BBl 2024 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

24.033 Botschaft zur Änderung des Stromversorgungsgesetzes (Stromreserve) vom 1. März 2024

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einer Änderung des Stromversorgungsgesetzes.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. März 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

2024-0618

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Übersicht Die bisher von Bundesrat und Parlament beschlossenen Massnahmen zur Stärkung der Stromversorgungssicherheit der Schweiz sind wichtig, reichen aber nicht aus. Insbesondere für die Wintermonate ist es mit Blick auf die Risiken in der Stromversorgung wesentlich, dass bei Bedarf zusätzliche Energie bereitgestellt werden kann. Dies soll mit der Errichtung einer Stromreserve auf gesetzlicher Ebene sichergestellt werden.

Ausgangslage Das Parlament hat in der Herbstsession 2023 die Beratung zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien abgeschlossen. Dieses sieht bereits eine Stromreserve bestehend aus Speicherwasserkraftwerken, Speichern und einer verbrauchsseitigen Reserve vor. Aufgrund der Erfahrungen und Erkenntnisse aus den vergangenen Wintern und der zu erwartenden Entwicklungen auf europäischer und globaler Ebene müssen diese Reserveelemente mit weiteren Kraftwerkskapazitäten ergänzt werden. Die heutige Winterreserveverordnung und damit auch die darauf basierenden Stromreserven sind bis Ende 2026 befristet. Deshalb soll mit der vorliegenden Gesetzesrevision eine spezifische formell-gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Der Zweck der Stromreserve ist es, die Resilienz der Stromversorgung zu erhöhen. Es geht nicht um eine autarke Stromversorgung der Schweiz: Neben dem verstärkten Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion und einer verbesserten Energieeffizienz spielen auch Importe und Exporte weiterhin eine bedeutende Rolle, sowohl aus wirtschaftlichen Gründen als auch für die Versorgungssicherheit. Solange Elektrizität im Inland verfügbar ist bzw. Importe in ausreichendem Ausmass möglich sind, kommt die Stromreserve und damit die Reservekraftwerke und die anderen Reserveteile (s. weiter unten) nicht zum Einsatz. Die Stromreserve kommt zum Einsatz, wenn der Markt nicht schliesst.

Inhalt der Vorlage Zur Stärkung der Stromversorgungssicherheit soll die Schweiz über eine Stromreserve verfügen. Sie besteht aus den Elementen Wasserkraftreserve, thermische Reserve aus Reservekraftwerken, Notstromgruppen und Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen (WKK-Anlagen) sowie allenfalls aus einer verbrauchsseitigen Reserve und einer Speicherreserve.

Der Einsatz der Stromreserve für den Strommarkt ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Die Stromreserve kann jedoch ausnahmsweise auch
vorzeitig eingesetzt werden, indem bei einem Abruf aus einem Reservekraftwerk der Wasserkraftreserve zusätzliche Energie zugeführt wird.

Weiter sollen die Massnahmen, welche gestützt auf das Landesversorgungsgesetz (LVG) getroffen werden, mit der Stromreserve koordiniert werden. Der Erlasstext hält den Bundesrat und die zuständigen Behörden dazu an, die Instrumente der Stromreserve und die Massnahmen gemäss LVG sinnvoll aufeinander abzustimmen.

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Die Reservekraftwerke müssen grundsätzlich mit mindestens zwei verschiedenen Energieträgern (z. B. Gas und Öl) betreibbar sein, um auch bei einem gleichzeitigen Versorgungsengpass beim Strom und beim Gas oder Öl die notwendige Redundanz sicherzustellen. Zudem müssen die Kraftwerke so betrieben werden, dass sie die Treibhausgasbilanz gesamthaft nicht belasten.

Ein weiteres Element der Vorlage ist die Einführung von Investitionsbeiträgen für WKK-Anlagen im Energiegesetz. Durch die zusätzliche Stromproduktion aus WKKAnlagen soll die Wasserkraftreserve geschont werden. Die geförderten Anlagen müssen mit erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden. Wenn nicht, müssen die CO2Emissionen kompensiert werden. Die Investitionsbeiträge sollen über den bestehenden Netzzuschlag finanziert werden.

Im Energiegesetz soll zudem der Auftrag an das Bundesamt für Energie verankert werden, die Öffentlichkeit über die aktuelle Entwicklung der Energieversorgung der Schweiz zu informieren. Dazu sind ihm die dafür notwendigen Daten zu liefern.

Zu guter Letzt soll es die Vorlage dem Bund ermöglichen, den Betreibern von Anlagen, die mit mehreren Energieträgern betrieben werden können (sog. Zwei- oder Mehrstoffanlagen), die Mehrausgaben zu erstatten, wenn sie auf dessen Anweisung auf den alternativen Energieträger umstellen, deshalb zusätzliche CO2-Emissionsrechte erwerben müssen und dadurch einen nicht zumutbaren finanziellen Nachteil erleiden.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf 1.2 Bereits ergriffene Massnahmen 1.3 Ziele der Vorlage 1.4 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.5 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

6 6 6 8 10

2

Vernehmlassungsverfahren

10

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

12

4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.1.1 Stromreserve 4.1.2 Förderung von WKK-Anlagen 4.1.3 Information der Öffentlichkeit über die aktuelle Energieversorgung 4.1.4 Abgeltung von Kosten für den Erwerb von zusätzlichen CO2-Emissionsrechten 4.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 4.3 Umsetzungsfragen

12 12 12 15

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 5.1 Stromversorgungsgesetz 5.2 Änderung anderer Erlasse: CO2-Gesetz 5.3 Änderung anderer Erlasse: Energiegesetz

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6

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen 6.1.2 Auswirkungen auf den Netzzuschlagsfonds und weitere Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.3 Auswirkungen auf Endverbraucherinnen und Endverbraucher (im Speziellen Haushalte und Grossverbraucher) 6.4 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.4.1 Abschätzung der Auswirkungen im Zusammenhang mit der Erreichung des Netto-null-Ziels 6.4.2 Auswirkungen auf Beschäftigung und Verteilungseffekte 6.4.3 Auswirkungen auf die Branchen

33 33 33

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16 17 17 17

34 34 34 36 36 36 36

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6.5 7

Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt

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Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.1.1 Rechtsgrundlagen 7.1.2 Vereinbarkeit mit Grundrechten 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform 7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.5 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 7.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 7.7 Datenschutz

Bundesgesetz über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz, StromVG) (Stromreserve) (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf

Die Stromversorgungssicherheit ist für die Schweiz von entscheidender Bedeutung und damit ein zentrales Anliegen des Bundesrates. Das Risiko einer Strommangellage wird gemäss einem Bericht des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BABS) aus dem Jahre 20201 als grösstes Risiko für die Schweiz eingestuft ­ noch vor einer Pandemie.

Insbesondere die Herausforderungen zur Gewährleistung einer sicheren Stromversorgung im Winterhalbjahr sind hoch. Dies mit Blick auf die zahlreichen Unsicherheiten: die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, die abnehmende Fähigkeit der Nachbarstaaten, Strom zu exportieren, die Einflüsse der klimatischen Bedingungen auf die Produktion der Wasserkraft oder die eingeschränkte Verfügbarkeit der Kernkraftwerke in Frankreich.

Bereits Ende 2021 empfahl die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) dem Bundesrat in ihrer Studie vom 30. November 20212 «Konzept Spitzenlast-Gaskraftwerke zur Sicherstellung der Netzsicherheit in ausserordentlichen Notsituationen», die Vorbereitung der Arbeiten für die Beschaffung von zwei bis drei Reservekraftwerken mit bis zu 1 000 MW Leistung an die Hand zu nehmen. Die ElCom hat 2023 ihre Analysen zur mittel- und längerfristigen Stromversorgungssicherheit aktualisiert und empfiehlt basierend darauf eine thermische Reservekraftwerkskapazität im Umfang von mindestens 400 MW für das Jahr 2025 und 700 bis 1400 MW ab 2030. Wegen der grossen Unsicherheiten erachtet sie ein schrittweises Vorgehen als sinnvoll, um den Zubau von Reserven bei Bedarf anpassen zu können.

1.2

Bereits ergriffene Massnahmen

Der Bundesrat setzt auf verschiedene Säulen, um die Stromversorgungssicherheit zu stärken. Zu nennen sind insbesondere ein rascher und konsequenter Ausbau der inländischen erneuerbaren Energien, eine verbesserte Stromeffizienz und ein zeitgerechter Um- und Ausbau der Stromnetze.

Im Rahmen des vom Parlament beschlossenen Bundesgesetzes vom 29. September 20233 über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, gegen welches inzwischen erfolgreich das Referendum ergriffen wurde, wurde ein neuer Artikel 8a in das Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 20074 (StromVG) aufgenommen.

Diese Bestimmung sieht in Absatz 1 vor, dass zur Absicherung gegen ausserordentli1 2 3 4

BABS, 2020: 3. Auflage der nationalen Risikoanalyse «Katastrophen und Notlagen Schweiz».

Abrufbar unter www.elcom.admin.ch > Dokumentation > Berichte und Studien > Versorgungssicherheit und Internationales.

BBl 2023 2301 SR 734.7

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che Situationen wie etwa kritische Strommarkt- oder Netzsituationen jährlich eine Energiereserve gebildet wird. Nach Absatz 2 dieser Bestimmung müssen die Betreiber von Speicherwasserkraftwerken ab einer Speicherkapazität von 10 GWh, die Wasser vorhalten, obligatorisch an dieser Reserve teilnehmen. Anfang 2022 beschloss der Bundesrat, eine Energiereserve in Form einer Wasserkraftreserve auf dem Verordnungsweg vorzuziehen, damit diese bereits ab Winter 2022/23 zur Verfügung steht. Die entsprechende Verordnung setzte er per 1. Oktober 2022 in Kraft5.

Da sich die Versorgungslage ab Sommer 2022 weiter verschlechterte, trieb der Bundesrat auch die Planung von thermischen Reservekapazitäten voran und erweiterte die Rechtsgrundlage entsprechend, indem er die Winterreserveverordnung vom 25. Januar 20236 (WResV) erliess. Diese setzte er per 15. Februar 2023 in Kraft, mit Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 2026. Die Verordnung regelt den Einsatz der Wasserkraftreserve sowie einer ergänzenden Reserve bestehend aus Reservekraftwerken, gepoolten Notstromgruppen und WKK-Anlagen. Die WResV stützt sich auf Artikel 9 und Artikel 30 Absatz 2 StromVG sowie auf Artikel 5 Absatz 4 und Artikel 38 Absatz 2 des Landesversorgungsgesetzes vom 17. Juni 20167 (LVG).

In Birr (AG) wurde im März 2023 eine temporäre Anlage von General Electric mit einer Leistung von 250 MW in Betrieb genommen. Weiter unterzeichnete der Bund einen Vertrag für das bestehende thermische Kraftwerk der Groupe E SA in Cornaux (NE) mit einer Leistung von bis zu 36 MW. Das Kraftwerk ist wie jenes in Birr als Zweistoffanlage (Erdgas oder extraleichtes Heizöl) betreibbar. Als drittes Reservekraftwerk steht das mit Erdgas betriebene Gas-Kombikraftwerk der Compagnie industrielle de Monthey SA mit einer Leistung von bis zu 50 MW bis Frühling 2026 unter Vertrag. Zudem werden neue Reservekraftwerke öffentlich ausgeschrieben, um die geeignetsten Standorte und Betreiber zu finden und die nötige Kraftwerksleistung in einem möglichst günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis zu beschaffen. Aufgrund der langen Planungs- und Bewilligungsverfahren lancierte das Bundesamt für Energie (BFE) gestützt auf die WResV im Juli 2023 eine erste Ausschreibung über 400 MW.

Weiter unterzeichnete der Bund mehrere Verträge mit sogenannten Poolern (Aggregatoren) von Notstromgruppen. Die
Pooler koordinieren im Auftrag des Bundes ein virtuelles nationales Reservekraftwerk aus Notstromgruppen, die von ihren Besitzerinnen und Besitzern freiwillig gegen eine Entschädigung zur Verfügung gestellt werden. Die Besitzerinnen und Besitzer können sich seit Herbst 2022 bei den Poolern anmelden. Ziel ist es, Notstromgruppen mit einer Leistung von insgesamt rund 280 MW unter Vertrag zu nehmen.

Da über die geplante gesetzliche Grundlage für die thermische Reserve noch nicht entschieden wurde, besteht bei potenziellen Projektanten Unsicherheit, ob ihre Kosten für die Projektierung und erforderliche Vorleistungen gedeckt wären. Um dieses Risiko abzusichern, nahm der Bundesrat eine entsprechende Kostenübernahme in die WResV auf. Die entsprechende Anpassung der WResV trat am 1. Februar 2024 in Kraft.

5 6 7

AS 2022 514 SR 734.722 SR 531

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Weil die WResV bis Ende 2026 befristet ist und das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien nur einen ersten Teil der Stromreserve enthält, muss auch die thermische Reserve auf eine unbefristete, spezifische formellgesetzliche Grundlage gestellt werden. Der Bundesrat eröffnete dazu am 28. Juni 2023 die Vernehmlassung zu einer entsprechenden StromVG-Revision, die bis am 20. Oktober 2023 dauerte. Nach deren Auswertung legt der Bundesrat dem Parlament nun die vorliegende Botschaft vor.

1.3

Ziele der Vorlage

Das Ziel der Stromreserve ist es, die Resilienz der Stromversorgung zu erhöhen. Die Stromreserve soll dazu beitragen, eine Strommangellage abzuwenden oder möglichst abzumildern. Es geht nicht um eine autarke Stromversorgung der Schweiz. Solange Elektrizität im Inland verfügbar ist bzw. Importe in ausreichendem Ausmass möglich sind, kommt die Stromreserve nicht zum Einsatz. Die Stromreserve ist folglich eine Versicherung für den Notfall und kommt grundsätzlich erst dann zum Einsatz, wenn der Markt nicht schliesst.

Die wichtigsten Ziele der vorliegenden Revision lassen sich wie folgt formulieren: 1) Die gesetzlichen Grundlagen der Stromreserve sind um die Elemente Reservekraftwerke, Notstromgruppen und WKK-Anlagen, allenfalls Speicher ergänzt Bisher besteht die Stromreserve auf gesetzlicher Ebene gemäss Bundesgesetz vom 29. September 2023 über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien aus den Elementen Speicherwasserkraftwerke, Speicher und Verbrauchssenkungen.

Die thermische Reserve mit den Elementen Reservekraftwerke, Notstromgruppen und WKK-Anlagen stützt sich lediglich auf eine Verordnung (WResV), wobei diese Bestimmungen bis Ende 2026 befristet sind. Mit der vorliegenden StromVG-Revision wird die thermische Reserve auch im Gesetz verankert. Somit werden alle Reservekapazitäten auf eine unbefristete spezifische Gesetzesrundlage gestellt und dadurch die Versorgungssicherheit langfristig gestärkt.

2) Erleichterungen von Verordnungsvorgaben zur Luftreinhaltung und von kantonalen Betriebsvorschriften für Reservekraftwerke und Notstromgruppen sind möglich Zur Sicherung der Stromversorgung bringt diese Vorlage rechtliche Instrumente, um bei Bedarf mit Erleichterungen von Vorgaben nach der Luftreinhalteverordnung vom 16. Dezember 19858 (LRV) den Betrieb von Reservekraftwerken und Notstromgruppen zu ermöglichen. Bei den thermischen Reservekraftwerken können meist nicht alle Anforderungen in Sachen Abgas- und Lärmgrenzwerte eingehalten werden. Weiter besteht für Notstromgruppen gemäss der LRV eine generelle Betriebszeitbeschränkung von höchstens 50 Stunden im Jahr. Diese maximal erlaubte Betriebszeit wurde in verschiedenen kantonalen Bestimmungen weiter reduziert.

