitenden der Bundesverwaltung durch. Im Weiteren erteilte sie ein externes Mandat für die juristische Begleitung bei der Erarbeitung eines Analyserasters, das hauptsächlich dazu diente, die kommunizierten Inhalte bei vier Abstimmungen, bei denen die Kommunikation kritisiert worden war, zu beurteilen. Ferner führte die PVK statistische Analysen zu den Intensitätsunterschieden bei der Kommunikation und der Nutzung der kommunizierten Inhalte durch die Stimmbevölkerung durch.

Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse vorgestellt.

Die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates sind wichtig für die Willensbildung, die sozialen Medien spielen hingegen eine untergeordnete Rolle Die Analysen der PVK zeigen, dass das Abstimmungsbüchlein mit den Erläuterungen des Bundesrates und die Zeitungsberichte von grosser Bedeutung sind für die
Willensbildung der Stimmbürgerinnen und -bürger, und zwar über alle Altersgruppen, Bildungsniveaus und politischen Gesinnungen hinweg. Die sozialen Medien hingegen sind deutlich weniger wichtig, wenn es darum geht, sich über Abstimmungen zu informieren ­ auch bei jungen Erwachsenen (Ziff. 6.1). Darüber hinaus ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Erläuterungen des Bundesrates hoch. Leicht verständlich sind sie hingegen nicht, zumal die rechtlichen Anforderungen, denen sie unterliegen, eine Vereinfachung erschweren (Ziff. 6.2).

3 / 60

BBl 2024 65

Die Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates sind angemessen, werden aber von den Departementen wenig genutzt Die Bundesverwaltung verfügt über zahlreiche Dokumente, die als Grundlage für die Behördenkommunikation vor Abstimmungen dienen. Diese sind kohärent und weitgehend klar (Ziff. 3.1). Die Grundsätze, die bei der Kommunikation vor Abstimmungen zu beachten sind, bleiben im allgemeinen Leitbild abstrakt, werden dagegen in den Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates angemessen konkretisiert (Ziff. 3.2). Die beteiligten Departemente nutzen die Weisungen jedoch wenig, weil sie davon ausgehen, dass die Bundeskanzlei (BK) die Einhaltung der rechtlichen Grundsätze kontrolliert. Dieses mangelnde Verantwortungsbewusstsein führt oft dazu, dass sich der Redaktionsprozess in die Länge zieht (Ziff. 4.1). Die Departemente überprüfen, ob die verschiedenen von den Verwaltungseinheiten vorbereiteten Kommunikationsinhalte angemessen sind, jedoch wird nicht immer eine Vier-Augen-Kontrolle durch Personen mit dem erforderlichen Fachwissen durchgeführt (Ziff.4.3).

Die Kompetenzverteilung ist in den Grundlagen für die Behördenkommunikation nicht umfassend geregelt, aber die Koordination in der Praxis ist angemessen In Bezug auf die Abstimmungserläuterungen ist die BK für die Redaktion verantwortlich und die federführenden Departemente für die Inhalte. Zwar gibt es zwischen «Redaktion» und «Inhalt» eine Grauzone, doch stellt diese Aufgabenverteilung sicher, dass die BK die Verantwortung für die Angemessenheit und Rechtskonformität der Informationen wahrnimmt, während die Departemente in der Verantwortung stehen, genau, aktuell und detailliert zu informieren. Insgesamt wird der BK Professionalität im Redaktionsprozess bescheinigt, und ihre redaktionellen Anpassungen dienen dem Ziel, die rechtlichen Grundsätze einzuhalten. In Bezug auf öffentliche Äusserungen und Beiträge in den sozialen Medien lassen die Grundlagen für die Behördenkommunikation offen, welche Ebene zu welchem Aspekt kommunizieren muss. In der Praxis findet eine tägliche Koordination über die Konferenz der Informationsdienste (KID) statt. Die KID ist auch als Plattform für strategische Fragen und den Austausch von Best Practices hilfreich (Ziff. 3.3 und 4.2).

Die kommunizierten Inhalte
entsprechen mehrheitlich ­ mit punktuellen Ausnahmen ­ den rechtlichen Grundsätzen In den vier näher untersuchten Vorlagen wurden die rechtlichen Grundsätze der Behördenkommunikation vor Abstimmungen im Allgemeinen eingehalten, sprich die Inhalte waren vollständig, sachlich, transparent und verhältnismässig. Allerdings wurden zu jedem Grundsatz punktuelle Mängel festgestellt, die sich häufig mit der medialen Kritik an der Behördenkommunikation in diesen vier Fällen deckten: Die Abstimmungserläuterungen zum Referendum zum Filmgesetz waren unvollständig und nicht durchgehend transparent; die Detailausführungen in den Abstimmungserläuterungen zum Referendum zu den Kinderabzügen waren in einem Punkt eher argumentativ als faktenbasiert; die öffentlichen Äusserungen und die Beiträge in den sozialen Medien im Zusammenhang mit der Pestizidinitiative entsprachen nur teilweise dem Grundsatz der Sachlichkeit, und bei der Initiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen ­ zum Schutz von Mensch und Umwelt» (Konzernverantwortungs-

4 / 60

BBl 2024 65

initiative) ist die Transparenz und die Verhältnismässigkeit der Kommunikation infrage gestellt, wie im nächsten Abschnitt erläutert wird (Ziff. 5.1).

Die Auffassungen der Departemente zu einer verhältnismässigen Kommunikation und zur Grenze zwischen Information und Kampagne sind unterschiedlich Auffällig sind die unterschiedlichen Auffassungen der Departemente dazu, was unter einer verhältnismässigen Kommunikation zu verstehen ist: Einige legen den Begriff der Verhältnismässigkeit eng aus, weshalb ihre Kommunikation kaum über das hinausgeht, was standardmässig für sämtliche Abstimmungen vorgesehen ist; andere hingegen legen die Verhältnismässigkeit breiter aus, was dazu führt, dass sie sich bei bestimmten Abstimmungsvorlagen in zahlreichen Medien sowie an öffentlichen Veranstaltungen äussern und auch auf den sozialen Medien aktiv sind. Die Analysen der PVK zeigen, dass die Departemente die Grenze zwischen Information und Kampagne sehr unterschiedlich ziehen (Ziff. 4.1). Die Grundlagen für die Behördenkommunikation vor Abstimmungen verbieten es, eine «Kampagne» zu führen; allerdings wird der Begriff nicht genauer definiert (Ziff. 3.2). Bei der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative sah das Departement eine Kommunikation vor, die eher auf die Ablehnung der Initiative als auf die Information der Stimmberechtigten ausgerichtet war. Nach Ansicht der PVK überschritt die vorgesehene Art und Weise der Kommunikation die Grenze zwischen Information und Kampagne, was einer verhältnismässigen Kommunikation zuwiderläuft (Ziff. 5.1).

Die Behörden kommunizieren vor Abstimmungen unterschiedlich intensiv, aber jeweils angemessen im Vergleich zum Umfang der Medienberichterstattung Obwohl es zwischen den Departementen unterschiedliche Auffassungen von Verhältnismässigkeit gibt, spiegelte die Kommunikation der Behörden vor den Abstimmungen im Grossen und Ganzen die Intensität der jeweiligen Medienberichterstattung wider.

Der Bundesrat hatte keine dominante Position in der Berichterstattung der Medien, selbst nicht in Fällen wie der Konzernverantwortungsinitiative, in denen die Behörden intensiv kommunizierten. Dies spricht dafür, dass der Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Behördenkommunikation vor Abstimmungen im Allgemeinen eingehalten wird (Ziff. 5.2).

5 / 60

BBl 2024 65

Inhaltsverzeichnis Schlüsselbegriffe

2

Das Wichtigste in Kürze

3

1

Einleitung 1.1 Ausgangslage und Fragestellungen der Evaluation 1.2 Vorgehen 1.3 Mehrwert und Grenzen der Evaluation 1.4 Aufbau des Berichts

8 8 9 12 13

2

Behördenkommunikation vor Abstimmungen 2.1 Rechts- und Kommunikationsgrundlagen 2.2 Anwendung der Kommunikationsgrundlagen 2.3 Kommunizierte Inhalte 2.4 Nutzung der kommunizierten Inhalte

13 13 15 16 17

3

Kommunikationsgrundlagen 3.1 Die Grundlagen sind kohärent und weitgehend klar 3.2 Die rechtlichen Grundsätze sind uneinheitlich konkretisiert 3.2.1 Vollständigkeit 3.2.2 Sachlichkeit 3.2.3 Transparenz 3.2.4 Verhältnismässigkeit 3.3 Die Kompetenzverteilung ist in den Grundlagen nicht umfassend geregelt

17 18 21 21 22 22 23

Anwendung der Kommunikationsgrundlagen 4.1 Die Grundlagen werden wenig genutzt und ihre Anwendung ist uneinheitlich 4.2 Die Koordination der BK, insbesondere durch die KID, ist zweckmässig und wird als solche anerkannt 4.3 Die Überwachung durch die Departemente ist nicht immer angemessen

25

Inhalte der Kommunikation 5.1 Die Inhalte der Kommunikation entsprachen den rechtlichen Grundsätzen ­ mit punktuellen Ausnahmen 5.1.1 Vollständigkeit 5.1.2 Sachlichkeit 5.1.3 Transparenz 5.1.4 Verhältnismässigkeit 5.2 Die Behörden nehmen keine dominante Stellung in der Berichterstattung ein

31

Nutzung der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates

42

4

5

6

6 / 60

24

26 28 30

31 32 33 36 37 39

BBl 2024 65

6.1 6.2 7

Die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates werden breit genutzt Das Vertrauen in die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates ist hoch, obwohl sie nicht leicht verständlich sind

Schlussfolgerungen 7.1 Die Abstimmungserläuterungen sind für die Willensbildung von grosser Bedeutung, während die sozialen Medien eine untergeordnete Rolle spielen 7.2 Die Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen sind angemessen, werden von den Departementen aber wenig genutzt 7.3 Die Kompetenzverteilung ist in den Grundlagen nicht umfassend geregelt, aber die Koordination in der Praxis ist angemessen 7.4 Die kommunizierten Inhalte entsprechen mehrheitlich ­ mit punktuellen Ausnahmen ­ den rechtlichen Grundsätzen 7.5 Die Auffassungen der Departemente zu einer verhältnismässigen Kommunikation und zur Grenze zwischen Information und Kampagne sind unterschiedlich 7.6 Die Behörden kommunizieren vor Abstimmungen unterschiedlich intensiv, aber jeweils angemessen im Vergleich zum Umfang der Medienberichterstattung

42 45 46

47

47 48 49

50

50

Abkürzungsverzeichnis

52

Literatur und Dokumentenverzeichnis

54

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner

56

Anhänge 1 Herangehensweise der Evaluation 2 Bewertungskriterien

57 58

Impressum

60

7 / 60

BBl 2024 65

Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage und Fragestellungen der Evaluation

Die Kommunikation der Bundesbehörden vor Abstimmungen1 dient hauptsächlich dazu, den Stimmbürgerinnen und -bürgern eine freie Willensbildung zu ermöglichen, wie in Artikel 34 Absatz 2 der Bundesverfassung2 verankert. Das Bundesgesetz über die politischen Rechte (BPR)3 verlangt, dass der Bundesrat die Stimmberechtigten kontinuierlich über die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen informiert und dabei die Grundsätze der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit einhält. So muss er neben dem Abstimmungstext eine sachliche Erläuterung bereitstellen, die auch den Auffassungen wesentlicher Minderheiten Rechnung trägt. Die Kommunikation kann zudem auch in Form von öffentlichen Äusserungen oder Beiträgen in den sozialen Medien erfolgen.

Nachdem mehrfach Abstimmungserläuterungen des Bundesrates mit fehlerhaften Informationen veröffentlicht worden waren, verlangte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) im Jahr 2018 Abklärungen von der Bundeskanzlei (BK), die für die Abstimmungserläuterungen verantwortlich ist. Die BK überarbeitete in der Folge die Prozesse für die Ausarbeitung der Abstimmungserläuterungen, was von der GPK-N 2020 begrüsst wurde.4 Die Behördenkommunikation vor Abstimmungen stösst allerdings weiterhin auf Kritik.

Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) beauftragten daher am 25. Januar 2022 die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Evaluation der Behördenkommunikation vor Abstimmungen. Gestützt auf eine Projektskizze der PVK beschloss die zuständige Subkommission EJPD/BK der GPK-N an ihrer Sitzung vom 25. Mai 2022, dass die Evaluation die folgenden Fragestellungen beantworten soll, die jeweils in einem eigenen Kapitel behandelt werden:

1 2 3 4

1.

Sind die Weisungen, Strategien und Prozesse, welche die Grundlage der Behördenkommunikation vor Abstimmungen bilden, geeignet? (Kap. 3)

2.

Werden diese Grundlagen angemessen angewandt? (Kap. 4)

3.

Waren die kommunizierten Inhalte im Lichte der rechtlichen Grundsätze angemessen? (Kap. 5) 3.1. Wurden die rechtlichen Grundsätze in umstrittenen Fällen eingehalten?

(Ziff. 5.1) 3.2. Stehen die Unterschiede bei der Intensität der Behördenkommunikation vor Abstimmungen im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit? (Ziff. 5.2)

Im Folgenden bezieht sich der Begriff «Behördenkommunikation» ­ sofern nichts anderes angegeben ist ­ auf die Kommunikation der Behörden vor Abstimmungen.

Bundesverfassung vom 18.4.1999 (BV; SR 101).

Bundesgesetz über die politischen Rechte vom 17.12.1976 (BPR; SR 161.1).

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26.1.2021 (BBl 2021 570, Ziff. 3.5.5).

8 / 60

BBl 2024 65

4.

Werden die von den Behörden kommunizierten Inhalte von den Stimmbürgerinnen und -bürgern für die Meinungsbildung genutzt? (Kap. 6)

1.2

Vorgehen

Zur Beantwortung der Evaluationsfragestellungen untersuchte die PVK die Behördenkommunikation vor Abstimmungen mittels verschiedener Datenerhebungs- und Datenanalysemethoden, welche in Tabelle 1 dargestellt sind. Anhang 1 am Ende des Berichtes enthält eine Übersicht über die Herangehensweise der Evaluation, während Anhang 2 die Bewertungskriterien der PVK erläutert.

Tabelle 1 Methodenüberblick Fragestellungen der Evaluation

Juristische Begleitung (externes Mandat)

Dokumentenanalyse

Interviews

Fallstudien Statistische Analysen







2. Anwendung der Weisungen, Strategien und Prozesse

()

()





3. Angemessenheit der kommunizierten Inhalte



()



1. Eignung der Weisungen, Strategien und Prozesse

4. Nutzung der kommunizierten Inhalte




Legende: = Hauptbeitrag zur Analyse, () = sekundärer Beitrag zur Analyse

Die PVK erteilte Lorenz Langer (Prof. Dr. iur.) ein externes Mandat zur juristischen Begleitung. Dieses umfasste in erster Linie die Begleitung der PVK bei der Ausarbeitung eines Analyserasters, das auf einer Durchsicht der Literatur zu den rechtlichen Grundsätzen für die Behördenkommunikation beruht. Das Raster diente dazu, die Eignung der Weisungen, Strategien und Prozesse sowie die Angemessenheit der kommunizierten Inhalte zu beurteilen. Die Kriterien des Analyserasters werden unter Ziffer 2.3 kurz vorgestellt.5 Die PVK unterzog die einschlägigen Weisungen, Strategien und Prozesse der Bundesverwaltung einer Dokumentenanalyse, um deren Eignung in Bezug auf die Rechtsgrundlagen und deren Anwendung zu beurteilen.

Um diese Analyse zu vervollständigen und Informationen über die Angemessenheit der kommunizierten Inhalte (Abstimmungserläuterungen des Bundesrates, öffentliche Äusserungen der Departementsvorsteherin oder des Departementsvorstehers, Beiträge in den sozialen Medien) zu sammeln, führte die PVK rund zwanzig Interviews 5

Eine genauere Darstellung des Analyserasters findet sich im zugehörigen Arbeitspapier der PVK vom 19.6.2023 über Behördenkommunikation vor Abstimmungen: Analyseraster und Fallstudien, Kap. 1 (nachfolgend Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien).

9 / 60

BBl 2024 65

mit Mitarbeitenden der BK und Mitgliedern der KID6, der die Informationsverantwortlichen der einzelnen Departemente angehören. Die Liste der Interviewpartnerinnen und -partner findet sich am Ende des Berichts.

Ausserdem führte die PVK Fallstudien zu vier Abstimmungen durch, bei denen die Kommunikation der Behörden in den Medien kritisiert worden war, um die Anwendung der Weisungen, Strategien und Prozesse bei der Erarbeitung der verschiedenen Kommunikationsinhalte nachzuvollziehen und deren Angemessenheit zu beurteilen.

Für die Auswahl der Fälle erstellte die PVK zunächst eine Liste der eidgenössischen Volksabstimmungen, die zwischen dem 9. Februar 2020, als die von der BK ergriffenen Verbesserungsmassnahmen erstmals angewandt wurden, und dem 15. Mai 2022 stattfanden.7 Auf der Grundlage verschiedener Informationen über die Abstimmungen ­ wie die rechtliche Form (Initiative/Referendum), das zuständige Departement, die Resonanz und die mediale Kritik an der Kommunikation8 ­ wählte die zuständige Subkommission an ihrer Sitzung vom 5. September 2022 vier umstrittene Abstimmungen mit unterschiedlichen Merkmalen aus: Das Referendum zu den Kinderabzügen, die Konzernverantwortungsinitiative, die Pestizidinitiative und das Referendum zum Filmgesetz. Die entsprechenden Fälle wurden einer eingehenden Analyse unterzogen. Zum einen wurden die vorhandenen Verwaltungsdokumente9 und die kommunizierten Inhalte anhand des Analyserasters zu den rechtlichen Grundsätzen bewertet.

Zum anderen wurden zusätzliche Interviews mit Mitarbeitenden jener Verwaltungseinheiten geführt, die von den analysierten Volksabstimmungen am stärksten betroffen waren (Tabelle 2).

Tabelle 2 Eckwerte der für die Fallstudien ausgewählten Abstimmungsvorlagen Vorlage Kurztitel

Referendum zu den Kinderabzügen

KonzernverantPestizidinitiative wortungsinitiative

Referendum zum Filmgesetz

Vollständige Bezeichnung

Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer

Initiative für verantwortungsvolle Unternehmen ­ zum Schutz von Mensch und Umwelt

Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide

Änderung des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur

Rechtsform Datum Abstimmung

Referendum 27.09.2020

Initiative 29.11.2020

Initiative 13.6.2021

Referendum 15.5.2022

6 7

8

9

Die KID koordiniert die departementsübergreifenden Belange der Information und Kommunikation (vgl. Ziff. 2.2).

In diesem Zeitraum kamen 29 Vorlagen an 9 Abstimmungsterminen vors Volk. Die Abstimmung vom 25.9.2022 fand während der Datenanalyse für die vorliegende Evaluation statt und wurde daher nicht berücksichtigt.

