05.019 Zusatzbotschaft zum Bundesbeschluss über den Friedensförderungseinsatz von Schweizer Armeeangehörigen in der multinationalen European Union Force (EUFOR) in Bosnien-Herzegowina vom 2. Februar 2005

Sehr geehrte Herren Präsidenten sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen die Zusatzbotschaft zum einfachen Bundesbeschluss vom 16. Dezember 2004 über den Friedensförderungseinsatz von Schweizer Armeeangehörigen in der multinationalen European Union Force (EUFOR) in BosnienHerzegowina mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

2. Februar 2005

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Samuel Schmid Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2004-1707

1603

Übersicht Die Bundesversammlung hat dem vom Bundesrat am 26. Mai 2004 beschlossenen Einsatz von Schweizer Armeeangehörigen in der multinationalen Friedenstruppe European Union Force (EUFOR) in Bosnien und Herzegowina am 5. Oktober 2004 (Ständerat) bzw. am 16. Dezember 2004 (Nationalrat) zugestimmt. Der Einsatz umfasst gemäss diesem Beschluss gleichzeitig höchstens vier Stabsoffiziere und zwei Verbindungs- und Beobachtungsteams (Liaison and Observation Teams = LOT), bestehend aus je acht Armeeangehörigen.

Noch vor und während dem parlamentarischen Zustimmungsverfahren (Herbst- und Wintersession 2004) wurde die Schweiz betreffend Lufttransportkapazität angefragt.

Vorerst musste sie die Anfrage abschlägig beantworten, da die Luftwaffe nicht in der Lage war, schon ab Dezember 2004 zusätzlich zum bereits bestehenden Lufttransportelement in Kosovo ein weiteres Helikopterteam für einen Friedensförderungseinsatz aufzustellen. In den parlamentarischen Beratungen hat der Chef VBS auf diesen Umstand hingewiesen.

Umfangreiche Abklärungen im personellen und logistischen Bereich sowie eine Erkundung im Einsatzraum haben ergeben, dass die Schweizer Luftwaffe in der Lage ist, ab Mai 2005 die EUFOR mit einem Lufttransportelement zu unterstützen.

In der vorliegenden Zusatzbotschaft zur Botschaft vom 26. Mai 2004 über den EUFOR-Einsatz geht es darum, den bereits von der Bundesversammlung bewilligten Einsatz von 20 Armeeangehörigen mit dem Einsatz eines Lufttransportelementes zu ergänzen. Dieser Einsatz soll drei Piloten, drei Angehörige der Betriebe der Luftwaffe, einen Stabsoffizier und zwei Transporthelikopter Cougar (ein Einsatzhelikopter mit einer technischen Reserve) umfassen.

1604

Zusatzbotschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Im Dezember 1995 lancierte die NATO nach dem Abschluss des Dayton-Abkommens mit der Entsendung der IFOR (Implementation Force) nach Bosnien und Herzegowina ihre bisher grösste Friedensoperation. Die UNO mandatierte die NATO, in diesem Land ein sicheres Umfeld zu schaffen. Nach einem Jahr wurde die IFOR in die SFOR (Stabilization Force) umgewandelt. Am 22. November 2004 hat der UNO-Sicherheitsrat einstimmig die Resolution 1575 verabschiedet, mit der die von der EU geführte European Union Force (EUFOR) autorisiert wird, die NATOFriedenstruppe SFOR abzulösen. Die EUFOR hat am 2. Dezember 2004 von der SFOR das Kommando des friedensfördernden Einsatzes in Bosnien-Herzegowina übernommen und die Operation mit ALTHEA (griechisch «die Heilende») bezeichnet.

Mit einer Stärke von rund 7000 Militärpersonen besteht ihre Hauptaufgabe wie bei der SFOR darin, für ein sicheres Umfeld in Bosnien und Herzegowina zu sorgen. Im weiteren leistet sie unterstützende Aufgaben für zivile Aktivitäten wie die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, die Unterstützung der Flüchtlingsrückkehr, die Durchführung einer Verteidigungsreform und die Unterstützung des Kriegsverbrechertribunals.

Die Schweiz beteiligt sich seit Dezember 2004 mit vorerst einem Verbindungs- und Beobachtungsteam (Liaison and Observation Team = LOT) und zwei Stabsoffizieren an der EUFOR. Da der Einsatz der Armeeangehörigen bewaffnet erfolgt und länger als drei Wochen dauert, musste er gemäss Artikel 66b Absatz 4 des Militärgesetzes (MG) von der Bundesversammlung genehmigt werden.

1.2

Lufttransport-Unterstützung

Erste Anfragen betreffend Lufttransportkapazität mussten von der Schweiz abschlägig beantwortet werden, da die Luftwaffe nicht in der Lage war, schon ab Dezember 2004 zusätzlich zum bereits bestehenden Lufttransportelement in Kosovo ein weiteres Helikopterteam für einen Friedensförderungseinsatz aufzustellen.