8

SR 814.318.142.1

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3) Aufnahme von weiteren anrechenbaren Kosten im Zusammenhang mit der Stromreserve Ausgleichsenergie: Beim Abruf der thermischen Reserve kann es vorkommen, dass die Produktionsanlage aus diversen Gründen nicht produzieren kann. Die Abweichung wird den Bilanzgruppen als Ausgleichsenergie in Rechnung gestellt und kann sehr teuer sein. Es ist deshalb vorgesehen, dass der Bundesrat in den Ausführungsvorschriften regeln kann, in welchen Fällen die entsprechenden Ausgleichsenergiekosten vom Kraftwerksbetreiber zu tragen sind und in welchen Fällen sie über die Abrufentschädigung zu den anrechenbaren Betriebskosten des Übertragungsnetzes geschlagen werden.

Kosten für den Ausgleich von CO2-Emissionen: Ebenfalls über das Netznutzungsentgelt finanziert werden sollen die Kosten, die den Betreibern von Reservekraftwerken, Notstromgruppen und WKK-Anlagen gemäss der CO2-Gesetzgebung und den Ausführungsvorschriften des Bundesrates für den Ausgleich der beim Abruf ihrer Reserve anfallenden CO2-Emissionen entstehen. Diese Auslagen sind Teil der Betriebskosten und werden dementsprechend über die Abrufentschädigung abgegolten. Damit werden Betreiber von Zwei- und Mehrstoffanlagen, welche dem Emissionshandelssystem (EHS) unterstehen, denjenigen, welche nicht am Emissionshandel teilnehmen, gleichgestellt.

4) Das Zusammenspiel der Stromreserve mit Massnahmen nach dem LVG ist adressiert Im Falle einer unmittelbar drohenden oder bereits bestehenden schweren Strommangellage kann der Bundesrat Massnahmen nach dem LVG in Kraft setzen, um die Versorgung sicherzustellen. Die Instrumente der Stromreserve und der wirtschaftlichen Landesversorgung ergänzen sich grundsätzlich, schliessen sich also nicht gegenseitig aus. Die vorliegende Vorlage hält den Bundesrat und die zuständigen Behörden dazu an, die Instrumente der Stromreserve und die Massnahmen gemäss dem LVG sinnvoll aufeinander abzustimmen.

5) Förderung von Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen (WKK-Anlagen) Der Nationalrat nahm am 3. Mai 2023 die von der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) eingereichte Motion 23.3022 «Sicherung der Winterversorgung durch WKK-Anlagen» an. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK-S) beantragt ihrem Rat, die Motion ebenfalls anzunehmen. Die Motion beauftragt den Bundesrat,
die Förderung von WKK-Anlagen in den vorliegenden Gesetzesentwurf aufzunehmen. Ziel dieser Förderung ist es, durch die zusätzliche Stromproduktion im Winter die bestehenden Wasserspeicher zu schonen. Geförderte Anlagen dürfen nach Vorbild von Artikel 7 Absatz 3 WResV aber nicht gleichzeitig an der Reserve teilnehmen.

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1.4

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

In ihrer Studie «Konzept Spitzenlast-Gaskraftwerk zur Sicherstellung der Netzsicherheit in ausserordentlichen Notsituationen» beschreibt die ElCom verschiedene alternative Lösungen zu Reservekraftwerken (Ziff. 3). Auch wenn mit diesen Lösungen die Risiken teilweise verringert werden können, erachtet die ElCom die Bereitstellung von Reservekraftwerken als unumgänglich. Die ElCom hat 2023 ihre Analysen zur mittel- und längerfristigen Stromversorgungssicherheit aktualisiert und empfiehlt basierend darauf eine thermische Reservekraftwerkskapazität im Umfang von mindestens 400 MW für das Jahr 2025 und 700 bis 1400 MW ab 2030.

Der Bundesrat beantragt deshalb eine Erweiterung und Änderung der Artikel 8a, 15 und 15a StromVG sowie die Aufnahme der neuen Artikel 8b­8n in das StromVG.

Im Weiteren soll im CO2-Gesetz vom 23. Dezember 20119 der neue Artikel 19b eingefügt werden. Im Energiegesetz vom 30. September 201610 (EnG) wird der neue Artikel 55a hinzugefügt und der bestehende Artikel 56 geändert.

1.5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Der Bundesrat hat am 24. Januar 2024 die Botschaft zur Legislaturplanung 2023­ 2027 verabschiedet. Das vorliegende Geschäft ist in der Legislaturplanung 2023-2027 unter dem Ziel 25 «Die Schweiz stellt die Sicherheit und Stabilität der Energieversorgung sicher und fördert den Ausbau der inländischen Produktion von erneuerbarer Energie» als Massnahme verankert. Konkret ist in der Legislaturplanung festgehalten, dass der Bundesrat in der ersten Legislaturhälfte die Botschaft zur Änderung des Stromversorgungsgesetzes verabschieden wird.

Die Vorlage ergänzt die im Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien angelegte Stromreserve. Diese trägt zur Beibehaltung einer hohen Stromversorgungssicherheit in der Schweiz bei, einem Ziel der Energiestrategie 2050.

2

Vernehmlassungsverfahren

Der Bundesrat führte zur entsprechenden StromVG-Revision vom 28. Juni bis am 20. Oktober 2023 eine Vernehmlassung durch. Die Vernehmlassungsvorlage enthielt im Weiteren neue Bestimmungen im EnG zur Förderung von WKK-Anlagen und zur Information der Öffentlichkeit über die aktuelle Energieversorgung sowie neue Bestimmungen im CO2-Gesetz zur Rückerstattung von Kosten für CO2-Emissionsrechte an Zwei- oder Mehrstoffanlagen. Im Rahmen der Vernehmlassung gingen insgesamt 99 Stellungnahmen ein. Die Mehrheit (Kantone, Konferenz Kantonaler Energiedirektoren [EnDK], Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz [BPUK], FDP, 9 10

SR 641.71 SR 730.0

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SVP, Mitte, Strombranche) begrüsst die vorgeschlagene Revision des StromVG, da so die Stromversorgung bei ausserordentlichen Situationen abgesichert wird. Ablehnend äussern sich die Grünen und Umweltverbände (u. a. WWF, Birdlife), da aufgrund der Klimakrise von Investitionen in Infrastruktur für fossile Energien abzusehen sei. Die Mehrheit der Kantone, EnDK, BPUK sowie die Konferenz der Vorsteher der Umweltschutzämter der Schweiz forderten eine zeitliche Befristung bis längstens Ende 2026 für die Delegationsnorm, die es dem Bundesrat erlaubt, Erleichterungen von Vorschriften nach der LRV und von kantonalen Betriebsvorschriften zu gewähren. Weitere Vernehmlassungsteilnehmende bezweifeln ganz grundsätzlich, dass Bedarf an Reservekraftwerken besteht. Unter anderen die SP fordert einen verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien, mehr Investitionen in die Energieeffizienz und ein Stromabkommen mit der EU. Die hohen Kosten der Stromreserve werden kritisiert.

Alternativ wird eine verbrauchsseitige Reserve (Verbrauchsreserve) gefordert in der Annahme, diese sei wesentlich günstiger als neue Reservekraftwerke. Umstritten ist die Förderung von WKK-Anlagen. Abgelehnt wird diese aufgrund des CO2-Ausstosses dieser Anlagen und weil der Netzzuschlagsfonds nicht für die Förderung von fossilen Anlagen vorgesehen sei. Aus Sicht der SVP sind die dezentralen Notstromaggregate besser in der Vorlage zu verankern, etwa indem die Betriebslimitierung von 50 Stunden pro Jahr in einer Strommangellage ausgesetzt wird.

Infolge der geäusserten Kritik am systematischen Aufbau der neuen Bestimmungen ist der Stromreserve nunmehr ein eigener Abschnitt im Gesetz gewidmet, mit einer übersichtlichen Gliederung der einzelnen Vorgaben. Bei dieser Überarbeitung wurden zahlreiche der in der Vernehmlassungsvorlage noch vorgesehenen Delegationsnormen in materielle Vorgaben überführt. Andere Delegationsnormen wurden hinsichtlich ihres Inhalts, Zwecks und ihrer Tragweite konkretisiert. Überdies wurden einzelne Elemente der WResV in der gesetzlichen Grundlage besser abgebildet.

Die materiellen Abweichungen zur Vernehmlassungsvorlage sind überschaubar. Hervorzuheben ist die neu vorgesehene Möglichkeit, eine Nachrüstung (zur Einhaltung der LRV) von Notstromgruppen, die an der Stromreserve teilnehmen, finanziell zu unterstützen (als Teil
der anrechenbaren Betriebskosten des Übertragungsnetzes).

Nicht übernommen wurde die Forderung, wonach die verbrauchsseitige Reserve zwingend ein Bestandteil der Stromreserve sein muss. Der Gesetzestext bleibt diesbezüglich offen. Er überlässt es dem Bundesrat, vorzusehen, welche Bestandteile der Stromreserve zu bilden sind und welche nicht. Diesbezüglich hat der Bundesrat am 28. Juni 2023 beschlossen, auf die Aufnahme einer verbrauchsseitigen Reserve in die WResV einstweilen zu verzichten, weil die dazu nötigen Regelungen komplex wären und je nach Ausgestaltung negative Wechselwirkungen mit Effizienzmassnahmen, freiwilligen Sparmassnahmen, Marktprodukten und den Massnahmen gemäss LVG entstehen könnten. UVEK und ElCom haben derweil die Branche aufgefordert, entsprechende Verbrauchsreserveprodukte zu entwickeln und anzubieten.

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Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die vorgeschlagene Regelung ergänzt die im Gesetz bereits enthaltene Energie- bzw.

Wasserkraftreserve, die zur Vorbeugung gegen kritische Versorgungsengpässe im Winter gebildet wird, durch weitere Bestandteile (Reservekraftwerke, Notstromgruppen und WKK-Anlagen). Das EU-Sektorrecht für den Elektrizitätsbereich ist in der Schweiz nicht anwendbar, solange es kein Stromabkommen gibt. Die vorgesehenen Massnahmen bewegen sich jedoch grundsätzlich im Rahmen des EU-Rechts, gelten doch strategische Reserven, die ausserhalb des gewöhnlichen Strommarktes gebildet und bewirtschaftet werden, auch nach Artikel 21 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 201911 als vorrangiges Instrument zur Vorbeugung gegen kritische Versorgungslagen. Zusätzlich sind die EU-Regeln über staatliche Beihilfen anwendbar. Relativ streng ist die EU, soweit es um den Bedarf für solche Massnahmen geht; dafür sind genaue Bedarfsanalysen mit Einbezug der Nachbarstaaten notwendig. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Ausgestaltung und Dimensionierung der ganzen Stromreserve dürfte im Rahmen der Verhandlungen über ein Stromabkommen erfolgen. Es gibt zahlreiche Argumente, die für die EU-Kompatibilität der Schweizer Stromreserve sprechen.

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

4.1.1

Stromreserve

Im Rahmen des vom Parlament beschlossenen Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien wurde der neue Artikel 8a für die Bildung einer Energiereserve in das StromVG aufgenommen. Der Bundesrat strebt mit der vorliegenden Vorlage eine Erweiterung der Energiereserve durch Reservekraftwerke, Notstromgruppen und WKK-Anlagen an.

Es sind Vorgaben vorgesehen für den Einsatz und den Abruf der Reserven sowie zur Reihenfolge und zum Umfang der Reserven, die eingesetzt werden. Die ElCom hat das Zusammenspiel der Bestandteile der Stromreserve und den Zeitpunkt der Betriebsbereitschaft der Reserven basierend auf der WResV in einer Weisung12 festgelegt. Dabei spielt die Versorgungslage und die Verfügbarkeit der verschiedenen Stromreserven eine grosse Rolle.

Dimensionierung Für die Dimensionierung der Stromreserve und ihrer Bestandteile kann der Bundesrat Unter- und Obergrenzen vorgeben. Über die konkrete Dimensionierung bestimmt die ElCom in Absprache mit dem BFE. Grundlage dazu bilden Risikobetrachtungen unter 11 12

Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt, Abl. L 158 vom 14.6.2019, S. 54.

Vgl. Weisung 2/2023 der ElCom «Abrufordnung der Kraftwerke der Winterreserve» (abrufbar unter www.elcom.admin.ch > Dokumentation > Weisungen).

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Einbezug von Studien zur Systemadäquanz. Dazu gehören auch Abschätzungen zur Winterproduktion im Falle von verschärften Stressszenarien hinsichtlich Produktionsverfügbarkeit in der Schweiz und in den Nachbarländern. Die Dimensionierung der Stromreserve basiert u. a. auf Berechnungen bezüglich Verbrauchsdeckung mit Annahmen zur Verfügbarkeit der Kernkraftwerke, zur Stromnachfrage, zum Ausbau der erneuerbaren Energien, zur Entwicklung der Stromimporte und zur Verfügbarkeit von Gas in Europa. Die Dimensionierung ist für die Wasserkraftreserve und die thermische Reserve getrennt vorzunehmen. In der aktuellen WResV wurde die thermische Reserve mit insgesamt bis zu 1000 MW festgelegt. Je nach Lageentwicklung kann der Umfang der Dimensionierung der Stromreserve angepasst werden. So hat die ElCom 2023 ihre Analysen zur mittel- und längerfristigen Stromversorgungssicherheit aktualisiert und empfiehlt basierend darauf eine thermische Reservekraftwerkskapazität im Umfang von mindestens 400 MW für das Jahr 2025 und 700 bis 1400 MW ab 2030. Wegen der grossen Unsicherheiten erachtet sie ein schrittweises Vorgehen als sinnvoll, um den Zubau von Reserven bei Bedarf anpassen zu können. Das UVEK plant deshalb ein etappenweises Vorgehen, um neuen Entwicklungen Rechnung tragen und die Dimensionierung anpassen zu können.

Wasserkraftreserve Die Betreiber von Speicherwasserkraftwerken müssen sich gemäss dem Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien obligatorisch und gegen eine moderate Pauschalabgeltung an der Bildung der Wasserkraftreserve beteiligen. Mit Inkraftsetzung des obgenannten Bundesgesetzes (geplant per 1. Januar 2025) sollen für die Wasserkraftreserve also keine Ausschreibungen mehr durchgeführt werden. Die nationale Netzgesellschaft schliesst mit den Betreibern direkt Vereinbarungen ab. Über die Dimensionierung der Wasserkraftreserve entscheidet die ElCom, unter Einbezug des BFE.

Reservekraftwerke Reservekraftwerke sind bislang nur in der WResV vorgesehen und werden im StromVG bzw. seiner Revision nicht erwähnt. Während die Wasserkraftreserve die Energie in den Stauseen lediglich zurückhalten, bringen Reservekraftwerke als Teil der thermischen Reserve zusätzliche Leistung und Energie ins Stromsystem. Als Reservekraftwerke teilnehmen können mit Gas oder anderen Energieträgern
betriebene Kraftwerke. Die Anlagen stehen nur für die Reserve im Einsatz und dürfen nicht für den Markt Strom produzieren. Dass die Reservekraftwerke nur in der WResV als Teil der Reserve genannt werden, ist langfristig problematisch, denn die Geltungsdauer dieser Verordnung ist bis zum 31. Dezember 2026 befristet (Art. 30 WResV).

Notstromgruppen und Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen (WKK-Anlagen) Auch Notstromgruppen und kleinere WKK-Anlagen sind noch nicht im StromVG erwähnt, sondern bislang nur in der WResV vorgesehen. Mit dem Ausdruck «Notstromgruppen» (bzw. «Notstromanlagen») sind stationäre Verbrennungsmotoren für die Stromerzeugung mitgemeint. Notstromgruppen dürfen gemäss LRV maximal 50 Stunden pro Jahr betrieben werden. Aufgrund der limitierten Betriebszeiten gelten für Notstromgruppen weniger strenge Anforderungen als für stationäre Verbrennungsmotoren mit Laufzeiten von mehr als 50 Stunden pro Jahr. Nach Möglichkeit 13 / 42

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sollten Notstromgruppen, die an der Stromreserve teilnehmen, zu stationären Motoren aufgerüstet werden. Dies erfordert eine technische Nachrüstung auf Stufe stationärer Verbrennungsmotor gemäss Anhang 2 Ziffer 82 LRV. Der Einsatz von Notstromgruppen und WKK-Anlagen kann dazu beitragen, die Stromversorgungssicherheit zu stärken. Dazu werden diese zu einem Pool zusammengeschlossen. Auch in Bezug auf die Notstromgruppen und die WKK-Anlagen ist die befristete Geltungsdauer der WResV problematisch.