Diese Informationen stammen teilweise aus der Datenbank Swissvotes. Swissvotes (2022): Swissvotes ­ Datenbank zu den Schweizer Volksabstimmungen. Année Politique Suisse. Universität Bern.

Zum Beispiel Kommunikationskonzepte, Weisungen für die Nutzung sozialer Medien, Zeitpläne und Protokolle zur Ausarbeitung der Erläuterungen des Bundesrates, verschiedene kommentierte Versionen der Erläuterungen des Bundesrates oder Ämterkonsultationen.

10 / 60

BBl 2024 65

Vorlage Kurztitel

Referendum zu den Kinderabzügen

KonzernverantPestizidinitiative wortungsinitiative

Referendum zum Filmgesetz

Vollständige Bezeichnung

Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer

Initiative für verantwortungsvolle Unternehmen ­ zum Schutz von Mensch und Umwelt

Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide

Änderung des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur

WBF/BLW hoch (525) eher gross

EDI/BAK eher tief (221) gering

gering

gering

Kommunikation des Bundesrates war nicht objektiv und er hat sich öffentlich zu stark exponiert

Fehler in den Abstimmungserläuterungen, der zu einer Präzisierung durch die BK führte

Zuständiges Departement/Amt EFD/ESTV EJPD/BJ Resonanz in den Medien tief sehr hoch (Anzahl Medienbeiträge)* (170) (703) Umfang öffentliche Äussekeine gross rungen durch den Bundesrat Umfang Beiträge soziale gering gross Medien durch den Bundesrat Bundesrat hat KommunikaMediale Kritik nur im minima- tion des Bunlen Rahmen öf- desrates war fentlich Stel- nicht objektiv lung bezogen und nicht verhältnismässig

Legende: Daten zur Resonanz stammen vom Abstimmungsmonitor des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaftder Universität Zürich (fög); Umfang der öffentlichen Äusserungen: Informationen der Departemente; Beiträge in den sozialen Medien: Datenerhebung PVK.

* Abstimmungsmonitor fög ­ Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich. Das Fög erfasst alle redaktionellen Beiträge, die sich zentral mit den Abstimmungsvorlagen auseinandersetzen und ab 12 Wochen vor dem Abstimmungsdatum in ausgewählten Medien erschienen sind. (fög, 2020a, 5).

Darüber hinaus erstellte die PVK statistische Analysen. Einerseits wurde die Analyse der Verhältnismässigkeit der Behördenkommunikation ergänzt, indem die Intensität der Behördenkommunikation10 mit der Intensität der Kampagne in den Medien11 verglichen wurde. Ausserdem wurden zusätzliche Informationen zur Medienberichterstattung während des Abstimmungskampfes zu den vier in den Fallstudien untersuchten Vorlagen gesammelt.12 Andererseits konnte anhand der statistischen Analysen der Daten aus den Umfragen im Anschluss an die Abstimmungen ermittelt werden, wie und in welchem Masse die Stimmbürgerinnen und -bürger welche kommunizierten Inhalte nutzten, um sich eine Meinung zu den Abstimmungsvorlagen im untersuchten Zeitraum zu bilden.13 10

11 12

13

Die KID wurde gebeten, die öffentlichen Stellungnahmen der Bundesratsmitglieder vor Abstimmungen sowie die URL-Adressen der Departemente für die verschiedenen Kanäle in den sozialen Medien zur Verfügung zu stellen. Die PVK bereitete anschliessend mit der Software Fanpage Karma die Beiträge in den sozialen Medien auf.

Die PVK holte diese Informationen beim Fög ein.

Die Anzahl der Zeitungsinserate zu den in den Fallstudien untersuchten Abstimmungen wurde der PVK von Année Politique Suisse der Universität Bern geliefert (in den zehn Wochen vor den jeweiligen Abstimmungsterminen wurden 41 Zeitungen ausgewertet).

Die nach den Abstimmungen durchgeführten VOTO-Studien (durch FORS Lausanne, bis und mit September 2020) und VOX-Analysen (durch GfS Bern, ab November 2020) wurden von der PVK kombiniert und ausgewertet.

11 / 60

BBl 2024 65

Die Datenerhebung und -analyse fanden von September bis Dezember 2022 statt.

Nach Abschluss der Evaluation tauschte sich die PVK mit der BK über die wichtigsten Erkenntnisse aus. Alle Departemente und die BK wurden ausserdem im März 2023 dazu eingeladen, zum Berichtsentwurf Stellung zu nehmen.

1.3

Mehrwert und Grenzen der Evaluation

Die vorliegende Evaluation bietet eine umfassende Betrachtung der Behördenkommunikation, da sie sämtliche Grundlagen berücksichtigt und nicht nur analysiert, ob diese den einschlägigen Rechts- und Kommunikationsvorgaben entsprechen, sondern auch, wie die Grundlagen von verschiedenen Akteuren angewandt wurden. Die Evaluation befasst sich nur mit der Behördenkommunikation vor den Abstimmungen ­ die Öffentlichkeitsarbeit des Bundes im Allgemeinen war Gegenstand einer früheren PVK-Evaluation,14 die zu verschiedenen Empfehlungen der GPK-N15 führte. Die PVK ist dafür besorgt, dass die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation, die für die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit relevant sind, in die laufende Nachkontrolle der GPK-N zur Umsetzung ihrer Empfehlungen aus dem Jahr 2019 einfliessen.

Die vorliegende Evaluation geht weder auf die Eignung der Rechtsgrundlagen an sich, noch auf die juristischen Diskussionen um die Kommunikation vor Abstimmungen ein. Dabei handelt es sich insbesondere um die Rechtsprechung zu Artikel 34 Absatz 2 BV, die rechtlich anfechtbaren Akte, die Rechtsmittel bei eidgenössischen Abstimmungen oder die Unterscheidung zwischen dem «privaten» und dem «behördlichen» Auftreten von Mandatsträgerinnen und -trägern.16 Die Evaluation konzentriert sich darauf, wie die rechtlichen Grundsätze von der Exekutive konkretisiert und angewandt werden.

Indem die Angemessenheit der medial kritisierten Kommunikation vor Abstimmungen untersucht wurde, kann im Rahmen der Evaluation ausserdem beurteilt werden, ob die Kritik berechtigt war. Da nur umstrittene Fälle untersucht werden, lässt die Analyse hingegen keine Bewertung zu, ob die kommunizierten Inhalte im Allgemeinen im Lichte der rechtlichen Grundsätze angemessen sind. Aus diesem Grund wurde die Analyse insbesondere durch Interviews mit Mitarbeitenden aus allen Departementen ergänzt.

Darüber hinaus trägt die Evaluation auch zu einem besseren Verständnis des oft kritisierten Grundsatzes der Verhältnismässigkeit bei, da sie die Unterschiede bei der Intensität der Behördenkommunikation einordnet. Die statistischen Analysen berücksichtigen eine grössere Anzahl von Abstimmungen, befassen sich aber nur mit den quantitativen Aspekten der Kommunikation und nicht mit der Qualität der Inhalte, die jedoch in den Fallstudien berücksichtigt wird.

14 15 16

Öffentlichkeitsarbeit des Bundes, Bericht der PVK vom 3.5.2019 zuhanden der GPK-N (BBl 2020 1153).

Öffentlichkeitsarbeit des Bundes, Bericht der GPK-N vom 15.10.2019 (BBl 2020 1127).

Siehe zum Beispiel Martenet, Vincent / Von Büren, Théophile (2021): Kommentar zu Art. 34 BV. In: Martenet, Vincent / Dubey, Jacques (Hrsg.): Commentaire romand de la Constitution fédérale. Basel: Helbing Lichtenhahn, 983­1020.

12 / 60

BBl 2024 65

1.4

Aufbau des Berichts

Das zweite Kapitel gibt einen Überblick über die Behördenkommunikation vor Abstimmungen. In den folgenden vier Kapiteln wird jeweils eine der vier Evaluationsfragestellungen beantwortet: In Kapitel 3 wird auf die Eignung der Grundlagen eingegangen, Kapitel 4 befasst sich mit deren Anwendung, Kapitel 5 konzentriert sich auf die Angemessenheit der Inhalte und in Kapitel 6 wird die Nutzung der Inhalte untersucht. In Kapitel 7 schliesslich werden die Schlussfolgerungen gezogen.

2

Behördenkommunikation vor Abstimmungen

Die Behördenkommunikation vor Abstimmungen lässt sich in vier Aspekte gliedern: die Rechts- und Kommunikationsgrundlagen, deren Anwendung in der Praxis, die kommunizierten Inhalte und deren Nutzung durch die Bürgerinnen und Bürger. Diese Aspekte sind im unten aufgeführten Analyseschema (Abbildung 1) dargestellt und werden unter den nachfolgenden Ziffern ausgeführt.

Abbildung 1 Analyseschema Behördenkommunikation vor Abstimmungen Rechtsgrundlagen Grundlagen (Kap. 3)

·Weisungen ·Strategien ·Prozesse

2.1

Anwendung (Kap. 4)

·Bundesrat ·Bundeskanzlei ·Departemente ·Konferenz der Informationsdienste des Bundes ·Konferenz der Informationsdienste des Bundes

Inhalte

(Kap. 5) ·Abstimmungsbüchlein (Erläuterungen des Bundesrates) ·Öffentliche Äusserungen ·Beiträge in den sozialen Medien

Nutzung (Kap. 6)

·Bürgerinnen und Bürger

Rechts- und Kommunikationsgrundlagen

Die Behördenkommunikation vor Abstimmungen dient hauptsächlich dazu, den Stimmbürgerinnen und -bürgern ­ wie in Artikel 34 Absatz 2 BV verankert ­ eine freie Willensbildung zu ermöglichen. In diesem Verfassungsartikel kommt ein wesentlicher Aspekt der Garantie der politischen Rechte zum Ausdruck, da er sicherstellt, dass die Abstimmungsergebnisse den Willen der Stimmbevölkerung zuverlässig und unverfälscht wiedergeben. Bei der Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe17 stellte das Bundesgericht fest, dass dieser Grundsatz nicht eingehalten worden war. Es annullierte erstmals das Ergebnis einer Abstimmung, da deren Ausgang sehr 17

Eidgenössische Volksinitiative «Für Ehe und Familie ­ gegen die Heiratsstrafe», Abstimmung vom 28.2.2016 (BBl 2016 3715).

13 / 60

BBl 2024 65

knapp war und die vom Bundesrat kommunizierte Zahl der betroffenen Paare deutlich zu tief lag, was nach Auffassung des Bundesgerichts einen erheblichen Einfluss auf die Abstimmung hatte.18 In der Folge nahm die Zahl der beim Bundesgericht eingereichten Stimmrechtsbeschwerden, in denen die Kommunikation der Behörden vor Abstimmungen kritisiert wurde, stark zu. Am 23. März 2021 schränkte das Bundesgericht die Beschwerdemöglichkeiten in solchen Fällen mit einem Leitentscheid ein.19 Aufgrund der strengen Beschwerdeauflagen ist es daher wichtig, dass die Behörden die Kommunikationsgrundsätze von Anfang an einhalten.

Um einen möglichst freien und umfassenden Meinungsbildungsprozess zu gewährleisten, legte das Parlament als Reaktion auf eine Volksinitiative20 fest, dass die Informationen der Behörden vor einer Abstimmung bestimmte Anforderungen erfüllen müssen. Dementsprechend verpflichtet der 2009 in Kraft getretene Artikel 10a BPR den Bundesrat, die Stimmberechtigten kontinuierlich über die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen zu informieren (Abs. 1), dabei die Grundsätze der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit zu beachten (Abs. 2), die wichtigsten im parlamentarischen Entscheidungsprozess vertretenen Positionen darzulegen (Abs. 3) und keine von der Haltung der Bundesversammlung abweichende Abstimmungsempfehlung zu vertreten (Abs. 4). Der Bundesrat hat dem Abstimmungstext eine sachliche Erläuterung beizugeben, die auch den Auffassungen wesentlicher Minderheiten Rechnung trägt; bei Volksinitiativen und Referenden teilen die Urheberkomitees ihre Argumente dem Bundesrat mit, welcher diese übernimmt, sofern es sich nicht um ehrverletzende, offensichtlich wahrheitswidrige oder zu lange Äusserungen handelt (Art. 11, Abs. 2 BPR).

Die Behördenkommunikation vor Abstimmungen ist Teil des allgemeinen Auftrags des Bundesrates und der Bundesverwaltung, die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit zu informieren. So verfassen die Behörden nicht nur Abstimmungserläuterungen, sondern kommunizieren auch auf anderen Wegen, durch öffentliche Äusserungen oder Beiträge in den sozialen Medien. Die Kompetenzverteilung zwischen den Behörden in Bezug auf die Entwicklung dieser Kommunikationsinhalte ist im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG)21 und in der Regierungs- und
Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV)22 festgelegt: Die BK ist für die Information der Öffentlichkeit über die Entscheide, Absichten und Massnahmen des Bundesrates zuständig sowie dafür, zusammen mit der KID die Informationen und die Kommunikation zu koordinieren. Die Departemente sind für die Information und Kommunikation in ihrem Bereich verantwortlich, wobei sie sich an die Kommunikationspolitik des Bundesrates halten müssen und die Informationsaufgaben der ihnen unterstellten Einheiten regeln (Art. 23 RVOV).

18 19 20 21 22

BGE 145 I 207.

BGE 147 I 194 und BGer, 10.4.2019, 1C 338/2018.

Botschaft vom 29.6.2005 über die Volksinitiative «Volkssouveränität statt Behördenpropaganda» (BBl 2005 4373).

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (RVOG; SR 172.010).

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25.11.1998 (RVOV; SR 172.010.1).

14 / 60

BBl 2024 65

2.2

Anwendung der Kommunikationsgrundlagen

Die Grundlagen der Kommunikation gelten für den Bundesrat, die BK, die Departemente und die KID, die je nach Kommunikationskanal unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen.

Der Bundesrat entscheidet spätestens vier Monate vor dem Abstimmungstermin, welche Vorlagen vors Volk kommen. Danach erarbeitet die BK zusammen mit dem federführenden Departement die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates.23 Ungefähr dreieinhalb Monate vor der Abstimmung genehmigt der Bundesrat den Gesamtentwurf der Abstimmungserläuterungen.24 Die BK setzte, nachdem in den Erläuterungen zur Abstimmung über die Überwachung von Versicherten der Invalidenversicherung (IV) fehlerhafte Angaben aufgedeckt worden waren, eine Arbeitsgruppe ein und ergriff folgende neue Massnahmen, um solche Fehler künftig zu vermeiden: 1. Ämterkonsultation einführen; 2. Zahlen auf ihre Aktualität prüfen; 3. Checkliste erstellen; 4. Redaktion verbessern; 5. klar definierten Korrekturprozess einführen.25 Die Medienkonferenz des Bundesrates, in der er das Stimmvolk über die Abstimmungsvorlagen und seine Haltung informiert, markiert den Beginn der Kommunikationsphase für die Behörden vor der Abstimmung.26 Gleichzeitig veröffentlicht die BK die Abstimmungserläuterungen und das federführende Departement schaltet die Informationen rund um die Abstimmung auf seiner Website auf. Die KID, die von der Bundesratssprecherin bzw. vom Bundesratssprecher präsidiert wird und der daneben auch die Informationsverantwortlichen der verschiedenen Departemente, der BK und der Parlamentsdienste angehören, koordiniert die Kommunikationsthemen, die alle Departemente betreffen, beispielsweise die Teilnahme von Mitgliedern der Bundesbehörden an kontradiktorischen TV-Sendungen wie der «Arena» oder «Infrarouge».27 Die Regeln für die öffentlichen Äusserungen des Bundesrates als Kollegium vor Abstimmungen sind in einem Aide-Mémoire28 festgehalten, die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher können sich danach aber auch in den Medien, an Sitzungen oder in Debatten äussern.29 Die BK kümmert sich um die Kommunikation des Bundesrates als Kollegium in den sozialen Medien, während die Departemente die Kanäle bewirtschaften, über welche 23

24 25 26

27 28 29

Redaktion Abstimmungserläuterungen des Bundesrates. Weisungen in Umsetzung des Bundesratsbeschlusses vom 21.6.2019 zur Verbesserung der Darstellung der Datengrundlagen bei Rechtsetzungsvorhaben, 1.8.2020 (nachfolgend Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates).

Mitarbeiterhandbuch Sektion Information und Kommunikation Abstimmungserläuterungen, Bundeskanzlei 10.2014 (nachfolgend Mitarbeiterhandbuch).

Massnahmen zur Verbesserung von Entscheidgrundlagen im Gesetzgebungsprozess.

Faktenblatt vom 21.6.2019.

Die von der PVK interviewten Personen sprachen vom «Beginn der Abstimmungskampagne», aber da der Begriff «Kampagne» im Zusammenhang mit der Behördenkommunikation heikel ist (vgl. Ziff. 3.2), vermeidet ihn die PVK wann immer möglich.

Information und Kommunikation von Bundesrat und Bundesverwaltung. Leitbild der Konferenz der Informationsdienste (KID) von 2015 (nachfolgend Leitbild).

Aide-Mémoire für die Mitglieder des Bundesrates und die Bundeskanzlerin/den Bundeskanzler der BK vom 1.1.2015, Stand: 1.3.2020 (nachfolgend Aide-Mémoire).

Grundprinzipien der Information vor Abstimmungen der BK vom 25.8.2021 (nachfolgend Grundprinzipien).

15 / 60

BBl 2024 65

sie Informationen zur Abstimmungsvorlage kommunizieren.30 Eine Evaluation der PVK aus dem Jahr 201931 zeigt, dass die Departemente unterschiedlich häufig und auf unterschiedlichen Plattformen Informationen verbreiten.

2.3

Kommunizierte Inhalte

Vor einer Abstimmung kommunizieren die Behörden verschiedene Inhalte, die anhand der genutzten Kanäle in drei Kategorien unterteilt werden können: ­

Abstimmungserläuterungen des Bundesrates: Die Abstimmungserläuterungen gehen an alle stimmberechtigten Personen (vgl. Ziff. 2.4). Zudem werden die Erläuterungen an der Medienkonferenz des Bundesrates, mit welcher die Kommunikation der Behörden vor den Abstimmungen lanciert wird, sowie auf der App VoteInfo32 vorgestellt. Die Erläuterungen bilden ausserdem die Grundlage für die Erklärvideos33 der BK zu den Abstimmungsvorlagen;

­

Öffentliche Äusserungen der zuständigen Departementsvorsteherin bzw. des zuständigen Departementsvorstehers: Unter diese Kategorie fallen die Radiound TV-Interviews, die Teilnahme an Diskussionssendungen oder Videos der Departementsvorsteherin bzw. des Departementsvorstehers sowie die Medienmitteilungen und Websites der Departemente;

­

Beiträge in den sozialen Medien: Die Bundesbehörden verfügen über offizielle Accounts auf verschiedenen Plattformen (Twitter, Instagram und Facebook), über die sie auch zu Abstimmungsvorlagen kommunizieren und die ihnen Möglichkeit bieten, mit den Bürgerinnen und Bürgern zu interagieren.