Nachdem die NATO am 28. Juni 2004 am Gipfel in Istanbul offiziell die Ablösung der NATO-geführten Stabilization Force (SFOR) in Bosnien-Herzegowina durch die EU-geführte European Union Force beschlossen hatte, zeigte sich an der Truppenstellungskonferenz (Internal Force Generation Conference) am 22. Juli 2004 in Brüssel, dass in der künftigen EUFOR ein grosser Mangel an Lufttransportkapazität bestehen wird. Bereits Mitte Juni 2004 war der Chef VBS in direktem Kontakt von seinem britischen Amtskollegen eingehend auf diesen sich abzeichnenden Umstand aufmerksam gemacht und um Zurverfügungstellung von Helikoptern für die Friedenstruppe gebeten worden. Weitere diesbezügliche Anfragen von EU-Seite erfolgten während verschiedener Vorbereitungstreffen der EUFOR.

1605

Umfangreiche und detaillierte Abklärungen im personellen und logistischen Bereich der Luftwaffe sowie eine Erkundung im Einsatzgebiet am 8./9. November 2004 haben ergeben, dass die Luftwaffe technisch und personell in der Lage ist, die Operation ALTHEA ab Mitte Mai 2005 mit einem Helikopterteam zu unterstützen.

Dieses soll aus zwei Transporthelikoptern Cougar (Einsatzhelikopter und technische Reserve) mit drei Piloten und drei Angehörigen der Betriebe der Luftwaffe sowie einem Stabsoffizier bestehen. Der Transporthelikopter Cougar ist äusserlich vom Transporthelikopter Super Puma nicht zu unterscheiden, weist im Innern aber wesentliche technische Neuerungen auf, wie zum Beispiel Flugüberwachungsbildschirme, digital erzeugte Landkarten oder Bildschirme zur Triebwerk- und Getriebeüberwachung.

Der Einsatz des Schweizer Helikopterteams soll von Banja Luka aus erfolgen, wo sich das britisch geführte Hauptquartier der multinationalen Task Force NORTHWEST befindet. Falls der Einsatz länger als sechs Monate dauert, ist damit zu rechnen, dass die dort basierte Lufttransporteinheit zu einem späteren, derzeit noch unbekannten Zeitpunkt nach Sarajevo verlegt und dort in einen multinationalen Lufttransportverband integriert wird, der alle Helikopter der EUFOR umfasst.

In vielen Friedensoperationen, welche in den letzten Jahren an Zahl und Truppenbedarf markant zugenommen haben, ist ein akuter Mangel an Lufttransportkapazität festzustellen. Die Schweiz wurde in der Vergangenheit immer wieder angefragt, ob sie nicht Lufttransportmittel für solche Friedenseinsätze zur Verfügung stellen könnte. Mit dem Einsatz von Helikoptern kann die Schweiz einen wichtigen und international sehr geschätzten Beitrag an Friedensmissionen leisten. Gerade in der EUFOR sind Helikopter besonders wichtig, ist doch absehbar, dass die Stärke der Friedenstruppe in nächster Zeit reduziert und damit das Erfordernis nach erhöhter Mobilität der verbleibenden Truppe zunehmen wird.

Der Einsatz eines zweiten Lufttransportelementes in einem Friedensförderungseinsatz hat keinen Einfluss auf die Bereitschaft der Luftwaffe zu KatastrophenhilfeEinsätzen im Inland.

1.3

Rechtslage

1.3.1

Friedensförderungsdienst

Ebenso wie beim Einsatz der LOT und beim Einsatz der Stabsoffiziere handelt es sich auch beim Einsatz des Lufttransportteams um einen FriedensförderungsdienstEinsatz im Sinne von Artikel 66 ff. MG.

1.3.2

Zuständigkeit

Die Kompetenz des Bundesrates zur Anordnung von Friedensförderungsdienst stützt sich auf Artikel 66b Absatz 1 MG. Die Verordnung vom 24. April 1996 über den Einsatz von Personal bei friedenserhaltenden Aktionen und Guten Diensten (SR 172.221.104.4) regelt neben den personal- und dienstrechtlichen Fragen die verwaltungsinterne Kompetenzverteilung zwischen VBS und EDA. Mit dem Vorliegen eines UNO-Mandates sind die Voraussetzungen gemäss Artikel 66 Absatz 1 MG für einen Einsatz im Friedensförderungsdienst erfüllt.

1606

Als Zusatz zum Bundesbeschluss vom 16. Dezember 2004 hat der Bundesrat am 2. Februar 2005 beschlossen: 1.

Das VBS wird ermächtigt, zusätzlich zu den bereits genehmigten 20 Armeeangehörigen ein Lufttransportteam, bestehend aus sieben Armeeangehörigen, in der multinationalen European Union Force (EUFOR) in BosnienHerzegowina im Friedensförderungsdienst einzusetzen.

2.

