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zu 19.409 Parlamentarische Initiative Kein «David gegen Goliath» beim Verbandsbeschwerderecht Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 22. Januar 2024 Stellungnahme des Bundesrates vom 27. März 2024

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 22. Januar 20241 betreffend die parlamentarische Initiative 19.409 «Kein «David gegen Goliath» beim Verbandsbeschwerderecht» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

27. März 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die parlamentarische Initiative 19.409 «Kein beim Verbandsbeschwerderecht» von Nationalrat Philipp Bregy wurde am 14. März 2019 eingereicht. Sie verfolgt das Ziel, das Beschwerderecht der Umweltorganisationen nach Artikel 12 Bundesgesetzes vom 1. Juli 19662 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) bei kleineren Vorhaben in der Bauzone einzuschränken.

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) stimmte der von ihr erarbeiteten Vorlage am 28. März 2023 zu und schickte sie vom 11. April bis am 11. Juli 2023 in die Vernehmlassung. Insgesamt sind 68 Stellungnahmen zur Vorlage eingegangen. 35 Vernehmlassungsteilnehmende sind mit der Vorlage einverstanden, 33 lehnen sie ab. 14 Kantone begrüssen die Vorlage, zehn sind damit nicht einverstanden. SVP, FDP und Die Mitte sind mit der Vorlage einverstanden, dies im Gegensatz zur SP und zu den Grünen. Von den sieben Dachverbänden wird die Vorlage mehrheitlich begrüsst, zwei Verbände lehnen sie ab.

Auch die Umwelt- und Denkmalschutzorganisationen lehnen die Vorlage ab.

Die Kommission beschloss, den Vorentwurf nach der Vernehmlassung unverändert zu belassen. Am 1. Februar 2024 unterbreitete sie ihren Bericht vom 22. Januar 2024 dem Bundesrat zur Stellungnahme.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat unterstützt das von der parlamentarischen Initiative verfolgte Bestreben, das Beschwerderecht der Umweltorganisationen nach Artikel 12 NHG bei Wohnbauten, die eine gewisse Grösse nicht überschreiten und die innerhalb der Bauzone geplant sind, massvoll einzuschränken. Damit wird dem Anliegen der Initiative, wonach Bürgerinnen und Bürger, die kleinere Bauvorhaben realisieren, keine Beschwerden von Umweltorganisationen mehr gewärtigen sollen, Rechnung getragen. Der Bundesrat verweist darauf, dass auch eine Mehrheit von 14 Kantonen der Vorlage zustimmt, während zehn Kantone sie ablehnen. Entsprechend lehnt der Bundesrat den Minderheitsantrag auf Nichteintreten ab.

Die von der Mehrheit der Kommission in Artikel 12 Absatz 1bis NHG vorgeschlagene Regelung, wonach das Verbandsbeschwerderecht bei Wohnbauten bis zu einer Grösse von 400 m2 Geschossfläche eingeschränkt werden soll, erachtet der Bundesrat als sinnvoll. Die von einer Minderheit beantragte Grenze von 250 m2 Geschossfläche erscheint dem Bundesrat als zu gering, weshalb er den Minderheitsantrag ablehnt.

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Bestehen bleiben soll das Verbandsbeschwerderecht gemäss dem Vorschlag der Kommission bei Vorhaben mit Auswirkungen auf bedeutende Ortsbilder, geschichtliche Stätten und Kulturdenkmäler (Art. 12 Abs. 1bis Bst. a NHG). Die Kommission stellt klar, dass es dabei sowohl um bedeutende Ortsbilder von nationaler Bedeutung als auch um solche von kantonaler und kommunaler Bedeutung gehen kann. Auch bei geschichtlichen Stätten sowie Kulturdenkmälern soll das Beschwerderecht der Umweltorganisationen bestehen bleiben. Die Kommission weist darauf hin, dass es Aufgabe des Bundesrates sein wird, die Objekte in Analogie zu Artikel 32b der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 20003 auf Verordnungsebene zu konkretisieren. Der Bundesrat erachtet dieses Vorgehen als sinnvoll.

Ebenfalls als angemessen erweisen sich aus Sicht des Bundesrates die von der Kommission vorgeschlagenen Ausnahmen, wonach das Beschwerderecht gemäss Artikel 12 Absatz 1bis Buchstabe b NHG nicht eingeschränkt werden soll, wenn es um Vorhaben in sensiblen Gebieten wie Biotopen von nationaler, regionaler und lokaler Bedeutung oder Gewässerräumen geht, die innerhalb von Bauzonen liegen.

Demgegenüber lehnt der Bundesrat den Minderheitsantrag ab, der nach Artikel 12 Absatz 1bis Buchstabe c NHG vorsieht, dass das Beschwerderecht auch dann vollumfänglich gegeben sein soll, wenn es um Vorhaben in Bauzonen geht, die für eine Auszonung geeignet erscheinen. Er ist der Ansicht, dass eine solche Regelung zu unbestimmt ist. Auf die Regelung gemäss einem weiteren Minderheitsantrag, der nach Artikel 12 Absatz 1bis Buchstabe d NHG bei Vorhaben, die dem Zweitwohnungsgesetz vom 20. März 20154 unterstellt sind, das Verbandsbeschwerderecht ebenfalls uneingeschränkt belassen will, kann aus Sicht des Bundesrates verzichtet werden. Die Beschränkung des Verbandsbeschwerderechts bei Wohnbauten in der Bauzone bis zu einer Grösse von 400 m2 Geschossfläche gilt nach Artikel 12 Absatz 1bis Buchstaben a und b NHG nicht bei Vorhaben mit Auswirkungen auf bedeutende Ortsbilder, geschichtliche Stätten sowie Kulturdenkmäler oder bei Vorhaben in sensiblen Gebieten.

Ausserhalb dieser besonders schützenswerten Gebiete wird das Verbandsbeschwerderecht nur bei Wohnbauten unter 400 m2 eingeschränkt. Im Ergebnis kommt die Einschränkung damit in Bezug auf das Zweitwohnungsgesetz nur bei
kleineren Wohnbauten zum Tragen, die sich nicht in besonders schützenswerten Gebieten befinden.

Diese Einschränkung steht aus Sicht des Bundesrats der Umsetzung des Zweitwohnungsgesetzes nicht entgegen.

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Antrag des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt Eintreten auf die Vorlage und Zustimmung zum Entwurf der UREK-N gemäss Kommissionsmehrheit.

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SR 700.1 SR 702

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