Die über diese Kanäle kommunizierten Inhalte müssen bestimmte rechtliche Grundsätze einhalten (vgl. Ziff. 2.1). Die PVK entwickelte ein Analyseraster, das auf einer Durchsicht der Rechtsliteratur und der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Umsetzung der rechtlichen Grundsätze beruht. Gestützt auf dieses Raster entsprechen die Vorgaben, die in einem separaten Dokument34 ausführlicher definiert werden, den in Abbildung 2 aufgeführten Kriterien.

30 31 32

33 34

Soziale Medien. Leitlinien der Konferenz der Informationsdienste, 1.5.2021 (nachfolgend Leitlinien soziale Medien).

Öffentlichkeitsarbeit des Bundes, Bericht der PVK vom 3.5.2019 zuhanden der GPK-N (BBl 2020 1153).

Die gemeinsam von der BK und den Kantonen entwickelte Plattform ging 2019 online und bietet den Schweizer Stimmbürgerinnen und -bürgern einen mobilen Zugang zu den offiziellen Abstimmungsinformationen und zu den laufend aktualisierten Abstimmungsergebnissen.

Die Erklärvideos (Videos mit Illustrationen, Videos in Gebärdensprache, Ansprache des zuständigen Bundesratsmitglieds) können auf YouTube eingesehen werden.

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Kap. 1.

16 / 60

BBl 2024 65

Abbildung 2 Grundsätze und Kriterien der Behördenkommunikation vor Abstimmungen Vollständigkeit · Ausgewogene Information · Erläuterung der wichtigen Aspekten · Unmittelbarkeit

2.4

Sachlichkeit

Transparenz

· Inhalt: Richtigkeit · Inhalt: Verständlichkeit · Form: Sachlichkeit

· Unsicherheiten als solche dargestellt und erläutert · Quellen und Art der Information sind klar

Verhältnismässigkeit · Keine dominante Position der Behörden · Verhältnismässige (finanzielle) Kommunikationsmittel

Nutzung der kommunizierten Inhalte

Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger können für die Meinungsbildung zu einer Abstimmungsvorlage verschiedene Informationen nutzen ­ jene der Behörden, aber auch solche aus anderen Quellen. Seitens der Behörden zählen die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates zu den Grundinformationen: Alle Stimmberechtigten erhalten spätestens drei Wochen vor dem Abstimmungstermin per Post den Abstimmungstext und die dazugehörigen Erläuterungen. Zudem ist die BK verpflichtet, diese Dokumente mindestens sechs Wochen vor dem Abstimmungstermin elektronisch zu veröffentlichen (Art. 11 Abs. 3 BPR). Die Behörden informieren die Stimmberechtigten ausserdem durch öffentliche Äusserungen und Beiträge in den sozialen Medien (vgl. Ziff. 2.3).

Die Informationen der Behörden, dank welchen sich die Bevölkerung über die Abstimmungsvorlagen orientieren kann, werden auch über Zeitungsartikel, Diskussionssendungen im Fernsehen, Informationssendungen oder die sozialen Medien verbreitet. Sie stellen jedoch nur einen Teil der dort verfügbaren Informationen dar.

3

Kommunikationsgrundlagen

Die Analyse der Eignung der Weisungen, Strategien und Prozesse, welche die Grundlage der Behördenkommunikation bilden, basiert auf den in Anhang 2 aufgeführten Kriterien: Klarheit und Kohärenz der Grundlagen, Eignung der Grundlagen für die konkrete Anwendung der rechtlichen Grundsätze und Festlegung der Kompetenzverteilung.

Zusammenfassung: Insgesamt stellt die PVK fest, dass die Grundlagen bedingt angemessen sind. Sie beschreiben kohärent und weitgehend klar, wie die Behördenkommunikation zu erfolgen hat (Ziff. 3.1). Die rechtlichen Grundsätze werden mehrheitlich angemessen konkretisiert, die Verhältnismässigkeit wird jedoch nur teilweise ausgeführt, einschliesslich des Begriffs der Kommunikationskampagne der Behörden (Ziff. 3.2). Die Kompetenzverteilung ist im Hinblick auf die rechtlichen Grundsätze kohärent, in den Grundlagen aber nicht umfassend geregelt (Ziff. 3.3).

17 / 60

BBl 2024 65

3.1

Die Grundlagen sind kohärent und weitgehend klar

Der Bundesrat, die BK und die KID haben zahlreiche Dokumente (Weisungen, Strategien und Prozesse) erarbeitet, welche die Grundlage für die Behördenkommunikation bilden. Diese sollen konkreter als die Rechtsgrundlagen erläutern, wie die Behörden zu kommunizieren haben. Tabelle 3, in der diese Grundlagen aufgelistet sind, zeigt, dass sie alle wichtigen Prozesse abdecken und sich ergänzen: Einige Dokumente betreffen die allgemeinen Grundsätze der Kommunikation vor Abstimmungen, andere wiederum beziehen sich auf spezifische Inhaltskategorien (Abstimmungsbüchlein mit Erläuterungen des Bundesrates, Öffentliche Äusserungen der Bundesratsmitglieder, Beiträge in den sozialen Medien).

Tabelle 3 Grundlagen der Behördenkommunikation vor Abstimmungen Kurztitel (Autor/in, Datum)

Kernthemen

Allgemeine Grundsätze Leitbild (KID, 2015)

Grundsätze der Information und Kommunikation im Allgemeinen und vor Abstimmungen im Besonderen (Anhang 1 konkretisiert die rechtlichen Grundsätze)

Bericht über das Engagement von Bundesrat und Bundesverwaltung (AG KID, 2001)

Insbesondere rechtliche, politische und soziale Entwicklungen und Gutachten zu den rechtlichen Grundsätzen

Abstimmungsbüchlein mit Erläuterungen des Bundesrates Vorgaben für die Druckerei (BBL, 2023)

Druckvorgaben

Grobplanung Abstimmungen (BK, 2022)

Planungsbeispiel für den Produktions- und Redaktionsprozess 2022

Terminplan Übersetzungen (BK, 2020)

Beispiel einer schematischen Darstellung des Übersetzungsterminplans für die Abstimmung vom 15. Mai 2022

Weisungen für die Redaktion Rechtsgrundlagen und Verantwortlichkeiten, neue Massder Abstimmungserläuterunnahmen, Redaktions- und Produktionsprozess, Checklisten, gen des Bundesrates (BK, 2020) Anforderungen und Muster Korrekturprozess Abstimmungserläuterungen (Bundesrat, 2019)

Korrekturprozess der elektronischen Versionen bei Vorliegen eines Fehlers

Mitarbeiterhandbuch (BK, 2014)

Detaillierte Beschreibung von Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Terminen und Rollen im Produktionsprozess

Produktion des Videos zur Abstimmung über das Covid-19-Gesetz (BK, 2021)

Beispiel für die Produktion eines Erklärvideos für die Abstimmung

Workflow Abstimmungsvideos (BK, 2020)

Prozess für die Produktion eines Abstimmungsvideos in 8 Schritten, für die entweder das zuständige Departement oder die BK verantwortlich ist

18 / 60

BBl 2024 65

Kurztitel (Autor/in, Datum)

Kernthemen

Öffentliche Äusserungen der Bundesratsmitglieder Grundprinzipien (BK, 2021)

Rechtsgrundlagen, erlaubte und vorgeschriebene Handlungen im Vorfeld von Abstimmungen, Medienkonferenzen und Medienmitteilungen, Checkliste vor Kommunikationsaktivitäten

Aide-Mémoire (BK, 2015)

Tätigkeiten des Bundesrates im Rahmen der Information der Öffentlichkeit vor eidgenössischen Abstimmungen und Vorgehen zur Verteilung der Statements in den Medien unter den Bundesratsmitgliedern

Beiträge in den sozialen Medien Leitlinien soziale Medien (KID, 2021)

Geltungsbereich, Einsatz, Zuständigkeiten, Falschinformationen (Monitoring), Sicherheit, Evaluation und Anforderungen

Strategie soziale Medien (Bundesrat, 2021)

Angestrebte Ziele und Massnahmen, um diese zu erreichen

Legende: Die Grundlagen sind nach Inhaltskategorie und danach chronologisch geordnet (von der neusten zur ältesten); die inhaltlich relevantesten sind fett markiert. BBL: Bundesamt für Bauten und Logistik AG: Arbeitsgruppe.

Die PVK konnte keine Inkohärenz zwischen diesen Grundlagen feststellen. Die rechtlichen Grundsätze für die Behördenkommunikation sind in den einschlägigen Dokumenten aufgeführt. So werden beispielsweise im Leitbild die Grundsätze der Behördeninformation und -kommunikation im Allgemeinen und vor Abstimmungen im Besonderen im Lichte der rechtlichen Grundsätze erläutert. Die Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates nennen die rechtlichen Grundsätze ebenfalls und führen diese anschliessend aus. Auch in den Grundlagen zu den anderen Kommunikationsprodukten wird darauf hingewiesen, dass die rechtlichen Grundsätze gelten.35 Laut den Mitgliedern der KID, die einen Grossteil der Grundlagen miterarbeitet hat, gibt es für jeden wichtigen Aspekt ein Dokument. Ausserdem werden die Grundlagen von den interviewten Personen insgesamt als klar erachtet, wobei aber zu berücksichtigen ist, dass bei der Beantwortung dieser Frage die Erfahrung mit der Kommunikation vor Abstimmungen eine wichtige Rolle spielt und nicht alle Departemente gleich

35

Vgl. Leitlinien soziale Medien (KID 2021, S. 3): «Für die sozialen Medien gelten im Weiteren dieselben Grundsätze, wie sie im für alle Informationsprodukte von Bundesrat und Bundesverwaltung beschrieben sind, dies gilt auch für die ».

19 / 60

BBl 2024 65

stark in diesen Prozess involviert sind.36 Da sich die Arbeitsgruppen, die zu jeder Abstimmungsvorlage gebildet werden, aufgrund der Vielfalt der behandelten Themen aus immer wieder neuen Fachpersonen der Verwaltungseinheiten zusammensetzen, ist deren Wissen über die Grundlagen manchmal begrenzt. Obwohl die interviewten Mitarbeitenden der Verwaltungseinheiten die Grundlagen im Allgemeinen für klar halten, wird das Gesamtverständnis der Anwendung der rechtlichen Grundsätze dadurch erschwert, dass es zahlreiche Grundlagen ohne Querverweise gibt und diese unterschiedliche Funktionen erfüllen.

Zusätzlich zu den in Tabelle 3 aufgelisteten Dokumenten haben die meisten Departemente ihre eigenen Kommunikationsgrundlagen entwickelt.37 Nach Ansicht der KID besteht das Ziel dieser allgemeinen Konzepte oder Leitlinien im Wesentlichen darin, intern die Grundsätze der externen und internen Kommunikation des Departements unter Berücksichtigung von dessen Aktivitäten zu klären und die Verwaltungseinheiten in die Ausarbeitung der Dokumente einzubeziehen. Diese Kommunikationskonzepte unterscheiden sich stark voneinander und hängen von den verschiedenen Kommunikationsbedürfnissen der Departemente ab. Während alle Konzepte die Rechtsgrundlagen und allgemeinen Grundsätze der Informations- und Kommunikationspolitik erwähnen, enthalten nur die Konzepte des VBS und des WBF einen Abschnitt, der speziell der Kommunikation vor Volksabstimmungen gewidmet ist und die rechtlichen Grundsätze detailliert beschreibt. Diese internen, departementsspezifischen Dokumente sind aus rechtlicher Sicht insgesamt kohärent mit den Grundlagen des Bundesrates, der BK und der KID, da sie auf dem Leitbild der KID basieren, auch wenn sie sich in sehr unterschiedlicher Weise auf dieses beziehen. Zusätzlich zu ihren allgemeinen Kommunikationskonzepten erarbeiten das EFD, das WBF, das VBS und das EJPD vor jeder Abstimmung in ihrem Zuständigkeitsbereich spezifische Kommunikationskonzepte. Letztere werden im Hinblick auf die Umsetzung der rechtlichen Grundsätze im folgenden Unterkapitel erörtert.

36

37

Im evaluierten Zeitraum (Februar 2020 bis Mai 2022) waren die Departemente wie folgt in Abstimmungsvorlagen involviert: das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) in 8, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in keine, das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) in 6, das Eidgenössische (EFD) in 5, das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) ebenfalls in 5, das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) in 4 und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) in 1.

Zum Zeitpunkt der Evaluation hatten nur zwei Departemente kein Kommunikationskonzept: das EDA war in der Endphase der Konzeptausarbeitung (Stand: 23.12.2022), und das EFD teilte der PVK mit, dass es kein allgemeines Kommunikationskonzept auf Departementsebene mehr habe. Als Antwort auf eine Frage der GPK-N vom 14.3.2023 im Rahmen der Nachkontrolle zur Inspektion «Öffentlichkeitsarbeit des Bundes» übermittelte das EFD der PVK allerdings ein im Dezember 2022 aktualisiertes Kommunikationskonzept.

20 / 60

BBl 2024 65

3.2

Die rechtlichen Grundsätze sind uneinheitlich konkretisiert

Die Rechtsgrundlagen für die Behördenkommunikation werden in verschiedenen Grundlagen zu den allgemeinen Kommunikationsgrundsätzen erwähnt (Tabelle 3).

Die Grundsätze, welche die Behörden bei der Kommunikation vor Abstimmungen einhalten müssen, werden insbesondere in Anhang 1 des Leitbilds ausgeführt. Da die Grundsätze der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit (Art. 10a Abs. 2 BPR) recht abstrakt sind, erachten die meisten interviewten Personen den Anhang, in welchem diese dokumentiert und erläutert werden, als nützlich. Die PVK stellte jedoch fest, dass die Informationen schlecht auffindbar sind, da sie sich in einem Anhang befinden, und dass die Beschreibung der Grundsätze kurz und allgemein gehalten ist. Die weiteren Dokumente zu den verschiedenen Kommunikationsinhalten sind daher ebenfalls wichtig, um zu verstehen, wie diese Grundsätze berücksichtigt werden müssen.

Im Folgenden wird beschrieben, wie die vier in Artikel 10a BPR erwähnten Grundsätze in den Dokumenten zu den allgemeinen Kommunikationsgrundsätzen und zu den kommunizierten Inhalten ausgeführt werden. Jeder Grundsatz setzt sich aus mehreren Kriterien zusammen, die gemäss Rechtsliteratur und Rechtsprechung (vgl. Ziff. 2.3) eingehalten werden müssen.

3.2.1

Vollständigkeit

Der Grundsatz der Vollständigkeit wird in den verschiedenen Grundlagen angemessen ausgeführt. Beispielsweise werden im Leitbild unter dem Titel «Kontinuität» alle Kriterien der Vollständigkeit erwähnt (ausgewogene Information, Erläuterung von wichtigen Aspekten, Unmittelbarkeit).38 Es wird ausserdem darauf hingewiesen, dass Argumente, die in der parlamentarischen Debatte geltend gemacht wurden, auch in die öffentliche Diskussion einfliessen müssen, dass die Behörden wichtige Informationen nicht zurückhalten dürfen und dass sie so früh wie möglich kommunizieren müssen.

Die Dokumente zu den verschiedenen Inhaltskategorien greifen auch die verschiedenen Aspekte des Grundsatzes der Vollständigkeit angemessen auf. Gemäss Artikel 11 Absatz 2 BPR ist die Pflicht, in den Abstimmungserläuterungen ausgewogen zu informieren, besonders wichtig. In den Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates wird konkret darauf hingewiesen, dass den Argumenten der Komitees (und der Debatte im Parlament im Falle eines obligatorischen Referendums) gleich viel Platz eingeräumt werden muss wie den Ausführungen des Bundesrates. In den Weisungen wird auch festgehalten, dass der Text die wichtigsten Informationen zu einer Vorlage enthalten muss, wozu auch Zahlen gehören können.

38

Der Begriff «Kontinuität» entspricht eher der Pflicht des Bundesrates, die Stimmberechtigten «kontinuierlich» über die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen zu informieren (Art. 10a Abs. 1 BPR).

21 / 60

BBl 2024 65

Nach der Veröffentlichung der Abstimmungserläuterungen ist es Aufgabe der Behörden, unter Berücksichtigung der Argumente der Gegenseite die offiziellen Informationen zu ergänzen oder falsche Informationen zu korrigieren. In Bezug auf öffentliche Äusserungen wird im Aide-Mémoire ganz allgemein festgehalten, dass der Bundesrat «Fragen beantworten, Unklarheiten beheben, auf neue Argumente eingehen sowie Zusammenhänge und Folgen des Entscheids aufzeigen» muss. Die Grundprinzipien präzisieren auf angemessene Weise, dass die Argumente des Bundesrates in konfrontativen Formaten stärker in den Vordergrund gerückt werden können und dass ein Verweis auf weiterführende Informationen möglich ist, wenn der Gegenseite nicht genügend Raum gegeben werden kann.39 Was die sozialen Medien anbelangt, so verweisen die einschlägigen Leitlinien indirekt auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach bei Vorliegen offensichtlicher «Fake News» ein Eingreifen der Behörden in Form einer Richtigstellung geboten sein kann.

3.2.2

Sachlichkeit

Der Grundsatz der Sachlichkeit wird in den verschiedenen Grundlagen weitgehend angemessen ausgeführt. Das Leitbild enthält Vorgaben zu den ersten beiden Kriterien (formale Sachlichkeit und inhaltliche Richtigkeit), die Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit (verständlicher Inhalt) werden jedoch nicht beschrieben.

In den Dokumenten zu den verschiedenen Inhaltskategorien wird der Grundsatz der Sachlichkeit angemessen ausgeführt. Die Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates präzisieren diese Anforderung, indem sie festhalten, dass die Erläuterungen in einer einfachen und leicht verständlichen Sprache zu schreiben sind und dass der Textteil «im Detail» faktenbasiert sein muss. Ausserdem nennen sie konkrete Merkmale, wie Texte vereinfacht werden können und wie sich überprüfen lässt, ob Zahlen richtig eingeordnet werden. Hinsichtlich der formalen Sachlichkeit der Kommunikation halten die Weisungen fest, dass die Argumentation des Bundesrates im Textteil «Argumente» in einem angemessenen Ton zu verfassen ist. Sie erläutern diesen Punkt und liefern konkrete Beispiele für typische argumentative Kriterien. Dieser Aspekt wird auch in den Grundprinzipien erwähnt mit der Präzisierung, dass die Bundesratsmitglieder in konfrontativen Formaten ihre Argumente stärker in den Vordergrund rücken können, die Äusserungen aber sachlich bleiben müssen und keine Übertreibungen enthalten dürfen.40

3.2.3

Transparenz

In allen Grundlagen wird der Grundsatz der Transparenz insgesamt angemessen konkretisiert. Dieser Grundsatz verlangt, dass die Quelle und die Art der Information klar sind und dass Unsicherheiten offengelegt und erläutert werden. Das Leitbild legt den Fokus auf die Quellenangabe: «Die Stimmberechtigten müssen erkennen können, wer 39 40

Checkliste vor Komm-Aktion: «3. Berücksichtigt sie die Gegenseite in angemessener Weise?» (BK, 2021).