Erleichterungen von Vorgaben nach der LRV und von kantonalen Betriebsvorschriften für Reservekraftwerke und Notstromgruppen Erste Erfahrungen bei der Bildung einer thermischen Reserve für den Winter 2022/2023 haben gezeigt, dass sowohl im Bundesrecht wie auch in kantonalem Recht verschiedene Hürden bestehen, die einer dringlichen Bereitstellung von Strom entgegenstehen. Bei den Reservekraftwerken (aktuell drei Anlagen: Birr, Cornaux und Monthey) können mittelfristig meist nicht alle Anforderungen bezüglich Emissionsgrenzwerte der LRV sowie Lärmgrenzwerte eingehalten werden.

Bei den Notstromgruppen stellte sich die Problematik, dass gemäss der LRV eine generelle Betriebszeitbeschränkung von höchstens 50 Stunden im Jahr besteht. Mit verschiedenen kantonalen Bestimmungen wurde diese maximal zulässige Betriebszeit weiter reduziert. Damit die an der thermischen Reserve teilnehmenden Notstromgruppen im Ernstfall trotzdem in Betrieb gehen können, kann der Bundesrat bei Bedarf die Verordnung über den Betrieb von Reservekraftwerken und Notstromgruppen in Kraft setzten. Mit Inkraftsetzung der Verordnung werden für diese Anlagen bei einer unmittelbar drohenden oder bereits bestehenden Mangellage die Grenzwerte der LRV beziehungsweise die Betriebszeitbeschränkung temporär aufgehoben.

Beide Beispiele zeigen, dass der Bundesrat zur Sicherung der Stromversorgung unter Umständen rechtliche Instrumente braucht, um den Betrieb von Reservekraftwerken und Notstromgruppen zu ermöglichen. Vorderhand stützten sich die erforderlichen Ausnahmen auf Artikel 32 Absätze 1 und 2 Buchstabe a und Artikel 34 LVG ab. In Zukunft soll sich der Bundesrat mit dem neuen Artikel 8n Absatz 2 StromVG auf eine sektorielle, spezifisch auf die an der Stromreserve teilnehmenden Reservekraftwerke, Notstromgruppen und WKK-Anlagen bezogene Regelung
stützen können. Die Voraussetzungen, unter denen der Bundesrat gestützt auf diese Ausnahmebestimmung gewisse Erleichterungen gewähren kann, sind indes bewusst restriktiv gefasst.

Verbrauchsseitige Reserve (Verbrauchsreserve) Alternativ zum Aufbau von Reservekraftwerkskapazitäten wurde in der Vernehmlassung eine Verbrauchsreserve gefordert in der Annahme, diese sei wesentlich günstiger als neue Reservekraftwerke. Die Verbrauchsreserve ist derweil schon in Artikel 8a des vom Parlament in der Schlussabstimmung vom 29. September 2023 angenommenen Erlasstextes zur Revision des StromVG angelegt. Bereits im Rahmen der Vernehmlassung zur WResV im Herbst 2022 war die Forderung gestellt worden, zu prüfen, ob eine Auktionierung der Nachfragereduktion günstiger zu realisieren wäre als die Absicherung mit Reservekraftwerken und ob im Hinblick auf den Winter 2023/2024 eine solche eingerichtet werden könnte. Verschiedentlich wurde auch die Forderung gestellt, abschaltbare Lasten als Verbrauchsreserve zu nutzen. Bei der in 14 / 42

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der Folge durchgeführten Prüfung zeigte sich, dass die dazu nötigen Regelungen sehr komplex wären, insbesondere wenn negative Wechselwirkungen mit freiwilligen Sparmassnahmen und Marktprodukten ausgeschlossen werden sollen. Zudem könnten negative Wechselwirkungen mit Effizienzmassnahmen und den Massnahmen gemäss dem LVG entstehen. Es ist aus Sicht des Bundesrates effizienter, wenn die Strombranche derartige Produkte am Markt anbietet. Dafür sieht das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien auch entsprechende Regelungen vor (Vereinfachungen für dynamische Tarife, Rahmenbedingungen für Flexibilitätsregulierung). Der Bundesrat verzichtet deshalb auf weiterführende Bestimmungen im Rahmen dieser Vorlage.

Zusammenspiel Stromreserve mit Massnahmen nach dem LVG Im Falle einer unmittelbar drohenden oder bereits bestehenden schweren Strommangellage, welche die Wirtschaft nicht mit eigenen Mitteln zu bewältigen vermag, kann der Bundesrat Massnahmen nach dem LVG in Kraft setzen, um die Versorgung sicherzustellen. Das LVG bietet gesetzliche Grundlagen für eine breite Palette an Massnahmen. Die Instrumente der Stromreserve und der wirtschaftlichen Landesversorgung ergänzen sich grundsätzlich, schliessen sich also nicht gegenseitig aus. Mit der vorliegenden Vorlage ist der Bundesrat angehalten, die verschiedenen Instrumente sinnvoll aufeinander abzustimmen.

4.1.2

Förderung von WKK-Anlagen

WKK-Anlagen können zur Stromproduktion im Winter beitragen. Deren Zubau soll deshalb mit Investitionsbeiträgen im Umfang von jährlich maximal 20 Millionen Franken gefördert werden, um durch die zusätzliche Stromproduktion aus WKKAnlagen andere Energiequellen zu schonen. Die geförderten Anlagen müssen entweder mit erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden oder die entsprechenden CO2Emissionen kompensieren. Die angedachte Förderung wird über den Netzzuschlagsfonds finanziert und beansprucht 0,04 Rp./kWh. Der Netzzuschlag von 2,3 Rp./kWh wird nicht erhöht.

Da WKK-Anlagen gleichzeitig auch Wärme produzieren, gilt bei der vorgeschlagenen Förderung solcher Anlagen die Bedingung, dass die Wärme zwingend genutzt bzw. abgenommen werden muss. Das setzt voraus, dass die geförderten Anlagen wärmegeführt betrieben werden. Dabei folgt die Anlage ausschliesslich dem Wärmebedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher. Der so erzeugte Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist oder zur Deckung des Eigenstrombedarfs genutzt. Anders verhält es sich bei den WKK-Anlagen, die als Reservekraftwerke eingesetzt werden. Diese Anlagen müssen stromgeführt betrieben werden. Dabei erfolgt der Betrieb der WKKAnlage anhand der elektrischen Bedarfswerte. Dadurch wird es auch möglich, eine netzdienliche Dienstleistung zu erbringen wie die Teilnahme am Regelenergiemarkt oder die Vorhaltung als Reservekraftwerk.

Auf die vertiefte Prüfung eines möglichen Einsatzes von Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS) im Zusammenhang mit der WKK-Förderung wurde verzichtet. Solche Anlagen dürften künftig dort 15 / 42

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zum Einsatz kommen, wo CO2-Emissionen nicht gänzlich verhindert werden können, wie beim Verbrennen von Abfall in Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA). Allerdings ist diese Technologie derzeit noch nicht marktreif. Der Verband der Schweizerischen Abfallverwertungsanlagen (VBSA) hat mit dem Bund eine Branchenvereinbarung zur Befreiung von der Teilnahme am EHS abgeschlossen, die ihn dazu verpflichtet, bis 2030 in den Einsatz von CCS-Technologien zu investieren. KVA speisen ihre Wärme in der Regel in Fernwärmenetze ein, die auch fossile Spitzenlastkessel enthalten.

Diese können im Rahmen der vorgesehenen Förderung von WKK-Anlagen, welche die Treibhausgasbilanz gesamthaft nicht belasten, ersetzt werden.

Die Förderung von WKK-Anlagen wurde in der Vernehmlassung mehrheitlich abgelehnt, insbesondere aufgrund des CO2-Ausstosses dieser Anlagen und weil der Netzzuschlagsfonds nicht für die Förderung von fossilen Anlagen vorgesehen sei (vgl.

dazu Kap. 2). Der Bundesrat belässt dieses Element mit Blick auf die Motion der UREK-N «Sicherung der Winterversorgung durch WKK-Anlagen» (23.3022) dennoch in der Vorlage. Der Nationalrat nahm diese am 3. Mai 2023 an. Die UREK-S beantragt ihrem Rat einstimmig, die Motion ebenfalls anzunehmen. Die Motion beauftragt den Bundesrat, die Förderung von WKK-Anlagen in den vorliegenden Gesetzesentwurf aufzunehmen.

4.1.3

Information der Öffentlichkeit über die aktuelle Energieversorgung

Mit einer weiteren Änderung des EnG soll das BFE beauftragt werden, die Öffentlichkeit über den aktuellen Stand und die zeitliche Entwicklung der Energieversorgung der Schweiz zu informieren. Dies umfasst insbesondere die Information über wichtige Indikatoren der Versorgungssicherheit wie den Energieverbrauch und die Energieproduktion. Damit erhalten die Bevölkerung und die Wirtschaft aktuelle Informationen über die Situation der Energieversorgung der Schweiz im Allgemeinen wie auch über die laufende Transformation in der Energieversorgung. Beispielsweise kann so auch über Energieeffizienzgewinne und Einsparungen bei der Energienachfrage, wichtige Ziele im Rahmen der Transformation des Energiesystems, orientiert werden. In Bezug auf die Versorgungssicherheit kann die Bevölkerung und die Wirtschaft so auch für die Entwicklung der Energiepreise oder notwendiger Energiesparmassnahmen sensibilisiert werden ­ und das über alle Energieträger hinweg. Gerade solche Informationen sind wichtig und werden von der Bevölkerung erwartet, wie der Winter 2022 zeigte.

Die Informationsaufgabe des BFE ist abzugrenzen von den Informationsaufgaben der ElCom nach Artikel 22 StromVG und den Informationsaufgaben des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) nach Artikel 57 LVG in Verbindung mit Artikel 1 LVG. Während die ElCom die Entwicklung der Elektrizitätsmärkte im Hinblick auf eine sichere und erschwingliche Versorgung in allen Landesteilen beobachtet und überwacht, über ihre Tätigkeiten orientiert und dem Bundesrat einmal jährlich über ihre Tätigkeiten berichtet, geht die Information des BFE über die Elektrizitätsmärkte hinaus. Allfällig notwendige Informationen über die Elektrizitätsmärkte werden bei Bedarf zwischen den beiden Institutionen ausgetauscht und nicht doppelt er16 / 42

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hoben. Ausserdem ­ und im Gegensatz zum BWL ­ erfolgt die Information durch das BFE auch in normalen bzw. angespannten Situationen der Energieversorgung laufend.

Das BWL orientiert, falls eine schwere Mangellage unmittelbar bevorsteht oder eintritt. Diese Dreiteilung hat sich im Winter 2022 bewährt.

Um seiner Informationspflicht gerecht werden zu können, muss das BFE über einen umfassenden Zugang zu den entsprechenden Daten verfügen. Eine gute Datengrundlage ist insbesondere auch in Krisensituationen bzw. zu deren frühzeitiger Erkennung wichtig. Sie erlaubt es Bundesrat und Bundesverwaltung, die Versorgungslage, die Wirkung der ergriffenen Massnahmen und einen allfälligen zusätzlichen Handlungsbedarf fundiert abzuschätzen und die Wirkung der Bemühungen der Bevölkerung und der Wirtschaft darzustellen. Heute bestehen für den Datenzugang nur spärliche gesetzliche Grundlagen, sodass das BFE auf die freiwillige Mitwirkung der verschiedenen Akteure angewiesen ist. Dass die heutige Situation einem effizienten und raschen Zugang zu wesentlichen Daten nicht zuträglich ist, zeigten u. a. die Arbeiten zum Energiedashboard des Bundes13.

4.1.4

Abgeltung von Kosten für den Erwerb von zusätzlichen CO2-Emissionsrechten

Zu guter Letzt sieht die Vorlage vor, dass der Bund den Betreibern von Anlagen, die von einem auf einen anderen Energieträger wechseln können (sog. Zwei- oder Mehrstoffanlagen), die Mehrausgaben abgelten kann, wenn diese Betreiber auf Anweisung des Bundes auf den alternativen Energieträger umstellen, dadurch zusätzliche CO2Emissionsrechte erwerben müssen und so einen nicht zumutbaren finanziellen Nachteil erleiden. Dies ist insbesondere bei einem Wechsel von Gas auf Öl relevant. Sie werden damit Betreibern, die nicht dem Emissionshandel unterstellt sind, gleichgestellt.

4.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Angesichts der gemäss dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz zu erwartenden Kosten einer Strommangellage (vgl. Ziff. 1.1) sind der Aufwand für das vorliegende Rechtsetzungsverfahren sowie die Umsetzung der neuen Gesetzesbestimmungen und die daraus folgenden Kosten für Bevölkerung und Wirtschaft vertretbar.

4.3

Umsetzungsfragen

Für die Stromreserve kann hinsichtlich der Ausführungsvorschriften auf die geltende WResV verwiesen werden. Deren Bestimmungen bedürfen indes nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien bzw. der vorliegenden Vorlage einer entsprechenden Aktualisierung.

13

www.energiedashboard.admin.ch

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5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Stromversorgungsgesetz

Ersatz eines Ausdrucks In den Rechtsgrundlagen, die im Rahmen des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien im StromVG geschaffen werden (nachfolgend: StromVG-Revision 2023), wurde im vorliegenden Zusammenhang der Begriff «Energiereserve» verwendet. Dieser wird nun durch den präziseren Begriff «Stromreserve» ersetzt. Letzterer wurde bereits in der WResV verwendet und hat sich in der Folge auch im Fachjargon etabliert.

Weiter sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Gesetzesbestimmungen, die im Zuge der StromVG-Revision 2023 zur Stromreserve geschaffen wurden, vorliegend einige ­ wenn auch weitestgehend formale ­ Anpassungen erhalten. Mit dem Ausbau der gesetzlichen Regelung wird der Gegenstand der Normierung so umfassend, dass die Regelung einen eigenen Abschnitt im Gesetz verdient. Im Zuge dieser formalen Anpassung wird im Zusammenhang mit den Reservekraftwerken, Notstromgruppen und WKK-Anlagen auch eine terminologische Korrektur vorgenommen. In der WResV ist diesbezüglich von der «ergänzenden Reserve» die Rede. Neu wird dieser Bestandteil der Stromreserve als «thermische Reserve» bezeichnet.

Koordinationsbedarf mit anderen Gesetzesänderungen Die vorliegenden Gesetzesänderungen basieren auf der StromVG-Revision 2023, insbesondere auf den Artikeln 8a («Energiereserve für kritische Versorgungssituationen») und 8b («Erfassung und Weitergabe der Speicherseedaten»). Parallel dazu ist im Rahmen der Änderung des Informationssicherheitsgesetzes (ISG) vom 18. Dezember 202014 (Ziff. II / Ziff. 4; BBl 2023 2296) ebenfalls ein neuer Artikel 8a StromVG («Schutz vor Cyberbedrohungen») vorgesehen.

Wie in der StromVG-Revision 2023 angegeben (Fussnoten 17 und 18) ist vorgesehen, dass die beiden besagten Bestimmungen der StromVG-Revision 2023 hinter dem neuen Artikel 8a gemäss der ISG-Revision eingereiht werden, als Artikel 8b und 8c.

Nach Inkrafttreten aller drei Vorlagen soll sich der Aufbau des Gesetzes im zweiten Kapitel («Versorgungssicherheit») wie folgt gestalten: Die in der ISG-Revision vorgesehene StromVG-Bestimmung würde am Ende des ersten Abschnitts («Gewährleistung der Grundversorgung und Aufgaben der Netzbetreiber») als Artikel 8a («Schutz vor Cyberbedrohungen») eingereiht. Die neuen Bestimmungen zur Stromreserve würden als Artikel 8b­8o den zweiten Abschnitt
(«Stromreserve») dieses Kapitels bilden, wobei Artikel 8a («Energiereserve für kritische Versorgungssituationen») der StromVG-Revision 2023 überschrieben würde. Artikel 8b («Erfassung und Weitergabe der Speicherseedaten») der StromVG-Revision 2023 soll demgegenüber nicht überschrieben werden und sich stattdessen zu Beginn des Abschnitts 2a («Weitere Massnahmen zur Sicherstellung der Versorgung») als Artikel 8p einreihen.