Die zusätzlichen Kosten von maximal 2,770 Millionen Franken pro Jahr werden im Rahmen der im Verteidigungsbereich zugunsten der Friedensförderung eingestellten Mittel vollumfänglich aufgefangen.

3.

Die Zusatzbotschaft und der Entwurf des Zusatzes zum Bundesbeschluss vom 16. Dezember 2004 über den Friedensförderungseinsatz von Schweizer Armeeangehörigen in der multinationalen European Union Force (EUFOR) in Bosnien-Herzegowina werden gutgeheissen.

4.

Das Sekretariat der Bundesversammlung wird mit Meldezettel der BK über das Erscheinen der Zusatzbotschaft orientiert.

2

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Der finanzielle Aufwand für das Jahr 2005, d.h. einen Einsatz ab Mitte Mai mit infrastrukturellen Grundleistungen, setzt sich aus folgenden Kosten zusammen: Franken

Basisausgaben, Material, Infrastruktur, Übermittlung

1 770 000

Betriebsausgaben, Versicherungen, Verpflegung

240 000

Personalausgaben

700 000

Total Helikoptereinsatz für 2005

2 710'000

Gesamthaft gesehen bewegt sich der finanzielle Aufwand für zwölf Monate ab 2006 im gleichen Rahmen, allerdings bei markant kleineren Infrastrukturkosten, aber dafür höheren Personal- und Betriebsausgaben: Franken

Basisausgaben, Material, Infrastruktur, Übermittlung

100 000

Betriebsausgaben, Versicherungen, Verpflegung

470 000

Betrieblicher Mehraufwand Luftwaffe

1 000 000

Personalausgaben

1 200 000

Total Helikoptereinsatz pro Jahr ab 2006

2 770 000

Für sämtliche Teilbereiche können Erfahrungswerte aus dem SWISSCOY-Einsatz in der KFOR eingesetzt werden. Die rund 2,8 Millionen Franken entsprechen dem zusätzlichen Nettoaufwand. Diese Ausgaben gehen zu Lasten der Kredite «Frie1607

denserhaltende Operationen» (570 000 Fr.) und «Personalbezüge» (1 200 000 Fr.)

bzw. «Betriebsausgaben» Luftwaffe und Logistikbasis der Armee (1 000 000 Fr.).

Die Finanzierung wird aus heutiger Sicht im Rahmen der bewilligten Kredite des Verteidigungshaushaltes aufgefangen und wenn nicht möglich, situativ gekürzt. Die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe (z.B. WEF 2006) wird nicht beeinträchtigt.

Der Unterschied von 60 000 Franken zwischen dem Einsatz 2005 und 2006 lässt sich wie folgt erklären: Der Einsatz 2005 beginnt erst im Monat Mai, deshalb entstehen geringere Personalkosten, dagegen ergeben sich bei den Basisausgaben (Material, Infrastruktur, Übermittlung) beim Aufbau vermehrte Kosten. Für 2006 (längerer Einsatz) entstehen vermehrte Personalkosten, dafür aber weniger Basisausgaben.

Lohnkosten und Projektkredit (projektbezogene Personalausgaben) können, ebenso wie die vorgesehenen 5,4 Millionen Franken pro Jahr für maximal zwei LOT und vier Stabsoffiziere, vollumfänglich im Rahmen der bewilligten Kredite für den Voranschlag 2005 sowie in den eingestellten Krediten des Legislaturfinanzplans 2005­2007 aufgefangen werden. Zusätzliches Personal ist nicht erforderlich.

Ein Überblick der laufenden Friedensförderungseinsätze und deren Kosten, bezogen auf das Jahr 2004, zeigt folgenden Vergleich: Einsatz

Personalbestand

Kosten Fr.

SWISSCOY Kosovo

maximal 220

35 600 000

ISAF Afghanistan

maximal 4

961 000

LOT EUFOR (Dezember 2004)

zurzeit 10, maximal 20

UN-Militärbeobachter

zurzeit total 21

3 510 000

Humanitäre Minenräumung

15 in 9 Ländern

1 485 300

NNSC Korea

total 5, davon 1 EDA

3

238 000

290 750

Legislaturplanung

Die Zusatzvorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 2003­2007 vom 25. Februar 2004 nicht angekündigt. Zweifellos dient aber auch der Zusatzbeschluss betreffend den Friedensförderungseinsatz eines Lufttransportteams zu Gunsten der EUFOR in Bosnien-Herzegowina den sicherheitspolitischen Zielen der Schweiz.

4

Rechtsform

Der vorliegende Zusatz-Bundesbeschluss stellt einen Einzelakt der Bundesversammlung dar, der in einem Bundesgesetz (Art. 66b Abs. 4 MG) ausdrücklich vorgesehen ist. Da er weder rechtsetzend ist, noch dem Referendum untersteht, wird er in die Form des einfachen Bundesbeschlusses gekleidet (Art. 163 Abs. 2 BV, Art. 29 Abs. 1 ParlG).

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