Checkliste vor Komm-Aktion: «1. Ist sie sachlich-informativ?» (BK, 2021).

22 / 60

BBl 2024 65

der Absender einer Information ist. Die Quelle muss immer offengelegt werden. Unzulässig sind verdeckte Behördeninformationen.»41 Sie enthalten keine Angaben zum Umgang mit Unsicherheiten, obschon die möglichen Folgen einer Annahme oder Ablehnung einer Abstimmungsvorlage häufig auf Schätzungen beruhen, die naturgemäss unsicher sind.

Dieses zweite von der Rechtsprechung und der Rechtsliteratur im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Transparenz hervorgehobene Element wird jedoch an verschiedenen Stellen in den Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates ausführlich und angemessen konkretisiert. Die Weisungen legen fest, dass die Herkunft und Aussagekraft der Zahlen offenzulegen ist und dass ausgewiesen werden muss, ob es sich um eine Messung, eine Schätzung oder eine Prognose handelt. Für die anderen Inhaltskategorien fehlt eine Konkretisierung der Transparenz, allerdings sind die Anforderungen an die Transparenz in der mündlichen Kommunikation bei öffentlichen Erklärungen und in Kurzbeiträgen in den sozialen Medien geringer.

3.2.4

Verhältnismässigkeit

Die Verhältnismässigkeit wird in den verschiedenen Grundlagen nicht immer angemessen ausgeführt. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit bezieht sich auf die (nicht dominante) Position und die (verhältnismässigen) Mittel der Behörden. Das erste Kriterium ist Thema des Leitbilds, welches indirekt vor einem zu starken Engagement der Behörden für eine der Parteien warnt. Ausserdem wird das übergeordnete Ziel der Kommunikation in Erinnerung gerufen, nämlich die freie und unverfälschte Meinungsbildung der Stimmberechtigten.

In den inhaltsbezogenen Dokumenten ist dieser Zweck in den Grundprinzipien verankert, welche auf das Ziel der Behördenkommunikation vor Abstimmungen eingehen und aufzählen, was erlaubt und was vorgeschrieben ist.42 Unter den verbotenen Handlungen wird unter anderem ausdrücklich erwähnt, dass das Führen einer «Kampagne» nicht erlaubt ist, ohne dass dieser Begriff jedoch näher definiert wird. Kommunikation ist zwar zulässig, wenn die entsprechenden Grundsätze eingehalten werden, doch die Grundlagen liefern keine konkreteren Anhaltspunkte für die Abgrenzung zwischen Information und «Kampagne», was Auswirkungen auf die Praxis hat (Kap. 4).

Das zweite von der Rechtsprechung und Rechtsliteratur hervorgehobene Kriterium (Verhältnismässigkeit der Mittel) wird in den Grundprinzipien aufgegriffen. Dort wird präzisiert, dass die Behörden für ihre Kommunikation keine Werbung, Plakate oder Inserate kaufen dürfen. Das Thema der eingesetzten Ressourcen wird jedoch in keinem von der PVK eingesehenen Dokument ausgeführt. Dies ist sicherlich zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Einhaltung dieses Kriteriums schwierig zu beurteilen ist. Im Bericht über das Engagement von Bundesrat und Bundesverwaltung wird darauf hingewiesen, dass sich meistens kaum abschätzen lässt, wie viele Mittel die am 41 42

KID (2015), 19.

Checkliste vor Komm-Aktion: «2. Trägt sie zur freien Meinungsbildung bei?» (BK, 2021).

23 / 60

BBl 2024 65

Abstimmungskampf Beteiligten einsetzen. Weiter wird klargestellt, dass die Mittel von Gruppierungen, die den behördlichen Standpunkt unterstützen, anzurechnen sind.43 Die PVK befasste sich ausserdem mit den abstimmungsbezogenen Kommunikationskonzepten der Departemente, um zu prüfen, ob der Grundsatz der Verhältnismässigkeit in diesen detaillierter konkretisiert wird. Wie sich zeigte, gewichten sie die Verhältnismässigkeit unterschiedlich: Das einschlägige Konzept des EFD verweist auf die Rechtsgrundlagen und zitiert danach die Beschreibung der Verhältnismässigkeit aus dem Leitbild. Jenes des WBF konkretisiert die Grundsätze etwas und betont explizit, dass das Departement keine politischen Kampagnen führt. Jenes des VBS hält ebenfalls fest, dass das Departement keine politischen Kampagnen führt und sich nicht an solchen beteiligt und liefert zudem, gestützt auf das Leitbild, einige Präzisierungen zu den rechtlichen Grundsätzen. Obwohl das Kommunikationskonzept des EJPD nicht ausdrücklich auf die Grundprinzipien für die Kommunikation verweist und auch im Konzept zur Konzernverantwortungsinitiative nicht auf diese eingegangen wird, ist in letzterem dennoch detailliert beschrieben, was das Departement zu diesem Geschäft geplant hat (siehe Ziff. 5.1.4).

3.3

Die Kompetenzverteilung ist in den Grundlagen nicht umfassend geregelt

Angesichts der zahlreichen Akteure, die in die Behördenkommunikation involviert sind (vgl. Ziff. 2.2), spielt die Kompetenzverteilung eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund muss sie in den Dokumenten, welche die Grundlage für diese Kommunikation bilden, klar definiert werden. Dies ist jedoch nicht immer gegeben und es besteht ein gewisser Handlungsspielraum. So wird die Kompetenzverteilung zwischen Bundesrat, BK, KID, Departementen und Verwaltungseinheiten im Leitbild der KID zur Behördenkommunikation umfassend beschrieben, ohne nach den jeweiligen Kommunikationsinhalten zu unterscheiden. Spezifische Informationen finden sich in den anderen Grundlagen zu bestimmten Inhaltskategorien.

In Bezug auf die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates wird in den einschlägigen Weisungen festgehalten, dass die BK die Gesamtverantwortung für die Redaktion der Erläuterungen trägt und dass das für eine Abstimmungsvorlage zuständige Departement für den Inhalt zu dieser Vorlage verantwortlich ist. Aus Sicht der PVK ist diese Aufgabenverteilung zwischen der BK und den Departementen sinnvoll, denn sie schafft ein Gleichgewicht zwischen der Verantwortung der BK, angemessene Informationen zu gewährleisten, und der Verantwortung des zuständigen Departements, genau, aktuell und detailliert über die Abstimmungsvorlagen zu informieren. Wäre die BK alleine verantwortlich, würde in den Texten das Hintergrundwissen fehlen.

Wären die Departemente alleine verantwortlich, wären die Texte womöglich politisch geprägt und weniger einheitlich. Es gibt jedoch eine Grauzone zwischen dem, was zur Redaktion und was zum Inhalt der Abstimmungserläuterungen gehört, da die beiden 43

Das Engagement von Bundesrat und Bundesverwaltung im Vorfeld von eidgenössischen Abstimmungen, Bericht der Arbeitsgruppe erweiterte Konferenz der Informationsdienste, November 2001.

24 / 60

BBl 2024 65

Aspekte nicht klar voneinander getrennt werden können. Ein BK-internes Mitarbeiterhandbuch klärt diesbezüglich die Rollenverteilung für die drei Redaktionssitzungen der Arbeitsgruppen, die für jede Vorlage gegründet werden. Auch die Zuständigkeiten für die Erstellung der Erklärvideos sind klar verteilt. Die Mehrheit der interviewten Departementsmitarbeitenden beurteilt auch den redaktionellen Prozess und die von der BK vorab übermittelten Vorlagen als klar und hilfreich hinsichtlich einer angemessenen Kompetenzverteilung.

Im Aide-Mémoire ist festgehalten, dass der Bundesrat vor Abstimmungen darüber entscheidet, wie die Äusserungen in Radio und Fernsehen unter den Bundesratsmitgliedern verteilt werden. Die Bundesratsmitglieder können aber nicht nur für das Kollegialgremium öffentliche Auftritte absolvieren oder in den sozialen Medien kommunizieren, sondern auch als Vorsteherin oder Vorsteher des für die Vorlage zuständigen Departements. In diesem Fall liegt die Verantwortung nicht bei der BK, sondern bei den zuständigen Departementen, und letztere verfügen über einen grossen Handlungsspielraum. Die Verordnung beschränkt sich nämlich darauf, die Einhaltung der Kommunikationspolitik des Bundesrates zu verlangen, damit eine gewisse Kohärenz sichergestellt wird (Ziff. 2.1). Die Dokumente geben keine Auskunft über die Aufgaben der verschiedenen Ebenen: Das Kommunikationskonzept des WBF erwähnt ausdrücklich, dass die Aufgaben zwischen dem Bundesrat und den Departementen nicht klar verteilt sind.

Im Hinblick auf die sozialen Medien halten die Leitlinien fest, dass die BK und die Departemente gemeinsam bestimmen, was über die Kanäle des Bundesrates und die Kanäle der Departemente kommuniziert wird.

4

Anwendung der Kommunikationsgrundlagen

Die PVK untersuchte anhand der folgenden Kriterien, ob die Grundlagen der Behördenkommunikation vor Abstimmungen von den zuständigen Stellen angemessen angewandt wurden: effektive und angemessene Nutzung der Grundlagen, angemessene Koordination der BK sowie systematische Überwachung durch die Departemente (vgl. Anhang 2). Die Ergebnisse werden durch die Fallstudien veranschaulicht.44 Zusammenfassung: Die PVK kommt insgesamt zum Schluss, dass die Anwendung der Grundlagen bedingt angemessen ist. Die Grundlagen werden wenig genutzt und ihre Anwendung ist uneinheitlich (Ziff. 4.1). Die Koordination der BK, insbesondere durch die KID, ist zweckmässig und wird als solche anerkannt (Ziff. 4.2). Die Überwachung durch die Departemente ist hingegen nicht immer angemessen (Ziff. 4.3).

44

Eine ausführliche Beschreibung der Fallstudien findet sich im Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Kap. 2.

25 / 60

BBl 2024 65

4.1

Die Grundlagen werden wenig genutzt und ihre Anwendung ist uneinheitlich

Die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates beginnt in der Regel noch bevor der Bundesrat festgelegt hat, wann die Vorlage zur Abstimmung kommt.

Gemäss der Kompetenzverteilung zwischen der BK und den Departementen (Ziff. 3.3) wird für jede Vorlage eine Arbeitsgruppe gebildet. Sie wird von einem Mitglied der Sektion Kommunikation der BK geleitet und setzt sich aus Mitgliedern der zentralen Sprachdienste der BK, Kommunikationsspezialistinnen und -spezialisten des Generalsekretariats des zuständigen Departements und ein oder zwei Fachpersonen der zuständigen Verwaltungseinheit zusammen. Die Departemente entscheiden selbst, wer sie in der Arbeitsgruppe vertritt.

Vor der ersten Redaktionssitzung lässt die BK dem zuständigen Departement einen detaillierten Zeitplan, die Aufgabenverteilung sowie Vorlagen für die Textformatierung zukommen, damit dieses einen ersten Textentwurf für die Abstimmungserläuterungen erstellen kann. Bei dieser Gelegenheit übermittelt sie auch die Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates und weist darauf hin, dass diese eingehalten werden müssen, um den Redaktionsprozess zu vereinfachen und so kurz wie möglich zu halten. Trotzdem wird dieser Prozess von allen befragten Beteiligten als schwerfällig angesehen. Die interviewten Vertreterinnen und Vertreter der Departemente bestätigten mehrheitlich, dass sie diese Dokumente erhalten. Sie sind zudem der Ansicht, dass der Prozess klar ist und von der BK gut koordiniert wird.

Einige der Befragten gaben jedoch an, dass die BK so stark in die Redaktion der Abstimmungserläuterungen involviert sei, dass die Departemente die Grundlagen nicht konsultierten. Die Interviews bestätigten, dass einige Verwaltungseinheiten bei der Redaktion der ersten Textversion die Grundlagendokumente und damit die darin enthaltenen ausführlichen Checklisten und redaktionellen Vorgaben nicht verwendeten, weil sie davon ausgingen, dass die BK die Einhaltung der rechtlichen Grundsätze kontrolliert. Laut BK merkt man das dem Textentwurf, der in der ersten Redaktionssitzung diskutiert wird, an. Die von der PVK befragten Vertreterinnen und Vertreter der BK stellen fest, dass die eigentlich verbindlichen Weisungen im Allgemeinen nicht angewandt werden. Ausserdem seien sprachliche Fähigkeiten erforderlich, um rechtskonforme
Texte verfassen zu können, und es sei Aufgabe der BK-Mitarbeitenden, diesbezüglich Kommentare anzubringen. Der Textentwurf wird daraufhin angepasst und danach an zwei weiteren Sitzungen der Arbeitsgruppe diskutiert. Die PVK stellte zudem fest, dass die BK eine wichtigere Rolle spielt, als in ihrem Mitarbeiterhandbuch von 2014 vorgesehen ist. Die aktuell praktizierte Kompetenzverteilung, die mit einer Ausnahme von allen Departementen als angemessen betrachtet wird, stimmt nicht mehr mit diesen Grundlagen überein. Aus den Aussagen der interviewten Personen ging hervor, dass die anderen im Rahmen des Bundesratsbeschlusses von 2019 eingeführten eher prozeduralen Massnahmen (Ämterkonsultation und Korrekturprozess, vgl. Ziff. 2.2) funktionieren und sich bewährt haben (vgl. Beispiel 1).

26 / 60

BBl 2024 65

Beispiel 1

Korrekturprozess

Im Frühjahr 2022 wurden Ungenauigkeiten in den Erläuterungen des Bundesrates zum Referendum zum Filmgesetz festgestellt. Unter Berufung auf die 2019 neu eingeführten Massnahmen hielt sie der Bundesratssprecher für eine allzu starke Vereinfachung, die nicht dem Grundsatz der Vollständigkeit entsprach. Entsprechend dem Korrekturprozess passte die BK anschliessend die elektronische Version an, veröffentlichte eine Medienmitteilung und fügte auf ihrer Website eine Präzisierung hinzu (Ziff. 5.1.1).

In Bezug auf die öffentlichen Äusserungen und die Beiträge in den sozialen Medien zeigten die Interviews mit den Vertreterinnen und Vertretern der Departemente, dass diese die Grundlagen zwar kennen, sie aber ebenfalls nicht nutzen.45 Die rechtlichen Grundsätze sind ihrer Meinung nach zu weit von ihrer täglichen Kommunikationspraxis entfernt. Die «Checkliste vor Kommunikationsaktivitäten» in den Grundprinzipien wird beispielsweise als angemessen aber als zu allgemein und zu abstrakt erachtet. Da der Begriff «Kampagne» nicht klar definiert ist (Ziff. 3.2.4), haben die Befragten sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Grenze zwischen Information und Kampagne, was zu heterogenen Vorgehensweisen in den einzelnen Departementen führt (vgl. Beispiel 2). In einigen Fällen kann deshalb im Vorfeld von Abstimmungen Kritik an der Kommunikation der Behörden entstehen (Kap. 5).

Beispiel 2

Information versus Kampagne

Beim Referendum zu den Kinderabzügen erfolgte, abgesehen von den Erläuterungen und Erklärvideos des Bundesrates, die unter den Informationsauftrag der Behörden fallen, keine zusätzliche Kommunikation seitens der Bundesbehörden.

Bei der Konzernverantwortungsinitiative hingegen gab es zahlreiche öffentliche Äusserungen, für die im Kommunikationskonzept Argumente geplant waren und von denen ausgegangen wurde, dass sie von den anvisierten Medien positiv aufgenommen werden. Dies wirft die Frage nach der Verhältnismässigkeit der Kommunikation auf (Ziff. 5.1.4).

Generell zeigen die Analysen der PVK, dass die Kommunikationspraktiken der Departemente sehr unterschiedlich sind: Einige nutzen die verschiedenen Kommunikationskanäle aktiv (öffentliche Anlässe, kontradiktorische Debatten, Erklärungen in den Medien), andere kaum. Mit Blick auf die sozialen Netzwerke geht aus der Untersuchung der PVK hervor, dass in den letzten Jahren zahlreiche Accounts eingerichtet

45

Insbesondere KID-Leitbild (2015) und Grundprinzipien der BK (2021), vgl. Kap. 3.

27 / 60

BBl 2024 65

wurden.46 Die Departemente und die BK sind auf diesen Kommunikationsplattformen jedoch nach wie vor sehr unterschiedlich präsent und die Praxis der Kommunikation von entsprechende Inhalten vor Abstimmungen ist uneinheitlich.

4.2

Die Koordination der BK, insbesondere durch die KID, ist zweckmässig und wird als solche anerkannt

Für den Austausch und die Koordination im Bereich Information und Kommunikation spielt die KID eine entscheidende Rolle. Laut den interviewten Vertreterinnen und Vertretern der Departemente hat die Rolle der KID in den letzten zwei Jahren an Bedeutung gewonnen, insbesondere auf Anregung des Bundesratssprechers, der den Vorsitz führt. Die KID koordiniert, plant die Information auf operativer Ebene, insbesondere durch den täglichen Austausch per Telefon, und nimmt eine strategische Lagebeurteilung vor, bei der monatlich die aktuellen Herausforderungen der Departemente und des Bundesrates besprochen werden. Was konkret die Kommunikation der Behörden vor Abstimmungen betrifft, so ging es bei den strategischen Diskussionen in den letzten Jahren beispielsweise um die neuen Vorlagen für die Abstimmungserläuterungen, die Kommunikationskonzepte der Departemente, die Strategien und Leitlinien für soziale Medien oder die Mitwirkung an Medienmitteilungen. Die KID fungiert auch als interdepartementale Plattform für den Austausch von Best Practices.

Diese Aufgaben stehen im Einklang mit ihren Befugnissen (Art. 54 Abs. 2 RVOG) und sind nach Ansicht der PVK zweckmässig, um die Kommunikation der Behörden vor Abstimmungen zu koordinieren und zu harmonisieren. Die interviewten Vertreterinnen und Vertreter der Departemente schätzen die Möglichkeit, laufende Angelegenheiten zu besprechen, aber auch die Möglichkeit, anderen Fachleuten Probleme aus ihrer Praxis zu unterbreiten und konsolidierte Lösungen zu erarbeiten.47 Sie sind der Meinung, dass diese Funktionen zweckmässig und komplementär sind und dass die KID für die Koordination hilfreich ist.