14

SR 128

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Art. 8a

Bildung und Dimensionierung einer Stromreserve

Absatz 1 übernimmt die Vorgabe von Artikel 8a Absatz 1 der StromVG-Revision 2023. Die Stromreserve ist kein Pflichtprogramm. Solange die Versorgungssicherheit auch ohne Reserve gewährleistet erscheint, muss diese nicht gebildet werden.

Absatz 2: Ob und in welcher Dimensionierung eine Stromreserve zu bilden ist, ist anhand von Risikobetrachtungen auf der Grundlage von Studien zur Systemadäquanz zu entscheiden. Die Dimensionierung der Stromreserve basiert auf Berechnungen bezüglich Verbrauchsdeckung mit Annahmen u. a. zur Verfügbarkeit der Kernkraftwerke, der Stromnachfrage, dem Ausbau der erneuerbaren Energien, der Entwicklung der Stromimporte und der Verfügbarkeit von Gas in Europa. Der Entscheid über die Dimensionierung obliegt weiterhin der ElCom (vgl. derzeit: Art. 2 Abs. 1 WResV und Art. 8a Abs. 3 StromVG-Revision 2023), dies in Absprache mit dem BFE. «In Absprache» bedeutet, dass ein Meinungsaustausch unter den Behörden stattfinden muss.

Eine reine Information des BFE genügt nicht. Ein Vetorecht kommt dem BFE indes nicht zu. Die ElCom hat das letzte Wort und trägt mithin auch die Verantwortung für die richtige Dimensionierung der Stromreserve. Gebunden ist die ElCom aber an allfällige Ausführungsvorschriften gemäss Absatz 4 dieses Artikels.

Die Dimensionierung der Wasserkraftreserve legt die ElCom jährlich neu fest. Bei den übrigen Bestandteilen der Stromreserve hängt die Periodizität auch vom Zeithorizont der Bildung der einzelnen Bestandteile der Reserve bzw. der Teilnahmedauer ab. Prinzipiell könnte der Bundesrat zur Periodizität der Entscheidfindung auch Ausführungsvorschriften erlassen. Sollte sich zu einem bestimmten Zeitpunkt zeigen, dass die Reserve entgegen den ursprünglichen Erwartungen zu gross dimensioniert ist, kommen die auf Verordnungsstufe geregelten Modalitäten für eine allfällige vorzeitige Auflösung der Stromreserve zum Tragen (Art. 8b Abs. 4 Bst. b und c).

Absatz 3: Die operative Abwicklung der Stromreserve obliegt der nationalen Netzgesellschaft. Damit wird die bisherige Zuständigkeitsordnung beibehalten (vgl. WResV und Art. 8a Abs. 4 Satz 1 StromVG-Revision 2023). Die einzelnen Aufgaben sind in Artikel 8k geregelt. Die nationale Netzgesellschaft übernimmt in dieser Rolle, soweit erforderlich, die Vorfinanzierung. Die Refinanzierung erfolgt gemäss Artikel 15a Absatz
1 Buchstabe b über die anrechenbaren Betriebskosten des Übertragungsnetzes und das entsprechende Netznutzungsentgelt.

Absatz 4 gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, Vorgaben zur minimalen und maximalen Dimensionierung der Stromreserve zu erlassen (vgl. Art. 6 Abs. 1 und 3 Bst. a WResV). Diese Bestimmung ist im Kontext der grossen Bedeutung der Stromversorgungssicherheit für die Schweiz und der Kosten zu sehen.

Art. 8b

Bestandteile der Stromreserve und Bestimmung der Teilnehmer

In den Absätzen 1­3 wird die bisherige gesetzliche Regelung (Art. 8a Abs. 2 StromVG-Revision 2023) um die sogenannte thermische Reserve ergänzt. Diese besteht aus Reservekraftwerken, Notstromgruppen und WKK-Anlagen. Bisher war dieser Bestandteil der Stromreserve einzig auf Verordnungsebene in der bis Ende 2026 befristeten WResV adressiert. Diese Vorlage schafft daher solide Gesetzesgrundlagen für eine dauerhafte Verordnungsregelung zu allen Bestandteilen der Stromreserve. In redaktioneller Hinsicht erfährt die bisherige Regelung insofern eine Anpassung, als 19 / 42

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alle vier Bestandteile der Stromreserve eine aussagekräftige Bezeichnung erhalten (Wasserkraftreserve, thermische Reserve, verbrauchsseitige Reserve und Speicherreserve).

Absatz 4: In den Ausführungsvorschriften wird der Bundesrat insbesondere regeln können, wie genau die Ausschreibungen vorzunehmen sind, über welche die Teilnehmer der thermischen Reserve, der verbrauchsseitigen Reserve und der Speicherreserve zu eruieren sind. Beispielsweise könnte sich eine gemeinsame Ausschreibung für Reservekraftwerke und grössere WKK-Anlagen auf der einen Seite und Notstromgruppen und kleinere WKK-Anlagen auf der anderen Seite als sachgerecht erweisen.

Im Grundsatz wird der Bundesrat eine möglichst technologieoffene Ausschreibung anstreben.

Buchstabe a: Auf die Bildung einzelner Bestandteile der Stromreserve kann zeitweise oder dauerhaft verzichtet werden. Bisher enthält die WResV weder für die Speicherreserve noch für die verbrauchsseitige Reserve spezifische Bestimmungen. Folglich wurden auch keine entsprechenden Ausschreibungen durchgeführt. Hinsichtlich der verbrauchsseitigen Reserve trifft die Strombranche derzeit Vorkehrungen, um entsprechende Produkte subsidiär zu entwickeln und anzubieten. Ob die Speicherreserve dereinst durch entsprechende Verordnungsvorgaben ins Leben gerufen wird, hängt von den Fortschritten im Bereich der verschiedenen Speichertechnologien ab.

Buchstabe b: In Bezug auf die Teilnahmedauer kann der Bundesrat für die verschiedenen Bestandteile der Stromreserve unterschiedliche Regelungen treffen. Bei der Wasserkraftreserve ist eine Teilnahmedauer von über einem Jahr möglich (vgl.

Art. 8a Abs. 7 Bst. a StromVG-Revision 2023). Bei den Reservekraftwerken ist die Teilnahme auf längere Dauer angelegt (Vertragsdauer von 15 Jahren vorgesehen).

Buchstabe c: Diese Delegationsnorm ist unverändert dem bereits beschlossenen Recht entnommen (Art. 8a Abs. 7 Bst. a StromVG-Revision 2023). Solche Vorgaben könnten dann aktuell werden, wenn sich zeigt, dass auf die Bildung einer Stromreserve früher als erwartet verzichtet werden kann.

Buchstaben d­f: Im Rahmen der Ausführungsvorschriften kann der Bundesrat gewisse Besonderheiten für die Ausschreibungen vorsehen. Von einer erheblichen praktischen Bedeutung sind mögliche Preisobergrenzen (Bst. d). Weiter kann der Bundesrat die Durchführung der
Ausschreibungen auch dem UVEK übertragen (Bst. e), sei es generell, für einzelne Bestandteile der Stromreserve oder einzelne Teilnehmerkategorien (z. B. kleine WKK-Anlagen). Das UVEK wiederum kann diese Aufgabe im Rahmen der Verwaltungsorganisation an das BFE delegieren. Gestützt auf Buchstabe f kann der Bundesrat ausserdem ein alternatives Verfahren für die Ermittlung der Teilnehmer einrichten, einschliesslich der entsprechenden Zuständigkeitsordnung. Im Grundsatz sind es Ausschreibungen. Wo es in Bezug auf die Kosteneffizienz opportun erscheint, wäre es beispielsweise denkbar, die interessierten Kreise direkt anzuschreiben und sie zum Angebot von vorabdefinierten Standardprodukten einzuladen.

Absatz 5: Wenn das UVEK von dieser Möglichkeit Gebrauch macht und den Betreiber eines Kraftwerks, einer Notstromgruppe oder einer WKK-Anlage zur Teilnahme verpflichtet, bestimmt es gleichzeitig die Dauer der Teilnahme und legt das dem Betreiber hierfür zustehende Entgelt fest (Art. 8c Abs. 2 Satz 2). Es kann den Betreiber 20 / 42

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jedoch nur dann zur Teilnahme verpflichten, wenn die angestrebte Dimensionierung der thermischen Reserve nicht (rechtzeitig) erreicht wird oder aber die in der Ausschreibung eingegangenen Gebote preislich nicht angemessen sind. Zudem handelt es sich um eine Ultima Ratio. Ausserdem darf das UVEK dieses Instrument nur im Rahmen der Verhältnismässigkeit einsetzen. Dabei ist nicht zuletzt auch das Umfeld der Anlage und der Zweck, den sie zu erfüllen hat, zu beachten. Auch das Verhältnis zwischen der installierten Leistung und dem Strombedarf des Betriebs, für den sie im Notfall zum Einsatz kommen soll, ist ein relevanter Faktor. So kommt eine Verpflichtung beispielsweise dann nicht infrage, wenn ein Notstromgruppe für den Weiterbetrieb eines Spitals nur knapp genug Elektrizität erzeugen kann. Generell ausser Betracht fällt eine Verpflichtung für militärische Anlagen. Weiter gilt, dass die Betreiber der betroffenen Anlagen vor einer möglichen Verpflichtung angehört werden.

Art. 8c

Pauschalabgeltung und Entgelt für die Teilnahme

Absatz 1 übernimmt für die Wasserkraftreserve die Vorgaben aus Artikel 8a Absatz 7 Buchstabe c der StromVG-Revision 2023. Absatz 2 regelt die Höhe des Entgelts für die Teilnahme an den übrigen Bestandteilen der Reserve. In aller Regel wird dessen Höhe in den Ausschreibungen bestimmt.

Art. 8d

Bedingungen für die Teilnahme an der Wasserkraftreserve

Die gesetzlichen Vorgaben zur Bildung der Wasserkraftreserve und zu den entsprechenden Teilnahmebedingungen wurden bereits in Artikel 8a der StromVG-Revision 2023 und der WResV festgelegt. Sie sind hier mit einigen redaktionellen Änderungen, aber in materiell unveränderter Form wiedergegeben. Zum besseren Verständnis sei angemerkt, dass bei der Referenzgrösse, die für das Obligatorium ausschlaggebend ist (Art. 8b Abs. 2: «Speicherwasserkraftwerken ab einer Speicherkapazität von 10 GWh»), auf die einzelnen Speicherseen abzustellen ist und nicht das gesamte Speicherwasserkraftportfolio eines Unternehmens zu betrachten ist.

Art. 8e

Bedingungen für die Teilnahme von Reservekraftwerken an der thermischen Reserve

Absatz 1: Die Kraftwerksbetreiber müssen für eine möglichst hohe Verfügbarkeit bzw. sichere Einsatzbereitschaft ihres Kraftwerks sorgen. Dies trägt zu einer möglichst hohen Resilienz der Stromreserve bei. Diesbezüglich wird vorausgesetzt, dass die an der thermischen Reserve teilnehmenden Kraftwerke Strom in die Regelzone Schweiz einspeisen (Art. 6 Abs. 2 Bst. b WResV).

In diesem Zusammenhang setzt Absatz 2 weiter voraus, dass die Reservekraftwerke im Grundsatz auf Basis eines Gasnetzanschlusses mindestens zweistofffähig sind. Es ist gut möglich, dass im Falle einer kritischen Stromversorgungslage zeitgleich auch Engpässe in der Gasversorgung auftreten. In den Ausführungsvorschriften kann der Bundesrat nähere Anforderungen an die Möglichkeit zur Umschaltung auf alternative Energieträger (z. B. Heizöl, Wasserstoff, Holz) festsetzen. Dabei ist dem Grundsatz der Technologieneutralität Rechnung zu tragen.

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Absatz 3: Den Kraftwerksbetreibern ist es untersagt, Elektrizität direkt für den Markt zu erzeugen. Vorbehalten sind die in Artikel 8l Absatz 6 StromVG definierten Ausnahmen. Ein Einsatz für den Markt hätte schädliche Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit; die Marktpreise würden künstlich gesenkt, was Investitionen in neue Produktionskapazität weniger attraktiv machen und marktbasierte Massnahmen (wie das freiwillige Abschalten bei hohen Preisen) verdrängen würde. Zudem bleiben negative Umweltauswirkungen infolge des Einsatzes von fossilen Energieträgern auf ein Minimum beschränkt Dies bedeutet, dass die Energie der Reservekraftwerke gestützt auf das StromVG ohne fehlende Markträumung nicht abgerufen werden kann. Dazu wäre eine Interventionsmassnahme in Kombination mit der Nichtanwendbarkeitserklärung der entsprechenden Bestimmungen gestützt auf das LVG notwendig.

Absatz 4 äussert sich zum Regelungsbedarf auf Verordnungsstufe. Nach Buchstabe a kann der Bundesrat Ausnahmen vom Zweistofferfordernis vorsehen. Zu denken ist etwa an Situationen, in denen hinreichende Mengen des erforderlichen Brennstoffs in Lagerstätten vorgehalten werden, die sich im näheren Umfeld des Kraftwerks befinden. Nach Buchstabe b bestimmt sich nach Massgabe der Ausführungsbestimmungen, ob und inwieweit Reservekraftwerke zur Erbringung von Systemdienstleistungen zugelassen sind. Zu denken ist etwa an Einsätze von Generatoren zur Spannungshaltung ausserhalb der Verfügbarkeitsperiode (vgl. Art. 11 Abs. 2 WResV). Denkbar sind ausserdem Einsätze für betriebseigene Zwecke. Buchstabe c bekräftigt, dass ein Abruf der Stromreserve vor dem Eintritt einer fehlenden Markträumung ­ abgesehen von den Ausnahmefällen gemäss Artikel 8l Absatz 6 Buchtstabe b, in denen jedoch keine (relevanten) Strommengen in den Schweizer Markt gelangen ­ nur im Rahmen von wirtschaftlichen Interventionsmassnahmen nach den Artikeln 31­34 LVG erfolgen kann. Namentlich würde das in Absatz 3 Satz 1 enthaltene Verbot des Einsatzes der Reservekraftwerke für den freien Strommarkt gestützt auf Artikel 34 LVG vorübergehend für nicht anwendbar erklärt. Bekräftigt wird diese Möglichkeit ausschliesslich für Reservekraftwerke. Angedacht ist, dass die vorzeitig abgerufene Elektrizität über Swissgrid diskriminierungsfrei in den freien Schweizer Markt gelangen würde.

Art. 8f

Pflichten für die Betreiber von Rohrleitungsanlagen

Diese Bestimmung verpflichtet die Betreiber von Gasleitungen, an denen ein Reservekraftwerk angeschlossen ist, dem Kraftwerksbetreiber Netznutzungsbedingungen anzubieten, die auf den Einsatz seines Reservekraftwerks zugeschnitten sind. Eine solche Vorgabe (vgl. auch Art. 12 WResV) drängt sich deshalb auf, weil das Netznutzungsentgelt für die Gaszufuhr ein relevanter Kostenfaktor ist. Da Reservekraftwerke nur im Ausnahmefall zum Einsatz kommen, sind deren Betreiber auf geeignete Transportprodukte angewiesen. Reservekraftwerke weisen ein sehr spezifisches Verbrauchs- bzw. Bezugsprofil auf. Die meiste Zeit über benötigen sie gar kein Gas ­ vielleicht sogar nie. Kommen sie zum Einsatz, können die benötigten Gasmengen jedoch beträchtlich sein. «Auf den Einsatz dieses Kraftwerks zugeschnittene Bedingungen für die Nutzung der Rohrleitung» bedeutet, dass die Netzbetreiber dem Kraftwerksbetreiber kurzfristige Transportkapazitätsprodukte (Tages- oder Wochenprodukte) oder unterbrechbare Produkte anbieten oder dass sie den Besonderheiten der Reservekraftwerke in den Bilanzierungsregeln Rechnung tragen (z. B. bei der Ausgestaltung des Toleranzbands).