Die KID ermöglicht es auch, Äusserungen in den Medien zu koordinieren und zu planen. Da dies in den Grundlagen (Ziff. 3.3) nicht abschliessend geregelt ist, ist es laut einigen Vertreterinnen und Vertretern der Generalsekretariate der Departemente oft schwierig zu bestimmen, ob der Bundesrat oder das Departement über einen Aspekt zu informieren hat, und die Behandlung solcher operativen Fragen in der KID sehr nützlich ist. Auf Departementsebene wird die «Sandwichposition» zwischen Bundesrat und Verwaltungseinheiten bisweilen ebenfalls als Herausforderung bezeichnet, sowohl in einigen schriftlichen Dokumenten als auch von den Interviewten. Die Mitar46

47

Laut dem PVK-Bericht «Öffentlichkeitsarbeit des Bundes» (Bericht zuhanden der GPK-N vom 3.5.2019, BBl 2020 1153, hier 1200) schufen die Departemente folgende neuen Konten: VBS: persönlicher Twitter-Account; WBF: persönliche Accounts auf Twitter, Facebook und Instagram sowie Account swiss.public.economy auf Facebook und Instagram; UVEK: persönliche Accounts auf Twitter und Instagram, EDA: Accounts auf Facebook und Instagram; EDI: persönlicher Twitter-Account sowie Accounts auf Twitter und YouTube; BK: Instagram-Account.

Die Zusammenarbeit zwischen den Departementen bei ihren Aufgaben im Bereich Öffentlichkeitsarbeit, einschliesslich des Austauschs von Best Practices (PVK, 2019), scheint sich verbessert zu haben.

28 / 60

BBl 2024 65

beitenden der Generalsekretariate betonten zudem, dass die BK stets bereit ist, rasch auf konkrete Fragen zu öffentlichen Äusserungen und deren Koordination zu antworten. Gemäss den Grundlagen (Ziff. 3.3) sind die Departemente für die Kommunikation vor Abstimmungen in ihrem Bereich zuständig. Auch wenn die Departemente in Bezug auf die Kommunikation vor Abstimmungen insgesamt unterschiedlich vorgehen (Ziff. 4.1), ist es nicht die Aufgabe der BK, in Departementsangelegenheiten einzugreifen, um diese zu vereinheitlichen. Diesbezüglich sind die interviewten Vertreterinnen und Vertreter der BK der Meinung, dass die BK nicht in den Kompetenzbereich der Departemente eingreifen, sondern lediglich sicherstellen soll, dass die Kommunikation der Behörden vor Abstimmungen den rechtlichen Grundsätzen entspricht (vgl. Beispiel 3).

Beispiel 3

Eingreifen der BK bei den Departementen

Während der Abstimmungskampagne zur Pestizidinitiative stellte das WBF ein Video online, das den Departementsvorsteher bei einem Besuch auf einem BioBauernhof zeigt. Die Befürworter der Initiative kritisierten eine mögliche Vermischung des Bio-Labels und der Abstimmungsempfehlung des Bundesrates, worauf das Video aus den Kommunikationskanälen des Departements entfernt wurde. Unter Berufung auf das Kriterium der Sachlichkeit empfahl die BK, das Video zu entfernen, ohne dies formell zu verlangen. Aus Sicht des WBF war die Intervention der BK angemessen.

Für die redaktionelle Arbeit an den Erläuterungen, die etwa einen Monat dauert, ist die Koordination mehrerer beteiligter Stellen erforderlich. Da die Abstimmungserläuterungen eine wichtige Informationsquelle darstellen, sind diese Arbeiten äusserst anspruchsvoll (Ziff. 6.2). Zwischen dem für die Vorlage zuständigen Departement und der BK kann es zu Spannungen im Hinblick auf die dem Bundesrat zur Entscheidung vorzulegende Version kommen, was laut BK aber relativ selten der Fall ist. Die überwiegende Mehrheit der Interviewten anerkennt die Professionalität der BK bei der Durchführung eines komplexen und dicht gedrängten Prozesses. Im Rahmen der Fallstudien stellte die PVK fest, dass die BK in den verschiedenen Textversionen, welche das zuständige Departement im Laufe der Arbeitsgruppensitzungen ausarbeitet, zahlreiche Bemerkungen anbringt. Auch wenn ein Departement der Auffassung war, dass die Aufgabenverteilung in der Praxis unklar ist und die BK auch inhaltliche Fragen kommentiert, hält die PVK die Bemerkungen im Grossen und Ganzen für angemessen. Obwohl es nicht immer einfach ist, zwischen «Redaktion» und «Inhalt» zu unterscheiden, zeigt die Analyse der PVK, dass sich die meisten BK-Kommentare, die nicht den Sprachstil oder die Syntax betreffen, auf rechtliche Vorgaben beziehen, wie etwa die Trennung von Erläuterungen und Argumenten oder die Überprüfung quantitativer Angaben. Kommentiert wird ausserdem oft die Verständlichkeit des Textes (vgl. Beispiel 4). Es kommt vor, dass die BK Bemerkungen anbringt, die sich ihrer Meinung nach auf inhaltliche Argumente beziehen, im Wissen, dass sie dafür nicht zuständig ist. Wie die analysierten Textversionen der Erläuterungen des Bundesrates zeigen, weist die BK in solchen Fällen in ihrer Bemerkung explizit
darauf hin. In Bezug auf die Erklärvideos, die auf den Erläuterungen des Bundesrates basieren, halten es die Departemente insgesamt für angemessen, dass die BK in Zusammenarbeit mit 29 / 60

BBl 2024 65

den Departementen für deren Erstellung zuständig ist, damit die Einheitlichkeit gewährleistet ist.

Beispiel 4

Koordinationsaufgaben der BK in den Redaktionssitzungen

Die BK achtet insbesondere darauf, grafische Darstellungen in die Abstimmungserläuterungen zu integrieren, die laut BK-Mitarbeitenden so einfach wie möglich und so umfassend wie nötig sein sollen. Im Entwurf der Erläuterungen zur Pestizidinitiative wurde eine Grafik gelöscht, weil sie aufgrund einer gewissen Ungenauigkeit Kritik hätte hervorrufen können. Ein besonderes Augenmerk gilt auch der Trennung von Fakten und Meinungen sowie der Kontrolle von Zahlen. Beim Referendum zu den Kinderabzügen, bei dem die Zahlenangaben von grosser Bedeutung waren, verlangte die BK mehrmals eine Überprüfung.

4.3

Die Überwachung durch die Departemente ist nicht immer angemessen

Da die Departemente für die Kommunikation in ihrem Bereich verantwortlich sind, müssen sie auch die Einhaltung der Grundlagen durch die ihnen unterstellten Einheiten überwachen. Laut den Interviewpartnerinnen und -partnern nehmen die meisten Departemente diese Überwachung wahr, indem sie die verschiedenen von den Verwaltungseinheiten vorbereiteten Kommunikationsinhalte konkret überprüfen. Andere fragen nachträglich bei den Fachleuten nach, ob sie die Dokumente der BK erhalten und davon Kenntnis genommen haben, oder suchen den Austausch im Rahmen einer internen Koordinationsplattform. Nach Ansicht der PVK wird eine Vier-Augen-Kontrolle der Informationen und Zahlen in den Erläuterungsentwürfen des Bundesrates nicht immer von jenen Personen vorgenommen, die über das fachliche Wissen zur Abstimmungsvorlage verfügen (vgl. Beispiel 5).

Beispiel 5

Kontrolle der Informationen in den Erläuterungen des Bundesrates

Beim Referendum zum Filmgesetz hatte die zuständige Verwaltungseinheit die Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates laut den Befragten nicht zu Beginn der Textredaktion erhalten, sondern erst später davon Kenntnis genommen. Eine Karte zum internationalen Umfeld wurde zu stark vereinfacht. Sie wurde in der Verwaltungseinheit, die über das entsprechende fachliche Wissen verfügte, nicht nach dem Vier-Augen-Prinzip kontrolliert, und das Departement verlangte dies auch nicht. In den Redaktionssitzungen wies die BK darauf hin, dass das zuständige Departement und die Verwaltungseinheit eine Plausibilitätsprüfung vornehmen sollten. Laut den geführten Interviews wurde die betreffende Karte zwar nachträglich auf Fehler kontrolliert, es wurde aber nicht überprüft, ob die vorgenommene Vereinfachung zwecks leichterer Lesbarkeit der Daten auch im Grundsatz richtig war.

30 / 60

BBl 2024 65

An den KID-Sitzungen fordert die BK die Departemente regelmässig dazu auf, die Grundlagendokumente für die Behördenkommunikation vor Abstimmungen intern zu verbreiten. Aus den Interviews mit den Vertreterinnen und Vertretern der Departemente ging hervor, dass diese Verbreitung sehr unterschiedlich erfolgt: In einigen Departementen werden sie nur mündlich vor einer anstehenden Abstimmung erwähnt, in anderen findet eine Kick-off-Sitzung statt, bei der die Grundprinzipien in Erinnerung gerufen und an die involvierten Einheiten verteilt werden. Wiederum in anderen Departementen wird nur ein Kommunikationskonzept abgegeben, das speziell für die Abstimmungsvorlage in ihrer Zuständigkeit erstellt wurde. Einige Fachleute aus den Verwaltungseinheiten, die im Rahmen der Fallstudien interviewt wurden, gaben an, dass sie die Grundlagen nicht kannten und auch nicht darauf aufmerksam gemacht wurden. Im Hinblick auf die Absicherung der Informationen und Zahlen, die in den Erläuterungen des Bundesrates enthalten sind, spielen sie jedoch eine wichtige Rolle.

5

Inhalte der Kommunikation

Die PVK hat die Angemessenheit der Kommunikationsinhalte in den vier umstrittenen Fällen der Behördenkommunikation vor Abstimmungen. analysiert und sich dabei auf die unter Ziff. 2.3 aufgeführten Kriterien der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit gestützt. Zudem hat sie, wie in Anhang 2 dargestellt, die unterschiedliche Intensität der Behördenkommunikation vor Abstimmungen bewertet Zusammenfassung: Die PVK kommt zum Schluss, dass die rechtlichen Kriterien der Behördenkommunikation vor Abstimmungen in den vier Fällen in der Regel respektiert wurden. Vereinzelte Defizite wurden in allen Fällen festgestellt. Diese deckten sich häufig mit der medialen Kritik an der Kommunikation der Behörden vor den vier Abstimmungen. Am stärksten ausgeprägt waren sie bei der Sachlichkeit und der Verhältnismässigkeit im Rahmen der Kommunikation zur Konzernverantwortungsinitiative (Ziff. 5.1). Die unterschiedlich intensive Kommunikation der Behörden je nach Vorlage ist nach Einschätzung der PVK verhältnismässig, da sie die Intensität der medialen Berichterstattung widerspiegelt (Ziff. 5.2).

5.1

Die Inhalte der Kommunikation entsprachen den rechtlichen Grundsätzen ­ mit punktuellen Ausnahmen

In der Folge werden die Erkenntnisse aus den Fallstudien zu vier Vorlagen, zu welchen die Behördenkommunikation medial in der Kritik stand, zusammengefasst und miteinander verglichen. Es handelt sich um das Referendum zu den Kinderabzügen, die Konzernverantwortungsinitiative, die Pestizidinitiative und das Referendum zum Filmgesetz (vgl. Tabelle 2). Die ausführlichen Ergebnisse finden sich, wo nichts anders vermerkt, im Arbeitspapier der PVK.48 48

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Kap. 2.

31 / 60

BBl 2024 65

5.1.1

Vollständigkeit

Der Bundesrat kommunizierte nach Einschätzung der PVK in den vier untersuchten Fällen meist vollständig. Die gegebenen Informationen waren grundsätzlich ausgewogen. Die Kommunikation beinhaltete nach Einschätzung der PVK mit einzelnen Ausnahmen die wichtigsten Elemente der Vorlagen und sie stand rechtzeitig zur Verfügung:

49 50 51 52

­

Die Abstimmungserläuterungen der vier Vorlagen machten die Vor- und Nachteile sichtbar und legten die wichtigsten Argumente dar. Neben einer allgemeinen Einführung zur Thematik in Kürze und einer detaillierten Ausführung führten sie die Argumente des Initiativ- bzw. Referendumskomitees einerseits und jene des Bundesrates bzw. des Parlamentes andererseits im selben Umfang und mit einer Abstimmungsempfehlung auf. Die wichtigsten Elemente waren ausser in zwei Punkten nach der Analyse der PVK in den Erläuterungen enthalten. Die erste Ausnahme betrifft das Referendum zum Filmgesetz, bei welchem nachträglich in einer Darstellung in der Broschüre ein Fehler festgestellt wurde. Dies wurde auch von verschiedenen Medien aufgegriffen.49 Die BK hat die Darstellung bei der elektronischen Form zwar noch angepasst und eine Erklärung dazu veröffentlicht, doch waren in den versendeten Abstimmungserläuterungen damit nicht alle Argumente ersichtlich (siehe Beispiel 1, Ziff. 4.1). Die Abstimmungserläuterungen zur Konzernverantwortungsinitiative hielten fest, dass sich zum Zeitpunkt ihrer Publikation die Anzahl der durch die Initiative betroffenen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nicht abschätzen liess. Eine Zahl dazu lieferte jedoch eine Studie, die zum Zeitpunkt der Redaktion bereits vorlag. Die Departementsvorsteherin erwähnte diese Zahl auch in der Fragerunde im Rahmen der Medienkonferenz des Bundesrates zur Eröffnung der Abstimmung wie auch wiederholt in späteren öffentlichen Äusserungen.50

­

Bei öffentlichen Äusserungen wird den Behörden in Bezug auf die Vollständigkeit der Inhalte ein grösserer Spielraum eingeräumt als bei den Abstimmungserläuterungen, da nicht in jedem Format in ähnlichem Detaillierungsgrad auf den Inhalt der Vorlage eingegangen werden kann.51 Sie können dabei auch auf aktuelle Diskussionen, und damit auf neue Argumente, eingehen, und es kann nicht dieselbe Ausgewogenheit vorausgesetzt werden. Dennoch müssen sich die Äusserungen im Wesentlichen an den Abstimmungserläuterungen orientieren52. Die Inhalte der öffentlichen Äusserungen waren in den vier untersuchten Fällen teilweise tatsächlich etwas weniger ausgewogen als in den Abstimmungserläuterungen. Oftmals würdigte die zuständige Departementsvorsteherin/der zuständigen Departementsvorsteher in Interviews die Absichten der Initiantinnen und Initianten positiv, so beispielsweise bei der Konzernverantwortungsinitiative: «Der Bundesrat und das Parlament teilen Siehe z. B. Eklat in der Arena: Fehler im Abstimmungsbüchlein zum Filmgesetz.

In: Nebelspalter, 9.4.2022.

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.2.1.

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 1.1.

BGE 1C_225/2022, 3.3.

32 / 60

BBl 2024 65

die Ziele der Initiative, nämlich die Stärkung der Menschenrechte und des Umweltschutzes. Aber die Initiative ist zu radikal».53 Teilweise nutzten sie auch die Möglichkeit, auf Dynamiken in der öffentlichen Diskussion einzugehen und auf Informationsdefizite zu reagieren. Insbesondere zeigte sich das bei der Vorlage zur Konzernverantwortungsinitiative, indem die zuständige Bundesrätin immer wieder den Gegenvorschlag hervorhob, der in der öffentlichen Diskussion nach Auffassung des Departements zu wenig Platz einnahm.

­

Wie bei den öffentlichen Äusserungen haben die Behörden auch bei Beiträgen in den sozialen Medien bezüglich der Ausgewogenheit einen gewissen Spielraum. Dies insbesondere bei Beiträgen auf Twitter, die durch die Begrenzung auf 280 Zeichen nach der Lehrmeinung notgedrungen oberflächlich bleiben, auf mehrere Tweets aufgeteilt oder von einem angehängten Dokument begleitet werden müssen.54 Die Ausgewogenheit ist folglich noch schwieriger zu gewährleisten und die wichtigsten Elemente einer Vorlage können noch weniger als bei Interviews oder öffentlichen Auftritten dargelegt werden. Gleichzeitig sollte die Haltung des Bundesrates ersichtlich werden. Dies war im Beispiel in Abbildung 3 nicht der Fall.

Abbildung 3

Tweet ohne wichtige Elemente und Empfehlung

Quelle: Twitter

In anderen Beiträgen auf Twitter wurde beispielsweise auf die Medienmitteilung, das Abstimmungsdossier der Verwaltungseinheit oder auf Interviews zur Thematik verwiesen. Mit solchen Verweisen auf eine Quelle mit ausgewogenen Informationen kann der Problematik der eingeschränkten Ausgewogenheit der Informationen entgegengewirkt werden.

5.1.2

Sachlichkeit

Die Kommunikation des Bundesrates war nach Einschätzung der PVK bei den vier untersuchten Vorlagen inhaltlich weitgehend genau (korrekt und faktenbasiert) und 53 54

Die Unternehmen haften bereits heute. In: CH-Media, 7.10.2020.

Pirker, Benedikt (2017): «Behördliche Interventionen in Abstimmungskämpfen», Aktuelle Juristische Praxis ­ AJP 26 (2017), 1374­1375.

33 / 60

BBl 2024 65

verständlich sowie in einem nüchternen und sachlichen Ton verfasst, aber punktuell ungenau. Sie war folglich nicht durchgehend sachlich:

55 56

57 58 59 60

­

Die Abstimmungserläuterungen waren für die PVK meist nachvollziehbar und inhaltlich genau, wobei sie in allen Fällen Ausnahmen feststellte. Abgesehen vom Fehler bzw. der Ungenauigkeit in der Karte beim Referendum zum Filmgesetz (vgl. Ziff. 5.1.1) wurde in den Abstimmungserläuterungen zum Referendum zu den Kinderabzügen in den Detailausführungen ein Punkt zur Vorlage eher argumentativ als faktenbasiert dargestellt. So wurde festgehalten, dass dank der Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs Personen vermehrt am Arbeitsmarkt teilnehmen und dadurch dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Dies wiederum hätte die Schweizer Wirtschaft gestärkt.55 Da diese Kausalkette laut der Botschaft56 auf zahlreichen Annahmen basierte, war dies nach Auffassung der PVK für die Detailausführungen der Abstimmungserläuterungen nicht faktenbasiert. Auch die Abstimmungserläuterungen zur Konzernverantwortungs- und zur Pestizidinitiative erklärten in den Detailausführungen jeweils ein Element nicht nachvollziehbar. Sprachlich waren die Abstimmungserläuterungen in einem nüchternen und sachlichen Ton verfasst sowie klar und meist verständlich. Vereinzelt waren in den Abstimmungserläuterungen wie beim Referendum zu den Kinderabzügen schwierige und nicht allgemein verständliche Formulierungen zu finden. So dürfte beispielsweise der Begriff des steuerbaren Einkommens oder des Versicherungsabzugs nicht für alle Leserinnen und Leser ohne weitere Erklärungen verständlich sein.57

­

Auch die öffentlichen Äusserungen waren nach Auffassung der PVK inhaltlich nicht immer genau. Insbesondere bei der Kommunikation vor der Abstimmung zur Konzernverantwortungsinitiative hat die zuständige Departementsvorsteherin, wie auch medial kritisiert,58 in Interviews teils sehr vereinfachte und dadurch ungenaue Aussagen getroffen. Dies zeigte sich beispielsweise an folgendem Satz: «Cette initiative demande autre chose: que moi je sois responsable des dommages que vous causez»59. Dass ein Unternehmen laut der Initiative nur dann für ein anderes haften würde, wenn dieses von ihm abhängig ist, wurde lediglich auf entsprechende Nachfrage verdeutlicht.60 Die öffentlichen Äusserungen waren gegenüber den Abstimmungserläuterungen meist einfacher und daher etwas weniger genau formuliert. In einem Interview beim Referendum zum Filmgesetz wie auch zur Pestizidinitiative war die Sprache nicht durchgehend nüchtern und punktuell polemisch.

So stellte der Departementsvorsteher beispielsweise die Anliegen und die Folgen der Pestizidinitiative wie folgt dar: «L'hypocrisie, c'est que ces initiatives BK 2020c: Erläuterungen des Bundesrates zur Volksabstimmung vom 27. September 2020, 49.

Botschaft des Bundesrates vom 9.5.2018 zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten; BBl 2018 3019, hier 3037).

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.1.1.

Siehe z.

Die lügende Bundesrätin. In: WOZ die Wochenzeitung, 26.11.2020.

Les initiants n'ont pas le monopole du coeur. In: Le Matin Dimanche, 18.10.2020.

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.2.2.

34 / 60

BBl 2024 65

augmenteraient le tourisme alimentaire. Aller faire ses courses à l'étranger en voiture, ça pollue aussi. Et ça, c'est complètement schizophrène!».61 ­

Die Beiträge in den sozialen Medien waren im Vergleich zu den öffentlichen Äusserungen in Bezug auf ihre Tonalität eher zurückhaltend und weniger polemisch verfasst. Oftmals verwiesen sie mit einem Zitat auf andere Beiträge, beispielsweise auf ein Interview. Hingegen waren gewisse Beiträge in den sozialen Medien inhaltlich nur bedingt genau. So postete der zuständige Departementsvorsteher im Rahmen der Pestizidinitiative einen Beitrag, der auf alternative Gesetze hinwies, die jedoch noch nicht erlassen waren. Zur selben Vorlage organisierte das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) einen Rundgang bei einem Bio-Bauern mit Medienvertretenden, der auf Video aufgenommen und im Anschluss veröffentlicht wurde. Das Video hätte so verstanden werden können, dass ein bestimmter Bioverband die Initiative ablehnen würde, während das Gegenteil zutraf, weshalb das Video nach Beschwerden wieder vom Netz genommen wurde. Dies wurde auch in den Medien kritisch beleuchtet.62 Vor der Abstimmung zur Konzernverantwortungsinitiative zitierte die zuständige Departementsvorsteherin in einem Tweet einen KMUVertreter, der bei einer Podiumsdiskussion mit ihr gesagt hatte, dass er im Falle einer Annahme der Initiative 11 000 Zulieferfirmen kontrollieren müsste (siehe Abbildung 4). Auch wenn im Tweet ersichtlich ist, dass es sich um ein Zitat eines Dritten handelte, ist die Information nicht sachlich, da sie auf einem Einzelfall beruht, der damit ein grosses Gewicht erhält, und sich kaum überprüfen lässt.63 Abbildung 4

Tweet mit kaum überprüfbarer Aussage

Quelle: Twitter

61 62 63

Sus aux pesticides! In: La Liberté, 24.3.2021.

Siehe z. B. Bundesrat provoziert mit Werbetour. In: NZZ am Sonntag, 9.5.2021.

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.2.3.

35 / 60

BBl 2024 65

5.1.3

Transparenz

Inhaltliche Unsicherheiten wurden in der Kommunikation bei den vier untersuchten Fällen nach der Einschätzung der PVK in der Regel als solche dargestellt und die Quellen angegeben:

64 65 66 67

­

Die Abstimmungserläuterungen wiesen nach der Bewertung der PVK Zahlen, die auf Schätzungen basierten, und Quellen klar aus. Auch legte der Bundesrat Unsicherheiten klar dar. Nur in einem Fall, beim Referendum zum Filmgesetz, konnte die PVK bei zwei Schätzwerten nicht nachvollziehen, worauf sie basierten. Namentlich stand in den Abstimmungserläuterungen zum Umsatz der Streamingdienste in der Schweiz und zum Betrag, der aus einer Investitionspflicht ins Schweizer Filmwesen fliessen würde, lediglich, dass diese Zahlen auf Schätzungen des Bundesamtes für Kultur (BAK) basierten. Wie diese zustande kamen, war dagegen weder in den Abstimmungserläuterungen noch auf der Website des BAK ersichtlich.64

­

Im Rahmen von öffentlichen Äusserung achteten die zuständigen Mitglieder des Bundesrats auf Quellenverweise. So erwähnte die Departementsvorsteherin des EJPD bei Äusserungen zur Konzernverantwortungsinitiative konsequent, dass es sich bei den 80 000 betroffenen KMU um eine Schätzung beruhend auf einer Studie handelte.65 Auch mögliche Unsicherheiten wurden meist transparent ausgewiesen. Eine Ausnahme zeigte sich beim Referendum zum Filmgesetz, bei dem der zuständige Departementsvorsteher eine Aussage über das Verhalten von Dritten bei einer Annahme der Vorlage machte (Ausstrahlung von Erfolgsserien auch bei Annahme der Vorlage), welches aber nicht im Einflussbereich des Bundesrates lag.66

­

Da die PVK die Beiträge der offiziellen Kanäle der Bundesbehörden in den sozialen Medien zu den vier Vorlagen analysierte, war der Absender immer transparent ersichtlich. Das Kommunikationskonzept des EJPD zur Konzernverantwortungsinitiative sah bezüglich der Aktivitäten in den sozialen Medien Twitteraktivitäten via Gegen-Komitee, Partei und weitere Organisationen vor.

Nach Aussagen der Verantwortlichen setzten die Bundesbehörden diese Aktivitäten jedoch nicht um. Dies konnte im Rahmen der Evaluation nicht weiter überprüft werden. Solche Aktivitäten über Dritte wären problematisch, da es sich um eine verdeckte Einflussnahme handeln könnte, sie nicht transparent wären und letztlich weit über eine Informationstätigkeit der Behörden hinausgehen würden.67

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.4.1.

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.2.2.

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.4.2.

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.2.3.

36 / 60

BBl 2024 65

5.1.4

Verhältnismässigkeit

Der Bundesrat kommunizierte vor den vier untersuchten Abstimmungen grundsätzlich insofern verhältnismässig, als in keinem der Fälle die behördliche Kommunikation derart umfangreich gewesen wäre, dass andere Ansichten an den Rand des Diskurses gedrängt worden wären und dadurch die Abstimmungsfreiheit verletzt gewesen wäre. In einem Fall lief die Ausrichtung der Kommunikation dem Verhältnismässigkeitsprinzip jedoch entgegen, wie in der Folge dargestellt wird:

68 69 70 71 72

­

Für die Abstimmungserläuterungen bestehen verschiedene Vorgaben, die u.a.

für eine verhältnismässige Information garantieren sollen (vgl. Ziff. 2.1). Die Vorgaben für die Erläuterungen, wie dass dem Initiativ- bzw. Referendumskomitee und dem Bundesrat gleich für die Darlegung ihrer Positionen lange Textpassagen zustehen, wurden in der Praxis strikte umgesetzt.

­

In allen vier Fällen stuft die PVK die Intensität der öffentlichen Äusserungen des Bundesrates als nicht dominant gegenüber der Kommunikation der Komitees in der Öffentlichkeit und daher als verhältnismässig ein. Das EFD wurde in den Medien für seine Zurückhaltung im Abstimmungskampf zum Referendum zu den Kinderabzügen kritisiert.68 Der Bundesrat ist jedoch, abgesehen von den rechtlich vorgesehenen Abstimmungserläuterungen, nur in bestimmten Fällen verpflichtet, sich in die Kommunikation vor Abstimmungen einzubringen, etwa um Falschinformationen zu berichtigen oder um auf veränderte Umstände einzugehen, womit eine zurückhaltende Kommunikation dennoch verhältnismässig ist.69 Im Gegensatz dazu äusserte sich die Departementsvorsteherin des EJPD mit rund 20 Interviews und der Teilnahme an sieben öffentlichen Veranstaltungen vor der Konzernverantwortungsinitiative sehr oft. Die Thematik wurde allgemein öffentlich sehr breit diskutiert.70 Im Gegensatz zur Einschätzung verschiedener Medien71 erachtete die PVK die aktive Teilnahme des Bundesrates an der öffentlichen Debatte als verhältnismässig. Allerdings zielte die Kommunikationsstrategie des EJPD im Rahmen dieser Vorlage weniger auf eine breite Information der Stimmbevölkerung, damit sie sich ihre Meinung frei bilden kann, als auf die Ablehnung der Initiative. So richtete das EJPD seine Kommunikation gemäss dem Konzept ergänzend zur Kampagne der überparteilichen Allianz aus. Die zuständige Arbeitsgruppe des Departements diskutierte gemäss Protokollen auch, wie man Argumente in der Öffentlichkeit platzieren soll, damit sie gut ankommen, und welche Kantone noch abgedeckt werden sollen. Das Konzept sah zudem den Aufbau eines Netzwerks mit Politikerinnen und Politikern und der Wirtschaft vor,72 das nach einer Interviewaussage zum Ziel hatte, zu erfahren wie andere Akteure kommunizieren. Andere befragte Personen konnten sich nicht mehr an dieses Netzwerk erinnerten. So bleibt offen, welche der vorgesehenen Massnahmen, die einer verhältnismässigen Kommunikation zuwiderlaufen, tatUeli Maurer hat «kä Luscht» auf die Arena. In: Blick Online, 7.8.2020.

Dubey (2018), 1162.

Vgl. Resonanz in den Medien in Tabelle 2.

Siehe Jeu trouble de KKS face aux entreprises responsables. In: Domaine Public, 2.12.2020.

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.2.2.

37 / 60

BBl 2024 65

sächlich umgesetzt wurden. In den Gesprächen der PVK zeigte sich jedenfalls, dass zwischen den Departementen ein unterschiedliches Verständnis darüber herrscht, was eine verhältnismässige Behördenkommunikation vor Abstimmungen umfasst (vgl. Ziff. 4.1).

­

Die Verhältnismässigkeit war bei der Nutzung der sozialen Medien gemäss der PVK gewährleistet. In den untersuchten Fällen hielten sich die Aktivitäten der zuständigen Departementsvorsteherin/des zuständigen Departementsvorstehers in den sozialen Medien stark in Grenzen. Die Kanäle wurden laut den Interviewten in erster Linie genutzt, weil es sich um eine neue Möglichkeit handelte, Informationen zu verbreiten, und dies von der Öffentlichkeit auch erwartet werde. Das Ansprechen einer neuen Personengruppe, die den traditionellen Medien nicht folgten, war nur beim Referendum zum Filmgesetz ein erklärtes Ziel.73 Dass die Behörden dadurch keine dominante Stellung einnahmen, zeigt sich dran, dass die meisten erwähnten Beiträge in den sozialen Medien nur auf wenig Resonanz stiessen (kaum Reaktionen, Retweets, etc.).

In den vier Fällen zeigte sich, dass die Intensität der Kampagnen der Komitees, gemessen an Inseraten in Zeitungen, fünf bis sechs Wochen vor dem Abstimmungstermin stark zugenommen hat (siehe Abbildung 5). Auffällig war dies bei der Konzernverantwortungs- und der Pestizidinitiative. Wie in Gesprächen erwähnt, kann eine intensivere Kommunikation in der Öffentlichkeit dazu führen, dass auch der Bundesrat aktiver kommunizieren muss, weil er von den Medien dazu eingeladen wird oder Aussagen der Gegnerinnen und Gegner richtigstellen muss. Die Frage der Intensität und der behördlichen Dominanz wird im Anschluss noch breiter über alle Vorlagen im Untersuchungszeitraum unter Ziffer 5.2 behandelt.

73

Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien, Ziff. 2.4.3.

38 / 60

BBl 2024 65

Abbildung 5 Anzahl Inserate in den Medien vor der Abstimmung

Quelle: Année Politique Suisse.

Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit verbietet den Behörden darüber hinaus, während des Abstimmungskampfs unverhältnismässig viele Mittel einzusetzen. Zu den eingesetzten Ressourcen seitens der Behörden existieren jedoch keine verlässlichen Zahlen. Nach Interviewaussagen entfällt bei der Kommunikation vor den Abstimmungen der grösste Ressourcenaufwand auf die Abstimmungserläuterungen, bei der es sich um einen gesetzlichen Auftrag handelt. Da die Kommunikation im bezahlten Raum (Plakate, Werbung usw.) verboten ist (vgl. Ziff. 3.2.4), sind die eingesetzten finanziellen Mittel für die Behördenkommunikation vor Abstimmungen allemal beschränkt.

5.2

Die Behörden nehmen keine dominante Stellung in der Berichterstattung ein

Neben der Verhältnismässigkeit der Behördenkommunikation in den vier untersuchten Fällen (vgl. Ziff. 5.1) bewertete die PVK diese auch mit Blick auf sämtliche 29 Vorlagen, die im Untersuchungszeitraum zur Abstimmung gelangten. Insgesamt zeigt die statistische Analyse, dass dem Bundesrat kein Übergewicht in der medialen Berichterstattung zukam.

39 / 60

BBl 2024 65

Wissenschaftliche Studien legen dar, dass politische Macht zu einer häufigeren Nennung und Sichtbarkeit von Akteuren in den Medien führen kann.74 In Bezug auf die vorliegende Thematik hat die PVK untersucht, ob der Bundesrat und seine Mitglieder in den Medien häufiger genannt wurden als andere Akteure in einer Kampagne.

Die statistische Auswertung zeigt, dass je mehr die Medien über eine Vorlage berichteten, desto häufiger auch der Bundesrat als Akteur genannt wurde. Der Bundesrat bringt sich zwar unterschiedlich stark in die Debatten ein (vgl. Ziff. 5.1.4) bzw. die Medien nehmen seine Kommunikation unterschiedlich stark auf, doch steht dies immer im Verhältnis zum Umfang der gesamten Berichterstattung zu einer Vorlage. Wie aus Abbildung 6 hervorgeht, entfielen bei der Konzernverantwortungsinitiative, über welche die Medien intensiv berichteten, nur rund 7 % der Erwähnungen auf den Bundesrat. Damit wurde er nicht überdurchschnittlich oft erwähnt. Die Akteure der Wirtschaft als Gegner der Initiative (mit 11 %) und die Wissenschaft sowie die Zivilgesellschaft als Befürworter (mit 11 bzw. 10 %) wurden öfter genannt. Anders war es bei den Referenden zum Gesetz über polizeiliche Massnahmen gegen Terrorismus und zum Gesetz über die Stempelabgabe, bei welchen die Medien wenig berichteten, der Bundesrat anteilsmässig aber viel häufiger genannt wurde (16­18 %).

74

Siehe z. B. Vos, Debby / Van Aelst, Peter (2018): Does the Political System Determine Media Visibility of Politicians? A Comparative Analysis of Political Functions in the News in Sixteen Countries. In: Political Communication 35(3).

40 / 60

BBl 2024 65

Abbildung 6 Anteil Erwähnungen des Bundesrates in den Medien bei den Abstimmungsvorlagen Gesetz über die Stempelabgaben (N=239) Ges. über polizeiliche Massn. gegen Terrorismus (N=303) Ges. über elektronische Identifizierungsdienste (N=244) Justizinitiative (N=177) In. «Mehr bezahlbare Wohnungen» (N=320) Beteiligung Frontex (N=295) Änderung des Filmgesetzes (N=280) Beschaffung neuer Kampfflugzeuge (N=362) Covid-19-Gesetz (N=242) Freihandelsabkommen mit Indonesien (N=268) Initiative für ein Verhüllungsverbot (N=426) Erhöhung der steuerlichen Kinderabzüge (N=191) Medienpaket (N=438) Begrenzungsinitiative (N=774) «Kriegsgeschäfte-Initiative» (N=232) Durchschnitt (N=401) In. für ein Verbot von Tier- und Menschenvers. (N=168) Widerspruchslösung bei der Organspende (N=223) CO2-Gesetz (N=731) Änderung des Covid-19-Gesetzes (N=910) Konzernverantwortungsinitiative (N=963) Pflegeinitiative (N=348) Pestizidinitiative (N=693) Vaterschaftsurlaub (N=338) «99%-Initiative» (N=215) In. «Kinder und Jugend. ohne Tabakwerbung» (N=239) Verbot der Diskr. aufgrund der sex. Orientierung (N=355) Jagdgesetz (N=342) Trinkwasserinitiative (N=763) Ehe für alle (N=554) 0%

2%

4%

6% 8% 10% 12% 14% Anteil Erwähnungen Bundesrat

16%

18%

20%

Legende: N nach dem Titel der Vorlage entspricht der Anzahl Erwähnung aller Akteure im Rahmen der Berichterstattung vor der Abstimmung.

Quelle: fög; 11 633 Erwähnungen von Akteuren aus 9331 Medienartikeln.

Über alle 29 Vorlagen hinweg wurde der Bundesrat weniger als jedes zehnte Mal als Akteur genannt. Systematische Unterschiede in der medialen Präsenz des Bundesrates zwischen den für die Vorlagen zuständigen Departementen bzw. ihren Vorstehenden liessen sich keine feststellen. Während der Bundesrat bei Referenden eine Vorlage verteidigt, tritt er bei Initiativen als Gegner auf. Zwischen Referenden und Initiativen haben sich bezüglich der medialen Präsenz des Bundesrates in der Auswertung aber keine systematischen Unterschiede gezeigt.

41 / 60

BBl 2024 65

6

Nutzung der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates

Basierend auf den Kriterien in Anhang 2 untersuchte die PVK, ob die Behördeninformationen von der Bevölkerung zur Meinungsbildung genutzt wurden, wobei sich die Analyse auf die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates konzentrierte. Dabei verglich sie deren Nutzung mit jener von Informationen aus Zeitungen, Fernsehen sowie sozialen Medien. Auch analysierte sie das Vertrauen in die Abstimmungserläuterungen und ihre Verständlichkeit.

Zusammenfassung: Die PVK stellte fest, dass die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates von der Schweizer Bevölkerung genutzt werden und ein grosses Vertrauen geniessen. Unabhängig von Alter, Bildungsniveau und politischer Gesinnung waren die Abstimmungserläuterungen jene Informationsquelle, die am meisten genutzt wurde (Ziff. 6.1). Die Abstimmungserläuterungen geniessen viel Vertrauen in der Bevölkerung, doch gibt es Hinweise darauf, dass sie nicht sehr leicht verständlich sind (Ziff. 6.2).