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Im Streitfall entscheidet gemäss der Transportpflicht nach Artikel 13 des Rohrleitungsgesetzes vom 4. Oktober 196315 das BFE über die Netznutzungsbedingungen.

Bei einem solchen Streitfall wird das BFE auch diese Spezialvorgabe zu berücksichtigen haben. Mit Inkrafttreten des geplanten Gasversorgungsgesetzes dürfte sich die Tragweite dieser Sondervorschrift von Artikel 8f verringern.

Art. 8g

Pflichten für die Betreiber der Reservekraftwerke nach der Teilnahme an der Stromreserve

Die gesetzlichen Vorgaben zur Stromreserve äussern sich nicht zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Reservekraftwerke nach ihrem Ausscheiden aus der Stromreserve weiterbetrieben werden können. Für Reservekraftwerke, die für die Bildung der thermischen Reserve neu gebaut wurden, enthält Artikel 8g aber dennoch gewisse Vorgaben für den Zeitraum nach der Teilnahme an der thermischen Reserve.

Je nachdem, ob das betreffende Kraftwerk weiterbetrieben wird oder nicht, greifen andere Pflichten.

Absatz 1: Wird das Kraftwerk nicht weiterbetrieben, muss es zurückgebaut werden, damit keine Kraftwerksruinen in der Landschaft zurückbleiben (Wiederherstellung des früheren Zustands des Standorts). Die Rückbaukosten werden von der nationalen Netzgesellschaft erstattet (gemäss Art. 15a Abs. 1 Bst. b Ziff. 2 als anrechenbare Betriebskosten des Übertragungsnetzes), sofern der Rückbau kosteneffizient und zügig erfolgt. Die Frage nach der Kostenerstattung wird erst zum betreffenden Zeitpunkt geklärt, da es nicht möglich ist, die Rückbaukosten mit hinreichender Sicherheit ex ante zu prognostizieren und sie so über das Entgelt für die Teilnahme an der thermischen Reserve abzugelten.

Wird ein Reservekraftwerk nach seiner Teilnahme an der thermischen Reserve als ordentliches Kraftwerk weiterbetrieben, muss es nicht zurückgebaut werden. Nach Absatz 2 ist dessen Betreiber in diesem Fall aber zu einer angemessenen Rückvergütung des für die Teilnahme erhaltenen Entgelts verpflichtet. Damit werden ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile im freien Strommarkt vermieden.

Die Einzelheiten zur Berechnung der Höhe dieser Zahlungspflichten können gestützt auf Absatz 3 auf Verordnungsstufe geregelt werden. Bei den Rückbaukosten geht es neben Effizienzkriterien auch um die Frage, was alles unter die Rückbaupflicht fällt (z. B. Abgrenzungen zwischen dem Kraftwerk und dem Netzanschluss wie etwa Trafostationen und Stromleitungen). Weiter können auf Verordnungsstufe auch Fristen bzw. Stichdaten festgelegt werden, anhand derer sich entscheidet, ob ein Kraftwerk, dessen Weiterbetrieb nach dem Ausscheiden aus der Stromreserve zumindest vorerst fraglich ist, unter die Regelung von Absatz 1 oder unter jene von Absatz 2 fällt.

Anzumerken ist Folgendes: Auf Kraftwerke, die schon vor ihrer Teilnahme an der thermischen Reserve gebaut
wurden, sind diese Vorgaben nicht anwendbar. Zudem regeln sie nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Kraftwerk weiterbetrieben werden kann. Letztlich handelt es sich um einen unternehmerischen Entscheid, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben, die für den Kraftwerksbetrieb einschlägig sind (umweltrechtliche Anforderungen, Betriebsbewilligungen usw.).

15

SR 746.1

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Art. 8h

Bedingungen für die Teilnahme von Notstromgruppen und WKK-Anlagen an der thermischen Reserve

Absatz 1 enthält dieselbe Vorgabe, die in Artikel 8e Absatz 1 für Reservekraftwerke vorgesehen ist. Es kann deshalb auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden.

Absatz 2 beschränkt das Verbot der Stromproduktion für den freien Strommarkt auf den Zeitraum, in dem die Anlage für die Stromreserve zur Verfügung stehen muss.

Ausserhalb der Verfügbarkeitsperiode ist es denkbar, dass WKK-Anlagen Strom für den Markt produzieren.

Absatz 3 bringt die Aggregatoren ins Spiel (sog. «Pooler»). Diese sind für einen koordinierten Einsatz der Notstromgruppen und der kleineren WKK-Anlagen aus vollzugspraktischen Gründen unabdingbar und bereits im geltenden Verordnungsrecht etabliert (Art. 7 Abs. 1, 15 und 16 Abs. 3 WResV). Gemäss Artikel 7 Absatz 1 WResV liegt die Schwelle zwischen kleineren und grösseren WKK-Anlagen bei 5 MW. Die Rolle der Aggregatoren wird in Artikel 8i normiert.

Absatz 4 Buchstabe a bildet die gesetzliche Grundlage für Artikel 7 Absatz 3 WResV, belässt dem Bundesrat aber die Freiheit, den Ausschluss von der Teilnahme an der Stromreserve beim Erhalt von finanzieller Unterstützung der öffentlichen Hand (z. B.

Investitionsbeiträge) nicht zwingend vorzusehen. Für einen solchen Ausschluss spricht, dass der Erhalt von Förderbeiträgen bei gleichzeitiger Teilnahme an der thermischen Reserve als Doppelförderung erachtet werden kann.

Buchstabe b Ziffer 1: Analog zur Regelung der Teilnahmebedingungen für Reservekraftwerke gibt es auch für Notstromgruppen und WKK-Anlagen eine gesetzliche Grundlage, auf welche sich die Ausführungsbestimmungen zur Zulässigkeit der Erbringung von Systemdienstleistungen (ausserhalb der Verfügbarkeitsperiode) stützen können.

Ziffer 2: Bei Notstromgruppen und WKK-Anlagen gibt es weitere Fälle, in denen ein Einsatz der Anlagen ausserhalb der Stromreserve für betriebseigene Zwecke zulässig sein kann (auch während der Verfügbarkeitsperiode). Im Falle von Notstromgruppen geht es dabei insbesondere um den Einsatz bei einem lokalen Stromausfall oder periodische Tests. Bei WKK-Anlagen geht es um Fälle, in denen ein ungeplanter Wärmebedarf deren Einsatz erfordert (z. B. Ausfall einer anderen Anlage). Es sind darüber hinaus weitere Fälle denkbar, in denen ein Einsatz für betriebliche Zwecke notwendig sein kann und zulässig sein muss.

Art. 8i

Aggregatoren für die Teilnahme von Notstromgruppen und kleineren WKK-Anlagen

Die Aggregatoren dienen als Bindeglied zwischen der nationalen Netzgesellschaft und den einzelnen Teilnehmern der Reserve. Die Bündelung von mehreren Reserveeinheiten (Abs. 1) erhöht die Effizienz der verschiedenen Prozesse. Das Dreiecksverhältnis zeichnet sich durch zwei verschiedene Vertragsverhältnisse aus, eines zwischen der nationalen Netzgesellschaft und den Aggregatoren (Art. 8k Abs. 1), das andere zwischen dem Aggregator und den Betreibern der einzelnen Anlagen (Abs. 2).

Auf Verordnungsstufe kann der Inhalt dieser beiden Rechtsverhältnisse näher konkre24 / 42

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tisiert werden. Gegenüber der nationalen Netzgesellschaft treten nur die Aggregatoren direkt in Erscheinung. Sie sind es, die an den Ausschreibungen teilnehmen (Abs. 3 Satz 1), die Betreiber der einzelnen Anlagen bleiben im Hintergrund. Gesetzliche Verantwortlichkeiten bestehen jedoch in beiden Sphären (Abs. 3 Satz 2). Während die Betreiber der einzelnen Anlagen Gewähr für die Verfügbarkeit ihrer Anlagen bieten müssen (Art. 8h Abs. 1), liegt es in der Verantwortung der Aggregatoren, diese im Bedarfsfall koordiniert abzurufen. Neben den Sanktionen, die von der ElCom ausgesprochen werden können (Art. 22 Abs. 2 Bst. f), richten sich die Folgen eines Fehlverhaltens auch nach der vertraglichen Vereinbarung unter den Parteien. So können etwa Konventionalstrafen vereinbart werden (vgl. Art. 5 Abs. 2 Bst. g, 10 Abs. 2 Bst. f und 15 Abs. 4 WResV). Die Höhe der Dienstleistungspauschale (Abs. 4) wird in den Ausschreibungen festgelegt. Die Dienstleistungspauschale ist den Aggregatoren zusätzlich zum Entgelt für die Teilnahme an der Reserve auszurichten, das den einzelnen Teilnehmern zusteht.

Art. 8j

Nachrüstung von Notstromgruppen

Gestützt auf Artikel 8j kann der Bundesrat Rechtsgrundlagen schaffen, damit allfällige Nachrüstungen von Notstromgruppen und WKK-Anlagen über die nationale Netzgesellschaft finanziert werden können (Art. 15a Abs. 1 Bst. b Ziff. 4). In solchen Fällen können über das Entgelt für die Teilnahme an der thermischen Reserve hinaus zusätzliche Mittel gesprochen werden, zum Beispiel für Einrichtungen zur Steuerung und Fernsteuerung der Anlage sowie zur Begrenzung der Luftverschmutzung (z. B. Installationen zur Entstickung der Luft und Anpassungen des Filtersystems). Im Rahmen der Ausführungsvorschriften kann der Bundesrat auch die entsprechende Zuständigkeitsordnung regeln.

Art. 8k

Aufgaben der nationalen Netzgesellschaft

Absatz 1: Die gesetzlichen Teilnahmebedingungen werden in Vereinbarungen konkretisiert. Ihr Inhalt ist je nach Bestandteil der Stromreserve unterschiedlich. Da die nationale Netzgesellschaft für die Abwicklung der Stromreserve zuständig ist (Art. 8a Abs. 3), obliegt ihr der Abschluss dieser Vereinbarungen auch dann, wenn die Teilnehmer der Stromreserve nicht über die von ihr durchgeführten Ausschreibungen ermittelt werden. Dies gilt für die Wasserkraftreserve, eine allfällige Verpflichtung zur Teilnahme nach Artikel 8b Absatz 5 (vgl. zum Vertragsschluss Art. 5 Abs. 3 WResV) und Abweichungen beim Verfahren nach Artikel 8b Absatz 4 Buchstabe e und f.

Die wichtigsten Aufgaben, derer sich die nationale Netzgesellschaft im Rahmen der operativen Abwicklung der Stromreserve anzunehmen hat, sind in Absatz 2 aufgelistet. Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Bei der Unterstützung der ElCom geht es vor allem um die Erstellung von Studien zur Systemadäquanz und weiterer Analysen als Grundlage für die Dimensionierung der Stromreserve.

Art. 8l

Abruf der Stromreserve

Die Vorgaben zum Abruf der Stromreserve geben die geltende Rechtslage wieder.

Die Absätze 1­5 sind derzeit in Artikel 8a Absätze 5, 6 und 7 Buchstaben f­h der StromVG-Revision 2023 enthalten. Absatz 6 Buchstabe b orientiert sich an Artikel 19 25 / 42

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WResV («Besondere Fälle des Abrufs»). Im Unterschied zur WResV ist bei Ziffer 1 nicht vorausgesetzt, dass die Gefährdung des stabilen Netzbetriebs unmittelbar sein muss. Ziffer 2 würde, allenfalls im Zusammenspiel mit Artikel 61 Absatz 2 LVG, erst bei Abschluss eines Solidaritätsabkommens mit einem Nachbarstaat relevant. Wichtig ist die nach Ziffer 3 bestehende Möglichkeit eines Abrufs der Reservekraftwerke zur Aufstockung der Wasserkraftreserve. Auf Seite 13 der Erläuterungen16 zur WResV wurde diese Möglichkeit wie folgt kommentiert: «Ein solcher [Abruf] kann notwendig werden, wenn der Markt zwar noch räumt, sich aber abzeichnet, dass bis Ende Winter nicht genügend Energie für die Stromversorgung vorhanden sein wird. Um den Markt möglichst wenig zu verzerren, wird die zusätzliche Energie aus den Reservekraftwerken nicht am Markt verkauft, sondern der Wasserkraftreserve zugeführt.

Dabei wird der Strom, der in einem Speicherkraftwerk produziert worden wäre, durch Strom aus den Reservekraftwerken ersetzt. Das Wasser bleibt im Speichersee und steht künftig der Wasserkraftreserve zur Verfügung. Es darf dann nicht mehr für den Stromverkauf am Markt eingesetzt werden.» Neu ist die in Absatz 6 Buchstabe b enthaltene Regelung für den Umgang mit den Kosten für Ausgleichsenergie (Art. 4 Abs. 1 Bst. eter) im Falle des Abrufs der thermischen Reserve (vgl. auch Art. 15a Abs. 1 Bst. b Ziff. 6). Diese Regelung gilt für Reservekraftwerke, Notstromgruppen und WKK-Anlagen, kann für die verschiedenen Teilnehmerkategorien aber unterschiedlich ausfallen. Bis dato wird der Umgang mit Ausgleichsenergie in den Vereinbarungen zur Teilnahme an der Reserve geregelt.

Grundsätzlich handelt es sich um Kosten des Abrufs, die mit der Abrufentschädigung gedeckt werden können. Die getroffenen Vereinbarungen fallen unterschiedlich aus.

Die Ausgleichsenergie kann gerade bei Reservekraftwerken ein erheblicher Kostenfaktor sein. Da diese Kraftwerke nur ausnahmsweise zum Einsatz kommen, kann es bei der Betriebsaufnahme zu Verzögerungen und entsprechenden Fahrplanabweichungen kommen. Gemäss den bisherigen Vereinbarungen wird deshalb ein überwiegender Teil der Ausgleichsenergie via Abrufentschädigung über das Entgelt zur Nutzung des Übertragungsnetzes finanziert.

Art. 8m

Koordination mit Massnahmen nach dem Landesversorgungsgesetz

Artikel 8m enthält das Gebot, den Einsatz der Stromreserve und Massnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung aufeinander abzustimmen. Über Massnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung, seien es Vorbereitungsmassnahmen oder wirtschaftliche Interventionsmassnahmen gegen schwere Mangellagen (Art. 5 und Art. 31­34 LVG), bestimmt der Bundesrat. Der Abruf der Stromreserve richtet sich nach einer von der ElCom festzulegenden Abrufordnung (Art. 8l Abs. 2). Artikel 8l Absatz 1 gibt vor, dass die Stromreserve nur dann für den Strommarkt freigegeben werden darf, wenn die nachgefragte Strommenge das Angebot übersteigt (fehlende Markträumung). Falls die Stromreserve vorzeitig zur Verhinderung oder Bewältigung einer Strommangellage eingesetzt werden soll, kann dies, so wie in Artikel 8e Absatz 4 Buchstabe c festgehalten, nur mittels einer Interventionsmassnahme auf Basis 16

Abrufbar unter www.fedlex.admin.ch > Systematische Rechtssammlung > Landesrecht > 7 Öffentliche Werke - Energie - Verkehr > 734 Elektrische Anlagen > 734.722 Verordnung vom 25. Januar 2023 über die Errichtung einer Stromreserve für den Winter (Winterreserveverordnung, WResV) > Erläuterungen des Grunderlasses.

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des LVG erfolgen. Dieser Entscheid obliegt dem Bundesrat. Grundlage für einen solchen Entscheid des Bundesrates ist u. a. eine Lage- und Risikobeurteilung mit Instrumenten wie dem Strommonitoring der nationalen Netzgesellschaft zuhanden der Wirtschaftlichen Landesversorgung (WL).