6.1

Die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates werden breit genutzt

Der Bevölkerung stehen Informationen aus verschiedenen Quellen zur Verfügung, um sich eine Meinung zu einer Abstimmungsvorlage zu bilden. Die Analysen der PVK von Daten der Nachbefragungen eidgenössischer Abstimmungen zwischen Februar 2020 und Mai 202275 zeigen, dass unter den verschiedenen Quellen den Abstimmungserläuterungen, wie in Abbildung 7 ersichtlich, die grösste Bedeutung zukommt.

75

Die Analysen basieren auf den Daten der VOTO- und VOX-Studien aller neun Abstimmungen im Untersuchungszeitraum von rund 15 000 Befragten. Die Angaben entsprechen Schätzwerten aus separaten Regressionsmodellen pro Informationsquelle. Nur statistisch signifikante Unterschiede (p<.05) werden im Bericht diskutiert.

42 / 60

BBl 2024 65

Abbildung 7 Nutzung von Informationsquellen zu Abstimmungen durch die Bevölkerung

Häufigkeit der Nutzung von Informationsquellen

10

9 8

7 6

5 4

3 2

1 0

Abstimmungserläuterungen des Bundesrates

Artikel in Zeitungen

Abstimmungssendungen am TV

News-Seiten im Internet

Soziale Medien

Legende: Skala von 0 (gar nicht genutzt) bis 10 (sehr stark genutzt), N=16 691.

Quelle: Daten Voto und Vox.

Über alle Altersgruppen, Ausbildungsniveaus und politischen Gesinnungen hinweg sind die Abstimmungserläuterungen, gefolgt von Artikeln in Zeitungen und Abstimmungssendungen am Fernseher die wichtigste Informationsquelle für die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, um sich über eine Abstimmung zu informieren. Die Information über News-Seiten im Internet und insbesondere die sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder Instagram spielen dagegen eine weniger wichtige Rolle.

Mit Blick auf die Nutzung der Informationen für Abstimmungsentscheide nach Alter fällt auf, dass die Abstimmungserläuterungen über alle Altersgruppen hinweg in etwa ähnlich stark genutzt wurden (vgl. Abbildung 8). Während sich Personen in jüngeren Altersgruppen daneben vermehrt über soziale Medien und News-Seiten im Internet informierten, nutzten ältere Personen eher traditionelle Medien wie Zeitungen und Fernsehsendungen. Auffallend ist, dass die Abstimmungserläuterungen bei den Personengruppen mit Jahrgang 1965 und jünger jene Informationsquelle sind, die am stärksten genutzt wurde. Auch die jüngste Altersgruppe (Jahrgang 1998 und jünger) hat die Abstimmungserläuterungen weit mehr genutzt als die sozialen Medien.

43 / 60

BBl 2024 65

Abbildung 8 Nutzung von Informationsquellen nach Altersgruppen 10

Häufigkeit der Nutzung von Informationsquellen

9

8

7

6

5

4

3

2

1

0

1945 oder älter

1946­1964

1965­1981 Jahrgang

1982­1997

Abstimmungserläuterungen des Bundesrates

Artikel in Zeitungen

Abstimmungssendungen am Fernsehen

News-Seiten im Internet

1998 oder jünger

Soziale Medien wie Facebook, Twitter oder Instagram

Legende: Skala von 0 (gar nicht genutzt) bis 10 (sehr stark genutzt), geschätzte Werte pro Informationsquelle, N=15 491­15 669.

Quelle: Daten Voto und Vox.

Eine Auswertung der Daten nach unterschiedlichem Ausbildungsniveau ergab keine grösseren Differenzen in der Nutzung der Informationsquellen (vgl. Abbildung 9).

Die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates werden durchwegs am häufigsten genutzt. Dies spricht nach Auffassung der PVK dafür, dass die Abstimmungserläuterungen insgesamt nützlich sind. Tendenziell nutzten Personen mit tertiärem Bildungsabschluss die etwas häufiger. Die Analysen der PVK zeigen nur geringe Unterschiede mit Blick auf die politische Gesinnung. Wiederum waren für alle nebst den Zeitungen die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates eine zentrale Informationsquelle (vgl. Abbildung 9). Bei Personen mit linker politischer Gesinnung spielten die Erläuterungen eine leicht geringfügigere Rolle als die Artikel in Zeitungen.

44 / 60

BBl 2024 65

Abbildung 9 Nutzung von Informationsquellen nach Ausbildungsniveau und politischer Gesinnung

Häufigkeit der Nutzung von Informationsquellen

10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 obligatorische Schule

Sekundarstufe II Ausbildungsniveau

Tertiärstufe

Links

Zentrum

Rechts

Politische Gesinnung

Legende: Skala von 0 (gar nicht genutzt) bis 10 (sehr stark genutzt), geschätzte Werte pro Informationsquelle, N= 15 491­15 669.

Quelle: Daten Voto und Vox.

6.2

Das Vertrauen in die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates ist hoch, obwohl sie nicht leicht verständlich sind

Die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates werden durch die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nicht nur breit genutzt (vgl. Ziff. 6.1), die Analysen der PVK zeigen auch, dass das Vertrauen der Bevölkerung in diese sehr hoch ist.76 Die politische Gesinnung spielte keine Rolle dafür, wie stark jemand in die Abstimmungserläuterungen vertraute. Gewisse Unterschiede zeigen sich dagegen mit Blick auf die Alterskategorien. So vertrauten ältere Personen, die 1945 oder früher geboren wurden, den Abstimmungserläuterungen weniger als jüngere Personen, die nach 1982 geboren wurden. Auch Personen mit nur obligatorischem Schulabschluss vertrauten 76

Die Analysen basieren auf den Befragungsdaten der VOX-Studien von sechs Abstimmungen mit rund 13 000 Befragten. Daten zum Vertrauen wurden erst ab November 2020 erhoben. Der Bericht diskutiert nur statistisch signifikante Unterschiede (p<.05) aus einem Regressionsmodell.

45 / 60

BBl 2024 65

den Informationen in den Abstimmungserläuterungen weniger als solche mit einem Hochschulabschluss.77 Die Analysen zeigen ausserdem, dass das Vertrauen in die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates eng mit deren Nutzung verknüpft ist. Personen, die den Informationen in den Abstimmungserläuterungen vollstes Vertrauen schenken, geben auch an, diese häufiger zu nutzen. Zudem haben Personen, die zwar abstimmen, aber eher ein geringes politisches Interesse haben, auch weniger Vertrauen in die Abstimmungserläuterungen und nutzen deren Informationen weniger als politisch interessierte Personen. Politisch weniger Interessierte nutzen allerdings auch andere Informationsquellen weniger.

Wie Personen die Abstimmungserläuterungen letztlich nutzen, ob sie diese detailliert lesen oder lediglich die auf der Rückseite aufgeführten Abstimmungsempfehlungen konsultieren, ist nicht bekannt. Eine Studie hat die Abstimmungserläuterungen mit den Unterlagen von Easyvote78 zur gleichen Thematik verglichen.79 Sie kam zum Ergebnis, dass rund die Hälfte der Personen die Abstimmungserläuterungen als eher kompliziert wahrnehmen, während die Texte von Easyvote als verständlicher angesehen wurden. Auch wurde in Gesprächen mit den Kommunikationsfachleuten aus den Departementen und Ämtern angemerkt, dass die Abstimmungserläuterungen trotz aller Bemühungen letztlich komplex bleiben. Schwierige und unklare Formulierungen hat die vorliegende Evaluation auch im Rahmen der Fallstudien festgestellt (vgl.

Ziff. 5.1.2). Gleichzeitig spricht die breite Nutzung der Abstimmungserläuterungen dafür, dass sie grundsätzlich zugänglich sind (vgl. Ziff. 6.1). Überdies gilt es zu beachten, dass sich die Behörden an Grundsätze wie Vollständigkeit oder Sachlichkeit und Transparenz halten müssen (vgl. Ziff. 3.2), welche den Spielraum für Vereinfachungen deutlich verringern.

7

Schlussfolgerungen

Die PVK kommt insgesamt zum Schluss, dass die Behördenkommunikation vor Abstimmungen bedingt zweckmässig ist. Das Abstimmungsbüchlein mit den Abstimmungserläuterungen des Bundesrates ist für die Willensbildung der Stimmbürgerinnen und -bürger von grosser Bedeutung, während die sozialen Medien eine untergeordnete Rolle spielen (Ziff. 7.1). Die Weisungen der BK für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen führen die Grundprinzipien der Kommunikation in angemessener Weise aus, werden aber von den Departementen nicht ausreichend genutzt (Ziff. 7.2). Ausserdem ist die Kompetenzverteilung in den Kommunikationsgrundlagen nicht umfassend geregelt, die KID ermöglicht in der Praxis aber eine angemessene 77

78

79

Auf einer Skala von 0 (überhaupt kein Vertrauen) bis 10 (vollständiges Vertrauen) wiesen die genannten Gruppen folgende Werte auf: Jahrgang 1945 oder älter: 6.2; Jahrgang 1982 oder jünger: 8.1; Abschluss obligatorische Schule: 6.50; Tertiärabschluss: 7.22.

Easyvote hat zum Ziel, das politische Interesse und die politische Partizipation von jungen Menschen zu fördern. Die Organisation publiziert jeweils eigene Broschüren und Video-Clips. Informationen auf www.easyvote.ch.

Stadelmann-Steffen, Isabelle / Föhn, Zora (2018): easyvote informiert verständlicher als der Bundesrat. Publiziert auf https://www.defacto.expert/2018/07/04/easyvotebundesbuechlein/ (abgerufen am 24.1.2023).

46 / 60

BBl 2024 65

Koordination (Ziff. 7.3). Die kommunizierten Inhalte entsprechen mehrheitlich den rechtlichen Grundsätzen, es gibt jedoch punktuelle Ausnahmen (Ziff. 7.4). Die Auffassungen von einer verhältnismässigen Kommunikation und von der Grenze zwischen Information und Kampagne sind unterschiedlich (Ziff. 7.5). Die Intensität der Behördenkommunikation variiert, ist aber insgesamt im Verhältnis zur medialen Berichterstattung angemessen (Ziff. 7.6).

7.1

Die Abstimmungserläuterungen sind für die Willensbildung von grosser Bedeutung, während die sozialen Medien eine untergeordnete Rolle spielen

Die Behördenkommunikation vor Abstimmungen dient dazu, den Stimmbürgerinnen und -bürgern die für eine freie Willensbildung erforderlichen Informationen zu liefern (Art. 34 Abs. 2 BV). Die PVK stellt fest, dass die Schweizer Bevölkerung eine Vielzahl von Informationen nutzt, um sich über eine Abstimmung zu informieren. Dabei sind die Abstimmungserläuterungen zusammen mit Zeitungsberichten von sehr grosser Bedeutung, und zwar über alle Altersgruppen, Bildungsniveaus und politischen Gesinnungen hinweg. Die sozialen Medien hingegen sind deutlich weniger wichtig, wenn es darum geht, sich über Abstimmungen zu informieren ­ auch bei jungen Erwachsenen (Ziff. 6.1).

Darüber hinaus ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Erläuterungen des Bundesrates hoch. Personen, die den Informationen in den Abstimmungserläuterungen des Bundesrates vollstes Vertrauen schenken, geben auch an, diese häufiger zu nutzen, wobei aus den Daten nicht genau hervorgeht, welcher Teil der Erläuterungen genutzt wird. Es zeigt sich ebenfalls, dass das Vertrauen in die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates umso grösser ist, je jünger die Personen sind und je höher ihr Bildungsniveau ist. Leicht verständlich sin die Erläuterungen hingegen nicht, zumal die rechtlichen Anforderungen, denen sie unterliegen, eine Vereinfachung erschweren (Ziff. 6.2).

7.2

Die Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen sind angemessen, werden von den Departementen aber wenig genutzt

Die Bundesverwaltung verfügt über zahlreiche Dokumente, die als Orientierung für die Behördenkommunikation vor Abstimmungen dienen. Die Weisungen, Strategien und Prozesse, welche die Grundlage der Behördenkommunikation bilden, decken alle wichtigen Prozesse in diesem Bereich ergänzend ab und sind aus Sicht der betroffenen Akteure kohärent und weitgehend klar (Ziff. 3.1). Das Leitbild, welches die Grundsätze der Informations- und Kommunikationspolitik im Allgemeinen und vor Abstimmungen im Besonderen aufführt, bleibt jedoch abstrakt. Es greift nicht alle Kriterien auf, die gemäss Rechtsprechung und Rechtsliteratur notwendig sind, damit die Behördenkommunikation vor Abstimmungen den einschlägigen rechtlichen Grundsätzen genügt, namentlich in Bezug auf die Sachlichkeit und die Verhältnismässigkeit der Information (Ziff. 3.2).

47 / 60

BBl 2024 65

Die Grundsätze der Kommunikation werden in den Weisungen für die Redaktion der Abstimmungserläuterungen des Bundesrates ausgeführt. Diese erhalten ausserdem Checklisten und redaktionelle Hinweise (Ziff. 3.2). Die Departemente nutzen diese Weisungen bei der Redaktion von Texten jedoch wenig, obwohl sie verbindlich sind. Sie gehen davon aus, dass die BK die Einhaltung der rechtlichen Grundsätze kontrolliert. Die BK ist der Ansicht, dass sich dies in der schlechten Qualität der Textentwürfe aus den Departementen bemerkbar macht. Dieses mangelnde Verantwortungsbewusstsein führt oft dazu, dass sich der Redaktionsprozess in die Länge zieht, weil zahlreiche Bemerkungen zu den vorgelegten Versionen nötig sind. Die Ämterkonsultation und der Korrekturprozess nach dem Erkennen eines Fehlers in der Publikation haben sich hingegen bewährt und führen zu fundierten Texten (Ziff. 4.1).

Bei der Kommunikation vor Abstimmungen ist die BK für die Koordination und die allgemeine Kontrolle zuständig, während die Departemente die Anwendung der Grundlagen durch die ihnen unterstellten Einheiten überwachen müssen. Die meisten Departemente tun dies, indem sie die von den Einheiten vorbereiteten Kommunikationsinhalte überprüfen. Eine Vier-Augen-Kontrolle der Informationen und Zahlen in den Erläuterungsentwürfen des Bundesrates wird jedoch nicht immer von jenen Personen vorgenommen, die über das fachliche Wissen zur Abstimmungsvorlage verfügen, was in gewissen Fällen zur Folge hat, dass Fehler nicht erkannt werden (Ziff. 4.3).

7.3

Die Kompetenzverteilung ist in den Grundlagen nicht umfassend geregelt, aber die Koordination in der Praxis ist angemessen

Die Grundlagen lassen einen gewissen Handlungsspielraum bei der Kompetenzverteilung in Bezug auf die verschiedenen Kommunikationsinhalte zu. Bei den Erläuterungen des Bundesrates ­ die einzige Informationsmassnahme, die der Bundesrat durchführen muss ­ präzisiert die entsprechende Weisung, dass die BK die Gesamtverantwortung für die Redaktion der Erläuterungen trägt und dass das für die Abstimmungsvorlage zuständige Departement für deren Inhalt verantwortlich ist. Diese Aufgabenverteilung ist wichtig, denn sie schafft ein Gleichgewicht zwischen der Verantwortung der BK, angemessene und rechtskonforme Informationen zu gewährleisten, und der Verantwortung der Departemente, genau, aktuell und detailliert zu informieren. Allerdings gibt es nach Ansicht der PVK eine Grauzone zwischen «Redaktion» und «Inhalt», da die beiden Aspekte nicht strikt voneinander getrennt werden können. Insgesamt wird die Professionalität der BK bei der Redaktion der Abstimmungserläuterungen anerkannt. Bei diesem komplexen und dichten Prozess ist die Koordination aller beteiligten Parteien erforderlich. Die BK bringt in den verschiedenen Textversionen, die im Laufe der Arbeitsgruppensitzungen erarbeitet werden, zahlreiche Bemerkungen an, von denen die meisten die rechtlichen Grundsätze und die Verständlichkeit des Textes betreffen. Dies entspricht den ihr zugewiesenen Verantwortlichkeiten (Ziff. 3.3 und 4.2).

In Bezug auf öffentliche Äusserungen oder Beiträge in den sozialen Medien ist in den Grundlagen nicht geregelt, welche Ebene (Departement oder Bundesrat) zu welchem Aspekt kommunizieren muss. In der Praxis ermöglicht es die KID, Äusserungen in 48 / 60

BBl 2024 65

den Medien zu koordinieren. Sie spielt für den Austausch und die Koordination zwischen den Departementen und der BK im Bereich Information und Kommunikation eine entscheidende Rolle. Die KID ist nicht nur für die Behandlung und Planung dieser operativen Fragen nützlich, sondern wird von den Interviewpartnerinnen und -partnern auch als zweckmässige Plattform für die Diskussion strategischer Aspekte und den Austausch von Best Practices angesehen (Ziff. 3.3 und 4.2).

7.4

Die kommunizierten Inhalte entsprechen mehrheitlich ­ mit punktuellen Ausnahmen ­ den rechtlichen Grundsätzen

In den vier näher untersuchten Abstimmungen, zu welchen die Behördenkommunikation vor Abstimmungen medial in der Kritik stand, wurden die rechtlichen Grundsätze insgesamt eingehalten, sprich die Inhalte waren vollständig, sachlich, transparent und verhältnismässig. Dies gilt sowohl für die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates als auch für die öffentlichen Äusserungen und die Beiträge in den sozialen Medien.

Allerdings wurden bei jedem Grundsatz und in allen analysierten Fällen vereinzelt Defizite erkannt, die sich häufig mit der medialen Kritik an der Behördenkommunikation deckten.

Beim Referendum zum Filmgesetz waren die Abstimmungserläuterungen aufgrund einer Vereinfachung und eines Fehlers in einer Karte, die das internationale Umfeld veranschaulichte, nicht ganz vollständig. Sie waren auch nicht immer transparent, da Schätzungen und Unsicherheiten teils nicht klar dargelegt wurden. In den Abstimmungserläuterungen zum Referendum zu den Kinderabzügen entsprachen die Detailausführungen zur Vorlage nicht durchgehend den Anforderungen an die Sachlichkeit: Ein Punkt war eher argumentativ als faktenbasiert. Die öffentlichen Äusserungen und die Beiträge in den sozialen Medien im Zusammenhang mit der Pestizidinitiative entsprachen ebenfalls nur teilweise dem Grundsatz der Sachlichkeit. Manchmal wurden Argumente ausgelassen, und ein Video mit dem Departementsvorsteher, das einen Akteur auf missverständliche Weise mit der Ablehnung der Initiative in Verbindung brachte, musste von der Website des Departements entfernt werden. In den öffentlichen Äusserungen der Departementsvorsteherin zur Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative wurde eine zentrale Zahl genannt, obwohl es in den Abstimmungserläuterungen des Bundesrates hiess, dass keine solche Zahl geschätzt werden könne. Die Kommunikation der Departementsvorsteherin war angesichts der intensiven Medienkampagne zwar verhältnismässig (vgl. Ziff. 5.2), aber die vorgesehene Art und Weise der Kommunikation weniger auf die breite Information der Stimmbevölkerung ausgerichtet als auf die Ablehnung der Initiative. Diese Defizite betreffen die Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Verhältnismässigkeit (Ziff. 5.1), wie auch im nächsten Abschnitt dargelegt wird.