Art. 8n

Ausgleich von CO2-Emissionen und Erleichterung für den Betrieb von Reservekraftwerken, Notstromgruppen und WKK-Anlagen

Absatz 1 dient als Grundlage für Bestimmungen, wie sie in Artikel 7 Absatz 4 WResV sowie in Artikel 41 Absätze 1ter und 3 und Artikel 146w der CO2-Verordnung vom 30. November 201217 enthalten sind. In diesen ist vorgesehen, dass die Reservekraftwerke ausnahmslos am EHS teilnehmen müssen. Für Notstromgruppen oder WKKAnlagen ist vorgesehen, dass sie entweder am EHS teilnehmen oder aber die beim Abruf der Stromreserve verursachten CO2-Emissionen vollumfänglich durch die Abgabe von internationalen Bescheinigungen kompensieren müssen.

Absatz 2: Sowohl im Bundesrecht als auch in kantonalem Recht bestehen verschiedene Hürden, die einer dringlichen Bereitstellung von Strom entgegenstehen können.

Diese Delegationsnorm bietet eine Art Versicherungslösung für schwierig vorauszusehende Ereignisse, die es notwendig machen, rasch zeitlich beschränkte Massnahmen zu treffen. Angesichts der restriktiven Voraussetzungen, wie sie hier verankert sind, handelt es sich um eine Ultima Ratio. Solche Erleichterungen dürften lediglich im Einzelfall und nur insoweit gewährt werden, als dies für die Sicherstellung der Stromversorgung unabdingbar erscheint. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass solche Erleichterungen einzig für einen allfälligen Abruf der thermischen Reserve aus der betreffenden Elektrizitätserzeugungsanlage gelten würden. Alle anderen Einsätze der Anlage fallen nicht in den Anwendungsbereich dieser Ausnahmebestimmung. Wenn also beispielsweise ein Reservekraftwerk oder eine WKK-Anlage für Systemdienstleistungen eingesetzt werden soll ­ sofern dies gemäss den Ausführungsvorschriften (vgl. Art. 8e Abs. 4 Bst. b und 8h Abs. 4 Bst. b Ziff. 1) denn überhaupt zulässig ist ­, müssen selbstverständlich sämtliche umweltrechtlichen Anforderungen erfüllt sein. Der Anwendungsbereich der Norm ist zudem auf die LRV und kantonale Betriebsvorschriften beschränkt ­ im Bereich des Lärmschutzes bietet das geltende Recht bereits genügend Spielraum.

Art. 12 Abs. 2 Bst. f Diese Anpassung ist rein redaktioneller Natur.

Art. 15 Abs. 2 Bst. a Die Anrechenbarkeit der Kosten der Stromreserve wird neu in Artikel 15a Absatz 1 Buchstabe b geregelt. Fortan sind einzig die Kosten für Systemdienstleistungen Gegenstand von Buchstabe a.

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SR 641.711

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Art. 15a Abs. 1 Im Grundsatz werden sämtliche Kosten der Stromreserve über das Netznutzungsentgelt gedeckt, das für die Nutzung des Übertragungsnetzes anfällt. Dieses wird bekanntlich auf die Gesamtheit der inländischen Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher überwälzt. Die einzelnen Kosten sind in Buchstabe b in nicht abschliessender Form aufgezählt. Zu den wichtigsten Kosten zählen die Pauschalentschädigungen für die obligatorische Teilnahme an der Wasserkraftreserve und die Entgelte für die Teilnahme an den übrigen Bestandteilen der Stromreserve (Ziff. 1). Mit diesen werden gewissermassen die fixen, einsatzunabhängigen Kosten der Teilnahme vergütet. Die einsatzabhängigen Kosten hingegen werden mit den Abrufentschädigungen abgegolten (Ziff. 5). Zu diesen gehört in erster Linie die abgerufene Energie. Bei der thermischen Reserve sind diesbezüglich auch die CO2-Abgabe und die Emissionsrechte hervorzuheben. Ausdrücklich genannt sind auch die Vollzugskosten (Ziff. 7).

Diese fallen insbesondere bei der nationalen Netzgesellschaft an, nicht zuletzt auch in Form von administrativen Aufwendungen. Diesbezüglich kann der Bundesrat aber auch die Kostenübernahme im Zusammenhang mit allfälligen Abgeltungen an Standortgemeinden regeln, von denen in Artikel 23 Absatz 4 WResV die Rede ist.

Diese Kosten werden unter Abzug der Einnahmen überwälzt, welche die nationale Netzgesellschaft im Rahmen der operativen Abwicklung der Stromreserve erzielt.

Dazu gehört zum Beispiel das Inkasso bei den Bilanzgruppen, welche den Abruf der Stromreserve veranlasst und die entsprechenden Strommengen entgegengenommen haben (Art. 8l Abs. 4). Zudem ist es der nationalen Netzgesellschaft untersagt, eine Gewinnkomponente einzurechnen. Für den Kapitalaufwand ist in Artikel 22 Absatz 5 WResV ein kalkulatorischer Zinssatz vorgesehen.

Art. 20 Abs. 2 Einleitungssatz (betrifft nur den französischen Text) und Bst. cbis Zur besseren Übersicht wird die Zuständigkeit der nationalen Netzgesellschaft für die operative Abwicklung der Stromreserve nicht nur in Artikel 8a Absatz 3, sondern auch in diesem Aufgabenkatalog aufgeführt.

Art. 22 Abs. 2 Bst. f Die Möglichkeit der ElCom, Sanktionen gegen Teilnehmer der Stromreserve, die gegen ihre Pflichten verstossen, auszusprechen, wurde bereits in Artikel 8a Absatz 7 Buchstabe e sowie in Artikel
22 Absatz 2 Buchstabe f der StromVG-Revision 2023 verankert. Zur Gewährleistung eines möglichst systematischen Aufbaus des Gesetzes wird diese Befugnis einzig hier geregelt.

Art. 25 Abs. 1bis In der StromVG-Revision 2023 wurde die gegenüber der ElCom und der nationalen Netzgesellschaft bestehende Auskunftspflicht bei den materiellen Vorgaben zur Stromreserve geregelt (Art. 8a Abs. 4 fünfter Satz). Diese Pflicht wird auf die Aggregatoren ausgedehnt und aus gesetzessystematischen Gründen hierhin verschoben.

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Art. 29 Abs. 1 Bst. f, fbis und fter Die Änderungen in den Buchstaben f und fbis sind rein redaktioneller Natur (Anpassung der Verweise). Im neuen Buchstaben fter wird der Verstoss gegen die zentrale Pflicht der Teilnehmer der Stromreserve, im Falle des Abrufs der Reserve den notwendigen Beitrag zu leisten, in den Katalog der Strafbestände aufgenommen, die mit Busse bis zu 100 000 Franken zu bestrafen sind.

Art. 33d

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ...

Die gesetzlichen Vorgaben zur thermischen Reserve werden zu einem Zeitpunkt in Kraft treten, zu dem bereits Reservekraftwerke für die Stromreserveverpflichtet wurden. Zu diesen gehören die Kraftwerke in Birr (AG), Cornaux (NE) und Monthey (VS) sowie allfällige weitere Kraftwerke, die in Ausschreibungen gemäss WResV einen Zuschlag für die Teilnahme an der Reserve erhalten. Auch stehen schon einige Notstromgruppen unter Vertrag. Die bisherigen Regelungen sind indes provisorischer Natur. Gemäss Artikel 6 Absatz 4 WResV dauert die Teilnahme an der Reserve bis längstens 31. Mai 2026. Auch die Verträge mit den drei genannten Reservekraftwerken laufen im Frühling 2026 aus. Die laufenden Ausschreibungen sind natürlich auf einen längeren Zeithorizont ausgerichtet. Mit dem Inkrafttreten dieser Vorlage könnte und müsste die WResV entsprechend aktualisiert und verlängert werden. Für diesen Fall erhält der Bundesrat in Artikel 33d eine gesetzliche Grundlage dafür, festzulegen, unter welchen Bedingungen die betreffenden Anlagen nach den neuen Vorschriften an der Stromreserve teilnehmen.

5.2 Art. 19b

Änderung anderer Erlasse: CO2-Gesetz Abgeltungen bei Verpflichtung zur Verwendung eines bestimmten Energieträgers

Der Bundesrat hat die Möglichkeit, bei Prozessen, die beispielsweise mit Erdgas oder Heizöl betrieben werden können, einen Wechsel des Energieträgers anzuordnen. Mit einem Wechsel von Gas auf Öl werden mehr CO2-Emissionen verursacht, wobei nicht in jedem Fall alle zusätzlichen Emissionen auf die Anordnung des Bundesrates zurückzuführen sind. Droht eine Mangellage beim Gas, so kann davon ausgegangen werden, dass auch unabhängig von der Anordnung des Bundesrates früher oder später ein Wechsel stattgefunden hätte (hohe Gaspreise, fehlende Gasmengen). Die Betreiber von Anlagen, die dem EHS unterstellt sind, müssen dann mehr Emissionsrechte abgeben. Nur so können sie ihre Verpflichtungen im Rahmen des EHS erfüllen, was allerdings zu Mehrkosten für die betroffenen Unternehmen führen kann.

Der Bund kann im Rahmen der bewilligten Kredite die Kosten von Emissionsrechten abgelten, sofern Betreiber von EHS-Anlagen infolge des Wechsels einen gewichtigen nicht zumutbaren finanziellen Nachteil erleiden (Abs. 1). Ob dies der Fall ist, wird auf Gesuch individuell festgestellt. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach dem durchschnittlichen Preis der Emissionsrechte auf dem Sekundärmarkt in der EU zum Zeitpunkt der Anordnung des Wechsels (Abs. 2). Der Bundesrat regelt die Einzelheiten wie die Festlegung der Kriterien für den gewichtigen nicht zumutbaren finanziellen 29 / 42

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Nachteil beispielsweise basierend auf dem Verhältnis der Mehrkosten zur Bruttowertschöpfung (Abs. 3).

Art. 31a Als die Rückerstattung der CO2-Abgabe an Betreiber von WKK-Anlagen eingeführt wurde, wurde mit Artikel 31a auch Betreibern von WKK-Anlagen, welche eine Verminderungsverpflichtung eingegangen waren, die Möglichkeit gewährt, die WKKAnlage aus der Verminderungsverpflichtung herauszulösen und der Investitionspflicht zu unterstellen. Damit wurde die Gleichbehandlung innerhalb der laufenden Verpflichtungsperiode sichergestellt. Dies wurde nicht nachgefragt und die Betreiber hatten 2021 und 2022 die Möglichkeit, ihre Verminderungsverpflichtung zu beenden.

Somit wurde die Gleichbehandlung sichergestellt und diese Regelung ist nicht mehr notwendig und wird aufgehoben.

Art. 32a Neu wird die CO2-Abgabe auf Brennstoffen, die nachweislich für die Stromproduktion eingesetzt wurde, vollumfänglich und nicht nur teilweise zurückerstattet (Abs. 1).

Die Rückerstattung erfolgt, sofern der Betreiber der WKK-Anlage im Umfang der Treibhausgasemissionen, die aufgrund der Produktion von Strom entstanden sind, im Emissionshandelsregister Bescheinigungen für Emissionsverminderungen im Inland oder internationale Bescheinigungen abgegeben hat (Bst. c). Der Bundesrat regelt in der Verordnung die Einzelheiten wie die Leistungsgrenzen, die Mindestanforderungen sowie die Angaben, die das Gesuch enthalten muss, wie beispielsweise die Berichterstattung über die Treibhausgasemissionen, die aufgrund der Produktion von Strom entstanden sind (Abs. 2).

Art. 32b Neu wird die Rückerstattung an Betreiber von WKK-Anlagen in Artikel 32a geregelt.

Der Artikel 32b wird daher aufgehoben.

Art. 49b

Übergangsbestimmung

Unter Annahme des Inkrafttretens der Bestimmung per 1. Januar 2027 kann das Rückerstattungsgesuch für die 60 Prozent der CO2-Abgabe für 2026 gemäss Artikel 98b der CO2-Verordnung bis zum 30. Juni 2027 beim Bundesamt für Umwelt eingereicht werden. Die Rückerstattung der restlichen 40 Prozent der CO2-Abgabe für 2026 nach Artikel 32b Absatz 2 kann nach bisherigem Recht längstens bis Ende des Jahres 2029 eingefordert werden, sofern gegenüber dem Bund nachgewiesen wird, dass im Umfang dieser Mittel Massnahmen für die Steigerung der eigenen Energieeffizienz oder der Energieeffizienz von Anlagen, die aus der WKK-Anlage Strom oder Wärme beziehen, ergriffen wurden.

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5.3 Art. 34a

Änderung anderer Erlasse: Energiegesetz Investitionsbeitrag für Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen

Absatz 1 sieht Investitionsbeiträge für WKK-Anlagen vor. Für diese Investitionsbeiträge gelten die Regelungen des 5. Kapitels des EnG, sofern in Artikel 34a nicht eine davon abweichende Regelung getroffen wird.

Ein Investitionsbeitrag nach Absatz 1 kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt sind: Buchstabe a: Da WKK-Anlagen gleichzeitig Wärme produzieren, gilt bei der Förderung solcher Anlagen die Bedingung, dass die Wärme zwingend genutzt bzw. abgenommen werden muss. Das setzt voraus, dass die geförderten Anlagen wärmegeführt betrieben werden und der Betrieb der Anlage ausschliesslich dem Wärmebedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher folgt. Der dabei erzeugte Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist oder zur Deckung des Eigenstrombedarfs genutzt. Die Anlagen müssen zudem in einen neuen Wärmeverbund mit erneuerbarer Energie als Primärenergiequelle integriert sein, der innerhalb der räumlichen Energieplanung für erneuerbare Energien der zuständigen Gemeinwesen (Kanton, Gemeinden) ausgewiesen wird, oder sie müssen einen fossilen Spitzenlastkessel für die Wärmenachfrage ersetzen, wenn sie in ein bestehendes Wärmenetz integriert werden.

Buchstabe b: Von Artikel 34a erfasst werden die WKK-Anlagen, die hauptsächlich im Winter in Betrieb sind, da mit der Förderung die Stromproduktion im Winter erhöht werden soll.

Buchstabe c: Aus klimapolitischen Gründen sind die WKK-Anlagen mit erneuerbaren Brennstoffen zu betreiben. Falls dies nicht möglich ist, nimmt die WKK-Anlage am EHS teil oder die Emissionen werden durch den Zukauf von Bescheinigungen kompensiert (vgl. Änderung von Art. 32a CO2-Gesetz).

Der Investitionsbeitrag beträgt maximal 60 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten (Abs. 3).

Art. 35 Abs. 2 Bst. hter Die Finanzierung der Förderung von WKK-Anlagen erfolgt über den Netzzuschlag.

Dieser wird dabei nicht erhöht.

Art. 36 Abs. 1 Bst. d Die Förderung der WKK-Anlagen ist auf 20 Millionen Franken pro Jahr beschränkt.

Dies entspricht einer zusätzlichen Belastung des Netzzuschlagsfonds von 0,04 Rp./kWh, wobei allerdings noch nicht feststeht, dass der jährliche Förderungshöchstbetrag überhaupt ausgeschöpft wird. Bei einem Investitionsbeitrag von höchstens 60 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten dürfte dies Gesamtinvestitionen von knapp 40
Millionen Franken auslösen. Damit kann ein jährlicher Zubau von rund 20 MW elektrischer WKK-Leistung oder 40 GWh Winterstrom erreicht werden; die zusätzliche Leistung entspricht der thermischen Mittellast von rund vier grösseren Fernwärmeverbünden.

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Art. 38 Abs. 1 Bst. c Neue WKK-Anlagen können über eine Dauer von zehn Jahren gefördert werden.

Art. 55a

Information der Öffentlichkeit

Die neue Bestimmung sieht vor, dass das BFE als Fachbehörde des Bundes für die Energieversorgung und die Energienutzung (vgl. Art. 9 der Organisationsverordnung vom 6. Dezember 199918 für das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation) die Öffentlichkeit über die Energieversorgung des Landes und insbesondere über zentrale Ereignisse und Erkenntnisse orientiert. Im Vordergrund stehen Einschätzungen zur mittel- und langfristigen Versorgungssicherheit, aber auch die Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Innerhalb der genannten Themenfelder kommt dem BFE bei der genauen Auswahl der Beobachtungsgegenstände, der Bestimmung der benötigten Daten und der Frequenz der Datenlieferung eine gewisse Freiheit zu. Für die Öffentlichkeit publiziert werden aggregierte Daten bzw. grundlegende Indikatoren. Wirtschaftlich sensible Einzeldaten fallen nicht unter diesen Artikel. So dürfen gestützt auf Buchstabe f insbesondere keine Informationen zu Preisen von Produkten ausserhalb der Börsen oder Kalkulationen publiziert werden, deren Veröffentlichung zu Preisabsprachen oder anderweitigen Wettbewerbsverzerrungen führen könnte. Den Kantonen können Rohdaten bereitgestellt werden, sofern sie für deren Erhebung und Nutzung selber eine geeignete gesetzliche Grundlage haben.

Art. 56 Abs. 1 Einleitungssatz, Bst. ebis und k und Abs. 2 Damit das BFE seine Informationsaufgabe nach Artikel 55a wahrnehmen kann, wird der sachliche und persönliche Geltungsbereich von Absatz 1 erweitert. Die Bestimmung umfasst neu auch alle Daten, welche das BFE für die Information der Bevölkerung benötigt. Zu liefern sind Daten natürlicher und juristischer Personen, soweit diese vorhanden sind, um beispielsweise Hochrechnungen und Aussagen zum aktuellen Energieverbrauch einzelner Sektoren in der notwendigen Granularität treffen zu können. Klar ist, dass Personendaten nicht ohne Zustimmung der Betroffenen veröffentlicht werden dürfen. In den Katalog der Behörden, Unternehmen und Körperschaften, welche bereits vorliegende Daten liefern müssen, wird das BWL und die Bilanzgruppen aufgenommen. Das BWL verfügt über die Daten aus dem Strom- und Gasmonitoring, das die WL in seinem Auftrag aufbaut und das der Einschätzung der kurzfristigen Versorgungssicherheit dient. Die
Bilanzgruppen verfügen über Daten aus dem Bilanzmanagement. Diese sind insofern wichtig, als sie einen Zugang zu aggregierten Daten zum Verbrauch, zu den sogenannten Normierungen und zu Abweichungen gewähren. Daraus lassen sich Rückschlüsse zum Stand der Versorgungssicherheit ziehen. Im Gassektor ermöglicht dies vor allem, über den Zusammenhang zwischen dem Verbrauch und der Planung des Imports zu informieren. Aufschlussreich ist in diesem Kontext aber auch das Ausmass der Abweichungen zu den ursprünglichen Planwerten. Zudem ist der Katalog nicht mehr abschliessend. Gemäss

18

SR 172.217.1

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Absatz 2 kann der Bundesrat diesen je nach Bedarf erweitern. Dieser ergibt sich aus dem öffentlichen Interesse, welches sich ­ wie sich zeigt ­ laufend weiterentwickelt.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Zumindest in der ersten Phase der Einrichtung der Stromreserve ist auf Ebene Bund für den Vollzug der vorgesehenen Regelungen mit einem höheren finanziellen und personellen Aufwand zu rechnen. Die Mehrbelastungen fallen hauptsächlich bei der ElCom an: für die Festlegung der Dimensionierung der Stromreserve, für die Überwachung der Vorhaltung, für die Festlegung der Abrufordnung und für die periodische Berichterstattung. Auch beim BFE fällt ein höherer Vollzugsaufwand an, sei dies bezüglich Fragen der Dimensionierung und Ausgestaltung der Stromreserve, der Durchführung von Ausschreibungen für Reservekraftwerke oder der Unterstützung der Projektanten im Austausch mit den zuständigen kantonalen und kommunalen Behörden bei der Planung und beim Bau. Der finanzielle Mehrbedarf (Sachkredit) kann intern kompensiert werden. Der zusätzliche personelle Aufwand beim BFE kann mit den bestehenden Ressourcen abgedeckt werden. Bei der ElCom entsteht ein zusätzlicher Bedarf von 1,5 Vollzeitäquivalenten. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel werden intern kompensiert.

Das Verfügbarkeitsentgelt und die Abrufentschädigung für die Reservekraftwerke werden als Teil des Entgelts für die Nutzung des Übertragungsnetzes auf die Stromkonsumentinnen und Stromkonsumenten respektive die Bilanzgruppen überwälzt.

Somit wird der Bundeshaushalt nicht belastet. Auch die Kosten, für die der Bund aufgekommen ist, damit Reservekraftwerke und Notstromgruppen per Februar 2023 in Betrieb gehen bzw. an der ergänzenden Reserve teilnehmen konnten, werden dem Bund ohne Verzinsung über das Netznutzungsentgelt zurückerstattet (Art. 23 Abs. 1 WResV).

Die in Artikel 19b des CO2-Gesetzes vorgesehenen Beiträge bei verordnetem Wechsel des Energieträgers können auf Gesuch hin ausgerichtet werden. Derzeit kann nicht verbindlich abgeschätzt werden, ob und in welchem Umfang diese Bestimmung zu Zahlungen und somit zu Auswirkungen auf den Bundeshaushalt führen wird. Ohne Anordnung des Bundes entstehen keine Kostenfolgen. Im Falle einer Anordnung liegt der geschätzte Maximalbetrag bei rund 5 Millionen Franken.

Die in Artikel 32a des CO2-Gesetzes vorgesehene Neuregelung, wodurch die CO2Abgabe vollständig rückerstattet werden soll, kann haushaltsneutral umgesetzt werden. Die Einnahmen aus der CO2-Abgabe sinken zwar, da ein Teil rückerstattet wird.
Die Verwendung der CO2-Abgabe ist allerdings zweckgebunden: Mit tieferen Einnahmen aus der CO2-Abgabe werden die Ausgaben (Rückverteilung sowie Subventionen ans Gebäudeprogramm) im selben Umfang reduziert.

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Die neue EnG-Bestimmung zur Information der Öffentlichkeit über die aktuelle Energieversorgung kann im Rahmen der bestehenden finanziellen Mittel umgesetzt werden.

Der Bund wird als Endverbraucher wie jeder andere Verbraucher auch die finanziellen Folgen der höheren Energiepreise tragen, die sich aus den im Rahmen dieser Gesetzesänderung getroffenen Massnahmen ergeben.

6.1.2

Auswirkungen auf den Netzzuschlagsfonds und weitere Auswirkungen

Die zusätzliche Förderung von WKK-Anlagen wird aus dem Netzzuschlag zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien von 2,3 Rp./kWh finanziert. Die Finanzierung der Förderung von WKK-Anlagen beansprucht 0,04 Rp./kWh. Der Netzzuschlag wird nicht erhöht. Der zusätzliche personelle Aufwand kann mit den bestehenden Ressourcen abgedeckt werden.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Reservekraftwerke haben insbesondere Auswirkungen auf Raum und Umwelt.

Somit ergibt sich bei den Kantonen und Gemeinden, auf deren Territorium die Reservekraftwerke zu stehen kommen, eine besondere Betroffenheit. Der Bund ist mit den Kantonen und den Gemeinden im Gespräch oder wird diese Kontakte noch aufnehmen. In finanzieller und personeller Hinsicht sind die Auswirkungen überschaubar; ein Teil kann über bestehende Gebührenordnungen abgedeckt werden. In den Gemeinwesen mit einem Standort für ein Reservekraftwerk fällt indes kurzfristig ein zusätzlicher Arbeitsaufwand bei den Behörden an.

Da geförderte WKK-Anlagen nur in einem neuen, raumplanerisch ausgewiesenen oder bestehenden Wärmeverbund unterstützt werden dürfen, wird der Mehraufwand für Gemeinden vernachlässigbar sein.

Der Betrieb des Energiedashboards ermöglicht auch den Kantonen und Gemeinden.

über eine bessere Informationsgrundlage zu verfügen, sowohl für ihre laufenden Aufgaben als auch in Krisenzeiten.

6.3

Auswirkungen auf Endverbraucherinnen und Endverbraucher (im Speziellen Haushalte und Grossverbraucher)

Kosten und Auswirkungen in der Zeitperiode 2023­2026 Bei den bestehenden Reservekraftwerken inkl. Notstromgruppen betragen die geschätzten Kosten für den Zeitraum von 2023 bis April 2026 insgesamt rund 790 Mil34 / 42

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lionen Franken. Dies entspricht einer Erhöhung des Netznutzungsentgelts um rund 0,5 Rp./kWh in der Zeitperiode 2024­2026. Bei der Wasserkraftreserve betragen die ursprünglich geschätzten Kosten für die Winter 2022/23 bis 2025/26 insgesamt rund 1,2 Milliarden Franken. Mit dieser Kostenschätzung erhöht sich das Netznutzungsentgelt um weitere rund 0,7 Rp./kWh. In der Folge hat die nationale Netzgesellschaft den Tarif «Stromreserve» für das Jahr 2024 auf 1,2 Rp./kWh festgelegt. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4500 kWh entspricht dies einem Betrag von rund 60 Franken pro Jahr. Für einen stromintensiven Stromverbraucher, der bspw. 10 GWh pro Jahr verbraucht, bedeutet dies einen Mehraufwand von rund 120 000 Franken. Der Tarif wird jährlich überprüft und neu festgelegt. Angesichts der Ergebnisse der Ausschreibungen für die Wasserkraftreserve für den Winter 2023/2024 sollten die tatsächlichen Kosten tiefer zu liegen kommen als ursprünglich angenommen. Zudem müssen die Betreiber von Speicherwasserkraftwerken mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien gegen eine Pauschalabgeltung die Wasserkraftreserve bilden. Aus diesen Gründen ist mittelfristig eine Reduktion des aktuellen Tarifs für die Stromreserve absehbar.

Kosten und Auswirkungen in der Zeitperiode 2026­2040 Zur Erreichung der erforderlichen Reserve werden zwischen 2026 und 2040 Investitionen zur Errichtung von neuen Reservekraftwerken, WKK-Anlagen und Notstromgruppen notwendig sein. Diese Investitionen können bis zu 1,1 Milliarden Franken betragen (Hypothese mehrerer Kraftwerke «auf der grünen Wiese» mit einer Leistung von insgesamt bis zu 1000 MW). Die Abschreibung dieser Investition über die 15 Jahre Betriebsdauer inkl. der Zinsen sowie der Betriebs- und Unterhaltskosten führen zu jährlichen Kosten von geschätzt 180 Millionen Franken. Zudem ist für das Pooling der Notstromgruppen (im Umfang von 280 MW) inkl. Kosten der Nachrüstung (DeNOx-Filter, Partikelfilter, Synchronisation) mit Gesamtinvestitionen von geschätzt 130 Millionen Franken zu rechnen. Insgesamt betragen die jährlichen Kosten für die Notstromgruppen geschätzt 15 Millionen Franken. Die moderate Pauschalabgeltung der Wasserkraftreserve kann mit rund 20 Millionen Franken jährlich veranschlagt werden. Für
die Endverbraucherinnen und Endverbraucher entspricht dies (bei einem jährlichen Gesamtverbrauch von 70 TWh) einem Tarif «Stromreserve» von rund 0,30 Rp./kWh. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4500 kWh entspricht dies einem Betrag von rund 14 Franken pro Jahr. Für einen stromintensiven Stromverbraucher, der z. B. 10 GWh pro Jahr verbraucht, bedeutet dies einen Mehraufwand von rund 30 000 Franken pro Jahr.

Unternehmen und Haushalte können sich auf dem Energiedashboard laufend zur aktuellen Versorgung und zur Wirkung verschiedener getroffener Massnahmen informieren, so z. B. zum Betrieb des Reservekraftwerks. Daraus könnten sich positive Effekte in Bezug auf Kenntnisstand und Sensibilisierung der Verbraucherinnen und Verbraucher hinsichtlich einer effizienten Energienutzung ergeben.

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6.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

6.4.1

Abschätzung der Auswirkungen im Zusammenhang mit der Erreichung des Netto-null-Ziels

Ungeachtet der verwendeten Technologie generieren Reservekraftwerke bei den Funktionstests sowie bei einem tatsächlichen Einsatz CO2-Emissionen. Die Anlagen sollen jedoch so betrieben werden, dass sie die Treibhausgasbilanz gesamthaft nicht belasten. Was die übrigen Auswirkungen betrifft, z. B. betreffend Luftreinhaltung, sind für die Anlagen in der Reserve ­ im übergeordneten Interesse der Versorgungssicherheit ­ gewisse temporäre Lockerungen bei den entsprechenden Vorschriften nötig.

6.4.2

Auswirkungen auf Beschäftigung und Verteilungseffekte

Die Bildung einer Stromreserve wirkt sich nur geringfügig auf Beschäftigung und Verteilungseffekte aus.

6.4.3

Auswirkungen auf die Branchen

Die Industriebranchen werden durch die Bildung einer Stromreserve zusätzlich beansprucht, sei es aufgrund von Materialbestellungen, durch den Bedarf an Ingenieurinnen und Ingenieuren, durch die Nutzung der Versorgungslogistik oder im Zusammenhang mit dem Anschluss der Produktionsstandorte für Reservestrom an das Elektrizitäts- und Gasnetz. Diese verschiedenen Beanspruchungen sorgen aber gleichzeitig auch für eine Steigerung der Wertschöpfung in den betreffenden Branchen.

In einer geeigneten Ausgestaltung kann das Energiedashboard den Energieverbrauch der Branchen aufzeigen und damit auch allfällige Sparbemühungen sowie die Wirkung von getroffenen Massnahmen abbilden. Entsprechend trägt es auch hier zu einer effizienteren Energienutzung bei ­ gerade auch im Hinblick auf die Krisenvorsorge.

6.5

Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt

Ungeachtet der verwendeten Technologie erhöht die Stromreserve die Stromversorgungssicherheit für die Unternehmen und die Haushalte in der Schweiz. Die Stromreserve verbessert die Resilienz der Stromversorgung und soll dazu beitragen, eine Strommangellage abzuwenden oder möglichst abzumildern. Eine solche kann je nach Intensität und Dauer erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Bevölkerung haben, welche mit entsprechend hohen Kosten verbunden sind. Laut dem BABS würde eine Strommangellage Kosten von schätzungsweise 185 Milliarden Franken verursachen.19 19

Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Bericht zur nationalen Risikoanalyse, 2020.

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Reservekraftwerke, Notstromgruppen und WKK-Anlagen haben negative Auswirkungen auf Raum und Umwelt. Die Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen sind unter Ziffer 6.4.1 dargelegt. Es ist bei einem Abruf der thermischen Reserve dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die verschiedenen Anlagen unterschiedliche Emissionsverhalten haben. Die bei der fossil-thermischen Erzeugung von Strom entstehenden Emissionen variieren stark je nach der eingesetzten Technologie. So verursacht beispielsweise die Erzeugung von 1 GWh Strom im besten Fall rund 130 Kilogramm Stickoxide NOx (Gasturbine mit Gas betrieben und mit SCR-Katalysator ausgerüstet). Im schlechtesten Fall hingegen muss für die gleiche Menge Strom mit Emissionen von über neun Tonnen NOx gerechnet werden (Notstromgruppe mit Verbrennungsmotor ohne SCR-Katalysator). Bei einer geschätzten Strommenge von 220 GWh, was ungefähr einem Tagesverbrauch im Winter entspricht, der auf alle Anlagen der thermischen Reserve verteilt werden müsste, bewegen sich deren Stickoxidemissionen pro Tag im schlechtesten Fall im Bereich von rund 4 Prozent verglichen mit der Jahresemission aller anderen Quellen zusammen. Verglichen mit den jährlichen Stickoxidemissionen des Strassenpersonenverkehrs in der Schweiz beläuft sich der Anteil auf rund 11 Prozent. Die Auswirkungen auf die Umwelt von Reservekraftwerken und Notstromgruppen hängt daher nicht nur von der Einsatzdauer bzw.