49 / 60

BBl 2024 65

7.5

Die Auffassungen der Departemente zu einer verhältnismässigen Kommunikation und zur Grenze zwischen Information und Kampagne sind unterschiedlich

Im Rahmen der Kommunikation vor Abstimmungen ist die Handlungsfreiheit der Behörden eingeschränkt, insbesondere in Bezug auf öffentlichen Äusserungen der zuständigen Departementsvorsteherin und des zuständigen Departementsvorstehers, sei es in Zeitungen, im Fernsehen oder im Radio. Die Grundprinzipien der BK fassen die erlaubten und vorgeschriebenen Handlungen zusammen, namentlich im Hinblick auf die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit (Ziff. 3.2). Die unterschiedlichen Auffassungen der Departemente dazu, was unter einer verhältnismässigen Kommunikation zu verstehen ist, sind im Übrigen auffällig: Einige Departemente legen den Begriff der Verhältnismässigkeit eng aus, weshalb ihre Kommunikation kaum über das hinausgeht, was standardmässig für sämtliche Abstimmungen vorgesehen ist; andere hingegen legen die Verhältnismässigkeit breiter aus, was dazu führt, dass sie sich bei bestimmten Abstimmungsvorlagen in zahlreichen Medien sowie an öffentlichen Veranstaltungen äussern und auch auf den sozialen Medien aktiv sind (Ziff. 4.1).

Die Grundlagen für die Behördenkommunikation vor Abstimmungen verbieten es den Behörden explizit, eine «Kampagne» zu führen, allerdings wird der Begriff nicht genauer definiert, was Auswirkungen auf die Praxis hat (Ziff. 3.2). Die Analysen der PVK zeigen, dass die Departemente die Grenze zwischen Information und Kampagne sehr unterschiedlich ziehen (Ziff. 4.1). Bei der Abstimmung zur Konzernverantwortungsinitiative gehen aus dem speziell für diese Abstimmung ausgearbeiteten Kommunikationskonzept des Departements und aus den Protokollen der zuständigen Arbeitsgruppe hervor, dass die Kommunikation der Departementsvorsteherin als Ergänzung zur überparteilichen Kampagne ausgerichtet war, um einen Meinungsumschwung beim Zielpublikum zu erreichen, indem spezifische Argumente vorgebracht und die Medien gezielt angesprochen wurden. Es war jedoch nicht möglich, zu überprüfen, inwieweit diese Massnahmen tatsächlich umgesetzt wurden. Die vorgesehene Art und Weise der Kommunikation überschritt nach Auffassung der PVK somit die Grenze zwischen Information und Kampagne, was einer verhältnismässigen Kommunikation zuwiderläuft (Ziff. 5.1.4).

7.6

Die Behörden kommunizieren vor Abstimmungen unterschiedlich intensiv, aber jeweils angemessen im Vergleich zum Umfang der Medienberichterstattung

Die Evaluation der PVK zeigt, dass die mediale Berichterstattung über die einzelnen Abstimmungsvorlagen stark variiert und dass der Bundesrat umso häufiger als Akteur genannt wird, je intensiver die Medien über eine Vorlage berichten. Der Bundesrat hatte keine dominante Position in der Medienberichterstattung, selbst nicht in Fällen, in denen die Behörden intensiv kommunizierten. Dies spricht dafür, dass der Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Behördenkommunikation vor Abstimmungen im Allgemeinen eingehalten wird. Bei der Konzernverantwortungsinitiative zum Bei50 / 60

BBl 2024 65

spiel entfielen nur 7 Prozent aller in den Medien genannten Akteure auf den Bundesrat (Ziff. 5.2). Auch wenn die Art der Behördenkommunikation vor dieser Abstimmung nicht verhältnismässig war (vgl. Ziff. 7.5), so war die Kommunikation aus rein quantitativer Sicht dennoch verhältnismässig. Dies gilt auch für die anderen näher untersuchten Abstimmungen, bei denen die Intensität der Kommunikation der Dynamik der jeweiligen Kampagnen entsprach (Ziff. 5.1.4).

51 / 60

BBl 2024 65

Abkürzungsverzeichnis Abs.

Absatz

AG

Arbeitsgruppe

Art.

Artikel

BAK

Bundesamt für Kultur

BBl

Bundesblatt

BBL

Bundesamt für Bauten und Logistik

BGE

Bundesgerichtsentscheid

BJ

Bundesamt für Justiz

BK

Bundeskanzlei

BLW

Bundesamt für Landwirtschaft

BPR

Bundesgesetz über die politischen Rechte vom 17.12.1976 (SR 161.1)

BV

Bundesverfassung (SR 101)

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

ESTV

Eidgenössische Steuerverwaltung

fög

Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich

GPDel

Geschäftsprüfungsdelegation

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-N Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

Iv.

Initiative

Kap.

Kapitel

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

RVOG

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (SR 172.010)

RVOV

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25.11.1998 (SR 172.010.1)

SIF

Staatssekretariat für internationale Finanzfragen

SR

Systematische Rechtssammlung

52 / 60

BBl 2024 65

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

vgl.

vergleiche

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

Ziff.

Ziffer

53 / 60

BBl 2024 65

Literatur und Dokumentenverzeichnis Literatur Dubey, Jacques (2018): Droits fondamentaux. 2. Auflage. Basel: Helbing Lichtenhahn.

Martenet, Vincent / Von Büren, Théophile (2021): Kommentar zu Art. 34 BV. In: Martenet, Vincent / Dubey, Jacques (Hrsg.): Commentaire romand de la Constitution fédérale. Basel: Helbing Lichtenhahn, 983­1020.

Pirker, Benedikt (2017): «Behördliche Interventionen in Abstimmungskämpfen», Aktuelle Juristische Praxis ­ AJP 26 (2017), 1366­1381.

PVK (2023): Arbeitspapier Analyseraster und Ergebnisse der Fallstudien. Bern, 19.6.2023.

Stadelmann-Steffen, Isabelle / Föhn, Zora (2018): Easyvote informiert verständlicher als der Bundesrat. DeFacto, 4.7.2018.

Swissvotes (2022): Swissvotes ­ Datenbank zu den Schweizer Volkabstimmungen.

Année Politique Suisse. Universität Bern.

Vos, Debby / Van Aelst, Peter (2018): «Does the Political System Determine Media Visibility of Politicians? A Comparative Analysis of Political Functions in the News in Sixteen Countries.» In: Political Communication 35(3).

Dokumentenverzeichnis Arbeitsgruppe (AG) erweiterte Konferenz der Informationsdienste (KID) (2001): Das Engagement von Bundesrat und Bundesverwaltung im Vorfeld von eidgenössischen Abstimmungen, November 2001.

Bundesamt für Bauten und Logistik (2022): Terminplan für die Eidg. Volksabstimmung vom 15.5.2022, 27.2.2023.

Bundeskanzlei (2014): Mitarbeiterhandbuch Sektion Information und Kommunikation Abstimmungserläuterungen, 1.10.2014.

Bundeskanzlei (2015): Aide-Mémoire für die Mitglieder des Bundesrates und die Bundeskanzlerin/den Bundeskanzler, 1.1.2015 (Stand: 1.3.2020).

Bundeskanzlei (2020): Redaktion Abstimmungserläuterungen des Bundesrates. Weisungen in Umsetzung des Bundesratsbeschlusses vom 21.6.2019 zur Verbesserung der Darstellung der Datengrundlagen bei Rechtsetzungsvorhaben, 1.8.2020.

Bundeskanzlei (2020a): Workflow Abstimmungsvideo.

Bundeskanzlei (2020b): Abstimmungserläuterungen Terminplan Übersetzungen Ablauf generell, 20.2.2020.

Bundeskanzlei (2020c): Erläuterungen des Bundesrates zur Volksabstimmung, 27.9.2020.

Bundeskanzlei (2021): Grundprinzipien der Information vor Abstimmungen, 25.8.2021.

54 / 60

BBl 2024 65

Bundeskanzlei (2021a): Covid-19-Gesetz, 30.8.2021.

Bundeskanzlei (2022): Grobplanung Abstimmungen 2022.

Geschäftsprüfungskommissionen und Geschäftsprüfungsdelegation (2021): Jahresbericht 2020, 26.1.2021.

Bundesrat (2018): Botschaft zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten), 9.5.2018.

Bundesrat (2019): Anhang zum Bundesratsbeschluss vom 21.6.2019. Anhang 2 «Korrekturprozess Abstimmungserläuterungen», 21.6.2019.

Bundesrat (2019a): Massnahmen zur Verbesserung von Entscheidgrundlagen im Gesetzgebungsprozess. Faktenblatt, 21.6.2019.

Bundesrat (2021): Strategie soziale Medien, 12.5.2021.

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (2019): Öffentlichkeitsarbeit des Bundes, 15.10.2019.

Konferenz der Informationsdienste (2015): Information und Kommunikation von Bundesrat und Bundesverwaltung. Leitbild der Konferenz der Informationsdienste (KID).

Konferenz der Informationsdienste (2021): Soziale Medien. Leitlinien, 1.5.2021.

Parlamentarische Verwaltungskontrolle (2019): Öffentlichkeitsarbeit des Bundes, Bericht zuhanden der GPK-N, 3.5.2019.

55 / 60

BBl 2024 65

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner Im nachstehenden Verzeichnis ist die Funktion der betreffenden Person zum Zeitpunkt, in dem sie von der PVK interviewt wurde, aufgeführt.

Binder, Markus David

Pressesprecher, EDI

Bruderer von Arx, Urs

Stv. Leiter Kommunikation, BK

Bundi Boschetti, Annetta Leiterin Kommunikation, UVEK Bürcher, Matthias Felix

Leiter des Dienstes Auswertung und Angebotsvielfalt, BAK

Eggenberger, Ursula

Leiterin Sektion Kommunikation, BK

Fisch, Jonathan

Stv. Leiter Fachbereich Kommunikation und Sprachdienste, WBF

Furrer, Beat

Informationsbeauftragter politische Rechte, BK

Gmür, Heidi

Persönliche Mitarbeiterin Departementschefin, EJPD

Harnischberg, Irene

Pressesprecherin, WBF

Kalbermatten, Renato

Chef Kommunikation, VBS

Krattiger, Stefan

Spezialist Webkommunikation, EDI

Lauener, Peter

Leiter Kommunikation, EDI

Menna, Daniel

Stv. Leiter Stabsstelle, BAK

Minder, Peter

Leiter Kommunikation, EFD

Nufer, Christoph

Leiter Kommunikation, EJPD

Pfammatter, Tamara

Leiterin Steuern, SIF

Renz Schwalbach, Marcus Tilman

Chef Inhalte Generalsekretariat, EDA

Rösch, Isabelle

Mediensprecherin und stv. Leiterin Kommunikation, EFD

Schaub, Hans-Peter

Projektleiter, Année Politique Suisse

Schöll, Michael

Direktor, BJ

Simonazzi, André

Vizekanzler, Bundesratssprecher

Stucki, Mark

Bereichsleiter Information, Parlamentsdienste

Teuscher, Patrick

Leiter Kommunikation, ESTV

Wiedmer, Urs

Leiter Kommunikation, WBF

Zaffarano, Pascal

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Direktionsbereich Produktionsgrundlagen, natürliche Ressourcen und Forschung, BLW

56 / 60

BBl 2024 65

Anhang 1

Herangehensweise der Evaluation

Ziele der Politik: Die Behördenkommunikation vor eidgenössischen Abstimmungen dient hauptsächlich dazu, den Bürgerinnen und Bürgern eine freie Willensbildung zu ermöglichen. Der Bundesrat muss die Stimmberechtigten kontinuierlich über die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen informieren und dabei die Grundsätze der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit beachten.


Mittel, diese Zusammen mit dem Abstimmungstext liefert der Bundesrat den Stimmberechtigten Abstimzu erreichen: mungserläuterungen, die von der Bundeskanzlei und den Departementen verfasst werden.

Die Kommunikation kann auch in Form von öffentlichen Äusserungen des zuständigen Mitglieds des Bundesrates oder Beiträgen in den sozialen Meiden erfolgen.


Gegenstand der Die Evaluation befasst sich mit den Weisungen, Strategien und Prozessen, welche die Evaluation: Grundlagen für die Behördenkommunikation vor Abstimmungen bilden, und deren Anwendung, mit der Kommunikation in vier umstrittenen Fällen sowie mit den Unterschieden bei der Intensität der Behördenkommunikation und der Nutzung der kommunizierten Inhalte durch die Stimmbürgerinnen und -bürger.


Fragestellungen Sind die Weisungen, der Evaluation: Strategien und Prozesse, welche die Grundlage der Behördenkommunikation vor Abstimmungen bilden, geeignet?


Durchgeführte Dokumentenanalyse Analysen: Interviews Juristische Begleitung (Mandat)







Waren die kommunizierten Inhalte im Lichte der rechtlichen Grundsätze angemessen?

Werden die kommunizierten Inhalte von den Bürgerinnen und Bürgern für die Meinungsbildung genutzt?







Interviews Untersuchung von umstrittenen Fällen Dokumentenanalyse Juristische Begleitung (Mandat)

Untersuchung von umstrittenen Fällen Interviews Juristische Begleitung (Mandat) Statistische Analysen (Intensitätsunterschiede)

Statistische Analysen (Nutzung der Inhalte)

Werden die Weisungen, Strategien und Prozesse angewandt?

57 / 60

BBl 2024 65

Anhang 2

Bewertungskriterien Kriterium

Bewertungselemente

Eignung der Grundlagen (Frage 1) Klarheit der Grundlagen Die Grundlagen für die Behördenkommunikation vor Abstimmungen (Weisungen, Strategien und Prozesse) präzisieren klar, wie die Behörden zu kommunizieren haben. Ihre Anwendungsbereiche sind definiert und sie sind für die Verwaltung verständlich.

Kohärenz der Grundlagen

Die Grundlagen ergänzen sich. Die Prozesse zur Erarbeitung der verschiedenen Inhalte sind klar definiert. Die Departemente haben in Konzepten kohärent und konkret festgehalten, wie die Kommunikation der Behörden vor Abstimmungen zu erfolgen hat.

Konkretisierung der rechtlichen Grundsätze

Es bestehen Grundlagen, in denen die rechtlichen Grundsätze ­ insbesondere jene in Artikel 10a BPR ­ dokumentiert und präzisiert werden. Sie liefern konkrete und eindeutige Anhaltspunkte für die Anwendung der Vorgaben und enthalten keine Widersprüche.

Angemessene Kompetenzverteilung

Die Kompetenzverteilung zwischen Bundesrat, Bundeskanzlei, Departementen, Verwaltungseinheiten und der KID ist in den Grundlagen festgehalten und angemessen (keine Lücken oder Doppelspurigkeiten).

Angemessene Anwendung der Grundlagen (Frage 2) Effektive und angemessene Nutzung der Grundlagen

Bei den Abstimmungen in den letzten Jahren wurden die Weisungen, Strategien und Prozesse tatsächlich angewandt. Die Kritiken in den umstrittenen Fällen sind nicht auf die Anwendung der Grundlagen zurückzuführen.

Angemessene Koordination der BK

Die BK koordinierte die Behördenkommunikation, insbesondere um sicherzustellen, dass die Inhalte den rechtlichen Grundsätzen entsprechen. Die Tätigkeiten der KID und jene der BK und der Departemente ergänzen sich und die KID ist in angemessener Weise in die Koordination eingebunden. Die Kritiken in den umstrittenen Fällen sind nicht auf die Koordination der BK zurückzuführen.

Einhaltung der Grundlagen: Systematische Überwachung durch die Departemente

Die Departemente stellten sicher, dass die Grundlagen von den Verwaltungseinheiten systematisch angewandt werden. Die Kritiken in den umstrittenen Fällen sind nicht auf die Überwachung durch die Departemente zurückzuführen.

Angemessenheit der Inhalte (Frage 3) Einhaltung der rechtlichen Grundsätze in umstrittenen Fällen

In den umstrittenen Fällen waren die kommunizierten Inhalte vollständig, sachlich, transparent und verhältnismässig (für die Definition der rechtlichen Grundsätze vgl. Arbeitspapier Analyseraster und Fallstudien). Die Kritiken in den umstrittenen Fällen sind nicht auf die Angemessenheit der kommunizierten Inhalte zurückzuführen.

Rechtfertigung der Intensitätsunterschiede

Die unterschiedliche Intensität der Kommunikation der Behörden während den Abstimmungskampagnen spiegelt sich in der Intensität der medialen Berichterstattung wider.

58 / 60

BBl 2024 65

Kriterium

Bewertungselemente

Nutzung der Inhalte durch die Bürgerinnen und Bürgern (Frage 4) Nutzungsanteil der bun- Ein hoher Anteil der Stimmberechtigten nutzt die Abstimmungserdesrätlichen Erläuterun- läuterungen des Bundesrates zur Meinungsbildung.

gen Soziokulturelle Vielfalt der Nutzenden

Die Bürgerinnen und Bürger, welche die Erläuterungen des Bundesrates zur Meinungsbildung nutzen, haben unterschiedliche soziokulturelle Hintergründe.

Vertrauen in die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates

Das Vertrauen in die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates ist bei allen Bevölkerungsgruppen hoch.

Verständlichkeit der Erläuterungen des Bundesrates

Die Erläuterungen des Bundesrates werden als verständlich wahrgenommen.

59 / 60

BBl 2024 65

Impressum

Durchführung der Untersuchung Dr. Nicolas Keuffer, PVK (Projektleitung) Dr. Felix Strebel, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Samir Gomezjurado, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Selina Stoller, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Dr. Luzia Helfer, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit)

Juristische Begleitung durch externe Fachpersonen Prof. Dr. Lorenz Langer, Zentrum für Demokratie Aarau (Projektleitung) Rahel Blunschi, Zentrum für Demokratie Aarau (wissenschaftliche Mitarbeit) Valentina Beti, Zentrum für Demokratie Aarau (wissenschaftliche Mitarbeit)

Dank Die PVK dankt der Bundesverwaltung und insbesondere der BK, dem EFD, dem EJPD, dem WBF und dem EDI für die zur Verfügung gestellten Dokumente und die Erläuterungen sowie für die Koordination der Interviews. Weiter dankt sie den erwähnten externen Fachpersonen für die juristische Begleitung. Ein Dank gilt zudem allen Gesprächspartnerinnen und -partnern für ihre bereitwillige Teilnahme an den Interviews und für die erteilten Auskünfte.

Kontakt Parlamentarische Verwaltungskontrolle Parlamentsdienste CH-3003 Bern Tel. +41 58 322 97 99 E-Mail: pvk.cpa@parl.admin.ch www.parl.ch > Organe > Kommissionen > PVK Originalsprachen des Berichts: Französisch (Deutsch: Kap. 5 und 6)

60 / 60