Strommenge, sondern in hohem Masse auch von der Reihenfolge ab, in welcher die Reservekraftwerke bzw. Notstromgruppen betrieben werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich je nach Standort und Witterung die Auswirkungen auf die Luftqualität deutlich unterscheiden können. Um die Auswirkungen auf die Umwelt möglichst gering zu halten, priorisiert die Abrufordnung Anlagen mit tiefer Emissionsfracht. Um dem unterschiedlichen Emissionsverhalten wie auch den unterschiedlichen Betriebsbedingungen (wie Mindestbetriebsdauer u. Ä.) Rechnung zu tragen, gilt für die thermische Reserve nicht ein gleichmässiger Abruf über alle Anlagen wie bei der Wasserkraftreserve. Vielmehr legt die ElCom in der Abrufordnung fest, auf welche Anlagen bzw. Anlagetypen in welcher Situation zurückgegriffen würde.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

7.1.1

Rechtsgrundlagen

Die für das StromVG vorgesehenen Änderungen stützen sich primär auf Artikel 91 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)20. Diese Bestimmung verleiht dem Bund für Vorschriften über den Transport und die Lieferung elektrischer Energie eine umfassende Gesetzgebungskompetenz, welche insbesondere auch Marktregulierungen sowie strukturelle Massnahmen zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit umfasst.21 Die Möglichkeit, Betreiber von geeigneten Reservekraftwerken zur Teilnahme an der Stromreserve zu verpflichten, stützt sich auf Artikel 102 BV über die wirtschaftliche Landesversorgung. Es handelt sich um eine Vorsorgemassnahme im Sinne von Absatz 1 Satz 2 dieser Bestimmung.

20 21

SR 101 BBl 2022 1183 Kap. 7.1

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Die im EnG vorgesehenen Änderungen zur Förderung von WKK-Anlagen dienen primär dem sparsamen und rationellen Energieverbrauch und stützen sich daher sowohl auf den Artikel zur Energiepolitik (Art. 89 Abs. 2 BV) als auch auf den Umweltartikel (Art. 74 BV). Bereits in seiner Botschaft vom 4. September 201322 zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie hatte der Bundesrat festgehalten, dass Artikel 74 BV dem Bund die umfassende Kompetenz gibt, alle zur Erreichung des Ziels des Umweltschutzes erforderlichen Massnahmen zu treffen. Da ein sparsamer Umgang mit Energie und die Förderung erneuerbarer Energien dazu beitragen, die Umweltbelastungen zu mindern, verschafft der Umweltartikel dem Bund erhebliche Eingriffs- und Steuerungsmöglichkeiten im Energiebereich. Artikel 74 BV bildet demnach die verfassungsmässige Grundlage für alle Bestimmungen im EnG, mit denen letztlich bezweckt wird, die schädlichen Einwirkungen auf den Menschen und die Umwelt zu vermeiden oder zu vermindern. Mit den geförderten WKK-Anlagen werden in erster Linie bestehende und mit rein fossilen Brennstoffen betriebene Spitzenlastkessel in städtischen Standorten ersetzt, welche ausschliesslich Wärme zur Einspeisung in Fernwärmenetze produzieren. Mit den WKK-Anlagen wird neben Wärme auch Strom produziert. Auf diese Weise wird die Primärenergie in diesen Anlagen im Verbrauch doppelt genutzt, was im Vergleich zu Gaskraftwerken einen sparsamen und rationellen Energieverbrauch darstellt. Durch die Vorgaben in Artikel 34a Absatz 2 Buchstabe c EnG (Teilnahme EHS, Kompensation) gelten die verwendeten Brennstoffe gemäss CO2-Gesetz als klimaneutral.

Auf den Umweltartikel (Art. 74 BV) stützen sich ferner auch die Änderungen im CO2Gesetz. Die neue Bestimmung über die Information der Öffentlichkeit (Art. 55a EnG) stützt sich auf die Artikel 89 und 102 BV.

Das Bundesamt für Justiz beurteilt die Ausschreibung des Baus neuer Reservekraftwerke sowie die Finanzierung des Baus und des Rückbaus über das Netznutzungsentgelt als nicht vereinbar mit der Verfassung. Artikel 91 Absatz 1 BV übertrage dem Bund keine Kompetenz im Bereich der Stromproduktion. Folglich könne der Bund weder selbst Stromproduktionsanlagen betreiben noch den Bau neuer Produktionsanlagen ausschreiben oder in Auftrag geben noch deren Finanzierung regeln. Auch könne das Netznutzungsentgelt
nur Kosten für Leistungen umfassen, die direkt mit dem Betrieb der Netze zusammenhängen. Im Gesetzesentwurf würden indessen die gesamten Investitionskosten für die Reservekraftwerke entschädigt.

Aus Sicht des Bundesrats zielt Artikel 91 Absatz 1 BV auf das tatsächliche Funktionieren der Stromnetze ab, wofür der Bund die Auffangverantwortung trägt. Neue Reservekraftwerke sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Stromreserve, da diese die Aufrechterhaltung der Spannung im Netz in ausserordentlichen Situationen sicherstellen. Die Stromproduktion ist nur Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck. Da neue Reservekraftwerke funktional dem Netz zuzuordnen sind, können sie auch über das Netznutzungsentgelt finanziert werden.

22

BBl 2013 7561 S. 7741

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7.1.2

Vereinbarkeit mit Grundrechten

Die Vorlage wahrt die verfassungsmässigen Grundrechte, insbesondere die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) und die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Sie enthält keine Vorschriften, die sich gegen den Wettbewerb richten.

Die Stromreserve spielt sich ausserhalb des Marktgeschehens ab. Auf die (reguläre) Stromproduktion zeitigt sie keinerlei Einfluss. Auch der Stromvertrieb bleibt zu Zeiten der Normalversorgung unberührt. Einzig auf der Verbraucherseite werden die Kosten spürbar. Diese lassen sich als eine Art Versicherungsprämie begreifen. Wer an der Stromreserve teilnimmt, wird ­ ausser bei der Wasserkraftreserve ­ grundsätzlich durch ein wettbewerbliches Verfahren bestimmt, das allen Interessierten offensteht. Zu einem Eingriff in die Eigentumsgarantie und die Wirtschaftsfreiheit käme es dann, wenn das UVEK den Betreiber eines Reservekraftwerks, einer Notstromgruppe oder einer WKK-Anlage zur Teilnahme an der Stromreserve verpflichten würde, weil es anderweitig nicht gelingt, die thermische Reserve zu angemessenen Kosten im angestrebten Umfang einzurichten. Dieser allfällige Grundrechtseingriff wäre im Lichte von Artikel 36 BV zulässig. Die erforderliche Normstufe (formell-gesetzliche Grundlage) ist mit dem vorliegenden Bundesgesetz gegeben. Auch ist das öffentliche Interesse an einer adäquat dimensionierten Stromreserve zu angemessenen Kosten offenkundig vorhanden. Weiter bliebe auch die Verhältnismässigkeit gewahrt. In Anbetracht der restriktiven Voraussetzungen, wie sie in Artikel 8b Absatz 5 StromVG verankert sind, wäre eine Verpflichtung zur Teilnahme an der Stromreserve sowohl erforderlich als auch geeignet, um die thermische Reserve zu angemessenen Kosten adäquat zu dimensionieren, und ginge dabei nicht über das hinaus, was zum Erreichen des Ziels getan werden muss. Letztlich bliebe auch der Kerngehalt der Grundrechte unangetastet, zumal die Teilnahme an der Stromreserve nicht auf eine übermässige Dauer angelegt ist.

Die Förderung von WKK-Anlagen im EnG sorgt dafür, dass diese Anlagen überhaupt erst eine Chance haben, am Strommarkt teilzunehmen.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Elektrizität gilt im Welthandelsrecht als gewöhnliche Handelsware. Die Prinzipien des Abkommens vom 15. April 199423 zur Errichtung der Welthandelsorganisation bzw. des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens vom 30. Oktober 194724 (GATT) finden somit auch auf den Stromhandel Anwendung. Aufgaben mit Dienstleistungscharakter unterstehen dem Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen. Der Umgang mit staatlichen Beihilfen wiederum richtet sich nach dem Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (SCM; Anhang 1A.13 GATT). Die Einführung von technischen Vorschriften und Standards unterliegt den Bestimmungen des Übereinkommens vom 12. April 197925 über techni23 24 25

SR 0.632.20 SR 0.632.21 SR 0.632.231.41

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sche Handelshemmnisse. Im Verhältnis zur EU sowie zu den EFTA-Staaten sind überdies das Abkommen vom 22. Juli 197226 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bzw. das Übereinkommen vom 4. Januar 196027 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) zu beachten.

Der vorliegende Entwurf trägt diesen internationalen Verpflichtungen Rechnung. Die Ergänzung der Stromreserve durch Reservekraftwerke, Notstromgruppen und WKKAnlagen hat keine Auswirkungen auf den Wettbewerb, weil die Stromreserve ausserhalb des Marktgeschehens gebildet und eingesetzt wird. Die im EnG vorgesehenen Investitionsbeiträge für die Erstellung neuer WKK-Anlagen sind als Subventionen im Sinne des SCM zu betrachten.

7.3

Erlassform

Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Revision des StromVG, des CO2-Gesetzes und des EnG erfolgen demzufolge im normalen Gesetzgebungsverfahren.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte.

Die Änderungen im StromVG verursachen dem Bund keine zusätzlichen Ausgaben, da die Kosten der Stromreserve über das Netznutzungsentgelt finanziert werden, wobei gewisse Kosten auch den Bilanzgruppen angelastet werden können (vgl. Art. 8l Abs. 4 StromVG). Unter Vorbehalt von Vollzugskosten der ElCom, die nicht vollständig durch Gebühren gedeckt werden können, hat die Finanzierung der Stromreserve keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt.

Der neue Artikel 19b des CO2-Gesetzes sieht vor, dass der Bund die Betreiber von Zwei- oder Mehrstoffanlagen von Mehrkosten entlasten kann, die ihnen durch den Kauf von Emissionsrechten für CO2-Emissionen entstehen, wenn sie den Betrieb ihrer Anlage auf behördliche Anweisung hin auf einen fossilen Energieträger umstellen müssen und daraus ein gewichtiger nicht zumutbarer finanzieller Nachteil entsteht.

Dadurch entstehen dem Bund Mehrausgaben, weil die Ausgaben aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Die Höhe der Mehrkosten ist abhängig von der Dauer der Umstellung, den Kosten von Energieträgern und Emissionsrechten sowie der individuellen wirtschaftlichen Situation der Unternehmen. Die Kosten sind somit kaum ab26 27

SR 0.632.401 SR 0.632.31

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schätzbar, sollten 5 Millionen Franken jährlich jedoch nicht übersteigen. Entsprechend untersteht Artikel 19b der Ausgabenbremse.

In Bezug auf die Revision des EnG betrifft dies die Massnahmen nach Artikel 34a (Zubau von WKK-Anlagen). Diese sind daher der Ausgabenbremse gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV zu unterstellen (vgl. dazu die Ausführungen in der Botschaft vom 4. September 201328 zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050). Vorliegend ist aber keine Erhöhung des Netzzuschlags vorgesehen, weshalb Artikel 34a im Rahmen der Schuldenbremse keine Auswirkungen zeitigt.

7.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Nach Artikel 5 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199029 (SuG) muss der Bundesrat die vom Bund gewährten Finanzhilfen und Abgeltungen periodisch prüfen. In seinem Subventionsbericht von 200830 hat der Bundesrat den Grundsatz aufgestellt, dass er Subventionen, deren Rechtsgrundlage innerhalb des Prüfzeitraums neu geschaffen oder revidiert werden, im Rahmen der dazugehörigen Botschaft systematisch überprüft. Diese Überprüfung erfolgt im Rahmen der vorliegenden Botschaft. Dabei wurde geprüft, ob Finanzhilfen und Abgeltungen durch ein Bundesinteresse hinreichend begründet sind, ob sie ihren Zweck auf wirtschaftliche und wirkungsvolle Art erreichen und ob sie einheitlich und gerecht geleistet werden. Zudem wurde geprüft, ob die Finanzhilfen und Abgeltungen in ihrer Ausgestaltung den finanzpolitischen Erfordernissen Rechnung tragen und ob sie einer sinnvollen Aufgaben- und Lastenverteilung zwischen Bund und Kantonen entsprechen.

Die vorgeschlagenen Änderungen des StromVG bringen im Bereich der Stromreserve keine grundlegenden Neuerungen mit sich, was Finanzhilfen oder Abgeltungen im Sinne des SuG anbelangt. Die Mechanismen zur Finanzierung der thermischen Reserve orientieren sich an dem, was im Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien und in der WResV für die bestehende Reserve bereits angelegt ist.

Anders verhält es sich mit den Änderungen des EnG. Diese beinhalten Subventionen in Form von Investitionsbeiträgen für die Erstellung neuer WKK-Anlagen. Zusätzliche WKK-Anlagen, welche insbesondere fossile Spitzenlastkessel bei Fernwärmenetzen ersetzen, erzeugen im Winterhalbjahr zusätzlichen Strom. Aufgrund der langfristigen Strompreisprognosen bzw. der damit einhergehenden fehlenden Rentabilität dieser Anlagen ist deren Förderung unumgänglich.

Die Gewährung dieser Subventionen erfolgt nach dem schlanken Verfahren für Investitionsbeiträge, welches das 5. Kapitel des EnG vorsieht. Die Wirkungen der Subventionen werden gestützt auf Artikel 55 EnG regelmässig evaluiert. Die Förderung ist zudem auf zehn Jahre befristet.

28 29 30

BBl 2013 7561, 7747 SR 616.1 BBl 2008 6229

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Ohne die im CO2-Gesetz in Artikel 19b vorgesehene Subvention für EHS-Unternehmen würde eine verordnete Umstellung von Gas auf Öl bei einer drohenden Gasmangellage nicht oder nur zu langsam umgesetzt. Sie ist daher hinreichend begründet.

7.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Rechtsetzungsbefugnisse können durch Bundesgesetz übertragen werden, soweit dies nicht durch die Bundesverfassung ausgeschlossen ist (Art. 164 Abs. 2 BV). Als allgemeine Beschränkung gilt nach Artikel 164 Absatz 1 BV und der bezüglichen Rechtsprechung insbesondere, dass wichtige, grundlegende Bestimmungen in der Form des Gesetzes zu erlassen sind. Vorliegend stammen einige Delegationsnormen aus dem Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien und werden weitergeführt, so insbesondere jene zu den Bedingungen der Teilnahme an der Wasserkraftreserve (Art. 8d Abs. 3). Jene zum ausnahmsweisen Abruf der Stromreserve ohne fehlende Markträumung wurde etwas präziser gefasst (Art. 8l Abs. 6 Bst. a). Neu sind die Delegationsnormen zur Konkretisierung der Teilnahmebedingungen für Reservekraftwerke, Notstromgruppen und WKK-Anlagen (Art. 8e Abs. 4 und Art. 8h Abs. 4). Neu ist ferner auch die Kompetenz des Bundesrats, die finanziellen Folgen bei einem Rückbau oder einem Weiterbetrieb eines Reservekraftwerks zu regeln, das für die thermische Reserve neu gebaut wurde (Art. 8g Abs. 3). Diese Delegationsnormen sind nach Inhalt, Zweck und Tragweite hinreichend konkretisiert, entlasten den Gesetzestext von Bestimmungen von zu hohem Konkretisierungsgrad und schaffen gleichzeitig die gesetzliche Grundlage für die bezüglichen Regelungen in der WResV.

7.7

Datenschutz

Die Vorlage bringt keine nennenswerten Datenbearbeitungsvorgänge mit sich. Was die Information der Öffentlichkeit über die Energieversorgung (Art. 55a E-EnG) anbelangt, dürfen allfällige Personendaten nur in anonymisierter Form veröffentlicht werden. Damit ist die Information, welche insbesondere über das Energiedashboard des Bundes erfolgt, datenschutzrechtlich unproblematisch.

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